W+M_2017_01_WEB_PDF
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28. Jahrgang | Heft 1 | Januar/Februar <strong>2<strong>01</strong>7</strong> | 5 | ZKZ 84618<br />
WIRTSCHAFT+<br />
MARKT<br />
DAS OSTDEUTSCHE UNTERNEHMERMAGAZIN<br />
WIR SIND<br />
WELTMEISTER<br />
MARKTFÜHRER AUS DEM OSTEN<br />
BEILAGE<br />
Berlin<br />
GIPFELTREFFEN<br />
Erstes Ostdeutsches<br />
Wirtschaftsforum in<br />
Bad Saarow<br />
LÄNDERREPORT<br />
Kreuzfahrt-Ritter<br />
aus Hongkong<br />
erobern Werften<br />
RATGEBER<br />
Firmenübergabe<br />
erfolgreich<br />
managen
Netze für<br />
neue Energie<br />
E.DIS investiert seit vielen Jahren in moderne<br />
und leistungsstarke Energienetze in Brandenburg<br />
und Mecklenburg-Vorpommern. So sichern wir<br />
eine zuverlässige und umweltfreundliche<br />
Energieversorgung in der Region. 2<strong>01</strong>5 ist bereits<br />
so viel Grünstrom ins E.DIS-Netz aufgenommen<br />
worden, wie hier insgesamt verbraucht wurde.<br />
www.e-dis.de
Ostdeutscher<br />
Schulterschluss<br />
EDITORIAL | 3<br />
Karsten Hintzmann<br />
Chefredakteur<br />
KH@WundM.info<br />
Foto: Privat, Titelfoto: Photobank/fotolia.com<br />
Man muss wohl kein Prophet<br />
sein, um vorherzusagen, dass<br />
das neue Jahr für die ostdeutschen<br />
Unternehmen keine verbesserten<br />
Chancen auf den internationalen Märkten<br />
bieten wird. Die Sanktionen gegen<br />
Russland dauern an und behindern florierende<br />
Ex- und Importe mit dem einst eng<br />
verbundenen Handelspartner. Der beschlossene<br />
Brexit hat das Zeug dazu, bei<br />
(ost-)deutschen Geschäftsleuten Bedenken<br />
hinsichtlich der Planbarkeit künftiger<br />
Kooperationen zu schüren. Der Deutschland<br />
nicht gerade zugewandte Kurs der<br />
rechtskonservativen polnischen Regierung<br />
lädt aktuell nicht zum Ausbau der<br />
bilateralen Handelsbeziehungen ein. Der<br />
türkische Markt dürfte durch den Kurs<br />
von Präsident Recep Erdoğan – weg von<br />
der Demokratie und hin zu diktatorischen<br />
Strukturen – nicht attraktiver für europäische<br />
Unternehmen werden. Und die<br />
Auswirkungen der Wahl Donald Trumps<br />
zum neuen US-Präsidenten auf die Kontakte<br />
zum „alten“ Europa sind derzeit<br />
nicht seriös kalkulierbar.<br />
Angesichts dieser Rahmenbedingungen<br />
ist ein Schulterschluss der ostdeutschen<br />
Wirtschaft, die aufgrund ihrer Kleinteiligkeit<br />
in Exportfragen ohnehin einen<br />
schweren Stand hat, mehr denn je von<br />
Bedeutung. Seit einigen Wochen können<br />
sich Unternehmer, Politiker, Wissenschaftler<br />
und gesellschaftliche Multiplikatoren<br />
auf eine neue Plattform stützen,<br />
die die ostdeutsche Elite vernetzt: das<br />
Ostdeutsche Wirtschaftsforum (OWF).<br />
Die Feuertaufe bestand das von unserem<br />
Magazin initiierte „Davos des Ostens“<br />
am 20. und 21. Oktober in Bad<br />
Saarow. Die Resonanz war – um es auf<br />
den Punkt zu bringen – großartig. Von<br />
der Bundesregierung nahmen Vizekanzler<br />
Sigmar Gabriel, Forschungsministerin<br />
Prof. Dr. Johanna Wanka und die Ostbeauftragte<br />
Iris Gleicke teil. Dazu die Ministerpräsidenten<br />
Dr. Dietmar Woidke<br />
(Brandenburg), Dr. Reiner Haseloff<br />
(Sachsen-Anhalt) sowie Berlins Regierender<br />
Bürgermeister Michael Müller.<br />
Nicht zu vergessen die vielen namhaften<br />
Vertreter aus Unternehmen und wissenschaftlichen<br />
Einrichtungen. Sie alle<br />
trieb und treibt die Frage um: Welche<br />
Rahmenbedingungen benötigt der Wirtschaftsstandort<br />
Ostdeutschland, um die<br />
globalen Herausforderungen der Zukunft<br />
erfolgreich meistern und im internationalen<br />
Wettbewerb bestehen zu können?<br />
Erste Ideen wurden in Bad Saarow<br />
entwickelt. Aber natürlich gibt es<br />
bei diesem komplexen Thema keine einfachen<br />
Antworten und Lösungen. Die<br />
Fragestellung nach den Zukunftsperspektiven<br />
Ostdeutschlands ist schließlich<br />
ein dickes Brett. Das bohrt man nicht an<br />
zwei Kongresstagen. Daher hat das Ostdeutsche<br />
Wirtschaftsforum eine Denkfabrik<br />
ins Leben gerufen, in der Wissenschaftler,<br />
Unternehmer, Manager, Politiker<br />
und Medienmacher Lösungsansätze<br />
erarbeiten. Die OWF-Denkfabrik ist keine<br />
geschlossene Veranstaltung, frischer<br />
Sachverstand ist stets willkommen. Erste<br />
Ergebnisse sollen vom 8. bis 10. November<br />
<strong>2<strong>01</strong>7</strong> präsentiert werden – beim<br />
zweiten Ostdeutschen Wirtschaftsforum<br />
in Bad Saarow. Fühlen Sie sich<br />
schon heute herzlich eingeladen!<strong>W+M</strong><br />
www.WundM.info
4 | <strong>W+M</strong> INHALT<br />
<strong>W+M</strong> TITELTHEMA<br />
Wir sind Weltmeister –<br />
Marktführer aus dem Osten............34<br />
<strong>W+M</strong> AKTUELL<br />
Köpfe......................................................................... 6<br />
Nachrichten............................................................... 8<br />
<strong>W+M</strong> SCHWERPUNKT BERLIN<br />
Report: Deutschlands<br />
innovativster Wirtschaftsstandort...........................12<br />
Cluster: Hoch im Kurs bei Gründern,<br />
Forschern, Kreativen und Touristen.........................13<br />
Start-up-Szene: Gründerzeit in der Hauptstadt........16<br />
Im Interview: Berlins Regierender<br />
Bürgermeister Michael Müller ................................18<br />
<strong>W+M</strong> LÄNDERREPORTS<br />
Brandenburg: Luft- und Raumfahrt in Wildau......... 21<br />
Mecklenburg-Vorpommern:<br />
Kreuzfahrt-Ritter aus Hongkong............................. 22<br />
Sachsen-Anhalt: Von der Rennstrecke<br />
zu rasanten Autohausplänen................................... 24<br />
Mecklenburg-Vorpommern:<br />
Investitionsfreudige Pharma-Spezialisten .............. 26<br />
Brandenburg:<br />
Wirtschaftsfaktor Hochwasserschutz.................... 28<br />
Sachsen: Wirtschaft fordert<br />
Ende der Russland-Sanktionen............................... 30<br />
Ostdeutschland: Breitband für die Altmark............. 32<br />
<strong>W+M</strong> TITELTHEMA:<br />
WIR SIND WELTMEISTER<br />
Report: Spitzenleistungen aus Ostdeutschland..... 34<br />
Berlin und Brandenburg:<br />
Welthits aus der Hauptstadtregion......................... 36<br />
Mecklenburg-Vorpommern:<br />
Spitze in der Metallverarbeitung............................. 38<br />
22<br />
Länderreport<br />
Kreuzfahrt-Ritter aus Hongkong<br />
43<br />
Erfolgreicher Gipfel<br />
Erstes Ostdeutsches Wirtschaftsforum in Bad Saarow<br />
Impressum<br />
WIRTSCHAFT+MARKT<br />
Das ostdeutsche Unternehmermagazin<br />
Ausgabe: 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong><br />
Redaktionsschluss: 08.12.2<strong>01</strong>6<br />
Verlag: <strong>W+M</strong> Wirtschaft und Markt GmbH<br />
Zimmerstraße 56, 1<strong>01</strong>17 Berlin<br />
Tel.: 030 479071-27<br />
Fax: 030 479071-22<br />
www.WundM.info<br />
Herausgeber/Geschäftsführer:<br />
Frank Nehring, Tel.: 030 479071-11<br />
FN@WundM.info<br />
Chefredakteur: Karsten Hintzmann<br />
Tel.: 030 479071-21, KH@WundM.info<br />
Redaktion: Janine Pirk-Schenker, Tel.: 030 479071-21,<br />
JP@WundM.info, Rico Paul Hartmann,<br />
Tel.: 030 479071-24, RH@WundM.info<br />
Autoren: Hans-Ulrich Conrad, Katrin Kleeberg,<br />
Harald Lachmann, Rudolf Miethig, Tomas Morgenstern,<br />
Annette Pröber, Matthias Salm, Thomas Schwandt<br />
Abo- und Anzeigenverwaltung: Kornelia Brocke,<br />
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Marketing/Vertrieb: Kerstin Will, Tel.: 030 479071-27<br />
KW@WundM.info<br />
Erscheinungsweise, Einzelverkaufs- und<br />
Abonnementpreis:<br />
Die Zeitschrift WIRTSCHAFT+MARKT erscheint<br />
zweimonatlich. Die Mitglieder der Interessengemeinschaft<br />
der Unternehmerverbände Ostdeutschlands<br />
und Berlin sowie die Mitglieder des Vereins<br />
Brandenburgischer Ingenieure und Wirtschaftler<br />
(VBIW) erhalten diese Zeitschrift im Rahmen ihrer<br />
Mitgliedschaft. Einzelpreis: 5 €, Jahresabonnement<br />
(inkl. aller Ausgaben von <strong>W+M</strong> Regional, <strong>W+M</strong><br />
Exklusiv, <strong>W+M</strong> Berlin.Friedrichstraße und dem<br />
Online-Magazin <strong>W+M</strong> Kompakt) 60 € inkl. MwSt.<br />
und Versand (im Inland).<br />
Layout & Design: Möller Medienagentur GmbH,<br />
www.moeller-mediengruppe.de<br />
Druck: Möller Druck und Verlag GmbH, ISSN 0863-5323<br />
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Kopien nur<br />
mit vorheriger schriftlicher Genehmigung des Verlages.<br />
Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen<br />
nicht mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen.<br />
Für unverlangt eingesandte Manuskripte und<br />
Fotos übernehmen wir keine Haftung.<br />
Fotos: MV Werften (oben), <strong>W+M</strong>/Ralf Succo (unten)<br />
WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
<strong>W+M</strong> INHALT | 5<br />
Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt:<br />
Die unbekannten Giganten...................................... 39<br />
Analyse: Warum Firmen aus Ostdeutschland<br />
ganz vorne mitmischen........................................... 42<br />
WORLD<br />
CHAMPION<br />
<strong>W+M</strong> POLITIK<br />
Ostdeutsches Wirtschaftsforum in Bad Saarow:<br />
Aufbruch in die Zukunft........................................... 43<br />
Pro & Contra: Löst die Digitalisierung<br />
Titel<br />
Wir sind Weltmeister<br />
34<br />
das sich zuspitzende Fachkräfteproblem?.............. 48<br />
<strong>W+M</strong> RATGEBER<br />
Literatur: Die ostdeutsche Bestsellerliste<br />
für Wirtschaftsliteratur..............................................49<br />
Management: So übergeben Sie<br />
Ihr Unternehmen erfolgreich..................................... 50<br />
Finanzen: Exportschlager aus Sangerhausen........... 52<br />
Recht: Urteile für Unternehmer................................54<br />
<strong>W+M</strong> NETZWERK<br />
Leipzig: Energiekonvent von enviaM....................... 55<br />
Leipzig: 26. Sächsischer Unternehmerball.............. 56<br />
Berlin: Parlamentarischer Abend<br />
der Unternehmerverbände...................................... 57<br />
Fotos: Harald Lachmann (oben), JiSign/fotolia.com (Medaille), <strong>W+M</strong> (Mitte), mezzotint_fotolia / fotolia.com (unten)<br />
18<br />
Im Interview<br />
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller<br />
50<br />
Ratgeber<br />
Erfolgreiche Unternehmensübergabe<br />
Wismar: 4. MV-Branchentag.................................. 58<br />
Berlin: 15 Jahre Berlin Capital Club......................... 58<br />
Rostock: Rückblick auf ein Vierteljahrhundert........ 59<br />
VBIW: Aktuelles aus dem Verein............................ 60<br />
Neues aus den Unternehmerverbänden................. 62<br />
<strong>W+M</strong> PORTRÄTS<br />
Axel Ekkernkamp:<br />
Gesundheitspolitischer Vordenker ......................... 64<br />
Michael Reizel: Mister Altersvorsorge.................... 65<br />
<strong>W+M</strong> DIE LETZTE SEITE<br />
Ausblick und Personenregister............................... 66<br />
<strong>W+M</strong> WEITERE BEITRÄGE<br />
Editorial...................................................................... 3<br />
Impressum................................................................ 4<br />
Beilagenhinweis: Dieser Ausgabe liegt die Regionalausgabe<br />
<strong>W+M</strong> Berlin sowie unsere Sonderausgabe <strong>W+M</strong> Exklusiv<br />
„Das ändert sich <strong>2<strong>01</strong>7</strong>“ bei. Wir bitten um Ihre Aufmerksamkeit.<br />
www.WundM.info WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
6 | <strong>W+M</strong> AKTUELL<br />
2<br />
4<br />
1<br />
1 Bernd Dubberstein (60)<br />
Verdienstvoller Energie-Vorstand<br />
Nach langjähriger erfolgreicher Tätigkeit in<br />
der ostdeutschen Energiewirtschaft scheidet<br />
der in Neustrelitz geborene Vorstandsvorsitzende<br />
des Energienetzbetreibers<br />
E.DIS AG Bernd Dubberstein zum Jahresende<br />
2<strong>01</strong>6 aus dem aktiven Berufsleben<br />
aus. Zum 1. Januar <strong>2<strong>01</strong>7</strong> übernimmt<br />
Dr. Alexander Montebaur den Vorstandsvorsitz<br />
des in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern<br />
tätigen Energienetzbetreibers.<br />
Bis Bernd Dubberstein 1999 in<br />
den Vorstand der E.DIS AG berufen wurde,<br />
war der Diplom-Ingenieur bereits in anderen<br />
Führungsfunktionen in der Energiewirtschaft<br />
tätig. Zwischenzeitlich gehörte<br />
er zur Geschäftsleitung der E.ON Russia,<br />
der damaligen E.ON-Kraftwerksgesellschaft<br />
in Russland. Seit 2008 war er dann<br />
Vorstandsvorsitzender der E.DIS AG. Dubberstein<br />
hatte maßgeblichen Anteil daran,<br />
dass die E.DIS bereits seit 2<strong>01</strong>5 so viel<br />
Grünstrom in ihr Netz aufnimmt wie in ihrem<br />
gesamten Netzgebiet insgesamt pro<br />
Jahr an Strom verbraucht wird.<br />
2 Armin Willingmann (53)<br />
Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister<br />
Armin Willingmann ist bereits der zweite<br />
Wirtschaftsminister in der noch jungen Legislaturperiode<br />
Sachsen-Anhalts. Der SPD-<br />
Politiker löst Jörg Felgner ab, welcher das<br />
Amt seit März innehatte und im November<br />
nach Vorwürfen im Zusammenhang mit<br />
der Vergabe von Gutachten zurückgetreten<br />
3<br />
war. Willingmann ist studierter Jurist, war<br />
zuletzt Staatssekretär im Wirtschaftsressort<br />
und zuvor Professor für deutsches, europäisches<br />
und internationales Wirtschaftsrecht<br />
sowie knapp 13 Jahre lang Rektor an<br />
der Hochschule Harz in Wernigerode. In<br />
dieser Zeit machte sich der gebürtige Nordrhein-Westfale<br />
einen Namen. So kämpfte<br />
er als Präsident der Landesrektorenkonferenz<br />
erfolgreich für eine bessere finanzielle<br />
Ausstattung der Hochschulen Sachsen-Anhalts.<br />
Willingmann ist verheiratet und Vater<br />
zweier Kinder.<br />
3 Anja Bobach (42)<br />
Gründerin des Jahres aus Irxleben<br />
Im vergangenen Jahr hat Anja Bobach die<br />
Leitung des von ihrem Vater 1990 mit weiteren<br />
Gesellschaftern gegründeten Unternehmens<br />
übernommen. Die Ahlers & Bobach<br />
Handels-GmbH, ein Fachgroßhandel<br />
für Heizung, Sanitär und Küche mit Hauptsitz<br />
in Irxleben und Filialen in Halberstadt<br />
und Quedlinburg, beschäftigt 30 Mitarbeiter.<br />
Seither setzt sie eigene Akzente: Anja<br />
Bobach legt ihren Fokus verstärkt auf die<br />
Digitalisierung der Arbeitsabläufe. Kosten<br />
für die Aus- und Weiterbildung werden<br />
übernommen und Mitarbeiter, die<br />
berufsbegleitend studieren, unterstützt.<br />
Sie selbst hat im Unternehmen ihre Ausbildung<br />
absolviert und sich berufsbegleitend<br />
weitergebildet. Dieses unternehmerische<br />
Engagement wurde im Oktober mit<br />
dem Sonderpreis „Gründerin des Jahres“<br />
des Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft<br />
und Digitalisierung Sachsen-Anhalt<br />
gewürdigt.<br />
4 Gerd Hascher (59)<br />
Vorpommerns Unternehmer 2<strong>01</strong>6<br />
Autos und Sport sind die großen Leidenschaften<br />
des Zinnowitzer Kfz-Sachverständigen<br />
Gerd Hascher. Der ehemalige DHfK-<br />
Schwimmtrainer, dessen Frau Ute Hascher-Brückner<br />
1975 mit der 4x100-Meter-Freistil-Staffel<br />
Weltmeisterin wurde,<br />
zog nach dem Leistungssport auf die Insel<br />
Usedom. Seit 25 Jahren ist Hascher<br />
Gutachter von Fahrzeugen und Versicherungsschäden<br />
sowie Insolvenzen. Ende<br />
November wurde er vom Unternehmer-<br />
Fotos: E.DIS (1), Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung des Landes Sachsen-Anhalt/Andreas Lander (2), Privat (3, 4)<br />
WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
<strong>W+M</strong> AKTUELL | 7<br />
5<br />
verband Vorpommern e. V. auf dem 12.<br />
Ball der Generationen als Unternehmer<br />
des Jahres 2<strong>01</strong>6 geehrt. Hascher, der<br />
das Unternehmen mit dem Leipziger Jochen<br />
Aderhold aufgebaut hat, beschäftigt<br />
heute Kfz-Ingenieure und Meister in<br />
Zinnowitz, Anklam, Leipzig und Altenburg.<br />
Sohn Tilman (27), der an den Masters-Europameisterschaften<br />
2<strong>01</strong>6 in London<br />
teilnahm, verstärkt inzwischen das<br />
Team der Sachverständigen. Er hat sich<br />
auf Betrugsfälle und Wirtschaftlichkeitsberechnungen<br />
spezialisiert.<br />
IN MEMORIAM<br />
Karsten Heuchert (62)<br />
Nach langem Kampf erlag der langjährige<br />
Vorstandsvorsitzende der Leipziger<br />
Verbundnetz Gas AG (VNG) Karsten<br />
Heuchert Ende September 2<strong>01</strong>6 einer<br />
schweren Krebserkrankung. Bereits<br />
im März 2<strong>01</strong>6 hatte er nicht mehr an<br />
der Bilanzpressekonferenz des Unternehmens<br />
teilnehmen können. Eigentlich<br />
sollte er wenige Tage nach seinem<br />
Tod offiziell verabschiedet werden.<br />
Der gebürtige Holsteiner hatte<br />
als Nachfolger von Klaus-Ewald Holst<br />
vor sechs Jahren den Chefsessel des<br />
mit 9,4 Milliarden Euro umsatzstärksten<br />
ostdeutschen Konzerns übernommen.<br />
Zuvor war der Volkswirt und Jurist<br />
bei der BASF-Tochter Wintershall<br />
tätig gewesen. In Leipzig agierte Heuchert<br />
zugleich als Honorarkonsul Norwegens<br />
für Sachsen, Sachsen-Anhalt<br />
und Thüringen. Bei VNG war Heuchert,<br />
der auch Kuratoriumsmitglied der Stiftung<br />
Wittenberg-Zentrum für Globale<br />
Ethik war und dem Präsidium des<br />
Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft<br />
angehörte, geschätzt als ruhiger<br />
und besonnener Manager. Er galt als<br />
ein überzeugter Erdgas-Mann, gerade<br />
auch mit Blick auf die Energiewende.<br />
Fotos: Harald Lachmann<br />
5 <br />
Stefan Wagner (28)<br />
Bauer aus dem Zeitzer Land<br />
Blutjung war der gelernte Pflanzenbauer,<br />
als er 2009 im sachsen-anhaltischen<br />
Loitzschütz bei Zeitz mit gerade 21 Jahren<br />
seine erste eigene Firma gründete:<br />
ein Lohnunternehmen, das für andere<br />
Agrarbetriebe Arbeitsspitzen abfängt<br />
oder aufwändige Spezialaufträge übernimmt,<br />
etwa das Abfahren von Gülle<br />
aus Ställen oder von flüssigen Gärresten<br />
aus Biogasanlagen. Sicher erleichterte<br />
es Wagner finanziell den Start, dass er<br />
aus einer schwäbischen Bauerndynastie<br />
stammt, auch Vater und Bruder im agrarischen<br />
Lohngeschäft arbeiten. Doch beide<br />
sind weit weg, so dass er sich im Osten,<br />
wo er längst rundum heimisch ist,<br />
selbst behelfen muss – und dabei auch<br />
starke Impulse aussendet. So beschäftigt<br />
Wagner inzwischen 40 Mitarbeiter.<br />
Er ist längst auch in Thüringen und Sachsen<br />
gut gebucht und kann sich so auch<br />
leisten, mit Marktführern der Agrartechnik,<br />
für die er teils auch als Testbetrieb<br />
agiert, eindrucksvolle Weltneuheiten auf<br />
sächsischen Feldern zu präsentieren. Dabei<br />
ist er mit nunmehr 28 Jahren irgendwie<br />
immer noch blutjung.<br />
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1977 2<strong>01</strong>5<br />
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8 | <strong>W+M</strong> AKTUELL<br />
Der E-Golf läuft ab Frühjahr <strong>2<strong>01</strong>7</strong> nicht mehr in Wolfsburg, sondern in der Gläsernen<br />
Manufaktur in Dresden vom Band.<br />
ELEKTRO-VW AUS SACHSEN<br />
WACHSTUM IM OSTEN<br />
Dresden. Weiterer Erfolg für den wiederbelebten<br />
Automobilstandort Sachsen:<br />
Nach BMW mit seinen Elektromodellen<br />
i3 und i8, die in Leipzig produziert<br />
werden, baut bald auch Volkswagen<br />
den E-Golf künftig in Dresden.<br />
Ab April <strong>2<strong>01</strong>7</strong> entsteht das Elektrogefährt<br />
statt wie bisher im Wolfsburger<br />
Stammwerk in der Gläsernen Manufaktur,<br />
in der bis März 2<strong>01</strong>6 die Oberklasselimousine<br />
Phaeton montiert worden<br />
war. Darüber informierte unlängst<br />
intern der stellvertretende Geschäftsführer<br />
von VW Sachsen, Reiner Tunger.<br />
Bereits jetzt ist in der Gläsernen<br />
Manufaktur, die momentan rund 100<br />
Mitarbeiter beschäftigt, eine VW-Erlebniswelt<br />
zum Thema Digitalisierung<br />
und Elektromobilität zu sehen. Damit<br />
deutet sich an, dass Dresden innerhalb<br />
des Konzerns zum Zentrum für alternative<br />
Antriebe entwickelt wird. Eine<br />
Elektro-Version des Phaeton soll aber<br />
frühestens 2020 angegangen werden,<br />
heißt es bei Volkswagen. Unklar<br />
ist auch noch, mit wie viel Beschäftigten<br />
welche jährliche Stückzahl des E-<br />
Golf in Dresden avisiert wird.<br />
Halle. Die ostdeutschen Länder sind in<br />
die Wachstumsspur zurückgekehrt. Nach<br />
Prognosen des Leibnitz-Instituts für Wirtschaftsforschung<br />
Halle (IWH) expandierte<br />
die ostdeutsche Wirtschaft im Jahr<br />
2<strong>01</strong>6 mit 1,8 Prozent „in etwa so stark<br />
wie die westdeutsche“. Das sei vor allem<br />
ein Verdienst der kräftigen Entwicklung<br />
in Berlin, Brandenburg und Sachsen, sagt<br />
IWH-Vizepräsident Oliver Holtemöller. In<br />
punkto Arbeitsproduktivität legte der Osten<br />
2<strong>01</strong>6 sogar noch etwas schneller zu<br />
als der Westen. Eine steigende Wohnraumnachfrage<br />
vor allem in den größeren<br />
Städten sowie immer stärkere öffentliche<br />
Infrastrukturinvestitionen hätten spürbar<br />
Anteil an dieser Tendenz. Allerdings haben<br />
auch die Tariflöhne in Ostdeutschland<br />
26 Jahre nach der Einheit beinahe<br />
das Westniveau erreicht. Die Beschäftigten<br />
kämen inzwischen im Schnitt auf 98<br />
Prozent der Grundeinkommen ihrer Kollegen<br />
im Altbundesgebiet, fand die gewerkschaftsnahe<br />
Hans-Böckler-Stiftung<br />
in einer Arbeitsmarktstudie heraus.<br />
BRAUNKOHLE MIT ZUKUNFT<br />
Cottbus/Leipzig. Die neuen tschechischen<br />
Eigentümer der Lausitzer Braunkohle<br />
– der Energiekonzern EPH und die<br />
Investmentgruppe PPF – versprechen ein<br />
langfristiges Engagement in Ostdeutschland.<br />
Mit dem Ausstieg des schwedischen<br />
Staatskonzerns Vattenfall aus der<br />
Lausitzer Kohle wechselte im Herbst<br />
auch der Name der Unternehmensgruppe,<br />
die vier Tagebaue und drei Kraftwerke<br />
in Brandenburg und Sachsen betreibt<br />
sowie einen 50-Prozent-Anteil am Kraftwerk<br />
Lippendorf bei Leipzig hält. Sie firmiert<br />
nun als Lausitz Energie Bergbau<br />
AG beziehungsweise Lausitz Energie<br />
Kraftwerke AG (kurz LEAG). An der Spitze<br />
des gemeinsamen Vorstands beider<br />
Unternehmen steht Dr. Helmar Rendez,<br />
der inzwischen ankündigte, die „Energiewende<br />
aktiv mitgestalten“ zu wollen.<br />
Die LEAG-Gruppe beschäftigt in Brandenburg<br />
und Sachsen rund 8.000 Mitarbeiter,<br />
die auch alle in Arbeit bleiben sollen.<br />
Damit dient man zugleich als wichtiger<br />
Auftraggeber für hunderte regionale<br />
Mittelstands-, Handwerks- und Dienstleistungsfirmen.<br />
Der tschechischen EPH-<br />
Gruppe gehört bereits seit 2009 auch das<br />
im sachsen-anhaltischen Zeitz beheimate<br />
mitteldeutsche Bergbau-Unternehmen<br />
MIBRAG. Es betreibt zwei Tagebaue im<br />
Südraum Leipzig.<br />
WIRTSCHAFT IM AUFWIND<br />
Leipzig. Sachsens Wirtschaft bleibt im<br />
Vorwärtsgang. Nachdem sie im ersten<br />
Halbjahr 2<strong>01</strong>6 mit 2,5 Prozent sogar einen<br />
höheren Zuwachs aufwies als der<br />
Bundesschnitt (2,3) und damit im Länderranking<br />
auf Platz fünf lag, könnte das Bruttoinlandsprodukt<br />
<strong>2<strong>01</strong>7</strong> um wenigstens 1,5<br />
Prozent steigen. Das erwartet der „Konjunkturmonitor<br />
Sachsen“, den das Research<br />
der Landesbank Baden-Württemberg<br />
(LBBW) auf Basis sächsischer IHK-<br />
Daten kürzlich vorstellte. Die LBBW unterhält<br />
in Leipzig als große Privatkundenbank<br />
für Mitteldeutschland die SachsenBank.<br />
Laut LBBW-Chefvolkswirt Uwe Burkert<br />
fußt Sachsens Wirtschaft auf einer soliden<br />
Basis, dank der es ihr gelingen werde,<br />
„konjunkturelle Klippen – etwa Exportrückgänge<br />
durch die Wachstumsabschwäche<br />
in China sowie die Brexit-Folgen – gut<br />
zu umschiffen“. Einen robusten Aufwärtstrend<br />
zeige insbesondere die Bauindustrie,<br />
zudem profitierten Groß- und Einzelhandel<br />
von der guten Binnenkonjunktur. Als klares<br />
Indiz für die Zuversicht in der sächsischen<br />
Wirtschaft wertet SachsenBank-Vorstand<br />
Oliver Fern zudem die 2<strong>01</strong>6 deutlich gewachsene<br />
Kreditinanspruchnahme.<br />
Foto: VW<br />
WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
<strong>W+M</strong> AKTUELL | 9<br />
Foto: David Ban<br />
RASCHE DIGITALISIERUNG<br />
Dresden. Die sächsischen Unternehmen<br />
liegen bei der Digitalisierung unter dem<br />
Bundesdurchschnitt: Im „Wirtschaftsindex<br />
DIGITAL“ erreichten sie nur 48 von<br />
100 Punkten, der Bundesdurchschnitt beträgt<br />
55 Punkte. Allerdings wird bis 2021<br />
ein rascher Anstieg um vier Punkte bei den<br />
Mittelständlern prognostiziert. 38 Prozent<br />
aller Unternehmen fordern Verbesserungen<br />
beim Breitbandnetz.<br />
ANTRIEBE FÜR TEXTILINDUSTRIE<br />
Greifswald. Künftig wollen die Hanning<br />
Elektro-Werke in Eggesin neben Elektromotoren<br />
und Kleinpumpen auch neu entwickelte<br />
Antriebe für die Textilindustrie<br />
herstellen. Bisher werden vorrangig Erzeugnisse<br />
für elektrische Haushaltsgeräte<br />
und Schwimmbäder gefertigt. In einem<br />
Entwicklungsprojekt mit der Universität<br />
Linz wurden die Grundlagen für die<br />
neue Produktion geschaffen, bei der 30<br />
neue Arbeitsplätze entstehen.<br />
SLOW FOOD AM<br />
POTSDAMER PLATZ<br />
Berlin. Die Berliner Gastronomieszene<br />
ist bekannt für ihre Vielfältigkeit und Internationalität.<br />
Mit dem „Ki-Nova“ in der<br />
Kinemathek am Potsdamer Platz hat nun<br />
ein weiterer Food-Trend seine Heimat in<br />
Berlin gefunden. „Unsere Gäste können<br />
auf ein kreatives Slow-Food-Konzept gespannt<br />
sein, das gesunde und ganzheitliche<br />
Ernährung in den Vordergrund stellt“,<br />
erläutert Mirko Alexander Nikolitsch, Mitglied<br />
der Geschäftsführung der BMB<br />
Gruppe, die mit Ki-Nova nun insgesamt<br />
13 Locations betreibt. Als einer von drei<br />
Gründern eines der am schnellsten wachsenden<br />
Gastronomie-Unternehmen der<br />
Stadt achtet der studierte Wirtschaftswissenschaftler<br />
besonders auf die Individualität<br />
der Betriebe. Mit modernem Ambiente,<br />
großer, offener Showküche und einem<br />
hölzernen Tresen hat das im September<br />
Das Ki-Nova am Potsdamer Platz in Berlin<br />
setzt auf kreative Slow-Food-Gerichte.<br />
2<strong>01</strong>6 eröffnete Ki-Nova seinen ganz eigenen<br />
Charme. In dem Restaurant dreht sich<br />
alles um die neuen, aus Hollywood kommenden<br />
Superfoods. Getreu dem Slogan<br />
„Gemeinsam gesund genießen“ wird auf<br />
Wohlfühl-Flair, Geschmack und Vitamine<br />
gesetzt. Durch die hinzubuchbaren Räume<br />
in der Deutschen Kinemathek eignet<br />
sich das Ki-Nova auch als Location für verschiedene<br />
Veranstaltungen.<br />
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10 | <strong>W+M</strong> AKTUELL<br />
20. UNTERNEHMER-PREIS DES OSV VERLIEHEN<br />
OSV-Geschäftsführer Wolfgang Zender (l.)<br />
und Andreas Schulz (Mittelbrandenburgische<br />
Sparkasse, r.) überreichten den Preis an<br />
Werder-Frucht-Geschäftsführer Gerrit von<br />
Schoonhoven.<br />
Potsdam. Zum 20. Mal ist der Unternehmer-Preis<br />
des Ostdeutschen Sparkassenverbandes<br />
(OSV) am 1. Dezember in<br />
Potsdam an Unternehmen, Kommunen<br />
und Vereine aus Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern,<br />
Sachsen und Sachsen-Anhalt<br />
verliehen worden. „Die aktuellen<br />
Preisträger stehen in einer guten<br />
Tradition. Sie repräsentieren wie auch ihre<br />
Vorgänger die Leistungsdichte, Kreativität<br />
und Einsatzbereitschaft vieler Menschen<br />
in Ostdeutschland“, so OSV-Verbandsgeschäftsführer<br />
Wolfgang Zender.<br />
Unter den Preisträgern ist die Werder<br />
Frucht GmbH aus Groß Kreutz, welche<br />
1990 aus einer LPG gegründet wurde<br />
und nach Berlin und in alle neuen Länder<br />
liefert. Die S+T Fassaden GmbH aus<br />
Tessin demonstriert mit Bauten wie der<br />
Humboldt-Box in Berlin oder dem Home<br />
of AIDA in Rostock seine Leistungsfähigkeit.<br />
Die Ölmühle Moog GmbH aus Lommatzsch<br />
ist strategisches und kreatives<br />
Herz der Marke Bio Planète. Judith Faller-<br />
Moog, die bei Carcassonne in Südfrankreich<br />
naturbelassene Bio-Öle herstellt,<br />
gründete 2004 die Ölmühle.<br />
DIALOG ZU WACHSTUM<br />
Berlin. „Unternehmen :wachsen“ war<br />
der Name eines Kongresses am 9. November<br />
im Bundeswirtschaftsministerium<br />
(BMWi) in Berlin. Die Veranstaltung<br />
war Teil des gleichnamigen Dialogs, der<br />
das Wachstum ostdeutscher Unternehmen<br />
zum Ziel hat. Mehrere Unternehmen<br />
stellten ihre Erfahrungen mit Wachstum<br />
in der Praxis dar. Iris Gleicke, Ostbeauftragte<br />
der Bundesregierung und Parlamentarische<br />
Staatssekretärin im BMWi,<br />
betonte, wie wichtig es sei, dass Unternehmen<br />
auch wachsen wollen, um die<br />
beklagte ostdeutsche Kleinteiligkeit zu<br />
überwinden. Podiumsdiskussionen und<br />
Workshops sowie namhafte Referenten<br />
wie Klaus Berka, Vorstand von Analytik<br />
Jena, oder Prof. Nadine Kammerlander<br />
von der Otto Beisheim School of Management<br />
thematisierten während des<br />
Kongresses das Thema Wachstum und<br />
seine Herausforderungen in den neuen<br />
Bundesländern.<br />
Die ostdeutschen Unternehmen sind weiterhin guter Stimmung.<br />
Der ifo Geschäftsklimaindex für die gewerbliche<br />
Wirtschaft* der ostdeutschen Bundesländer tendierte<br />
im November auf dem hohen Niveau des Vormonats seitwärts.<br />
Gegenüber Oktober korrigierten die Befragungsteilnehmer ihre<br />
Lageeinschätzungen insgesamt leicht nach unten und ihre Geschäftserwartungen<br />
etwas nach oben.<br />
Das ifo Beschäftigungsbarometer für die gewerbliche Wirtschaft<br />
Ostdeutschlands gab im November hingegen saisonbereinigt<br />
spürbar nach. Industrie und Handel erwarteten für die Monate<br />
vor und nach dem Jahreswechsel per Saldo sogar einen Rückgang<br />
ihrer Beschäftigung. Lediglich die ostdeutschen Bauunternehmer<br />
rechneten mit einer weiteren Beschäftigungszunahme.<br />
Insgesamt war die Entwicklung im November in den vier Hauptbereichen<br />
recht heterogen. Die Einschätzungen zu Geschäftslage<br />
und -erwartungen wurden im ostdeutschen Großhandel deutlich<br />
nach oben, im Einzelhandel dagegen spürbar nach unten revidiert.<br />
Die ostdeutschen Industrie- und Bauunternehmer wiederum<br />
waren mit ihren laufenden Geschäften weniger zufrieden als<br />
im Oktober, dafür blickten sie mit teils deutlich stärkerem Optiifo<br />
Geschäftsklima Ostdeutschland im November 2<strong>01</strong>6<br />
STIMMUNG UNVERÄNDERT GUT<br />
mismus auf die Geschäftsentwicklung in den kommenden sechs<br />
Monaten. Das Ergebnis der US-Präsidentschaftswahl von Anfang<br />
November schien sich bei alledem nicht wesentlich auf die Stimmung<br />
in der ostdeutschen Wirtschaft auszuwirken.<br />
