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Dornröschen<br />
Gruppenarbeit (Kl. 4), „Wiesenstück“ (Ausschnitt), Zeichenkohle,<br />
100 x 400 cm<br />
Schüler beim Übertragen der Pflanzenprojektion auf Papier<br />
Gabriela Gerber und Lukas Bardill in ihrem Atelier, © Ralph Feiner<br />
Laborsituation im Keller: Die kleine Pflanzkultur (Gelbsenf) mit Aufnahmegeräten.<br />
Über einen Zeitraum von 12 Wochen wurde alle 5 Minuten ein Bild<br />
aufgenommen. Im Zeitraffer ergibt dies die neunminütigen Filmsequenzen.<br />
Licht als Element des Lebens und der Kunst<br />
Durch das in der Projektion gezeigte Wachstum und das Absterben der Pflanzen verändert sich ständig die Lichtsituation im<br />
Raum: Wir erleben, abhängig von der Größe des im Gegenlicht dunklen und überdimensioniert gezeigten Gelbsenfs eine Art<br />
schnellen Wechsel zwischen Tag und Nacht, zwischen einer sachlichen Fabrikatmosphäre und einer unheimlichen Stimmung<br />
im Halbdunkel.<br />
Durch einen einfachen, aber raffinierten Eingriff steigern die Künstler dieses Spiel mit dem Licht. Eines der oberen Fenster an<br />
der Stirnseite des Kunstraums ist von außen mit einem „Windladen“ versehen. Dies ist ein Fensterladen, der zwar vom Wind<br />
bewegt werden kann, aber immer wieder durch eine Feder zurückgezogen wird. So verändert sich unter dem Einfluss des Wetters<br />
die Lichtsituation im Raum. Bei aller Künstlichkeit darf so die Natur selbst die Wirkung der Rauminstallation beeinflussen.<br />
Windladen, an der Außenseite der Halle angebracht.<br />
Die Künstler Gabriela Gerber und Lukas Bardill<br />
Das Schweizer Künstlerpaar Gabriela Gerber (geboren 1970 in Schiers) und Lukas Bardill (geboren 1968 in Chur) lebt mit<br />
seiner Familie in Schiers (Kanton Graubünden). Dort haben sie ihr gemeinsames Atelier. Die Ausstattung wird geprägt durch<br />
Computer und mehrere Bildschirme, an denen die Künstler ihre Medien- und Filmprojekte entwickeln.<br />
Zunächst machte Gabriela Gerber eine Ausbildung als Frühpädagogin, wo die Dozenten ihre außergewöhnliche künstlerische<br />
Begabung erkannten. Gabriela Gerber entschloss sich deshalb zum Kunststudium und besuchte von 1999 bis 2003 die<br />
Hochschule für Kunst und Gestaltung in Zürich. Schon als Kind, erzählt Gabriela Gerber, habe sie mit Hilfe des Fensterausschnitts<br />
einer Bananenschachtel „Fernsehen“ gespielt. Lukas Bardill besuchte von 1993 bis 1997 den Studiengang Kunst- und<br />
Mediendesign an der F+F-Schule für Gestaltung in Zürich. Schon immer hat er viel und sehr gerne gezeichnet, konnte es aber<br />
gar nicht leiden, wenn Erwachsene sein Ergebnis eine „Kinderzeichnung“ nannten. Er hatte einen höheren Anspruch und wollte<br />
die Kunst bald professionell beherrschen.<br />
Seit 1997 arbeiten Gabriela Gerber und Lukas Bardill als Künstler zusammen. Oft wählen sie außergewöhnliche Orte wie<br />
benutzte Ställe oder ausgediente militärische Anlagen für ihre künstlerischen Projekte. Sie erhielten mehrere wichtige Preise,<br />
u.a. den Swiss Art Award und den Manor Kunstpreis.<br />
Gabriela<br />
Lukas<br />
Gerber Bardill<br />
und<br />
Arbeitsvorschläge<br />
• Versuche durch Licht und Schatten Gegenstände<br />
zu „verklären“. Halte die Ergebnisse<br />
mit Fotos fest.<br />
• Entwickelt ein Schattenspiel, bei dem<br />
ursprünglich kleine Dinge eine neue Bedeutung<br />
annehmen.<br />
• Befestigt mittels Klebebändern große Bögen<br />
Papier auf einer Wand. Mittels eines Overheadprojektors<br />
lassen sich riesige Schattengebilde<br />
von Pflanzen auf diese Wand projizieren.<br />
Übertragt nun mit Zeichenkreiden die Pflanzen<br />
auf die Papierfläche, indem ihr zuerst den<br />
Umrissen folgt und dann die Flächen ausfüllt.<br />
Gestaltet dann die Formen frei weiter<br />
(vgl. Abb. aus K+U 290/205, S. 26).<br />
Impressum<br />
Arbeitsfaltblatt für Lehrer, Schüler und Besucher zur Ausstellung von Gabriela Gerber und Lukas Bardill: „Dornröschen“, 13. September – 3. November 2013, Kunstraum Dornbirn.<br />
