Südwester Amtsblatt-Nachrichten im Kriegsjahr 1914 - Golf Dornseif
Südwester Amtsblatt-Nachrichten im Kriegsjahr 1914 - Golf Dornseif
Südwester Amtsblatt-Nachrichten im Kriegsjahr 1914 - Golf Dornseif
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Südwester</strong> <strong>Amtsblatt</strong>-<strong>Nachrichten</strong> <strong>im</strong> <strong>Kriegsjahr</strong> <strong>1914</strong><br />
von <strong>Golf</strong> <strong>Dornseif</strong><br />
Blättert man in den letzten Ausgaben des AMTSBLATTS FÜR DAS SCHUTZGEBIET<br />
DEUTSCH-SÜDWESTAFRIKA <strong>1914</strong> und 1915, so überrascht den gegenwärtigen Leser<br />
nach fast 100 Jahren eine seltsame Mischung oft unfreiwilliger Komik und ernster<br />
Begebenheiten in zwangloser Folge.<br />
Zahllose Soldbücher der Schutztruppe gingen verloren, Kassenscheine als Notgeld<br />
mussten gedruckt werden, dienstuntaugliche Polizei-Kamele wurden versteigert, ein<br />
Distriktamt benannte Trunkenbolde als Abschreckung und die Standesämter registrierten<br />
anonym mehrere uneheliche Geburten. 200 Mark Belohnung wurden auf die Ergreifung<br />
eines landesverräterischen Buren laut Steckbrief ausgesetzt. Besondere Kennzeichen<br />
am 10. Februar 1915: „Zur Zeit geschlechtskrank!“<br />
Hamsterkäufe und Lebensmittelpreise<br />
Bekanntmachung des Kaiserlichen Gouvernements zu Windhuk am 4. August <strong>1914</strong>: Infolge der<br />
kriegerischen Ereignisse in der He<strong>im</strong>at unterbleibt bis auf weiteres eine Lebensmittelzufuhr aus<br />
Deutschland. Trotz alledem liegt kein Anlass vor zu irgendwelcher Besorgnis. Es wird gegenüber den<br />
in verschiedenen Teilen des Schutzgebiets aufgetretenen Beunruhigungen über die Art der<br />
Lebensmittelbeschaffung an dieser Stelle besonders darauf hingewiesen, dass das Schutzgebiet für<br />
längere Zeit ausreichend mit Lebensmitteln versorgt ist. Es ist dabei aber auch selbstverständlich,<br />
dass jeder Einzelne haushälterisch wirtschaftet.<br />
Höchst bedauerlicherweise muss festgestellt werden, dass in verschiedenen Orten des Schutzgebietes<br />
versucht worden ist, die Lebensmittelpreise in unerhörter Weise in die Höhe zu schrauben.<br />
Die Handelskammer Windhuk hat in äußerst dankenswerter Weise dagegen sofort die erforderlichen<br />
Maßnahmen ergriffen und den einst<strong>im</strong>migen Beschluss gefasst, die Lebensmittelpreise nicht zu erhöhen.<br />
Es ist zu hoffen, dass auch in den anderen Orten des Schutzgebiets eine ungerechtfertigte<br />
Ausnutzung der politischen Lage verhindert wird.<br />
Kaiserstraße Windhuk <strong>1914</strong>
Auch mit Bargeld ist das Schutzgebiet für längere Zeit hinreichend versorgt. Die privaten und amtlichen<br />
Kassen sind in der Lage den gestellten Anforderungen gerecht zu werden. Es ist deshalb<br />
bedauerlich, dass zahlreiche Personen aus übertriebener Vorsicht und unbegründeter Angst bei den<br />
Banken des Schutzgebiets ihre Depots, häufig sogar ohne Einhaltung der Kündigungsfrist, zurückgezogen<br />
haben. Es darf dazu bemerkt werden, dass das Privateigentum bei den Institutionen des<br />
Zahlungsverkehrs keineswegs gefährdet ist.<br />
Freiwillige für die Schutztruppe<br />