Michael Weber und Prof. Joachim Ragnitz<br />
ifo Geschäftsklima<br />
VORMONAT 12,3 NOVEMBER 12,1<br />
ifo Beschäftigungsbarometer<br />
VORMONAT 2,5 NOVEMBER 0,1<br />
Verarbeitendes Gewerbe<br />
VORMONAT 17,2 NOVEMBER 17,1<br />
Bauhauptgewerbe<br />
VORMONAT 7,6 NOVEMBER 9,0<br />
Groß- und Einzelhandel<br />
VORMONAT 5,5 NOVEMBER 3,1<br />
* Unter gewerblicher Wirtschaft wird die Aggregation aus Verarbeitendem Gewerbe, Bauhauptgewerbe sowie Groß- und Einzelhandel verstanden.<br />
Foto: Thomas Trutschel/OSV<br />
WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
<strong>W+M</strong> AKTUELL | 11<br />
GENEHMIGUNG FÜR DROHNEN<br />
Dresden. Für Betreiber professionell genutzter<br />
unbemannter Luftfahrtsysteme<br />
(UAS) vereinfacht Sachsen das Genehmigungsverfahren.<br />
Die Steuerer müssen<br />
lediglich noch eine „Erklärung zur Nutzung<br />
der durch Allgemeinverfügung erteilten<br />
Erlaubnis zum Aufstieg von unbemannten<br />
Luftfahrtsystemen“ abgeben.<br />
Der Freistaat folgt damit einer Vereinfachung,<br />
wie sie bereits in Thüringen, Bayern<br />
und Baden-Württemberg gilt. Privat<br />
genutzte Flugdrohnen bleiben als Flugmodellbetrieb<br />
erlaubnisfrei.<br />
ENSHAPE ÜBERNOMMEN<br />
Jena. Die US-amerikanische Cognex<br />
Corporation, Weltmarktführer in der Herstellung<br />
von Produkten im Bereich des<br />
maschinellen Sehens, hat das Thüringer<br />
Hightech-Unternehmen EnShape GmbH<br />
übernommen. Cognex produziert Barcodelesegeräte<br />
sowie Sensoren und Systeme<br />
für maschinelles Sehen, die weltweit<br />
in Fabriken, Lagerhallen und Verteilzentren<br />
eingesetzt werden. Die EnShape<br />
GmbH aus Jena hatte sich mit hochentwickelten<br />
3-D-Vision-Sensoren einen<br />
Namen gemacht, die eine schnelle Bilderfassung<br />
mit hoher Auflösung ermöglichen.<br />
Das mechanische Bewegen der<br />
Objekte wie etwa an Laserlinien-Scannern<br />
wird dadurch hinfällig. Das EnShape-Team<br />
wird nun Teil eines neuen Cognex<br />
Engineering Centers in Jena.<br />
CARBONFASERN AUS CHEMNITZ<br />
Chemnitz. Die mittelständischen Unternehmen<br />
PD Glasseiden, European Carbon<br />
Fiber GmbH und der Forschungscampus<br />
Open Hybrid LabFactory e. V.<br />
haben das Gemeinschaftsunternehmen<br />
CarboSax gegründet, in dem Entwicklung,<br />
Herstellung und Vertrieb von Carbonfasern<br />
am Standort Deutschland realisiert<br />
werden sollen. In Chemnitz entsteht<br />
zunächst eine Pilotlinie für die Carbonfaserproduktion,<br />
die als Basis für spätere<br />
Großanlagen dienen soll. Ziel ist es, die<br />
gesamte Wertschöpfungskette für Carbon<br />
Composites in Deutschland zu realisieren.<br />
Auszug · Änderungen vorbehalten<br />
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TLÄNDERSCHWERPUNK<br />
12 | <strong>W+M</strong> SCHWERPUNKT Siemens gehört zu den großen Konzernen,<br />
die in Berlin forschen und produzieren.<br />
Deutschlands<br />
innovativster<br />
Wirtschaftsstandort<br />
Berlin hat aus wirtschaftlicher Sicht derzeit einen Lauf. Allein in<br />
diesem Jahr wird die Berliner Wirtschaft nach Schätzungen der<br />
Investitionsbank Berlin um rund 2,5 Prozent wachsen und damit<br />
deutlich über dem Bundesniveau – es wird ein Wachstum von 1,6<br />
Prozent erwartet – liegen. Von Karsten Hintzmann<br />
BERLIN<br />
Mitte Oktober erst adelte die niederländische<br />
Direktbank ING-<br />
DiBa die Bundeshauptstadt mit<br />
der Einschätzung, Berlin sei aktuell der innovativste<br />
Wirtschaftsstandort Deutschlands.<br />
In einer von dem Geldhaus in Auftrag<br />
gegebenen Studie werden diverse<br />
Indikatoren aufgelistet, die für die Innovationskraft<br />
der Metropole an der Spree<br />
sprechen: der hohe Anteil der Jüngeren<br />
und Selbstständigen sowie der Beschäftigten<br />
mit Hochschulabschluss, die Unternehmensdynamik,<br />
die Internetversorgung<br />
und die Zahl der Start-up-Gründungen.<br />
In fast all diesen Kategorien, heißt<br />
es in der Studie, belege Berlin einen Spitzenplatz.<br />
Allerdings schlägt sich die attestierte<br />
Innovationskraft noch nicht in den<br />
Patentanmeldungen nieder. Von deutschlandweit<br />
47.377 Erfindungen entfielen<br />
auf Berlin im Vorjahr lediglich 840 Patente<br />
(1,8 Prozent).<br />
Unbestritten ist jedoch das überdurchschnittliche<br />
Wachstum in vielen Branchen.<br />
Auf der Suche nach den Ursachen<br />
für den Berliner Höhenflug stößt man auf<br />
eine fokussierte Wirtschaftsförderung,<br />
die nicht mit der Gießkanne agiert, sondern<br />
sich auf fünf Cluster und Branchen<br />
in der gesamten Hauptstadtregion Berlin-<br />
Brandenburg konzentriert. Zudem nutzen<br />
die Berliner Verantwortlichen, allen voran<br />
die Fördergesellschaft Berlin Partner, den<br />
größten Standortfaktor ihrer Stadt – die<br />
hohe Attraktivität Berlins, die sich inzwischen<br />
weltweit herumgesprochen hat.<br />
Mit geschickter Standortwerbung gelingt<br />
es, innovative und kluge Köpfe in<br />
die Stadt zu locken. Das wiederum veranlasst<br />
etliche Konzerne, nicht nur Repräsentanzen<br />
in der Bundeshauptstadt zu<br />
eröffnen, sondern zugleich Digital Units<br />
aufzubauen. So hat etwa die Beschäftigung<br />
im IT-Sektor in den zurückliegenden<br />
sieben Jahren um rund 70 Prozent zugelegt.<br />
Aktuell arbeiten 69.000 Menschen<br />
in der Digitalwirtschaft – so viele wie in<br />
Hamburg und Stuttgart zusammen.<br />
Andrea Joras, seit gut einem Jahr Geschäftsführerin<br />
von Berlin Partner, zieht<br />
ein positives Zwischenfazit: „Berlin erlebt<br />
seit einigen Jahren einen großen Aufschwung<br />
und hat sich zu einer Hauptstadt<br />
für Gründer und Talente aus der ganzen<br />
Welt entwickelt. Die Innovationskraft und<br />
Kreativität der Stadt übt eine große Anziehungskraft<br />
aus: Etablierte Player aus<br />
der Industrie kommen nach Berlin, um<br />
gemeinsam mit jungen Gründern an der<br />
Digitalisierung ihrer Geschäfte zu arbeiten.“<br />
Inzwischen seien, so Joras, 13 der<br />
30 DAX-Unternehmen in Berlin, um mit<br />
Start-ups und Wissenschaftlern zusammen<br />
zu arbeiten.<br />
Berlin Partner erwartet, dass die Hauptstadt<br />
in den kommenden Jahren zusätzliche<br />
wirtschaftliche Impulse durch den<br />
EU-Austritt Großbritanniens erhalten<br />
wird. Unlängst wurde in London ein Berliner<br />
Akquise-Büro eröffnet. Andrea Joras:<br />
„Wir beraten gezielt Firmen, die sich<br />
nach dem Referendum nach einer Standortalternative<br />
umsehen und sich für Berlin<br />
interessieren. Inzwischen gibt es 30<br />
ernsthafte Anfragen, die wir betreuen. Allen<br />
voran Fintechs. Drei Unternehmen haben<br />
sich bereits für Berlin entschieden.“<br />
<br />
<strong>W+M</strong><br />
Foto: Siemens AG<br />
WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
Verpackungsroboter bei der Bayer Pharma AG.<br />
BERLIN | 13<br />
Foto: Bayer Pharma AG<br />
Hoch im Kurs<br />
bei Gründern, Forschern,<br />
Kreativen und Touristen<br />
In der Wirtschaftsregion Berlin-Brandenburg werden fünf Cluster von<br />
den Ländern Berlin und Brandenburg besonders gefördert: Energie,<br />
Optik, Mobilität, IT und Gesundheit. Neben der Vorzeigebranche<br />
Gesundheitswirtschaft vermeldet die Tourismusbranche Jahr für Jahr<br />
höhere Wachstumszahlen. Von Karsten Hintzmann<br />
Innovative Gesundheitswirtschaft<br />
Mit rund 21.000 Unternehmen der Gesundheitswirtschaft<br />
– davon etwa 300 Medizintechnik-<br />
und mehr als 240 Biotechnologiefirmen<br />
sowie 30 Pharmaunternehmen – und<br />
mit über 130 Kliniken ist die Hauptstadtregion<br />
einer der wichtigsten Standorte der Gesundheitswirtschaft<br />
in Deutschland und Europa.<br />
In der Branche arbeiten rund 354.000<br />
Menschen – bereits jeder achte Berliner ist<br />
in diesem Sektor beschäftigt. Prognosen<br />
gehen davon aus, dass in der Region im<br />
Jahr 2030 mit rund 368.000 Beschäftigten<br />
eine Bruttowertschöpfung von etwa 20<br />
Milliarden Euro erreicht wird. Unternehmen<br />
wie Bayer HealthCare, Bausch + Lomb,<br />
B. Braun Melsungen, BERLIN-CHEMIE,<br />
Biotronik, Pfizer, Sanofi und Takeda haben<br />
ihren Sitz in Berlin.<br />
Wesentliches Merkmal für den Erfolg der<br />
Gesundheitsregion ist der vorherrschende<br />
Innovationsgeist zwischen den ansässigen<br />
Forschungseinrichtungen und Unternehmen.<br />
Er zieht Gründungswillige,<br />
Forschende und kreative Köpfe in die Metropole,<br />
die mit einer dynamischen Wirtschaftsentwicklung<br />
mit jährlichen Wachstumsraten<br />
von durchschnittlich drei bis fünf<br />
Prozent aufwarten kann. Grundlage dieser<br />
Dynamik ist eine Wissenschaftslandschaft<br />
mit renommierten Instituten der großen<br />
nationalen Forschungsorganisationen, der<br />
Unser Netz verbindet<br />
Zukunft mit Nachhaltigkeit.<br />
50Hertz sorgt für sicheren Anschluss an neue Energie.<br />
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Menschen im Norden und Osten Deutschlands sicher und zuverlässig<br />
mit Strom. Immer mehr davon stammt aus erneuerbaren<br />
Quellen, die das Klima nicht belasten. Für diese umweltfreundliche<br />
Energie bauen wir unser Stromnetz aus. Dabei nehmen wir Rücksicht<br />
auf die Menschen und minimieren Eingriffe in die Natur durch<br />
ökologische Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen.<br />
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14 | <strong>W+M</strong> SCHWERPUNKT<br />
Fraunhofer- und Max-Planck-Gesellschaft<br />
sowie der Helmholtz- und Leibniz-Gemeinschaft.<br />
Hinzu kommt die Präsenz einer stark<br />
ausgeprägten Spitzenmedizin mit Europas<br />
größtem Universitätsklinikum Charité und<br />
dem Unfallkrankenhaus Berlin sowie eine<br />
enge Vernetzung mit den weiteren in der<br />
Hauptstadtregion angesiedelten Kliniken,<br />
Rehabilitationseinrichtungen und Pflegeheimen.<br />
In dieser Konstellation liegen die<br />
Stärke und das wirtschaftliche Potenzial der<br />
Hauptstadtregion.<br />
Einzigartig ist die hohe Konzentration an<br />
universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen<br />
mit Schwerpunkten<br />
in den Life Sciences. Dazu zählen neben<br />
der bereits erwähnten Charité das Max-Delbrück-Centrum<br />
für Molekulare Medizin oder<br />
das Deutsche Herzzentrum Berlin.<br />
Grüne Wirtschaft legt zu<br />
Die GreenTech-Branche in<br />
der Hauptstadt erlebte in<br />
den letzten Jahren einen<br />
rasanten Zulauf. Zwischen<br />
2006 und 2<strong>01</strong>3<br />
entfielen zwölf Prozent<br />
aller Unternehmensgründungen<br />
auf die<br />
„grüne Wirtschaft“. Das Schlagwort Green-<br />
Tech umfasst gleich sechs verschiedene<br />
Leitmärkte: den Bereich Energieeffizienz,<br />
die umweltfreundliche Erzeugung, Speicherung<br />
und Verteilung von Energie, nachhaltige<br />
Mobilität, nachhaltige Wasserwirtschaft,<br />
Rohstoff- und Materialeffizienz sowie die<br />
Kreislaufwirtschaft. In all diesen Geschäftsfeldern<br />
engagieren sich kleine und große<br />
Unternehmen aus Berlin, etwa Siemens,<br />
die ALBA Group, der Energiedienstleister<br />
GASAG und das Mercedes-Benz Motorenwerk.<br />
Großes Wachstumspotenzial trauen<br />
Experten dem CleanTech Business Park in<br />
Marzahn zu. Dort soll sich in den kommenden<br />
Jahren ein Industriepark für Unternehmen<br />
etablieren, die auf nachhaltige, grüne<br />
Produkte und Technologien setzen.<br />
Die Region Berlin-Brandenburg gilt als Pionier<br />
der deutschen Energiewende. Ein<br />
schnell wachsendes Angebot an Erneuerbarer<br />
Energie aus Brandenburg trifft auf<br />
die hohe Nachfrage in der Metropole<br />
Berlin. Die große Herausforderung<br />
bestand und besteht darin,<br />
Angebot und Nachfrage<br />
entlang der einzelnen Dimensionen<br />
– also Erzeugung,<br />
Energienetze,<br />
Energiespeicher<br />
und Verbrauch – intelligent aufeinander<br />
abzustimmen.<br />
Auch in der Kreislaufwirtschaft nimmt die<br />
Hauptstadt eine Vorreiterrolle ein. 400 Unternehmen<br />
mit insgesamt 8.500 Beschäftigten<br />
sind in der Stadt aktiv. Das Spektrum<br />
reicht vom traditionellen Abfallmanagement<br />
über hochwertige Recyclingverfahren bis<br />
hin zu innovativen Start-ups, die sich auf<br />
den Einsatz von Sekundärrohstoffen spezialisiert<br />
haben.<br />
Tourismus auf Rekordkurs<br />
Mit 30,25 Millionen Übernachtungen hat<br />
sich Berlin im Vorjahr – neben London und<br />
Paris – einen Spitzenplatz im Ranking der<br />
beliebtesten europäischen Metropolen erkämpft.<br />
2<strong>01</strong>5 wurden insgesamt 12,37<br />
Millionen Gäste gezählt – ein neuer Rekordwert<br />
für Berlin. Dabei sorgten Kongressteilnehmer<br />
für rund ein Viertel der<br />
Übernachtungen. Durch die hohe Zahl an<br />
gewerblichen Übernachtungsgästen und<br />
die zusätzlichen Besucher in privaten Unterkünften<br />
sowie mit 105,7 Millionen Tagesgästen<br />
zählt die Tourismuswirtschaft<br />
zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen<br />
Berlins. Pro Tag halten sich in Berlin etwa<br />
500.000 in- und ausländische Gäste auf.<br />
Im kommenden Jahr wird ein weiterer Zuwachs<br />
erwartet – allein für die Internationale<br />
Gartenausstellung, die im April in Marzahn<br />
ihre Pforten öffnet, rechnet man mit<br />
mehr als zwei Millionen Besuchern.<br />
Heute leben rund 240.500 Menschen in<br />
der Hauptstadt vom Tourismus. Das sind<br />
Foto: Ole Bader<br />
Weithin sichtbar in Marzahn: der CleanTech<br />
Pavillon im neuen CleanTech Business Park.<br />
WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
BERLIN | 15<br />
Die Internationale Gartenausstellung (IGA) mit<br />
Berlins erster Seilbahn will ab April <strong>2<strong>01</strong>7</strong> mehr<br />
als zwei Millionen Besucher anlocken.<br />
Foto: Dominik Butzmann<br />
70.000 mehr als noch vor zehn Jahren.<br />
Beherbergungsunternehmen, Gaststätten,<br />
Einzelhandel und Dienstleister erwirtschaften<br />
in der Tourismusbranche pro<br />
Jahr mehr als zehn Milliarden Euro Umsatz.<br />
Knapp zwei Milliarden Euro streichen Land<br />
und Bund an Steuern ein.<br />
Das Gastgewerbe profitiert am stärksten<br />
vom nicht enden wollenden Touristenboom.<br />
Mit fünf Milliarden Euro wurden<br />
2<strong>01</strong>4 rund 47,5 Prozent der touristischen<br />
Umsätze in diesem Segment realisiert. Im<br />
Einzelhandel setzten die Hauptstadtgäste<br />
im gleichen Zeitraum 3,5 Milliarden Euro<br />
um. Der Dienstleistungsbereich beziffert<br />
den Umsatz auf 2,1 Milliarden Euro.<br />
Burkhard Kieker, Geschäftsführer der Berliner<br />
Tourismusfördergesellschaft visitBerlin,<br />
zieht ein zufriedenes Zwischenfazit:<br />
„Der Berlin-Tourismus hat seit dem Mauerfall<br />
eine Erfolgsgeschichte geschrieben.<br />
Seit 1990 haben sich die Übernachtungszahlen<br />
in der Stadt vervierfacht, der Anteil<br />
internationaler Übernachtungen ist deutlich<br />
gewachsen. Unser langfristiges Ziel ist es,<br />
die Sympathie der Besucher für diese Stadt<br />
zu verstetigen und den Berlin-Tourismus<br />
auch qualitativ weiterzuentwickeln. Mit unserem<br />
aktuellen Claim ‚Berlin 365/24‘ sprechen<br />
wir vor allem Kulturinteressierte an:<br />
Kunstwochen, Modewochen, Theaterwochen,<br />
Musikwochen – die Stadt ist voller<br />
neuer Ideen, Kreativität und Inspiration.“<br />
<br />
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Wir sind die Gestalter<br />
der Energiezukunft.<br />
Dezentral, erneuerbar, vernetzt, effizient: So wünschen sich unsere<br />
Kunden aus Industrie, Gewerbe und Kommunen ihre Energie. Wir<br />
setzen diese Wünsche in die Tat um und gestalten bereits heute<br />
die Zukunft der Energie – dabei greifen Infrastruktur, Technik und<br />
Dienstleistungen ineinander. Energieeffizienz ist für uns der Schlüssel,<br />
um wirtschaftlich zu handeln und Ressourcen zu schonen.<br />
Aktiv in allen Bereichen, die für eine nachhaltige Energiezukunft<br />
relevant sind: Das ist ENGIE.<br />
Energien optimal einsetzen.<br />
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16 | <strong>W+M</strong> SCHWERPUNKT BERLIN<br />
Gründerzeit in der<br />
Hauptstadt<br />
Eine starke Gründerszene und viele junge Leute mit<br />
überdurchschnittlichem Ausbildungsniveau – Berlin belegt beim<br />
jüngsten Innovationsindex der niederländischen Direktbank ING-DiBa<br />
den ersten Platz im Bundesländer-Ranking. Von Matthias Salm<br />
Für die Hauptstadt spricht laut ING-Di-<br />
Ba Innovationsindex unter anderem<br />
die höchste Beschäftigungsquote im<br />
Hochtechnologiesektor. Doch nicht nur in<br />
der Rangliste der ING-DiBa überzeugt die<br />
Hauptstadt durch ihre Dynamik. Auch weitere<br />
Studien belegen, wie stark die Gründerwelle<br />
das Wachstum in Berlin treibt.<br />
Die Daten<br />
Durchschnittliche 27,9 Jahre alt sind die Berliner<br />
Gründer beim Start, so hat es die Erhebung<br />
„Deutscher Startup-Monitor 2<strong>01</strong>6“<br />
des Bundesverbands Deutsche Startups berechnet.<br />
Zwölf Prozent der Gründer an der<br />
Spree stammen laut dieser Quelle aus dem<br />
Ausland – damit gründet Berlin internationaler<br />
als der Rest der Republik (acht Prozent).<br />
Weitere Spitzenwerte: 83,1 Prozent der<br />
Gründungen erfolgten im Team. Damit<br />
sind die Gründer in der Hauptstadt teamorientierter<br />
als Wettbewerber in Regionen<br />
wie München oder Stuttgart/Karlsruhe. Zudem<br />
erweisen sich die Berliner Start-ups<br />
als besonders beschäftigungsstark – nur<br />
die jungen Münchener Unternehmen zählen<br />
mehr Beschäftigte. Mit einem Anteil<br />
von 42,3 Prozent ausländischer Mitarbeiter<br />
durchweht die Berliner Start-up-Welt<br />
zudem ein besonders internationales Flair.<br />
Auch die Bürgschaftsbank zu Berlin-Brandenburg<br />
(BBB) hat in ihrem „Gründerindex<br />
2<strong>01</strong>6“ das Gründungsgeschehen in Berlin<br />
unter die Lupe genommen. Start-ups im<br />
Dienstleistungsbereich kennzeichnen demnach<br />
die Gründerszene. Vor allem wissensund<br />
forschungsgetriebene Gründungen erweisen<br />
sich als Berliner Markenzeichen.<br />
Die Finanzierung<br />
Berlins Gründer haben im ersten Halbjahr<br />
2<strong>01</strong>6 weniger Geld durch Finanzierungsrunden<br />
eingesammelt als im Vorjahreszeitraum<br />
– damit liegt die Hauptstadt im<br />
bundesweiten Negativ-Trend. Doch laut<br />
„Start-up-Barometer Deutschland“ der Beratungsfirma<br />
Ernst & Young, fließt mit 520<br />
Millionen Euro mehr als jeder zweite Euro<br />
Risikokapital an die Spree, beispielsweise<br />
in das Unternehmen mit den höchsten Investitionseinnahmen<br />
des ersten Halbjahres,<br />
dem Online-Musikdienst Soundcloud<br />
(62 Millionen Euro). Der Rückgang der Investitionen<br />
geht vor allem auf das Konto<br />
der Gründerfabrik Rocket Internet, die<br />
RISIKOKAPITALINVESTITIONEN IN DEUTSCHLAND<br />
1. Halbjahr 2<strong>01</strong>6 1. Halbjahr 2<strong>01</strong>5<br />
Berlin<br />
Bayern<br />
Nordrhein-<br />
Westfalen<br />
Hamburg<br />
Baden-<br />
Württemberg<br />
Hessen<br />
Rheinland-<br />
Pfalz<br />
Brandenburg<br />
Andere<br />
12<br />
10<br />
12<br />
8<br />
12<br />
7<br />
7<br />
2<br />
6<br />
6<br />
10<br />
6<br />
19<br />
22<br />
21<br />
42<br />
mehr als ein Drittel aller Berliner Risikokapitalinvestitionen<br />
in 2<strong>01</strong>5 getätigt hatte.<br />
Der Standort<br />
Gründer brauchen Raum – der ist in der<br />
Stadt stark umkämpft. Start-ups gehören<br />
zu den Nachfragetreibern auf dem Berliner<br />
Büroimmobilienmarkt. Sichtbar wird dies<br />
am wachsenden Angebot an Co-Working-<br />
Spaces. Global Player wie Mindspace oder<br />
WeWork mieten in Berlin Büroflächen an,<br />
wandeln sie in trendige Arbeitsplätze mit<br />
Komplettlösungen um und vermieten sie<br />
mit Gewinn an Gründer, Freiberufler und<br />
dynamische Jungunternehmen.<br />
Auch im Umfeld der Hochschulen wächst<br />
die Infrastruktur für Gründer. 2<strong>01</strong>5 entstand<br />
an der Technischen Universität (TU) Berlin<br />
das Charlottenburger Gründungs- und<br />
Innovationszentrum CHIC, eines der modernsten<br />
Gründerzentren Berlins. Bedarf<br />
ist allemal vorhanden, schließlich gründen<br />
sich jährlich rund 20 Hightech-Start-ups<br />
aus der TU aus. In Nähe zum Campus der<br />
Freien Universität in Berlin-Dahlem soll bis<br />
2020/21 das FUBIC-Gründerzentrum entstehen.<br />
Auf dem fünf Hektar großen Gelände<br />
werden Büros, Labore, Konferenzräume<br />
und Co-Working-Arbeitsplätze für 60 bis 80<br />
Tech-Unternehmen geschaffen. <strong>W+M</strong><br />
86<br />
117<br />
Quelle Schaubild: EY Research, CB Insights, Thomson One<br />
WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
Warum Energieberatung<br />
bares Geld wert ist.<br />
Das Thema Energieeffizienz beschäftigt viele Unternehmer. Doch oftmals werden nur<br />
wenige der verfügbaren Maßnahmen umgesetzt, meist aus zu knappen zeitlichen,<br />
personellen oder finanziellen Kapazitäten. Auch zweifeln Unternehmer an der Wirtschaftlichkeit<br />
der Projekte. Allerdings zahlen sich Weitsicht und rechtzeitiges Handeln<br />
aus. Man muss nur wissen, wie.<br />
Jede nicht verbrauchte Kilowattstunde ist<br />
wertvoll. Denn sie schont die Umwelt, senkt<br />
die Energiekosten, steigert damit den Unternehmensgewinn<br />
und sichert so die<br />
Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens.<br />
Energieeffizienz ist ein Schlüssel dazu. enviaM<br />
berät Unternehmen zu Maßnahmen auf diesem<br />
Gebiet und bietet zur Umsetzung umfangreiche<br />
Energiedienstleistungen an – stets auf<br />
die entsprechende Branche abgestimmt. Im<br />
Rahmen von enviaM BusinessBeratung identifizieren<br />
TÜV-zertifizierte Energiemanager<br />
Potenziale für einen effektiveren Energieeinsatz<br />
oder zeigen Entlastungsmöglichkeiten<br />
auf. Zum Beispiel fallen rund 50 Prozent des<br />
Strompreises bei Unternehmen auf Steuern<br />
und Umlagen. Die Energiemanager legen dar,<br />
welche Voraussetzungen erfüllt werden müssen,<br />
um von Entlastungen in diesem Bereich<br />
zu profitieren.<br />
Kostengünstig Energiebedarf decken<br />
enviaM BusinessBeratung geht auf die<br />
individuellen Bedürfnisse eines Unternehmens<br />
ein, egal welcher Art oder Größe. Die<br />
Energiemanager von enviaM stehen unter<br />
anderem bei der Auswahl der optimalen<br />
Wärmeversorgungslösung zur Seite. Eine dezentrale<br />
Energieerzeugungsanlage in Form<br />
eines Blockheizkraftwerkes deckt kostengünstig<br />
den Strom- und Wärmebedarf und<br />
garantiert zudem staatliche Förderungen.<br />
Weiterhin helfen die Energiemanager bei der<br />
Vermarktung von selbst erzeugtem und nicht<br />
verbrauchtem Strom, wodurch die Anlage noch<br />
wirtschaftlicher wird. Um die Details kümmert<br />
sich enviaM. Somit können Unternehmer all<br />
ihre Energie für ihr Kerngeschäft nutzen.<br />
Passende Zertifizierung für alle<br />
Unternehmensgrößen:<br />
1 Zertifizierung nach<br />
DIN EN ISO 500<strong>01</strong><br />
Für Unternehmen, die beispielsweise jährlich<br />
ihr Energiemanagementsystem nach DIN EN<br />
ISO 500<strong>01</strong> zertifizieren lassen müssen, übernimmt<br />
enviaM die Zertifizierung nach den<br />
Vorgaben und Regeln der staatlichen Energiepolitik.<br />
Die Unternehmen wissen ihren<br />
Energiedienstleister vom Projektstart an über<br />
die interne Auditierung bis hin zur Zertifizierung<br />
an ihrer Seite. Gleichzeitig erhalten sie<br />
maßgeschneiderte Lösungen, die ihre Energiekosten<br />
senken.<br />
2 Energieaudit nach<br />
DIN EN 16247<br />
Auch das alle vier Jahre vorgeschriebene<br />
Energieaudit nach DIN EN 16247 für kleine<br />
und mittelständische Unternehmen (KMU)<br />
führen die erfahrenen Energiemanager von<br />
enviaM durch. Dabei erfassen und analysieren<br />
sie den Energieeinsatz und -verbrauch, um<br />
Energieflüsse zu identifizieren. Wesentliche<br />
Einsparpotenziale und -maßnahmen werden<br />
in einem Energiebericht zusammengefasst. So<br />
erhalten Unternehmen einen Überblick, wie<br />
der Energieverbrauch optimiert und damit die<br />
Energiekosten gesenkt werden können.<br />
enviaM Energiecockpit –<br />
alle Verbrauchsdaten im Blick<br />
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Unternehmer, die ihren Energieverbrauch einfach<br />
online überwachen wollen, entscheiden<br />
sich für das enviaM Energiecockpit. Damit werden<br />
die Verbrauchsdaten aller Messstellen und<br />
Filialen transparent und individuell dargestellt.<br />
Zudem ist eine Alarm- und Vergleichsfunktion<br />
für Lastgangdaten integriert. Diese kann helfen,<br />
Leistungsspitzen zu erkennen und abzubauen.<br />
Es werden Optimierungspotenziale aufgezeigt,<br />
um langfristig Energie und Kosten zu sparen.<br />
Die Werte und Ergebnisse können Kunden in<br />
Monats- und Jahresberichten festhalten. Dank<br />
übersichtlicher Benutzeroberfläche ist die Überwachung<br />
kinderleicht und mobil über Laptop,<br />
Tablet oder Smartphone möglich. Benötigt werden<br />
dazu lediglich die Zugangsdaten für das<br />
enviaM Energiecockpit. Damit einfach anmelden<br />
und Verbrauchsdaten einsehen.<br />
3 Vom Spitzenausgleich profitieren<br />
Liegt der Stromverbrauch über einer Gigawattstunde<br />
pro Jahr, können kleine Unternehmen<br />
ihre Energieeffizienzmaßnahmen<br />
durch enviaM zertifizieren lassen und so nach<br />
Spitzenausgleich-Effizienzsystemverordnung<br />
(SpaEfV) vom Spitzenausgleich profitieren.<br />
Dieser ermöglicht es Unternehmen des produzierenden<br />
Gewerbes, einen Antrag auf<br />
Stromsteuerentlastung zu stellen. Voraussetzung<br />
ist der Nachweis eines sogenannten<br />
alternativen Systems zur Verbesserung der<br />
Energieeffizienz. Auch dessen Einführung<br />
übernimmt enviaM.<br />
Interessiert?<br />
Dann lassen Sie sich zu den Produkten<br />
und Energiedienstleistungen beraten<br />
und schreiben Sie eine E-Mail an<br />
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wenn mein Energieverkäufer<br />
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18 | <strong>W+M</strong> SCHWERPUNKT<br />
„Wir wollen noch einmal mehr<br />
investieren als in den letzten zwei Jahren“<br />
<strong>W+M</strong>-Interview mit Michael Müller (SPD), Regierender Bürgermeister in Berlin<br />
<strong>W+M</strong>: Herr Müller, Sie waren in der abgelaufenen<br />
Legislaturperiode in verschiedenen<br />
Funktionen Mitglied der Berliner Landesregierung.<br />
Wie fällt Ihr Fazit zur wirtschaftlichen<br />
Entwicklung der Stadt seit<br />
2<strong>01</strong>1 aus?<br />
Michael Müller: Es gab einen erfreulich<br />
großen Veränderungsprozess. Wir konnten<br />
viele Arbeitsplätze schaffen. Die Arbeitslosenquote<br />
ist von mehr als 13 Prozent<br />
auf etwas über neun Prozent gesunken.<br />
Für Berliner Verhältnisse ist das ein<br />
deutlicher Schritt nach vorn. Wir können<br />
auf viele Unternehmensgründungen zurückblicken,<br />
wir haben eine lebhafte Startup-Szene.<br />
Gerade im Wirtschafts- und<br />
Wissenschaftsbereich ist die veränderte<br />
Situation der Hauptstadt Berlin, die international<br />
wahrgenommen wird, am spürbarsten<br />
– durch Investitionen und neue<br />
Arbeitsplätze.<br />
<strong>W+M</strong>: Seit genau zwei Jahren sind Sie Regierender<br />
Bürgermeister. Wo haben Sie<br />
– im Vergleich zu Ihrem Amtsvorgänger<br />
Klaus Wowereit – andere, neue Akzente in<br />
der Wirtschaftsförderung gesetzt?<br />
Michael Müller: Ein wesentlicher Unterschied<br />
ist sicher, dass ich mich persönlich<br />
um den Bereich der Wissenschafts- und<br />
Forschungspolitik gekümmert habe. Da<br />
sehe ich eine klare Akzentverschiebung.<br />
Ein zweiter Punkt: Wir haben bei den Investitionen<br />
umgeschaltet. Auch das ist für<br />
die Wirtschaft wichtig. Wir investieren in<br />
unsere Infrastruktur, in die Technologiezentren,<br />
in die Zukunftsorte, in den Wohnungsbau.<br />
Dadurch entstehen direkt und<br />
indirekt viele neue Arbeitsplätze.<br />
<strong>W+M</strong>: Die Große Koalition mit der CDU<br />
wird nunmehr von einer rotrot-grünen<br />
Koalition abgelöst.<br />
Wie kann die<br />
Berliner Wirtschaft<br />
von diesem Farbenspiel<br />
profitieren?<br />
Michael Müller: Ich denke, die Wirtschaft<br />
kann von der Aufbruchsstimmung profitieren,<br />
die von unserer neuen Koalition ausgeht.<br />
Wir wollen künftig in vielen Bereichen<br />
besser und schneller sein. Zum Beispiel<br />
in der Verwaltung. Sie soll zum leistungsfähigen<br />
Dienstleister werden, auch<br />
für die Wirtschaft. Wir werden klarere Entscheidungsstrukturen<br />
schaffen und Zuständigkeiten<br />
neu ordnen, damit es zügige<br />
und transparente Entscheidungen gibt.<br />
Darüber hinaus wollen wir noch mehr investieren<br />
als in den letzten zwei Jahren.<br />
Der gesamte Wissenschaftsbereich wird<br />
besser ausgestattet und die Hochschulen<br />
erhalten Planungssicherheit für<br />
die nächsten zehn Jahre.<br />
<strong>W+M</strong>: Hört man sich bei Unternehmern<br />
um, gibt es zum Teil erhebliche<br />
Vorbehalte speziell zur<br />
Schwerpunktsetzung der Grünen,<br />
die offensichtlich wichtige Infrastrukturprojekte,<br />
wie die Verlängerung<br />
der Autobahn A 100 oder<br />
Am 8. Dezember im<br />
Amt bestätigt: Berlins<br />
Regierender<br />
Bürgermeister<br />
Michael Müller.<br />
Foto: <strong>W+M</strong><br />
WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
BERLIN | 19<br />
Foto: <strong>W+M</strong><br />
den Bau der Tangentialen Verbindung Ost<br />
(TVO), auf Eis legen wollen. Was wird aus<br />
diesen Infrastrukturmaßnahmen?<br />
Michael Müller: Diese Projekte werden<br />
nicht auf Eis gelegt. Wir bauen den begonnenen<br />
Abschnitt der A 100 weiter. Wir haben<br />
weder im Wohnungs- noch im Straßenbau<br />
eine Blockade der Grünen. Ich glaube,<br />
diese alten Konfrontationen und Feindbilder<br />
stimmen so nicht mehr. Auch die Grünen<br />
sehen, wie wichtig Investitionen in die<br />
Infrastruktur sind, damit es weiter bergauf<br />
geht mit unserer Stadt. Das können zum<br />
Beispiel auch mehr Investitionen im Energie-<br />
und Umweltbereich sein. Auch davon<br />
profitieren viele Unternehmen und die Bürgerinnen<br />
und Bürger Berlins. Unsere gemeinsame<br />
Politik in der neuen Koalition will<br />
die Bedingungen für Investoren weiter verbessern.<br />
Das schafft Arbeitsplätze und sichert<br />
die Einnahmen, die wir brauchen, um<br />
die Stadt voran zu bringen. Das ist auch ein<br />
klarer Schwerpunkt der SPD.<br />
<strong>W+M</strong>: Der Boulevard Unter den Linden<br />
soll zur Flaniermeile und somit für private<br />
Pkw gesperrt werden. Zwei Fragen dazu.<br />
Erstens: Welches Konzept haben Sie, um<br />
diese Straße für Berliner und Touristen so<br />
attraktiv zu gestalten, damit dort künftig<br />
tatsächlich zehntausende Menschen flanieren?<br />
Zweitens: Wie wollen Sie verhindern,<br />
dass die schon heute eher zähen Verkehrsströme<br />
zwischen dem Ost- und dem<br />
Westteil der Stadt durch die Schließung<br />
des Boulevards für den<br />
normalen Autoverkehr<br />
dann nicht endgültig kollabieren?<br />
Michael Müller: Wir<br />
