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antriebstechnik 12/2015

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MAGAZIN I KOMMENTAR<br />

„Just do it“ statt<br />

„Abwarten und Tee trinken“<br />

Warum Industrie 4.0 jetzt beginnt –<br />

ein Kommentar von Dr. Verena Majuntke<br />

Viele Unternehmen zögern noch bei der Einführung von<br />

Industrie 4.0. Doch erste Projekte, die die Bezeichnung Industrie 4.0<br />

verdienen, zeigen: Wer sich heute auf den Weg macht, stärkt seine<br />

Wettbewerbsfähigkeit, Innovationskraft und Marktposition. Das<br />

weiß Dr. Verena Majuntke, Senior Solution Architect bei<br />

Bosch Software Innovations.<br />

Die Fertigung der Zukunft ist vernetzt.<br />

Dennoch sind viele Unternehmen<br />

zaghaft, wenn es um die Einführung von<br />

Industrie 4.0 Projekten geht. Unternehmen<br />

sollten nicht auf die alles entscheidende<br />

Schlüsseltechnologie warten oder bis sich<br />

die Industrie auf eine einzige Wahrheit in<br />

puncto Standardisierung einigt. Wir<br />

können nur lernen, wenn wir anfangen,<br />

konkrete Anwendungen umsetzen. Eine<br />

Umfrage von Bosch Software Innovations<br />

in produzierenden Unternehmen in<br />

Deutschland, Österreich und der Schweiz<br />

hat gezeigt, dass bereits heute mehr als die<br />

Hälfte der befragten Unternehmen<br />

vernetzte Softwarelösungen nutzt und gut<br />

zwei Drittel eine Einführung im kommenden<br />

Jahr planen. Industrie 4.0 ist also<br />

längst nicht mehr nur eine Zukunftsvision.<br />

Bei Bosch vernetzen wir in über 100 Pilotprojekten<br />

in unseren eigenen Werken<br />

zunehmend Maschinen, Produkte und<br />

Menschen und optimieren unsere Produktion<br />

kontinuierlich. So steigern wir unsere<br />

eigene Wettbewerbsfähigkeit und können<br />

Kunden aus Fertigung und Maschinenbau<br />

Lösungen anbieten, die sich bei uns intern<br />

schon bewährt haben. Z. B. ein Projekt, bei<br />

dem unsere Software Zykluszeiten für<br />

einen Industriekunden überwacht. Die<br />

Ausgangslage des Projekts war, dass die<br />

tatsächliche Ausbringung der Kundenmaschinen<br />

deutlich von der geplanten<br />

Ausbringung abwich. Demnach hatte<br />

unsere Software zum Ziel, Abweichungen<br />

der durchschnittlichen Zykluszeit zu<br />

analysieren, da diese Rückschlüsse auf die<br />

tatsächliche Ausbringung zulassen. Für<br />

jeden Teiletyp ist die min. und die max.<br />

Zykluszeit in der Typdatenbank hinterlegt.<br />

Die Software wurde so realisiert, dass die<br />

durchschnittliche Zykluszeit einer Linie<br />

kontinuierlich evaluiert und mit der oberen<br />

und unteren Grenze abgeglichen wird.<br />

Gibt es eine Abweichung einer vordefinierten<br />

Prozentzahl, so generiert das System<br />

eine Benachrichtigung für den Werker.<br />

Darüber hinaus werden die Daten<br />

anschaulich in einer dafür entwickelten<br />

Benutzeroberfläche visualisiert, so dass<br />

der Werker zu jedem Zeitpunkt eine Übersicht<br />

des aktuellen Status und die Qualität<br />

der Fertigungsprozesse hat. Zudem<br />

ermöglicht die Visualisierung, dass<br />

Tendenzen frühzeitig erkannt werden. So<br />

kann der Werker z. B. eingreifen, bevor die<br />

Zykluszeit Grenzwerte verletzt.<br />

In diesem konkreten Fall können pro Tag<br />

250 Teile mehr als ohne die Software-<br />

Lösung produziert werden. Bei einem<br />

Preis von 6 EUR pro gefertigtem Stück<br />

bedeutet das über das Jahr gerechnet eine<br />

Mehrproduktion in Höhe von 375 000 EUR.<br />

Rechnet man Kosten für Software-Implementierung<br />

und Betrieb gegen, hat sich die<br />

Investition bereits im ersten Jahr rentiert.<br />

Das Beispiel zeigt, dass selbst übersichtliche<br />

Projekte große Wirkung erzielen<br />

können. Wer jetzt zögert, verschenkt Wettbewerbsvorteile.<br />

Meine Devise in Bezug<br />

auf Industrie 4.0 lautet: Schrittweise Weiterentwicklung<br />

statt Revolution. Lernen<br />

am konkreten Beispiel. So bekommen die<br />

Verantwortlichen auch schneller ein<br />

Gespür für das Kosten-Nutzen-Verhältnis<br />

und weitere Anwendungsfälle und die<br />

Produktion wird zunehmend intelligenter.<br />

Für Maschinen- und Komponentenhersteller<br />

sowie Betreiber ergeben sich mit<br />

Industrie 4.0 optimierte und neue Servicemodelle.<br />

Laut einer Studie der Hochschule<br />

St. Gallen lassen sich über Servicegeschäfte<br />

Margen erwirtschaften, die fünf bis zehn<br />

Mal höher sind als der Verkauf reiner<br />

Hardware. Ein Beispiel für ein solches<br />

Servicemodell ist die Wartung von Maschinen,<br />

Anlagen und Geräten beim Kunden<br />

per sicheren Fernzugriff. Servicetechniker<br />

können so in einer Vielzahl von Fällen<br />

deutlich schneller Störungen beheben<br />

ohne dabei vor Ort sein zu müssen. Auch<br />

Softwareupdates lassen sich per Fernzugriff<br />

steuern, ein enormer Effizienzgewinn.<br />

Die Analyse von Maschinen- und Nutzungsdaten<br />

ermöglicht darüber hinaus,<br />

Verschleiß frühzeitig zu erkennen – um<br />

eine vorausschauende Instandhaltung<br />

umzusetzen. Die Analyse der Maschinendaten<br />

macht entsprechende Verschleißmuster<br />

transparent, so dass eine präzise<br />

Vorhersage für den Teiletausch möglich<br />

wird. Gerade für kostenintensive, verschleißanfällige<br />

Teile kann so die Einsatzdauer<br />

optimiert werden. Das macht<br />

Instandhaltungsarbeiten planbarer und<br />

plötzliche Produktionsausfälle durch zu<br />

späten Teileaustausch sind vermeidbar.<br />

Verschleißteile werden nicht mehr zu früh<br />

ausgewechselt, nur weil ein bestimmtes<br />

Intervall vorgeschrieben ist, sondern<br />

können so lange genutzt werden, bis ein<br />

Problem abzusehen ist. Maschinenbauer<br />

und -betreiber mit solch individualisierten<br />

Dienstleistungen heben sich von der<br />

Konkurrenz ab und stärken ihre Marktposition.<br />

Die Devise lautet also „Just do it“<br />

statt „Abwarten und Tee trinken“.<br />

www.bosch-si.com<br />

10 <strong>antriebstechnik</strong> <strong>12</strong>/<strong>2015</strong>

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