Geschlechtsdifferenzierung und ihre Abweichungen - oapen
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Bericht über die Podiumsdiskussion<br />
Wenn man das Kindeswohl als das höchste Gut begreife, das über allem stehe,<br />
knüpfte Frau Professorin Dr. iur. Konstanze Plett an, so sei es bedeutsam, in welchen<br />
Fällen wer wann – also ex post oder ex ante – eine Überprüfung vornehme. Die<br />
Möglichkeit, das elterliche Sorgerecht zu beschränken, setze stets einen Antrag<br />
beim zuständigen Gericht voraus; werde dieser Antrag nicht gestellt, so bleibe es<br />
ein gesellschaftliches Problem. Gewalt in der Familie auch gegen Kinder sei aber<br />
anders zu bewerten als die Frage, dass bestimmte Maßnahmen nur mit Einwilligung<br />
oder nur unter Vorlage medizinischer Gutachten <strong>und</strong> nur durch richterliche<br />
Entscheidung möglich seien. Vergleichend wurde die Geschlechtszuweisung bei<br />
intersexuellen Kindern <strong>und</strong> die Geschlechtsänderung Transsexueller betrachtet,<br />
welche trotz der Unterschiedlichkeit der Phänomene genügend Ähnlichkeiten aufwiesen,<br />
um die Divergenz der rechtlichen Verfahren in Frage zu stellen. Bei der<br />
Transsexualität werden eine höchstpersönliche Einwilligung, ein Antrag sowie zwei<br />
voneinander unabhängige Gutachten sowie die gerichtliche Entscheidung vorausgesetzt.<br />
Bei der Geschlechtszuweisung im Rahmen von intersexuellen Kindern<br />
müsse man nicht nur die Gonadektomie wegen eines Risikos im Blick haben; erfasst<br />
seien auch das Anlegen einer Neovagina <strong>und</strong> die Klitorissektion oder -<br />
ektomie. Alle diese weitreichenden Operationen spielten sich jedoch allein im privaten<br />
Raum zwischen Eltern <strong>und</strong> den verschiedenen Ärztinnen <strong>und</strong> Ärzten sowie<br />
den Kliniken ab, ohne dass dabei eine externe Kontrolle stattfinde. Einer Genehmigung<br />
durch das Vorm<strong>und</strong>schaftsgericht bedürfe es insoweit nicht; nicht der<br />
Stellvertretung zugänglich <strong>und</strong> damit verboten sei allein die Sterilisation von Minderjährigen.<br />
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[Auf eine entsprechende Nachfrage erläuterte Frau Professorin Plett:] Der Straftatbestand<br />
gegen männlichen Exhibitionismus 8 sei historisch-kulturell schlicht ein<br />
„Überbleibsel“. Vergleichbares finde sich auch im Arbeitsschutzrecht in der Regelung,<br />
wonach das Arbeiten von weiblichen Jugendlichen im Rotlichtmilieu verboten<br />
sei, von männlichen Jugendlichen (mit Zustimmung der Eltern) hingegen nicht.<br />
Männliche Jugendliche bedürften jedoch desselben Minderjährigenschutzes <strong>und</strong><br />
seien nicht weniger schutzwürdig oder -bedürftig.<br />
Frau Professorin Dr. iur. Tatjana Hörnle ergänzte, dass der „weibliche Exhibitionismus“<br />
im Gegensatz zu männlicher Prostitution von niemandem als Problem<br />
empf<strong>und</strong>en werde, auch wenn das alltagssprachliche Verständnis von Exhibitionismus<br />
ein anderes sei. Wenn dabei allerdings von „Normalität“ die Rede sei, müsse<br />
natürlich stets auch der Einfluss der Medien mit bedacht werden; diese geben<br />
7 § 1631 c BGB - Verbot der Sterilisation: Die Eltern können nicht in eine Sterilisation des Kindes<br />
einwilligen. Auch das Kind selbst kann nicht in die Sterilisation einwilligen. § 1909 findet keine Anwendung.<br />
8 § 183 Abs. 1 StGB (Exhibitionistische Handlungen): „Ein Mann, der eine andere Person durch eine<br />
exhibitionistische Handlung belästigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe<br />
bestraft.“<br />
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