GRÜNWEISS – das Magazin der DHfK-Handballer – Heft 10 – Saison 2016/17
Kostenloses Magazin zum Spiel der DKB Handball Bundesliga – SC DHfK Leipzig vs. HBW Balingen-Weilstetten – 17.12.2016 ARENA Leipzig
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SC <strong>DHfK</strong> hoch <strong>10</strong> Kolumne<br />
Von wegen postfaktisch<br />
Ich hätte auf Lucas Krzikalla hören sollen. Dann wäre<br />
ich am Dienstag Abend nicht mit einem so unguten<br />
Gefühl zum Pokal-Viertelfinale gegen Hannover in die<br />
Arena gegangen und nicht während <strong>der</strong> 60 Minuten<br />
auf meinem Platz unruhig hin- und hergerutscht.<br />
Aber da war die verdiente Heimnie<strong>der</strong>lage des SC<br />
<strong>DHfK</strong> gegen die Nie<strong>der</strong>sachen zu <strong>Saison</strong>beginn und<br />
<strong>der</strong>en mit vielen Nationalspielern gespicktes Aufgebot,<br />
<strong>das</strong> Respekt einflößte und Zweifel aufkommen<br />
ließ. Doch Lucas Krzikalla war sich bereits ein paar<br />
Tage vor dem Spiel sicher, <strong>das</strong>s es seine Mannschaft<br />
richten würde. „Wir lösen <strong>das</strong>“, versicherte<br />
<strong>der</strong> verletzte Rechtsaußen, als wir uns zufällig beim<br />
Bäcker trafen. Woher er denn seinen Optimismus<br />
nehme angesichts <strong>der</strong> eher ungünstigen Vorzeichen,<br />
wollte ich zwangsläufig wissen. So etwas spüre man<br />
im Training, lautete die Antwort des jungen Mannes.<br />
Und weil es seine Kollegen eben unbedingt schaffen<br />
wollten, erstmals zum Final Four nach Hamburg zu<br />
fahren. Ich könne also zuversichtlich und beruhigt<br />
sein, so <strong>der</strong> Lehramtsstudent.<br />
War ich nur bedingt. Kurz vor unserem Treffen wurde<br />
postfaktisch zum Wort des Jahres gewählt, und<br />
daran musste ich angesichts <strong>der</strong> Begründung für<br />
den vorhergesagten <strong>DHfK</strong>-Sieg denken. Da schien<br />
mir eher <strong>der</strong> Wunsch <strong>der</strong> Vater des Gedankens,<br />
jede Menge Emotion bei den Überlegungen im Spiel<br />
und die Stärke des Gegners zu wenig berücksichtigt.<br />
Doch Lucas Krzikalla behielt tatsächlich recht<br />
und <strong>der</strong> SC <strong>DHfK</strong> landete mit dem Erreichen <strong>der</strong><br />
Seite 16<br />
Pokalendrunde den größten Erfolg seiner noch<br />
jungen Vereinsgeschichte <strong>der</strong> Neuzeit. Weil er, wie<br />
von Krizkalla vorausgesagt, es unbedingt wollte. Von<br />
wegen postfaktisch.<br />
Der SC <strong>DHfK</strong> lieferte sein Meisterstück ab und<br />
belehrte alle eines Besseren, die ihm eine schwere<br />
zweite Spielzeit im deutschen Oberhaus vorausgesagt<br />
hatten. Mit einem unglaublichen Willen, <strong>der</strong> sich<br />
auch und vor allem in <strong>der</strong> Abwehr zeigt. Man muss<br />
kein Fachmann sein um zu erkennen, mit welcher<br />
Bereitschaft die Roscheck & Co ihre Gegner bearbeiten.<br />
Diese mögen zum Teil besser besetzt sein,<br />
eine bessere Moral haben sie nicht. Damit sorgten<br />
die Leipziger auch in <strong>der</strong> Bundesliga für Furore. Der<br />
gegenwärtige fünfte Platz ist ebenso hoch zu schätzen<br />
wie <strong>der</strong> Einzug ins Final Four. Sollte im Heimspiel<br />
gegen Balingen ein Sieg gelingen <strong>–</strong> ich sollte Lucas<br />
Krzikalla wie<strong>der</strong> vorher befragen <strong>–</strong>, kann dieser Rang<br />
hinter den großen Vier weiter gefestigt werden.<br />
Dabei ist es ja nicht so, <strong>das</strong>s die <strong>DHfK</strong>-Mannschaft<br />
bislang auf eine sorgenfreie Spielzeit verweisen<br />
könnte, in <strong>der</strong> von Anfang an alles glatt gelaufen<br />
wäre. Sie hatte (und hat) Ausfälle zu beklagen, auch<br />
ihr Kopf Niclas Pieczkowski gehörte zu <strong>Saison</strong>beginn<br />
dazu. Die Olympischen Spiele hatte <strong>der</strong> Europameister<br />
verpasst. Jetzt erscheint es unvorstellbar, <strong>das</strong>s<br />
er angesichts seiner außerordentlichen Leistungen<br />
nicht mit <strong>der</strong> Nationalmannschaft im Januar zur WM<br />
nach Frankreich fährt.<br />
Unvorstellbar erschien auch, <strong>das</strong>s bei den Titelkämpfen<br />
den deutschen Zuschauer <strong>das</strong> komplette Fernseh-Aus<br />
droht. Nun ist tatsächlich davon auszugehen,<br />
<strong>das</strong>s kein Fan bei ARD o<strong>der</strong> ZDF die Auftritte <strong>der</strong><br />
Gensheimer-Truppe verfolgen kann. Er kann es nach<br />
Lage <strong>der</strong> Dinge auch nicht beim Bezahlsen<strong>der</strong> Sky,<br />
son<strong>der</strong>n muss auf Übertragungen im Internet hoffen.<br />
Schade für eine Sportart, die zuletzt wie<strong>der</strong> mehr und<br />
mehr in den Fokus rückte. Wer geglaubt hatte, <strong>das</strong>s<br />
ihr Zugpferd Nationalmannschaft künftig beim wichtigsten<br />
Turnier des Jahres auch regelmäßig live <strong>der</strong><br />
breiten deutschen Öffentlichkeit präsentiert wird und<br />
die WM 2015 eine Ausnahme war, ist um eine Enttäuschung<br />
reicher. Unvorstellbar, wenn <strong>das</strong> deutsche<br />
Team im Nachbarland vielleicht den Titel holt, <strong>der</strong><br />
Islän<strong>der</strong> Dagur Sigurdsson zum Abschied seine Arbeit<br />
beim Deutschen Handball-Bund krönt und zu Hause<br />
davon keine Live-Bil<strong>der</strong> sehen sind. Man stelle sich<br />
den politischen und medialen Aufschrei vor, würde es<br />
sich um Fußball handeln.<br />
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