Leseprobe: Kein Herz ohne Zweifel
Lesen Sie das erste Kapitel dieses ungewöhnlichen Liebesromans.
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waren. Warum merkte sie jetzt nichts von diesen Vorteilen?<br />
Warum war es jetzt genauso, wie Esther es in ihren schlimmsten<br />
Vorahnungen befürchtet hatte?<br />
»Darf ich mich zu dir setzen?«<br />
Träge hob Esther den Blick, der gedankenverloren auf ihren<br />
Teller gerichtet war. Vor ihr stand der fette Friedhelm. Er verlagerte<br />
sein spektakuläres Gewicht nervös von einem Fuß auf den<br />
anderen, dabei sah er mit einer Mischung aus Hoffnung und<br />
Angst zu Esther herunter.<br />
»Willst du dir heimlich ein zweites Frühstück reinziehen?«<br />
»Am Büffet stehen überall Spione.« Gierig sah er auf Esthers Tablett,<br />
die augenblicklich bedauerte, dass sie sich nicht mehr auf<br />
den Teller geladen hatte. Das Essen hier war wirklich gut. Zumindest<br />
so gut, dass Paul es in den Katalog der entscheidenden<br />
Klinikauswahlaspekte aufgenommen hatte. Leider verdarb das<br />
ganze Drumherum Esther regelmäßig den Appetit. Aber Friedhelm<br />
schien alles ausgezeichnet zu schmecken. Mit einem verschwörerischen<br />
Grinsen schob sie ihr Frühstück auf die andere<br />
Seite des Tisches, wo der korpulente Mann sich erleichtert<br />
niederließ. Schweigend beobachtete sie, wie er damit begann das<br />
Ei zu pellen, was aufgrund seiner bis aufs Nagelbett abgekauten<br />
Fingernägel eine kleine Herausforderung war. Auf Friedhelms<br />
Stirn und der wulstigen Oberlippe bildeten sich blitzschnell zahlreiche<br />
Schweißtropfen. Esther wusste, dass die Angst, beim Essen<br />
erwischt zu werden, ihm einen besonderen Kick gab. Natürlich<br />
durfte sie diese heimliche Fresserei nicht unterstützen, aber<br />
einerseits tat er ihr leid, andererseits gab es Esther einen<br />
besonderen Kick, das hervorragende Therapiekonzept zu unterlaufen.<br />
Friedhelm schob das komplette Ei in den Mund und sah Esther<br />
dankbar an. Die kleinen Augen mit den hellen Wimpern erinnerten<br />
Esther an ein Schwein. Wie alt war er wohl? Mitte zwanzig?<br />
Oder wie Esther über dreißig? Das Übergewicht verzerrte seine<br />
Gesichtszüge, machte es schwierig, das Alter einzuschätzen.<br />
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