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Ennstal Classic Clerici Roubinek

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FOTOS: © ENNSTAL CLASSIC<br />

Legenden ohne Ende: Der letzte<br />

versteigerte Ferrari 250 GTO<br />

(oben) ging für 65 Millionen Dollar<br />

weg, dieses Exemplar wurde<br />

erstaunlich beherzt durch<br />

den <strong>Ennstal</strong>er Transitwahnsinn<br />

bewegt – Briten halt.<br />

Links: Der Wechselstrom/Gleichstrom-Sänger<br />

Brian Johnson mit<br />

Stirling Moss beim Probesitzen im<br />

Cockpit eines Jaguar C-Type.<br />

Unten rechts: Ein rarer Maserati A6<br />

GCS mit noch seltenerer Fantuzzi-<br />

Karosserie.<br />

Unten links: Der überhaupt einzigartige<br />

Rudi <strong>Roubinek</strong> im familientauglichen<br />

BMW 3,0 CS.<br />

RUDI ROUBINEK, ENNSTAL CLASSIC<br />

DIENSTAG:<br />

Ich weiß, ich bin kein großer Mann. Das<br />

mag im Alltag manchmal seine Nachteile<br />

haben – „im Fernsehen schauen S’ größer<br />

aus!“ –, ist beim Autofahren in der Regel<br />

aber von Vorteil. Man passt auch in enge<br />

Cockpits, ohne klaustrophobische Zustände<br />

zu bekommen oder mit Knie, Kopf und<br />

Ellenbogen überall anzustoßen. Doch als<br />

ich mein heuriges Fahrzeug, einen BMW<br />

3.0 CS, Baujahr 1972, übernehme, fühle ich<br />

mich geradezu winzig. Ich ziehe die Sitzraste<br />

ganz nach vorn und reiche trotzdem<br />

kaum zu den Pedalen. Auch kann ich<br />

schwerlich über das durchaus kompakte<br />

Sportlenkrad drüberschauen. Insgesamt<br />

stecke ich in dem Sitz wie Bully Herbig in<br />

der Gummibärchenwerbung im Wäschekorb.<br />

Bereits auf der Überstellungsfahrt<br />

wächst die Sorge, wie ich die Marathondistanz<br />

der kommenden Tage bewältigen<br />

werde.<br />

MITTWOCH:<br />

Gleich nach dem Frühstück zerlege ich den<br />

Fahrersitz. Unter der maroden Sitzfläche<br />

befindet sich – nichts. Ich leihe mir vom<br />

Hotel zwei Couchpolster, stopfe sie in den<br />

Sitzrahmen und begebe mich zur technischen<br />

Abnahme. Dort treffe ich viele<br />

Bekannte, denen ich meinen Defekt gleich<br />

wortreich schildere. Es ist immer gut,<br />

schon vorweg eine Ausrede zu haben. Mein<br />

steirischer Freund Gerhard weist mir den<br />

Weg in ein Mechanikerzelt, ein Meister<br />

tritt herbei. Schnell wird klar, was zu tun<br />

ist: Kunstvoll wird ein Drahtgeflecht in den<br />

Sitzrahmen eingespannt, dann mit mehreren<br />

Schichten Pappendeckel belegt, darauf<br />

kommt die Sitzfläche. Ich bin gerade um<br />

gute 10 cm gewachsen!<br />

DONNERSTAG:<br />

Es geht los! Zum allerersten Mal mit meiner<br />

Liebsten am heißen Sitz. Sie ist eigentlich<br />

ziemlich schmerzfrei. Lediglich als ich<br />

versuche, im Dauerregen am jungen Ferdinand<br />

Porsche in einem Carrera RS aus dem<br />

Porsche-Museum dranzubleiben, der seinerseits<br />

hinter Abarth-Guru Werner Fessl<br />

im 124er Spider Gruppe 4 her ist, der seinerseits<br />

zwei Schweden in einem erstaunlich<br />

gut motorisierten Schneewittchensarg<br />

des Volvo-Werkteams verfolgt, die ihrerseits<br />

im Geschwader mit Rauno Aaltonens<br />

Cooper S fliegen, räuspert sie sich und verweist<br />

auf die fehlenden Sicherheitsgurte.<br />

Bergauf fehlt es uns nicht an Kraft, sondern<br />

an einem Sperrdifferenzial, aber aufgeben<br />

tut man einen Brief. Mein Hinweis, wir<br />

müssten in den Kehren halt auch fürs<br />

Publikum fahren, beruhigt sie mittelmäßig.<br />

Rudi <strong>Roubinek</strong> und Andi Aigner.<br />

FREITAG:<br />

O.k., ich geb’s zu, ich wusste nicht gleich,<br />

wer Brian Johnson ist. Ist auch kein besonders<br />

auffälliger Name wie etwa Freddie<br />

Mercury, Yusuf Islam oder Axl Rose, der<br />

Mann, der den gehörgestürzten Johnson<br />

gerade bei AC/DC als Leadsänger vertritt.<br />

Interessant ist die Therapie, die den<br />

geplagten Ohren des Rockstars Linderung<br />

verschaffen soll: Das Röhren und Bollern<br />

eines 1600er-Doppelnockers aus dem<br />

Hause Alfa Romeo. Johnson startet auf einem<br />

Bertone GTA (wahrscheinlich sogar<br />

echt, ich mein’ vom Anschaffungspreis her<br />

sollte das für so jemanden ja bewältigbar<br />

sein). Er gibt zu Protokoll, gern schnell zu<br />

fahren, findet sich am Ende eher weiter<br />

hinten im Klassement, bei dem es allerdings<br />

um Gleichmäßigkeit geht. Es gibt<br />

aber unterschiedliche Darstellungen, ob er<br />

sich wirklich die ganze Ochsentour von<br />

rund 850 Kilometern angetan hat. Ob er<br />

zum Beispiel in dem kleinen Bergdorf, an<br />

dessen Ortsanfang ein riesiges Transparent<br />

mit den Worten: „Brian, please stop to<br />

sign my T-Shirt!“ prangte, überhaupt vorbeigekommen<br />

ist, ist unklar.<br />

SAMSTAG:<br />

Belohnt wird er (Brian Johnson, Anm.) jedenfalls<br />

reichlich, und zwar mit der Fahrt<br />

in einem (wahrscheinlich echten, denn<br />

beim Status dieser Veranstaltung sollte das<br />

ja bewältigbar sein) Jaguar C-Type beim<br />

traditionellen Corso Samstag Mittag. Als<br />

ich seinen Beifahrer erblicke, fällt mir ein<br />

alter Witz ein, der in Abwandlung etwa so<br />

geht: Ich weiß nicht, wer der nette ältere<br />

Herr am Beifahrersitz ist, aber es muss<br />

jemand ganz Besonderer sein, denn sein<br />

Chauffeur ist Brian Johnson. Der „Beifahrer“<br />

ist niemand Geringerer als Sir Stirling<br />

Moss, der sehr entspannt aus dem Cockpit<br />

winkt, sich also durchaus gut aufgehoben<br />

fühlt. Meine Liebste und ich belegen am<br />

Ende Platz 62 von 189 gewerteten, sind<br />

also grade noch im ersten Drittel.<br />

SONNTAG:<br />

Ich übergebe den BMW dem edlem Kurzzeitspender.<br />

Der Sitz hält immer noch. Ein<br />

Provisorium halt.<br />

9/2016 autorevue 115

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