11.01.2017 Aufrufe

Leseprobe Personalrat 01_2017

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Der <strong>Personalrat</strong><br />

derpersonalrat.de<br />

34. JAHRGANG<br />

ISSN <strong>01</strong>75-9299<br />

D 8319<br />

PERSONALRECHT IM ÖFFENTLICHEN DIENST<br />

1 | 2<strong>01</strong>7<br />

ENTGELTORDNUNG FÜR DIE KOMMUNEN<br />

Viele Tätigkeiten<br />

aufgewertet<br />

alterssicherung Die nächsten Schritte zur Rente mit 67<br />

personalakten Ohne Gesetz dürfen sie nicht an Dritte gegeben werden<br />

rechtsprechung Bezahlte Freistellung am Rosenmontag darf gestrichen werden


titelthema<br />

entgeltordnung für die kommunen<br />

Der <strong>Personalrat</strong> 1 | 2<strong>01</strong>7<br />

Die Entgeltordnung<br />

im Kommunalbereich<br />

eingruppierung Die Tätigkeitsmerkmale für die Beschäftigten in den<br />

Kommunen stehen jetzt umfassend fest. Dabei gibt es klare Verbesserungen.<br />

VON ONNO DANNENBERG<br />

8


Der <strong>Personalrat</strong> 1 | 2<strong>01</strong>7<br />

entgeltordnung für die kommunen<br />

titelthema<br />

Am 1.1.2<strong>01</strong>7 ist die Entgeltordnung<br />

zum TVöD im Bereich der kommunalen<br />

Arbeitgeberverbände (VKA)<br />

in Kraft getreten. Damit ist die<br />

umfassende Tarifreform für den öfentlichen<br />

Dienst abgeschlossen – fast zwölf Jahre nach<br />

Einführung des Tarifvertrags für den öfentlichen<br />

Dienst (TVöD), fünf Jahre nach der Entgeltordnung<br />

der Länder 1 und drei Jahre nach<br />

der Entgeltordnung des Bundes 2 . Nach der Inkraftsetzung<br />

der Manteltarifverträge TVöD und<br />

TV-L 3 in 2005 bzw. 2006 konnte nun der letzte<br />

noch fehlende Baustein hinzugefügt werden.<br />

Für viele Beschäftigte dieses Bereichs ergeben<br />

sich durch die neue Entgeltordnung deutliche<br />

Verbesserungen. Die Entgeltordnung für den<br />

Bereich der VKA gilt grundsätzlich nur für<br />

nicht handwerkliche Tätigkeiten. Sie ist an die<br />

Stelle der Vergütungsordnung (Anlagen 1a und<br />

1b) zum Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT)<br />

getreten und als Anlage 1 dem TVöD angefügt.<br />

Die darin vereinbarten Tätigkeitsmerkmale<br />

sind unmittelbar den Entgeltgruppen des TVöD<br />

zugeordnet, sodass der bisherige zusätzliche<br />

Schritt der Zuordnung von Vergütungsgruppen<br />

zu den Entgeltgruppen des TVöD nach der Anlage<br />

3 zum TVÜ-VKA 4 entfallen ist.<br />

Für die handwerklichen Tätigkeiten gelten<br />

weiterhin die auf Länderebene mit den jeweiligen<br />

Kommunalen Arbeitgeberverbänden bzw.<br />

für den Bereich des Tarifgebiets Ost auf der<br />

Bundesebene mit der VKA abgeschlossenen<br />

Lohngruppenverzeichnisse (§§ 2 Abs. 2 und<br />

29 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-VKA). Die dort vereinbarten<br />

