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Über das Leben des Wasserbauingenieurs und Gelehrten Johann Gottfried Tull

Beiträge zur Stadtgeschichte

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T U L L A<br />

Geldverdienens wurde als erdrückend empf<strong>und</strong>en,<br />

was Krönckes nächstem Brief zu entnehmen ist:<br />

„Lieber Fre<strong>und</strong>, weißt du kein Mittel, wie man als<br />

ein ehrlicher Mann, auf erlaubtem guten Weg zu einem<br />

Vermögen gelangt, wovon man leben kann<br />

<strong>und</strong> eine unabhängige Existenz erhält. Wenn du irgend<br />

einmahl ein solches Mittel entdeckst oder erfährst,<br />

so theile mir es doch mit. Ich glaube ein solches<br />

Mittel würde mir zuträglicher seyn als alles …<br />

<strong>und</strong> Arzneyen von noch so vielen Ärzten <strong>und</strong> Apothekern.“<br />

(89)<br />

Die Projekte in den 1820er Jahren<br />

Die im Oktober <strong>und</strong> November 1824 stattgef<strong>und</strong>enen<br />

Stürme <strong>und</strong> Regenfälle hatten <strong>Tull</strong>as Projekt<br />

der Rektifikation geradewegs beflügelt. Die am begradigten<br />

Rhein liegenden Ortschaften blieben von<br />

Hochwasserschäden verschont <strong>und</strong> warben damit<br />

für die Fortsetzung der vorliegenden Pläne. Voller<br />

Enthusiasmus berichtete <strong>Tull</strong>a Ende November an<br />

Kröncke: „Man hat nun bald die allgemeine <strong>Über</strong>zeugung<br />

erhalten, daß Bäche, Flüße <strong>und</strong> Ströme<br />

rectificiert werden müßen, wenn die Nachtheile<br />

beseitigt werden sollen, welche aus ihrem fehlerhaften<br />

Zustand entstanden sind. Aus diesem Gr<strong>und</strong><br />

wurden auch vom Großh. Ministerium <strong>des</strong> Innern<br />

die in Abschrift anliegenden Befehle erlaßen <strong>und</strong><br />

wirklich wird schon an sehr vielen Orten gemeßen<br />

<strong>und</strong> nivellirt, um Pläne fertigen, <strong>und</strong> Rectificationen<br />

entwerfen zu können.“ (90)<br />

Die Korrektion am oberen Flusslauf bedingte letztlich<br />

die Weiterführung der Maßnahmen am gesamten<br />

Lauf, um ein zügiges Abfließen der Wassermengen<br />

zwischen Quelle <strong>und</strong> Mündung zu<br />

garantieren. Mit diesem Wissen forderte <strong>Tull</strong>a<br />

Kröncke auf, sich für die Geradführung <strong>des</strong> Rheins<br />

bei Worms auszusprechen, um damit <strong>das</strong> schnelle<br />

Abfließen aus Mannheim zu garantieren. Auf<br />

Krönckes Antwort, der in der Rheinkorrektion dieses<br />

Abschnittes keinen Vorteil für Hessen erkennen<br />

konnte <strong>und</strong> <strong>des</strong>halb ausschloss, dafür in seinem<br />

Land einzutreten, antwortete <strong>Tull</strong>a mit einem kühlen<br />

Schreiben, auf <strong>das</strong> Kröncke wiederum entgegnete:<br />

„Meine Erklärung ist diese: Als Hydrotect im<br />

Allgemeinen kann ich die von Dir projectirten<br />

Rheindurchstiche nicht misbilligen, aber als Beamter<br />

unseres Staates muß ich mich pflichtenhalber<br />

gegen den Durchstich oberhalb Worms erklären,<br />

wenn ich <strong>des</strong>wegen mit Gutachten aufge- fordert<br />

werde, weil der Durchstich im Allgemeinen<br />

gut seyn kann, uns nicht zuträglich ist.“ (91) Durch<br />

die Offenlegung der jeweiligen Standpunkte war<br />

der Streit aus dem Weg geräumt. In den folgenden<br />

Briefen beriet <strong>Tull</strong>a durch den Austausch von Plänen<br />

die potentielle Rheinführung auf hessischem<br />

Gebiet detailgenau. Viele von <strong>Tull</strong>as Vorschlägen<br />

flossen in Krönckes Planungen ein. Die Rheinbegradigung<br />

im Großherzogtum Baden zwang die<br />

Unterlieger zu reagieren, ein Umstand, der Anlass<br />

für manche Missstimmung gab. Auch Preußen<br />

als Unterlieger von Hessen äußerte sich missbilligend.<br />

(92)<br />

1825 erschien <strong>Tull</strong>as Denkschrift <strong>Über</strong> die Rektifikation<br />

<strong>des</strong> Rheins, von seinem Austritt aus der<br />

Schweiz bis zu seinem Eintritt in <strong>das</strong> Großherzogtum<br />

Hessen. Kröncke veröffentlichte im Jahr darauf<br />

eine Schrift über den Durchstich am Geyer. Mit<br />

Bayern konnte 1825 ein weiterer Vertrag über fünfzehn<br />

Durchstiche von Dettenheim bis zur hessischen<br />

Grenze vereinbart werden. Die bis dato ausgeführten<br />

Durchstiche zwischen Neuburg <strong>und</strong><br />

Dettenheim hatten die bayerische Regierung von<br />

der Maßnahme überzeugt. (93)<br />

Die Erkrankung an Blasensteinen<br />

Spätestens seit Ende 1825 verschlechterte sich<br />

<strong>Tull</strong>as Ges<strong>und</strong>heitszustand zunehmend. Anfang<br />

1826 schrieb er an Kröncke, <strong>das</strong>s er sechs Wochen<br />

arbeitsunfähig gewesen sei <strong>und</strong> im Juni <strong>des</strong>selben<br />

Jahres berichtete er von „immer noch fortwährender<br />

Unpäßlichkeit“ (94) , die sich auch nach einem<br />

siebenwöchigen Kuraufenthalt in Bad Rippoldsau<br />

nicht gebessert hatte. Aus Krönckes Brief im folgenden<br />

Sommer geht vielmehr hervor, <strong>das</strong>s sich<br />

<strong>Tull</strong>as Ges<strong>und</strong>heitszustand inzwischen verschlimmert<br />

hatte: „Was du vom Bitten um Pensionierung<br />

schreibst, ist, so hoffe ich zu Gott, nur eine augenblickliche<br />

hypochondrische Grille gewesen, womit<br />

du mich aber doch sehr geängstigt hast. Ich bin<br />

Gottlob ziemlich ges<strong>und</strong>, aber die 56 Jahre, welche<br />

ich zurückgelegt habe, spüre ich doch gar sehr,<br />

<strong>und</strong> insbesondere auch daran, daß ich den Muth<br />

nicht mehr habe, etwas weit aussehende Dinge<br />

24<br />

(89) GLA 237/24327, fol. 292, Brief vom 14.08.1820.<br />

(90) GLA 237/24327,fol. 403, Brief vom 20.11.1824.<br />

(91) GLA 237/24327, fol. 419, Brief vom 13.01.1825.<br />

(92) Vgl. GLA 237/24327, fol. 526, Brief vom 29.04.1827.<br />

(93) Vgl. Cassinone / Spieß 1929, S.67.<br />

(94) GLA 237/24327, fol. 493, Brief vom 27.06.1826.

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