Endokrinologie Informationen - Deutsche Gesellschaft für ...
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ABSTRACTS<br />
der Kalzitoninbestimmung resultieren. Die bisherigen<br />
Ergebnisse zeigen, dass bei Patienten mit einem basalen<br />
Kalzitoninspiegel von unter 10 pg/ml (CIS, Niccols-<br />
Assay) das Risiko <strong>für</strong> das Vorliegen eines medullären<br />
Frühkarzinoms extrem gering ist, medulläre Karzinome<br />
wurden in diesem Kalzitoninbereich bislang nicht nachgewiesen.<br />
Bei einem über 10 pg/ml basal erhöhten<br />
Kalzitoninspiegel sollte ein Pentagastrintest durchgeführt<br />
werden. Medulläre Frühkarzinome wurden bei<br />
Patienten mit basalem Kalzitonin von über 30 pg/ml<br />
bzw. stimuliertem Serumkalzitonin von über 100 pg/ml<br />
nachgewiesen, so dass bei dieser Patientengruppe<br />
eine totale Thyreoidektomie (plus Lymphadenektomie<br />
bei stimuliertem Kalzitonin von über 200 pg/ml) empfohlen<br />
wird. Bei Patienten mit einem basalen Kalzitonin<br />
von 10–30 pg/ml bzw. einem stimulierten Kalzitonin<br />
von unter 100 pg/ml ist eine Kalzitoninkontrolle in dreibis<br />
sechsmonatigem Abstand ausreichend.<br />
2. Chirurgische Strategie des klinisch manifesten<br />
MTC<br />
Ausgangslage ist, dass die Chirurgie bislang die einzige<br />
effektive Therapieoption darstellt. Befriedigende Ergebnisse<br />
wurden nur nach totaler Thyreoidektomie und Kompartmentorientierter<br />
Mikrodissection erreicht (Rezidivrate<br />
< 10%, biochemische Heilung nach Primäroperation ca.<br />
50%, nach Rezidivoperation ca. 30 %). Beim MTC findet<br />
eine frühzeitige hämatogene Dissemitation statt, so dass<br />
selbst in frühen Tumorstadien biochemische Heilungen<br />
nicht immer erreicht werden. Insgesamt besteht eine<br />
günstige Prognose bei „okkulter Metastasierung“. Auf<br />
der arideren Seite gibt es auch derzeit nur unbefriedigende<br />
Therapieoptionen bei „Makro“-Metastasen.<br />
Zusammenfassend ergeben sich aufgrund der Literatur<br />
sowie unserer eigenen Patientendaten (400 MTC-<br />
Patienten seit 1995) folgende Ergebnisse: Von einer<br />
hämatogenen Dissemination ist bereits beim pT1-MTC<br />
in ca. 30% auszugehen (pT2-4 ca. 80%). Die lokoregionären<br />
Lymphknotenkompartimente werden in einer<br />
quasi hierarchischen Ordnung kolonisiert. Lymphknotenmetastasen<br />
finden sich primärtumorgrößenabhängig<br />
im zervikozentralen Kompartment in<br />
30–90%, ipsilateral-zervikolateral in 30–90%, kontralateral-zervikolateral<br />
in 10–50% und mediastinal in ca.<br />
10–40 Lokale Rezidivfreiheit ist nur nach totaler<br />
Thyreoidektomie und Kompartment-orientierter Mikrodissection<br />
zu erreichen. Eine biochemische Heilung<br />
konnte nur erreicht werden bei Tumorbefall von weniger<br />
als 10 Lymphknoten und/oder einem Kompartmentbefall<br />
von weniger als drei Kompartimenten. Skiplesions<br />
(Metastasensprung) wurde in ca. 15% beobachtet.<br />
Die chirurgische Strategie besteht daher bei<br />
riodal-positivem MTC in der totalen Thyreoidektomie<br />
und Mikrodissektion aller drei zervikalen Kompartimen-<br />
te. Eine transsternale Mediastinaldissektion wird nur<br />
bei positivem Lymphknotenbefall empfohlen.<br />
Hinsichtlich der Diagnostik und Therapie bei Fernmetastasen<br />
wird kurz über neuere Ergebnisse der Thorakolaparoskopie<br />
und der Chemoembolisation berichtet.<br />
Die Thorakolaparoskopie eignet sich zur Staging-<br />
Untersuchung bei bildgebend-negativen Patienten mit<br />
Fernmetastasenverdacht. Es kommen insbesondere<br />
Patienten mit einem basalen Kalzitonin über 1000<br />
pg/ml infrage. Auch wenn aus einem Mikrometastasennachweis<br />
in der Thorakolaparoskopie keine direkten<br />
Therapiemaßnahmen resultieren, stellt diese<br />
Untersuchung doch eine gute Möglichkeit zur Beurteilung<br />
der Verlaufsdynamik dar.<br />
Bei dominanten Makrometastasen der Leber hat sich<br />
die Chemoembolisation mit Epirubicin bewährt; es<br />
kommt zu einem deutlichen Kalzitoninabfall (günstig<br />
bei symptomatischer Hyperkalzitoninämie) und auch<br />
zur Verkleinerung der Metastasen. Progrediente disseminierte<br />
Fernmetastasen stellen weiterhin ein therapeutisches<br />
Dilemma dar. Hier stehen gegenwärtig nur<br />
wenige Therapiekonzepte zur Verfügung (z.B.<br />
Radioligantentherapie, Chemotherapie).<br />
3. Hereditäres MTC<br />
Aktueller Stand ist, dass eine Genotyp-Phenotyp-<br />
Korrelation nachgewiesen werden konnte. Die häufigsten<br />
RET-Protoonkogen-Mutationen beim FMTC/<br />
MEN2a-MTC sind auch die aggressivsten. Gerade<br />
aber bei den seltenen Mutationen liegt ein erhebliches<br />
Manifestationsspektrum vor. Aufgrund der heutigen<br />
Daten werden Zeitpunkt und Ausmaß der Frühoperation<br />
nicht nur vom Mutatortyp, sondern auch vom<br />
Kalzitoninwert bestimmt. Aber auch beim Kalzitonin<br />
besteht eine erhebliche Grauzone.<br />
Zusammenfassend sind unter Berücksichtigung des<br />
Mutatortyps und der Kalzitoninspiegel folgende aktuellen<br />
Therapieempfehlungen zu geben:<br />
– MEN2b: Operation so früh wie möglich, d. h.<br />
unmittelbar nach Diagnosestellung, wenn möglich<br />
schon im ersten Lebensjahr<br />
– high risk-MEN2a (Codon 634, 618): Operation im<br />
Alter unter 5 Jahren<br />
- medium/low risk FMTC/MEN2a: Operation spätestens<br />
bei Anstieg/pathologisch stimuliertem Kalzitonin.<br />
Die Frühoperation des hereditären MTC bei Genträgern<br />
sollte nicht nur aus Radikalitätsgründen, sondern auch zur<br />
Vermeidung/Verminderung der chirurgisch bedingten<br />
Morbidität (Hypoparathyreoidismus bei Lymphadenektomie)<br />
spätestens im pNO-Stadium durchgeführt werden.<br />
86 <strong>Endokrinologie</strong> <strong>Informationen</strong><br />
27 (2003) 2