Beispiele, »Ferner-Merkmale« und<br />

Ausschließlichkeitsmerkmale sind weiterhin<br />

nach der – neu gefassten – Anlage 3 zum TVÜ-<br />

VKA den Entgeltgruppen des TVöD zuzuordnen<br />

(§§ 17 Abs. 7 Satz 1 und 29 Abs. 2 Satz 4<br />

TVÜ-VKA). Nur die bisherigen Oberbegrife<br />

der Lohngruppenverzeichnisse wurden durch<br />

die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale für die<br />

Entgeltgruppen 2 bis 9a des Teils A Abschnitt<br />

I Zifer 2 der Entgeltordnung ersetzt (§ 29<br />

Abs. 2 Satz 1 TVÜ-VKA).<br />

darum geht es<br />

1. Seit dem 1. Januar<br />

gelten die neugefassten<br />

Eingruppierungsvorschriften<br />

und die Entgeltordnung<br />

im TVöD für den<br />

kommunalen Bereich.<br />

2. Die Eingruppierung<br />

richtet sich weiterhin<br />

nach den von den Beschäftigten<br />

auszuübenden<br />

Tätigkeiten.<br />

3. Die Entgeltordnung<br />

enthält einen Allgemeinen<br />

Teil mit allgemeinen<br />

und speziellen Tätigkeitsmerkmalen<br />

sowie<br />

einen Besonderen Teil<br />

mit weiteren speziellen<br />

Tätigkeitsmerkmalen.<br />

Zentrale Eingruppierungsvorschriften<br />

} Im TVöD<br />

§§ 12 und 13 TVöD-VKA<br />

Die §§ 22 und 23 BAT/BAT-O wurden redaktionell<br />

angepasst als §§ 12 und 13 (VKA) TVöD<br />

übernommen. Damit bleibt es unverändert bei<br />

1 Dannenberg, PersR 2<strong>01</strong>2, 64.<br />

2 Dannenberg, PersR 2<strong>01</strong>4, 20.<br />

3 Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder vom<br />

12.10.2006.<br />

4 Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen<br />

Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts<br />

vom 13.9.2005.<br />

9


arbeits- und tarifrecht Auf dem Weg zur Rente mit 67<br />

Der <strong>Personalrat</strong> 1 | 2<strong>01</strong>7<br />

Auf dem Weg zur<br />

Rente mit 67<br />

rente Die gesetzlichen Rentenaltersgrenzen wurden im Januar<br />

weiter angehoben. Für den Ausgleich von Rentenabschlägen gibt<br />

es allerdings einige neue, günstigere Regelungen.<br />

VON HANS NAKIELSKI UND ROLF WINKEL<br />

Für Versicherte, die auf eine 45-jährige Mindestversicherungszeit<br />

kommen, gibt es seit<br />

Juli 2<strong>01</strong>4 allerdings die Möglichkeit, bereits<br />

deutlich früher in Rente zu gehen. Sie können<br />

die »Altersrente für besonders langjährig Versicherte«<br />

in Anspruch nehmen – und zwar ohne<br />

Abschläge. Für den Jahrgang 1954, diejenigen<br />

also, die 2<strong>01</strong>7 ihren 63. Geburtstag feiern, ist<br />

dies allerdings nicht mehr mit der Vollendung<br />

des 63. Lebensjahrs, sondern erst vier Monate<br />

später möglich. Das Zugangsalter für den abschlagsfreien<br />

Rentenzugang wird nämlich hier<br />

schrittweise für jeden Jahrgang um zwei Monate<br />

angehoben. Ab dem Jahrgang 1964 gilt<br />

dann wieder die 65-Jahres-Grenze. Wichtig zu<br />

wissen: Ein vorzeitiger Bezug mit Abschlägen<br />

ist hier nicht möglich.<br />

Im Jahr 2<strong>01</strong>5 nutzten 274.300 Versicherte<br />

diese Altersrente. Somit entiel ein knappes<br />

Drittel der Renteneintritte auf dieses vorgedarum<br />

geht es<br />

1. Seit Januar wurden<br />

die Altersgrenzen für<br />

den Eintritt in die verschiedenen<br />

Rentenarten<br />

weiter angehoben.<br />

2. Bei einigen Rentenarten<br />

ist weiter ein vorzeitiger<br />

Bezug möglich,<br />

jedoch mit deutlichen<br />

Abschlägen.<br />

3. Zusätzliche freiwillige<br />

Rentenbeiträge der<br />

Versicherten können<br />

diese Abschläge allerdings<br />

mildern.<br />

Die Altersgrenze für<br />

die Rente wird weiter<br />

angehoben.<br />

Die Altersgrenzen zum Eintritt in<br />

die Rente wurden zum Jahreswechsel<br />

