SGV_KQ_03_2016_www
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Robert Kolb: Ein Hagener sagt, wo es im Sauerland<br />
und denselben an dem dazu gehörigen Pfahle so wieder angebracht, dass<br />
der Pfeil nach dem Erdboden zeigte. Der junge Mann wurde als der Thäter<br />
ermittelt und von dem zuständigen Gerichte mit acht Tagen Gefängnis wegen<br />
Sachbeschädigung bestraft, obgleich die Verteidigung die Sache als groben<br />
Unfug hinzustellen bemüht war. Der Angeklagte legte Revision ein und beantragte<br />
auch eventuelle Umwandlung der Gefängnisstrafe in eine Geldstrafe.<br />
Das Reichsgericht in Leipzig als letzte Instanz hat nunmehr eine Entscheidung<br />
dahin getroffen, dass das Vergehen nicht als grober Unfug, sondern als<br />
Sachbeschädigung aufzufassen sei und es bei dem ersten Urteil verbleiben<br />
müsse. Eine Umwandlung der Gefängnisstrafe in eine Geldstrafe sei in einem<br />
solchen Falle unzulässig.“<br />
Finger weg von unseren Wanderzeichen!<br />
Schon früh befasste sich der <strong>SGV</strong>-Zentralvorstand mit der Frage, wie das<br />
große Vereinsgebiet organisatorisch gegliedert werden könne. Schon 1895<br />
wurde deshalb erstmals intensiv über „Bezirke“ beraten, ein Jahr später gab<br />
es eine erste Einteilung in „Lüdenscheid, Olsberg, Winterberg, Grevenbrück,<br />
Attendorn, Altenhundem, Plettenberg und Arnsberg“, die allerdings nicht<br />
lange Bestand hatte und bereits 1898 durch eine Neuregelung mit nunmehr<br />
insgesamt 15 Bezirke abgelöst wurde.<br />
Ein wichtiges verbindendes Glied und ein lebendiger Treffpunkt war (und ist es<br />
bis heute) schon in der Frühzeit das zunächst jährlich stattfindende Gebirgsfest.<br />
1891 trafen sich die Wanderfreunde in Arnsberg, 1892 in Altena, 1893 in<br />
Olsberg, 1894 in Herdecke. Die meisten dieser Treffen fanden im Sauerland,<br />
im Siegerland oder in Wittgenstein statt, ab und an ging es aber auch in Orte<br />
außerhalb der südwestfälischen Gebirgsregion: 1901 war zum Beispiel Lippstadt<br />
an der Reihe, 1913 Essen, 1926 Steele und 1950 Wuppertal. Aber schon<br />
beim Fest in Herdecke 1894 wurde leidenschaftlich darüber diskutiert, ob man<br />
das Vereinsfest überhaupt außerhalb des gebirgigen Teils des Vereinsgebiets<br />
begehen könnte. Das Fest in Herdecke war gleichwohl wohlgelungen – wie die<br />
erhaltene Tischrede von Rektor Dr. Reblin aus Altena beweist:<br />
„Wir sind hier versammelt zum fröhlichen Feste,<br />
Es klirren die Gläser, es jauchzen die Gäste.<br />
Es strotzen vor dampfenden Speisen die Teller.<br />
Es spendet die schäumenden Schätze der Keller,<br />
Es klappern die Gabeln, es rasseln die Messer:<br />
Hei, wie sie reinhauen die tapferen Esser.“<br />
Die Wiedersehensfreude war jedes Jahr groß, obwohl das Wetter nicht immer<br />
mitspielte: Schon beim ersten Gebirgsfest in Arnsberg hatte Petrus kein<br />
Einsehen: „Die Züge brachten uns zahlreiche Gäste, Herren und Damen, aber<br />
auch einen Regenguß, der unsere schön gelegene Stadt als in einem Aquarium<br />
gelegen erscheinen ließ und der, so schien es, kein Ende nehmen wollte.<br />
Manchmal regnet’s auch im Sauerland …<br />
Wandern setzt immer Wege voraus. Daran hat sich in 125 Jahren nichts geändert.<br />
Wege, die mit entsprechenden Wanderzeichen ausgestattet sind, damit<br />
sich der Wanderer orientieren kann und nicht verläuft. Schon Ernst Ehmsen<br />
hatte in seinem ersten Jahresbericht auf die Beschilderung der neu einzurichten<br />
Wege hingewiesen – 1897 wurde eine „Wegebaukommission“ eingesetzt,<br />
die sich auch gleich ans Werk machte, wie Dr. Kneebusch sechs Jahre später<br />
konstatierte: „Die schönsten Wege durch schattige Wälder, anmutige Täler und<br />
über luftige Höhen sind ausfindig gemacht, zum Teil geebnet und mit Wegweiser<br />
und Farbe versehen, damit der Wanderer sicher zum Ziele geleitet werde.“<br />
Doch die Freude über das Erreichte war nicht unbegrenzt, denn es gab nach wie<br />
vor Orte im Sauerland, in denen es keine <strong>SGV</strong>-Abteilung gab – und somit auch<br />
