2016 Predigt 6.nach Trin Taufe Bedienungsanleitung
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Liebe Marie, lieber Andreas,<br />
ich weiß nicht wie ihr das macht, aber ich lese normalerweise schon mal kurz über die<br />
<strong>Bedienungsanleitung</strong>, wenn ich mir ein neues Gerät kaufe. Ich hab ja schon eine Ahnung, was das Ding<br />
alles kann, sonst hätte ich es nicht gekauft, aber so ganz genau kenn ich mich ja nicht aus damit. Es ist ja<br />
neu.<br />
Meistens stehen da am Anfang ellenlange Erklärungen drin, was man alles nicht machen soll. Den<br />
Toaster nicht unter Wasser bedienen und keine Flüssigkeiten über die neue Tastatur.<br />
Deo in der Mikrowelle sollte man genauso vermeiden wie allzu lange in den neuen Laserpointer starren.<br />
Ich weiß auch nicht genau, wie ich drauf gekommen bin, aber mir ist bei der Vorbereitung auf die <strong>Taufe</strong><br />
die <strong>Bedienungsanleitung</strong> von dem Mikrofon hier in die Hände gefallen. Ich les mal ein Stück draus vor:<br />
Halten Sie Flüssigkeiten jeglicher Art vom Produkt fern. Reinigen Sie das Produkt ausschließlich mit<br />
einem weichen, leicht feuchten Tuch. Setzen Sie das Produkt weder extrem niedrigen noch extrem<br />
hohen Temperaturen aus. Behandeln sie das Produkt sorgfältig und bewahren Sie es an einem sauberen,<br />
staubfreien Ort auf.<br />
Da ist mit noch keinem Wort beschrieben, wozu das Mikrofon eigentlich gut ist – sondern erst einmal,<br />
was man alles nicht damit machen soll. Manches davon – das meiste – ist eigentlich selbstverständlich.<br />
Aber offensichtlich gibt es immer wieder auch Menschen, die Mikrofone unter Wasser oder im Backofen<br />
ausprobieren und sich dann wundern, wenn sie nicht mehr funktionieren.<br />
Wenn Geräte schon so in Gefahr sind Fehlbedienungen ausgesetzt zu werden. Wie ist das dann erst bei<br />
uns Menschen?<br />
Und noch schlimmer – so ein kleines Kind wird ja komplett ohne <strong>Bedienungsanleitung</strong> geliefert. Sicher,<br />
so ein paar Ideen, wozu ein Kind gut ist, werden die Eltern schon haben. Das ein oder andere Kind habt<br />
ihr ja auch schon gesehen und offensichtlich hat es euch so gut gefallen, dass ihr beschlossen habt – wir<br />
wollen auch eins.<br />
Nun gibt es für das Modell Viola keine eigene <strong>Bedienungsanleitung</strong>, aber für den Menschen an sich<br />
schon. Und ich meine jetzt nicht die vielen Elternratgeber in Zeitschriften oder im Internet, die einen mit<br />
guten Ratschlägen überschütten. Nein, ich meine die Autoren der größten Langzeitstudie, die jemals in<br />
der Menschheitsgeschichte vorgenommen worden ist. Material aus 3000 Jahren Menschheitsgeschichte<br />
ist dort aufgeschrieben – immer im Hintergrund die Frage: Wozu ist der Mensch eigentlich gut?<br />
Wozu bin ich auf der Erde? Oder um im Bild zu bleiben: Was ist mein bestimmungsgemäßer Gebrauch?<br />
Oder ganz kurz: Was ist meine Bestimmung.<br />
Die Autoren der Bibel haben versucht Antworten zu finden.<br />
Und dort geht es los wie in einer Gebrauchsanleitung: Ellenlange Ausführungen was man alles nicht<br />
machen soll. Du sollst nicht töten. Du sollst nicht stehlen. Du sollst nicht neidisch sein auf andere. Im<br />
Neuen Testament wird’s dann noch ein bisschen ausdifferenziert. Im Epheserbrief zum Beispiel heißt es:<br />
Belügt euch nicht gegenseitig. Redet nicht schlecht voneinander. Schreit euch nicht gegenseitig an und<br />
vermeidet jede Feindseligkeit.<br />
Vieles davon ist eigentlich selbstverständlich. Aber offensichtlich gibt es immer wieder Menschen, die<br />
Mikrofone unter Wasser oder im Backofen ausprobieren.<br />
Wenn man nun alle Gebote und Verbote beachtet, dann fehlt aber immer noch das Entscheidende. Da<br />
ist nämlich noch mit keinem Wort gesagt, wozu der Mensch eigentlich da ist.<br />
Als Eltern wisst ihr das – wie oft muss man sagen: Nein. Finger weg von der Steckdose. Nein, das Messer<br />
nicht vorne anfassen. Nein, nein, nein. – So geht unser Leben los. Nicht weil ihr euer Kind gängeln wollt,
sondern weil ihr besorgt seid, dass es ihm gut geht.<br />
Aber das Leben wird nicht gut und schön, wenn man am Anfang der <strong>Bedienungsanleitung</strong> stehen bleibt.<br />