reden über den Streckenabschnitt<br />
zwischen<br />
Brandenburger Tor und<br />
Humboldtforum. Das ist<br />
schon im Moment keine<br />
Durchgangsstraße, weil<br />
am Brandenburger Tor<br />
Schluss ist. Es ist also<br />
schon heute eine Sackgasse<br />
für den Autoverkehr.<br />
Wenn das Humboldtforum<br />
fertiggestellt<br />
ist, erwarten wir,<br />
dass sich die Besucherströme dramatisch<br />
Richtung Stadtmitte verändern und zunehmen<br />
werden. Darauf müssen wir reagieren.<br />
Dazu kommt, dass es dann auch sehr<br />
attraktiv sein wird, in der Mitte der Stadt<br />
auf diesem Abschnitt flanieren zu können.<br />
Für den Autoverkehr haben wir verabredet,<br />
dass Querungen erhalten bleiben. So wird<br />
beispielsweise die Friedrichstraße offen<br />
bleiben. Taxen und Busse sollen ohnehin<br />
weiter die Möglichkeit haben, die Straße<br />
Unter den Linden zu nutzen.<br />
Ich bin davon überzeugt, dass unsere Entscheidung<br />
die Attraktivität der Mitte der<br />
Stadt deutlich erhöhen wird. Das wird sehr<br />
viele Menschen anziehen, die dann hier in<br />
Ruhe flanieren können.<br />
Gelöste Stimmung: Michael Müller mit <strong>W+M</strong>-Herausgeber Frank<br />
Nehring (l.) und Chefredakteur Karsten Hintzmann (r.).<br />
<strong>W+M</strong>: Berlin hat überdurchschnittlich viele<br />
Asylbewerber aufgenommen. Wie gelingt<br />
es inzwischen, Flüchtlinge mit positiver<br />
Bleibeperspektive in den Berliner Arbeitsmarkt<br />
zu integrieren?<br />
Michael Müller: Es ist eine anspruchsvolle<br />
Aufgabe, die Flüchtlinge zu integrieren.<br />
Weil es unverändert viele Hemmnisse gibt.<br />
Etwa die Sprachbarrieren oder Abschlüsse,<br />
die in Deutschland nicht anerkannt werden<br />
können. Hier muss es zum Beispiel Nachqualifizierungen<br />
geben. Die Integration von<br />
Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt bleibt aber<br />
eine zentrale Aufgabe, die alle angeht: die<br />
Wirtschaft, den Bund, aber auch das Land.<br />
Wir werden in der neuen Legislaturperiode<br />
Internationale Fachmesse für Werkzeugmaschinen,<br />
Fertigungs- und Automatisierungstechnik<br />
Internationale Zuliefermesse für Teile, Komponenten,<br />
Module und Technologien<br />
7. – 10. März <strong>2<strong>01</strong>7</strong><br />
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20 | <strong>W+M</strong> SCHWERPUNKT BERLIN<br />
ZUR PERSON<br />
Michael Müller wurde am 9. Dezember<br />
1964 in Berlin geboren. Er absolvierte<br />
die Fachoberschule für Wirtschaft und<br />
Verwaltung. Im Anschluss an eine kaufmännische<br />
Lehre arbeitete er von 1986<br />
bis 2<strong>01</strong>1 als selbstständiger Drucker.<br />
1981 trat Michael Müller in die SPD ein.<br />
Von 20<strong>01</strong> bis 2<strong>01</strong>1 fungierte er als Chef<br />
der SPD-Abgeordnetenhausfraktion.<br />
Parallel dazu war er von 2004 bis 2<strong>01</strong>2<br />
Landesvorsitzender der Berliner SPD.<br />
2<strong>01</strong>1 wurde er zum Stadtentwicklungssenator<br />
berufen. Seit dem 11. Dezember<br />
2<strong>01</strong>4 ist er Regierender Bürgermeister.<br />
Michael Müller ist verheiratet<br />
und Vater zweier Kinder.<br />
nachjustieren und der Bund will auch mehr<br />
helfen. Es bleibt natürlich eine Herausforderung<br />
für die nächsten Jahre. Dabei müssen<br />
wir vor allem auch an die jungen Menschen<br />
denken. Im Bereich der Ausbildung<br />
haben wir in Berlin auch unabhängig von<br />
den Flüchtlingen einen Nachholbedarf. Bundesweit<br />
liegt die Ausbildungsquote bei 16<br />
Prozent, in Berlin dagegen nur bei elf Prozent.<br />
Das heißt, die Berliner Unternehmen<br />
bilden deutlich weniger junge Menschen<br />
aus als im Bundesmaßstab.<br />
<strong>W+M</strong>: Woran liegt es aus Ihrer Sicht, dass<br />
es so langwierig und schwer für Flüchtlinge<br />
ist, in unseren Unternehmen Fuß zu fassen?<br />
Michael Müller: Es sind oft ganz praktische<br />
Probleme. Zum Beispiel die schon erwähnten<br />
Sprachbarrieren. Manche Unternehmen<br />
sind zögerlich bei der Einstellung<br />
von Flüchtlingen, weil sie nicht wissen,<br />
wie lange die Flüchtlinge bleiben. Da steht<br />
oft die Frage im Raum, ob es eine verlässliche<br />
Verabredung ist, die man trifft, wenn<br />
man einen jungen Menschen ausbildet. Da<br />
musste erst einmal gesetzlich Klarheit geschaffen<br />
werden, dass ein Flüchtling nicht<br />
ohne weiteres während der Ausbildung abgeschoben<br />
werden kann. Und jetzt erst<br />
greifen die Regelungen nach und nach,<br />
mit denen Asylverfahren schneller zu einem<br />
Abschluss gebracht werden sollen.<br />
den Brexit ergibt sich die Chance, London<br />
interessante Investoren und Start-ups abzuwerben.<br />
Welche Pläne haben Sie in dieser<br />
Richtung?<br />
Michael Müller: Ich habe gerade die<br />
wichtigsten Institutionen und Multiplikatoren<br />
aus der Berliner Wirtschaft angeschrieben,<br />
um den Dialog darüber zu intensivieren,<br />
mit welchen Auswirkungen<br />
diese Unternehmen und Verbände rechnen<br />
und welche Erwartungen sie diesbezüglich<br />
an den Berliner Senat haben. Die<br />
Wirtschaftssenatorin war seit dem Referendum<br />
zum Brexit mehrfach in London<br />
und hat dort dargestellt, was Berlin an Infrastruktur<br />
zu bieten hat. Wir haben einen<br />
ersten konkreten Fall eines Umsiedlungswunsches:<br />
Die Europäische Arzneimittel-<br />
Agentur EMA (Anm. d. Red.: EMA ist eine<br />
dezentrale Agentur der Europäischen Union,<br />
zuständig für die wissenschaftliche<br />
Evaluierung, Überwachung und Sicherheitsüberwachung<br />
von Arzneimitteln im<br />
europäischen Wirtschaftsraum.) möchte<br />
weg aus London. Eine Ansiedlung der<br />
EMA in Berlin können wir uns gut vorstellen.<br />
Die Bewerbung läuft jetzt über die nationale<br />
Ebene.<br />
<strong>W+M</strong>: Wo soll das Land Berlin wirtschaftlich<br />
im Jahr 2021, also am Ende der ersten<br />
Amtszeit von Rot-Rot-Grün, stehen?<br />
damit wir die Arbeitslosenzahlen weiter<br />
senken können. Ich will, dass unsere großen<br />
Überschriften, wie Smart City und Digitale<br />
Hauptstadt, weiter mit Inhalten gefüllt<br />
werden. Da erhoffe ich mir beispielsweise<br />
von den 50 zusätzlichen IT-Professuren,<br />
die wir im Einstein-Forum bündeln,<br />
einen positiven Schub. Und klar, wir haben<br />
nun lange genug darauf gewartet, aber ich<br />
gehe davon aus, dass wir positive Wirtschaftseffekte<br />
durch den neuen Flughafen<br />
haben werden.<br />
<strong>W+M</strong>: Glauben Sie, dass die Berliner Koalition<br />
zur Blaupause für ein rot-rot-grünes<br />
Bündnis nach der Bundestagswahl im<br />
Herbst <strong>2<strong>01</strong>7</strong> werden kann?<br />
Michael Müller: Wenn es auf Berliner<br />
Landesebene eine gute Zusammenarbeit<br />
gibt, heißt das noch längst nicht zwingend,<br />
dass es auch ein Muster für die<br />
Bundesebene ist, weil dort andere Themen<br />
eine Rolle spielen – etwa die Außen-<br />
und Sicherheitspolitik. Umgekehrt<br />
ist es konkreter: Wenn die rot-rot-grüne<br />
Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene<br />
nicht funktioniert, gibt es für die Gespräche<br />
auf Bundesebene vielleicht weniger<br />
Spielraum. Wir wollen uns damit<br />
nicht unter Druck setzen, aber wir wissen,<br />
dass wir unter verschärfter Beobachtung<br />
stehen.<br />
<strong>W+M</strong>: Berlin gilt schon heute als eine der<br />
attraktivsten Metropolen in Europa. Durch<br />
Michael Müller: Wir möchten die gute<br />
Entwicklung am Arbeitsmarkt verstetigen,<br />
Interview: Karsten Hintzmann und<br />
Frank Nehring<br />
Foto: <strong>W+M</strong><br />
WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
Das Luft- und Raumfahrtzentrum im<br />
brandenburgischen Wildau.<br />
LÄNDERREPORT BRANDENBURG | 21<br />
ZAHLEN UND FAKTEN<br />
In der Luftfahrtindustrie der Region arbeiten<br />
gegenwärtig 7.500 Menschen, in der<br />
gesamten luftverkehrsbezogenen Wirtschaft<br />
sogar 17.000.<br />
In der Region gibt es mit mehr als 50<br />
Hochschulen und rund 200 öffentlichen<br />
und privaten Forschungseinrichtungen eines<br />
der dichtesten Forschungsnetzwerke<br />
in Europa.<br />
Foto: WFG Dahme-Spreewald mbH (oben), <strong>W+M</strong> (unten)<br />
Luft- und Raumfahrt<br />
in Wildau<br />
Seit 27 Jahren ist die Luft- und Raumfahrt<br />
im Havelland ansässig. Martin<br />
Gorholt, der Bevollmächtigte des<br />
Landes Brandenburg beim Bund und bis<br />
vor kurzem Staatssekretär für Wissenschaft,<br />
Forschung und Kultur, verwies in<br />
seiner Eröffnungsrede beim Brandenburger<br />
WirtschaftsForum Mitte November<br />
darauf, dass bereits Otto Lilienthal hier<br />
schon Geschichte geschrieben habe. Als<br />
dieser im Sommer 1891 mit einem selbstgebauten<br />
Flugapparat auf einer grasbewachsenen<br />
Sanddüne im Dorf Derwitz bei<br />
Potsdam steht, anläuft und rund 20 Meter<br />
weit durch die Luft gleitet, ahnte wohl niemand,<br />
dass damit das Zeitalter des Menschenflugs<br />
begonnen hat.<br />
Heute ist die Luft- und Raumfahrt wichtiger<br />
Bestandteil im Cluster Verkehr/Mobilität/Logistik<br />
im Rahmen der Gemeinsamen<br />
Innovationsstrategie der Länder Berlin und<br />
Brandenburg, auf die sich beide Länder<br />
im Jahr 2<strong>01</strong>1 verständigt haben. Und das<br />
hat einen guten Grund: Es gibt in der Region<br />
sowohl eine hohe Dichte an wettbewerbsfähigen<br />
Unternehmen als auch herausragende<br />
Wissenschaftseinrichtungen,<br />
die sich dem Thema verschrieben haben<br />
und als Garant für ein hohes wirtschaftliches<br />
Entwicklungspotenzial stehen. Unter<br />
den Unternehmen sind einige große<br />
und bekannte Namen wie Rolls-Royce in<br />
Dahlewitz, MTU in Ludwigsfelde und Lufthansa<br />
Technik in Schönefeld, aber auch<br />
nicht weniger erfolgreiche Unternehmen<br />
wie die AneCom AeroTest GmbH oder die<br />
REINER STEMME Utility Air-Systems<br />
GmbH sowie weitere innovative klein- und<br />
mittelständische Unternehmen. Durch die<br />
enge Zusammenarbeit von Wirtschaft und<br />
Wissenschaft steht die Region bei der Forschung<br />
im Bereich Luft- und Raumfahrt<br />
auch im internationalen Vergleich gut da.<br />
Die Technische Hochschule (TH) Wildau<br />
bildet im Studiengang Luftfahrttechnik/<br />
Luftfahrtlogistik Spezialisten für den Betrieb<br />
von Flugzeugen und Flughäfen sowie<br />
für die Zulieferindustrie aus. An der Brandenburgischen<br />
Technischen<br />
Universität<br />
Cottbus-Senftenberg<br />
hat das Institut für Verkehrstechnik<br />
einen besonderen<br />
Forschungsschwerpunkt<br />
in der<br />
Triebwerkstechnik.<br />
Vom hohen Stellenwert<br />
der Luft- und<br />
Raumfahrt zeugen eine<br />
Reihe herausragender<br />
Beispiele, so Gorholt.<br />
So zählt die Region<br />
zu den Pionieren<br />
in Bezug auf den Bau<br />
von Kleinsatelliten, einer<br />
Nische mit großem<br />
Wachstumspotenzial. Der Bau unbemannter<br />
Flugsysteme erfreut sich zunehmender<br />
Bedeutung in der Forschungswelt<br />
und wie Dr. Reiner Stemme, CEO<br />
von REINER STEMME Utility Air-Systems<br />
GmbH, bestätigte, auch ganz praktischer<br />
Nachfrage. Das Thema Triebwerke<br />
wird sowohl durch den führenden Hersteller<br />
als auch durch Unternehmen wie<br />
Anatom Autotest, das sich international<br />
als Dienstleister in der Gasturbinenindustrie<br />
einen Namen gemacht hat, geprägt.<br />
Auch das Thema Safety & Security, welches<br />
die Luftverkehrswirtschaft aufgrund<br />
der anhaltenden Bedrohung durch Terrorismus<br />
und Kriminalität vor erhebliche Herausforderungen<br />
stellt, ist wichtig in der<br />
Region. Das Forschungsinstitut des European<br />
Aviation Security Center (EASC) hat<br />
das Ziel, ein auf Luftsicherheit spezialisiertes<br />
Forschungs- und Validierungszentrum<br />
am Flugplatz Schönhagen zu etablieren.<br />
<br />
Frank Nehring<br />
Luft- und Raumfahrt-Experten zu Gast beim WirtschaftsForum<br />
Brandenburg (v. l.): Dr. Miloš Stefanović (WirtschaftsForum<br />
Brandenburg), Dr. Edmund Ahlers (AneCom AeroTest GmbH), Prof.<br />
László Ungvari (TH Wildau), Gerhard Janßen (Zentrum für Luft- und<br />
Raumfahrt Schönefelder Kreuz), Staatssekretär Martin Gorholt und<br />
Dr. Reiner Stemme (REINER STEMME Utility-Air-Systems GmbH).<br />
www.WundM.info WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
22 | <strong>W+M</strong> LÄNDERREPORT<br />
Kreuzfahrt-Ritter<br />
aus Hongkong<br />
Die neuen Global-Class-Schiffe können jeweils<br />
über 5.000 Passagiere an Bord nehmen.<br />
Nach jahrelangem Rückenwind im Containerschiff-Boom und<br />
folgender Flaute in der Schifffahrtskrise überrollt die Werftindustrie<br />
in Mecklenburg-Vorpommern seit Kurzem ein Investitions- und<br />
Auftrags-Tsunami. Auslöser ist der asiatische Kreuzfahrt-Anbieter<br />
Genting Hong Kong, der den Schiffbau im Nordosten komplett<br />
umkrempelt. Von Thomas Schwandt<br />
beginn 2<strong>01</strong>6 standen unter anderem 500<br />
Entlassungen zur Debatte. Doch nur wenige<br />
Wochen später ereilte den Schiffbau<br />
in MV eine beinahe schicksalhafte Fügung.<br />
Das asiatische Unternehmen Genting<br />
Hong Kong (GHK) unterbreitete Vitaly<br />
Yusofov ein Kaufangebot und erwarb Anfang<br />
März für rund 230 Millionen Euro die<br />
drei Werften von Nordic Yards.<br />
Zu Beginn des Jahres 2<strong>01</strong>6 stand es<br />
nicht gut um den Schiffbau in Mecklenburg-Vorpommern<br />
(MV). Zwar<br />
hatte sich seit der Insolvenz der P+S-Werften<br />
in Stralsund und Wolgast im Sommer<br />
2<strong>01</strong>2 der Himmel über der Branche wieder<br />
aufgehellt. Die Peene-Werft war von<br />
der Bremer Lürssen-Werft übernommen<br />
worden, die an der Weser vorrangig Marineschiffe<br />
und Großyachten fertigt. Lürssen<br />
setzte beim Zukauf auf die langjährigen<br />
Erfahrungen an der Peene mit dem<br />
Bau von „grauen Schiffen“. Heute produzieren<br />
die circa 300 Werftarbeiter im Osten<br />
von MV in der Marine-Sparte von Lürssen<br />
unter anderem Vorschiffe für Fregatten<br />
und Behördenboote. Die Volkswerft<br />
Stralsund fiel nach zähen Verhandlungen<br />
in den Schoß der Werftengruppe Nordic<br />
Yards, zu der die Standorte Warnemünde<br />
und Wismar gehörten. Der russische<br />
Firmeneigner Vitaly Yusofov spekulierte<br />
darauf, die Schlagkraft von Nordic Yards<br />
mit einer dritten Werft im Bunde zu erhöhen.<br />
Er verfolgte die strategische Vision,<br />
Nordic Yards auf arktistaugliche Spezial-<br />
und Serviceschiffe sowie den Bau von<br />
Konverterplattformen für Offshore-Windparks<br />
auszurichten. Doch die hehren Absichten<br />
zerschellten sehr bald an den harten<br />
Realitäten des Marktes und politischen<br />
Barrieren. Weltweit rückläufige Auftragseingänge<br />
für Schiffsneubauten und Überkapazitäten<br />
im asiatischen Schiffbau erhöhten<br />
den Wettbewerbsdruck enorm.<br />
Der drastische Preisverfall für Rohöl seit<br />
2<strong>01</strong>4 brachte die Offshore-Industrie arg in<br />
die Bredouille, und ein Ende der Russland-<br />
Sanktionen steht weiter in den Sternen.<br />
Seit das französische Unternehmen Alstom<br />
bei Nordic Yards im Februar 2<strong>01</strong>3<br />
die Offshore-Konverterplattform „DolWin<br />
gamma“ in Auftrag gegeben hatte, die im<br />
Frühjahr <strong>2<strong>01</strong>7</strong> abgeliefert werden soll, bemühte<br />
sich die Schiffbaugruppe vergeblich<br />
um neue Order. Die Lage auf den drei<br />
größten Seewerften im Nordosten mit zusammen<br />
1.400 Beschäftigten begann sich<br />
allmählich wieder zuzuspitzen. Zu Jahres-<br />
Bei Genting Hong Kong handelt es sich<br />
um einen Mischkonzern, der vor Jahresfrist<br />
mit Schiffbau nichts zu tun hatte, ergo<br />
über keine Erfahrungen in dieser speziellen<br />
maritimen Produktionssparte verfügte.<br />
Genting Hong Kong ist seit zwei Jahrzehnten<br />
vor allem in der Freizeit-, Hotelund<br />
Kreuzfahrtbranche unterwegs. Aktuell<br />
steuert das Unternehmen einen expansiven<br />
Kurs in der Kreuzschifffahrt. Dieser<br />
Markt wächst in Asien rasant. Legten dort<br />
2<strong>01</strong>5 die Passagierzahlen im Vergleich zu<br />
2<strong>01</strong>4 um 24 Prozent zu, kam es in diesem<br />
Jahr gegenüber dem vorigen Jahr zu einem<br />
exorbitanten Anstieg um 51 Prozent<br />
auf mittlerweile 3,5 Millionen Passagiere.<br />
Ein Volumen, das in Europa vor einem<br />
Jahrzehnt erreicht war und inzwischen in<br />
hiesigen Breiten auf 6,6 Millionen angewachsen<br />
ist. Eine ähnliche Fortune erwartet<br />
GHK in den heimatlichen Gefilden.<br />
Die zu Genting gehörende Star Cruises,<br />
eine klassische Kreuzfahrtreederei, fungierte<br />
jahrelang als Aushängeschild des<br />
Unternehmens. Jetzt fokussiert sich GHK<br />
Foto: MV Werften<br />
WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
MECKLENBURG-VORPOMMERN | 23<br />
Foto: Thomas Schwandt<br />
verstärkt auf den gehobenen Bedarf im<br />
Cruise-Geschäft. Im Frühjahr 2<strong>01</strong>5 übernahmen<br />
die Asiaten komplett die USamerikanische<br />
Crystal Cruises, die im Luxus-Segment<br />
angesiedelt ist. Wenige Zeit<br />
später wurde firmenintern Dream Cruises<br />
aus der Taufe gehoben. Der neue Anbieter<br />
zielt auf zahlungskräftige Premiumkunden.<br />
Den Auftrag zum Bau der ersten zwei<br />
Schiffe der Reederei, der Genting Dream<br />
und der World Dream, erhielt die Meyer-<br />
Werft im niedersächsischen Papenburg.<br />
Die Genting Dream lieferte Meyer im Oktober<br />
dieses Jahres ab, die World Dream<br />
folgt <strong>2<strong>01</strong>7</strong>. Die beiden Kreuzliner können<br />
jeweils 3.300 Passagiere an Bord nehmen.<br />
Die US-Tochter Crystal Cruises verfügt<br />
bisher über lediglich zwei Luxus-Schiffe.<br />
Nach Übernahme der Reederei kündigte<br />
GHK an, die Crystal-Flotte in den nächsten<br />
Jahren massiv aufzustocken. Dazu wurden<br />
die neuen Geschäftssegmente Crystal<br />
River Cruises und Crystal Exclusive Class<br />
Ocean Cruises gegründet. In der zügigen<br />
Umsetzung der Pläne stieß das finanzstarke<br />
Unternehmen GHK jedoch auf ein externes<br />
Problem. Weltweit sind die Werften<br />
an zwei Händen abzuzählen, die in der<br />
Lage sind, große Kreuzfahrtschiffe zu bauen,<br />
die vom Schiffstyp her enorm komplex<br />
und in der Ausstattung sehr anspruchsvoll<br />
sind. Anders als in den konventionellen<br />
Schiffbausparten wie Container- und<br />
Massengutfrachter sind die Werftkapazitäten<br />
für Luxusliner derzeit stark ausgelastet.<br />
Allein die deutsche Meyer-Werft hat<br />
MARITIME INDUSTRIE IN MV<br />
Die maritime Industrie in Mecklenburg-<br />
Vorpommern umfasst die Bereiche<br />
Schiff- und Bootsbau, maritime Zulieferer<br />
sowie Meeres- und Offshore-Technik.<br />
Diesen werden circa 300 Unternehmen<br />
mit rund 10.000 Beschäftigten sowie<br />
einem Umsatz von rund 1,5 Milliarden<br />
Euro zugerechnet. Neben den MV<br />
Werften mit den Standorten Wismar,<br />
Warnemünde und Stralsund gehören<br />
die NEPTUN WERFT in Warnemünde,<br />
die Peene-Werft in Wolgast und Tamsen<br />
Maritim in Rostock zum Schiffbau<br />
im Land, der derzeit rund 2.000 Mitarbeiter<br />
und 230 Azubis beschäftigt.<br />
mehr als 25 große Kreuzfahrtschiffe und<br />
Fähren im Auftragsbuch stehen.<br />
Um die eigenen Expansionspläne nicht zu<br />
gefährden, haben die GHK-Manager die<br />
Flucht nach vorn angetreten. Im September<br />
2<strong>01</strong>5 kaufte sich Genting Hong Kong<br />
zunächst mehrheitlich bei der Lloyd-Werft<br />
in Bremerhaven ein und übernahm schließlich<br />
die traditionsreiche Werft an der Weser<br />
zum Jahreswechsel 2<strong>01</strong>5/16 zu 100 Prozent.<br />
Mehrere große Luxusliner<br />
und Flusskreuzfahrt-Schiffe<br />
sollten für die<br />
Crystal-Gruppe bei Lloyd<br />
neu gebaut werden. Doch<br />
mit der Übernahme von<br />
Nordic Yards zwei Monate<br />
später verwarf der Investor<br />
die Pläne an der Weser<br />
und fokussierte den Aufbau<br />
der konzerneigenen<br />
Neubau-Sparte auf Mecklenburg-Vorpommern.<br />
Aus<br />
Nordic Yards wurde Mitte<br />
dieses Sommers der Verbund<br />
MV Werften. Genting<br />
übernahm alle 1.400 Mitarbeiter<br />
und legte umgehend<br />
eines der ehrgeizigsten und in seinen Dimensionen<br />
bis dato in MV nicht dagewesenen<br />
Investitions- und Auftragspakete auf.<br />
Nach Angaben von Jarmo Laakso, Geschäftsführer<br />
von MV Werften, wird Genting<br />
in die drei Werftstandorte insgesamt<br />
160 Millionen Euro investieren. Zum Beispiel<br />
sind 75 Millionen Euro vorgesehen für<br />
den Bau einer hochmodernen Laser-Hybrid-Schweißanlage<br />
auf dem Werftgelände<br />
in Warnemünde. „Wir wollen MV Werften<br />
zu einem der effizientesten Passagierschiffbaubetriebe<br />
der Welt machen“,<br />
verkündet der aus Finnland stammende<br />
Werftenchef Laakso selbstbewusst. Er<br />
gilt als einer der erfahrensten Manager im<br />
Kreuzfahrtschiffbau. Neben der raschen<br />
technologischen Aufrüstung der Produktionsstätten<br />
sitzt dem Aufbaudirigenten<br />
ein Auftragswust von zehn Passagierschiffen<br />
unterschiedlicher Klasse mit Ablieferungsterminen<br />
in den kommenden fünf<br />
Jahren im Nacken. Die Bestellungen im<br />
Gesamtvolumen von 2,5 Milliarden Euro<br />
sind bereits vertraglich besiegelt worden.<br />
Herausragend unter den geplanten Typen<br />
von Cruise Linern ist die „Global Class“-<br />
Serie. Dabei handelt es sich um 340 Meter<br />
lange Schiffe von 2<strong>01</strong>.000 Bruttoraumzahl<br />
(BRZ) Größe. Sie sind für mehr als<br />
5.000 Passagiere konzipiert und werden<br />
hinsichtlich dieser Kennzahl die größten<br />
bisher in Deutschland gebauten Passagierschiffe<br />
sein. Im zurückliegenden August<br />
sind in Wismar die ersten zwei von vier<br />
Flusskreuzfahrtschiffen für Crystal River<br />
Aktuell wird auf der Warnow-Werft in Warnemünde die<br />
Offshore-Konverterplattform „DolWin gamma“ zu Ende gebaut.<br />
Cruises auf Kiel gelegt worden. Sie sollen<br />
im nächsten Jahr fertiggestellt sein.<br />
Um die Herkulesaufgabe stemmen zu<br />
können, hat MV Werften unlängst eine<br />
Fachkräftekampagne gestartet. „Bis zum<br />
nächsten Frühjahr benötigen wir mindestens<br />
250 qualifizierte neue Mitarbeiter“,<br />
beziffert Laakso den dringenden Bedarf.<br />
Mittelfristig soll die Belegschaft der Schiffbaugruppe<br />
auf 3.100 anwachsen. In der<br />
Metamorphose Mecklenburg-Vorpommerns<br />
zu einem bedeutenden Standort<br />
des Passagierschiffbaus setzt der MV-<br />
Werften-Chef stark auf die maritimen Zulieferer<br />
im Land. Auf die rund 120 Unternehmen<br />
mit insgesamt 5.000 Beschäftigten<br />
rollt im besten Fall eine Auftragsflut<br />
zu, auf die es sich sehr schnell einzustellen<br />
gilt. Thomas Kühmstedt, Vorsitzender<br />
eines Zulieferer-Kooperationsverbandes,<br />
verdeutlicht den zu Beginn 2<strong>01</strong>6 noch ungeahnten<br />
Aufschwung: „In den kommenden<br />
fünf Jahren wird sich das Schiffbauvolumen<br />
in Mecklenburg-Vorpommern verzehnfachen.“<br />
<strong>W+M</strong><br />
www.WundM.info WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
24 | <strong>W+M</strong> LÄNDERREPORT<br />
Von der Rennstrecke zu<br />
rasanten Autohausplänen<br />
Eines von acht Autohäusern von Schubert<br />
Motors: das BMW-Autohaus in Oschersleben.<br />
Selfmade-Unternehmer Torsten Schubert aus Oschersleben<br />
betreibt in Sachsen-Anhalt und Niedersachsen eine erfolgreiche<br />
Kette von BMW-Autohäusern. Nun entsteht in Magdeburg das<br />
„Sahnehäubchen“ mit einem 30 Millionen Euro teuren Fahrzeugzentrum,<br />
das teils schon in Betrieb ging. Nebenher engagiert sich der<br />
Autocross-Europameister auch weiter leidenschaftlich als Entwickler<br />
und Tester für den Motorsport. Von Harald Lachmann<br />
Die erste Autowerkstatt von Torsten<br />
Schubert reicht in das Jahr 1987<br />
zurück. Da war der motorsportverrückte<br />
Fahrzeugmechaniker gerade mal 24<br />
Jahre alt. Schon viele Jahre fuhr der gebürtige<br />
Oscherslebener da bereits Motorsportrennen<br />
– erst mit Enduros und anderen<br />
Crossmaschinen, dann auch auf vier Rädern.<br />
„Anfangs hatte ich nicht einmal ein<br />
eigenes Auto, musste meinen Rennwagen<br />
mit einem geliehenen Pkw zur Rennstrecke<br />
ziehen“, schmunzelt er. Doch frühzeitig<br />
trieben ihn auch schon Ideen um, eigene<br />
Rennfahrzeuge zu bauen. So glich<br />
sein Eigenheim in Oschersleben bald<br />
schon einer Werkstatt, auch wenn er diese<br />
nicht offiziell anmelden durfte. Das passierte<br />
erst nach der Wende, konkret zum<br />
1. April 1990. Sofort wandte er sich<br />
dann auch an BMW – in der Hoffnung,<br />
in Oschersleben nun das erste Autohaus<br />
der sportaffinen Edelmarke eröffnen zu<br />
können. Doch in München zögerte man<br />
noch: Oschersleben schien mit 20.000<br />
Einwohnern zu klein für eine prosperierende<br />
BMW-Niederlassung.<br />
Zwar bot man Torsten Schubert, von dessen<br />
persönlichen Qualitäten man offenbar<br />
überzeugt war, stattdessen an, nach Schönebeck<br />
oder Haldensleben zu gehen und<br />
hier eine BMW-Dependance zu eröffnen.<br />
Doch bodenständig, wie er war, behagte<br />
ihm das nicht. Stattdessen baute er weiter<br />
seine freie Werkstatt aus. Hierfür mietete<br />
er auch eine benachbarte Garage sowie<br />
vis-à-vis Lagerräume. „Irgendwann diente<br />
fast das ganze Eigenheim als Autohaus“,<br />
erinnert er sich lachend. „Der Meister saß<br />
im Wohnzimmer, die Verkäufer im Keller,<br />
in den Kinderzimmern waren Buchhaltung<br />
und Disposition untergebracht – nur das<br />
Schlafzimmer hatte ich noch für mich.“<br />
Und Schubert – auch durch den Motorsport<br />
in der Region bekannt – hatte Erfolg.<br />
Man schätzte seine Qualität, der<br />
Kundenstamm wuchs kontinuierlich, und<br />
schließlich kam auch BMW nicht mehr an<br />
Oschersleben vorbei: Im März 1992 konnte<br />
er die berühmten drei Buchstaben am<br />
Werkstatttor enthüllen. „Eine andere Mar-<br />
Foto: Schubert Motors<br />
WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
SACHSEN-ANHALT | 25<br />
Foto: Schubert Motors<br />
ke wäre für mich nie in Frage gekommen“,<br />
versichert er.<br />
Noch bis August 1996 arbeitete der junge<br />
Unternehmer weiter vom eigenen Wohnhaus<br />
aus, ehe er sein erstes neugebautes<br />
BMW-Autohaus in Oschersleben einweihen<br />
konnte. Schon im November folgte<br />
bereits das zweite am Standort Haldensleben.<br />
Und nebenher fuhr er weiter<br />
Rennen im Autocross, wurde 1999 sogar<br />
Europameister. Es war zugleich ein würdiger<br />
Schlusspunkt seiner Offroad-Laufbahn,<br />
denn inzwischen galt sein Augenmerk<br />
immer stärker seinen Autohäusern.<br />
Und auch hier folgten bald immer neue Erfolge.<br />
So expandierte er etwa 20<strong>01</strong> in den<br />
Westen: Er übernahm in Wolfsburg und<br />
Gifhorn zwei insolvente BMW-Vertragshändler.<br />
„In Wolfsburg-Vorsfelde haben<br />
wir 2005 inzwischen sogar neu gebaut“,<br />
erzählt er.<br />
Aber auch in Sachsen-Anhalt wuchs sein<br />
Betrieb mit den Standortübernahmen in<br />
Bernburg, Halberstadt und Quedlinburg<br />
stetig weiter. 2008 erfolgte dann auch der<br />
Sprung in die Landeshauptstadt Magdeburg,<br />
und mit Burg firmieren inzwischen<br />
Geschäftsführer Torsten Schubert.<br />
acht Autohäuser unter „Schubert Motors“.<br />
Schubert erwarb von einem Vorbesitzer<br />
den BMW-Standort in der Halberstädter<br />
Straße. Dem Vernehmen nach soll<br />
hierbei auch der Mutterkonzern etwas geholfen<br />
haben: Man schien wohl mit dem<br />
bisherigen Absatz nicht zufrieden. Und<br />
man hatte auf den richtigen Mann gesetzt.<br />
Denn in den acht Jahren, die Torsten<br />
Schubert nun das Magdeburger BMW-<br />
Autohaus betreibt, explodierte der Jahresumsatz<br />
– von anfangs zwölf auf nun 34<br />
Millionen Euro.<br />
So stieß der Betrieb bald an seine Grenzen,<br />
zumal Schubert an diesem Standort<br />
räumlich nicht mehr wachsen konnte, die<br />
Kunden aber stets neue Modelle nachfragten.<br />
Spätestens seit er auch die Palette der<br />
BMW-Tochter MINI sowie die elektrischen<br />
BMW-Modelle i3 und i8 in der Ausstellung<br />
platzierte, war für ihn klar: Ich muss<br />
neu bauen.<br />
Zugute kam ihm hierbei, dass er schon<br />
Jahre zuvor am zentrumsnahen Damaschkeplatz<br />
ein Grundstück erworben<br />
hatte. Inzwischen sind hier bereits zehn<br />
Millionen Euro in den über mehrere Etappen<br />
entstehenden<br />
Neubaukomplex<br />
geflossen. Fertig<br />
sind seit 2<strong>01</strong>4 ein<br />
Verkaufssalon für<br />
Motorräder, die<br />
erste 4.000 Quadratmeter<br />
große<br />
Tiefgarage sowie<br />
eine ADAC-Werkstatt.<br />
„Denn wir<br />
sind seit 2008 auch<br />
ADAC-Partner für<br />
Magdeburg, Börde<br />
und Harz“, berichtet<br />
Schubert. Seine<br />
24 Leute allein<br />
in diesem Bereich<br />
sind mit nun schon<br />
17 Schleppfahrzeugen<br />
rund um die<br />
Uhr einsatzbereit.<br />
Im Mai <strong>2<strong>01</strong>7</strong> hofft<br />
er, den nächsten<br />
Bauabschnitt beendet<br />
zu haben. Dann wird ein großer,<br />
moderner Verkaufsbereich für MINI-Modelle<br />
sowie ein Gebrauchtwagenzentrum<br />
eröffnen. Aber auch die nächsten Erweiterungen<br />
sind schon spruchreif. So sollen<br />
bis 2<strong>01</strong>9 weitere separierte Arbeitsräume<br />
für BMW und MINI hinzukommen. „Dann<br />
können wir endlich alle Bereiche unter einem<br />
Dach zusammenführen“, blickt er<br />
hoffnungsvoll nach vorn. Um die 30 Millionen<br />
Euro wird er dann am Magdeburger<br />
Damaschkeplatz investiert haben.<br />
Torsten Schubert ist überzeugt, dass ihm<br />
die momentane Marktentwicklung in die<br />
Hände spielt. Allein in Magdeburg ließen<br />
sich, wenn man es richtig angehe, pro<br />
Jahr rund 400 BMW, je 100 MINI und<br />
Motorräder sowie etwa 500 Gebrauchtwagen<br />
verkaufen, überschlägt er. Die gesamte<br />
Unternehmensgruppe, die heute<br />
jährlich über 100 Millionen Euro umsetzt,<br />
vermarkte sogar 1.200 Neuwagen<br />
und 2.500 gebrauchte Fahrzeuge. Außerdem<br />
wären die vorherigen Investitionen<br />
an den anderen Standorten von Schubert<br />
Motors nun weitestgehend abgeschlossen,<br />
so dass er sich finanziell auf Magdeburg<br />
konzentrieren könne.<br />
Unterm Strich beschäftigt Torsten Schubert<br />
heute 330 Mitarbeiter, davon 290 in<br />
seiner Autohaus-Kette. Die anderen sind<br />
für den ADAC-Service und in einer separaten<br />
Motorsportsparte tätig. Diese befindet<br />
sich weiter in Oschersleben und<br />
ist neben BMW auch für andere Marken<br />
tätig. Doch die Bayern sind dem Unternehmer<br />
auch hier ans Herz gewachsen.<br />
So leiste man gerade viel Entwicklungs-<br />
und Testarbeit für den künftigen<br />
M4 GT4, mit dem BMW ab 2<strong>01</strong>8 einen<br />
Top-Rennwagen für sein Kundensportprogramm<br />
auf dem Markt haben will. „Wir<br />
hatten damit gerade Testfahrten in Südfrankreich<br />
und Portugal und gehen im Januar<br />