Kommandeur von Heydebreck veranlasste am 6. August <strong>1914</strong> in Windhuk folgende Öffentliche<br />
Bekanntmachung: 1. Freiwillige auf Kriegsdauer, auch Personen des Beurlaubtenstandes, melden<br />
sich be<strong>im</strong> nächsten Meldeamt oder Truppenteil, möglichst unter Vorzeigung ihrer Militärpapiere. 2.<br />
Auch militärisch noch nicht Ausgebildete werden eingestellt. 3. Eingestellte haben Anspruch auf<br />
Gehalt, Löhnung usw. ihrer bisherigen Charge, erklären sich aber durch ihre freiwillige Meldung mit<br />
ihrer Verwendung als Reiter der Schutztruppe ohne Charge (Rang) einverstanden. 4. Es ist nicht erwünscht,<br />
dass sich selbständige Farmbesitzer und Verwalter, die keinen vollwertigen weißen Vertreter<br />
zurücklassen können, oder solche Personen, die zahlreiche Eingeborene beschäftigen und keine<br />
vollwertige weiße Aufsicht für diese stellen können, zum Eintritt in die Schutztruppe melden. 5. Von<br />
Kriegsfreiwilligen mitgebrachte und kriegsbrauchbare Pferde werden nach ihrem Schätzwert freihändig<br />
angekauft.<br />
Einführung der Pressezensur<br />
Auf Grund des Paragraphen 15 der Verordnung des Reichskanzlers über die Presse in den Schutzgebieten<br />
Afrikas und der Südsee vom 15. Januar 1912 best<strong>im</strong>mte der Kaiserliche Gouverneur Seitz in<br />
Windhuk am 6. August <strong>1914</strong> unter anderem: Veröffentlichungen über Vorgänge bei den Eingeborenen<br />
oder über Truppenbewegungen und Verteidigungsmaßnahmen sind verboten. Ausgenommen sind<br />
amtlich vermittelte oder vom Gouverneur genehmigte <strong>Nachrichten</strong>. Zuwiderhandlungen werden<br />
bestraft.<br />
Kassenscheine als Notgeldlösung<br />
Eine Verordnung des Kaiserlichen Gouverneurs betreffend die Ausgabe von Kassenscheinen vom 8.<br />
August <strong>1914</strong> regelte:<br />
§ 1 – Das Gouvernement gibt Kassenscheine bis zum Betrag von fünf Millionen aus. Der Gegenwert<br />
für diese Scheine ruht bei der Kolonial-Hauptkasse in Berlin.<br />
§ 2 – Die Kassenscheine sind unverzinslich und werden von sämtlichen öffentlichen Kassen <strong>im</strong><br />
Schutzgebiet zum Nennbetrag in Zahlung genommen. Die Einlösung erfolgt spätestens drei Monate<br />
nach Aufhebung des Kriegszustands. Die Verpflichtung zur Einlösung erlischt mit Ablauf von einem<br />
Jahr nach Kriegsende.<br />
§ 3 – Die Kassenscheine werden nach Bedarf mit folgender Stückelung ausgegeben: Serie A Scheine<br />
zu 100 Mark, Nr. 1 bis 25.000, hellblaue Farbe, 14x10 cm groß auf rosa Papier. Serie B Scheine zu 50<br />
Mark, Nr. 1 bis 10.000, rote Farbe, 13x9 cm, gelbes Papier. Serie C Scheine zu 20 Mark, Nr. 1 bis<br />
81.250, braune Farbe, 10x7 cm, auf weißem Papier. Serie D Scheine zu 10 Mark, Nr. 1 bis 25.000,<br />
rosa Farbe, 10x6 cm, auf hellgrünem Papier. Serie E Scheine zu fünf Mark, Nr. 1 bis 25.000, hellgrüne<br />
Farbe, 9x6 cm, auf rosa Papier.<br />
§ 4 – Je nach dem Wert des Kassenscheins ändert sich die Wertangabe.<br />
§ 5 – Zur Gültigkeit muss dem Kassenschein der Reichsadler in großer Form aufgeprägt sein.<br />
§ 6 – Wer Kassenscheine des Schutzgebiets nachmacht oder verfälschte oder nachgemachte sich<br />
verschafft und in Verkehr bringt, wird mit Gefängnis bestraft.