Ausstellung: Montagehalle, Jahngasse 9. Büro: Marktstraße 33, A-6850 Dornbirn, Tel 0043-(0)5572-55044, Fax 0043-(0)5572-55044-4838, kunstraum@dornbirn.at, www.kunstraumdornbirn.at.<br />
Text und Gesamtkonzept: Martin Oswald, Weingarten. Herausgeber: Kunstraum Dornbirn, Hans Dünser. Redaktion: Herta Pümpel, Hans Dünser. Gestaltung:<br />
Reinhard Flax, Evelyn Barbisch, Dornbirn. Fotonachweis: Robert Fessler, Lauterach; Gabriela Gerber und Lukas Bardill, Schiers; © Ralph Feiner; Maremma Art Consulting. Inhaber<br />
der Bildrechte, die wir nicht ausfindig machen konnten, bitten wir, sich beim Kunstraum Dornbirn zu melden. Berechtigte Ansprüche werden selbstverständlich im Rahmen der<br />
üblichen Vereinbarungen abgegolten. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Austria, gedruckt auf 100 % Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem österreichischen Umweltzeichen.<br />
Mit freundlicher Unterstützung des Hauptsponsors des Kunstraum Dornbirn, der Dornbirner Sparkasse Bank AG und den Subventionsgebern: Stadt Dornbirn, Land Vorarlberg<br />
und Republik Österreich – bm:ukk, Kunstsektion.<br />
KunstHeft<br />
Für den Schulbereich, für Jugendliche und Erwachsene<br />
Idee, Konzept und Text: Martin Oswald, Weingarten<br />
Kunstraum Dornbirn<br />
2013
15 Filmstills aus der Videoprojektion „Dornröschen“ im Kunstraum Dornbirn, Gerber und Bardill 2013<br />
Erlebte Zeit<br />
Arbeitsvorschläge<br />
Kultur und Natur – ein Gegensatz?<br />
Vergänglichkeit<br />
Der Kunstraum in Dornbirn befindet sich in einer ehemaligen Montagehalle,<br />
einem alten, aufgelassenen Fabrikbau. Von außen betrachtet, scheint er in<br />
einen Dornröschenschlaf verfallen zu sein. Vielleicht haben Gabriela Gerber<br />
und Lukas Bardill an dieses berühmte Märchen gedacht, als sie ihr Kunstprojekt<br />
für diesen Raum planten. Wer die Halle betritt, erlebt innerhalb von<br />
neun Minuten, wie alle Fenster langsam mit großen Pflanzen dicht zuwachsen<br />
und den Raum verdunkeln. Dann verdorren sie, fallen in sich zusammen<br />
und geben die Fenster wieder für das Licht von draußen frei.<br />
Der Besucher fühlt sich wie in einem unheimlichen, magischen Haus<br />
inmitten einer weitläufigen Plantage.<br />
Das Gewächshaus ist jedoch eine Täuschung: Mehrere Beamer projizieren<br />
das Video von Wachstum und Verfall exakt auf die 16 verkleideten Fenster<br />
der Halle. Es sind riesenhaft vergrößerte Filmbilder von kleinen Gelbsenfpflänzchen,<br />
die von den Künstlern zunächst sorgsam gegossen und<br />
dann sich selbst überlassen wurden. Zwölf Wochen lang dokumentierten<br />
die Künstler deren Wachstum in einem kleinen Kellerlabor, wo sie alle 5<br />
Minuten ein Bild aufnahmen. Die entstandenen 24000 Bilder ergeben im<br />
Zeitraffer die verschiedenen Filme.<br />
So steht die digitale Videoinstallation auch für den Kreislauf der Natur, deren<br />
Kommen und Vergehen. Ein Leben von der Geburt bis in den Tod und wieder<br />
zurück. Gerber und Bardills Rauminstallation macht somit Dinge sichtbar,<br />
die wir in dieser Form und Zeit sonst nie sehen. Wir erleben die Welt aus<br />
einer ungewohnten Perspektive. Das ist ein Wesensmerkmal von Kunst.<br />
• Beobachte, wie sich der Raumeindruck<br />
während des neunminütigen Videos<br />
verändert. Beschreibe die Wirkung und<br />
tausche dich im Gespräch mit anderen<br />
aus.<br />
• Die Filminstallation zeigt den „Verlauf<br />
der Zeit“. Überlege, wie und mit welch<br />
anderen Mitteln sich „Zeit“ künstlerisch<br />
darstellen und bewusst machen lässt.<br />
Verfasse ein kleines Konzept dazu.<br />
• Sogar geerntete Pflanzen leben weiter.<br />
Lege Gemüse (z.B. Kartoffeln oder<br />
Zwiebeln) über mehrere Wochen auf ein<br />
Fensterbrett und halte entweder mit<br />
Hilfe einer Kamera oder mit zeichnerischen<br />
Studien die Veränderungen fest.<br />
• Nicht nur die Natur verändert sich ständig.<br />
Benenne sichtbare Veränderungsprozesse<br />
in der belebten und unbelebten<br />
Welt und überlege, wie man sie dokumentieren<br />