zum 24-Stunden-Einsatz nach Dubai“,<br />
verrät Schubert, der in Oschersleben<br />
erst in jüngerer Zeit neue Räumlichkeiten<br />
mit eigener Karbon-Werkstatt und<br />
Modellbau in Betrieb nahm. „Wir wollen<br />
uns so vom klassischen Rennteam zum<br />
Entwicklungs- und Produktionsteam profilieren“,<br />
blickt er auch hier schon weit voraus.<br />
<strong>W+M</strong><br />
www.WundM.info WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
26 | <strong>W+M</strong> LÄNDERREPORT<br />
Cheplapharm mit Firmensitz in Greifswald will seine<br />
Position als Global Player weiter festigen und ausbauen.<br />
Investitionsfreudige<br />
Pharma-Spezialisten aus Vorpommern<br />
Das Pharmaunternehmen Cheplapharm tätigt mit 340 Millionen<br />
Euro die größte privatwirtschaftliche Investition in Mecklenburg-<br />
Vorpommern. Diese Entwicklung zeigt, dass die Region Vorpommern<br />
Unternehmen beste Bedingungen für erfolgreiches Wachstum<br />
bietet. Von Steffen Piechullek<br />
Die Cheplapharm Arzneimittel GmbH<br />
mit Sitz in der Universitäts- und<br />
Hansestadt Greifswald übertrifft<br />
mit einer Investition von circa 340 Millionen<br />
Euro alle privatwirtschaftlichen Rekorde<br />
in Mecklenburg-Vorpommern und<br />
wird damit einer der größten mittelständischen<br />
Pharmabetriebe Deutschlands. Investiert<br />
wurde zum überwiegenden Teil<br />
in die weltweiten Rechte für die etablierten<br />
Marken, wie etwa das Antiadipositum<br />
Xenicalu und den Betablocker Dilatrend.<br />
Seit Anfang des Jahres liefen die Verhandlungen<br />
mit dem Basler Pharmaunternehmen<br />
F. Hoffmann-La Roche Ltd. „Wir<br />
haben schon in der Vergangenheit große<br />
Investitionen verabschiedet, aber diese<br />
Transaktion wird ein entscheidender<br />
und zukunftsweisender Meilenstein unserer<br />
Firmengeschichte werden“, macht<br />
die Geschäftsführung deutlich. Der kleinere<br />
Investitionsteil fließt in den Standortausbau<br />
in Greifswald. Die Geschäftsführung<br />
verkündet hierfür stolz: „Wir erwarten<br />
durch diese Investition einen neuen<br />
Rekordumsatz von 240 Millionen Euro<br />
für das nächste Jahr. Dies bedeutet ein<br />
Wachstum von 108 Prozent und damit<br />
sind wir eines der wachstumsstärksten<br />
mittelständischen Pharmaunternehmen<br />
Deutschlands.“ Auf dem internationalen<br />
Pharmamarkt ist Cheplapharm vor allem<br />
als Nischenanbieter bekannt. Mit einer<br />
ausgerichteten Buy-and-Build-Strategie<br />
generiert Cheplapharm jährlich zweistellige<br />
Wachstumsraten und ist der Newcomer<br />
auf dem mittelständischen deutschen<br />
Pharmasektor.<br />
In der Region Vorpommern sind mit der<br />
Riemser Pharma GmbH und der IDT Biologika<br />
(Riems) GmbH & Co. KG weitere<br />
international erfolgreiche Pharmaunternehmen<br />
ansässig. Riemser Pharma, ein<br />
wachstumsstarkes Unternehmen, das<br />
Spezialpharmazeutika mit hohem medizinischem<br />
Bedarf international vermarktet,<br />
bezog Anfang des Jahres 2<strong>01</strong>6 einen<br />
attraktiven neuen Standort in der Innenstadt<br />
von Greifswald – ein Zeichen der<br />
Verbundenheit mit der Region. IDT Biologika<br />
(Riems) hat sich auf die Herstellung<br />
von Impfstoffen für die Tiergesundheit<br />
spezialisiert, investiert derzeit am Standort<br />
Greifswald-Riems rund zwölf Millionen<br />
Euro in ein neues Laborgebäude. Damit<br />
werden modernste Bedingungen für<br />
die Forschung und die Qualitätskontrolle<br />
geschaffen und der Standort erheblich<br />
gestärkt.<br />
Die Gesundheitsbranche in Vorpommern<br />
hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten<br />
überaus dynamisch entwickelt<br />
und zählt inzwischen zu den wichtigsten<br />
Wirtschaftsfeldern der Region. Etwa<br />
30.000 Beschäftigte arbeiten mittlerweile<br />
in den unterschiedlichen Bereichen von<br />
Forschung über Pflege und Rehabilitation<br />
bis hin zu Wellness – Tendenz steigend.<br />
Der Gesundheits- und Wellness-Sektor<br />
zählt zu den fortschrittlichsten und leistungsfähigsten<br />
in Europa. Eine Vielzahl an<br />
Reha- und Kureinrichtungen sowie Medical-,<br />
Wellness- und Sporthotels mit einem<br />
Foto: Cheplapharm<br />
WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
MECKLENBURG-VORPOMMERN | 27<br />
vielfältigen Angebot moderner und leistungsorientierter<br />
Infrastruktur und hohen<br />
Qualitätsstandards, profitiert von den natürlichen<br />
Gegebenheiten der Region. Es<br />
ist vor allem das maritime Klima, die saubere<br />
Luft und die intakte Natur, vielseitige<br />
und abwechslungsreiche Ausflugsmöglichkeiten<br />
wie die einmaligen Sand- und<br />
Naturstrände sowie Küstenlandschaften<br />
oder die traditionsreichen Seebäder, die<br />
das Land so besonders machen.<br />
Die Universitäten und Fachhochschulen<br />
in der Region bieten spezialisierte Ausbildungsmöglichkeiten<br />
für den wachsenden<br />
Bedarf an qualifizierten Fachkräften<br />
in allen Bereichen der Gesundheitswirtschaft,<br />
Pharmazie und Life Sciences. Das<br />
Medizinstudium an der Universität Greifswald<br />
beispielsweise belegt seit Jahren<br />
Spitzenplätze in bundesweiten Hochschulrankings<br />
und ist bei Studierenden<br />
äußerst begehrt.<br />
Die bereits in Vorpommern ansässigen<br />
Unternehmen der Gesundheits- und<br />
Pharmabranche entwickeln sich sehr erfolgreich.<br />
Für neue Unternehmen aus<br />
diesen Bereichen bietet die Region die<br />
besten Voraussetzungen für eine ebenso<br />
erfolgreiche Unternehmensentwicklung.<br />
<strong>W+M</strong><br />
Ergänzt wird diese Gesundheitsversorgung<br />
durch Spitzenforschung. Schwerpunkte<br />
liegen in den Bereichen Biowissenschaften,<br />
Medizin und Medizintechnik,<br />
Molekularbiologie, Plasmaphysik, Neurowissenschaften<br />
und Onkologie. Hochqualifizierte<br />
Mitarbeiter und ein innovationsfreundliches<br />
Wirtschaftsklima ziehen Unternehmen<br />
der Life Sciences, Biotechnologien<br />
und Gesundheitswirtschaft an.<br />
Foto: Anette Pröber<br />
Sebastian F. Braun ist CEO von Cheplapharm.<br />
Gesund am Meer<br />
auf Deutschlands Sonnendeck<br />
Fotos: TMV/Jens König · Anklam Extrakt | made by WERK3.de<br />
Gesundheitswirtschaft & Life Sciences<br />
Dynamische Entwicklung der Gesundheitsbranche<br />
Modernstes Universitätsklinikum Deutschlands in Greifswald<br />
Hoch qualifizierte Mitarbeiter<br />
Spitzenstandort für Forschung und Entwicklung<br />
Lebensqualität eines beliebten Urlaubslandes<br />
www.invest-in-vorpommern.de
28 | <strong>W+M</strong> LÄNDERREPORT<br />
Wirtschaftsfaktor<br />
Hochwasserschutz<br />
Brandenburg grenzt im Osten an Oder und Neiße, im Südwesten<br />
und im Nordwesten folgt die Landesgrenze dem Lauf der Elbe. Im<br />
Sommer <strong>2<strong>01</strong>7</strong> jährt sich zum 20. Mal das Oderhochwasser, eine<br />
„Jahrhundertflut“, die erstmals nach der Wende gravierende Mängel<br />
beim Hochwasserschutz in Ostdeutschland vor Augen führte. Die<br />
Folgen der Flutereignisse von 1997 an der Oder, von 2002 und 2<strong>01</strong>3<br />
an Elbe, Havel, Stepenitz und Schwarzer Elster zwangen das Land<br />
zu gewaltigen Investitionen – zur Beseitigung der Schäden und zur<br />
Erneuerung der Deiche und Schutzanlagen. Von Tomas Morgenstern<br />
Schäden in Höhe von 300 Millionen<br />
Euro hat die Oderflut im Sommer<br />
1997 in Brandenburg angerichtet. Allein<br />
Industrie und Landwirtschaft erlitten<br />
Verluste von 14 beziehungsweise 16 Millionen<br />
Euro. Nicht zuletzt wegen des Einsatzes<br />
tausender freiwilliger Helfer waren<br />
keine Menschenopfer zu beklagen. Die Reparatur<br />
oder Erneuerung von Hochwasserschutzanlagen,<br />
Straßen und Wegen, die<br />
Beseitigung von Schäden an Abwasseranlagen,<br />
Leitungssystemen, Wohnhäusern,<br />
Gebäuden und Einrichtungen von Firmen<br />
und Agrarbetrieben wurden zu einem Konjunkturprogramm<br />
auch für einheimische Firmen.<br />
Erst 20 Jahre nach der Flut stehen die<br />
letzten Arbeiten zur Ertüchtigung der Deiche<br />
und zur Erweiterung von Polderflächen<br />
(Rückhalteflächen) vor dem Abschluss.<br />
Das Hochwassergeschehen in Brandenburg<br />
wird durch die Flussgebiete von<br />
Oder und Elbe bestimmt. Nach Angaben<br />
des Brandenburger Umweltministeriums<br />
sind davon auf deutscher Seite der Oder<br />
in Ostbrandenburg 34.000 Menschen und<br />
eine Fläche von 87.000 Hektar betroffen,<br />
entlang der Elbe und ihrer Nebenflüsse<br />
26.000 Menschen und 26.300 Hektar.<br />
Zahl und Stärke der Hochwasserereignisse<br />
nehmen infolge des Klimawandels zu.<br />
Das Land schien seine Lektion gelernt zu<br />
haben, als 2002 die Elbe an vielen Orten<br />
Deicherneuerung am Elbe-Radweg nach der Flut von 2<strong>01</strong>3.<br />
über die Ufer trat und verheerende Schäden<br />
vor allem im benachbarten Sachsen<br />
anrichtete. Auch als 2<strong>01</strong>3 an der Elbe erneut<br />
Hochwasseralarm ausgelöst wurde,<br />
war wieder von einer „Jahrhundertflut“<br />
die Rede. Brandenburg blieben zwar Menschenopfer<br />
erspart, doch die Elbeflut zog<br />
Teile der Landkreise Elbe-Elster, Havelland<br />
und Prignitz in Mitleidenschaft. Auf<br />
84 Millionen Euro summierten sich die<br />
Schadensfälle – Brandenburgs Infrastrukturministerin<br />
Kathrin Schneider (SPD) rechnete<br />
zu Jahresbeginn vor, dass die Wiederherstellung<br />
der Deiche, Schöpfwerke,<br />
Polder und Straßen der Gemeinden noch<br />
bis 2<strong>01</strong>8 läuft und 39,1 Millionen Euro kosten<br />
wird. An der Infrastruktur des Landes<br />
entstand ein Schaden von 21,3 Millionen<br />
Euro, die flutbedingten Ernteausfälle in der<br />
Landwirtschaft wurden mit 19,4 Millionen<br />
Euro ausgeglichen. Das Geld stellten unter<br />
anderem der Aufbauhilfefonds von Bund<br />
und Ländern sowie der Europäische Solidaritätsfonds<br />
bereit.<br />
Das Land Brandenburg hat inzwischen<br />
50.526 Hektar als Überschwemmungsgebiete<br />
ausgewiesen, in denen der Bau<br />
von Wohn- und Wirtschaftsgebäuden untersagt<br />
oder streng reglementiert ist. Deiche<br />
und Dämme schützen das Land auf<br />
einer Länge von über 1.300 Kilometern.<br />
Im Zeitraum von 1997 bis Ende 2<strong>01</strong>5 wurden<br />
rund 593 Millionen Euro für Hoch-<br />
Fotos: jurand/fotolia.com (oben), LfU Brandenburg (unten)<br />
WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
BRANDENBURG | 29<br />
Seit 1980 schützt das Karthane-Schöpfwerk bei Wittenberge die<br />
Karthane-Niederung bis hin nach Bad Wilsnack vor Hochwasser.<br />
Foto: M. Großmann/pixelio.de<br />
wasserschutz ausgegeben, mit über 450<br />
Millionen Euro floss der größte Teil in die<br />
Deichsanierung. Deren Schwerpunkte bildeten<br />
die Regionen an Oder (277 Millionen<br />
Euro) und Elbe (135 Millionen Euro). Auch<br />
an kleineren Flüssen wie etwa der Schwarzen<br />
Elster wurden mehr als 40 Millionen<br />
Euro investiert.<br />
Anfang August stellte Brandenburgs Umweltminister<br />
Jörg Vogelsänger (SPD) in<br />
Potsdam die Hochwasserschutzprojekte<br />
des Landes in der Förderperiode 2<strong>01</strong>6 bis<br />
2021 vor. In diesem Zeitraum werden dafür<br />
aus Mitteln der EU, des Bundes und<br />
des Landes weitere insgesamt 424 Millionen<br />
Euro bereitgestellt. Schwerpunkte<br />
seien weitere Deichsanierungen an Oder<br />
und Elbe, so der Minister. Im Schnitt sind<br />
das pro Jahr 30 Millionen Euro für Hochwasserschutz,<br />
Deicherneuerung oder Sanierung<br />
für den Hochwasserschutz bedeutender<br />
Bauwerke (zum Beispiel das Wehr<br />
Hartmannsdorf oder die Schleuse Neubrück),<br />
20 Millionen Euro für Gewässersanierung<br />
und Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie<br />
(Fischaufstiegsanlagen oder<br />
Gewässerrenaturierung), 17 Millionen Euro<br />
für die Stabilisierung des Landschaftswasserhaushaltes<br />
(darunter Schöpfwerke und<br />
Wehre), drei Millionen Euro zur Förderung<br />
der Siedlungswasserwirtschaft (für Kläranlagen<br />
oder die Trinkwasserversorgung).<br />
Zudem beteiligt sich Brandenburg am 2<strong>01</strong>3<br />
von den Umweltministern der Länder beschlossenen<br />
Nationalen Hochwasserschutzprogramm.<br />
Es definiert für die kommenden<br />
zehn Jahre präventive Schutzmaßnahmen<br />
im Gesamtumfang von fünf<br />
Milliarden Euro. Vorrangiges Ziel ist es,<br />
den Flüssen durch Schaffung neuer Polderflächen<br />
mehr Platz zu geben.<br />
In der Uckermark wird 2<strong>01</strong>8 die Deichsanierung<br />
im Unteren Odertal und bei<br />
Schwedt vollendet. Bei Stützkow wird für<br />
4,7 Millionen Euro das Einlaufwerk an der<br />
Oder saniert. In der Innenstadt von Frankfurt<br />
(Oder) sollen ab 2<strong>01</strong>9 mit Mitteln aus<br />
dem EU-geförderten Stadt-Umland-Wettbewerb<br />
Hochwasserschutzmaßnahmen<br />
umgesetzt werden. Weiter südlich, in der<br />
Neuzeller Niederung, wird bis 2<strong>01</strong>9 für<br />
10,6 Millionen Euro die Deichrückverlegung<br />
abgeschlossen.<br />
Hohe Priorität genießt der Hochwasserschutz<br />
an der Elbe, wo bei Mühlberg (Elbe-Elster-Kreis)<br />
der Hauptdeich auf 16,5<br />
Kilometern Länge saniert werden soll. Im<br />
Nordwesten, in der Prignitz, sind Abschnitte<br />
des Elbehauptdeiches bei Sandkrug zu<br />
erneuern – Kosten: 4,3 Millionen Euro.<br />
Durch die Sanierung des Schöpfwerkes<br />
Cumlosen für 4,1 Millionen Euro kann ab<br />
Juli 2<strong>01</strong>8 die Stadt Wittenberge im Hochwasserfall<br />
entlastet werden.<br />
In Wittenberge selbst steht bis <strong>2<strong>01</strong>7</strong> die<br />
Sicherung des Instandhaltungswerkes<br />
der Deutschen Bahn sowie des Industriegebietes<br />
Süd auf dem Plan. Die Kosten<br />
von 2,5 Millionen Euro trägt komplett<br />
der Landeshaushalt. Als Beispiel dafür,<br />
wie auch mittelständische Unternehmen<br />
von diesen Investitionen profitieren, führt<br />
das Brandenburger Agrarministerium die<br />
Firma Becker Umweltdienste im Industriegebiet<br />
Süd an, die durch eine spezielle<br />
Hochwasserschutzwand gesichert wurde.<br />
Für Planung, Vorbereitung und Umsetzung<br />
derartiger Maßnahmen würden<br />
häufig regionale Firmen eingesetzt. „Diese<br />
müssen sich zwar im Vergabewettbewerb<br />
durchsetzen, doch kommen häufig regional<br />
ansässige Firmen zum Zuge“, teilte ein<br />
Sprecher auf Anfrage mit. „Darüber hinaus<br />
werden durch die Hauptauftragnehmer der<br />
Baumaßnahmen, wenn es keine regional<br />
ansässige Firma ist, Nachauftragnehmer<br />
gebunden, die aus der Region stammen.“<br />
Die Arbeiten werden vorrangig an erfahrene<br />
Spezialfirmen vergeben. Doch auch<br />
sie stoßen immer wieder auf unerwartete<br />
Hindernisse. So haben im Sommer<br />
Wildschweine im Nationalpark „Unteres<br />
Odertal“ die Deiche zerwühlt, auch die unter<br />
Schutz stehenden Biber „sabotieren“<br />
den Hochwasserschutz an Elbe und Oder<br />
immer wieder. In der Uckermark musste<br />
Ende Oktober der Beginn der Deichsanierung<br />
am Oderpolder 5/6 zwischen Friedrichsthal<br />
und Gartz gestoppt werden.<br />
Grund ist die starke Belastung der betroffenen<br />
Flächen mit Munition aus dem Zweiten<br />
Weltkrieg. Nach dem Fund von Blindgängern<br />
veranlasste der Kampfmittelbeseitigungsdienst<br />
eine Umplanung. Für den<br />
gesamten Abschnitt wird mit Kosten von<br />
21 Millionen Euro – finanziert mit EU-, Bundes-<br />
und Landesmitteln – gerechnet. Baubeginn<br />
ist nun Ende <strong>2<strong>01</strong>7</strong>. <strong>W+M</strong><br />
www.WundM.info WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
30 | <strong>W+M</strong> LÄNDERREPORT<br />
Sächsische Zulieferer würden gern wieder stärker<br />
mit dem Lada-Werk in Samara kooperieren.<br />
Sächsische Wirtschaft fordert<br />
Ende der Russland-Sanktionen<br />
Keinem ostdeutschen Land setzt das von der EU verhängte Embargo<br />
stärker zu. Die sächsischen Exporte nach Russland halbierten sich<br />
seit 2<strong>01</strong>4. Viele Marktanteile gelten für immer als verloren – trotz<br />
einer Goodwill-Reise von Wirtschaftsminister Martin Dulig im Herbst<br />
in das traditionelle wirtschaftliche Partnerland. Andere Staaten –<br />
selbst die USA – lachen sich ins Fäustchen. Von Harald Lachmann<br />
Akteure, die Sitten und Märkte – und sie<br />
wissen aus eigener Anschauung, welche<br />
sächsischen Maschinen und Anlagen in<br />
den russischen Tiefen heute dringend<br />
einer Modernisierung durch die früheren<br />
Lieferanten bedürfen. So exportierte<br />
seinerzeit allein der VEB Kirow in Leipzig<br />
– aus ihm ging die heutige Kirow Ardelt<br />
GmbH hervor – 5.000 Fahrzeugkräne in<br />
die Sowjetunion.<br />
Es ist erst ein halbes Jahrzehnt her,<br />
dass der wirtschaftliche Austausch<br />
zwischen Sachsen und Russland<br />
sprunghaft angestiegen war und die Zukunft<br />
rosarot leuchtete. Allein zwischen<br />
2<strong>01</strong>0 und 2<strong>01</strong>1 wuchs der Export sächsischer<br />
Produkte nach Russland um 70<br />
Prozent, in den Folgejahren sah es ähnlich<br />
gut aus. Das jährliche Gesamthandelsvolumen<br />
betrug seinerzeit knapp drei Milliarden<br />
Euro, womit Russland Sachsens<br />
fünftwichtigster Handelspartner wurde.<br />
Auf den Riesenmarkt gingen etwa Pkw,<br />
Wohnmobile, Erzeugnisse des Kraftfahrzeugbaus<br />
sowie Werkzeugmaschinen.<br />
Und bei den Importen nach Sachsen rangierte<br />
Russland sogar auf Platz zwei. Als<br />
Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU)<br />
im Oktober 2<strong>01</strong>1 Sankt Petersburg besuchte,<br />
begleiteten ihn nicht weniger als<br />
70 Unternehmer.<br />
Das schien alles nur folgerichtig, denn die<br />
ostdeutschen Länder waren über Jahrzehnte<br />
wirtschaftlich eng mit der früheren<br />
Sowjetunion verbandelt. Viele Wirtschaftsmanager<br />
sprechen hier nach wie<br />
vor ein solides Russisch, sie kennen die<br />
Doch die Sanktionen, die die EU auch auf<br />
Druck der USA 2<strong>01</strong>4 gegen Moskau verhängte,<br />
verursachten einen schmerzhaften<br />
Bruch in dieser Entwicklung. Gerade<br />
Sachsen ist überdurchschnittlich davon<br />
betroffen. Denn mehr als in anderen<br />
ostdeutschen Ländern basiert das Wirtschaftswachstum<br />
der sächsischen Wirtschaft<br />
auf einer hohen Exportstärke – und<br />
damit engen, partnerschaftlichen Beziehungen<br />
zu den Zielländern. Doch nun brachen<br />
die Handelsbilanzen gerade nach<br />
Russland fast über Nacht in zweistelligen<br />
Dimensionen ein. Das Riesenreich rutsch-<br />
Foto: SMWA Sachsen<br />
WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
SACHSEN | 31<br />
te auf Platz 14 der sächsischen Handelspartner<br />
ab. Vor allem der Maschinenbau<br />
leidet nach Aussagen des Wirtschaftsministeriums<br />
darunter, aber auch Fahrzeugbau,<br />
Elektronik und Optik.<br />
Fast noch schlimmer sei, so klagen sächsische<br />
Unternehmer, dass man plötzlich gegenüber<br />
langjährigen russischen Partnern<br />
„als unzuverlässig“ gelte. Dabei habe es<br />
für jene, die in den 1990er-Jahren mit<br />
Neugründungen versucht hatten, in Russland<br />
Absatzmärkte zu gewinnen, oft sehr<br />
lange gebraucht, ehe neue Kontakte geknüpft<br />
waren. Aber nun sei vieles „plötzlich<br />
für die Katz“, klagt ein Elektrounternehmer,<br />
der wie viele gleichfalls Betroffene<br />
nicht seinen Namen nennen will.<br />
Auch die drei sächsischen IHK-Präsidenten<br />
forderten so schon wiederholt eine<br />
Beendigung der Sanktionen und riefen<br />
jüngst erst ihre Landesregierung dazu auf,<br />
eine entsprechende Initiative im Bundesrat<br />
anzuregen. Ziele sollten sowohl die<br />
Rücknahme der Ausfuhrbeschränkungen<br />
als auch die „vollumfängliche Wiederaufnahme<br />
der Finanzierungsmöglichkeiten<br />
für Projekte der mittelständischen Wirtschaft<br />
in Russland“ sein. Denn der erlittene<br />
Schaden für sächsische Unternehmen<br />
seit Einführung der Sanktionen liege inzwischen<br />
im hohen dreistelligen Millionenbereich.<br />
Die sächsischen Exporte nach Russland<br />
hätten sich seit 2<strong>01</strong>4 halbiert.<br />
Auf diese Ironie verweist auch die sächsische<br />
Wirtschaft. Denn während sie Märkte<br />
verliert, lachten sich Länder in Asien,<br />
aber auch Brasilien, die Schweiz und selbst<br />
die USA ins Fäustchen: Sie hätten im Gegenzug<br />
ihre Geschäfte mit Russland um 15<br />
Prozent gesteigert. Sächsische Unternehmer<br />
müssten dagegen dauerhafte Verluste<br />
befürchten, weil Marktanteile in Russland<br />
nun nach China und Übersee gingen.<br />
Vor diesem Hintergrund besuchte Wirtschaftsminister<br />
Martin Dulig (SPD) im<br />
Herbst Russland. Sein erklärtes Ziel lautete<br />
hier, die Sanktionen zu überwinden. Zugleich<br />
verwies er darauf, dass Sachsen als<br />
„einziges Bundesland über die gesamte<br />
Embargo-Zeit hin Kontakt nach Russland<br />
gehalten hat, auch mit politischer Begleitung“.<br />
Immerhin leistet sich der Freistaat<br />
nach wie vor einen offiziellen Russland-<br />
Beauftragten, der sich um eine professionalisierte<br />
Kontaktanbahnung kümmert.<br />
Foto: SMWA Sachsen<br />
Dafür zeigt Sachsens Arbeitgeberpräsident<br />
Dr. Jörg Brückner Flagge: Erst im Oktober<br />
forderte er Kanzlerin Angela Merkel<br />
auf, die Sanktionen zu beenden. Denn gerade<br />
die letzten Monate hätten gezeigt,<br />
dass diese „gegen Russland kein brauchbares<br />
Instrument sind, um diesen schwierigen<br />
Konflikt zu lösen“. Stattdessen hätten<br />
sich nun auch noch die politischen Beziehungen<br />
drastisch verschlechtert. „Wir<br />
brauchen dringend eine Rückkehr zu geordneten<br />
Verhältnissen“, fordert Brückner,<br />
der auch Geschäftsführender Gesellschafter<br />
der KWD Kupplungswerk Dresden<br />
GmbH ist. Denn Wirtschaft lebe von Vertrauen<br />
und dies nehme gerade „nachhaltig<br />
Schaden, wenn wir unseren Partnern<br />
einen Besuch abstatten, um den Kontakt<br />
zu pflegen, aber nicht sagen können, was<br />
an Maßnahmen noch zu erwarten“ sei,<br />
heißt es in Unternehmerkreisen.<br />
Wirtschaftsminister Martin Dulig (2. v. r.) mit Vertretern der russischen Wirtschaft und<br />
Forschung in der Universität Samara.<br />
Im Grunde läuft die Wirtschaft damit bei<br />
Tillich – auch er spricht fließend russisch<br />
– offene Türen ein. Denn auch der Dresdener<br />
Regierungschef hinterfragte bereits<br />
mehrfach das Vorgehen der EU. So<br />
moniert er, dass zwar „bestimmte Exporte<br />
von Maschinen und Anlagen unter<br />
die Sanktionen fallen, die Europäer und<br />
auch Deutschland jedoch Erdgas und Erdöl<br />
aus Russland importieren“. Immerhin<br />
seien von den Sanktionen vor allem kleine<br />
und mittelständische Firmen aus Ostdeutschland<br />
betroffen. Schon deshalb<br />
gebe es hier „eine ganz andere Sensibilität<br />
dafür“. Zudem konstatierte er, dass nun<br />
ausgerechnet US-Firmen das Geschäft<br />
europäischer Unternehmen in Russland<br />
übernähmen.<br />
Einer der Unternehmer, der den Minister<br />
etwa in die Region Samara begleitete,<br />
war Hans-Günter Piegert, Vertriebsleiter<br />
der Dresdner Traditionsfirma Mikromat.<br />
Vor den Sanktionen hatte deren Geschäft<br />
mit Präzisionswerkzeugmaschinen<br />
nach Russland etwa die Hälfte des gesamten<br />
Exports ausgemacht, doch nun war er<br />
auf inzwischen ein Fünftel geschrumpft.<br />
So habe er bei der Tour, zu der noch 40<br />
weitere sächsische Unternehmer den Minister<br />
begleiteten, den teils langjährigen<br />
russischen Partnern „zeigen wollen, dass<br />
wir willens sind“, so Piegert. Ob es nützte,<br />
wird abzuwarten sein. <strong>W+M</strong><br />
www.WundM.info WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
32 | <strong>W+M</strong> LÄNDERREPORT<br />
Bald soll es schnelles Internet in der Altmark geben.<br />
Breitband für die Altmark<br />
Schnelles Internet entwickelt sich zu einem zunehmend wichtigen<br />
Standortfaktor in Ostdeutschland. Doch der Breitbandausbau<br />
stockt vor allem in ländlichen Regionen – sehr zum Leidwesen<br />
des Mittelstands. In der Altmark soll mit vereinten Kräften Abhilfe<br />
geschaffen werden. Von Matthias Salm<br />
Dass Deutschland im Internet auf<br />
der Überholspur surft, lässt sich<br />
wahrlich nicht behaupten. In der<br />
Hitliste der Staaten mit dem schnellsten<br />
Internetzugang führt Südkorea mit<br />
durchschnittlichen 29 Megabit pro Sekunde<br />
(Mbit/s), gefolgt von den skandinavischen<br />
Ländern Norwegen und Schweden.<br />
Deutschland (13,9 Mbit/s) hingegen<br />
bewegt sich vergleichsweise gemächlich<br />
durch das weltweite Netz und belegt im<br />
Nationen-Ranking nur Platz 25 (Quelle:<br />
Statista/Akamai, 2<strong>01</strong>6).<br />
Bis 2<strong>01</strong>8, so sehen es die Pläne der Bundesregierung<br />
vor, sollen Deutschlands<br />
Haushalte mit Hochleistungsnetzen mit<br />
mindestens 50 Megabit pro Sekunde versorgt<br />
werden. 2,7 Milliarden Euro stehen<br />
DIE DNS:NET INTERNET SERVICE GMBH<br />
Das Brandenburg-Berliner Telekommunikationsunternehmen<br />
wurde 1998 gegründet<br />
und gehört zu den Full-Service<br />
Netzbetreibern in Deutschland. Das Unternehmen<br />
investiert seit 2007 bundesweit<br />
in den Infrastrukturausbau in Städten<br />
und im ländlichen Raum.<br />
ZWECKVERBAND BREITBAND<br />
ALTMARK (ZBA)<br />
Der Zweckverband Breitband Altmark<br />
wurde 2<strong>01</strong>2 gegründet und ist ein Zusammenschluss<br />
der beiden altmärkischen<br />
Landkreise sowie von 20 Kommunen<br />
(nur Stendal und Salzwedel fehlen).<br />
Als Verband ist er der erste dieser<br />
Art in Sachsen-Anhalt. Sein Ziel ist eine<br />
nachhaltige Infrastruktur zum Breitbandausbau<br />
in der Altmark bis 2<strong>01</strong>9.<br />
für die Ausbaupläne bereit. Vor allem die<br />
bisher unterversorgten ländlichen Regionen<br />
sollen so Anschluss an das digitale<br />
Zeitalter finden. Denn der Breitbandmarkt<br />
versagt bisher im ländlichen Raum.<br />
Aus technologischer Sicht empfiehlt sich<br />
dafür die Verlegung von Glasfaserleitungen<br />
bis ins Haus als die derzeit leistungsstärkste<br />
Anschlussvariante. Sie garantiert<br />
unter anderem gleiche Geschwindigkeiten<br />
beim Hoch- und Runterladen – eine<br />
wichtige infrastrukturelle Voraussetzung<br />
beispielsweise für die Attraktivität von<br />
Gewerbestandorten.<br />
Doch noch ist schnelles Internet gerade<br />
in Ostdeutschland vielfach eine Illusion.<br />
Mitte 2<strong>01</strong>6 fanden sich die Landstriche<br />
zwischen Harz und Oder laut einer Erhebung<br />
des TÜV Rheinland bei der Verfügbarkeit<br />
von mindestens 50 Megabit<br />
pro Sekunde auf den hinteren Plätzen.<br />
Einzige Ausnahme: Berlin. In der Hauptstadt<br />
verfügen bereits 90,2 Prozent der<br />
Haushalte über einen Zugang zu hohen<br />
Internetgeschwindigkeiten. Die ostdeutschen<br />
Flächenländer hinken dagegen im-<br />
Foto: DNS:NET Internet Service GmbH<br />
WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
OSTDEUTSCHLAND | 33<br />
Foto: DNS:NET Internet Service GmbH, Quelle Schaubild: TÜV Rheinland<br />
mer mehr hinterher. Das Schlusslicht bildet<br />
Sachsen-Anhalt. Hier können gerade<br />
mal 44 Prozent der Haushalte schnelles<br />
Internet nutzen (siehe Grafik).<br />
Längst fordern die Arbeitgeber des Landes,<br />
dem Thema höchste Priorität zu<br />
widmen. „Digitalisierung ist der einzige<br />
derzeit erkennbare Schlüssel zur Lösung<br />
vieler spezifischer Probleme unseres<br />
Landes“, erklärt Klemens Gutmann, Präsident<br />
der Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände<br />
Sachsen-Anhalt e. V., und fordert:<br />
„Wir müssen den Digitalisierungsprozess<br />
endlich nutzen, um unser Land fit<br />
für die Zukunft zu machen.“ Das sieht nun<br />
auch die Landesregierung in Magdeburg.<br />
Das Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft<br />
und Digitalisierung des Landes unterstützt<br />
und fördert den FTTH-Ausbau<br />
(FTTH heißt: Glasfaser wird bis ins Haus<br />
verlegt) im Cluster1-Gebiet mit vier Millionen<br />
Euro.<br />
Eine Vorreiterrolle übernimmt dabei die<br />
Altmark. Im Norden von Sachsen-Anhalt<br />
leben auf 4.700 Quadratkilometern<br />
rund 210.000 Menschen und eine mittelständisch<br />
geprägte Wirtschaft nicht<br />
nur ohne Autobahn, sondern bisher auch<br />
ohne Datenautobahn.<br />
Doch nun wandelt sich<br />
die Altmark mit einem<br />
nachhaltigen Breitband-Betreibermodell<br />
deutschlandweit zu einer<br />
der innovativsten<br />
Regionen. Das Modell:<br />
Der kommunale<br />
Zweckverband Breitband<br />
Altmark (ZBA)<br />
stellt als Netzeigentümer<br />
ein flächendeckendes<br />
Breitbandnetz<br />
mit Glasfaserleitungen<br />
direkt bis zum Haus beziehungsweise<br />
Gebäude bereit, der Netzbetreiber<br />
DNS:NET Internet Service GmbH versorgt<br />
als Pächter des Netzes und Technologiedienstleister<br />
die Nutzer.<br />
BREITBANDVERFÜGBARKEIT<br />
Versorgung mit Hochleistungsnetzen mit mehr als 50 Mbit/s in Prozent der Haushalte<br />
Hamburg<br />
Bremen<br />
Berlin<br />
Nordrhein-Westfalen<br />
Schleswig-Holstein<br />
Saarland<br />
Niedersachsen<br />
Baden-Württemberg<br />
Hessen<br />
Rheinland-Pfalz<br />
Bayern<br />
Brandenburg<br />
Mecklenburg-Vorpommern<br />
Thüringen<br />
Sachsen<br />
Sachsen-Anhalt<br />
57,2<br />
52,8<br />
51,8<br />
51,5<br />
43,9<br />
77,4<br />
75,0<br />
73,6<br />
73,0<br />
72,8<br />
72,0<br />
70,8<br />
68,7<br />
Spatenstich für den Breitbandausbau in der Altmark.<br />
94,4<br />
93,6<br />
90,2<br />
Dass gerade die Unternehmen rund um<br />
Salzwedel und Stendal sehnsüchtig auf<br />
schnelles Internet warten, weiß auch Axel<br />
Schulz, stellvertretender Verbandsgeschäftsführer<br />
des ZBA. „Es herrscht massiver<br />
Bedarf“, sagt Schulz und nennt Beispiele:<br />
Planungsbüros, die CAD-Daten zu<br />
versenden haben, oder Arbeitnehmer, die<br />
im Home-Office arbeiten und an Videokonferenzen<br />
des Unternehmens teilnehmen<br />
wollen. Beides erschweren bisher<br />
mangelnde Internetgeschwindigkeiten.<br />
Das Modell eines Zweckverbandes hält<br />
Schulz für vorbildhaft. „Privatwirtschaftlich<br />
wird der Ausbau in dieser Form nicht<br />
stattfinden“, ist er überzeugt. Zudem<br />
kam die gewählte FTTH-Variante eine<br />
Nachhaltigkeit über mehrere Jahrzehnte<br />
gewährleistet. Auch die Kosten können<br />
niedrig gehalten werden. „Wir nutzen<br />
Leitungen, die von anderen Infrastrukturanbietern<br />
bereits verlegt wurden. Dies<br />
spart Kosten und verkürzt vor allem den<br />
Ausbauzeitraum“, betont Schulz. So können<br />
die Einwohner von Arneburg, Gardelegen<br />
oder Tangerhütte nun Bandbreiten<br />
von 150 Mbit/s, 300 Mbit/s und 500<br />
Mbit/s nutzen. Der Rest der Altmark soll<br />
bis 2<strong>01</strong>9 folgen.<br />
Das Projekt stößt in der Region auf breite<br />
Zustimmung. So betont Ulrich Böther,<br />
Vorstandsvorsitzender der Sparkasse<br />
Altmark West: „Die Sparkasse Altmark<br />
West ist vom Konzept des Zweckverbandes<br />
Breitband Altmark überzeugt. Deshalb<br />
