Okkultismus und Satanismus
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Warum <strong>Okkultismus</strong>? 49<br />
6. Warum <strong>Okkultismus</strong>?<br />
Als Gründungsdatum des modernen <strong>Okkultismus</strong> wird gerne das Jahr 1848 angegeben,<br />
als die Geschwister Fox in Hydesville im Staate New York merkwürdige Klopfgeräusche,<br />
von denen sie öffentlich später zugaben, daß sie diese durch Tricks hervorgebracht<br />
haben, als Mitteilungen eines Totengeistes deuteten. Daß diese Deutungen<br />
von einem Publikum bereitwillig aufgenommen wurden, verweist darauf, daß<br />
die Bereitschaft eines Glaubens an okkulte Erscheinungen bereits vorhanden war. Tatsächlich<br />
wäre für das 18. Jahrh<strong>und</strong>ert auf die Schriften von E. Swedenborg (1688 bis<br />
1772) zu verweisen, die I. Kant zu seiner kritischen Schrift: „Träume eines Geistersehers,<br />
erläutert durch die Träume der Metaphysik“ unter dem Motto: „velut aegri,<br />
vanae figuntur species“ (wie Träume eines Kranken werden Wahngebilde erdichtet)<br />
1766 veranlaßt haben. Ebenso ist der zur Wende des 18. zum 19. Jh. von A. Mesmer<br />
(1734 – 1815) erf<strong>und</strong>ene tierische Magnetismus anzuführen. Die heutige Verwendung<br />
des Begriffes <strong>Okkultismus</strong> geht wahrscheinlich auf Eliphas Levi (= A. L. Constant,<br />
1810 – 1875) zurück, der ihn in Anlehnung an eine Schrift von Agrippa von Nettesheim<br />
(1486 – 1535), aber mit einer Bedeutungsverschiebung geprägt hat. Einen ersten,<br />
wenn auch Torso gebliebenen Gesamtentwurf hat H. P. Blavatski (1831 – 91) mit<br />
ihrem Werk „Die Geheimlehre“ (4 Bde, Den Haag o.J.) vorgelegt <strong>und</strong> seitdem wurden<br />
sog. wissenschaftliche Gesellschaften zur Erforschung des Übersinnlichen, Paranormalen<br />
<strong>und</strong> Okkulten gegründet, Experimente <strong>und</strong> Vorführungen veranstaltet <strong>und</strong><br />
Bücher zur Propagierung des <strong>Okkultismus</strong> geschrieben. Diese haben mittlerweile<br />
eine solche Anzahl erreicht, daß es kaum noch möglich ist, eine Übersicht zu behalten.<br />
Während in der 2. Hälfte des 19. Jh., wenn wir den Berichten Glauben schenken<br />
dürfen, wohl vor allem gebildete Schichten Interesse für die Merkwürdigkeiten des<br />
<strong>Okkultismus</strong> zeigten, hat er in den Jahren nach dem 1. Weltkrieg eine Verbreitung in<br />
allen sozialen Schichten gef<strong>und</strong>en. In den letzten 30 Jahren erhielt er besonders durch<br />
die Verbindung mit dem sog. New Age oder der Wassermannzeitalter-Bewegung<br />
einen weiteren Aufschwung – nicht nur in Europa, sondern auch in anderen Ländern<br />
wie Japan 12 . Das New Age 13 basiert u. a. auf einer heftigen Kritik an den Wissenschaften;<br />
es macht die Wissenschaften für die ökologischen, ökonomischen <strong>und</strong> zwischenmenschlichen<br />
Katastrophen unserer Zeit verantwortlich. Es wollte freilich auch nicht<br />
einfach zur Religion zurückkehren, sondern es verkündete programmatisch eine Versöhnung<br />
von Glauben <strong>und</strong> Wissen, Religion <strong>und</strong> Wissenschaft <strong>und</strong> sah die Trennung<br />
von beidem als Ursache für viele Probleme unserer Zeit an. Es nimmt damit Thesen<br />
des <strong>Okkultismus</strong>, wie sie z.B. von R. Baerwald <strong>und</strong> Tr. K. Oesterreich 14 bereits nach<br />
12 Vgl. I. Prohl: Die „spirituellen Intellektuellen“ <strong>und</strong> das New Age in Japan, Hamburg: Gesell. für<br />
Natur- <strong>und</strong> Völkerk<strong>und</strong>e Ostasiens 2000.<br />
13 Zum New Age vgl. H. Zinser: Ist das New Age eine Religion? Oder brauchen wir einen neuen<br />
Religionsbegriff?, in: Zeitschrift für Religions- <strong>und</strong> Geistesgeschichte, 44. Jg. 1992, S. 33 - 50;<br />
Chr. Bochinger: New Age <strong>und</strong> moderne Religion, Gütersloh: Gütersloher Verlagsanstalt 1994.<br />
14 R. Baerwald: <strong>Okkultismus</strong> <strong>und</strong> Spiritismus <strong>und</strong> ihre weltanschaulichen Folgerungen. Aus Natur<br />
<strong>und</strong> Geisterwelt, Leipzig 1920; Traugott K. Oesterreich: Der <strong>Okkultismus</strong> im modernen Weltbild,<br />
Dresden 1921.