Neuartiges Standesamt für Eingeborene<br />
Durch Verfügung des Kaiserlichen Gouverneurs Seitz wurde mit Wirkung ab 1. August <strong>1914</strong> ein<br />
sogenanntes Eheregister für Eingeborene <strong>im</strong> Schutzgebiet DSWA eingeführt.<br />
I. Auf Antrag wird die Eheschließung Eingeborener, die vor dem Religionsdiener eines christlichen<br />
Bekenntnisses erfolgt ist, in ein amtliches Register <strong>im</strong> Bezirk des Wohnorts des Mannes eingetragen.<br />
II. Der Nachweis der erfolgten Eheschließung wird durch eine Bescheinigung des Religionsdieners,<br />
vor dem die Eheschließung stattfand, oder durch einen Auszug aus dem Kirchenbuch geführt. Zur<br />
Stellung des Antrags auf Eintragung der Eheschließung ist jeder Ehegatte und der Religionsdiener<br />
befugt.<br />
III. Die Eintragung begründet die Vermutung, dass die Ehe, deren Schließung <strong>im</strong> Register dokumentiert<br />
ist, die alleinige gültige Ehe repräsentiert, in der die beiden Eheleute leben. Die Ehefrau hat<br />
den Namen des Mannes zu führen.<br />
IV. Wird die Ehe durch Scheidung aufgelöst, so ist auf Antrag die Auflösung der Ehe bei der Eintragung<br />
über die Eheschließung zu vermerken. Der Antrag auf Eintragung des Scheidungsvermerks<br />
kann gestellt werden.<br />
a) von den bisherigen Eheleuten gemeinschaftlich,<br />
b) von demjenigen Ehegatten, der nachweist, dass die Ehe von der Kirche, welcher er angehört, geschieden<br />
ist oder als geschieden anerkannt wird, oder falls keiner der Ehegatten einer christlichen<br />
Kirche angehört, dass die Ehe nach Stammesbrauch aufgelöst worden ist.<br />
Die Eintragung des Scheidungsvermerks begründet die Vermutung, dass die Ehe fortan nicht mehr<br />
besteht.<br />
V. Farbige eines fremden Stammes, die vor dem Registerführer in Gegenwart von zwei Zeugen erklären,<br />
dass sie miteinander die Ehe eingegangen sind, sind auf Antrag in das Eheregister einzutragen,<br />
auch wenn eine kirchliche Trauung nicht stattgefunden hat. Die Eintragung ist nur zulässig, wenn dem<br />
Registerführer Ehehindernisse nach dem Stammesrecht der fremden Farbigen oder nach den Gesetzen<br />
des Staates, dem einer der Eheschließenden angehört, nicht bekannt sind.
VI. Das Register wird von dem Bezirks- oder Distriktsamt oder von einem Eingeborenen-Kommissar<br />
geführt. Das Register ist jährlich abzuschließen. Über die Eintragung ist dem Antragsteller eine Bescheinigung<br />
auszustellen.<br />
Öffentliche Zustellung wegen Ehescheidung<br />
Der Gerichtsschreiber des Kaiserlichen Bezirksgerichts in Omaruru ließ mit Datum vom 20. August<br />
<strong>1914</strong> folgende „öffentliche Zustellung“ <strong>im</strong> <strong>Amtsblatt</strong> publizieren:<br />
Die Ehefrau Adele Frisch in Groß-Okarumue, Prozessbevollmächtigter Rechtsanwalt von Gehren in<br />
Omaruru, klagt gegen ihren Ehemann, den Farmer Walter Frisch, früher in Groß-Okarumue, jetzt unbekannten<br />
Aufenthalts, unter der Behauptung, dass der Ehemann sie böswillig verlassen hätte, mit<br />
dem Antrag die Ehe der Parteien zu scheiden und den Beklagten für den allein schuldigen Teil zu<br />
erklären. Die Klägerin ladet den Beklagten zur mündlichen Verhandlung vor das Kaiserliche Bezirksgericht<br />
Omaruru auf den 5. November <strong>1914</strong>, vormittags acht Uhr.<br />
Gründung des Südafrikanischen Freiwilligen-Korps<br />
Am 9. September <strong>1914</strong> verkündete der Kaiserliche Gouverneur Seitz in Windhuk die Errichtung eines<br />
Freiwilligenkorps:<br />
I. Zum Kampf gegen das feindliche Ausland wird unter dem Namen SÜDAFRIKANISCHES<br />
FREIWILLIGEN-KORPS ein selbständiger Truppenverband errichtet.<br />
II. An der Spitze des Südafrikanischen Freiwilligen-Korps steht der Kommandant. Er wird vom Gouverneur<br />
ernannt.<br />
III. Der Kommandant ernennt Offiziere und Unteroffiziere nach Bedarf. Er kann diese Befugnis auch<br />
auf andere übertagen. Der Kommandant best<strong>im</strong>mt das Rangverhältnis der Vorgesetzten untereinander.<br />
Ihm steht die Disziplinarstrafgewalt gegenüber den Untergebenen <strong>im</strong> gleichen Umfang zu<br />
