SPORTaktiv Skitourenguide 2016
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
1.<br />
SETZUNG: Neuschnee fällt bei<br />
Windstille in der typischen sechseckigen<br />
Flockenform. Unter Einwirkung<br />
von Wärme und Druck bilden sich<br />
die Verästelungen der Schneeflocken<br />
später zurück, es entstehen kleinere,<br />
runde Partikel. Diese brauchen weniger<br />
Platz, die Schneedecke sinkt daher zusammen.<br />
Durch diese Setzung entsteht<br />
prinzipiell eine „Bindung“ in der Schneedecke,<br />
konkret: eine flächige Verbindung<br />
zwischen den einzelnen Schneekörnern.<br />
Diese Verbindung ist einerseits eine<br />
Grundvoraussetzung für das Entstehen<br />
von Schneebrettlawinen. Setzung wirkt<br />
andererseits positiv, wenn die Festigkeit<br />
der Schneedecke ein so großes Ausmaß<br />
annimmt, dass kein Bruch mehr möglich<br />
ist, Spannungen in der Schneedecke<br />
aufgehoben werden bzw. die Verbindung<br />
zum Altschnee so gut wird, dass<br />
eine Lawinenauslösung unmöglich wird.<br />
2.<br />
AUFBAUENDE UMWANDLUNG:<br />
Für die Bildung instabiler Schichten<br />
in der Schneedecke ist vor<br />
allem ein Prozess zuständig, der „aufbauende<br />
Umwandlung“ genannt wird.<br />
Grundvoraussetzung für das Einsetzen<br />
dieses Prozesses ist ein möglichst großer<br />
Temperatur unterschied zwischen den<br />
bodennahen Schichten und der Schneeoberfläche.<br />
Ist diese Voraussetzung erfüllt,<br />
setzt in den wärmeren Schichten<br />
ein Verdunstungsprozess ein – es bildet<br />
sich Wasserdampf, der bis zur nächstkälteren<br />
Schicht aufsteigt und hier wieder<br />
gefriert. Dabei bilden sich große,<br />
becherförmige Kristalle, die untereinander<br />
und zu den angrenzenden Schichten<br />
kaum Bindung eingehen.<br />
Die dadurch entstehende Schneeart<br />
wird „Schwimmschnee“ oder „aufgebaut<br />
umgewandelter Schnee“ genannt.<br />
Bei den meisten Schneebrettlawinen<br />
sind „aufgebaut umgewandelte Schich-<br />
Der Experte<br />
MAG. THOMAS LIPPITSCH ist<br />
staatlich geprüfter Berg- und Skiführer,<br />
Geschäftsführer der Alpinschule<br />
„high life“ und Obmann des<br />
Verbands der Kärntner Berg- und<br />
Skiführer.<br />
Vertiefend behandelt Thomas<br />
Lippitsch das Thema in seinem<br />
Buch „Skitouren-Coach Kärnten“,<br />
erschienen bei Edition Neumann.<br />
KONTAKT: highlife.co.at<br />
ten“ als Gleitschichten beteiligt. Sie<br />
entstehen besonders bei niedrigen<br />
Schneedecken und hohen Temperaturunterschieden<br />
– ein Grund, warum vor<br />
allem in schnee armen Wintern besonders<br />
ungünstige Verhältnisse herrschen<br />
können.<br />
3.<br />
MECHANISCHE UMWANDLUNG<br />
entsteht durch Windeinfluss. Der<br />
Schnee wird durch den Wind<br />
transportiert und verliert dabei seine<br />
ursprüngliche Struktur. Durch das Aneinanderreiben<br />
der Schneeflocken entstehen<br />
kleine Schneekörner, diese sammeln<br />
sich in den windgeschützteren<br />
Bereichen an und bilden hier den sogenannten<br />
Triebschnee.<br />
Triebschneeablagerungen weisen praktisch<br />
immer eine flächige Bindung auf.<br />
Da wir in den meisten Fällen nicht ausschließen<br />
können, dass sich unter dem<br />
Triebschnee eine potenzielle Gleitschicht<br />
befindet, ist es wichtig, frische<br />
Triebschneeansammlungen zu<br />
erkennen und sie zu umgehen.<br />
SO ENTSTEHT DIE SCHNEEBRETTLAWINE:<br />
Wiederum sind es drei Punkte, die dafür<br />
verantwortlich sind:<br />
1.<br />
EINE GEBUNDENE SCHNEESCHICHT:<br />
Gemeint ist eine großflächige<br />
Bindung in der Schneedecke,<br />
eine sogenannte „Schneetafel“. Diese<br />
gefährliche flächige Bindung in der<br />
Schneedecke wird entweder durch Setzung<br />
oder durch Windverfrachtung,<br />
sprich Triebschneebildung, geschaffen.<br />
2.<br />
EINE GLEITSCHICHT: Die häufigste<br />
Gleitschicht ist Schwimmschnee,<br />
der durch aufbauende<br />
Umwandlung entsteht. Er ist sehr locker,<br />
ungebunden und wirkt wie ein Kugellager.<br />
Harschschichten, Eislamellen, lockerer<br />
Neuschnee unter Triebschneeansammlungen<br />
oder eingeschneiter<br />
Oberflächenreif können ebenfalls Gleitschichten<br />
sein.<br />
3.<br />
ES MUSS STEIL GENUG SEIN: Statistisch<br />
gesehen gibt es die<br />
meisten Unfälle in über 30 Grad<br />
steilem Gelände. Darunter ist eine Lawinenauslösung<br />
zwar möglich, aber nicht<br />
sehr wahrscheinlich – unter 30 Grad<br />
müssen schon mehrere ungünstige Faktoren<br />
zusammentreffen!<br />
WEITERLERNEN!<br />
Im Rahmen vieler Skitourenkurse wird<br />
die Thematik ausführlich und praxisnah<br />
vermittelt – zum Beispiel in Thomas Lippitsch‘s<br />
Alpinschule high life (siehe Seite<br />
59). Termine: highlife.co.at