Dompfarrbrief 2016/4
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Lieder verbinden<br />
8<br />
Im neuen katholischen Gebet- und<br />
Gesangbuch „Gotteslob“ (2013)<br />
nimmt die Ökumene einen wichtigen<br />
Stellenwert ein und wurde bei der<br />
Liedauswahl besonders berücksichtigt.<br />
Denn auch Gesänge sind Zeugnisse<br />
gemeinsamen Glaubens.<br />
Weitaus mehr Lieder sind evangelischen<br />
Ursprungs - entweder von<br />
einem evangelischen Komponisten<br />
oder Textdichter - als uns bewusst ist,<br />
und als Luther sich wohl je hätte<br />
träumen lassen.<br />
Im Folgenden möchte ich exemplarisch<br />
einige Lieder anführen.<br />
„Lobe den Herren, den mächtigen<br />
König der Ehren“ (GL 392, EG 317)<br />
Der Ursprung des Liedes liegt im 17.<br />
Jahrhundert, verfasst hat es der reformierte<br />
Bremer Theologe, Lieddichter<br />
und Komponist Joachim Neander<br />
(1650-1680), ein bedeutender Lieddichter<br />
des reformierten Pietismus.<br />
Der Text nimmt u.a. auf die Exodus-<br />
Geschichte Bezug (Ex 3 – die Offenbarung<br />
des Gottesnamens, Ex 19 –<br />
die Ankunft Israels am Berg Sinai),<br />
woraus sich die Anspielung auf die<br />
„Adlerflügel“ Gottes, „Adelers Fittiche“<br />
genannt, ableiten lässt.<br />
Ökumenische Lieder sind im Gotteslob<br />
(GL) mit „ö“ unter der jeweiligen<br />
Nummer gekennzeichnet.<br />
Steht bei einem Lied nur „ö“, so hat<br />
das betreffende Lied die gemeinsame<br />
Fassung für alle christlichen<br />
Kirchen im deutschen Sprachgebiet<br />
und steht so auch in evangelischen<br />
Gesangbüchern. Der (für alle<br />
deutschsprachigen Diözesen gemeinsame)<br />
Stammteil umfasst über<br />
145 solcher Lieder, wovon sich 90<br />
auch im Stammteil des Evangelischen<br />
Gesangbuches (EG) finden.<br />
Wenn im neuen Gotteslob bei<br />
einem Lied „(ö)“ steht, sind Teile<br />
des jeweiligen Liedes gemeinsam,<br />
oft die Melodie und einige Strophen.<br />
Im Stammteil des GL finden<br />
sich 35 dieser Lieder.<br />
„Nun danket alle Gott“<br />
(GL 405, EG 321)<br />
Der Text stammt vom protestantischen<br />
Eilenburger Geistlichen Martin<br />
Rinckart (1586-1649).<br />
Das Lied ist ursprünglich als Tischlied<br />
entstanden, bevor es als Dankchoral<br />
für den Friedensschluss nach<br />
dem Dreißigjährigen Krieg eingesetzt<br />
wurde.<br />
„Nun komm, der Heiden Heiland“<br />
(GL 227, EG 4)<br />
Dem Lied liegt der Advent-Hymnus<br />
„Veni redemptor gentium“ des Ambrosius<br />
von Mailand (verfasst um<br />
386) zugrunde. Martin Luther schrieb<br />
1524 einen deutschen Text zu „Veni<br />
redemptor gentium“. Die heute gesungene<br />
Melodie geht auf eine Handschrift<br />
des Benediktinerklosters<br />
Einsiedeln aus dem Jahr 1120 zurück.<br />
Im „neuen“ Gotteslob kommt auch<br />
Paul Gerhardts Lied<br />
„Befiehl du deine Wege“<br />
(GL 418, EG 361).<br />
neu hinzu, allerdings mit nur fünf<br />
Strophen.<br />
Im EG finden sich 12 Strophen. Die<br />
Anfangsworte der 12 Strophen ergeben<br />
den Bibelspruch: „Befiehl dem<br />
Herren Dein’ Weg und hoff auf ihn,<br />
er wird’s wohl machen“ (Psalm<br />
37,5). Paul Gerhard (1607-1676) gilt<br />
als einer der bedeutendsten Kirchenlieddichter.<br />
Ein weiteres Beispiel eines evangelischen<br />
Liedes im katholischen Gotteslob<br />
ist<br />
„Verleih uns Frieden gnädiglich“<br />
(GL 475, EG 421).<br />
Martin Luther greift 1529 mit diesem<br />
Lied auf die aus dem sechsten oder<br />
siebten Jahrhundert stammende Antiphon<br />
„Da pacem, domine“ zurück.<br />
Das Lied wurde im evangelischen<br />
Gottesdienst oft im Anschluss an die<br />
Predigt gesungen. Der Text weist biblische<br />
Referenzen, z.B. zum Psalm<br />
122,6 („Erbitte für Jerusalem Frieden“)<br />
oder auch zum Buch der Könige<br />
(2 Kön 20,19; 2 Kön 1-11), auf.<br />
Jedes Gesangbuch hat das Evangelium<br />
als Grundlage und dient dem Lob Gottes.<br />
„Solang es Menschen gibt auf<br />
Erden“ (GL 425, EG 427)<br />
wurde von dem katholischen Theologen<br />
Huub Oosterhuis (geb. 1933)<br />
verfasst und von dem evangelischen<br />
Lieddichter und Theologen Dieter<br />
Trautwein (1928-2002) ins Deutsche<br />
übertragen.<br />
Die Melodie (1959) stammt von der<br />
niederländischen Komponistin Tera<br />
de Maerz Oyens-Wansink:<br />
Johanna Breuer<br />
Quellen:<br />
Evangelisches Gesangbuch, Ausgabe der evangelischen<br />
Kirche in Österreich, 1994, Nr. 957: Liederkunde<br />
- Die Dichter und Komponisten<br />
Magnificat – Das Stundenbuch, Ausgaben März<br />
2015 (S 314) und Juli <strong>2016</strong> (S 354)<br />
http://www.mein-gotteslob.de/oekumene-im-neuengotteslob/<br />
https://www.herder-<br />
korrespondenz.de/heftarchiv/67-jahrgang-<br />
2013/wie-heute-gott-feiern-liturgie-im-21-jahrhund<br />
ert/was-das-neue-gebet-und-gesangbuch-bringtgotteslob-ante-portas<br />
Fotos: Sigrid Stadler<br />
<strong>Dompfarrbrief</strong> 4/<strong>2016</strong>