begleiten wir das Projekt bereits von<br />
Beginn an beratend und im finanziellen<br />
Bereich.“ Und Andreas Brohm, Bürgermeister<br />
der Einheitsgemeinde Stadt Tangerhütte,<br />
begrüßt den Ausbau ebenfalls:<br />
„Ich freue mich, dass wir das Ziel, ausnahmslos<br />
alle Gemeinden der Einheitsgemeinde<br />
mit Glasfaser und damit zukunftssicherer<br />
Infrastruktur versorgen zu<br />
können, erreicht haben. Glasfaser auf Gigabitniveau<br />
bis ins Haus ist die Zukunftschance<br />
für die Altmark. <strong>W+M</strong><br />
www.WundM.info WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
34 | <strong>W+M</strong> TITEL<br />
Spitzenleistungen<br />
aus Ostdeutschland<br />
Der deutsche Mittelstand dominiert in unzähligen Branchen<br />
den Weltmarkt. Viele der innovativen Tüftler sind im Süden<br />
und Südwesten der Republik beheimatet. Doch auch zwischen<br />
Ostsee und Erzgebirge drängen immer mehr kleine und mittlere<br />
Unternehmen in die internationale Spitze vor. Von Matthias Salm<br />
WORLD<br />
CHAMPION<br />
Die ersten Würstchen in der Dose<br />
kamen aus Halberstadt, die erste<br />
Trommelwaschmaschine aus<br />
Schwarzenberg, der erste Farbfilm aus<br />
Wolfen – historisch gesehen zählten ostdeutsche<br />
Unternehmen oft zu den Innovatoren<br />
der Industriegeschichte und fanden<br />
weltweit Nachahmer. Doch die Vorreiterrolle<br />
mittelständischer Betriebe aus<br />
den industriellen Hochburgen Sachsens<br />
oder Thüringens fiel weitestgehend der<br />
deutschen Teilung nach 1945 zum Opfer.<br />
Heute besteht in der ostdeutschen Wirtschaft<br />
vielerorts immer noch Aufholbedarf,<br />
was Exportquoten und weltweite<br />
Marktanteile betrifft.<br />
Dabei ruht die Stärke der deutschen Wirtschaft<br />
gerade auf dem Erfolg so genannter<br />
„Hidden Champions“. Der Begriff bezeichnet<br />
kleine und mittlere<br />
Unternehmen, die sich in<br />
internationalen Nischenmärkten<br />
zu Bestleistungen<br />
aufgeschwungen haben.<br />
Sie arbeiten meist im Verborgenen,<br />
sind der Öffentlichkeit<br />
wenig bekannt und<br />
treten in der Wirtschaftspresse<br />
oft hinter den<br />
Schlagzeilen über<br />
weltumspannende<br />
Großkonzerne zurück.<br />
Hinzu kommt, dass<br />
viele der besonders<br />
innovativen<br />
Firmen<br />
Deutschlands<br />
ihr Werk in eher „peripheren Regionen<br />
abseits der großen Städte“ verrichten.<br />
So formuliert es das Leipziger Leibniz-Institut<br />
für Länderkunde, das auf Basis<br />
von Daten der Weissman-Gruppe für Familienunternehmen<br />
die regionale Verteilung<br />
deutscher Weltmarktführer ermittelt<br />
hat. Demnach trifft man auf globale Top-<br />
Unternehmen in ländlichen Gebieten in<br />
Oberfranken, im württembergischen Hohenlohe,<br />
im Schwarzwald und im Südosten<br />
der Schwäbischen Alb, aber auch in<br />
Randregionen Thüringens, im Hunsrück<br />
oder im Sauerland. Viele dieser Unternehmen<br />
befinden sich in Familienbesitz<br />
und sind in ihrer Heimatregion stark verankert.<br />
Doch mit den Start-ups der digitalen<br />
Wirtschaft entstehen gegenwärtig auch<br />
in den großstädtischen Zentren neue Global<br />
Player – der Mittelstand von morgen.<br />
Wer letztlich zu den Hidden Champions<br />
zählt, ist eine Frage der Definition. Sei<br />
es, ob ein Unternehmen eine gesamte<br />
Branche dominiert oder nur bei einzelnen<br />
Produkten die Nase vorn hat, ob es<br />
alleiniger Spitzenreiter ist oder etwa zu<br />
den Top drei auf dem Globus zählt – die<br />
Zahlen schwanken denn auch je nach Erhebung<br />
zwischen 1.100 und 1.600 deut-<br />
Die Leipziger Kirow Ardelt GmbH ist führend bei<br />
Schlackentransportern für die Metallurgie.<br />
Fotos: Harald Lachmann (oben, unten), JiSign/fotolia.com (Medaille)<br />
WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
WELTMEISTER | 35<br />
Spitzentechnologie aus Ostdeutschland: Die Firma FAM Magdeburger Förderanlagen<br />
und Baumaschinen GmbH ist Weltchampion bei leistungsfähiger Tagebautechnik.<br />
Foto: Thomas Schwandt<br />
schen Weltmarktführern. Zudem ist nicht<br />
aller Ruhm auch von Dauer – dies mussten<br />
etwa einst führende Unternehmen<br />
der Solarwirtschaft in Sachsen-Anhalt<br />
und Sachsen erfahren. Denn wer neue<br />
Technologien und veränderte Kundenbedürfnisse<br />
verschläft oder neuer Konkurrenz<br />
auf anderen Kontinenten nicht mehr<br />
gewachsen ist, kann die einstige Spitzenstellung<br />
in kürzester Zeit einbüßen.<br />
Innovation bestimmt den Erfolg<br />
Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung<br />
(ZEW) zählte 2<strong>01</strong>5 rund 1.500<br />
Hidden Champions. Ihre gute Marktposition<br />
sei auf ihre starke Innovationsorientierung<br />
zurückzuführen, analysierten die<br />
Mannheimer Forscher. „Über 80 Prozent<br />
der Hidden Champions haben in den zurückliegenden<br />
drei Jahren Produkt- oder<br />
Prozessinnovationen eingeführt. Das sind<br />
zehn Prozent mehr als bei vergleichbaren<br />
Unternehmen ihrer Größe“, heißt es in<br />
der ZEW-Studie. Ihr zufolge sind fast ein<br />
Viertel von ihnen im Maschinenbau tätig,<br />
gefolgt von der Elektronikindustrie (10,5<br />
Prozent). Auch die Medizintechnik, Metallwarenherstellung,<br />
Chemieindustrie, Metallerzeugung<br />
und die Kunststoffverarbeitung<br />
beweisen sich als deutsche Vorzeigebranchen.<br />
Den höchsten Anteil an Hidden<br />
Champions unter allen Unternehmen<br />
einer Branche kann die Pharmaindustrie<br />
mit sieben Prozent für sich beanspruchen.<br />
Wenn auch die Zahlen differieren – Einigkeit<br />
herrscht bei den Experten darin, dass<br />
sich die mittelständischen Exportweltmeister<br />
im Süden und Südwesten der Republik<br />
ballen. Baden-Württemberg und<br />
Bayern wissen die Mehrzahl der deutschen<br />
Spitzenreiter in ihren Landesgrenzen.<br />
Hier produzieren Unternehmen, deren<br />
Geschichte zum Teil bis in die Anfänge<br />
des 20. Jahrhunderts zurückreicht. Allein<br />
dem Hohenlohekreis zwischen Heilbronn<br />
und Schwäbisch Hall werden 18 Weltmarktführer<br />
zugeordnet. Zusammen mit<br />
Nordrhein-Westfalen vereinen die beiden<br />
Südländer drei Viertel aller Weltmarktführer<br />
aus deutschen Landen.<br />
Ostdeutschland schneidet hingegen besser<br />
ab, nimmt man nur Gründungen nach<br />
der Zeitenwende 1989 in die Betrachtung<br />
auf. Das „Lexikon der deutschen Weltmarktführer“<br />
von 2<strong>01</strong>4 rechnet Berlin 28<br />
Weltmarktführer zu, Sachsen 21, Thüringen<br />
elf, Mecklenburg-Vorpommern<br />
fünf und Sachsen-Anhalt vier. Brandenburg<br />
bildet mit drei Weltmarktführern das<br />
Schlusslicht im Ranking.<br />
Zugereiste und Platzhirsche<br />
Die Spitzenpositionen ostdeutscher Unternehmen<br />
speisen sich aus unterschiedlichen<br />
Quellen. Manches Unternehmen<br />
siedelte nach der Wiedervereinigung<br />
Deutschlands in den Osten um – quasi in<br />
historischer Umkehrung der zahlreichen<br />
führenden Mittelständler, die nach 1945 in<br />
den Westen abgewandert waren. Ein Beispiel<br />
ist die LEIPA Georg Leinfelder GmbH<br />
in Schwedt, die ihren Firmensitz aus Bayern<br />
in die Uckermark verlegte und von dort<br />
grafische Papiere auf 100 Prozent Recyclingbasis<br />
in alle Welt exportiert.<br />
Andere Unternehmen haben wiederum<br />
eine über Jahrhunderte währende Tradition<br />
zu neuer Blüte erweckt. Wie die<br />
ORAFOL Europe GmbH, ein Marktführer<br />
für Spezialfolien, der seit 1919 seine Wurzeln<br />
im brandenburgischen Oranienburg<br />
hat und vor 1989 als VEB Spezialfarben<br />
Oranienburg firmierte. Auch die FAM Magdeburger<br />
Förderanlagen und Baumaschinen<br />
GmbH hat sich nach 1990 mit Tagebautechnik,<br />
Verlade- und Hafenbautechnik<br />
als erfolgreiche Treuhandausgründung in<br />
die Weltspitze vorarbeiten können.<br />
Schließlich schafften es auch ostdeutsche<br />
Jungunternehmer in den letzten<br />
Jahren, die weltweite Konkurrenz in die<br />
Schranken zu weisen. In noch jungen<br />
Wirtschaftszweigen wie der Internetwirtschaft<br />
siedeln sie oft in den Großstädten<br />
im Dunstkreis exzellenter Hochschulen.<br />
So haben es etwa in Berlin Unternehmen<br />
wie Delivery Hero oder TradeMachines<br />
im Eiltempo zu weltweiter Präsenz gebracht.<br />
<strong>W+M</strong><br />
www.WundM.info WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
36 | <strong>W+M</strong> TITEL<br />
Schwedter Erfolgsstory: Die LEIPA Georg Leinfelder GmbH<br />
exportiert grafische Papiere auf 100 Prozent Recyclingbasis.<br />
Berlin und Brandenburg:<br />
Welthits aus der Hauptstadtregion<br />
Coole Musik und heiße Pizza – Berliner Unternehmen liegen<br />
weltweit in trendigen Nischen vorn. Aber auch der traditionsreiche<br />
Industriestandort Berlin kann international punkten. Und ebenso<br />
Brandenburg beheimatet Hidden Champions. Von Matthias Salm<br />
Ein Eldorado für Horror- und Actionfans<br />
– wann immer auf der Leinwand<br />
das Blut in Strömen fließt,<br />
stammt es zumeist aus den Lagern der<br />
Kryolan GmbH im Berliner Stadtteil Wedding.<br />
Auf Kryolan-Kunstblut schwören die<br />
Effektemacher in Hollywood ebenso wie<br />
TV-Regisseure und Theatermacher. Seit<br />
mehr als 70 Jahren beliefert das Familienunternehmen<br />
die Film-, Theater- und<br />
Fernsehindustrie. Die riesige Palette von<br />
über 16.000 hochwertigen Make-up-Produkten<br />
wird inzwischen in mehr als 80<br />
Ländern auf allen Kontinenten vertrieben.<br />
Damit sind die Berliner Weltmarktführer<br />
für Kunstblut und Theaterschminke, mit<br />
deren Hilfe sich beispielsweise Johnny<br />
Depp auf der Leinwand in den Piraten<br />
Jack Sparrow verwandelte.<br />
Während sich die Kryolan GmbH ihren<br />
Ruf in Hollywood über Jahrzehnte erarbeitet<br />
hat, schießen im digitalen Zeitalter<br />
Geschäftsmodelle oft im Eiltempo an die<br />
Spitze. So vermeldete das Internet-Unternehmen<br />
Delivery Hero Holding GmbH in<br />
Berlin-Mitte, dass es mit mehr als 83 Millionen<br />
ausgeführten Bestellungen im ersten<br />
Halbjahr 2<strong>01</strong>6 klarer Weltmarktführer<br />
im Bereich von Online-Essensbestellungen<br />
sei. Das 2<strong>01</strong>1 gegründete Unternehmen<br />
ist in Europa, dem Nahen Osten, China<br />
und Südamerika aktiv und befeuert den<br />
weltweiten Trend, Essen über das Web<br />
oder Smartphone-Apps zu bestellen.<br />
Wen es nach der gemeinsam genossenen<br />
Pizza daheim noch mit Freunden in<br />
die angesagten Clubs der Stadt zieht, der<br />
tanzt ebenfalls weltweit nach den Sounds<br />
aus der Hauptstadt. Denn in Berlin wetteifern<br />
gleich zwei Unternehmen um die<br />
Spitze in der Produktion von Musiksoftware.<br />
Die 1996 gegründete Firma Native<br />
Instruments in Kreuzberg sieht sich als<br />
global erfolgreichster Hersteller von Software<br />
und Hardware für computerbasierte<br />
Musikproduktion.<br />
Dank ihrer Software wurden DJs zu Stars<br />
und komponierten bekannte Bands wie<br />
Coldplay Welthits. Aus derselben Keimzelle<br />
erwuchs auch der zweite Marktführer<br />
an der Spree: Die Ableton AG wurde<br />
1999 von ehemaligen Native-Mitarbeitern<br />
gegründet und verdient den Löwenanteil<br />
seiner Umsätze in der Musikproduktion<br />
ebenfalls rund um den Globus.<br />
Digitale Weltmarktführerschaft<br />
Die digitale Weltmarkführerschaft reklamiert<br />
für sich auch das junge Berliner Unternehmen<br />
TradeMachines. Es unterhält<br />
die weltweit größte Metasuchmaschine<br />
für gebrauchte Maschinen – vom Bagger<br />
Foto: LEIPA Georg Leinfelder GmbH<br />
WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
WELTMEISTER | 37<br />
bis zur Flugzeugturbine. Firmengründer<br />
Dr. Heico Koch erkannte frühzeitig das Potenzial<br />
eines Marktes, der weltweit auf<br />
380 Milliarden Dollar geschätzt wird. Mitte<br />
des Jahres waren die Berliner mit 54<br />
länderspezifischen Plattformen in sechs<br />
Sprachen online.<br />
Im benachbarten Brandenburg sind derartige<br />
Erfolgsgeschichten rarer gesät.<br />
Die historisch industriellen Schwerpunkte<br />
Stahl und Energie sowie die Landwirtschaft<br />
boten nur geringe Voraussetzungen<br />
für den Aufstieg mittelständischer Betriebe<br />
an die Weltspitze. In den Ranglisten der<br />
Hidden Champions in Deutschland landet<br />
Brandenburg daher auf hinteren Rängen.<br />
die Produktionskapazitäten<br />
in Oranienburg in diesem<br />
und im nächsten Jahr<br />
kontinuierlich aus.<br />
Das Unternehmen BE Maschinenmesser<br />
GmbH &<br />
Co. KG in Spreenhagen gilt<br />
als führend in der Herstellung<br />
von Maschinenmessern,<br />
Schneidwerkzeugen<br />
und Schneidzubehör für<br />
die Lebensmittelverarbeitung<br />
– insbesondere von<br />
Messern für den gesamten<br />
Fleischverarbeitungsprozess.<br />
Foto: Kryolan<br />
Know-how aus Bayern<br />
Dennoch finden sich auch hier mittelständische<br />
Erfolgsunternehmen – manchmal<br />
importierte wie die LEIPA Georg Leinfelder<br />
GmbH in Schwedt. 1999 hat die ehemals<br />
bayerische Firma ihren Sitz in die<br />
Uckermark verlegt. Die Grundlage ihrer<br />
Geschäftsfelder Papier und Verpackungen<br />
sind nachhaltige und umweltschonende<br />
Produktionsprozesse. Mit einer Produktionskapazität<br />
von 530.000 Jahrestonnen<br />
grafischer Papiere auf 100 Prozent Recyclingbasis<br />
ist die LEIPA Georg Leinfelder<br />
GmbH auf diesem Gebiet Weltmarktführer.<br />
Das Magazinpapier der LEIPA findet<br />
mit einer Exportquote von rund 50 Prozent<br />
Verwendung in Zeitschriften, Kundenmagazinen<br />
oder Werbebeilagen. „Wir exportieren<br />
in über 40 Länder, nicht nur in alle<br />
europäischen Länder, sondern auch tatsächlich<br />
weltweit“, so die Marketing-Leiterin<br />
Marion Krüger. Die Absatzgebiete erstrecken<br />
sich von Nord- und Südamerika<br />
über Afrika und Asien bis nach Australien<br />
– und sogar Neukaledonien.<br />
Auf Expansionskurs segelt auch die<br />
ORAFOL Europe GmbH, die 2<strong>01</strong>5 das erfolgreichste<br />
Jahr in der Firmengeschichte<br />
mit Umsätzen weit über einer halben<br />
Milliarde Euro verbuchen konnte. Drei Produktgruppen<br />
machten das Oranienburger<br />
Unternehmen weltbekannt: Industrieklebebänder,<br />
grafische Produkte und mikroreflektierende<br />
Folien. Der Spezialfolienhersteller<br />
ist auf allen Kontinenten vertreten<br />
und baut seine Konzernzentrale und<br />
Zurück in die Hauptstadt:<br />
Hier agieren nicht nur kreative<br />
Start-ups. Auch die<br />
traditionelle Berliner Industrie<br />
genießt noch Weltruf.<br />
Für sie steht wie kein<br />
zweiter der Name Borsig,<br />
im 19. Jahrhundert zweitgrößter<br />
Dampflokomo ti -<br />
v enproduzent der Welt. Die<br />
heutige Borsig GmbH ist internationaler<br />
Marktführer<br />
für Abhitzesysteme und<br />
Spaltgaskühler im Bereich<br />
der chemischen und petrochemischen<br />
Industrie.<br />
Maschinen und Medizintechnik<br />
Für die Qualität der Berliner Industrie<br />
steht auch die BEKUM Maschinenfabriken<br />
GmbH in Berlin-Mariendorf. Das Unternehmen<br />
setzte Industriestandards bei<br />
Blasmaschinen. Die Produktion nahezu aller<br />
Extrusions-Kunststoffflaschen beruht<br />
heutzutage auf Erfindungen von BEKUM.<br />
Ihre Maschinen kommen in der Automobil-,<br />
Getränke-, Pharma-, Kosmetik- und<br />
Chemieindustrie zum Einsatz. 300 Mitarbeiter<br />
arbeiten für BEKUM in den Werken<br />
in Berlin, Österreich und den USA.<br />
Gut geschminkt mit Kryolan-Produkten.<br />
Ebenfalls weltweit erfolgreich sind Berliner<br />
Mittelständler im Gesundheitssektor:<br />
Die Eckert & Ziegler Gruppe gehört<br />
zu den weltweit größten Herstellern von<br />
radioaktiven Komponenten für medizinische,<br />
wissenschaftliche und messtechnische<br />
Zwecke. Auch die Biotronik SE &<br />
Co. KG aus Neukölln ist in über 100 Ländern<br />
der Welt vertreten – mit innovativen<br />
Produkten wie Herzschrittmachern,<br />
Stents und implantierbaren Defibrillatoren<br />
sowie telemedizinischen Dienstleistungen.<br />
Als Besonderheit im Reigen der Berliner<br />
Weltmarktführer darf sich die Berliner<br />
Seilfabrik GmbH & Co. fühlen. Sie setzt<br />
Maßstäbe bei Spielgeräten aus Seilen,<br />
hält 15 internationale Patente auf innovative<br />
Erfindungen etwa in der Sicherheit<br />
der Spielgeräte. Die Wurzeln der Berliner<br />
Seilfabrik liegen übrigens in einer gänzlich<br />
anderen Branche – in einer 1865 gegründeten<br />
Seilfertigungsstätte für die Berliner<br />
Aufzugsindustrie.<br />
<strong>W+M</strong><br />
www.WundM.info WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
38 | <strong>W+M</strong> TITEL<br />
EEW produziert im Rostocker<br />
Seehafen gigantische Stahlrohre<br />
für Offshore-Windkraftanlagen.<br />
Mecklenburg-Vorpommern:<br />
Spitze in der<br />
Metallverarbeitung<br />
Boom der Windenergie<br />
Mit tonnenschweren Metallkomponenten<br />
gelang es in den zurückliegenden Jahren<br />
auch der Eisengießerei Torgelow GmbH,<br />
auf dem Weltmarkt eine führende Position<br />
einzunehmen. Mit dem Boom der Windenergie<br />
expandierte das traditionsreiche<br />
vorpommersche Unternehmen vor allem<br />
mit der Herstellung von Maschinenträgern,<br />
Turbinengehäusen und Rotornaben<br />
für große Windkraftanlagen. Mit einer breiteren<br />
Produktpalette für den Energiesektor<br />
und Investitionen in moderne Fertigungstechnik<br />
gelang es der Gießerei, eine Flaute<br />
nach der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise<br />
von 2008/09 zu überwinden<br />
und sich auf dem globalen Markt zu behaupten.<br />
In Torgelow werden monatlich<br />
bis zu 8.000 Tonnen Gusseisen „in Form<br />
gebracht“.<br />
Speziell die Offshore-Windenergie beflügelte<br />
den Aufstieg der Rostocker<br />
EEW Special Pipe Constructions GmbH.<br />
Der Großröhrenhersteller siedelte sich<br />
2007/08 im Seehafen Rostock an und produziert<br />
dort Stahlrohre, die als Fundamente<br />
für Windräder auf hoher See verwendet<br />
werden und weltweit zu den größten ihrer<br />
Art zählen. Die gewaltigen Röhren erreichen<br />
Längen bis zu 120 Meter und Durchmesser<br />
bis zu zehn Meter. Über die Kaikante<br />
werden sie direkt auf Spezialschiffe<br />
und Pontons verladen und zu Offshore-<br />
Projekten in ganz Europa transportiert.<br />
Das Beispiel Mecklenburg-Vorpommern zeigt: Auch in strukturschwachen<br />
Regionen kann es gelingen, bis zur Weltspitze vorzustoßen.<br />
Das internationale Geschäft beflügelt hochspezialisierte<br />
Firmen aus Mecklenburg-Vorpommern zu innovativen Spitzenleistungen.<br />
Von Thomas Schwandt<br />
Mit einem Volumen von acht Milliarden<br />
Euro nimmt sich die Exportleistung<br />
Mecklenburg-Vorpommerns<br />
(MV) von 2<strong>01</strong>5 im Jahresvergleich<br />
zu den deutschen Ausfuhren im Gesamtwert<br />
von 1,2 Billionen Euro bescheiden aus.<br />
Auch ist die Zahl der Unternehmen aus dem<br />
Nordosten überschaubar, die in einem vom<br />
„Manager Magazin“ vor einigen Jahren veröffentlichten<br />
Ranking „Deutschlands 1000<br />
Weltmarktführer“ gelistet wurden.<br />
Die MMG Mecklenburger Metallguss GmbH<br />
aus Waren (Müritz) kam dabei auf Platz 660,<br />
die Eisengießerei Torgelow GmbH auf Platz<br />
897. Bei der kleinteiligen Struktur der Wirtschaft<br />
in MV – mehr als 90 Prozent der Unternehmen<br />
sind klein- und mittelständisch<br />
aufgestellt – verwundert das wenig.<br />
Umso bemerkenswerter daher die Leistung<br />
der Unternehmen, die es an die Spitze geschafft<br />
haben: Bei MMG Mecklenburger<br />
Metallguss entstehen die weltgrößten und<br />
effizientesten Schiffspropeller. Im spezialisierten<br />
Unternehmen war Mitte der 90er<br />
frühzeitig erkannt worden, dass „im Schiffbau<br />
die Musik künftig in Fernost spielt“, wie<br />
es MMG-Geschäftsführer Manfred Urban<br />
rückblickend formuliert.<br />
Der maritime Zulieferer verfrachtet die riesigen,<br />
durchschnittlich 75 Tonnen schweren<br />
Schiffsantriebe seither vorrangig nach<br />
Südkorea. 2<strong>01</strong>5 fertigten die 250 Mitarbeiter<br />
insgesamt 150 Propeller.<br />
Unweit des EEW-Werkes verschifft auch<br />
die Liebherr-MCCtec Rostock GmbH ihre<br />
Produkte in alle Welt. Der führende Hersteller<br />
von Hafenmobilkranen stellt seit<br />
2005 maritime Umschlagtechnik im Seehafen<br />
her und verfügt international über<br />
einen Marktanteil von 60 Prozent. Inzwischen<br />
beschäftigt das Rostocker Liebherr-<br />
Werk 1.500 Mitarbeiter. Im vorigen Jahr<br />
brachte das Unternehmen mit dem LHM<br />
800 den weltgrößten Hafenmobilkran auf<br />
den Markt.<br />
Neben den Weltmeistern im metallverarbeitenden<br />
Gewerbe haben es auch einige<br />
Spezialfirmen aus MV in anderen Branchen<br />
geschafft, international ganz vorn dabei<br />
zu sein. So werden von der Schweriner<br />
AIRSENSE Analytics GmbH weltweit gefragte<br />
Gefahrstoffdetektoren hergestellt.<br />
Die Dockweiler AG aus Neustadt-Glewe<br />
liefert hochwertige Edelstahlrohrsysteme<br />
an Kunden in der Halbleiter-, Pharmaund<br />
Solarindustrie sowie der Biotechnologie.<br />
Die in Neubrandenburg ansässige GTA<br />
Geo service GmbH erfasst geografische Daten<br />
aller Art und bietet Komplettlösungen<br />
an, um die Daten zu analysieren und etwa<br />
für 3-D-Simulationen in der Städteplanung<br />
zu verwenden. Zu guter Letzt erfreuen sich<br />
rund um den Globus bei Skippern die Segelund<br />
Motoryachten der Greifswalder Hanse<br />
Yachts AG großer Beliebtheit. Das 1990 in<br />
der Hansestadt gegründete Unternehmen<br />
zählt heute zu den zwei größten Herstellern<br />
hochseetüchtiger Segelyachten. <strong>W+M</strong><br />
Foto: Thomas Schwandt<br />
WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
WELTMEISTER | 39<br />
Die IFA-Rotorion-Gruppe aus Haldensleben<br />
beschäftigt weltweit 2.200 Mitarbeiter.<br />
Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt:<br />
Die unbekannten Giganten<br />
Foto: IFA Rotorion<br />
Sachsen ist ostdeutscher Primus in der Rangliste der Weltmarktführer<br />
aus Ostdeutschland. Aber auch Mittelständler aus<br />
Thüringen und Sachsen-Anhalt dominieren in ihrem Segment die<br />
Weltspitze. Von Harald Lachmann<br />
Bis heute sind es zumeist gewachsene<br />
Familienunternehmen, die<br />
es zur Weltmarktführerschaft bringen.<br />
Doch nur 300 der 4.400 größten<br />
deutschen Firmendynastien sitzen heute<br />
im Osten. Andererseits hält es Gerhard<br />
Heimpold vom Hallenser Leibniz-Institut<br />
für Wirtschaftsforschung (IWH) 25 Jahre<br />
nach der Einheit für zweitrangig, ob ein<br />
Unternehmen aus einer Treuhandfirma,<br />
als Ausgründung einer Universität, als<br />
Wieder- oder komplette Neugründung<br />
entstand. Entscheidender seien ein zukunftsorientiertes<br />
Unternehmenskonzept,<br />
kluges strategisches Agieren sowie Top-<br />
Produkte auf Basis modernster Verfahren.<br />
Sachsen-Anhalt:<br />
Inzwischen breit aufgestellt<br />
Wirklich sichere Statistiken über ostdeutsche<br />
Weltmarktführer gibt es nicht. Denn<br />
zu oft sind sie in sehr schmalen Segmenten<br />
zu Hause, die nur Insider kennen.<br />
Zudem unterliegt auch die hiesige Wirtschaft<br />
in einer globalisierten Welt stetiger<br />
Veränderung. Das beste Beispiel liefert<br />
– leider – Sachsen-Anhalt. Hier entstand<br />
einmal die Hälfte aller deutschen<br />
Solarzellen. So versammelten sich allein<br />
um Bitterfeld mehrere globale Vorreiter.<br />
Doch das Ende ist bekannt.<br />
Mittlerweile ist Sachsen-Anhalt breiter<br />
aufgestellt. Das runde halbe Dutzend<br />
Weltmarktführer des Landes belegt<br />
dies: Die FAM Magdeburger Förderanlagen<br />
und Baumaschinen GmbH hat ihren<br />
Schwerpunkt unter anderem in der<br />
Tagebautechnik, die ebenfalls in Magdeburg<br />
beheimatete LAGOTEC bei Messinstrumenten,<br />
mit denen sich Ablagerungen<br />
in Rohrleitungen und Tanks kontrollieren<br />
lassen, und die EKF-diagnostic<br />
GmbH aus Barleben in einer spezifischen<br />
Medizintechniknische. Ebenfalls in Barleben<br />
entstehen die weltweit führenden<br />
Kernschießmaschinen für Gießereien.<br />
Hersteller ist die Laempe Mössner Sinto<br />
GmbH, die sich auf gießereitechnische<br />
Problemlösungen und Kernanwendungen<br />
mit Schwerpunkten wie Fahrzeugbau,<br />
Berg- und Tagebau sowie Energie- und<br />
Elektrotechnik spezialisiert hat.<br />
Global Player aus Haldensleben<br />
Ein schon stärker bekannter Champion ist<br />
die IFA-Rotorion-Gruppe aus Haldensleben:<br />
Sie beschäftigt weltweit 2.200 Mitarbeiter.<br />
Der Automobilzulieferer, der sich<br />
nach der Wende dank kluger Reprivatisierung<br />
schnell zum Global Player entwickelte,<br />
verkörpert nun auch in Sachsen-<br />
Anhalt jenen Erfolgstypus Familienunternehmen.<br />
Speziell bei Längswellen dominiert<br />
man klar die großen Märkte. Alle<br />
wichtigen Autohersteller greifen auf Teile<br />
von IFA Rotorion zurück. 2009 übernahm<br />
die Gruppe auch ein westdeutsches Unternehmen<br />
am Bodensee. Heute setzt<br />
sie jährlich 450 Millionen Euro um – und<br />
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40 | <strong>W+M</strong> TITEL<br />
Die Leipziger Kirow Ardelt GmbH ist Weltmarktführer bei selbst entwickelten und<br />
gefertigten Eisenbahnkranen sowie Schlackentransportern für die Metallurgie.<br />
arbeitet ständig an neuen innovativen<br />
Produkten.<br />
Ein Weltmarktführer ganz anderen Zuschnitts<br />
etablierte sich dagegen in Amsdorf<br />
bei Halle: ROMONTA. Der Spezialist<br />
für Kohlechemie mit einem eigenen<br />
Tagebau ist der weltweit größte Hersteller<br />
von Rohmontanwachs. Der wird für<br />
die Herstellung von Schuhcreme, Bohnerwachs<br />
oder wasserabweisenden Beschichtungen<br />
von Rigipsplatten benötigt.<br />
Weltweit das Spitzenniveau bestimmen<br />
aber auch weitere Unternehmen des Landes<br />
mit, etwa Hanwha Q Cells in Bitterfeld-Wolfen<br />
oder der Maschinenbauer<br />
Doppstadt Calbe GmbH. Der ist auf Umwelt-<br />
und Abfalltechnik spezialisiert, investierte<br />
erst 2<strong>01</strong>5 weiter in seine Produktionskapazität<br />
– und ist so womöglich<br />
auch bald Weltmarktführer.<br />
Sachsen: Der Krösus im Osten<br />
Der Freistaat ist ostdeutscher Primus.<br />
Das belegen auch rund zwei Dutzend<br />
Hidden Champions. Allein 650 Automobilzulieferer<br />
bilden dafür ein innovatives<br />
Potenzial. So führt die AB Elektronik<br />
GmbH aus Klingenberg weltweit in<br />
der Sensortechnik für Abgassysteme, die<br />
FEP Fahrzeugelektrik Pirna GmbH avancierte<br />
zum Weltmeister bei Öldruckschaltern<br />
und Elektronikgehäusen und die Freiberger<br />
ACTech GmbH bei der Entwicklung,<br />
Konstruktion und Fertigung einbaufertiger<br />
Gussteile für Zylinderköpfe oder<br />
Getriebegehäuse.<br />
Doch allein auf Automobile fokussiert<br />
sich die Weltmarktführerschaft sächsischer<br />
Firmen nicht. So gibt die Görlitzer<br />
Sysmex Partec GmbH international den<br />
Ton bei HIV- und AIDS-Immunstatusdiagnostik<br />
an. Die KIESELSTEIN International<br />
GmbH in Chemnitz beliefert über 600<br />
Kunden in 50 Ländern mit Drahtziehanlagen<br />
und Drahtziehschälmaschinen. Die<br />
Novaled GmbH in Dresden dominiert dagegen<br />
den Globus bei organischen LED-<br />
Lösungen. Die ebenfalls in Dresden beheimatete<br />
Theegarten-Pactec GmbH ist<br />
weltweiter Krösus bei Verpackungsmaschinen<br />
für die Süßwarenindustrie, und<br />
die Compound Materials GmbH aus Freiberg<br />
bei Verbindungshalbleitersubstraten<br />
für die Mikro- und Optoelektronik.<br />
Auch die weltweite Nummer eins bei Spezialschmier-<br />
sowie Korrosionsschutzstoffen<br />
sitzt mit der Elaskon Sachsen GmbH<br />
in Dresden. Der Worldchampion für alle<br />
Fragen des Verbindungsschweißens ist<br />
heute die Leipziger Goldschmidt Thermit<br />
GmbH und der Weltmarktführer für gebaute<br />
Nockenwellen die thyssenkrupp<br />
Presta GmbH in Chemnitz. Niemand auf<br />
dem Planeten fertigt zudem mehr Fernbedienungen<br />
für Standheizungen wie die<br />
digades GmbH Zittau – und keiner mehr<br />
Ausrüstungen für industrielle Vakuumprozesse<br />
der Plasma- und Elektronenstrahltechnik<br />
wie die Dresdener Von Ardenne<br />
GmbH. International ohne Beispiel steht<br />
seit Jahren auch die AOA Apparatebau<br />
Gauting GmbH mit ihren Frisch- und Abwassersystemen<br />
für Flugzeuge da. Die<br />
Dresdener betreiben heute eigene Kundendienstzentren<br />
in den USA und Singapur.<br />
Allein in der Elbmetropole arbeiten<br />
übrigens acht Weltmarktführer.<br />
Mundharmonikas aus Klingenthal<br />
Doch sächsischer Unternehmergeist<br />
besetzt noch ganz andere Nischen: So<br />
profilierte sich die Firma C.A. SEYDEL<br />
SÖHNE GmbH aus Klingenthal zum Weltmeister<br />
bei Mundharmonikas mit Messingund<br />
Edelstahlstimmzungen, die Bibliothekseinrichtung<br />
Lenk GmbH aus Schön-<br />
Foto: Harald Lachmann<br />
WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
WELTMEISTER | 41<br />
heide/Vogtland führt international bei Spezialeinrichtungen<br />
für Büchereien und die<br />
Firma MÜHLE im erzgebirgischen Stützengrün<br />
bei Rasierpinseln für die hochwertige<br />
Nassrasur.<br />
Womöglich einen neuen Rekord im<br />
Kampf um die Weltspitze stellten jüngst<br />
die Chemnitzer Elektronikentwickler der<br />
EmployeeApp GmbH (c/o Staffbase) auf.<br />
Denn gerade 20 Monate am Markt, führt<br />
das Start-up vom Kaßberg bereits diese<br />
Nische an und eröffnete jüngst ein Büro<br />
in New York. Und dass es zuweilen auch<br />
Weltmarktführer aus DDR-Zeiten schafften,<br />
nach 1990 durchzustarten, beweist in<br />
Leipzig die Kirow Ardelt GmbH: Nun bestimmt<br />
sie nicht nur bei Eisenbahnkranen<br />
weltweit die Standards, sondern auch bei<br />
Schlackentransportern für die Metallurgie.<br />
Thüringen: Stark am Markt<br />
Wie sehr die Welt auch Thüringer Innovationen<br />
wahrnimmt, belegt das Tun von<br />
Markenpiraten. Gleich zwei Weltmarktführer<br />
aus dem kleinen Geschwenda<br />
bei Ilmenau erwehren sich derzeit Plagiatsangriffen:<br />
die Geratherm Medical<br />
AG, die quecksilberfreie Thermometer<br />
entwickelt und baut, sowie die Kunststoff-<br />
und Holzverarbeitungswerk GmbH<br />
(KHW), ein Experte für Kunststoffschlitten<br />
in preisgekröntem Design. Aber auch<br />
der Jenaer Optikriese JENOPTIK, Weltmarktführer<br />
bei Verkehrssicherheitstechnik,<br />
kann hiervon ein Lied singen.<br />
Gut ein Dutzend Thüringer Unternehmen<br />
dominierten in ihrem Segment die Weltspitze.<br />
Das Land unterstützt dies aktiv<br />
über das Projekt „Stark am Markt“. In<br />
dessen Rahmen identifizierte man sogar<br />
94 Unternehmen, die in ihrem Segment<br />
welt- oder zumindest europaweit zu den<br />
Umsatz- oder Innovationsspitzenreitern<br />
zählen – von der Analytik Jena AG (Analysenmesstechnik)<br />
oder der Carl Zeiss<br />
Jena GmbH (Optik) bis zu echten Hidden<br />
Champions wie der Häcker Automation<br />
GmbH, einem Spezialisten für Mikrosystemtechnik<br />
aus Waltershausen, oder<br />