wie dem Befehlshaber der Kaiserlichen Schutztruppe. Er kann diese Befugnis auf Offiziere in vollem<br />
Umfang oder mit Beschränkung übertragen.<br />
Weihnachten <strong>im</strong> Feld in Südwestafrika
IV. Durch den Eintritt in das Südafrikanische Freiwilligen-Korps verpflichten sich die Angehörigen zum<br />
unbedingten Gehorsam gegenüber ihren Vorgesetzten und unterwerfen sich der Disziplinargewalt<br />
des Kommandanten und seiner Beauftragten.<br />
V. Die Angehörigen des Südafrikanischen Freiwilligen-Korps tragen ein aus der Ferne erkennbares<br />
und an der Kopfbedeckung zu tragendes Abzeichen in den Farben rot, weiß, blau untereinander und<br />
grün quer. Sie führen die Waffen offen. Bei der Kriegführung sind die Kriegsgesetze und Kriegsgebräuche<br />
zu beachten, wie sie unter den Krieg führenden Staaten vereinbart sind.<br />
VI. Durch den Anschluss an das Südafrikanische Freiwilligen-Korps und durch die Ernennung zum<br />
Vorgesetzten werden vermögensrechtliche Ansprüche gegen das Schutzgebiet nicht erworben.<br />
VII. Das Südafrikanische Freiwilligen-Korps ist mit Beendigung des Kriegszustandes aufzulösen.<br />
(Anmerkung: Das Südafrikanische Freiwilligen-Korps diente zur Anwerbung deutschfreundlicher Buren<br />
mit ständigem Wohnsitz in Deutsch-Südwestafrika (Farmer, Kaufleute, Handwerker, usw.), geführt von<br />
Andries de Wet. Das Vorhaben erwies sich jedoch als Misserfolg, weil sich nur wenige Interessenten<br />
meldeten. Die Organisation wurde auf Anordnung des Gouverneurs zum 1. März 1915 offiziell wieder<br />
aufgelöst.)<br />
Sozialhilfe für Soldatenfamilien in DSWA<br />
Am 20. August <strong>1914</strong> gab der Kaiserliche Gouverneur Seitz in Windhuk Einzelheiten bekannt zur<br />
Unterstützung von Familien der eingezogenen Mannschaften des Beurlaubtenstandes und des Landsturms<br />
nach Maßgabe ihrer Bedürftigkeit Gleiches galt bezüglich der Familien der auf Grund freiwilliger<br />
Meldung eingestellten Mannschaften.<br />
II. Die Unterstützung ist zu gewähren:<br />
a) der Ehefrau des Eingetretenen und ehelichen sowie den ehelichen gesetzlich gleichgestellten Kindern<br />
unter 15 Jahren.<br />
b) dessen Kindern über 15 Jahre, Verwandten in aufsteigender Linie und Geschwistern, sofern sie von<br />
dem Eingetretenen schon vor dem Dienstantritt unterhalten wurden.<br />
Die Unterstützung ist nur für diejenigen Familienangehörigen des Eingezogenen zu gewähren, die<br />
sich <strong>im</strong> Schutzgebiet aufhalten.
III. der Antrag auf Unterstützung ist be<strong>im</strong> Bezirks- oder Distriktsamt zu stellen, in dessen Bereich die<br />
zu unterstützende Person ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort hat. Für die Zeit, die länger als ein Monat<br />
hinter der Stellung des Antrags zurückliegt, ist eine Unterstützung nicht zu gewähren. Den Gemeinden,<br />
die Unterstützungen an Personen gewährt haben, die infolge der Einziehung ihres Ernährers<br />
hilfsbedürftig geworden sind, sind jedoch die Aufwendungen insoweit zu erstatten als eine Unterstützung<br />
nach Maßgabe dieser Verfügung hätte gezahlt werden können.<br />
IV. Der Betrag der Unterstützung richtet sich nach dem Grad der Hilfsbedürftigkeit und darf die nachstehenden<br />
Höchstsätze nicht überschreiten: Bei Ehefrauen 50 Mark, für jede andere unterstützungsberechtigte<br />
Person 20 Mark monatlich.<br />
V. Die Unterstützung wird vom zuständigen Bezirks- oder Distriktsamt bewilligt. Sind dem Amt die<br />
persönlichen Verhältnisse der Gesuchsteller nicht hinreichend bekannt, müssen zunächst Erkundigungen<br />
über die Vermögensverhältnisse eingezogen werden.<br />
Die bewilligten Unterstützungsbeträge sind in monatlichen Raten <strong>im</strong> voraus von der Bezirks- oder<br />
Distriktskasse zu zahlen. Rückzahlung der vorausbezahlten Beträge findet auch dann nicht statt, wenn<br />
der in den Dienst Eingetretene vor Ablauf des Monats zurückkehrt, für den zuletzt eine Unterstützung<br />
gewährt wurde.<br />
Die Unterstützung wird nicht dadurch unterbrochen, dass der in den Dienst Eingetretene als krank<br />
