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Der Neue Extraktivismus
muss in die Analyse mit einfl ießen. Dennoch führen die Resultate des vor 30
Jahren begonnenen ökonomischen Prozesses zu einer neuen Lage, die ebenfalls
untersucht werden muss. Die Koka-Produzent_innen des TIPNIS können
nicht mehr betrachtet werden wie vor 30 Jahren, da die wirtschaft lichen
Veränderungen, zu denen sie beitrugen, auch ihre benachteiligte Situation in
der bolivianischen Gesellschaft sstruktur verändert haben. Als bäuerliche Produzent_innen
sind sie Teil einer globalen Enklavenökonomie des Drogenhandels.
Die Spezialisierung auf den Anbau von Koka-Pfl anzen in den 1980er
Jahren hat sie in einen Handelskreislauf integriert, der über die Grenzen des
Landes hinausgeht. Schon zu Anfang der neunziger Jahre wurden die Siedlungsgebiete
des TIPNIS von der Anti-Drogen-Behörde zur „roten Zone“
erklärt, da die Koka-Monoproduktion auf den Vertrieb innerhalb der Drogenhandelsrouten
ausgerichtet war.
Die Stellung als Enklavenökonomie, die den Gesetzen des Weltmarkts und
der Drogenkorridore folgt, hat sich seitdem nicht verändert. Im November
2011 entdeckte die Anti-Drogen-Behörde eine Großproduktionsanlage für
Kokain im Ort Santa Rosa am Río Isiboro, die Handelsbeziehungen des Gebiets
mit den kolumbianischen Drogenkartellen off enbarte. Der Handel mit
Koka, der nicht dem traditionellen Gebrauch der Koka-Blätt er - kauen und
die Verwendung für medizinische Zwecke – entspricht, drängt auf neue Landwirtschaft
sfl ächen vor, was ein Fortschreiten der Agrargrenze auf Kosten des
Waldes bedeutet. Innerhalb der Kett e der Enklavenökonomien des Drogenhandels
sind die Koka-Bauern Lieferant_innen der Rohware, das große Geschäft
machen sie nicht; als Teil dieser Kett e treten sie jedoch als lokale Akteure
auf, die Druck ausüben und darum kämpfen, Land für die landwirtschaft liche
Nutzung zu erhalten. Anfang der 1990er Jahre umfasste das Anbaugebiet der
Koka-Bauern im TIPNIS zehn bis 20 Hektar. Die Sammelstelle für Koka-Blätter
in Isinuta war die größte in der gesamten Provinz Chapare.
Heute wird eine wesentlich geringere Menge angebaut und es existiert ein
System sozialer Kontrolle durch die Koka-Gewerkschaft , wodurch das schnelle
Wachstum der landwirtschaft lichen Nutzfl ächen in der Region reguliert wird.
Das System der sozialen Kontrolle war eine politische Reaktion der Koka-
Gewerkschaft en in einem nationalen Kontext. Die Koka-Gewerkschaft en
des TIPNIS gehören zur Ursprungsbasis von Präsident Morales. Die soziale
Kontrolle soll eine Botschaft an die bolivianische Bevölkerung aussenden: Es