Schließlich interessiert es mich viel mehr, was man mit dem neuen Gerät machen kann, als das, was man<br />
alles nicht machen soll.<br />
Beim Mikrofon klingt das so: Das Mikrofon zeichnet sich durch weichen, warmen Klang und große<br />
Dynamik aus. Es verfügt über einen gleichmäßigen Frequenzgang, der bei direkter oder seitlicher<br />
Einsprache für eine gleichbleibend hohe Klangqualität sorgt. Seine Supernierencharakteristik<br />
gewährleistet eine hohe Rückkopplungssicherheit. Dazu kommen ein robustes Gehäuse und ein<br />
geräuscharmer Ein und Ausschalter.<br />
Dafür ist dieses Ding gemacht. Und da kann es zeigen was es kann.<br />
Was ist nun der bestimmungsgemäße Gebrauch von uns Menschen – wozu sind wir von Gott bestimmt?<br />
ihr habt euch als Taufspruch für Viola einen Vers aus dem Matthäusevangelium ausgewählt – wir haben<br />
den vorhin schon gehört – ein Teil vom Taufbefehl – ganz am Ende des Matthäusevangeliums.<br />
Tauft und lehrt die Menschen alles halten, was ich euch befohlen habe – sagt Jesus. Dazu seid ihr da.<br />
Aber was genau meint er damit?<br />
Was hat Jesus uns denn befohlen? Auf den Punkt gebracht könnte man sagen: Liebt und dann tut was ihr<br />
wollt – aber vergesst den ersten Punkt niemals. Paulus hat es später so formuliert: Alle eure Dinge lasst<br />
in der Liebe geschehen.<br />
Als Christen glauben wir, dass Gott selbst die Liebe ist. Deshalb ist es gut und folgerichtig, dass wir unser<br />
Leben lang die Nähe zu diesem Gott suchen. <strong>Taufe</strong>, Lehre – das alles hat das Ziel Gott und der Liebe nahe<br />
zu sein. So heißt es dann auch: Siehe ich bin bei euch bis ans Ende der Welt. Das ist unsere Bestimmung.<br />
Das ist unser ordnungsgemäßer Gebrauch als Menschen.<br />
In der Liebe können wir zeigen, was wir wirklich draufhaben. Wozu wir gemacht sind. Zum Teil mit völlig<br />
verrücktem Ergebnis – bis dahin, dass in der Nähe dieses Gottes Menschen fähig werden sogar die zu<br />
lieben, die sie anfeinden.<br />
Die Herausforderung ist, dass wir als Menschen da völlig frei bleiben – der neue Mensch, auch der<br />
getaufte Mensch ist kein Gefangener, sondern ein Befreiter. Ein zur Liebe befreiter Mensch. Gerade weil<br />
er in der Nähe Gottes leben darf.<br />
Bleiben wir noch einmal kurz bei der Gebrauchsanleitung.<br />
Die <strong>Taufe</strong> wäre dann sowas wie die Inbetriebnahme von etwas Neuem. Aber nicht etwas Fremdes,<br />
sondern etwas zutiefst Vertrautes. Das Kennenlernen und Liebenlernen von Funktionen und Fähigkeiten<br />
die ganz ursprünglich in uns angelegt sind. Eine Befreiung das zu leben, wozu wir eigentlich gemacht<br />
sind.<br />
Und wie bei einem neuen Gerät, wird man sich an manches erst gewöhnen müssen. Manche Funktionen<br />
sind gut versteckt in Untermenüs, die man nicht gleich findet. Aber wir Menschen können das, wir<br />
können geduldig ausprobieren, was diesem neuen einzigartigen Menschen Freude bereitet. Worüber<br />
Viola lacht, worüber sie sich freut, was ihr Herz weit macht. Das dürft ihr als Eltern und wir alle staunend<br />
miterleben.<br />
Das kann auch schiefgehen – nämlich immer dann, wenn man die eigentliche Bestimmung aus dem Blick<br />
verliert. Wenn man sich nicht mehr freuen kann über den gleichmäßigen Frequenzgang und immer<br />
wieder Situationen schafft, in denen pfeifende Rückkopplungen entstehen müssen.<br />
Wir Menschen haben zwar auch da ein robustes Gehäuse und halten einiges aus. Unser Schöpfer hat
offensichtlich einkalkuliert, dass wir immer mal wieder auch Fehlbedienungen ausgesetzt sind. Und<br />
vorsichtshalber ist unser Ein- und Ausschalter alles andere als geräuschlos.<br />
Aber wirklich schön, wirklich gut und wirklich segensreich wird unser Leben erst durch die Liebe.<br />
Ich wünsche euch, dass ihr das erleben dürft mit eurer Viola – und wenn es Schwierigkeiten gibt, dann<br />
nehmt den Taufspruch her und lest nach, wie in einer Gebrauchsanleitung, was eure und ihre eigentliche<br />
Bestimmung ist. Nämlich ein gutes Leben in der Nähe Gottes.<br />
Denn dieses Versprechen gilt nicht nur Viola sondern uns allen: ich bin bei euch bis ans Ende der Welt.<br />
Amen