Gsungen&Gspielt 2/2015
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WEIBSBILD<br />
FUCHS UND HÅS –<br />
EINE WILDSCHÖNAUER KULTURINSTITUTION<br />
Sie wohnen fast da, wo Fuchs und Hase sich gute Nacht sagen.<br />
Die beiden Wildschönauerinnen Eva Fuchs und Traudi<br />
Haas sind trotzdem singend schon sehr weit herumgekommen.<br />
Text: Günther Laimböck | Foto: privat<br />
Ende April rufe ich bei Traudi Haas,<br />
besser bekannt als „Schwarznauer<br />
Traudi“, an, da ich gerne mit ihr und<br />
Eva Fuchs über ihre gemeinsame Gesangsgruppe<br />
„Fuchs und Hås“ plaudern<br />
möchte. Nachdem ich ihr erkläre,<br />
dass es sich dabei um ein Interview für<br />
die Sommerausgabe des „G‘sungen &<br />
G’spielt“ handle, ist die Reaktion von<br />
Traudi: „Aha, aso. Jå ietz is a so. Mia<br />
woin eigentlich går nit so viel Auftritte<br />
mehr. Weil woast, dös is uns friara fåst<br />
a bissl z‘viel gwesn.“ Schließlich willigen<br />
aber doch beide Damen ein und als<br />
ich am Ende des Telefongesprächs zu<br />
Traudi noch sage, dass ich mich freuen<br />
würde, gibt mir Traudi als Antwort: „Jå,<br />
gfrei di nit zfria!“<br />
An einem Dienstagnachmittag im Mai<br />
ist es dann so weit: Ich mache mich auf<br />
den Weg zum „Schwarzenauer Hof“ in<br />
Auffach in der Wildschönau, wo Traudi<br />
bereits auf mich wartet. Eva ist noch<br />
nicht da, was Traudi mit einer Anekdote<br />
kommentiert: Als sie nämlich einmal in<br />
Ellmau einen Auftritt hatten, da seien sie<br />
auch viel zu spät gekommen. Alle Musikanten<br />
waren bereits auf der Bühne, Evi<br />
musste im Schnellverfahren die Gitarre<br />
stimmen und dann ging es bereits los.<br />
Die beiden sangen ein Lied, da bemerkte<br />
Traudi plötzlich, dass Eva ihre Trachtenschürze<br />
verkehrt trug. Als Traudi ihre<br />
Gesangspartnerin darauf aufmerksam<br />
machte, war an ein normales Weitersingen<br />
nicht mehr zu denken, weil beide<br />
nicht mehr aus dem Lachen kamen. Eva<br />
klärte schließlich die verwirrte Zuhörerschaft<br />
über ihr Malheur auf, was zur<br />
allgemeinen Erheiterung im Saal führte.<br />
Das Singen im Blut<br />
Während Traudi weitererzählt und nebenbei<br />
Kaffee und Kuchen zubereitet,<br />
schaut plötzlich Evas Kopf durch den<br />
Türspalt, und mit einem lauten „Bin<br />
dada“ betritt sie den Raum. Sie sprudelt<br />
gleich los und berichtet von ihrem<br />
Aufenthalt in der Schweiz in den letzten<br />
Tagen. Es sei schön gewesen, allerdings<br />
hätte sie Traudi das eine oder andere<br />
Mal gebraucht, da es einige Gelegenheiten<br />
zum Singen gegeben hätte. Das<br />
nehme ich als Stichwort und befrage die<br />
beiden über ihre Anfänge als Gesangsduo.<br />
Die beiden erzählen mir, dass sie<br />
als junge 16-, 17-jährige Mädchen einmal<br />
zusammen gearbeitet hätten und in<br />
dieser Zeit jede Gelegenheit nutzten, um<br />
gemeinsam zu singen.<br />
Das Singen ist beiden in die Wiege gelegt<br />
worden. Als Traudi noch ein Kind<br />
war, wurde bei ihr zuhause auf dem<br />
„Foischinghof“ sehr viel gesungen. Ihre<br />
Eltern kannten viele Lieder und auch<br />
ihr älterer Bruder Alfons brachte Traudi<br />
einige Lieder bei. Bereits im Alter<br />
von vier Jahren beherrschte sie das Lied<br />
„Vom reichen Bauern“ offenbar so gut,<br />
dass sie in Oberau bei einer Veranstaltung<br />
auf einer Bühne vorsingen durfte.<br />
Auch auf dem Schulweg nutzte Traudi<br />
die Zeit zum Singen.<br />
In Evas Familie war ihr Vater sehr musikalisch,<br />
von ihm hat sie auch das Begleiten<br />
auf der Gitarre erlernt. Doch dieser<br />
spielte nicht nur Gitarre, er beherrschte<br />
auch Zither, Harfe, Geige, Klarinette,<br />
und auch Klavier konnte er spielen.<br />
Außerdem baute er selbst zwei Zithern,<br />
eine Harfe, eine Gitarre sowie eine Geige.<br />
Alle Instrumente gibt es heute noch.<br />
Ihr Vater sei einfach ein Naturtalent gewesen,<br />
erzählt Eva, zudem war er auch<br />
noch ein begnadeter Maler. Lieder habe<br />
er Eva aber keine beigebracht, die meisten<br />
Lieder habe sie von Traudi gelernt.<br />
Aufgeschnapptes Repertoire<br />
Eva war immer fasziniert von Traudis<br />
Liederreichtum. Traudi sagt dazu, dass<br />
das Singen für sie immer ein Ausgleich<br />
neben der strengen bäuerlichen Arbeit<br />
war. Neben der wöchentlichen Kirchenchorprobe<br />
ging sie auch immer zu<br />
ihrer Nachbarin, der Melkstatt-Anna,<br />
und sang mit ihr gemeinsam. Die habe<br />
so „gschtiaschte“ Lieder gesungen und<br />
früher mit der Håsried-Anna (Anm. eine<br />
benachbarte Bäuerin) immer wieder im<br />
kleineren Rahmen gesungen, was Traudi<br />
faszinierte. Auch Evi erzählt, dass<br />
ihr Vater früher oft mit seinem Nachbarn,<br />
dem Schwendter-Jochei, gesungen<br />
habe, und das eine oder andere Mal habe<br />
auch Eva mitsingen dürfen. Generell<br />
wurde früher im Tal sehr viel gesungen<br />
und da hat man auch das eine oder andere<br />
Scherzlied „aufgeschnappt“. Eines<br />
dieser Lieder ist etwa die „Sennerinbeichte“,<br />
das heute zum Standardrepertoire<br />
der beiden gehört: Darin schlüpft<br />
Traudi in die Rolle des Pfarrers und Eva<br />
ist die Sennerin, die nach dem Almsommer<br />
dem Pfarrer beichtet. Einmal sogar,<br />
so berichtet Eva, soll Traudi bei einem<br />
Auftritt tatsächlich von der Moderatorin<br />
mit dem Pfarrer verwechselt worden<br />
sein.<br />
Als Gesangsduo seien Evi und Traudi allerdings<br />
„erst“ vor knapp 30 Jahren das<br />
erste Mal aufgetreten. Zunächst nur im<br />
kleineren Rahmen. Dann rief 1993 Otto<br />
Ehrenstrasser an, der die beiden bat, an<br />
einer Aufnahme in Bruckmühl für das<br />
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G‘SUNGEN & G‘SPIELT | 40. JAHRGANG | HEFT 02 | JUNI <strong>2015</strong>