weiter angehoben. Im<br />

Folgenden wird beschrieben, wer<br />

wann künftig welche Rentenart in Anspruch<br />

nehmen kann. Wenn dies vor dem regulären<br />

Renteneintrittsalter erfolgt, werden – lebenslang<br />

– Abschläge fällig. Die Rentenabschläge<br />

können jedoch durch freiwillige Einzahlungen<br />

in die Rentenkasse ganz oder teilweise vermieden<br />

werden. Seit Anfang 2<strong>01</strong>7 gelten dafür<br />

neue, attraktivere Regeln.<br />

Reguläre Altersrente<br />

Das Alter, ab dem es nach Erfüllung einer fünfjährigen<br />

Mindestversicherungszeit eine ungekürzte<br />

Altersrente gibt, ist seit dem 1.1.2<strong>01</strong>7<br />

auf 65 Jahre und sechs Monate angehoben<br />

worden. Genauer gesagt gilt dieser Wert nicht<br />

für das Jahr 2<strong>01</strong>7, sondern für den kompletten<br />

Geburtsjahrgang 1952. Das bedeutet beispielsweise:<br />

Wer am 2.12.1952 geboren wurde,<br />

kann die reguläre Altersrente erst ab Juli 2<strong>01</strong>8<br />

erhalten. Denn im Juni 2<strong>01</strong>8 wird er 65 Jahre<br />

und sechs Monate alt. Die reguläre Altersrente<br />

gibt es dann ab dem Folgemonat. Jahrgang für<br />

Jahrgang steigt diese Altersgrenze auch künftig<br />

an. Ab dem Jahrgang 1964 – also für die derzeit<br />

52 – bis 53-Jährigen – liegt die reguläre Altersgrenze<br />

dann bei 67 Jahren.<br />

Altersrente für besonders<br />

langjährig Versicherte<br />

28


Der <strong>Personalrat</strong> 1 | 2<strong>01</strong>7<br />

Auf dem Weg zur Rente mit 67<br />

arbeits- und tarifrecht<br />

zogene Altersruhegeld. Zum Erstaunen vieler<br />

war der Frauenanteil dabei mit 41 Prozent<br />

recht hoch. Ursprünglich waren Bundesregierung<br />

und Rentenversicherung davon ausgegangen,<br />

dass diese Rente wegen der geforderten<br />

langen Versicherungszeit von 45 Jahren eine<br />

»Männerdomäne« sein würde.<br />

Der hohe Frauenanteil dürfte wohl durch<br />

die volle Berücksichtigung der so genannten<br />

Kinderberücksichtigungszeiten bei dieser<br />

Frührente zu erklären sein. Für die Rente<br />

zählen nicht nur die ersten drei (bzw. bei Jahrgängen<br />

vor 1992: zwei) Erziehungsjahre als so<br />

genannte Kindererziehungszeiten. Es wird die<br />

komplette Zeit bis zum zehnten Geburtstag<br />

eines Kindes als Kinderberücksichtigungszeit<br />

anerkannt. Soweit Frauen mehrere Kinder<br />

haben, zählt dabei die Zeit bis zum zehnten<br />

Geburtstag des jüngsten Kindes (hierzu das<br />

folgende Beispiel).<br />

beispiel<br />

Kinderberücksichtigungszeit<br />

Das erste Kind wurde 1972 geboren, das<br />

zweite Kind 1982. In diesem Fall zählt die<br />

Zeit zwischen 1972 und 1992 als Kinderberücksichtigungszeit<br />

– insgesamt also 20<br />

Jahre. Kommen dann noch 25 Jahre sozialversicherter<br />

Beschäftigung hinzu, die sich<br />

nicht mit der Kinderberücksichtigungszeit<br />

überschneiden, erfüllen die Betrefenden<br />

bei Erreichen der für sie maßgeblichen<br />

Altersgrenze die Mindestversicherungszeit<br />

für die Altersrente für besonders langjährig<br />

Versicherte.<br />

Rechtsstreitigkeiten bei den Anspruchsvoraussetzungen<br />

zu dieser vorzeitigen Altersrente<br />

gibt es nach wie vor insbesondere hinsichtlich<br />

der Berücksichtigung von Zeiten des Bezugs<br />

der Versicherungsleistung Arbeitslosengeld<br />

(ALG) I in den letzten beiden Jahren vor dem<br />

Rentenbeginn. Solche Zeiten werden nach<br />

dem Sozialgesetzbuch (SGB) VI nämlich nur<br />

in Sonderfällen für die Mindestversicherungszeit<br />

berücksichtigt – insbesondere, wenn die<br />

Arbeitslosigkeit durch eine Insolvenz verursacht<br />