oder verwundet zeitweilig beurlaubt wird. Für die Dauer solcher Beurlaubungen sowie für die Dauer<br />
einer Kommandierung zur Besorgung des eigenen Wirtschaftsbetriebs ruht die Unterstützung.<br />
Wenn der in den Dienst eingetretene vor seiner Rückkehr verstirbt oder vermisst wird, werden die<br />
Unterstützungen solange gewährt, bis dass die Formation, der er angehörte, auf den Friedensfuß zurückgeführt<br />
oder aufgelöst wird.<br />
Diamantenabbau in Kolmanskuppe
Falls Personen, deren Familien nach dieser Verfügung Unterstützungen erhalten, nach dem Diensteintritt<br />
a) der Fahnenflucht sich schuldig machen oder<br />
b) durch gerichtliches Erkenntnis zu Gefängnisstrafen von länger als sechs Monaten Dauer<br />
oder zu einer härteren Strafe verurteilt werden,<br />
so wird die bewilligte Unterstützung während der Zeit der Fahnenflucht oder Strafverbüßung eingestellt.<br />
Die Truppenbefehlshaber werden den Ämtern in diesem Fall unverzüglich Nachricht geben.<br />
VI. Die auf Grund dieser Verfügung gewährte Unterstützung gilt nicht als Armen-Unterstützung. Ein<br />
Anspruch auf die Unterstützung besteht nicht.<br />
Standesamtlich unehelich geboren<br />
Warmbad August <strong>1914</strong>. – Geburten: ein Sohn dem Farmer Johannes Davids am 12. März <strong>1914</strong>. Eine<br />
Tochter dem Polizei-Sergeanten Paul Döhler am 30. Mai <strong>1914</strong>. Eine Tochter dem Schmiedemeister<br />
Abel Erasmus am 3. August <strong>1914</strong>. Eine uneheliche Geburt.<br />
Eheschließungen: keine. Sterbefälle: Wilhelmina Erasmus, zwei Tage alt, am 5. August <strong>1914</strong><br />
Windhuk Dezember <strong>1914</strong>. – Ein Sohn dem Ingenieur Rudolf Erwin Schenk am 1. Dezember <strong>1914</strong>.<br />
Eine uneheliche Geburt. Eheschließungen: Paul Morning mit Frieda Scholz. Heinrich Müller mit Marie<br />
Röthig. Ernst Bockemühl mit Martha Klameth. Sterbefälle: Karl Schmidt. 15 Tage alt, am 12 Dezember<br />
<strong>1914</strong>. Rudolf Witte, zwei Tage alt, am 21. November <strong>1914</strong>. Elisabeth Prietschk, 10 Tage alt, am 19.<br />
November <strong>1914</strong>. Paul Büchner, vier Monate alt, am 23. Dezember <strong>1914</strong>.<br />
Geschlechtskranker Bure auf der Flucht<br />
Steckbrief vom 10. Februar 1915 aus Windhuk. Der unten beschriebene Bure Petrus Philippus<br />
Potgieter, früher wohnhaft in Walfischbay, ist entwichen, nachdem er wegen Verabredung zum Landesverrat<br />
festgenommen worden war. Es wird ersucht ihn festzunehmen und an die Militärstrafanstalt<br />
Windhuk oder an die nächste Militärbehörde abzuliefern. Gezeichnet: Hauptmann Graf Saurma.<br />
Beschreibung: Alter 37 Jahre, Größe 1.70 Meter, Statur hager, schlank, Haare blond, Augen<br />
dunkelbau, Nase mittelgroß, Mund mittelgroß, blonder Vollbart und Schnurrbart, Gesicht länglich,<br />
hohe Stirn, Gesichtsfarbe blass und kränklich, Sprache deutsch, englisch, holländisch.<br />
Besondere Kennzeichen: Zur Zeit geschlechtskrank.<br />
Kleidung: Schnürschuhe, Khakihose, dunkelblaues Wollhemd (Sweater), ohne Jacke und ohne Hut.<br />
Potgieter war in Walfischbay mit einer Eingeborenen aufgeboten. Es ist nicht ausgeschlossen, dass er<br />
unter den Eingeborenen Zuflucht und Unterstützung sucht. Auf die Ergreifung des Flüchtigen wurden<br />
200 Mark Belohnung ausgesetzt (auch für Eingeborene).<br />
Seifensieder zahlt keinen Unterhalt<br />
Öffentliche Zustellung des Gerichtsschreibers am Kaiserlichen Bezirksgericht Karibib vom 6. Januar<br />
1915:<br />
Die Ehefrau Rapp, früher in Swakopmund, jetzt in Klein-Windhuk ansässig, Prozessbevollmächtigter<br />
Rechtsagent Steckel, zur Zeit Karibib, klagt gegen ihren Ehemann, den Seifensieder Otto Rapp, früher<br />
in Swakopmund, jetzt mutmaßlich in Portugiesisch-Angola ansässig, unter der Behauptung daß Otto<br />
Rapp seine Ehefrau <strong>im</strong> Juni <strong>1914</strong> verlassen habe, nach Angola ausgewandert sei, sich seitdem nicht<br />
mehr um die Familie gekümmert und seiner Frau und den Kindern seit etwa zwei Jahren keinen Unterhalt<br />
gewährt habe, mit dem Antrag auf Ehescheidung.
