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SICH SELBST BEGEGNEN IM GUTSHAUS EHMKENDORF WIRD BEWUSST AUF ENTERTAINMENT VERZICHTET s ist, als falle man aus der Zeit, sagt Nadin Fischer. Und wirklich: Dort, wo es nicht mehr weitergeht, wo die Dorfstraße endet, liegt zwischen Bäumen und Sträuchern ein goldgelber Sehnsuchtsort – das Gutshaus Ehmkendorf. Nadin Fischer war noch nicht einmal zehn Jahre alt, als sie zum ersten Mal hierherkam. Damals, 1984, hatte ihre Mutter, die freischaffende Künstlerin Nora Fischer, einen Ort abseits des Berliner Hauptstadttrubels gesucht und in Ehmkendorf gefunden. In einer kleinen Kemenate im Haus verbrachte die Familie seither die Ferien. Heute, über dreißig Jahre später, leitet Nadin Fischer das Haus, in dem ihre Mutter zusammen mit ihrem Mann 2007 ein Wildkräuterhotel eröffnete. Über zehn Jahre hat die Sanierung und Restaurierung des historischen Gemäuers gedauert. Besonders wichtig war Nora Fischer, dass die Salonkultur des Hauses erhalten bleibt. So gibt es im Erdgeschoss neben der einladenden Eingangshalle die zwei großzügigen Salons, einer in rot, der zweite in blau. Dahinter befindet sich die liebevoll eingerichtete Gutshausküche, im Obergeschoss drei Ferienwohnungen und sieben „Stuben“. So nennt Hausherrin Nadin Fischer die Doppelzimmer, denen ihre Mutter wohltuende Namen wie Kamille, Mohnblume, Jasmin oder Lavendel gegeben hat. „Nach wie vor sind Wildkräuter ein wichtiges Thema bei uns, sie stehen jedoch nicht mehr alleine im Mittelpunkt“, erzählt Nadin Fischer. „Anders als meine Mutter bin ich eben keine Kräuterfee. Sie stand von früh bis spät im Garten, hat sich mit der Kräuterkunde beschäftigt, mit Kräutern gekocht und Kräuterwanderungen gemacht.“ Entstanden ist ein prächtiger Gutsgarten mit unzähligen Haus- und 6
Wildkräutern, die hier Raum zum Wachsen und Gedeihen haben. „Dieses Erbe meiner Mutter tragen wir natürlich weiterhin fort“, so Nadin Fischer. 2012 ist sie mit ihren beiden Kindern endgültig von Berlin nach <strong>Vorpommern</strong> gezogen, widmet sich seitdem komplett dem Hotelbetrieb und den Bewegungsangeboten, die nun im Mittelpunkt stehen. Wanderungen im Recknitztal, Laufen, Paddeln, Reiten, Pilates und Wirbelsäulentraining sind ihre Steckenpferde. Die studierte Sportwissenschaftlerin hat viele Jahre in Berliner Rehazentren gearbeitet, heute gibt sie ihr Wissen an die Gäste weiter. Im Sommer organisiert sie Yogaferien für Familien – ein Highlight, das schon ein Jahr im Voraus ausgebucht ist. DEM URBANEN LEBEN ENTFLIEHEN Auf die früher übliche Herrenhausetikette kann sie dabei gut verzichten: „Hier kann man gut lernen, den klassischen Blick auf das Korrekte sein zu lassen“, erzählt sie. „Und auch Entertainment von früh bis spät gibt es bei uns nicht. Wir sehen uns eher als Rückzugsort, als Chance dem urbanen Leben eine Zeit lang zu entfliehen, als Ort um sich selbst zu begegnen.“ Genau das ist das Gutshaus Ehmkendorf für die 41-Jährige noch heute. Als Tochter einer Künstlerin sei sie „sehr freestyle“ aufgewachsen, wie sie sagt. Heute lebt sie in einer von Berlinern gegründeten Wohngemeinschaft im benachbarten Tessin, nennt es lächelnd „ein Stück Berlin in Tessin“. Auch ihre Kinder, 16 und 12 Jahre, sind hier zuhause. Wie es sich für einen richtigen Familienbetrieb gehört, greifen sie ihrer Mutter im Hotel auch schon mal fleißig unter die Arme. „Wir sind ein kleines Team“, so Nadin Fischer, die seit einiger Zeit von ihrer Freundin Friederike Baufeld unterstützt wird. Auch sie ist von Berlin hierhergezogen, beide verbindet die gemeinsame Leidenschaft für das Reiten. Dabei haben sie sich auch kennengelernt, in einem Berliner Reitstall. Für das gemeinsame Hobby nehmen sich die beiden auch in Ehmkendorf immer wieder Zeit. „Ein Ausritt in die wunderbare Natur des Recknitz- und Maibachtals direkt hier hinterm Haus ist einfach großartig“, so Fischer. Besonders früh morgens, wenn der Nebel noch über der Senke liege und Adler und Greife lautlos über sie hinwegschwebten. Natürlich tauche sie auch immer wieder in das Berliner Leben ein, hat dort viele Freunde, die sie regelmäßig besucht. „Aber trotzdem bin ich immer froh, wenn ich wieder zurück bin.“ Auch hier haben sich über die Jahre viele gute Bekanntschaften und Freundschaften entwickelt. Gemeinsam werden Kulturveranstaltungen oder kulinarische Gutshaustouren organisiert. So wird in Ehmkendorf jedes Jahr ab Herbst der über 100 Jahre alte Herd der Firma „August Speiser Rostock“ angeheizt. Dieser stammt aus dem benachbarten Gutshaus Stubbendorf und sollte ursprünglich entsorgt werden. In Ehmkendorf finden damit nun regelmäßig Kochabende statt, bei denen die Gäste zusammen mit Köchen wie Tillmann Hahn und René Pieper mehrgängige Menüs zubereiten und anschließend in geselliger Runde genießen. So ist das Wildkräuterhotel Ehmkendorf in mehrerer Hinsicht ein kraftvoller Platz – ganz im Sinne seiner Gründerin Nora Fischer. 7
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