Über das Leben des Wasserbauingenieurs und Gelehrten Johann Gottfried Tull
Beiträge zur Stadtgeschichte
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T U L L A<br />
Das Haus der<br />
Museumsgesellschaft,<br />
1814 nach<br />
den Plänen Friedrich<br />
Weinbrenners erbaut,<br />
1914 abgebrannt.<br />
Die Projekte in den Jahren nach dem<br />
Wiener Kongress<br />
In den Jahren nach Napoleons Niederlage, in denen<br />
Baden seinen Koalitionspartner Frankreich aufgab<br />
<strong>und</strong> sich Preußen <strong>und</strong> Russland zuwandte, hatte<br />
<strong>Tull</strong>a zahlreiche berufliche Erfolge zu verzeichnen.<br />
Im Januar 1814 avancierte er vom Major zum<br />
Oberstleutnant. Im April <strong>des</strong>selben Jahres erhielt er<br />
für die Herstellung der Anmarschstraße zur Altenheimer<br />
Brücke, die den verbündeten Armeen zum<br />
Rheinübergang südlich von Straßburg gedient<br />
hatte, den Kaiserlich Russischen Wladimir Orden<br />
4. Klasse. Mit der Schleifung der Festung Kehl war<br />
<strong>Tull</strong>a so zufrieden, <strong>das</strong>s er sie als eine der wenigen<br />
Arbeiten bezeichnete, welche bis dato in gleicher<br />
Art <strong>und</strong> Größe ausgeführt worden seien. (80) Angesichts<br />
seiner erfolgreich abgeschlossenen Projekte<br />
fühlte sich <strong>Tull</strong>a nicht angemessen entlohnt. Er beklagte<br />
sich bitter darüber, <strong>das</strong>s er im Vergleich zu<br />
Weinbrenner einen geringeren Tagessatz für<br />
Dienstfahrten erhalte <strong>und</strong> Lohnerhöhungen immer<br />
unzureichend geblieben wären. Erst die Ernennung<br />
zum Ober-Wasser- <strong>und</strong> Straßenbau-Direktor im Februar<br />
1817 (81) <strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>ene Gehaltserhöhung<br />
empfand er als ausreichende Würdigung<br />
seiner Leistungen, auch in finanzieller Hinsicht.<br />
<strong>Tull</strong>as Ruf als Ingenieur reichte, bedingt auch durch<br />
die erfolgreichen Arbeiten in der Schweiz, über<br />
Badens Grenzen hinaus. 1818 wünschte der württembergische<br />
König ein Gutachten <strong>und</strong> einen Plan<br />
zur Neckarkorrektion, wofür <strong>Tull</strong>a mit 100 Dukaten<br />
<strong>und</strong> einer diamantenen Tabakdose entlohnt worden<br />
war. (82) Nachdem der nördlich von Karlsruhe<br />
gelegene Durchstich bei den Knielingern 1817 mit<br />
militärischer Präsenz erzwungen werden musste,<br />
begrüßten die Eggensteiner dieselbe Maßnahme<br />
mit Lob <strong>und</strong> Dankbarkeit. (83) Die Einwohner Eggensteins<br />
empfingen <strong>Tull</strong>a, der zur Begutachtung<br />
der Baumaßnahme gekommen war, mit einer Ansprache,<br />
einem Gedicht <strong>und</strong> einer Urk<strong>und</strong>e. (84) Im<br />
selben Jahr konnte mit Bayern ein Vertrag über<br />
Durchstiche zwischen Neuburg <strong>und</strong> Dettenheim,<br />
zwei Orte die zuvor auf französischem Gebiet gelegen<br />
hatten, ausgehandelt werden.<br />
Die Verhandlungen mit Frankreich hingegen verliefen<br />
äußerst schleppend. Die seit 1817 tagende<br />
Rheingrenzberichtigungskommission, die zur Auslegung<br />
<strong>des</strong> Pariser Friedensvertrages von 1815 zusammengetreten<br />
war, beschloss zwar die Durchführung<br />
der Rheinkorrektion, verlangte aber vorab<br />
Versuche an zwei Flussbiegungen. Da keine Einigung<br />
darüber erzielt werden konnten, ob der<br />
Durchstich Kehl – Straßburg oder Plittersdorf –<br />
22<br />
(80) Vgl. Cassinone / Spieß 1929, S. 33.<br />
(81) GLA 237/24326.<br />
(82) Vgl. ebd., S. 32; Valdenaire 1931, S. 266.<br />
(83) DieKnielinger mussten zugunsten dieses Durchstichs, der sowohl Eggenstein als auch Knielingen vor künftigen Hochwassern schützen sollte große Gebiete abgeben.<br />
(84) Vgl. Cassinone / Spieß 1929, S. 59ff.