Der Beklagte wird zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits vor das Kaiserliche Bezirksgericht<br />
Swakopmund, zur Zeit in Karibib tätig, auf den 15. April 1915, vormittags neun Uhr geladen. Zum<br />
Zweck der Öffentlichen Zustellung wird dieser Auszug der Klage <strong>im</strong> <strong>Amtsblatt</strong> bekannt gemacht.<br />
Der Feldpostverkehr als neue Einrichtung<br />
Das Kaiserliche Postamt Windhuk veröffentlichte am 16. September <strong>1914</strong> (gezeichnet Thomas)<br />
folgende Bekanntmachung:<br />
Ab 15. September <strong>1914</strong> ist in Deutsch-Südwestafrika der Feldpostverkehr eingerichtet worden. Durch<br />
die Feldpost werden befördert:<br />
1. in Militärdienst-Angelegenheiten gewöhnliche und eingeschriebene Briefe sowie Postkarten, gewöhnliche<br />
Pakete von postmäßiger Beschaffenheit, Postanweisungen über Beträge bis 800 Mark<br />
einschließlich;<br />
2. in Privatangelegenheiten der Angehörigen unserer Truppen gewöhnliche Briefe bis zum Gewicht<br />
von 250 Gramm einschließlich, gewöhnliche Postkarten, Postanweisungen über Beträge bis 800 Mark<br />
einschließlich von Truppenangehörigen und bis 100 Mark einschließlich an Truppenangehörige. Im<br />
Verkehr zwischen Truppenangehörigen ist für die Grenzen der Zulässigkeit der Absender maßgebend.<br />
Sämtliche vorbezeichneten Sendungen müssen deutlich in der Aufschrift als „Feldpostbrief, Feldpostkarte,<br />
Feldpostpaket, Feldpostanweisung“ bezeichnet sein. In den Aufschriften muss der<br />
Empfänger ferner genau nach seinem Dienstgrad, seiner Dienststellung und dem Truppenteil bezeichnet<br />
werden. Auch die Angabe des Best<strong>im</strong>mungsortes ist notwendig, weil die Standorte der<br />
Truppenteile den Postanstalten noch nicht genau bekannt sind. Ferner ist auf den Sendungen die Angabe<br />
des Absenders erforderlich.<br />
Von der Beförderung ausgeschlossen durch die Feldpost sind Nachnahmebriefe sowie Einschreiben-<br />
Briefe und Feldpostpakete <strong>im</strong> Privatverkehr der Truppenangehörigen. In Militärdienst-Angelegenheiten<br />
sind sämtliche zur Beförderung durch die Feldpost geeigneten Sendungen portofrei.<br />
<strong>Südwester</strong> Geselligkeit <strong>im</strong> Wirtshaus
In Privatangelegenheiten der Truppenangehörigen erstreckt sich die Portofreiheit auf<br />
a) Feldpostbriefe <strong>im</strong> Gewicht bis 50 Gramm einschließlich<br />
b) Feldpostkarten<br />
c) Feldpostanweisungen von Truppenangehörigen<br />
Feldpostbriefe über 50 Gramm bis 250 Gramm kosten 20 Pfennige Porto. Feldpostanweisungen an<br />
Truppenangehörige (Absender Privatpersonen) kosten 10 Pfennige Porto. Alle Sendungen müssen<br />
bei ihrer Auflieferung frankiert werden, weil sie sonst als unzustellbar gelten.<br />
Wer hat ein Gewehr <strong>im</strong> Fluss gesehen?<br />
Das Etappenkommando der Schutztruppe gab am 20. März 1915 durch eine Pressemitteilung <strong>im</strong><br />
<strong>Amtsblatt</strong> bekannt: Infolge eines Unglücksfalls be<strong>im</strong> Durchschw<strong>im</strong>men des Omaruru Riviers nahe der<br />
Farm Okarundu ist das Gewehr M.98 Nr. 1401 verloren worden. Es wird gebeten, nach dem Verbleib<br />
des Gewehrs zu forschen und es eventuell an die nächste Militärbehörde oder Polizeistation<br />
abzugeben.<br />
Rationierung der Lebensmittel ab 1915<br />
Das Kaiserliche Gouvernement in Windhuk ordnete ab 1. Januar 1915 die Rationierung von Lebensmitteln<br />
in Deutsch-Südwestafrika an. Folgende Artikel und Mengen wurden monatlich zum Verkauf an<br />