könnte.<br />
Die beiden Künstler wollen mehr, als uns mit einem überraschenden Seherlebnis zu<br />
unterhalten. Der Raum, die Montagehalle, ist bewusst gewählt: Der Gegensatz zwischen<br />
den gezeigten Pflanzen und der Fabrikhalle könnte größer nicht sein. Es ist der Kontrast<br />
zwischen Natur und Zivilisation, also der menschlichen Kultur. Doch was ist „künstlich“,<br />
was ist „natürlich“? Selbst die hier zu sehenden Pflanzen sind nur Schein und als Film zu<br />
sehen. Tatsächlich wurde der Begriff der Kultur ursprünglich nur auf den Anbau und die<br />
Zucht von Pflanzen in der Landwirtschaft bezogen. Heute steht „Kultur“ für die gesamte<br />
vom Menschen geprägte Erscheinung der Welt und alle damit verbundenen Ausdrucksformen.<br />
Gerber und Bardill verwischen mit ihren Bildern den scheinbaren Gegensatz zwischen<br />
Natur und Kultur. Sie machen uns bewusst, dass vieles, was wir als Natur betrachten,<br />
künstlich ist.<br />
Auch der Künstler Lois Weinberger (geb. 1947) interessiert sich für den Gegensatz von<br />
geordneter Welt und wild wuchernden Kräften der Natur. In seinen Installationen lässt er<br />
in asphaltierten und gepflasterten Flächen „Spontanvegetation“ wachsen.<br />
Abb. oben: Lois Weinberger: „Cut“. Spontanvegetation, 100 m, Universität Innsbruck, 1999, Foto: Maremma Art Consulting<br />
Abb. mittig: René Magritte: La clef des champs, 1936<br />
Abb. unten: Ottmar Hörl: “For ever young”, 1994, Kunststoffrasen, Aluminium 80 x 80 x 8 cm<br />
Neues Leben und Wachstum auf der Erde setzt<br />
das Absterben und Aufleben als ewigen Zyklus<br />
voraus. Auch darauf weist die Installation hin.<br />
Die Vergänglichkeit des Lebens hat Künstler<br />
seit je her interessiert und war Inhalt ihrer<br />
Werke. Künstler in der Barockzeit schufen eine<br />
eigene Bildgattung, die zum Nachdenken über<br />
Tod und Vergänglichkeit (lateinisch: vanitas)<br />
anregt: die sogenannten „Vanitas“-Bilder.<br />
Pieter Claesz (ca. 1597-1661): Vanitas-Stillleben, 1634. Germanisches Nationalmuseum Nürnberg.<br />
Der Titel „Dornröschen“<br />
Die Videoinstallation zeigt, wie ein Raum zuwuchert, sich verdunkelt und langsam wieder hell erwacht. Auch in dem<br />
bekannten Märchen „Dornröschen“ wächst ein Schloss mit einer dichten Dornenhecke zu, die sich nach 100 Jahren in<br />
Rosen verwandelt. Erst ein Kuss des Prinzen weckt daraufhin die Prinzessin aus ihrem „Dornröschenschlaf“. Der Titel<br />
der Videoinstallation im Kunstraum spielt mit der wechselvollen Geschichte der ehemaligen Montagehalle, die verschiedenste<br />
Aufgaben erfüllte und zeitweise ungenutzt stand. Gleichzeitig ist Dornröschen ein humorvolles Wortspiel mit<br />
dem Ortsnamen Dornbirn, wo diese Halle steht.<br />
Arbeitsvorschläge<br />
• Fotografiere in besiedelten Gebieten oder in Industriegebieten Stellen, wo sich die<br />
Natur den Raum zurückerobert (Nahaufnahmen an Bordsteinen, Wegrändern,<br />
Parkplätzen, Halden, Mauern, Brachland usw.)<br />
• Diskutiere am Beispiel des Magritte-Bildes die Frage: Was ist „wirklich/natürlich“,<br />
was ist nur ein „Abbild davon/ künstlich“? Was nehmen wir wa(h)r?<br />
• Ottmar Hörl (geb. 1950) ahmt in seinem Kunstobjekt ein Rasenstück aus Kunststoff<br />
nach. Deute den Titel „For ever young“.<br />
Arbeitsvorschläge<br />
• Der Maler Pieter Claesz (ca. 1597-1661) versammelt in seinem Stillleben unterschiedlichste Dinge: Eine spiegelnde<br />
Kugel, eine geöffnete Dosenuhr, ein schwarzes Tintengefäß, eine Schreibfeder, eine Geige mit Bogen, eine geöffnete<br />
Walnuss, ein umgestürztes Trinkglas, einen Totenschädel. Versuche all die genannten Dinge als Symbol der Vergänglichkeit<br />
zu deuten. Welche Dinge ließen sich noch als Hinweis darauf verwenden?<br />
• Die Medien sind voll von Berichten zu Tod und Zerstörung. Sammle unterschiedlichste Beispiele und untersuche,<br />
wie das Thema „Vergänglichkeit“ hier behandelt wird.<br />
• Überlege, wie man mit modernen künstlerischen Mitteln Vergänglichkeit ausdrücken könnte.