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Kunstheft_Tue_Greenfort

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<strong>Tue</strong> <strong>Greenfort</strong> im Gespräch:<br />

Gedanken über die Kunst, die Natur, die Welt<br />

Welche Bedeutung hat die Natur für Sie als Künstler?<br />

<strong>Tue</strong> <strong>Greenfort</strong>: „Sie ist eine Idee, ein Begriff, zu dem ich immer wieder zurückkehre. Zunächst einmal ist da das<br />

direkte, spontane und einfache Erleben der lebendigen Welt, die mich umgibt. Diese Erfahrung ändert meine Wahrnehmung<br />

aller Faktoren im Leben und rückt meine Existenz in eine sehr demütige Perspektive. Wir sind Teil eines<br />

größeren Plans. Mein Versuch der Wahrnehmung der gesamten Biosphäre beginnt mit dem Erleben der Natur in<br />

ganz kleinem Maßstab und erstreckt sich dann nach außen. Ich glaube, dass wir uns bei nichts von dem, wovon wir<br />

Notiz nehmen - ob es sich nun um einen Vogel handelt oder eine Pflanze – auch nur den geringsten Begriff davon<br />

machen können, was es eigentlich bedeutet. Das ist die Natur.“ (Abdruck von Zitat aus Interview 2006, S. 65)<br />

Was ist Ihr Anliegen?<br />

<strong>Tue</strong> <strong>Greenfort</strong>: „Es geht darum, unsere Naturwahrnehmung zu hinterfragen. Schon wenn wir von Natur sprechen,<br />

ist dies ein Ergebnis unserer Kultur und unserer Einstellungen. Wir sollten lernen, darüber nachzudenken. Auch<br />

darüber, wie andere diesen Begriff der Natur für sich einsetzen: In der Werbung, in der Wirtschaft, in der Politik,<br />

in der Wissenschaft“<br />

(<strong>Tue</strong> <strong>Greenfort</strong> im Gespräch mit Martin Oswald, Sept. 2012)<br />

Glauben Sie, dass Ihre Arbeit eine Wirkung hat, und ob Kunst im Allgemeinen eine politische oder soziale Auswirkung<br />

haben kann. Und wenn dem nicht so ist, warum sind Sie bei der Kunst geblieben, statt Aktivist zu werden?<br />

Der Künstler <strong>Tue</strong> <strong>Greenfort</strong><br />

T<br />

ue <strong>Greenfort</strong> wurde 1973 im dänischen Holbaek geboren und<br />

lebt in Berlin. Von 1997 bis 2000 studierte er an der Academy<br />

of Fünen (Dänemark), danach wechselte er an die „Städelschule“,<br />

die Staatliche Hochschule für Bildende Künste in Frankfurt am<br />

Main (Deutschland), wo er im Jahr 2003 sein Studium abschloss.<br />

Als Künstler interessieren ihn ökologische Themen wie der Umwelt-<br />

und Artenschutz, der Klimawandel, die Verknappung der<br />

Rohstoffe, unser Verhältnis zur Natur und besonders zur Tierwelt.<br />

<strong>Tue</strong> <strong>Greenfort</strong> möchte Licht in die Auswirkungen menschlichen<br />

Handelns bringen. Dabei überschreitet er oft Grenzen und beschäftigt<br />

sich mit den unterschiedlichsten Fachgebieten wie Philosophie,<br />

Technik, Biologie, Gesellschaftswissenschaften und Geschichte.<br />

Stets setzt er sich in besonderer Weise mit dem Ort, an dem seine<br />

künstlerischen Projekte stattfinden, auseinander. Dies geschieht<br />

nicht selten auf eine humorvolle und hintersinnige Weise.<br />

T<br />

ue <strong>Greenfort</strong> ist weltweit auf vielen Ausstellungen vertreten,<br />

so auch auf der „documenta13“ in Kassel (2012), die alle fünf<br />

Jahre wichtige Positionen der internationalen zeitgenössischen<br />

Kunst präsentiert.<br />

<strong>Tue</strong> <strong>Greenfort</strong>: „Selbstverständlich hat Kunst eine Wirkung und ist Kunst wichtig. Die Wirkung mag nicht direkt<br />

messbar sein, doch Kunst spielt zweifellos eine sehr wichtige Rolle in der Gesellschaft. (…) Lieber Aktivist werden<br />

als Kunst schaffen? Ich sehe die Frage anders. Kunst ist in der Lage, tiefer in Diskurse einzugehen und diese zu öffnen,<br />

ohne diesem oder jenem politischen Flügel zugeordnet zu werden“<br />

Installation „Struktur & Organismus“, Wachau 2011.<br />

Material: Beschriftete 10-Liter-Flasche mit 86-prozentigem<br />

Alkohol, der aus Aprikosenschnaps der Region<br />

Wachau gewonnen wurde. Außerdem Stahlringe, Metallschale<br />

und diverse Kleinteile. Befestigt an einem<br />

Obstbaum.<br />

<strong>Tue</strong> <strong>Greenfort</strong>. 1 Kilo PET. 2007.<br />

29 geschmolzene PET-Flaschen unterschiedlicher Größe<br />

Die Produktion von 1 kg. PET benötigt 17,5 Kilo Wasser<br />

und hat den Schadstoffausstoß von 40g Kohlenwasserstoff,<br />

25g Schwefeloxid, 18g Kohlenmonoxid, 20g Dioxid<br />

zur Folge. Die Herstellung der Flaschen erfordert ein Vielfaches<br />

der Wassermenge, die je in diese abgefüllt wird.<br />

(aus: <strong>Tue</strong> <strong>Greenfort</strong>, Medusa, Secession Wien 2007, S. 24)<br />

Die Flasche trägt folgenden Text:<br />

„Alkohol enthält nach Fett die meisten Kalorien.<br />

1 Gramm Alkohol ist gleich 7 Kilokalorien.<br />

Jeder Österreicher konsumiert durchschnittlich<br />

22,4 Gramm (ca. 2,24 cl) reinen Alkohol am Tag,<br />

das sind 156,8 Kilokalorien. Der Jahresverbrauch<br />

liegt somit bei ca. 10 Liter Alkohol.<br />

Laut der Food and Agriculture Organization of<br />

the United Nations (FAO) leiden 925 Millionen<br />

Menschen in der Welt an Hunger; sie bekommen<br />

weniger Kalorien am Tag als nötig, um gesund zu<br />

bleiben und eine normale Tätigkeit auszuüben.<br />

Das Minimum an Nahrung umgerechnet in Kilokalorien<br />

für einen Menschen pro Tag liegt bei<br />

ca. 1800 Kilokalorien. In reinen Alkohol umgerechnet:<br />

25,7cl.“<br />

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