die Bevölkerung zugelassen:<br />
1. Erwachsene nicht eingezogene Person (jeweils)<br />
Zwei Kilogramm Reis<br />
Zwei Kilogramm Weizen- oder Roggenmehl<br />
Vier Kilogramm Maismehl<br />
250 Gramm Speisesalz<br />
250 Gramm Bohnenkaffee<br />
Ein Päckchen Zündhölzer (je Haushalt)<br />
Oberstleutnant von Heydebreck mit seinem Stab
2. Kinder unter 12 Jahren (jeweils)<br />
Ein Kilogramm Reis<br />
Zwei Kilogramm Weizen- oder Roggenmehl<br />
Zwei Kilogramm Maismehl<br />
250 Gramm Speisesalz<br />
250 Gramm Bohnenkaffee<br />
500 Gramm Zucker<br />
3. Eingeborene pro Kopf<br />
Acht Kilogramm Maismehl<br />
Ein Anspruch auf die genannten Mengen besteht nicht. Die Abgabe erfolgt nur an solche Personen,<br />
welche die angegebenen Lebensmittel nicht mehr mindestens in der zur Ausgabe zugelassenen Menge<br />
besitzen und eine entsprechende Versicherung abgeben. Wer unwahre Angaben macht, hat mit<br />
Strafverfolgung wegen Betrugs zu rechnen.<br />
Zum gewerbsmäßigen Verkauf best<strong>im</strong>mtes Brot muss aus Mehl hergestellt sein, das mindestens zu<br />
zwei Drittel aus Maismehl besteht. Der Verbraucher hat das zur Herstellung des Mischbrotes erforderliche<br />
Feinmehl (400 Gramm je Brotlaib), 1250 Gramm Backgewicht, den Bäckereien abzuliefern.<br />
Zuwiderhandlungen werden mit Geldstrafe bis zu 150 Mark oder mit Haft bis zu 14 Tagen bei Zahlungsunfähigkeit<br />
bestraft.<br />
Ersatz für verlorene Soldbücher<br />
Bekanntmachung der Intendantur der Kaiserlichen Schutztruppe vom 27. November <strong>1914</strong> in Windhuk.<br />
Es haben ihre Abrechnungsbücher verloren:<br />
1. der überzählige Gefreite Martin Kaufmann von der Vierten Kompanie<br />
2. der Reiter Gustav Schmidt von der Fünften Kompanie<br />
3. der Reiter der Landwehr Albert Baumann von der Ersten Reserve-Batterie<br />
Kaiserstraße Windhuk <strong>im</strong> Jahr 1915
4. der Reiter der Landwehr Christoph Dreyer von der Zweiten Reserve-Kompanie<br />
5. der Vizefeldwebel des Landsturms Friedrich Thamm, Dritte Reserve-Kompanie<br />
6. der Unteroffizier der Reserve Heinrich Taubensee. Dritte Reserve-Kompanie<br />
7. der Reiter des Landsturms Gustav Daenicky, Dritte Reserve-Kompanie<br />
8. der überzählige Gefreite Emil Demant, Dritte Reserve-Kompanie<br />
9. der Reiter der Landwehr Karl Kircher, Dritte Reserve-Kompanie<br />
10. der Reiter Kriegsfreiwilliger Fritz Schmidt, Dritte Reserve-Kompanie<br />
11. der Reiter der Landwehr Hugo Urbanitz, Dritte Reserve-Kompanie<br />
Es wurde den Betreffenden jeweils ein neues, als Duplikat bezeichnetes Abrechnungsbuch ausgestellt,<br />
auf welches allein Zahlungen zu leisten sind.<br />
(Anmerkung: Im <strong>Amtsblatt</strong> für Deutsch-Südwestafrika wurden <strong>1914</strong> und 1915 mehr als 100 derartige<br />
Verlustmeldungen von Soldbüchern veröffentlicht. Aus gegenwärtiger Sicht ist unverständlich, warum<br />
die Angehörigen der Schutztruppe so nachlässig mit ihrem militärischen Dokumenten umgegangen<br />
sind, dass sie massenhaft irgendwo und irgendwie abhanden kamen (durchweg ohne Kampfeinsatz).<br />
Was war ein „überzähliger“ Gefreiter anno dazumal? Laut Wikipedia wurden <strong>im</strong> Kaiserreich die sogenannten<br />
Einjährig-Freiwilligen häufig zu überzähligen Feldwebeln befördert in ihrer Eigenschaft als<br />
Offiziersanwärter der Reserve. In die Reserve entlassene Sergeanten durften ehrenhalber zum<br />
überzähligen Vizefeldwebel ernannt werden. Angaben zu überzähligen Gefreiten konnten nicht historisch<br />
