return Ausgabe 03-2016
Schwerpunktthema: Zukunft managen Gezielter Blick auf das Geschäft von morgen
Schwerpunktthema: Zukunft managen Gezielter Blick auf das Geschäft von morgen
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HINTERGRUND & WISSEN<br />
HINTERGRUND & WISSEN<br />
„In die Wertschöpfung<br />
des Kunden einbinden“<br />
Digital getriebenen Wandel in der Wirtschaft und passende Dienste für Unternehmen<br />
betont Dr. Ulrich Hermann, scheidender Chef von Wolters Kluwer Deutschland.<br />
Text: Thorsten Garber<br />
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Dr. Ulrich Hermann suchte seit seinem Antritt im Jahr 2005 für Kunden nach Expertenwissen<br />
für die Entscheidungsfindung, um mit Inhalten zur Wertschöpfung beizutragen. Der scheidende<br />
Vorsitzende der Geschäftsführung von Wolters Kluwer Deutschland und Mitglied des<br />
europäischen Konzern-Spartenvorstandes war zuvor bei Bertelsmann und im Süddeutschen<br />
Verlag tätig, studierte Ingenieurwissenschaft an der RWTH Aachen und promovierte in Wirtschaftswissenschaften<br />
an der Universität St. Gallen.<br />
Fotos: Wolters Kluwer<br />
Herr Dr. Hermann, nach mehr als zehn Jahren verlassen<br />
Sie Wolters Kluwer. Wie fällt Ihre Bilanz aus?<br />
Ulrich Hermann: Wolters Kluwer Deutschland hat sich unter<br />
meiner Führung vollständig verändert. Als ich 2005 begann,<br />
waren wir ein reines Printhaus,<br />
mit neun starken Verlagsmarken<br />
über elf Standorte verteilt. Das<br />
Geschäft war rückläufig. Heute<br />
wird in Summe über 70 Prozent<br />
des Umsatzes in Deutschland<br />
mit digitalen Lösungen erzielt.<br />
Die Anzahl der Standorte ist<br />
halbiert, gleichzeitig die Belegschaft und der Umsatz verdoppelt<br />
sowie das Ergebnis verdreifacht. Wolters Kluwer<br />
Deutschland operiert konsistent unter einer globalen Marke<br />
und nutzt die Kompetenzen der skalierten Organisation im<br />
internationalen Technologiekonzern.<br />
Was war besonders schwierig zu managen, was erachten<br />
Sie als besonders gelungen?<br />
Die Herausforderung bestand für Wolters Kluwer unter anderem<br />
darin, in ihrem historisch angestammten Geschäftsfeld<br />
im Bereich Recht und Öffentliche Verwaltung eine digitale<br />
Kundenbasis aufzubauen. Die Kunden hier sind immer<br />
noch mehrheitlich traditionelle Printnutzer. Als Nummer<br />
drei in diesem spezifischen Markt gelingt es uns erst seit etwa<br />
zwei Jahren, mit digitalen Lösungen wie Jurion, Smart Law<br />
oder Anwalt 24 eine neue Generation von digitalen Kunden<br />
aufzubauen. Besonders gelungen ist der Aufbau von neuen<br />
Märkten, etwa in Steuerberatersoftware oder im Großkundengeschäft<br />
mit der AOK und seit Neuestem der DGUV.<br />
All dies wäre ohne einen fundamentalen Werte- und Kulturwandel<br />
hin zu einer auf den Kunden ausgerichteten Belegschaft<br />
nicht möglich gewesen. Die Kundenorientierung<br />
kombiniert mit digitaler Kompetenz ist das Fundament der<br />
Zukunft von Wolters Kluwer Deutschland.<br />
Welchen Aufgaben widmen Sie sich künftig?<br />
Nach dem Medienbereich hat die digitale Transformation<br />
„Unternehmensführer müssen<br />
mehr Risikobereitschaft in ihrer<br />
Belegschaft zulassen und lernen,<br />
besser mit Risiken umzugehen.“<br />
heute verschiedene Industrien erfasst. Als nächstes trifft<br />
der Wandel vor allem solche produzierende Unternehmen,<br />
die nicht nur Equipment, sondern ein Service-Geschäft<br />
betreiben. Als Maschinenbau-Ingenieur mit verschiedenen<br />
Mandaten an der RWTH Aachen<br />
beobachte ich die Industrie<br />
4.0 bereits länger. Die digitale<br />
Transformation eines serviceorientierten<br />
Unternehmens wird<br />
meine nächste Aufgabe.<br />
Warum halten Sie die digitale<br />
Transformation in Unternehmen für das Megathema?<br />
Mit der digitalen Transformation können Unternehmen<br />
etwa Kundendaten besser nutzen, weil technische Barrieren<br />
überwunden sind. Zum zweiten erlaubt sie in der Industrie<br />
4.0, Teile der Wertschöpfung zu verbinden, was Abläufe<br />
effizienter gestaltet. Drittens sind damit für Unternehmen<br />
eigene Leistungen besser in die Wertschöpfung des<br />
Kunden einzubinden, was diesen einen höheren Nutzen<br />
bringt und den Anbietern klare Wettbewerbsvorteile. Denn<br />
daraus resultiert vor allem mehr Kundenloyalität, die sich<br />
letztlich als Preisvorteil abbildet. Die digitale Transformation<br />
verändert also ganze Produktionssysteme, Leistungen<br />
und Organisationen.<br />
Maschinenproduzenten kooperieren künftig mit Softwarefirmen,<br />
um Kundenbeziehungen im digitalen Kontext<br />
zu gestalten. Was setzt dies bei Käufern voraus?<br />
Sie selbst treiben doch diese Entwicklung. Denn sie wiederum<br />
sind von drei Megatrends getrieben: Erstens mehr<br />
mit weniger Mitteleinsatz flexibler zu produzieren. Zweitens<br />
auf neuen Wettbewerb durch digitale Anbieter zu reagieren.<br />
Drittens „Disruption“ in ihren Märkten zu antizipieren,<br />
weil etwa alte Regulierungen fallen. Jede Firma ist<br />
diesen Entwicklungen ausgesetzt, die mehr Transparenz,<br />
neue Logik und innovative Geschäftsmodelle hervorbringen.<br />
Ein Teile-Zulieferer wird dann nicht mehr pro Teil<br />
bezahlt, sondern partizipiert an der Vermeidung von Still-<br />
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