der Rudolstädter smartfiber AG. Sie entwickelt<br />
und produziert Hightech-Fasern.<br />
Jena nicht nur Optik-Hochburg<br />
Unbestrittene Weltmarktführer sind<br />
die beiden Jenaer Medizintechnikunternehmen<br />
Asclepion Laser Technologies<br />
GmbH sowie Carl Zeiss Meditec AG. Für<br />
die Potenzen des Standortes sprechen<br />
aber auch die GÖPEL electronic GmbH,<br />
die in Jena optische Mess- und Testgeräte<br />
für die Elektrotechnik entwickelt und<br />
fertigt, sowie die Jena-Optronik GmbH:<br />
Sie gehört zu den weltweiten Spitzenadressen<br />
im optischen Instrumentenbau<br />
für Weltraumanwendungen.<br />
Ebenfalls im Osten Thüringens beheimatet<br />
sind daneben die auf innovative Lösungen<br />
bei medizinischen Hilfsmitteln<br />
geeichte Bauerfeind AG aus Zeulenroda<br />
und die Docter ® Optics GmbH aus Neustadt<br />
an der Orla – ein weltweiter Vorreiter<br />
für Qualitäts- und Sportoptik, Zielfernrohre,<br />
Spektive und Rotpunktvisiere.<br />
Aber auch die anderen Regionen des<br />
Freistaats mischen international erfolgreich<br />
mit. Der Maschinenbauer Maximator<br />
GmbH in Nordhausen ist Weltmarktführer<br />
bei Systemlösungen für<br />
Hochdruck- und Prüftechnik, Hydraulik<br />
und Pneumatik, der Automobilzulieferer<br />
MITEC Automotive AG aus Eisenach bei<br />
Massenausgleichssystemen und Komponenten<br />
der Allradgetriebetechnologie<br />
und die WAGO Kontakttechnik GmbH<br />
aus Sondershausen im Bereich der Federklemmtechnik.<br />
Foto: GRAFE<br />
Weil sie in Thüringen bessere Entwicklungschancen vorfanden als daheim im Sauerland,<br />
gründeten Matthias Grafe (2. v. r.) und seine drei Brüder Clemens, Michael und Christian ihre<br />
Firma für Masterbatches 1991 in Blankenhain bei Weimar.<br />
Weltweite Trends setzt auch die GRAFE<br />
Advanced Polymers GmbH in Blankenhain<br />
mit ihren Farbgranulaten und Kunststoffadditiven<br />
für bestimmte Farb- und<br />
Lackmischungen, etwa in der Autoindustrie.<br />
Und die GBneuhaus GmbH aus<br />
Neuhaus am Rennweg mauserte sich inzwischen<br />
zum weltweit führenden Beschichter<br />
von Lampenkolben, etwa für<br />
Autoscheinwerfer, aber auch in der Veredelung<br />
von Keramik, Kunststoffen und<br />
Metallen.<br />
<strong>W+M</strong><br />
www.WundM.info WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
42 | <strong>W+M</strong> TITEL WELTMEISTER<br />
RAGNITZ ANALYSIERT<br />
Warum Firmen aus<br />
Ostdeutschland<br />
ganz vorne mitmischen<br />
WORLD<br />
CHAMPION<br />
Auch wenn Ostdeutschland gemeinhin<br />
als eine strukturschwache<br />
Region wahrgenommen wird,<br />
gibt es auch hier eine ganze Reihe von<br />
Unternehmen, die in ihren spezifischen<br />
Märkten ganz vorne mitmischen. So listet<br />
eine Untersuchung der Universität<br />
Rostock aus dem Jahr 2<strong>01</strong>3 immerhin<br />
77 Unternehmen auf, die man als „Hidden<br />
Champions“ interpretieren kann –<br />
von denen die meisten allerdings einer<br />
breiten Öffentlichkeit gänzlich unbekannt<br />
Prof. Dr. Joachim Ragnitz<br />
ist Stellvertretender Leiter<br />
des ifo-Instituts Dresden.<br />
sein dürften, weil sie sich auf sehr spezifische<br />
Märkte spezialisiert haben und<br />
zumeist als Investitionsgüterproduzenten<br />
oder als Lieferant von Bauteilen für anspruchsvollere<br />
Konsumgüter tätig sind.<br />
Die meisten davon sind in Sachsen ansässig<br />
– aber auch in den übrigen ostdeutschen<br />
Ländern finden sich Unternehmen,<br />
die als Weltmarktführer in ihrem Marktsegment<br />
gelten können. Das relativiert<br />
doch all das Klagen, dass immer wieder<br />
über den Mangel an Wirtschaftskraft in<br />
Ostdeutschland geführt wird.<br />
Was zeichnet diese erfolgreichen Unternehmen<br />
aus? Das Wichtigste ist offenkundig<br />
die langfristige strategische Ausrichtung<br />
und der unbedingte Willen zum<br />
Erfolg. Und das lieber in einem kleinen<br />
überschaubaren Marktsegment, in dem<br />
man seine Mitbewerber und ihre Produkte<br />
genau kennt und deswegen vor Überraschungen<br />
durch unliebsame Konkurrenz<br />
gefeit ist. Auffällig ist zudem, dass kaum<br />
eines dieser Unternehmen versucht hat,<br />
durch Preisführerschaft stark zu werden –<br />
ganz im Gegenteil, der Wettbewerbsvorteil<br />
liegt im Regelfall in technologischer<br />
Exzellenz und herausragender Angebotsqualität,<br />
für die auch entsprechend hohe<br />
Preise verlangt werden können. Gleichzeitig<br />
kann ein technologischer Vorsprung<br />
auch mittel- oder gar langfristig die Marktführerschaft<br />
sichern, denn Technologieführerschaft<br />
beruht ja in der Regel auch<br />
auf Wissensvorsprüngen der Mitarbeiter,<br />
die durch potenzielle oder tatsächliche<br />
Wettbewerber nicht unmittelbar aufgeholt<br />
werden können. Dass dies wiederum<br />
auch den Beschäftigten selber zugute<br />
kommt – durch höhere Sicherheit ihrer Arbeitsplätze,<br />
durch höhere Löhne – ist dabei<br />
zwar nur ein Nebeneffekt, aber gerade<br />
in Ostdeutschland auch besonders bedeutsam,<br />
zumal hiervon positive Effekte<br />
auch auf die Kaufkraft und damit auf die<br />
regionale Nachfrage ausgehen.<br />
Weltmarktführerschaft kommt insoweit<br />
nicht von allein, sondern bedarf unternehmerischer<br />
Klugheit, Aktivitäten in Forschung<br />
und Entwicklung, gut ausgebildeter<br />
Fachkräfte und manch anderem mehr.<br />
Zudem ist Weltmarktführerschaft eben nur<br />
erreichbar, wenn man tatsächlich auch den<br />
Weltmarkt beliefert und sich nicht allein auf<br />
die regionalen Heimatmärkte beschränkt.<br />
Dass man damit auch in Ostdeutschland<br />
Erfolg haben kann, ist erwiesen – nur leider<br />
reichte bislang die Zeit (26 Jahre seit der<br />
Vereinigung) nicht aus, dass noch mehr Unternehmen<br />
sich an die Spitze haben hervorarbeiten<br />
können. Deswegen besteht durchaus<br />
Hoffnung, dass in den nächsten Jahren<br />
noch mehr Unternehmen zu solchen<br />
Hidden Champions werden können, vor allem<br />
in solchen Märkten, die durch hohe<br />
wissenschaftlich-technische Dynamik gekennzeichnet<br />
sind. Es ist zwar nicht zu erwarten,<br />
dass diese Unternehmen dann<br />
stark wachsen und so zur Überwindung<br />
der Kleinteiligkeit der ostdeutschen Wirtschaft<br />
beitragen können, denn enge Märkte<br />
sind ja gerade dadurch gekennzeichnet,<br />
dass die Expansionschancen beschränkt<br />
sind. Aber unternehmerisches Wachstum<br />
ist ja auch nicht unbedingt ein Ziel an sich;<br />
viel wichtiger ist es, dass Ostdeutschland<br />
auf diese Art und Weise zeigen kann, dass<br />
es das Potenzial zum „Weltmeister“ besitzt.<br />
Das wäre dann doch auch schon etwas!<br />
<strong>W+M</strong><br />
Fotos: JiSign/fotolia.com (oben), ifo Dresden (unten)<br />
WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
ZUKUNFT OST<br />
<strong>W+M</strong> POLITIK | 43<br />
Von zahlreichen Medienvertretern umringt: Vizekanzler<br />
Sigmar Gabriel bei seinem Auftritt in Bad Saarow.<br />
Erstes Ostdeutsches Wirtschaftsforum in Bad Saarow<br />
Aufbruch in die Zukunft<br />
Fotos: <strong>W+M</strong>/Ralf Succo (oben), <strong>W+M</strong> (unten)<br />
Der idyllisch am Scharmützelsee gelegene Ort Bad Saarow war<br />
Gastgeber des ersten Ostdeutschen Wirtschaftsforums (OWF).<br />
An dem Gipfeltreffen von Spitzenvertretern aus Politik, Wirtschaft<br />
und Wissenschaft – im Vorfeld auch als „Davos des Ostens“<br />
bezeichnet – nahmen rund 130 geladene Gäste teil. Allen voran<br />
Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD),<br />
Bundesforschungsministerin Prof. Dr. Johanna Wanka (CDU), die<br />
Ostbeauftragte der Bundesregierung Iris Gleicke (SPD), sowie<br />
die ostdeutschen Landesväter Dr. Dietmar Woidke (SPD), Dr.<br />
Reiner Haseloff (CDU) und Michael Müller (SPD). Sie alle brachten<br />
Botschaften mit, die dank der großen Medienresonanz in ganz<br />
Deutschland Verbreitung fanden. Von Katrin Kleeberg<br />
„Es ist dringend an der Zeit, über die Zukunft<br />
Ostdeutschlands zu reden", sagte<br />
Frank Nehring, Herausgeber des Magazins<br />
WIRTSCHAFT+MARKT und Initiator<br />
des OWF, bei der Eröffnung des Ostdeutschen<br />
Wirtschaftsforums. Wie wichtig dieser<br />
Diskurs tatsächlich ist, machte Prof. Dr.<br />
Joachim Ragnitz vom Dresdener ifo Institut<br />
deutlich: „Der Aufholprozess der neuen<br />
Länder gegenüber den alten Bundesländern<br />
stagniert seit rund 15 Jahren, zwischen<br />
dem Bruttoinlandsprodukt Ost und<br />
West klafft eine Lücke von rund 30 Prozent,<br />
ähnlich bei der Produktivität. Wirtschaftswachstum<br />
findet – bis auf wenige Ausnahmen<br />
– kaum mehr statt, viele<br />
der ostdeutschen kleinen<br />
und mittelständischen<br />
Unternehmen (KMU)<br />
sind hoch spezialisiert<br />
und somit in<br />
ihren Markt-Expansionsmöglichkeiten<br />
eingeschränkt. Aufgrund<br />
der demografischen<br />
Entwicklung<br />
im Osten Deutschlands<br />
und der Abwanderung junger<br />
Leute fehlt es hier an Eliten, die den<br />
Aufschwung tragen könnten.“ Hochschulen<br />
bilden trotz aller Exzellenz, so Ragnitz,<br />
am Bedarf der Wirtschaft vorbei aus – ähnlich<br />
verhalte es sich mit der Forschung. Die<br />
traditionelle, auf Investorengewinnung ausgerichtete,<br />
Wirtschaftsförderung sei ausgereizt<br />
und brauche dringend eine Neuorientierung<br />
hin zur Innovationsförderung.<br />
Und als wäre das nicht schon genug,<br />
kommt auch noch einer der wohl umfassendsten<br />
Umbrüche seit der industriellen<br />
Revolution vor gut 200 Jahren auf uns zu:<br />
die Digitalisierung. „Die Digitalisierung wird<br />
Märkte und Unternehmen nicht nur verändern,<br />
sondern von Grund auf neu definieren",<br />
prognostizierte Dr. Jens-Uwe Meyer,<br />
Geschäftsführer der Innolytics<br />
GmbH. Nach seiner Einschätzung<br />
wird es zu einer „Kompetenzdigitalisierung"<br />
kommen.<br />
Das bedeutet: Dinge,<br />
die bislang von Menschen<br />
erledigt wurden,<br />
OWF-Initiator und <strong>W+M</strong>-<br />
Herausgeber Frank Nehring.<br />
www.WundM.info WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
44 | <strong>W+M</strong> POLITIK<br />
werden künftig von Maschinen ausgeführt.<br />
Studien führender Wirtschaftsforschungsinstitute<br />
sagen einen damit einhergehenden<br />
Abbau von bis zu 40 Prozent der klassischen<br />
Industrie- und Dienstleistungsarbeitsplätze<br />
voraus.<br />
Düstere Aussichten für die ostdeutsche<br />
Wirtschaft – so mag man meinen. Aber die<br />
nüchterne beziehungsweise auch ernüchternde<br />
Analyse der derzeitigen Situation<br />
birgt auch Chancen: Chancen auf richtiges<br />
und rechtzeitiges Reagieren, auf Weichenstellen<br />
in Richtung Zukunft. Diese findet,<br />
zumindest bei der Schaffung der entsprechenden<br />
Rahmenbedingungen, in der Politik<br />
der Länder und des Bundes statt. Und<br />
so machte es Hoffnung, dass sich Bundeswirtschaftsminister<br />
Sigmar Gabriel auf dem<br />
Ostdeutschen Wirtschaftsforum klar zu einer<br />
Weiterführung der Förderung von Regionalentwicklung<br />
in den ostdeutschen Bundesländern<br />
über das Jahr 2<strong>01</strong>9 hinaus bekannte.<br />
Nach seinen Worten fließen derzeit<br />
rund 80 Prozent der vom Bund für die<br />
Regionalentwicklung bereitgestellten Mittel<br />
nach Ostdeutschland. Und die Bedeutung<br />
der Regionalentwicklung werde künftig<br />
noch weiter steigen: „Preiswertes Wohnen,<br />
schnelles Internet und eine vielfältige<br />
Kulturlandschaft sind die beste Werbung,<br />
um junge Leute in die Region zu holen", sagte<br />
Ga briel. Deshalb halte der Bund an der<br />
Regionalförderung fest. Doch gut ausgebildete<br />
Fachkräfte schauen auch auf ihre Entlohnungschancen.<br />
„Es war sicher ein Fehler,<br />
Ostdeutschland zu einer Spielwiese für<br />
Rund 130 hochrangige Vertreter aus Politik, Wirtschaft und<br />
Wissenschaft nahmen am OWF teil.<br />
Ministerpräsidenten beim Ostdeutschen Wirtschaftsforum: Reiner Haseloff, Michael Müller und<br />
Dietmar Woidke (v. l.).<br />
Niedriglöhne zu machen", räumte der Wirtschaftsminister<br />
ein und mahnte eine rasche<br />
Rückkehr zu Tariflöhnen an. Er könne sich<br />
zudem – nach dem Beispiel der „Gemeinschaftsaufgabe<br />
Aufbau Ost" – eine „Gemeinschaftsaufgabe<br />
demografischer Wandel"<br />
vorstellen. „Auch das ist eine Art der<br />
Wirtschaftsförderung", sagte er. Denn so,<br />
wie sie jetzt laufe, bremse die demografische<br />
Entwicklung die Innovationsfähigkeit<br />
der Wirtschaft aus. Um weitere sieben Prozent<br />
wird die Bevölkerung in Ostdeutschland<br />
laut Prognosen bis 2030 schrumpfen.<br />
Daraus erwachsen laut Gabriel neue Anforderungen<br />
insbesondere an die Wirtschaftsförderung.<br />
„Wir brauchen für unterschiedliche<br />
Regionen unterschiedliche Strategien",<br />
sagte er und mahnte die<br />
Wirtschaftsförderer,<br />
sich mehr auf die Bestandspflege<br />
zu konzentrieren,<br />
„als auf den<br />
einen großen Investor<br />
zu hoffen, der ohnehin<br />
nicht kommt".<br />
Anregungen, wie regionale<br />
Wirtschaftsförderung<br />
gehen kann, gab<br />
es auf dem OWF beispielsweise<br />
aus Berlin<br />
– das sich in den letzten<br />
drei bis vier Jahren<br />
zu einer der am stärksten<br />
wachsenden Regionen<br />
in ganz Deutschland entwickelt hat.<br />
Drei Prozent Wirtschaftswachstum im<br />
Jahr 2<strong>01</strong>5, eine unter zehn Prozent liegende<br />
Arbeitslosenquote und ein Einwohnerzuwachs<br />
von rund 50.000 pro Jahr sprechen<br />
eine klare Sprache. Erreicht wurde dies unter<br />
anderem durch die Konzentration der<br />
Wirtschaftsförderung auf die Start-up-Szene,<br />
wie Andrea Joras, Geschäftsführerin der<br />
Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie<br />
GmbH, berichtete. Dabei wurden und<br />
werden die Vorzüge Berlins bei den sogenannten<br />
weichen Faktoren wie Lebensgefühl,<br />
Wohnen und Freizeit mit einer gründerorientierten<br />
Wirtschaftsförderung verknüpft.<br />
Entstanden ist eine dynamische<br />
Gründerszene, die mit gestandenen Wirtschaftsunternehmen<br />
und den Universitäten<br />
und Forschungseinrichtungen der Bundeshauptstadt<br />
kooperiert. „Das sind die Quellen<br />
für das Wachstum Berlins", sagt Joras.<br />
Kreativität als Wachstumstreiber: Darin<br />
sieht auch Bundesforschungsministerin<br />
Prof. Dr. Johanna Wanka große Chancen<br />
für den Wirtschaftsstandort Deutschland.<br />
Denn obwohl die Bundesrepublik gerade<br />
einmal ein Prozent der Weltbevölkerung<br />
ausmacht, ist Deutschland eine der weltweit<br />
führenden Wirtschaftsnationen. „Das<br />
geht nur durch Kreativität, durch Innovationen",<br />
sagte die Ministerin in Bad Saarow.<br />
Und was für ganz Deutschland gilt, gilt in<br />
ganz besonderem Maße für den Osten des<br />
Landes. In den hier ansässigen KMU steckt<br />
Fotos: <strong>W+M</strong>/Ralf Succo<br />
WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
ZUKUNFT OST<br />
<strong>W+M</strong> POLITIK | 45<br />
Fotos: <strong>W+M</strong>/Ralf Succo<br />
laut Wanka ein großes Innovationspotenzial.<br />
Um dieses zu heben, müssten die Wissenschaftseinrichtungen<br />
in den Ländern „sich<br />
noch mehr als bisher den Bedürfnissen der<br />
KMU öffnen". Aber auch der Bund kenne<br />
seine Verantwortung zum Erschließen des<br />
ostdeutschen Innovationspotenzials, betonte<br />
sie. Bislang seien rund 1,6 Milliarden Euro<br />
in rund 500 Innovationsverbünde in den neuen<br />
Ländern geflossen – und das mit Erfolg.<br />
Und die Palette der Bundesförderung für<br />
KMU und deren Innovationskraft ließe sich<br />
beliebig fortsetzen: Exzellenzclusterförderung,<br />
Förderprogramme für den Mittelstand,<br />
Innovationsforen und vieles mehr.<br />
Der Mittelstand nimmt die Hilfen gern an,<br />
mahnt aber unbürokratischere Verfahren<br />
und noch besser auf die tatsächlichen Bedürfnisse<br />
des Mittelstandes abgestimmte<br />
Programme und Rahmenbedingungen an:<br />
bei der Regelung der Unternehmensnachfolge,<br />
beim Zugang zu Fördermitteln, beim<br />
Breitbandausbau oder bei der Energiewende.<br />
Auch das ist ein Fazit des Ostdeutschen<br />
Wirtschaftsforums.<br />
Da sind neben dem Bund auch die Länder<br />
gefordert. Darüber, wie sie ihre Länder fit<br />
für die Zukunft machen wollen, diskutierten<br />
in Bad Saarow die Ministerpräsidenten der<br />
Länder Brandenburg und Sachsen-Anhalt<br />
Dr. Dietmar Woidke und Dr. Reiner Haseloff,<br />
der Regierende Bürgermeister von Berlin<br />
Michael Müller und der Infrastrukturminister<br />
des Landes Mecklenburg-Vorpommern<br />
Appellierte an die Kreativität der<br />
Unternehmer: Bundesforschungsministerin<br />
Prof. Dr. Johanna Wanka.<br />
Würdigte die Arbeit in den Gründerzentren:<br />
Christian Pegel, Infrastrukturminister in<br />
Mecklenburg-Vorpommern.<br />
Christian Pegel (SPD) im Rahmen einer Podiumsdiskussion.<br />
Ausgehend von einer gemeinsamen<br />
Vergangenheit, „geprägt von<br />
den Jahrzehnten der Isoliertheit" (Haseloff)<br />
und dem gesellschaftlichen wie wirtschaftlichen<br />
Umbruch in den 1990er Jahren, die<br />
den Ostländern „noch in den Knochen stecken"<br />
(Woidke), ringt man gemeinsam um<br />
entsprechende Rahmenbedingungen –<br />
etwa bei der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen.<br />
Und auch, wenn es um die<br />
besten Rezepte zur Stärkung der Wirtschaft<br />
in den Ländern zwischen Kap Arkona und<br />
Fichtelberg geht, gibt es viele Parallelen:<br />
„Cluster bilden die Gründerzentren ab und<br />
drängen sich überall im Osten nahezu auf",<br />
konstatierte Pegel unter Verweis auf die<br />
Tatsache, dass in den Osten (noch) mehr<br />
Fördermittel aus EU und Bund fließen als in<br />
den alten Ländern. Die Landesväter sehen<br />
darin eine Chance für ihre Länder – insbesondere<br />
für die bessere Vernetzung von<br />
Wissenschaft und Forschung, aber auch<br />
für die Wirtschafts- und Regionalentwicklung.<br />
Jedoch wissen sie auch, dass für die<br />
Zukunft selbsttragende Strukturen geschaffen<br />
werden müssen – etwa wenn es darum<br />
geht, den Schritt in das digitale Zeitalter zu<br />
gehen. Dass dies für die Länder wie die Unternehmer<br />
ein Kraftakt werde, darin waren<br />
sich alle einig. Dennoch: Die Mittelständler<br />
in ihren Ländern müssten die Digitalisierung<br />
als Chance begreifen und sie von Beginn<br />
an aktiv mitgestalten, „ansonsten sind sie<br />
weg vom Markt", brachte es der brandenburgische<br />
Ministerpräsident Dietmar Woidke<br />
auf den Punkt.<br />
Darin unterscheidet den Mittelständler<br />
Ost nur wenig vom KMU im Westen des<br />
Landes. Überhaupt: „Der Osten Deutschlands<br />
wird von außen betrachtet als eine<br />
Region wahrgenommen", sagte Berlins<br />
Regierender Bürgermeister Michael Müller.<br />
Eine Aussage, die eine Diskussionsrunde<br />
mit Diplomaten aus Russland, Ungarn,<br />
der Tschechischen und der Slowakischen<br />
Republik bestätigte. Alle verwiesen<br />
auf die sehr guten Wirtschaftsbeziehungen<br />
mit Deutschland – und Ostdeutschland<br />
im Besonderen. Historisch gewachsen,<br />
stehen diese Beziehungen vor neuen<br />
Herausforderungen, die da heißen: Wissens-<br />
und Innovationstransfer sowie Technologiekooperation<br />
und ein breit gefächerter<br />
Erfahrungsaustausch auf Wirtschaftswie<br />
Politikebene.<br />
Forderte Lust auf Wachstum:<br />
Staatssekretärin Iris Gleicke.<br />
Wichtige Impulse dafür hat das Ostdeutsche<br />
Wirtschaftsforum in Bad Saarow gegeben.<br />
Und mehr noch: Es hat, wie die<br />
Ostbeauftragte der Bundesregierung Iris<br />
Gleicke zum Abschluss sagte, „Wachstum<br />
als strategisches Ziel definiert". Nun müsse<br />
es gelingen, dies nicht nur rational zu<br />
begreifen, sondern auch Bauch und Herz<br />
zu erreichen und unter der Unternehmerschaft<br />
„Lust auf Wachstum" zu wecken.<br />
Dazu gebe es allen Grund, denn „wir haben<br />
viel erreicht – und den Rest schaffen<br />
wir auch noch", setzte Gleicke einen<br />
optimistischen Schlusspunkt hinter zwei<br />
Tage voller anregender Diskussionen über<br />
die Zukunft der ostdeutschen Wirtschaft.<br />
<br />
<strong>W+M</strong><br />
www.WundM.info WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
46 | <strong>W+M</strong> POLITIK<br />
Intensive Netzwerkarbeit beim „Davos des Ostens“<br />
Zwei Tage lang diskutierten rund 130<br />
Unternehmer, Spitzenpolitiker und<br />
renommierte Wissenschaftler auf<br />
dem ersten Ostdeutschen Wirtschaftsforum<br />
(OWF) in Bad Saarow über die Zukunft<br />
des Wirtschaftsstandortes Ostdeutschland<br />
(siehe Seiten 43-45). Neben<br />
den Debatten kam bei dem als „Davos<br />
des Ostens“ bezeichneten Gipfeltreffen<br />
auch die Netzwerkarbeit unter den Teilnehmern<br />
nicht zu kurz. Festlicher Höhepunkt<br />
war zweifellos die abendliche<br />
OWF-Gala im A-ROSA-Forum. Die vielen<br />
guten Gespräche wurden von kulinarischen<br />
Genüssen untermalt und durch ein<br />
Mini-Filmfestival aufgelockert. Vorgestellt<br />
wurden Imagefilme aus den neuen Bundesländern<br />
und Berlin. Die Gäste sahen<br />
sich unvermittelt in der Rolle von Filmjuroren.<br />
Sie durften entscheiden, welcher der<br />
Filme sie am ehesten inspirieren würde,<br />
sich in dem betreffenden Bundesland als<br />
Investor zu engagieren. Die magnetischste<br />
Ausstrahlung hatte der Imagefilm aus<br />
Mecklenburg-Vorpommern (Wirtschaftsfördergesellschaft<br />
Invest in MV). In der<br />
zweiten Kategorie wurde das Land gesucht,<br />
das sich am dynamischsten präsentierte.<br />
Zum Sieger nach Punkten avancierte<br />
der Berlin-Film, der mit einer rasanten<br />
Bilder-Rallye aus Historie, Lifestyle<br />
und Start-up-Szene überzeugte.<br />
Andrea Joras, bei der Gala anwesende<br />
Geschäftsführerin der Fördergesellschaft<br />
Berlin Partner, freute sich über den Beifall<br />
im Saal. Thomas Schwandt<br />
<strong>W+M</strong>-Verleger Frank Nehring, die Ministerpräsidenten Dietmar Woidke und Reiner Haseloff<br />
sowie Mecklenburg-Vorpommerns Infrastrukturminister Christian Pegel (v. r.).<br />
Berlins<br />
Regierender<br />
Bürgermeister<br />
Michael Müller<br />
(r.) im Gespräch<br />
mit <strong>W+M</strong>-<br />
Autor Thomas<br />
Schwandt, der<br />
seinen aktuellen<br />
Polit-Thriller<br />
vorstellte.<br />
Fotos: <strong>W+M</strong>/Ralf Succo<br />
Vizekanzler<br />
Sigmar Gabriel<br />
(r.) und <strong>W+M</strong>-<br />
Chefredakteur<br />
Karsten<br />
Hintzmann.<br />
Sponsor BMW<br />
präsentierte auf dem<br />
OWF seine neuesten<br />
Modelle.<br />
WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
ZUKUNFT OST<br />
<strong>W+M</strong> POLITIK | 47<br />
Holger Werner<br />
(Commerzbank)<br />
und Andrea<br />
Joras (Berlin<br />
Partner).<br />
Prof. Dr. Joachim Ragnitz<br />
vom ifo Dresden.<br />
Stark vertreten auf dem OWF: Die Interessengemeinschaft<br />
der Unternehmerverbände Ostdeutschlands.<br />
Prof. Dr. Christoph Meinel, CEO des<br />
Hasso-Plattner-Instituts.<br />
Fotos: <strong>W+M</strong>/Ralf Succo<br />
GTAI-Chef Dr. Benno Bunse.<br />
<strong>W+M</strong>-Verleger Frank Nehring und Sachsen-Anhalts Ministerpräsident<br />
Dr. Reiner Haseloff (r.).<br />
www.WundM.info WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
48 | <strong>W+M</strong> POLITIK<br />
Löst die Digitalisierung das sich zuspitzende<br />
Fachkräfteproblem?<br />
Prof. Dr.-Ing. Sascha Stowasser, Direktor des<br />
Instituts für angewandte Arbeitswissenschaft e. V.<br />
(ifaa) in Düsseldorf<br />
Diana Golze (DIE LINKE), Ministerin für Arbeit,<br />
Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie des Landes<br />
Brandenburg<br />
„Ja”<br />
Die Digitalisierung kann<br />
„Nein”<br />
Die Digitalisierung wird<br />
helfen, das Fachkräfteproblem<br />
zu lösen. Unterneh<br />
für die Fachkräftepro<br />
nicht das „Allheilmittel“<br />
men stehen zunehmend vor der Herausforderung,<br />
mit einer älter werdenden Belegschaft im<br />
technischer, sondern sozialer Innovationen. Der<br />
blematik sein. Deren Lösung bedarf nicht allein<br />
Wettbewerb zu bestehen. Die Konkurrenz um<br />
Mangel an Fachkräften stellt kein ausschließlich<br />
die Fachkräfte wird stärker. Es gilt, Mitarbeitern quantitatives Problem dar, welches mit Robotik<br />
attraktive Arbeitsplätze anzubieten und sie dabei<br />
zu unterstützen, bis ins Rentenalter gesund den könnte. Der Einsatz von Digitalisierungspro<br />
und Automatisierung simpel kompensiert wer<br />
und fit zu bleiben. Hier kann die Digitalisierung zessen hat das Potenzial, leichtere Zugänge in<br />
eine wichtige Stellschraube sein. Sie bietet viele Erwerbsarbeit zu eröffnen, beispielsweise für<br />
Möglichkeiten, Arbeitsplätze so auszugestalten, Menschen mit Behinderung aufgrund neuer Assistenzsysteme.<br />
Zu bedenken ist, dass die quali<br />
dass der Mensch Unterstützung erhält. Zum Beispiel<br />
bei der Mensch-Roboter-Kollaboration: Ein tative Herausforderung der Fachkräftesicherung<br />
Roboter kann hohe Lasten übernehmen oder an durch die Digitalisierung noch verstärkt werden<br />
Stellen arbeiten, wo der Mensch nur schwer herankommt.<br />
Datenbrillen ermöglichen es, neue Ar<br />
zu viele potenzielle Fachkräfte verloren. Sei es<br />
könnte: Bereits heute gehen dem Arbeitsmarkt<br />
beitskräfte schnell in den Job einzuführen. Sie geben<br />
dem Nutzer zur richtigen Zeit, am richtigen möglichkeiten, mangelnden Vereinbarkeitschan<br />
aufgrund fehlender Aus- und Weiterbildungs<br />
Ort die richtige Auswahl an Informationen. Programmiert<br />
für unterschiedliche Sprachen, können aufgrund eines Mangels an „guter Arbeit“. Eine<br />
cen oder eingeschränkter Gesundheit, kurzum:<br />
sie auch helfen, Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt allein dem technisch Machbaren folgende Digitalisierung<br />
könnte die Arbeitsverdichtung und -kon<br />
zu integrieren. Oder sie unterstützen Unternehmen<br />
darin, vorhandene Mitarbeiter zu Fachkräften<br />
auszubilden. Die Digitalisierung verändert die verstärken und den Anstieg psychischer Kranktrolle<br />
erhöhen, die Prekarisierung der Arbeitswelt<br />
Arbeitswelt. Dabei entstehen neue Arbeitsplätze<br />
und Berufsbilder, andere Arbeitsplätze entfalgerechter<br />
Arbeit brauchen wir intelligente Angeheitsbilder<br />
beschleunigen. Im Sinne menschenlen.<br />
Von den sogenannten Smart Factories, den bote für besseren Gesundheitsschutz, Aus- und<br />
voll vernetzten Fabriken, sind wir noch weit entfernt.<br />
Die Entwicklung lässt sich abschließend<br />
zeit und aktiver Mitbestimmung an der betriebli<br />
Weiterbildung, stärker selbstbestimmter Arbeits<br />
nicht beurteilen. Wir müssen die Chancen nutzen,<br />
die die Digitalisierung bietet. Deutlich ist:<br />
nen die fortschrittlichen Potenziale der Digitalisiechen<br />
Ausgestaltung der Digitalisierung. Dann kön<br />
Wir werden keine menschenleeren Fabriken<br />
rung realisiert werden, auch im Sinne einer klugen<br />
haben.<br />
Fachkräftepolitik.<br />
Fotos: ifaa, Tania Walck (links), BILDHAUS. Karoline Wolf (rechts)<br />
WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
RATGEBER LITERATUR | 49<br />
Wirtschaftsliteratur<br />
Die ostdeutsche<br />
Bestsellerliste<br />
1<br />
2<br />
3<br />
Die ostdeutsche Bestsellerliste für<br />
4<br />
Wirtschaftsliteratur wird exklusiv von<br />
<strong>W+M</strong> aus den Verkaufszahlen 59 großer<br />
Buchhandlungen in Berlin, Brandenburg,<br />
Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen,<br />
Sachsen-Anhalt und Thüringen erstellt.<br />
6<br />
5<br />
JETZT NEU<br />
MIT 58 THALIA-FILIALEN<br />
Beteiligt haben sich:<br />
Thalia-Filialen in<br />
Bautzen<br />
Berlin (7x)<br />
Bernburg<br />
Brandenburg<br />
Chemnitz (3x)<br />
Cottbus<br />
Dallgow-Döberitz<br />
Leuna<br />
Löbau<br />
Lutherstadt Wittenberg<br />
Magdeburg (2x)<br />
Meißen<br />
Neubrandenburg<br />
Pirna<br />
Dessau<br />
Plauen<br />
Dresden (7x)<br />
Radebeul<br />
Eisenach<br />
Riesa<br />
Eisleben<br />
Röhrsdorf<br />
Freital<br />
Rostock (2x)<br />
Gera<br />
Rudolstadt<br />
7<br />
Görlitz<br />
Gotha<br />
Saalfeld<br />
Schwedt/Oder<br />
Großenhain<br />
Weimar<br />
8<br />
Halle<br />
Hoyerswerda<br />
Jena (2x)<br />
Wildau<br />
Zittau<br />
Zwickau<br />
9<br />
Leipzig (2x)<br />
(www.thalia.de)<br />
sowie die Ulrich-von-Hutten-Buchhandlung in<br />
Frankfurt/Oder (www.hutten-ffo.de).<br />
10<br />
Die Teilnahme steht weiteren Buchhandlungen<br />
jederzeit offen. Schreiben Sie bei Interesse eine<br />
E-Mail an JP@WundM.info.<br />
www.WundM.info WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
50 | <strong>W+M</strong> RATGEBER<br />
So übergeben Sie Ihr<br />
Unternehmen erfolgreich<br />
Der Nachfolger ist gefunden, der Betrieb ist vertraglich übertragen.<br />
Aber wie geht es jetzt weiter? In dieser letzten Folge will ich mit<br />
Ihnen einen Blick auf die Zeit nach der Übertragung werfen, auf die<br />
häufig im Vorfeld zu wenig geachtet wird. Von Holger Wassermann<br />
Weitere Tätigkeit im Unternehmen<br />
In der Vorstellung vieler Unternehmer<br />
beginnt der erste Tag nach der Übergabe<br />
genau wie der letzte Tag davor – mit<br />
ENDLICH ZEIT FÜR …<br />
Reisen<br />
Familie<br />
Sport<br />
Ehrenamt<br />
Kultur<br />
Weiterbildung<br />
Hobby<br />
2 %<br />
15 %<br />
25 %<br />
49 %<br />
52 %<br />
75 %<br />
65 %<br />
dem Gang in die Firma. Denn schließlich<br />
muss dem Nachfolger nun alles genau<br />
gezeigt werden, die Kunden, Lieferanten<br />
und Mitarbeiter müssen mit dem Neuen<br />
bekannt gemacht werden und ebenso<br />
andere wichtige Geschäftspartner. Ist<br />
all dies nicht bereits geschehen, wie es<br />
beispielsweise bei Übergaben an einen<br />
Mitarbeiter üblich ist, sollte es prinzipiell<br />
nun tatsächlich nachgeholt werden, damit<br />
Wissen und Kontakte nicht verloren<br />
gehen. Der Fortbestand der Firma und<br />
der Arbeitsplätze hängt in entscheidendem<br />
Maße davon ab, wie gut der Nachfolger<br />
die Lücke ausfüllen kann, die der<br />
scheidende Unternehmer hinterlässt.<br />
Es gibt aber durchaus auch Punkte, die<br />
gegen eine weitere Anwesenheit des bisherigen<br />
Unternehmers in der Firma und<br />
für einen „harten Schnitt“ sprechen. Für<br />
die Mitarbeiter bedeutet die Nachfolge<br />
natürlich eine wichtige Umstellung. So<br />
lange zwei Chefs – der alte und der neue<br />
– in der Firma präsent sind, herrscht eine<br />
Art von Schwebezustand, der es der Belegschaft<br />
nicht erleichtert, sich mental<br />
auf den neuen Inhaber einzustellen. Wer<br />
hat denn jetzt das Sagen?<br />
Foto: mezzotint_fotolia / fotolia.com, Quelle Schaubild: Befragung von Unternehmern, PwC 2<strong>01</strong>6<br />
WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
NACHFOLGE | 51<br />
Foto: Intagus (oben), Illustration: Ogerepus/fotolia.com (unten)<br />
Prof. Dr. Holger Wassermann ist<br />
Wissenschaftlicher Leiter des KCE<br />
KompetenzCentrum für Entrepreneurship<br />
& Mittelstand der FOM-Hochschule und<br />
Geschäftsführer der INTAGUS GmbH<br />