keine Wegezeichner! Im Klartext: Hier gab es somit auch keine Wanderzeichen,<br />
kurz: „Es fehlen deshalb fast überall fortlaufende Touristenwege, die den<br />
Fremden von wichtigen Ausgangspunkten des Vereinsgebietes zu Hauptzielen<br />
führen.“ Mit anderen Worten: Hier gab es gehörigen „Nachholbedarf“. Da trat<br />
zum Glück Robert Kolb auf den Plan…<br />
Menschen im <strong>SGV</strong><br />
Nach Jahren des abwartenden Planens übernahm Robert Kolb, Vorsitzender<br />
der Abteilung Hagen und stellvertretender <strong>SGV</strong>-Vorsitzender, 1905 auch<br />
den Vorsitz des Wegeausschusses. Kolb war kein Mann des Schreibtisches,<br />
sondern der Tat. Unter seiner Leitung entstand das Hauptwegenetz des <strong>SGV</strong>,<br />
das bis heute maßgebend ist und in jeder Hinsicht richtungsweisend für alle<br />
deutschen Wandervereine. Mit wahrem Herzblut ging der Ingenieur Kolb mit<br />
seiner „Wegezeichner-Mannschaft“ die wahrhaft schwierige Sache an – und<br />
rasch stellte sich der Erfolg ein, wenngleich mancher seiner Begleiter schwer<br />
daran zu tragen hatte: „In den ersten Jahren zogen wir mit einer Klappleiter<br />
und schweren Holzschildern aus. Oft waren die Rücken wund vom vielen<br />
langen Schleppen. Was mußte auch im Rucksack nicht alles verstaut werden:<br />
Schilder, Holzunterlagen, schwarze und weiße Farbe, Hammer, Rebschere und<br />
Säge. Benzin und Terpentin durften nicht fehlen. Erstens war dies nötig, um<br />
die geronnenen Farben zu verdünnen, und zum anderen, um die Flecken aus<br />
dem Anzuge zu vertreiben.“<br />
6.000 Kilometer Wanderwege<br />
locken in die Natur<br />
Bereits 1906 waren die ersten zehn Wanderstrecken fertiggestellt. Kolb und<br />
seine Mitstreiter schafften es, in 1 ½ Jahren 3.000 Kilometer Hauptwanderwege<br />
und 3.000 Kilometer Nebenstrecken mit Wanderzeichen zu versehen. Eine<br />
grandiose Leistung! In der Kolb’schen Wegekommission trafen sich übrigens<br />
auch Richard Schirrmann und Wilhelm Münker, die Gründer des Deutschen<br />
Jugendherbergswerkes. Schirrmann richtete 1914 auf der Burg Altena die erste<br />
Jugendherberge der Welt ein.<br />
Das Werk Robert Kolbs war noch nicht vollendet, als er Mitte 1909 erkrankte<br />
und am 30. September jenes Jahres starb – noch nicht einmal 43 Jahre alt.<br />
Ihm zu Ehren wurde auf der Nordhelle der Kolbturm erbaut. Bei der offiziellen<br />
Einweihung im Jahr 1913 kamen hier 4.000 Wanderfreunde zusammen, um<br />
Robert Kolb zu gedenken. Der „Sauerländische Gebirgsbote“ veröffentlichte<br />
zu seinem Tod unter dem Titel „Unserm Kolb!“ ein anrührendes Gedicht von<br />
W. Crone:<br />
Richard Schirrmann<br />
geb. 15. Mai 1874 in Grunenfeld,<br />
Ostpreußen, gest. 14. Dezember 1961<br />
in Grävenwiesbach, Taunus<br />
Eng mit dem <strong>SGV</strong> verbunden ist Richard<br />
Schirrmann, der Gründer des Deutschen<br />
Jugendherbergswerkes. Er war zunächst<br />
als Volksschullehrer in Gelsenkirchen tätig.<br />
19<strong>03</strong> wurde er nach Altena versetzt, wo der begeisterte Wanderer<br />
Mitglied im <strong>SGV</strong> wurde. Schirrmann setzte sich nachdrücklich<br />
für das Schulwandern ein – und schon bald entwickelte er seine<br />
Idee eines flächendeckenden Netzes von Herbergen, die nicht nur<br />
Schülern und Studenten oder bestimmten Vereinen offen stehen<br />
sollten, sondern der gesamten wandernden Jugend. Die Anfänge<br />
sind bescheiden: Im damaligen Hotel Gobrecht, am Markt in Altena,<br />
wurden ihm drei Betten zur Verfügung gestellt! Doch Schirrmann<br />
gab nicht auf: 1910 stellte er sein Projekt in der Kölnischen Zeitung<br />
vor – Zuspruch und Unterstützung folgen auf dem Fuße.<br />
Im Jahr 1914 war er am Ziel: Auf der Burg Altena eröffnete die erste<br />
ständige Jugendherberge der Welt, die heute noch im Originalzustand<br />
erhalten ist. Dort wurde er auch erster Herbergsvater. Im Jahr<br />
1922 ließ er sich vom Schuldienst beurlauben, um sich ganz dem<br />
Aufbau des Jugendherbergswerks widmen zu können. Die Stadt<br />
Altena ehrte ihn 1954 mit der Ehrenbürgerschaft.<br />
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