ermittelt werden.<br />
Das Militär-Grundbuchsblatt des Volksschauspielers Hans Moser (Echtname Johann Julier), <strong>im</strong><br />
Staatsarchiv erhalten geblieben, verzeichnet unter anderem, dass Julier mit 21 Jahren <strong>im</strong> Frühling<br />
1901 seinen Militärdienst pflichtgemäß antreten sollte, aber zunächst als „untauglich, zu schwach und<br />
zu kleinwüchsig“ mit 1.57 Meter zurückgestellt wurde. Die Nachmusterung ein Jahr später ergab, dass<br />
der künftige Rekrut <strong>im</strong>merhin einen Zent<strong>im</strong>eter gewachsen war. Jetzt stellte man ihn als „überzählig“<br />
in die Ersatzreserve ein mit acht Wochen Grundausbildung Ende 1902.)<br />
Wer benötigt ein gebrauchtes Kamel preisgünstig?<br />
Das Kaiserliche Distriktsamt Gobabis gab am 1. August <strong>1914</strong> bekannt: Am Mittwoch, dem 9. September<br />
<strong>1914</strong>, vormittags neun Uhr, findet vor dem Kraal des Kaiserlichen Distriktsamts die<br />
Versteigerung von sieben zum Polizeidienst unbrauchbaren Kamelen sowie von einem Maultier statt.<br />
Im Auftrag: Dr. Zorn.<br />
Bankrott-Erklärung eines Kriegsteilnehmers?<br />
Der Kaiserliche Bezirksrichter in Windhuk gab am 24. Oktober <strong>1914</strong> bekannt: Über das Vermögen des<br />
Kaufmanns Arthur Neumärkel in Windhuk, zur Zeit Unteroffizier be<strong>im</strong> Ortskommando in Ukamas, ist<br />
heute um 11.30 Uhr das Konkursverfahren eröffnet worden. Konkursverwalter: Rechtsagent Schenk in<br />
Windhuk. Anmeldefrist bis 2. Januar 1915. Erste Gläubigerversammlung und Prüfungstermin am 23.<br />
Januar 1915 um acht Uhr. Offener Arrest und Anzeigepflicht bis 2. Januar 1915.<br />
(Anmerkung: Der Beruf des „Rechtsagenten“ hat sich bis in die Gegenwart in Namibia erhalten zur<br />
Abwicklung von Rechtsangelegenheiten, die in Deutschland allein Sache zugelassener Rechtsanwälte<br />
und Notare sind. Die Qualifikation solcher Personen ist häufig umstritten.)
Klage wegen Unterhaltszahlungen<br />
Der Gerichtsschreiber des Kaiserlichen Bezirksgerichts zu Windhuk ließ folgende Öffentliche Zustellung<br />
am 22. September <strong>1914</strong> <strong>im</strong> <strong>Amtsblatt</strong> veröffentlichen:<br />
Der Bürgermeister Adolf Klose in Gelsenkirchen als Vormund des minderjährigen Franz Wunder<br />
daselbst, Prozessbevollmächtigter Rechtsanwalt Dr. Fritzsche in Windhuk, klagt gegen den Metzger<br />
Otto Schischewski, früher in Windhuk, jetzt unbekannten Aufenthalts, unter der Behauptung, dass<br />
Beklagter zur Zahlung von Unterhaltsbeiträgen verpflichtet sei, da er der Mündelmutter in der<br />
gesetzlichen Empfängniszeit beigewohnt habe mit dem Antrag den Beklagten kostenpflichtig und<br />
vollstreckbar 1. zum Vater des Klägers zu erklären und 2. zu verurteilen, an Lebensunterhalt dem<br />
Kläger vierteljährlich <strong>im</strong> voraus von Geburt bis zum 14. März 1926 je 60 Mark zu zahlen. Mündliche<br />
Verhandlung: 12 Januar 1915 in Windhuk um acht Uhr früh.
Dieser Artikel wird bereitgestellt auf: http://www.golf-dornseif.de<br />
Dieser Artikel kann gerne - unter Nennung der Quelle - zu wissenschaftlichen und privaten Zwecken<br />
verwendet werden. Die kommerzielle Veröffentlichung des Artikels - auch auszugsweise - ist nur mit<br />
schriftlichem Einverständnis des Autors erlaubt.<br />
Der Artikel ist nach besten Wissen und Gewissen ohne die Verletzung der Rechte Dritter erstellt<br />
worden. Wird eine solche Rechtsverletzung trotzdem vermutet, bittet der Autor um Kontaktaufnahme.