Unternehmensberatung für Mittelstand<br />
und Nachfolge.<br />
Und nicht nur den Mitarbeitern erschwert<br />
eine lange Übergangsphase das Leben,<br />
auch dem Nachfolger. Für ihn ist es wichtig,<br />
schnellstmöglich den Respekt seiner<br />
neuen Mannschaft zu verdienen. Solange<br />
jedoch immer noch der Übergeber im<br />
Flur mit „Hallo Chef“ begrüßt wird, unterminiert<br />
das seine eigene Position. Und<br />
wenn der bisherige Inhaber noch weiterhin<br />
in der Firma tätig ist, kann dies schnell<br />
als Signal dafür verstanden werden, dass<br />
er die Führung des Unternehmens dem<br />
Nachfolger eigentlich nicht zutraut. Wenn<br />
er aber schon dieses Vertrauen nicht hat,<br />
wie sollen es dann die Mitarbeiter gewinnen?<br />
Für den Nachfolger selbst bedeutet die<br />
Übernahme eines bestehenden Unternehmens<br />
meistens den Schritt in die<br />
Selbstständigkeit, sie bedeutet aber immer<br />
eine Herausforderung und die Chance,<br />
eigene Ideen umzusetzen. Deshalb<br />
kommt es in praktisch allen Fällen nach<br />
der Übertragung zu Änderungen im Betrieb,<br />
sei es bei dem Zuschnitt von Arbeitsplätzen,<br />
der Organisation von Arbeitsabläufen<br />
oder dem Produktionsprogramm;<br />
auch werden häufig neue Investitionen<br />
getätigt. Die Nachfolger sind in<br />
aller Regel für guten Rat dankbar, aber<br />
es muss klar sein, dass die Entscheidung<br />
nun allein bei ihnen liegt. Manche<br />
Unternehmer verstehen diese Entscheidungen<br />
leider als Kritik an sich und an ihren<br />
Entscheidungen, dabei geht es dem<br />
Nachfolger gar nicht darum. Er will die<br />
Firma voranbringen und für die Zukunft<br />
fit machen. Natürlich<br />
wird der Nachfolger<br />
auch Fehler<br />
machen, wie jeder<br />
Mensch, aber<br />
sicherlich wird<br />
er nicht leichtfertig<br />
Entscheidungen<br />
treffen, denn<br />
ab jetzt hängt seine Existenz von dem<br />
Wohlergehen des Unternehmens ab.<br />
Und letztendlich hat der Übergeber den<br />
Nachfolger doch genau dafür in die Firma<br />
geholt.<br />
Beratungsvertrag oder Beirat<br />
Die häufigste Form der weiteren Bindung<br />
des Übergebers an die Unternehmung ist<br />
der Abschluss eines Beratungsvertrags,<br />
der meist für einen bestimmten Zeitraum<br />
einen Rahmen für die Zusammenarbeit<br />
bildet. Darin werden die Vergütung und<br />
der Umfang der Beratungstätigkeit geregelt.<br />
Drei bis zwölf Monate sind häufig<br />
anzutreffen, Vergütungen werden meist<br />
pauschal pro Monat oder pro Stunde vereinbart,<br />
im ersten Fall steht eher die Verfügbarkeit<br />
des Unternehmers im Vordergrund,<br />
während bei zeitabhängiger Abrechnung<br />
konkretere Unterstützungsleistungen<br />
angestrebt werden.<br />
Eine schöne, noch nicht allzu häufig gewählte<br />
Form der weiteren Einbindung<br />
des Übergebers ist die Einrichtung eines<br />
Beirats. Auf diese Weise wird dem<br />
ehemaligen Inhaber für seine Leistungen<br />
Respekt gezollt, und es wird ihm ermöglicht,<br />
auch nach der Übergabe mit<br />
dem Unternehmen verbunden zu bleiben.<br />
Auch die Beiratstätigkeit kann wie eine<br />
Beratungstätigkeit vergütet werden, sie<br />
ist aber nach außen sichtbar und dient<br />
dem Übergeber auch bei dem Erhalt seiner<br />
sozialen Stellung in der Gesellschaft.<br />
Wie so oft kommt das Wichtigste am<br />
Schluss. Durch die Übergabe der Geschicke<br />
der Firma an den Nachfolger hat<br />
der Unternehmer nun endlich Zeit für die<br />
„Solange der Übergeber<br />
noch an Bord ist, werden<br />
manche Entscheidungen<br />
nicht getroffen, weil der<br />
Nachfolger mit angezogener<br />
Handbremse fährt.“<br />
Dinge, die er schon lange machen wollte.<br />
Der eine wollte schon immer viel mehr<br />
von der Welt sehen, der andere kann<br />
sich jetzt voll und ganz seiner Leidenschaft<br />
für Oldtimer widmen, der nächste<br />
geht in seiner<br />
Rolle als Opa auf,<br />
wieder ein anderer<br />
hilft Gründern<br />
bei dem Schritt in<br />
die Selbstständigkeit<br />
– für jeden gibt<br />
es neue Ziele und<br />
neue Aufgaben,<br />
deren Verfolgung und Erreichung Freude<br />
und Erfüllung mit sich bringen und die<br />
das Leben lebenswert machen.<br />
Und darin liegt der eigentliche Schlüssel<br />
für eine erfolgreiche Nachfolge: Wenn<br />
man einsieht, dass mit der Übergabe der<br />
Unternehmung in erster Linie nicht die<br />
eine Zeit endet, sondern eine neue Zeit<br />
anfängt, in der man endlich das tun kann,<br />
worauf man schon lange wartet, dann<br />
wird die Nachfolge erstrebenswert, man<br />
fiebert ihr entgegen. Damit wird die Entscheidung,<br />
sich mit dem Thema Nachfolge<br />
zu beschäftigen, von einer Entscheidung<br />
GEGEN etwas zu einer Entscheidung FÜR<br />
etwas, sie wird positiv – und erst, wenn<br />
dieser Schalter im Kopf umgelegt ist, kümmert<br />
sich der Unternehmer wirklich um<br />
sein neues Ziel. Und genau deshalb sollte<br />
man sich über diesen letzten Punkt als<br />
erstes Gedanken machen, wenn die Nachfolge<br />
erfolgreich werden soll. <strong>W+M</strong><br />
www.WundM.info WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
52 | <strong>W+M</strong> RATGEBER<br />
Exportschlager<br />
aus Sangerhausen<br />
Die Produktionshalle der FEAG Sangerhausen GmbH.<br />
Die FEAG Sangerhausen GmbH liefert Industrie-Schaltanlagensysteme<br />
in alle Welt. Um im Wettbewerb bestehen zu können,<br />
investiert das Unternehmen regelmäßig auch in den eigenen<br />
Maschinenpark. So 2<strong>01</strong>5 in eine energieeffiziente Kupfer-<br />
Stanzmaschine – finanziert über ein zinsgünstiges Darlehen<br />
aus dem KfW-Energieeffizienzprogramm. Von Matthias Salm<br />
Es ist ein Projekt der Superlative: Im<br />
saudi-arabischen Wallfahrtsort Mekka<br />
soll im kommenden Jahr Abraj Kudai,<br />
der größte Hotelkomplex der Welt, in<br />
die Höhe schnellen. Wenn der gigantische<br />
Neubau mit rund 10.000 Zimmern und 70<br />
Die neue Stanzmaschine erzielt einen deutlich größeren Output.<br />
Restaurants nach der Fertigstellung seine<br />
Gäste empfangen wird, dann müssen die<br />
Klimaanlagen des Hotels Schwerstarbeit<br />
verrichten. Schließlich überschreitet das<br />
Thermometer in der Millionenstadt gerne<br />
mal die 40-Grad-Marke. Mit von der Partie<br />
ist dann auch Elektrotechnik<br />
made in Sachsen-Anhalt<br />
in Form von<br />
24 sogenannten Sanftstartern.<br />
Die meterhohen<br />
Schaltschränke<br />
der FEAG Sangerhausen<br />
GmbH sorgen dafür,<br />
dass die Motoren<br />
der Klimaanlage stets<br />
langsam und präzise<br />
angefahren werden.<br />
Der Großauftrag aus<br />
dem arabischen Königreich<br />
ist außergewöhnlich,<br />
aber auch<br />
keine Seltenheit für<br />
das mittelständische Unternehmen aus<br />
dem Landkreis Mansfeld-Südharz. Der<br />
Spezialist für Industrie-Schaltanlagensysteme<br />
und Lösungen für die Antriebs- und<br />
Steuerungstechnik exportiert mittlerweile<br />
weltweit. „Unser Exportanteil liegt bei<br />
über 60 Prozent. Schwerpunkte sind Russland<br />
sowie der nahe und mittlere Osten“,<br />
weist FEAG-Geschäftsführer Heiko Koschmieder<br />
auf die Bedeutung des internationalen<br />
Geschäfts für sein Unternehmen<br />
hin. Schaltanlagen aus Sangerhausen<br />
absolvieren ihr Tagwerk in Papier fabriken<br />
in China ebenso wie in russischen Stahlwerken.<br />
Deren Fertigung kann in der Rosenstadt<br />
Sangerhausen auf eine lange Tradition zurückblicken.<br />
1990 übernahm die Siemens<br />
AG den einstigen Standort des Starkstromanlagenbaus,<br />
seit 2008 ist die FEAG Sangerhausen<br />
GmbH eigenständig im Markt<br />
unterwegs und fertigt seither eine breite<br />
Palette an Nieder- und Mittelspannungsprodukten.<br />
„Unsere Schaltanlagensysteme kommen<br />
überall dort zum Einsatz, wo viel Energie<br />
benötigt wird“, so Koschmieder. „Dazu<br />
zählen beispielsweise Chemiewerke, Raffinerien,<br />
die Automobilproduktion, Kraftwerke<br />
oder die Papierherstellung.“ Über<br />
25 Millionen Euro setzen die rund 220 Mitarbeiter<br />
im Jahr um. In Deutschland ver-<br />
Fotos: FEAG Sangerhausen GmbH<br />
WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
FINANZEN | 53<br />
Foto: FEAG Sangerhausen GmbH<br />
spricht vor allem der Umbau des Energiesektors<br />
Wachstumschancen, denn die Integration<br />
der Erneuerbaren<br />
Energien erfordert vielerorts<br />
eine Modernisierung<br />
der Umspannwerke.<br />
„Unsere besondere<br />
Stärke<br />
liegt in unserer<br />
Wertschöpfungstiefe<br />
und<br />
der Flexibilität. Wir<br />
verfügen über eine eigene<br />
Blechfertigung sowie<br />
eine eigene Kupferbearbeitung. Dies erlaubt<br />
uns eine kundenindividuelle Anpassung<br />
der Produkte und flexible Reaktionen<br />
auf Änderungen in Projekten“, erklärt<br />
der FEAG-Geschäftsführer das Erfolgsrezept<br />
des Unternehmens. Doch der Markt<br />
ist hart umkämpft. Um wettbewerbsfähig<br />
bleiben zu können, investierte das mittelständische<br />
Unternehmen daher Ende<br />
2<strong>01</strong>5 in eine Erneuerung des Maschinenparks.<br />
Dabei stand neben der Steigerung der Produktivität<br />
auch eine erhöhte Energieeffizienz<br />
in der Produktion im Fokus. Nicht zuletzt,<br />
weil ein Energie-Audit verschiedene<br />
Einsparpotenziale aufgezeigt hatte, etwa<br />
in der Lackieranlage, in der Raumbeleuchtung<br />
und bei den Produktionsanlagen.<br />
Deshalb wurde bei der Anschaffung einer<br />
neuen Kupfer-Stanzmaschine auch auf deren<br />
Energieverbrauch geachtet. Schließlich<br />
verarbeitet die FEAG Sangerhausen<br />
im Monat rund 30 Tonnen Kupfer, um ihre<br />
Schaltanlagensysteme kundenindividuell<br />
anpassen zu können.<br />
Im Oktober letzten Jahres wurde die bisherige<br />
Stanzmaschine daher durch ein technologisch<br />
optimiertes Nachfolgemodell ersetzt.<br />
FEAG-Chef Koschmieder über die<br />
Vorteile der neuen Maschine: „Die Verdopplung<br />
der Hubzahl auf nunmehr 120<br />
pro Minute in Kombination mit einem größeren<br />
Werkzeugmagazin ermöglicht uns<br />
eine Produktivitätssteigerung. Zudem können<br />
Konstruktionsdaten jetzt direkt von der<br />
Maschine weiterverarbeitet werden. Wir<br />
erzielen einen deutlich größeren Output<br />
und sparen dabei noch Energie.“<br />
Heiko Koschmieder,<br />
Geschäftsführer der<br />
FEAG Sangerhausen GmbH.<br />
KfW-Energieeffizienzprogramm –<br />
Produktionsanlagen/-prozesse<br />
Das KfW-Programm fördert Energieeffizienzmaßnahmen<br />
im Bereich Produktionsanlagen<br />
und -prozesse in gewerblichen<br />
Unternehmen mit zinsgünstigen<br />
Darlehen. Bei hoher Energieeinsparung<br />
(mindestens 30 Prozent) kommen Unternehmen<br />
in den Genuss besonders<br />
günstiger Konditionen (Premiumstandard).<br />
Die Darlehen sind über die Hausbank<br />
zu beantragen.<br />
Geförderte Investitionsmaßnahmen<br />
Gefördert werden Investitionen, die<br />
eine Energieeinsparung von mindestens<br />
zehn Prozent erzielen (gemessen<br />
am Durchschnittsverbrauch der letzten<br />
drei Jahre). Bei Neuinvestitionen gilt der<br />
branchendurchschnittliche Verbrauch<br />
als Referenzgröße.<br />
Geförderte Investitionsgüter<br />
• Maschinen/Anlagen/Prozesstechnik<br />
• Druckluft/Vakuum/Absaugtechnik<br />
• Elektrische Antriebe/Pumpen<br />
• Prozesskälte und -wärme<br />
• Wärmerückgewinnung/<br />
Abwärmenutzung<br />
• Mess-, Regel- und Steuerungstechnik<br />
• Informations- und Kommunikationstechnik<br />
• in bestimmten Fällen Kraft-Wärme-<br />
Kopplungsanlagen<br />
Rund 167.000 Euro investierte der<br />
Mittelständler in die Modernisierung<br />
der Kupferbearbeitung.<br />
Finanziert wurde die Anschaffung<br />
über das „KfW-<br />
Energieeffizienzprogramm<br />
– Produktionsanlagen/-prozesse“.<br />
Damit unterstützt die staatliche<br />
Förderbank KfW Energieeffizienzmaßnahmen<br />
im Bereich Produktionsanlagen und<br />
-prozesse mit zinsgünstigen Krediten (siehe<br />
Kasten).<br />
„Den Tipp, das KfW-Programm in Anspruch<br />
zu nehmen, erhielten wir auf einer Veranstaltung<br />
der IHK Halle-Dessau. Anschließend<br />
haben wir das Förderdarlehen über die Hausbank<br />
beantragt und die Investition vollständig<br />
über das KfW-Programm finanziert.“ Und<br />
das aus gutem Grund, denn, so der FEAG-<br />
Geschäftsführer Koschmieder: „Die Zinskonditionen<br />
waren unschlagbar.“ <strong>W+M</strong><br />
Höchstbetrag<br />
Der Kreditbetrag beläuft sich in der Regel<br />
auf bis zu 25 Millionen Euro pro Vorhaben.<br />
Konditionen<br />
Bei Laufzeiten der Darlehen bis zu zehn<br />
Jahre wird der Zinssatz für die gesamte<br />
Zeit festgeschrieben, bei einer Laufzeit<br />
von mehr als zehn Jahren wird der<br />
Zinssatz entweder nur für die ersten<br />
zehn Jahre oder für die gesamte Laufzeit<br />
festgeschrieben. Gefördert werden<br />
bis zu 100 Prozent der Investitionskosten.<br />
Tipp<br />
Eine Energieberatung im Vorfeld hilft,<br />
Energiesparpotenziale in der Produktion<br />
aufzuspüren. Kleine und mittlere Unternehmen<br />
bekommen hierfür Zuschüsse<br />
vom Staat.<br />
Weitere Infos<br />
www.kfw.de/292<br />
Bundesamt für Wirtschaft<br />
und Ausfuhrkontrolle (BAFA)<br />
Referat 526,Frankfurter Straße 29-35,<br />
65760 Eschborn,<br />
Tel.: 06196 908-1240<br />
www.bafa.de<br />
www.WundM.info WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
54 | <strong>W+M</strong> RATGEBER RECHT<br />
Urteile für<br />
Unternehmer<br />
WIRTSCHAFT+MARKT hat interessante<br />
Richtersprüche zusammengestellt<br />
Kündigung<br />
Fristlose Kündigung nach<br />
Hitlergruß gerechtfertigt<br />
Einem Arbeitnehmer, der dem Betriebsratsvorsitzenden<br />
mit einem Hitlergruß gegenübertritt,<br />
darf fristlos gekündigt werden.<br />
So hat das Arbeitsgericht (AG) Hamburg<br />
entschieden.<br />
Im vorliegenden Fall war der Kläger als<br />
Transportfahrer bei einem Unternehmen<br />
angestellt. Während einer Betriebsversammlung<br />
kam es zu einer Auseinandersetzung<br />
zwischen dem Kläger und dem Betriebsratsvorsitzenden<br />
des Unternehmens.<br />
Kurz darauf trafen die beiden wieder aufeinander.<br />
Der Kläger hob seinen Arm zum<br />
Hitlergruß und bezeichnete den Betriebsratsvorsitzenden<br />
als „Nazi“. Der Arbeitgeber<br />
kündigte anschließend mit Zustimmung<br />
des Betriebsrates das Arbeitsverhältnis<br />
des Klägers außerordentlich. Das AG<br />
Hamburg entschied, dass der Hitlergruß<br />
einen wichtigen Kündigungsgrund nach §<br />
626 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches<br />
(BGB) darstellt. Die Bezeichnung als<br />
„Nazi“ sei zudem grob beleidigend.<br />
AG Hamburg, 12 Ca 348/15<br />
Social Media<br />
Beleidigungen bei Facebook<br />
rechtfertigen fristlose Kündigung<br />
Beleidigt ein Mitarbeiter seinen Vorgesetzten<br />
in Facebook mittels Emoticons grob,<br />
so kann dies eine fristlose Kündigung des<br />
Arbeitnehmers rechtfertigen. Dies geht<br />
aus einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts<br />
(LAG) Baden-Württemberg<br />
hervor.<br />
Im vorliegenden Fall hatte ein Arbeitnehmer<br />
seinen Vorgesetzten im Rahmen einer Facebook-Diskussion<br />
als „fettes Schwein“ bezeichnet.<br />
Dabei verwandte er für das Wort<br />
„Schwein“ ein entsprechendes Emoticon.<br />
Der Arbeitgeber erlangte davon Kenntnis<br />
und kündigte daraufhin dem Arbeitnehmer<br />
fristlos. Dieser erhob dagegen Kündigungsschutzklage.<br />
Das Arbeitsgericht (AG) Pforzheim<br />
gab der Kündigungsschutzklage statt,<br />
der Arbeitgeber ging in Berufung und das<br />
LAG Baden-Württemberg bestätigte die<br />
Entscheidung der Vorinstanz. In seiner Urteilsbegründung<br />
bestätigte das Gericht die<br />
Einschätzung, dass der Arbeitnehmer seinen<br />
Vorgesetzten mittels des Emoticons<br />
grob beleidigt habe, allerdings sei aus verschiedenen<br />
Gründen, die in Zusammenhang<br />
mit der Person des Klägers stünden, eine<br />
Kündigung nicht erforderlich und eine Abmahnung<br />
ausreichend gewesen. Das Gericht<br />
führte an, dass der Arbeitnehmer 16<br />
Jahre beanstandungsfrei für das Unternehmen<br />
tätig gewesen sei, zudem haben er<br />
und seine Frau ein einjähriges Kind und eine<br />
demenzkranke Großmutter zu pflegen. Der<br />
Grad der Behinderung von 20 des Arbeitnehmers<br />
trug außerdem zur Entscheidung<br />
bei. LAG Baden-Württemberg, 4 Sa 5/16<br />
Entsendung<br />
Landwirt muss Arbeitnehmerstunden<br />
nicht aufzeichnen<br />
Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat<br />
entschieden, dass ein Landwirt nach dem<br />
Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) nicht<br />
verpflichtet ist, die Arbeitszeiten seines Arbeitnehmers<br />
aufzuzeichnen.<br />
Der beklagte Inhaber eines landwirtschaftlichen<br />
Betriebes beschäftigt einen Arbeitnehmer,<br />
dessen Arbeitszeit und monatliches<br />
Bruttogehalt durch einen Arbeitsvertrag<br />
geregelt ist. Dieser unterliegt einem<br />
allgemein verbindlichen Tarifvertrag, der<br />
Mindest entgelte für Arbeitnehmer in der<br />
Land- und Forstwirtschaft regelt. Der Beklagte<br />
erstatte Selbstanzeige wegen des<br />
Verstoßes gegen das AEntG, da er keine<br />
Aufzeichnungen über Beginn, Ende und<br />
Dauer der täglichen Arbeitszeit seines Beschäftigten<br />
geführt hatte. Das Hauptzollamt<br />
Bielefeld verhängte daraufhin ein Bußgeld<br />
in Höhe von 1.000 Euro. Das Amtsgericht<br />
Bielefeld sprach den Beklagten nach dessen<br />
Einspruch frei, die gegen die erstinstanzliche<br />
Entscheidung von der Staatsanwaltschaft<br />
Bielefeld erhobene Rechtsbeschwerde<br />
blieb nach der Entscheidung des OLG<br />
Hamm erfolglos. Das AEntG führe die Landwirtschaft<br />
nicht explizit auf, daher bestünde<br />
keine Aufzeichnungspflicht für den Betrieb.<br />
OLG Hamm, 3 RBs 277/16<br />
Krankheit<br />
Kranker Arbeitnehmer nicht zu<br />
Personalgesprächen verpflichtet<br />
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden,<br />
dass ein durch Krankheit arbeitsunfähiger<br />
Arbeitnehmer nicht verpflichtet<br />
ist, auf Anweisung seines Arbeitgebers im<br />
Betrieb zu erscheinen, um dort an einem Gespräch<br />
zur Klärung der weiteren Beschäftigungsmöglichkeit<br />
teilzunehmen.<br />
Der Kläger war als Krankenpfleger im beklagten<br />
Unternehmen befristet beschäftigt. Der<br />
Einladung zu einem Personalgespräch „zur<br />
Klärung der weiteren Beschäftigungsmöglichkeit“<br />
nach Ablauf der Befristung kam der<br />
Beklagte unter Hinweis der attestierten Arbeitsunfähigkeit<br />
nicht nach. Auch ein zweiter<br />
Termin wurde aus gleichem Grund abgesagt.<br />
Daraufhin mahnte ihn das Unternehmen ab.<br />
Die Vorinstanzen und auch das BAG gaben<br />
der Klage auf Entfernung der Abmahnung<br />
aus der Personalakte statt. Die Arbeitspflicht<br />
umfasst auch die Teilnahme an Personalgesprächen.<br />
Durch die Arbeitsunfähigkeit ist<br />
der Kläger daher nicht verpflichtet gewesen,<br />
an Personalgesprächen teilzunehmen.<br />
BAG, 10 AZR 596/15<br />
<strong>W+M</strong><br />
Foto: AllebaziB/fotolia.com, Quelle: www.kostenlose-urteile.de<br />
WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
1<br />
NETZWERK GESELLSCHAFT | 55<br />
Der enviaM-Energiekonvent war<br />
auch in diesem Jahr gut besucht.<br />
10. enviaM-Energiekonvent<br />
Smarte neue Welt<br />
Moderatorin Rommy Arndt mit den Referenten Dr. Thomas Engelke, Christian<br />
Rätsch, Dr. Andreas Auerbach, Felix Dembski und Tim Hartmann (v. l.).<br />
Fotos: enviaM, Quelle Schaubilder: Befragung von 750 Haushalten in den neuen Ländern im September 2<strong>01</strong>6 durch enviaM<br />
Leipzig. „Smarte neue Welt – Wie real<br />
ist digital?” Darüber diskutierte am 24.<br />
Oktober 2<strong>01</strong>6 am Beispiel der Energiewirtschaft<br />
ein prominent besetztes Podium<br />
mit 300 Gästen beim 10. Energiekonvent<br />
der envia Mitteldeutsche Energie<br />
AG (enviaM) in Leipzig. Die Referenten<br />
Dr. Thomas Engelke (Bundesverband der<br />
Verbraucherzentralen), Christian Rätsch<br />
(Saatchi & Saatchi Deutschland), Felix<br />
Dembski (Bitkom) sowie Tim Hartmann<br />
und Dr. Andreas Auerbach (beide enviaM)<br />
stellten sich nach ihren Vorträgen<br />
während der Podiumsdiskussion den Fragen<br />
des Publikums.<br />
<strong>W+M</strong><br />
Ich riskiere, dass meine Daten<br />
missbraucht werden<br />
Ich bin gezwungen, meine Daten an<br />
Dritte weiterzugeben<br />
Ich werde manipuliert,<br />
z. B. mit personalisierter Werbung<br />
Ich habe weniger „realen“ Kontakt zu<br />
anderen Menschen<br />
Ich kann ohne digitale Dienste nicht<br />
mehr leben<br />
Keines der genannten<br />
WELCHES GEFÜHL STEHT FÜR SIE<br />
BEIM THEMA DIGITALISIERUNG<br />
IM VORDERGRUND?<br />
Spaß / Freude<br />
Sorge<br />
Zuversicht<br />
Ärger<br />
Angst<br />
Keines der genannten<br />
WAS STÖRT SIE AN DER DIGITALISIERUNG AM MEISTEN?<br />
Niemand gab Gleichgültigkeit an.<br />
41%<br />
19%<br />
15%<br />
12%<br />
5%<br />
9%<br />
5%<br />
4%<br />
22%<br />
14%<br />
24%<br />
31%<br />
Tim Hartmann, Vorstandsvorsitzender von<br />
enviaM.<br />
www.WundM.info WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
56 | <strong>W+M</strong> NETZWERK<br />
Hartmut Bunsen (l. ) und Klaus Gröhn<br />
freuten sich über einen gelungenen Abend.<br />
26. Sächsischer Unternehmerball<br />
Rauschende Ballnacht<br />
Thorsten Sommer, Steffen Matysek, Dr.<br />
Elke Reuschel, Dr. Mathias Reuschel und<br />
Ursula Bunsen (v. l.).<br />
Diana Labrenz und Gregorio Hernández von<br />
der Band JAMTONIC.<br />
Leipzig. Zusammen mit dem Verein Gemeinsam<br />
für Leipzig und den Wirtschaftsjunioren<br />
Sachsen lud der Unternehmerverband<br />
Sachsen Anfang November zum<br />
traditionellen Sächsischen Unternehmerball.<br />
Über 300 Gäste folgten der Einladung<br />
und feierten gemeinsam bis in die Morgenstunden.<br />
Nach der Begrüßung durch<br />
UV-Präsident Hartmut Bunsen und die<br />
Grußworte des Finanzbürgermeisters der<br />
Stadt Leipzig Torsten Bonew hießen auch<br />
Dr. Mathias Reuschel, Präsident Gemeinsam<br />
für Leipzig, sowie Lars Müller, Vorsitzender<br />
der Wirtschaftsjunioren Sachsen,<br />
im Namen ihrer Verbände die Gäste herzlich<br />
willkommen. Neben den kulinarischen<br />
Highlights und einer schwungvollen, akrobatischen<br />
Darbietung begeisterte die Band<br />
JAMTONIC die Gäste mit ihrem Musikprogramm.<br />
<strong>W+M</strong><br />
Akrobatische Einlagen sorgten für<br />
Unterhaltung der Gäste.<br />
Die tanzfreudigen Gäste kamen voll auf ihre Kosten.<br />
Fotos: Claudia Koslowski<br />
WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
Nach der Podiumsdiskussion<br />
konnte<br />
das Publikum<br />
Fragen stellen.<br />
GESELLSCHAFT | 57<br />
Parlamentarischer Abend der<br />
UV Ostdeutschlands und Berlin<br />
Zuwanderung als Chance<br />
Das Podium (v. l.): Frank Nehring, Prof.<br />
Dr. Helge Braun, Dr. Josef Westerhausen,<br />
Prof. Dr. Reint Gropp, Carlotta Köster-<br />
Bruns, Hartmut Bunsen und Steffen Heller.<br />
Berlin. Am 29. November lud die Interessengemeinschaft<br />
(IG) der Unternehmerverbände<br />
Ostdeutschlands und Berlin<br />
zum Parlamentarischen Abend in die Vertretung<br />
des Landes Mecklenburg-Vorpommern<br />
beim Bund. Thema des Abends: Zuwanderung<br />
– Chance für die Wirtschaft?<br />
Hausherrin und Staatssekretärin Dr. Pirko<br />
Zinnow stellte eingangs fest, dass das Thema<br />
emotional aufgeladen sei, aber sachlich<br />
diskutiert werden müsse. Prof. Dr. Helge<br />
Braun (Staatssekretär beim Bundeskanzleramt)<br />
und Hartmut Bunsen (Sprecher<br />
der IG) vertraten in ihren Impulsreferaten<br />
die Seiten der Politik und der Wirtschaft.<br />
Anschließend nahmen sie gemeinsam mit<br />
Dr. Josef Westerhausen (Deutsche Gesellschaft<br />
für Lebensmittelsicherheit, Wasserund<br />
Umwelthygiene), Prof. Dr. Reint Gropp<br />
(Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung)<br />
und Carlotta Köster-Bruns (Randstad) an<br />
einer Podiumsdiskussion teil, welche von<br />
Steffen Heller (UV Brandenburg-Berlin) und<br />
<strong>W+M</strong>-Herausgeber Frank Nehring moderiert<br />
wurde. Beim anschließenden Get-together<br />
hatten die rund 200 Gäste die Möglichkeit,<br />
die angesprochen Punkte weiter zu<br />
diskutieren.<br />
<strong>W+M</strong><br />
Lars Schaller, Gunnar Baldamus, Helga<br />
Schadock und Steffen Heller (v. l.).<br />
Rund 200 Gäste folgten der Einladung der<br />
Unternehmerverbände.<br />
Fotos: <strong>W+M</strong> (rechts), Claudia Koslowski (links)<br />
Zeit für Gespräche.<br />
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58 | <strong>W+M</strong> NETZWERK GESELLSCHAFT<br />
4. Branchentag Mecklenburg-Vorpommern<br />
Bau- und Immobilienwirtschaft im Blick<br />
Rolf Paukstat vom UV<br />
Schwerin eröffnete<br />
den Branchentag.<br />
Wismar. Die drei großen regionalen Unternehmerverbände<br />
(UV) des Landes<br />
Mecklenburg-Vorpommern, der UV Norddeutschland<br />
Mecklenburg-Schwerin, der<br />
UV Vorpommern und der UV Rostock-Mittleres<br />
Mecklenburg luden Mitte Oktober<br />
zum vierten Branchentag und widmeten<br />
diesen der Bau- und Immobilienwirtschaft.<br />
Der Branchentag diente neben dem Informationsaustausch<br />
dem Netzwerken und<br />
bot eine ideale Plattform, die Unternehmen<br />
der Branche bekannt zu machen und<br />
so ihre Marktposition zu stärken. Neben<br />
den Referaten rundeten drei Workshops<br />
das Tagesprogramm ab und gaben Raum<br />
zum Erfahrungsaustausch. <strong>W+M</strong><br />
Der 4. UV-Branchentag fand im Technologie-und Gewerbezentrum in Wismar statt.<br />
15 Jahre Berlin Capital Club<br />
Home away from Home<br />
Beim Torte<br />
anschneiden:<br />
Malte<br />
Schreiber,<br />
Manfred<br />
Gugerel,<br />
Nils Busch-<br />
Petersen,<br />
Dieter R.<br />
Klostermann,<br />
Jörg Woltmann<br />
und Serkan<br />
Özcan (v. l.).<br />
Klaus Wowereit, Vera Gäde-Butzlaff und<br />
Angelika Oelmann (r.) feierten mit.<br />
Berlin. Am Morgen des 4. November 2<strong>01</strong>6 startete der Berlin Capital<br />
Club mit einer Pressekonferenz in die Festlichkeiten zu Ehren seines<br />
15-jährigen Bestehens und am Abend wurde am Gendarmenmarkt<br />
der rote Teppich ausgerollt. Über 450 Mitglieder und Gäste, unter<br />
anderem Berlins ehemaliger Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit<br />
und Moderatorin Ulla Kock am Brink feierten bei der Herbstparty<br />
ihren Club und gratulierten Dieter R. Klostermann (Founder &<br />
Chairman CCA Gruppe), Präsident Jörg Woltmann und dem gesamten<br />
Team des Berlin Capital Club zu 15 Jahren exzellentem Service<br />
und hochkarätigen Veranstaltungsformaten, kurz zu dem diskreten<br />
Businessclub, den sie liebevoll „Home away from Home“ nennen.<br />
Bis in die frühen Morgenstunden wurde gelacht und geplaudert, angestoßen<br />
und geschlemmt, getanzt und gefeiert. <strong>W+M</strong><br />
Vizepräsident des Berlin Capital Club Claus R. Mayer und Sylvia<br />
Burgmaier.<br />
Fotos: Dominik Peters (oben), Elke A. Jung-Wolff/Henry Herrmann (unten)<br />
WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
Rund 200 Gäste kamen zur Festveranstaltung des UV Rostock.<br />
Festakt 25 Jahre UV Rostock<br />
Ein Vierteljahrhundert für die Region<br />
Rostock. Ende November feierte der Unternehmerverband<br />
(UV) Rostock-Mittleres<br />
Mecklenburg sein 25-jähriges Bestehen<br />
mit einem feierlichen Festakt im<br />
Barocksaal in Rostock. Präsident Frank<br />
Haacker und Geschäftsführerin Manuela<br />
Balan begrüßten neben zahlreichen langjährigen<br />
Mitgliedern auch den Ministerpräsidenten<br />
von Mecklenburg-Vorpommern<br />
Erwin Sellering (SPD), Energieminister<br />
Christian Pegel (SPD) und Rostocks<br />
Oberbürgermeister Roland Methling (parteilos)<br />
unter den 200 geladenen Gästen.<br />
<br />
<strong>W+M</strong><br />
Studenten der Hochschule für<br />
Musik und Theater Rostock<br />
untermalten das Jubiläum<br />
feierlich.<br />
Frank Haacker dankt langjährigen Mitgliedern für ihre Treue: Axel Erdmann (FSN Autohaus),<br />
Holger Graf (GRAF Medizintechnik), Mario Derer (Hotel NEPTUN) und Axel Neubert (VR Bank,<br />
v. l.).<br />
Fotos: www.holger-martens.com<br />
Frank Meißler<br />
(GLOBUS Rostock)<br />
war unter den<br />
Gästen der<br />
Veranstaltung. Das Netzwerken kam nicht zu kurz.<br />
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60 | <strong>W+M</strong> NETZWERK<br />
Mikroskope für<br />
den Weltmarkt<br />
Rathenow. Interessierte Mitglieder des<br />
VBIW besuchten kürzlich die ASKANIA Mikroskop<br />
Technik Rathenow GmbH und wurden<br />
von Geschäftsführer Ralf-Peter Lautenschläger<br />
in die Geschichte des Mikroskopbaus<br />
in Rathenow eingeführt. Die Entwicklung<br />
der optischen Industrie und auch<br />
der Bau von Mikroskopen in Rathenow geht<br />
auf den Pfarrer Johann Heinrich August<br />
Duncker zurück. Im Jahr 18<strong>01</strong> hatten er<br />
und Samuel Christoph Wagner die "Königlich<br />
privilegierte optische Industrie-Anstalt"<br />
in Rathenow gegründet, in welcher auf einer<br />
von Duncker und Wagner patentierten<br />
Vielspindelschleifmaschine gleichzeitig elf<br />
Linsen geschliffen wurden. Diese wurden<br />
Vielspindelschleifmaschine von Duncker,<br />
patentiert 18<strong>01</strong>.<br />
Technisches Mikroskop TM 2 für<br />
die Kontrolle von Glasfasern.<br />
in Brillen, Lupen, Fernrohre und Mikroskope<br />
eingesetzt. Das Bild oben zeigt einen<br />
Nachbau der Maschine, welcher im Optik-<br />
Industrie-Museum-Rathenow zu besichtigen<br />
ist. Duncker, der schon vorher Mikroskope<br />
handwerklich gefertigt hatte, begründete<br />
mit dieser Maschine die industrielle<br />
Fertigung von Linsen und Brillengläsern.<br />
1845 übernahm Emil Busch das Unternehmen<br />
und entwickelte es weiter. Seit 1908<br />
firmierte der Betrieb unter dem Namen<br />
"Emil Busch AG Optische Industrie". Nach<br />
dem Ende des zweiten Weltkrieges wurde<br />
das Unternehmen enteignet und der VEB<br />
Rathenower Optische Werke „Hermann<br />
Duncker“ (ROW) gegründet.<br />
1991 folgte die Privatisierung des Bereichs<br />
Mikroskop-Technik des ROW unter dem<br />
Namen ASKANIA Werke Rathenow GmbH<br />
& Co. KG. Nach dem Konkurs des Unternehmens<br />
wurde 1995 die ASKANIA Mikroskop<br />
Technik Rathenow GmbH von den Geschäftsführern<br />
Carla und Ralf-Peter Lautenschläger<br />
neu gegründet. Zwei Jahre später<br />
zog der Betrieb in das neue Firmengebäude.<br />
Produziert werden Nischenprodukte<br />
wie Stereomikroskope, Technische Mikroskope,<br />
Labor- und Routinemikroskope sowie<br />
College-Mikroskope. Der mittelständische<br />
Betrieb zählt heute zu den innovativsten<br />
Unternehmen im Landkreis Havelland.<br />
Er wurde bereits 2007 mit dem Innovationspreis<br />
des Landkreises ausgezeichnet.<br />
Die meisten Neu- und Weiterentwicklungen<br />
sind im Bereich der optischen Qualitätskontrolle,<br />
optischen Messtechnik und<br />
Bilddokumentationen entstanden. Auch gelang<br />
die Entwicklung eines Stereomikroskops.<br />
