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HANSEstyle 4 | 2016

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WINE & DINE<br />

In der <strong>HANSEstyle</strong> Serie „Lecker Hamburg“ stellen<br />

wir Ihnen Hamburgs Top-Gastronomen vor.<br />

Franca Cuneo beim<br />

<strong>HANSEstyle</strong> Fotoshooting<br />

in ihrem Cuneo – eine<br />

strahlende Persönlichkeit<br />

und Gastgeberin<br />

CUNEO<br />

Lernen Sie diesmal Franca Cuneo (36) kennen,<br />

die man wohl heimlich die gastronomische Patronin<br />

der Davidstraße nennen darf.<br />

Mit sanfter aber starker Hand hat sie<br />

„ihre Männer“ im Griff: Franca Cuneo,<br />

Gastronomin aus Leidenschaft,<br />

führt seit elf Jahren die wohl traditionsreichste<br />

und älteste Trattoria auf<br />

dem Kiez – das Cuneo. Hört man die<br />

Geschichte des seit 1905 traditionsgeführten<br />

Familieunternehmens, kristallisiert<br />

sich schnell heraus, dass es<br />

sich nicht einfach nur um einen „Italiener“<br />

handelt, sondern um die Saga<br />

einer mit Hamburg aufs Engste verbundenen<br />

Familie.<br />

Jeder, der den „Laden“ einst führte,<br />

hat durch seine eigene persönliche<br />

Art ein Kapitel zur Geschichte beigetragen.<br />

Und Francas wache Augen<br />

leuchten, wenn sie davon erzählt:<br />

DIE MACHT DES SCHICKSALS<br />

Da ist der Nonno, Francesco Cuneo, der<br />

Urgroßvater, dessen Konterfei die Flaschen<br />

des importierten Cabernet Sauvignon<br />

und Pinot Grigio ziert. Er war es,<br />

der mit dem Schiff aus Genua kam und<br />

1905 das Cuneo als „Destillation und<br />

Weinhandlung Francesco Cuneo“ eröffnete.<br />

Damals ein Stückchen Heimat für<br />

die vielen italienischen Arbeiter, die am<br />

Bau des Alten Elbtunnels beteiligt waren.<br />

Es wurde Eintopf im Keller gekocht,<br />

denn italienisches Essen à la carte stand<br />

damals noch nicht im Vordergrund.<br />

Mit dem Ersten Weltkrieg kam es zur<br />

teilweisen Ausbürgerung der Familie,<br />

der Sohn von Francesco, Giovanni,<br />

schickte der Familie aus Amerika Geld,<br />

damit das Lokal überleben konnte.<br />

Nach dem Krieg kehrte er wieder nach<br />

Hamburg zurück und übernahm es<br />

1927. Das Cuneo wurde Anlaufstelle für<br />

viele Seeleute – Giovanni richtete sogar<br />

einen „Shuttle-Bus“ aus dem Hafen und<br />

zurück ein, der auch mal für andere<br />

Destinationen des Kiez genutzt wurde.<br />

Auch der Zweite Weltkrieg konnte dem<br />

familiengeführten Lokal nichts anhaben:<br />

alle Häuser rund um das Cuneo<br />

wurden zerbombt, das Haus blieb unversehrt.<br />

Franco Cuneo, 1943 geboren,<br />

wuchs heran und hatte andere Ideen<br />

als den Berufswunsch des Gastwirts<br />

im Kopf – vom Priester bis hin zum Vertreter<br />

für Schreibgeräte einer großen<br />

italienische Firma. La Forza del Destino<br />

(italienisch/Macht des Schicksals)<br />

siegte schließlich: Unter der Prämisse,<br />

sein eigener Herr zu sein, ließ er sich<br />

1963 vom Vater alles überschreiben und<br />

übernahm das Cuneo.<br />

Als Kind der Nachkriegsgeneration<br />

„erfand“ er das Restaurant neu – eine<br />

wahre Trattoria entstand. Der Vater von<br />

Francos Ehefrau baute in den Laden einen<br />

Pizzabackofen, dessen köstlicher<br />

Duft sich bis weit in die Davidstraße<br />

zog. Cuneo wurde zum Treffpunkt aller,<br />

vom Studenten über die Dirne, dem<br />

Geschäftsmann, dem Kommissar der<br />

Davidwache und dem Künstler, einer<br />

davon der heute weltberühmte Maler<br />

Bruno Bruni, der zum engen Freund<br />

der Familie wurde.<br />

DIE TRADITION LEBT WEITER<br />

Ob die Kinder Allessandro, 1968 geboren,<br />

und Franca, 1980, mal in seine Fußstapfen<br />

treten würden, stand noch in<br />

den Sternen, aber schon als Kinder war<br />

der Laufstall in den Räumlichkeiten ihr<br />

Zuhause. Kein Wunder, dass beide im<br />

Laden jobbten. „Warum sollte ich woanders<br />

etwas verdienen, wenn ich dabei<br />

nicht auch der Familie helfen konnte“,<br />

so Franca Cuneo. „Es war selbstverständlich,<br />

dass wir halfen.“ Ihr Bruder<br />

Allessandro schlug dann an der Universität<br />

einen anderen Weg ein und ist<br />

Kardiologe. Auch Franca studierte, erst<br />

in Parma, dann in Hamburg, machte<br />

ihren Bachelor in Jura. Doch nach der<br />

Ausbildung setzte sie Prioritäten und<br />

übernahm 2005. Seitdem führt sie<br />

erfolgreich das Cuneo, das nicht nur<br />

durch sein köstliches italienisches Essen,<br />

sondern auch durch seine familiäre,<br />

ungezwungene Atmosphäre und<br />

sein tolles Team besticht. Verändert<br />

ist nichts: die Jukebox lässt auch dieser<br />

Tage noch unzählige Italo-Hits erklingen<br />

und wenn das Retro-Telefon läutet,<br />

fühlt man sich wirklich wie in einer anderen<br />

Zeit. So lebt die über ein Jahrhundert<br />

lange Tradition mit Franca Cuneos<br />

warmer und herzlicher Art weiter.<br />

Und Papa Franco? Der steht ihr mit Rat<br />

und Tat zur Seite und bestärkt sie in all<br />

ihrem Tun. Sein Credo für die Tochter:<br />

„Die Wände leben und formen sich um<br />

dich“.<br />

Text: Nathalie E. Reinschmidt<br />

Fotos: Tim Wendrich<br />

CUNEO<br />

Davidstraße 11<br />

20359 Hamburg<br />

040 31 25 80<br />

Montag bis Samstag<br />

17.45 Uhr– 0.30 Uhr<br />

Foto eines Fotos: Urgroßvater Francesco, rechts hinten im<br />

Bild mit Fliege, Familie und Gäste<br />

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