Kranich-03-2016
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n Wissenswertes n<br />
bei galt für alle auf dem Sonnendeck gehörig<br />
den Kopf einzuziehen, um sich nicht Beulen<br />
und blaue Flecken zuzuziehen. Nach diesem<br />
eindrucksvollen Tag verlegten wir am späten<br />
Abend in die General-Steinhoff-Kaserne und<br />
sammelten Kraft für den zweiten Tag unserer<br />
politischen Bildungsreise.<br />
Letzter Stopp:<br />
Sachsenhausen<br />
Am zweiten Tag unserer Bildungsreise brachen<br />
wir früh auf. Dieses Mal ging es Richtung<br />
Berlin-Sachsenhausen. Ziel war das<br />
Konzentrationslager, welches von 1936 bis<br />
zur Befreiung 1945 aktiv war. Die zynische<br />
und makabre Parole "Arbeit macht frei" begrüßte<br />
uns am Eingangstor.<br />
Anders als in Ausschwitz oder Buchenwald<br />
hallt die Parole hier besonders nach. Denn in<br />
Sachsenhausen fanden mehrere zehntausende<br />
Häftlinge ihren Tod nicht durch Vergasung<br />
oder anderen Mordanlagen, sondern durch<br />
Arbeit, unter anderem für das Klinkerwerk,<br />
welches sich direkt neben dem Konzentrationslager<br />
befand. Vor allem Ziegel wurden für<br />
das Großbauvorhaben Albert Speers produziert.<br />
Das Großbauprojekt war die Neugestaltung<br />
bzw. der Wiederaufbau Berlins nach Ende<br />
des Krieges als Reichshauptstadt<br />
Germania. Teile und Fragmente des geplanten<br />
Fassadenschmucks konnten wir schon<br />
bei der Führung durch den Flakturm bestaunen,<br />
da diese nach 1945 dorthin deponiert<br />
worden waren.<br />
Das Konzentrationslager Sachsenhausen war<br />
ein "Sondermodell" unter den übrigen Lagern.<br />
Nach Vorstellungen Heinrich Himmlers<br />
entwarf der SS-Architekt ein gleichseitiges<br />
Dreieck, ein Modell nach der Geometrie des<br />
totalen Terrors. Das panoptische Konstrukt<br />
erlaubte es vom Hauptwachturm A das gesamte<br />
Gelände zu überblicken und mit nur<br />
einem MG-Geschütz auf dem Dach alle 68<br />
Häftlingsbaracken zu erreichen. Neben der<br />
Zwangsarbeit, die mehreren zehntausenden<br />
Häftlingen das Leben forderte, errichtete man<br />
1941 eine Massenvernichtungsanlage in<br />
Form einer heimtückischen Genickschussvorrichtung,<br />
die bei ca. 18000 sowjetischen<br />
Das "Sondermodell" Sachsenhausen<br />
Kriegsgefangenen Anwendung fand. Weiterhin<br />
starben mehrere hunderte Häftlinge an<br />
den Folgen medizinischer Experimente.<br />
1942-1945 wurde in Sachsenhausen eine<br />
Fälscherwerkstatt eingerichtet, in der unter<br />
Zwang 144 jüdische Häftlinge englische<br />
Pfundnoten in Milliardenhöhe fälschten.<br />
Unter Aufzählung dieser furchtbaren Aktivi -<br />
täten im KZ Sachsenhausen findet sich kein<br />
Ende. Es gab so viele interessante, unfassbare<br />
und zugleich erschreckende Geschichten,<br />
die sich innerhalb dieser Mauern abspielten.<br />
Zum Teil konnten man die Schicksale einzelner<br />
Häftlinge nacherfahren. Nicht zuletzt bis<br />
zum Todesmarsch 1945, bei dem die SS-<br />
Besatzung versuchte, das Lager zu räumen<br />
und 33000 Häftlinge auf einen nie endenden<br />
Marsch entsendete.<br />
Wir verließen das Gelände bewegt, schockiert<br />
und sehr nachdenklich. Sehr still war es<br />
auf der Busfahrt zurück nach Laage. Die Eindrücke<br />
der letzten Tage wollten verarbeitet<br />
werden. So gingen wir als SanVersZ mit mehr<br />
Wissen, mehr Erfahrung und auch mit gestärktem<br />
Teamgeist nach Hause.<br />
StArzt Judith Lüdecke<br />
SanVersZ Laage<br />
Fotos: OFArzt Dr. Anja Weh<br />
SanVersZ Laage<br />
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