Taxi Times Berlin - Dezember 2016
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PERSONEN<br />
SIM IS KO L L E G E N<br />
Oben von links nach rechts: Ayhan, Ibrahim, Cengiz, Adnan, Adem, Mehmet Ali, Metin, Özgün,<br />
Yusuf. Unten von links nach rechts: Dogan, Ümit, Ibrahim-Kürsad, Nezir, Arif, Çetin<br />
BLOSS KEIN EIGENTOR<br />
Über Fußball kann man herrlich diskutieren – oder<br />
selber mitspielen. So wie beim SC Westend 1901, dessen<br />
Ü-40-Mannschaft fast nur aus <strong>Taxi</strong>fahrern besteht.<br />
Bei den Gesprächen und Diskussionen der Kollegen an den<br />
<strong>Taxi</strong>halteplätzen geht es meistens entweder um Politik<br />
oder um Sport – und mit Sport ist meistens das Fußball -<br />
gucken gemeint. Bayern München, der BVB Dortmund oder an dere<br />
Bundesligamannschaften sind eher bei meinen deutschen Kollegen<br />
das Sport-Thema. Für die türkische Liga sind die türkischen<br />
Kollegen die Experten. Jetzt muss aufgepasst werden, welche Topmannschaft<br />
zuerst genannt wird, ansonsten würde man mög -<br />
licherweise einige Kollegen verärgern. Und wenn es um ihre<br />
Mannschaft geht, dann hört fast jede Freundschaft auf. Am besten,<br />
ich lasse es mal sein und erspare mir einige „böse Blicke“.<br />
DER PREIS IST SÜSS<br />
Manche reden nicht nur über Fußball, sondern kicken selber in<br />
einem Fußballverein. Beim SC Westend 1901 gibt es seit mehreren<br />
Jahren eine Ü-40-Mannschaft, die fast nur aus <strong>Taxi</strong>fahrern besteht.<br />
Nur ein Spieler ist Polizist. Sein Bruder ist ein Kollege von uns.<br />
Die Mannschaft trifft sich mittwochs um 13.45 Uhr auf dem Sportplatz<br />
im Jungfernheidepark.<br />
Punkt 14 Uhr fängt das Training mit einem gemeinsamen Lauf,<br />
ohne Ball, an. Auf die Pünktlichkeit wird zwar sehr viel Wert<br />
gelegt, aber trotzdem kommen peu à peu noch einige Spieler dazu.<br />
Nach dem Lauf folgen dann einige Dehnübungen. Und man hat<br />
bereits jetzt den Eindruck, dass einige außer Atem sind – kein<br />
Wunder: Man ist keine 20 mehr.<br />
Manche Sportskameraden haben die Trikots ihrer Lieblingsmannschaft<br />
an. Und auch hier sieht man eindeutig, wie stolz sie<br />
auf ihr Lieblingsteam sind. Fast alle türkischen Erstligatopmannschaften<br />
sind vertreten. Und, nebenbei erwähnt, mein Team ist<br />
auch dabei. Der Kollege Dogan, 52 Jahre alt und 1,72 Meter groß,<br />
ist nicht nur der Stürmer, sondern auch der Kapitän der Ü-40-<br />
Mannschaft. Nach der kleinen Aufwärmübung teilt Dogan die<br />
Mannschaft mit je neun Spielern in zwei Gruppen auf. Gespielt<br />
wird auf der Hälfte des Platzes mit kleineren Toren, genauso<br />
wie bei den Zwölfjährigen in der D-Jugend. Das Besondere bei<br />
diesem Spiel ist diesmal eine Wette: Die verlierende Mannschaft<br />
muss den Gewinnern zum nächsten Training Baklava mitbringen<br />
– und wer mag nicht dieses megasüße Gebäck aus Blätterteig,<br />
gefüllt mit gehackten Walnüssen oder Pistazien. Es lohnt sich auf<br />
jeden Fall, für diese Köstlichkeit zu „kämpfen“! Diese Wette wird<br />
na türlich nur ab und zu in Anspruch genommen, denn schließlich<br />
will man doch auch auf seine Ernährung achten (oder es zumin -<br />
dest versu chen).<br />
Ein Team trägt gelbe Leibchen, und nun kann die Wette beginnen.<br />
Auf einmal regnet es wie aus Kübeln, aber die Jungs scheint<br />
es überhaupt nicht zu interessieren. Oder sie merken es nicht,<br />
weil Fußball die schönste Nebensache der Welt ist. Kleine Kommandos<br />
wie „Spiel!“, „Gib ab!“, „Hierher!“ und „Lauf!“ wiederholen<br />
sich ständig, als wäre die Repeat-Taste am CD-Player aktiviert.<br />
Wie bei den Profis geht es hart zur Sache. Verletzungen wie Bänderrisse,<br />
Prellungen und sogar Knochenbrüche gehören nun mal<br />
zum Fuß ball wie die Dornen zu einer Rose.<br />
SPORT IST NICHT IMMER MORD<br />
Diesmal aber können zum Glück alle aus eigener Kraft heil in die<br />
Kabine zurückkehren. Und das ist gut so, denn beim Sport geht es<br />
um Gesundheit und Fitness. Bei unserer Tätigkeit als <strong>Taxi</strong>fahrer/‐in<br />
hat man eigentlich kaum die Zeit, etwas für die Fitness zu tun.<br />
Meine Kollegen zählen für mich zu den Gewinnern, auch wenn sie<br />
ab und zu ein Eigentor fabrizieren (habe ich mir von einem Spieler<br />
sagen lassen, der verständlicherweise anonym bleiben will).<br />
Das Spiel endete übrigens 5:4 für die Oben-ohne-Leibchen-<br />
Mannschaft. Ich wünsche allen Kolleginnen und Kollegen nicht<br />
nur Fitness und Gesundheit, sondern auch angenehme, sichere<br />
und erfolgreiche Touren und einen schönen „Rutsch“ in das spannende<br />
Jahr 2017. hs<br />
Hayrettin Şimşek stellt in jeder <strong>Berlin</strong>er <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong>-Ausgabe ganz<br />
besondere Kollegen vor.<br />
FOTO: Hayrettin Şimşek / <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />
4 DEZEMBER / <strong>2016</strong> TAXI