Die produzierten Mikroskope werden<br />
hauptsächlich in den Bereichen Medizin<br />
und Mikroelektronik eingesetzt. Verkauft<br />
werden sie vor allem im asiatischen<br />
Raum. Die Probleme, dort erfolgreich am<br />
Markt tätig zu sein, erläuterte Ralf-Peter<br />
Lautenschläger in eindrucksvoller Weise.<br />
Neben der Herstellung neuer Mikroskope<br />
führt der Betrieb Reparatur- und Wartungsarbeiten<br />
an Mikroskopen und anderen optischen<br />
Instrumenten durch. Bekanntestes<br />
Beispiel ist das Brachymedial-Fernrohr des<br />
Ingenieurs Edwin Rolf, das heute im Optikpark<br />
Rathenow aufgestellt ist.<br />
Der Mikroskop Technik Rathenow GmbH<br />
ist es gelungen, die Tradition des Baus von<br />
Mikroskopen erfolgreich in Rathenow fortzuführen.<br />
In der Stadt arbeiten überdies<br />
Produzenten von Brillengläsern, Brillengestellen,<br />
Linsen und Geräten für Augenoptiker,<br />
darunter auch die Fielmann AG. Sie alle<br />
sorgen für den Fortbestand Rathenows als<br />
Standort der optischen Industrie.<br />
Dr. Norbert Mertzsch (VBIW)<br />
EINLADUNG ZUR<br />
JAHRESHAUPTVERSAMMLUNG<br />
Der Vorstand des VBIW lädt alle<br />
Mitglieder des Vereins zur Jahreshauptversammlung<br />
2<strong>01</strong>6, gleichzeitig Wahlversammlung,<br />
ein.<br />
Termin: 28.<strong>01</strong>.<strong>2<strong>01</strong>7</strong>, 10:00 Uhr<br />
(Imbiss ab 9:15 Uhr)<br />
Ort: Im Technologiepark 25,<br />
15236 Frankfurt (Oder).<br />
Den traditionellen Vortrag hält in diesem<br />
Jahr unser Mitglied Prof. h.c. Dr.-Ing. Dr.<br />
oec. Karl Döring zum Thema „Michail<br />
Lomonossow – Leben und Wirken des<br />
russischen Universalgelehrten, Begründer<br />
der russischen Metallurgie“. Darauf<br />
aufbauend wird der Referent auf die<br />
deutsch-russischen Beziehungen, bezogen<br />
auf die Stahlwirtschaft, eingehen.<br />
Fotos: Mikroskop Technik Rathenow GmbH (oben), Rudolf Miethig (VBIW, unten)<br />
WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
VBIW | 61<br />
Schiffshebewerk Niederfinow alt und neu.<br />
Im Barnim überwindet ein<br />
Fahrstuhl die Höhendifferenz …<br />
Niederfinow (Barnim). Zwischen Niederfinow<br />
und Oranienburg (Lehnitzer Schleuse)<br />
muss der Oder-Havel-Kanal einen Höhenunterschied<br />
von 36 Metern überwinden.<br />
Ursprünglich wurde das durch eine<br />
vierstufige Schleusentreppe bewerkstelligt.<br />
Schleusentreppen haben die Nachteile<br />
der langen Schleusenzeit und des Wasserverlustes.<br />
Deshalb war die Schleusentreppe<br />
Niederfinow 1934 durch ein Schiffshebewerk<br />
ergänzt worden. Es tut zuverlässig<br />
seinen Dienst, zeigt keine Altersschwäche.<br />
Doch passen die neuen Güter- und<br />
Containerschiffe mit bis zu 110 Metern<br />
Länge heute nicht mehr in den Trog des<br />
Fahrstuhls, und die hoch beladenen Containerschiffe<br />
können gar nicht verkehren.<br />
Für 285 Millionen Euro wird derzeit das<br />
neue Schiffshebewerk Niederfinow Nord<br />
erbaut. Es sollte bereits fertig sein, derzeit<br />
spricht man von einer Eröffnung 2<strong>01</strong>8. Das<br />
alte Hebewerk soll auch danach eine Zeit<br />
lang parallel betrieben werden, um dann<br />
als technisches Denkmal Besucher anzulocken.<br />
Das Konzept des Wasser- und Schifffahrtsamtes<br />
Eberswalde sieht vor, die gesamte<br />
Havel-Oder-Wasserstraße so zu erweitern,<br />
dass Europaschiffe mit 110 Metern Länge<br />
und 11,40 Metern Breite von Berlin nach<br />
Stettin fahren können. Das bedeutet drei<br />
Meter Tiefe und eine Durchfahrtshöhe von<br />
5,25 Metern. Damit könnte wenigstens ein<br />
Teil des Lkw-Verkehrs ersetzt werden.<br />
Rudolf Miethig (VBIW)<br />
… und im Böhmerwald ein<br />
Schwemmkanal die Wasserscheide<br />
Foto + Schaubild: Rudolf Miethig (VBIW)<br />
An den Hängen des Plöckensteins beginnt<br />
der Schwarzenbergsche Schwemmkanal.<br />
Er verläuft über Böhmen nach Österreich<br />
in die Große Mühl, welche ihrerseits<br />
in die Donau mündet. Nach seiner Inbetriebnahme<br />
1791 wurde der Schwemmkanal<br />
als ingenieurtechnische Meisterleistung,<br />
als „8. Weltwunder“ gefeiert,<br />
wohl insbesondere deshalb, weil er auf<br />
seinem Weg nach Süden die Europäische<br />
Hauptwasserscheide überquert.<br />
Der Ingenieur Joseph Rosenauer, Absolvent<br />
der Wiener Ingenieurakademie<br />
VBIW – Verein Brandenburgischer<br />
Ingenieure und Wirtschaftler e. V.<br />
Landesgeschäftsstelle:<br />
Fürstenwalder Str. 46,<br />
15234 Frankfurt (Oder)<br />
Tel.: 0335 8692151<br />
E-Mail: buero.vbiw@t-online.de<br />
Internet: www.vbiw-ev.de<br />
Schwarzes Meer<br />
Schwemmkanal<br />
Nordsee<br />
Wasserscheide<br />
Über- oder<br />
Unterqueren<br />
oder<br />
Anzapfen<br />
der Bäche<br />
Schwemmkanal<br />
zusätzliche Speisung<br />
aus Bergseen bei<br />
Schwemmung<br />
Nordsee<br />
Streckenführung des Schwemmkanals, prinzipielle Darstellung.<br />
und auch Landvermesser<br />
im Dienst des<br />
Fürsten zu Scharzenberg,<br />
ersann und vermaß<br />
die Trasse, auf<br />
der man Holz aus<br />
dem Böhmerwald in<br />
die Hauptstadt Wien<br />
schwemmen konnte.<br />
Der Fürst ließ den<br />
Kanal 1822 neuerlich<br />
verlängern. Zum<br />
Anschluss an den alten<br />
Kanal musste ein<br />
Sattel durchschnitten<br />
werden, was Rosenauer<br />
mittels eines 419 Meter langen<br />
Tunnels bewerkstelligte.<br />
Wie es gelang, dass der Kanal eine kontinentale<br />
Wasserscheide überwand, wird<br />
in der vorgefundenen Literatur nicht ausdrücklich<br />
erklärt. Es ist offensichtlich der<br />
Verlauf des Kanals quer zur Fließrichtung<br />
der Bäche, der es möglich macht. Die Bäche<br />
folgen aufgrund der Schwerkraft der<br />
am steilsten talwärts führenden Linie. Rosenauer<br />
leitete ihr Wasser quer zu diesem<br />
natürlichen Lauf in einen Kanal ab, bis dieser<br />
die Wasserscheide an der geplanten<br />
Stelle erreichte und queren konnte (siehe<br />
Grafik).<br />
Rudolf Miethig (VBIW)<br />
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62 | <strong>W+M</strong> NETZWERK<br />
UV Sachsen<br />
UNTERNEHMERABEND ZU INDUSTRIE 4.0<br />
Dresden. Auf große Resonanz stieß der<br />
Unternehmerabend des UV Sachsen Ende<br />
Oktober zum Thema Industrie 4.0. Gastgeber<br />
Volker Wahl, Geschäftsführer der WaCo<br />
Gerätetechnik GmbH, begrüßte die Teilnehmer<br />
in seinen Geschäftsräumen. Als Vizepräsident<br />
des Unternehmerverbandes (UV)<br />
Sachsen stimmte er gemeinsam mit UV-Geschäftsführer<br />
Lars Schaller auf den Abend<br />
ein. Im Anschluss wurde über die Aufgaben<br />
des Mittelstandes sowie die rechtlichen Bedingungen<br />
und Risiken unter den Herausforderungen<br />
der Digitalisierung referiert.<br />
Abschließend ermöglichte Wahl auf einem<br />
Unternehmensrundgang interessante Einblicke<br />
in die von moderner Technik geprägte<br />
Produktion. WaCo konstruiert und fertigt<br />
kundenspezifische Blechteile, Baugruppen<br />
und komplette Geräte. Aktuell produziert<br />
das Unternehmen unter anderem die Schaltschränke<br />
für den neuen ICE 4.<br />
ZUKUNFTSPREIS DER SÄCHSISCHEN WIRTSCHAFT VERLIEHEN<br />
Das Gründerteam der TU Dresden Senorics erhält den Zukunftspreis der Sächsischen Wirtschaft.<br />
Radebeul. Senorics, das Gründerteam<br />
der Technischen Universität (TU) Dresden,<br />
wurde im Oktober auf Schloss Wackerbarth<br />
mit dem Zukunftspreis der<br />
Sächsischen Wirtschaft ausgezeichnet.<br />
Der mit 3.000 Euro dotierte Preis<br />
wird unter anderem vom Unternehmerverband<br />
Sachsen gestiftet. Senorics<br />
hat neuartige organische Sensoren im<br />
Briefmarkenformat entwickelt, die in der<br />
Landwirtschaft zum Einsatz kommen,<br />
um den Reifegrad sowie den Feuchteoder<br />
Proteingehalt des Ernteguts bereits<br />
auf dem Feld zu bestimmen. Damit ist es<br />
gelungen, ein spektroskopisches Messverfahren,<br />
das heute nur mit großen, teuren<br />
Geräten im Labor durchgeführt werden<br />
kann, in einem kompakten, mobilen<br />
Gerät zu ermöglichen. Die Technologie<br />
soll nun weiterentwickelt und auf<br />
den Markt gebracht werden. Neben dem<br />
Agrarmarkt sehen die Gründer zahlreiche<br />
weitere Anwendungsfelder in der Medizin,<br />
der Pharma branche oder der Industrieautomation.<br />
TEILNEHMERREKORD BEIM 8. LEIPZIGER PERSONALFORUM<br />
In den Workshops des Leipziger Personalforums wurden die Auswirkungen der Digitalisierung auf<br />
Belegschaften diskutiert.<br />
Leipzig. Dem 8. Leipziger Personalforum,<br />
organisiert vom Unternehmerverband<br />
Sachsen und der IHK Leipzig, gelang<br />
mit rund 100 Gästen ein neuer Teilnehmerrekord.<br />
Den Auftakt der Veranstaltung<br />
zum Thema Digitalisierung und<br />
Vernetzung in der Arbeitswelt machte ein<br />
Vortrag von Architekt Guido Rottkämper.<br />
Anschließend wurde aus unterschiedlichen<br />
Branchen über den digitalen Einzug<br />
in die Unternehmen referiert. Dorit Sieber,<br />
Personalleiterin der Messeprojekt<br />
GmbH, berichtete von der Einführung einer<br />
"revolutionären" Messebau-App und<br />
die damit gestiegenen Ansprüche an ihre<br />
Mitarbeiter. Nach Workshops rund um<br />
die Digitalisierung bei der Bindung, Gewinnung<br />
und Fortbildung der Mitarbeiter<br />
wurde der Tag mit einer Podiumsdiskussion<br />
zur neuen Personaler-Rolle beendet.<br />
Das 9. Leipziger Personalforum wird am<br />
9. November <strong>2<strong>01</strong>7</strong> stattfinden.<br />
Fotos: Claudia Koslowski<br />
WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
UNTERNEHMERVERBÄNDE | 63<br />
UV Brandenburg-Berlin<br />
UMDENKEN IN DER STROMPREISPOLITIK<br />
GEFORDERT<br />
Der UVBB warnt vor Kostenexplosionen auf<br />
dem Strommarkt.<br />
Potsdam. Das Präsidium des Unternehmerverbandes<br />
Brandenburg-Berlin<br />
(UVBB) nahm jüngst Stellung zur Strompreispolitik.<br />
Die jüngere Energiewende,<br />
die mit dem Ausstieg aus der Atomkraft<br />
UV Ostdeutschlands und Berlin<br />
BRANDBRIEF ZUR INSOLVENZANFECHTUNG<br />
Leipzig. Die Interessengemeinschaft (IG)<br />
der Unternehmerverbände Ostdeutschlands<br />
und Berlin nimmt in einem Brief an<br />
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel<br />
Stellung zur geplanten Reform der Insolvenzanfechtung.<br />
Die Reform sei aus<br />
Sicht der Wirtschaft längst überfällig. Für<br />
Unternehmen als Gläubiger bestehe bei<br />
Anfechtungen ein hohes Rückzahlungsrisiko<br />
für abgeschlossene Geschäfte, das<br />
aktuell kaum kalkulierbar sei. Um ein solches<br />
Risiko zu vermeiden, müssten Unternehmen<br />
bei Vorliegen erster Anzeichen<br />
von Zahlungsschwierigkeiten ihrer<br />
Kunden die Zusammenarbeit einstellen<br />
und unter Umständen Rückstellungen für<br />
in Deutschland im Jahr 2<strong>01</strong>1 einsetzte,<br />
sei mit gewaltigen Investitionen einhergegangen.<br />
Das verdeutliche sich nun scheinbar<br />
in einer Strompreisspirale, so der Verband.<br />
Höhere Umlagen, Steuern und Abgaben<br />
würden – ohne die reine, immer<br />
schon bestehende Stromsteuer – inzwischen<br />
30 Prozent der Stromkosten ausmachen,<br />
Tendenz steigend. Die Netzbetreiber<br />
müssten unter schwierigen Bedingungen<br />
immer mehr leisten und dem<br />
Kunden würden Kostenexplosionen drohen.<br />
Es sei aber kaum jemandem zu erklären,<br />
dass Betriebe und Privathaushalte<br />
in Gebieten mit stärkerem Ausbau Erneuerbarer<br />
Energien höhere Netzentgelte<br />
zahlen als weniger um die Energiewende<br />
Bemühte. Der UVBB fordert deshalb eine<br />
Reform des regionalen Netznutzungsentgelts<br />
hin zu einem bundesweiten Ausgleich,<br />
Schluss mit der Bevorteilung von<br />
Großunternehmen bei der sogenannten<br />
Ökosteuer und außerdem die Nutzung<br />
der CO 2<br />
-Abgabe als Lenkungssteuer für<br />
die Energiewende.<br />
diesen Zeitraum bilden, die die Liquidität<br />
beanspruchen. Auch würden dadurch Anschlussinsolvenzen<br />
drohen. Das belaste<br />
insbesondere kleine und mittelständische<br />
Unternehmen enorm, so die IG in<br />
ihrem Brief. Es sei deshalb wichtig, dass<br />
die Reform nicht zu einer übermäßigen<br />
Übervorteilung des Fiskus führe und die<br />
Anfechtungsfrist für Deckungsgeschäfte<br />
auf maximal zwei Jahre verkürzt werde.<br />
Die im Regierungsentwurf vorgesehene<br />
Anfechtungsfrist von vier Jahren sei<br />
für Deckungsgeschäfte zu lang, da sie im<br />
Geschäftsverkehr keine Planungs- und<br />
Rechtssicherheit für die von Anfechtung<br />
betroffenen Unternehmen schaffe.<br />
GESCHÄFTSSTELLEN<br />
Unternehmerverband Berlin e. V.<br />
Präsident: Armin Pempe<br />
Hauptgeschäftsstelle<br />
Hauptgeschäftsführer: Niklas Graf von Bernstorff<br />
Frankfurter Allee 202, 10365 Berlin<br />
Tel.: +49 30 9818500<br />
Fax: +49 30 9827239<br />
E-Mail: mail@uv-berlin.de<br />
Internet: www.uv-berlin.de<br />
Unternehmerverband Brandenburg-Berlin e. V.<br />
Präsident: Dr. Burkhardt Greiff<br />
Geschäftsführer: Steffen Heller<br />
Hauptgeschäftsstelle<br />
Jägerstraße 18, 14467 Potsdam<br />
Tel.: +49 331 810306<br />
Fax: +49 331 8170835<br />
E-Mail: potsdam@uv-bb.de<br />
Internet: www.uv-bb.de<br />
Geschäftsstelle Berlin<br />
Charlottenstraße 80, 1<strong>01</strong>17 Berlin<br />
Tel.: +49 30 2045990<br />
Fax: +49 30 20959999<br />
E-Mail: berlin@uv-bb.de<br />
Geschäftsstelle Cottbus<br />
Schillerstraße 71, 03046 Cottbus<br />
Tel.: +49 355 22658<br />
Fax: +49 355 22659<br />
E-Mail: cottbus@uv-bb.de<br />
Unternehmerverband Norddeutschland<br />
Mecklenburg-Schwerin e. V.<br />
Präsident: Rolf Paukstat<br />
Hauptgeschäftsstelle<br />
Hauptgeschäftsführerin: Pamela Buggenhagen<br />
Gutenbergstraße 1, 19061 Schwerin<br />
Tel.: +49 385 569333<br />
Fax: +49 385 5685<strong>01</strong><br />
E-Mail: mecklenburg@uv-mv.de<br />
Internet: mecklenburg.uv-mv.de<br />
Unternehmerverband Rostock-Mittleres<br />
Mecklenburg e. V.<br />
Präsident: Frank Haacker<br />
Hauptgeschäftsstelle<br />
Geschäftsführerin: Manuela Balan<br />
Wilhelm-Külz-Platz 4<br />
18055 Rostock<br />
Tel.: +49 381 242580<br />
Fax: +49 381 2425818<br />
E-Mail: info@rostock.uv-mv.de<br />
Internet: www.uv-mv.de<br />
Unternehmerverband Sachsen e. V.<br />
Präsident: Hartmut Bunsen<br />
Geschäftsführer: Lars Schaller<br />
Hauptgeschäftsstelle<br />
Bergweg 7, 04356 Leipzig<br />
Tel.: +49 341 52625844<br />
Fax: +49 341 52625833<br />
E-Mail: info@uv-sachsen.org<br />
Internet: www.uv-sachsen.de<br />
Geschäftsstelle Chemnitz<br />
Marianne-Brandt-Str. 4, 09112 Chemnitz<br />
Tel.: +49 371 49512912<br />
Fax: +49 371 49512916<br />
E-Mail: chemnitz@uv-sachsen.org<br />
Geschäftsstelle Dresden<br />
Semperstraße 2b, <strong>01</strong>069 Dresden<br />
Tel.: +49 351 8996467<br />
Fax: +49 351 8996749<br />
E-Mail: dresden@uv-sachsen.org<br />
Unternehmerverband Sachsen-Anhalt e. V.<br />
Präsident: Jürgen Sperlich<br />
Geschäftsführer: Dr. Andreas Golbs<br />
Geschäftsstelle Halle/Saale<br />
Berliner Straße 130, 06258 Schkopau<br />
Tel.: +49 345 78230924<br />
Fax: +49 345 7823467<br />
Unternehmerverband Thüringen e. V.<br />
Präsident: Jens Wenzke<br />
c/o IHK Erfurt - Abteilung Standortpolitik<br />
Arnstädter Str. 34, 99096 Erfurt<br />
Tel.: +49 361 4930811<br />
Fax: +49 361 4930826<br />
E-Mail: info@uv-thueringen.de<br />
Internet: www.uv-thueringen.de<br />
Unternehmerverband Vorpommern e. V.<br />
Präsident: Gerold Jürgens<br />
Geschäftsführer: N. N.<br />
Geschäftsstelle<br />
Am Koppelberg 10, 17489 Greifswald<br />
Tel.: +49 3834 835823<br />
Fax: +49 3834 835825<br />
E-Mail: uv-vorpommern@t-online.de<br />
Internet: vorpommern.uv-mv.de<br />
www.WundM.info WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
64 | <strong>W+M</strong> PORTRÄTS<br />
Axel Ekkernkamp<br />
Gesundheitspolitischer Vordenker<br />
VISIONÄRE<br />
Eigentlich könnte sich Professor Axel<br />
Ekkernkamp beruhigt zurücklehnen<br />
und beruflich schon mit jungen 59 Jahren<br />
den Fuß vom Gas nehmen. Denn er hat<br />
ein Lebenswerk geschaffen, das national<br />
und international höchste<br />
Wertschätzung genießt –<br />
das Unfallkrankenhaus Berlin-Marzahn<br />
(ukb). Ekkernkamp<br />
hat das ukb, das zu den modernsten<br />
Kliniken Europas zählt, seit 1994 geplant,<br />
aufgebaut und in Betrieb genommen. Er ist<br />
seit 1996 Ärztlicher Direktor und seit 1999<br />
Geschäftsführer des Unfallkrankenhauses.<br />
Doch von Ruhe, Auszeit oder Schongang<br />
hält der gebürtige Bielefelder gar nichts. Im<br />
Gegenteil, der renommierte Unfallchirurg<br />
ist rastlos, energiegeladen und steckt voller<br />
Ideen. Tagtäglich klingelt morgens um<br />
4:20 Uhr sein Wecker im Brandenburger<br />
Umland. Gegen 6:30 Uhr trifft er im ukb<br />
ein und leitet ab 6:45 Uhr die Visite. Es folgen<br />
Termine im Halbstundentakt, selten<br />
STECKBRIEF<br />
Axel Ekkernkamp wurde am 17. August<br />
1957 in Bielefeld geboren. Nach dem<br />
Abitur studierte er Medizin in Münster<br />
und Bern. 1983 wurde er promoviert. Es<br />
folgten erste Stationen als Arzt in Wien,<br />
Osnabrück, München und Bochum.<br />
1994 wurde er zum Direktor der Klinik<br />
für Unfallchirurgie des Unfallkrankenhauses<br />
Berlin (ukb) gewählt, zwei Jahre<br />
später folgte die Bestellung zum Ärztlichen<br />
Direktor. Seit 1999 ist Ekkernkamp<br />
Geschäftsführer am ukb. Ebenfalls seit<br />
1999 ist er ordentlicher Professor an der<br />
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald.<br />
Axel Ekkernkamp ist verheiratet.<br />
ist er vor 23:00 Uhr wieder<br />
zu Hause. Mit Hochdruck<br />
und Leidenschaft arbeitet<br />
er an der Fortentwicklung<br />
seines Lebenswerkes.<br />
„Bei uns wird kein<br />
Patient abgewiesen.“<br />
Die medizinische<br />
Laufbahn<br />
war Axel Ekkernkamp<br />
nicht in die Wiege gelegt worden.<br />
In seiner westfälischen Familie wurde<br />
man eher Jurist oder Manager. Als Junge<br />
war er begeisterter Fußballer. Im Alter<br />
von neun Jahren kickte er an der Seite<br />
des späteren Bundesligaprofis Ewald Lienen<br />
beim Traditionsklub Arminia Bielefeld,<br />
für den er noch heute die Daumen hält.<br />
Auf der Bielefelder Alm verdiente er auch<br />
sein erstes Geld, als Ordner beim Kartenabreißen.<br />
Nach dem Abitur zog es ihn zum Medizinstudium,<br />
erst nach Münster, später nach<br />
Bern. Ursprünglich wollte er Orthopäde<br />
werden, wurde jedoch von seinen medizinischen<br />
Mentoren überzeugt, sich auf die<br />
wesentlich spannendere Unfallchirurgie einzulassen.<br />
Auf den ehrgeizigen und schon in jungen<br />
Jahren promovierten Mediziner wurde der<br />
Berufsgenossenschaftliche Klinikverbund<br />
aufmerksam. Man stellte ihm den Posten<br />
des Ärztlichen Direktors an der Berufsgenossenschaftlichen<br />
Klinik in Duisburg in<br />
Aussicht. Bis eines Tages die Anfrage kam,<br />
ob er sich vorstellen könne, nach Marzahn<br />
zu gehen. Axel Ekkernkamp: „Ich sagte, ich<br />
könne mir vieles vorstellen, aber wo bitte<br />
ist Marzahn?“ Die anfängliche Irritation verflog<br />
rasch, nachdem Ekkernkamp klar geworden<br />
war, welche Chance man ihm offerierte:<br />
Er durfte ein Krankenaus von der<br />
Pike auf planen, bauen, leiten und entwickeln.<br />
Das ukb war der erste Klinikneubau<br />
im Osten Berlins seit der Wiedervereinigung.<br />
Noch heute blickt er fasziniert zurück:<br />
„Es kommt äußerst selten vor, dass man<br />
ein Krankenhaus von null aufbauen kann.“<br />
Ekkernkamps 1.600 Mitarbeiter versorgen<br />
heute pro Jahr 100.000 Patienten. Gut<br />
60.000 davon in Deutschlands größter Rettungsstelle.<br />
In 25 Fachbereichen sowie auf<br />
20 Stationen mit rund 550 Betten wird das<br />
Credo des Chefs umgesetzt: „Bei uns wird<br />
kein Patient abgewiesen.“<br />
Mit jedem Monat kommt er der Realisierung<br />
seiner Vision näher: „Wir entwickeln<br />
hier einen umfassenden Gesundheitscampus,<br />
der die Sektorengrenzen zwischen niedergelassenen<br />
Ärzten, Krankenhäusern<br />
und Rehabilitation durchbricht und alle Gewerke<br />
sinnvoll vernetzt.“ Erst vor kurzem<br />
wurde eine Poliklinik am Standort eröffnet,<br />
in Planung befinden sich eine Reha-Klinik,<br />
eine Akutgeriatrie und eine psychosomatische<br />
Klinik. Ekkernkamps jüngster Coup<br />
ist ein hochmodernes Schlaganfallmobil,<br />
das ab Dezember vom ukb aus Leben retten<br />
wird.<br />
Karsten Hintzmann<br />
Foto: M. Hübner/ukb<br />
WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
MACHER<br />
<strong>W+M</strong> PORTRÄTS | 65<br />
Michael Reizel<br />
Mister Altersvorsorge<br />
Foto: BVUK.GmbH<br />
Wenn man sich mit Michael Reizel<br />
zum Gespräch trifft, dauert<br />
es nicht lange und man ist bei<br />
einem seiner Herzensthemen angelangt –<br />
dem Sport. Ob Fußball, Basketball, Tennis<br />
oder Biathlon, er begeistert sich für viele<br />
Sportarten. Dem Tennis ist der 52 Jahre<br />
alte Würzburger Unternehmer bis heute als<br />
Aktiver treu geblieben. Wenn es die Zeit zulässt,<br />
greift er einmal die Woche zum Schläger<br />
und treibt seinen Trainer für eine Stunde<br />
über den Court, wie er schmunzelnd verrät.<br />
„Sport führt Menschen aller gesellschaftlichen<br />
Schichten und Generationen zusammen.<br />
Wo findet man es sonst noch, dass<br />
der Arbeiter und der Manager einträchtig<br />
nebeneinander sitzen und sich bei jedem<br />
Tor ihrer Mannschaft um den Hals fallen?<br />
Das gibt es nur im Stadion.“ Neben der Faszination,<br />
dass Sport Grenzen und Schranken<br />
scheinbar mühelos überwindet, schätzt<br />
Michael Reizel vor allem auch die Parallelen<br />
zum Unternehmertum: „Sport heißt Wettkampf,<br />
sich durchzusetzen. Ich fördere gern<br />
erfolgreiche Sportler.“ Zu ihnen gehören der<br />
mehrfache Schwimmweltmeister Thomas<br />
Lurz und die Thüringer Biathlonolympiasiegerin<br />
Kati Wilhelm, die heute Botschafter<br />
und Repräsentanten von Reizels Unternehmen,<br />
der BVUK. Gruppe, sind.<br />
Sein breites gesellschaftliches<br />
Engagement, das<br />
von der Unterstützung<br />
benachteiligter Kinder bis<br />
zum Sponsoring des Bundesli-<br />
gateams<br />
der s.Oliver<br />
Baskets reicht,<br />
war Reizel nicht<br />
immer schon möglich. Denn auch er<br />
hat klein als selbstständiger Vertreter in<br />
der Finanz- und Versicherungsbranche angefangen.<br />
Mit 36 Jahren gründete er die<br />
BVUK. Gruppe, ein auf die betriebliche<br />
Altersvorsorge spezialisiertes Unternehmen.<br />
„Als Unternehmer durchläuft man<br />
drei verschiedene Phasen. Und jede Phase<br />
verlangt ihre eigenen Prioritäten“, sagt<br />
Reizel rückblickend. Zunächst ging es für<br />
ihn und sein kleines Team darum, die Firma<br />
aufzubauen und im Markt zu etablieren.<br />
Phase zwei hieß dann Konsolidierung<br />
des Geschäftes. Bereits seit einigen<br />
Jahren befindet sich Reizel mit seiner<br />
BVUK. Gruppe in der Phase des gezielten<br />
Unternehmensausbaus, wobei er<br />
besonders stark auf Nachhaltigkeit und<br />
hohe Qualität setzt. Derzeit umfasst die<br />
BVUK. Gruppe mehr als 100 Mitarbeiter.<br />
Der Erfolg, den er deutschlandweit mit<br />
maßgeschneiderten Konzepten der betrieblichen<br />
Altersvorsorge für mittelständische<br />
und große Unternehmen hat, gibt<br />
ihm dabei recht. In dieser dritten Phase ist<br />
es Reizel mehr und mehr möglich, andere<br />
am Erfolg seiner unternehmerischen Arbeit<br />
teilhaben zu lassen – sozial schwache Menschen,<br />
Sportler und Sportvereine.<br />
Aber er gibt nicht nur ab von den Gewinnen,<br />
die die BVUK. Gruppe erwirtschaftet,<br />
er engagiert sich auch in einem brisanten<br />
„Die Menschen dürfen<br />
in Rentenfragen nicht zu<br />
staatsgläubig sein.“<br />
gesellschaftlichen Diskurs, der Rentendebatte.<br />
Michael Reizel: „Ich möchte mithelfen,<br />
den Menschen die Augen zu öffnen,<br />
dass sie hinsichtlich ihrer finanziellen Ausstattung<br />
im Alter nicht zu staatsgläubig<br />
sind. Sie müssen sich<br />
rechtzeitig individuell<br />
um ihre Altersabsicherung<br />
kümmern, denn<br />
der Staat kann das nicht<br />
schultern.“ Allerdings müsse der Staat, so<br />
Reizels Forderung an die Politik, konkrete<br />
Anreize dafür schaffen, dass sowohl Arbeitgeber<br />
als auch Arbeitnehmer Eigeninitiative<br />
in Sachen Altersvorsorge entwickeln.<br />
Reizel: „Das ist ein wichtiger gesellschaftlicher<br />
Auftrag. Unsere Mandanten, also die<br />
mit uns kooperierenden Arbeitgeber, sorgen<br />
dafür, dass ihre Beschäftigten ein auskömmliches<br />
Einkommen nach ihrem aktiven<br />
Arbeitsleben haben.“<br />
Karsten Hintzmann<br />
STECKBRIEF<br />
Michael Reizel wurde im Dezember 1963<br />
in Frankfurt am Main geboren. Sein gesamtes<br />
Arbeitsleben hat er bislang in<br />
der Finanz- und Versicherungsbranche<br />
verbracht. Im Jahr 2000 gründete er die<br />
auf betriebliche Altersvorsorge spezialisierte<br />
BVUK. Gruppe in Würzburg. Die<br />
BVUK. Gruppe unterhält Büros in Nürnberg,<br />
Hamburg, Dresden, Berlin und Baden-Baden.<br />
Er ist in mehrfacher Funktion<br />
Förderer des Breiten- und Leistungssports<br />
und seit 2<strong>01</strong>6 Kurator der<br />
Deutschen Sporthilfe. Michael Reizel ist<br />
verheiratet und Vater von zwei Kindern.<br />
www.WundM.info WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
66 | <strong>W+M</strong> DIE LETZTE SEITE<br />
Ausblick auf die nächste Ausgabe<br />
Martin Luthers blühende Landschaften<br />
Das Jahr <strong>2<strong>01</strong>7</strong> steht ganz im Zeichen<br />
des großen Reformators Martin<br />
Luther, der 1483 in Eisleben (heute<br />
Sachsen-Anhalt) das Licht der Welt erblickte.<br />
All jene Stätten, wo Luther historische<br />
Spuren hinterließ, dürften in den<br />
kommenden Monaten zu Wallfahrtsorten<br />
werden. In unserer Titelgeschichte beleuchten<br />
wir, wie Wirtschaft und Tourismus<br />
in Sachsen-Anhalt, Thüringen, Sachsen<br />
und Brandenburg vom Gedenken an<br />
Luther profitieren. Mit Sachsen-Anhalts<br />
Ministerpräsidenten Dr. Reiner Haseloff<br />
sprechen wir über das Luther-Investitionsprogramm<br />
sowie seine persönliche Sicht<br />
als Katholik auf das Erbe des Kirchenrebellen<br />
Luther.<br />
Ein weiteres wichtiges Thema im Jahr<br />
<strong>2<strong>01</strong>7</strong> ist die Bundestagswahl, die im Herbst<br />
stattfindet. In der kommenden Ausgabe<br />
starten wir mit einer vierteiligen Serie, in<br />
der alle 130 ostdeutschen Bundestagsabgeordneten<br />
Bilanz aus ihrer Arbeit in der zu<br />
Ende gehenden Legislaturperiode ziehen.<br />
Allen Parlamentariern stellen wir die eine<br />
Frage: „Was haben Sie konkret für die regionale<br />
Wirtschaft in Ihrem Wahlkreis in der<br />
<strong>2<strong>01</strong>7</strong> zu Ende gehenden Wahlperiode geleistet?“<br />
Wir starten mit den 33 Bundestagsabgeordneten<br />
aus Sachsen und sind<br />
gespannt auf die Antworten.<br />
Darüber hinaus finden Sie wie gewohnt aktuelle<br />
Nachrichten und interessante Reportagen<br />
aus den neuen Bundesländern sowie<br />
einen informativen Ratgeberteil.<br />
Die nächste Ausgabe von<br />
WIRTSCHAFT+MARKT erscheint am<br />
23. Februar <strong>2<strong>01</strong>7</strong>.<br />
PERSONENREGISTER<br />
Aderhold, Jochen 7<br />
Ahlers, Edmund 21<br />
Arndt, Rommy 55<br />
Auerbach, Andreas 55<br />
Balan, Manuela 59<br />
Baldamus, Gunnar 57<br />
Berka, Klaus 10<br />
Bobach, Anja 6<br />
Bonew, Torsten 56<br />
Böther, Ulrich 33<br />
Braun, Helge 57<br />
Braun, Sebastian F. 27<br />
Brohm, Andreas 33<br />
Brückner, Jörg 31<br />
Bunse, Benno 47<br />
Bunsen, Hartmut 56, 57<br />
Bunsen, Ursula 56<br />
Burgmaier, Sylvia 58<br />
Burkert, Uwe 8<br />
Busch-Petersen, Nils 58<br />
Dembski, Felix 55<br />
Depp, Johnny 36<br />
Derer, Mario 59<br />
Döring, Karl 60<br />
Dubberstein, Bernd 6<br />
Dulig, Martin 30/31<br />
Ekkernkamp, Axel 64<br />
Engelke, Thomas 55<br />
Erdmann, Axel 59<br />
Erdoğan, Recep 3<br />
Faller-Moog, Judith 10<br />
Felgner, Jörg 6<br />
Fern, Oliver 8<br />
Ferriss, Timothy 49<br />
Gabriel, Sigmar 3, 43-44, 46, 63<br />
Gäde-Butzlaff, Vera 58<br />
Gleicke, Iris 3, 10, 43, 45<br />
Golze, Diana 48<br />
Gorholt, Martin 21<br />
Graf, Holger 59<br />
Grafe, Christian 41<br />
Grafe, Clemens 41<br />
Grafe, Matthias 41<br />
Grafe, Michael 41<br />
Gröhn, Klaus 56<br />
Gropp, Reint 57<br />
Gugerel, Manfred 58<br />
Gutman, Klemens 33<br />
Haacker, Frank 59<br />
Hahne, Peter 49<br />
Hartmann, Tim 55<br />
Hascher, Gerd 6/7<br />
Hascher, Tilman 7<br />
Hascher-Brückner, Ute 6<br />
Haseloff, Reiner 3, 43-47, 66<br />
Heimpold, Gerhard 39<br />
Heller, Steffen 57<br />
Hernández, Gregorio 56<br />
Herrmann, Ulrike 49<br />
Hesse, Jürgen 49<br />
Heuchert, Karsten 7<br />
Holst, Klaus-Ewald 7<br />
Holtemöller, Oliver 8<br />
Janßen, Gerhard 21<br />
Joras, Andrea 12, 44, 46/47<br />
Kahnemann, Daniel 49<br />
Kammerlander, Nadine 10<br />
Kieker, Burkhard 15<br />
Klostermann, Dieter R. 58<br />
Koch, Heico 37<br />
Kock am Brink, Ulla 58<br />
Koschmieder, Heiko 52/53<br />
Köster-Bruns, Carlotta 57<br />
Krüger, Marion 37<br />
Kühmstedt, Thomas 23<br />
Laakso, Jarmo 23<br />
Labrenz, Diana 56<br />
Lautenschläger, Carla 60<br />
Lautenschläger, Ralf-Peter 60<br />
Lienen, Ewald 64<br />
Lurz, Thomas 65<br />
Matysek, Steffen 56<br />
Mayer, Claus R. 58<br />
Meinel, Christoph 47<br />
Meißler, Frank 59<br />
Merkel, Angela 31<br />
Mertzsch, Norbert 60<br />
Methling, Roland 59<br />
Meyer, Jens-Uwe 43<br />
Montebaur, Alexander 6<br />
Müller, Lars 56<br />
Müller, Michael 3, 18-20, 43-46<br />
Neubert, Axel 59<br />
Nikolitsch, Mirko Alexander 9<br />
Oelmann, Angelika 58<br />
Özcan, Serkan 58<br />
Paukstat, Rolf 58<br />
Pegel, Christian 45/46, 59<br />
Piechullek, Steffen 26<br />
Piegert, Hans-Günter 31<br />
Ragnitz, Joachim 10, 42/43, 47<br />
Rätsch, Christian 55<br />
Reizel, Michael 65<br />
Rendez, Helmar 8<br />
Reuschel, Elke 56<br />
Reuschel, Mathias 56<br />
Roelecke, Carsten 49<br />
Rottkämper, Guido 62<br />
Schadock, Helga 57<br />
Schaller, Lars 57, 62<br />
Schneider, Kathrin 28<br />
Schrader, Hans Christian 49<br />
Schreiber, Malte 58<br />
Schubert, Torsten 24/25<br />
Schulz, Andreas 10<br />
Schulz, Axel 33<br />
Sellering, Erwin 59<br />
Sieber, Dorit 62<br />
Sommer, Thorsten 56<br />
Stefanović, Miloš 21<br />
Stemme, Reiner 21<br />
Stowasser, Sascha 48<br />
Strelecky, John 49<br />
Tillich, Stanislaw 30/31<br />
Trump, Donald 3<br />
Tunger, Reiner 8<br />
Ungvari, László21<br />
Urban, Manfred 38<br />
Vogelsänger, Jörg 29<br />
von Schoonhoven, Gerrit 10<br />
Wagenknecht, Sahra 49<br />
Wagner, Stefan 7<br />
Wahl, Volker 62<br />
Wanka, Johanna 3, 43-45<br />
Wassermann, Holger 50/51<br />
Weber, Michael 10<br />
Werner, Holger 47<br />
Westerhausen, Josef 57<br />
Wilhelm, Kati 65<br />
Willingmann, Armin 6<br />
Woidke, Dietmar 3, 43-46<br />
Woltmann, Jörg 58<br />
Wowereit, Klaus 18, 58<br />
Wringham, Robert 49<br />
Yusofov, Vitaly 22<br />
Zender, Wolfgang 10<br />
Zinnow, Pirko 57<br />
Foto: evgenyi/fotolia.com<br />
WIRTSCHAFT+MARKT | 1/<strong>2<strong>01</strong>7</strong>
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