war. Dies hat das Landessozialgericht<br />

(LSG) Baden-Württemberg mit einem Urteil<br />

vom 21.6.2<strong>01</strong>6 für rechtens befunden. 1<br />

praxistipp<br />

Minijob als Versicherungszeit<br />

Für Bezieher von ALG I, die die vorgezogene<br />

Rente beziehen möchten, gibt es<br />

allerdings eine recht einfache Lösung, um<br />

die Nicht­Berücksichtigung von Zeiten<br />

mit ALG­I­Bezug auszuhebeln: Sie können<br />

als Arbeitslose einen Minijob aufnehmen.<br />

Die Minijobs sind prinzipiell rentenversicherungsplichtig<br />

und können so Rentenansprüche<br />

verschafen (die Versicherungsplicht<br />

kann aber auch abgewählt werden).<br />

Vor allem aber: Durch die Beitragszahlung<br />

zählt der Minijob auch für die Versicherungszeit<br />

für die Altersrente für besonders<br />

langjährig Versicherte.<br />

Wichtig ist allerdings: Die Aufnahme<br />

eines Minijobs muss der Arbeitsagentur<br />

umgehend gemeldet werden. Sofern die<br />

Bemühungen um eine vollwertige sozialversicherungsplichtige<br />

Beschäftigung<br />

»dadurch nicht eingeschränkt werden<br />

und die wöchentliche Arbeitszeit unter<br />

15 Stunden liegt«, wird der Anspruch auf<br />

ALG I dadurch nicht berührt, schreibt die<br />

Bundesagentur für Arbeit.<br />

Altersrente für langjährig Versicherte<br />

Für dieses vorgezogene Altersruhegeld gibt<br />

es deutlich niedrigere Hürden. Hier reichen<br />

schon 35 Versicherungsjahre. Dafür sind die<br />

Konditionen hier deutlich schlechter. Die Rente<br />

kann zwar schon ab 63 bezogen werden –<br />

aber mit kräftigen Rentenabschlägen. Jeder<br />

Monat, in dem die Rente vor Erreichen des<br />

regulären Renteneintrittsalters in Anspruch<br />

genommen wird, kürzt das Ruhegeld um 0,3<br />

Prozent – lebenslang.<br />

2<strong>01</strong>7 erreicht der Jahrgang 1954 die<br />

63-Jahres-Grenze. Wer in diesem Jahr geboren<br />

wurde, kann die Altersrente für langjährig Versicherte<br />

mit einem Abschlag von 9,6 Prozent<br />

beziehen. Wer mit 63 Jahren Rentenansprüche<br />

in Höhe von 1.000 Euro erworben hat, bekommt<br />

als Rente also nur 904 Euro – wovon<br />

noch Kranken- und Plegeversicherungsbeiträge<br />

abgehen. Für jeden neuen Rentnerjahrgang<br />

werden die Abschläge höher. Ab 2024 sind es<br />

dann maximal 14,4 Prozent, wenn man schon<br />

mit 63 in Rente geht.<br />

rente mit 67<br />

Die Altersgrenze für die<br />

Regelaltersrente wird<br />

zwischen 2<strong>01</strong>2 und 2029<br />

schrittweise von 65 auf<br />

67 Jahre angehoben.<br />

Mit dem Geburtsjahrgang<br />

1947 erfolgt die<br />

Anhebung zunächst in<br />

Ein­Monats­, ab 2024 in<br />

Zwei­Monats­Schritten.<br />

Für Versicherte ab Jahrgang<br />

1964 gilt dann die<br />

Regelaltersgrenze von 67<br />

Jahren.<br />

rente mit 63<br />

Seit dem 1.7.2<strong>01</strong>4 können<br />

langjährig Versicherte,<br />

die mindestens 45<br />

Jahre in der gesetzlichen<br />

Rentenversicherung<br />

versichert waren, schon<br />

mit 63 Jahren ohne Abschläge<br />

in Rente gehen.<br />

Ab Jahrgang 1953 steigt<br />

diese Altersgrenze für<br />

die abschlagsfreie Rente<br />

wieder schrittweise an.<br />

Für alle 1964 oder später<br />

Geborenen liegt sie<br />

wieder wie bislang bei 65<br />

Jahren.<br />

1 LSG Baden­Württemberg 21.6.2<strong>01</strong>6 – L 9 R 695/16 –. Gegen das<br />

Urteil wurde Revision beim Bundessozialgericht unter B 5 R<br />

16/16 R eingelegt.<br />

29


eamtenrecht<br />

Digitalisierung von Personalakten<br />

Der <strong>Personalrat</strong> 1 | 2<strong>01</strong>7<br />

Ohne gesetzliche Ermächtigung<br />

dürfen private<br />

Dritte Personalakten<br />

nicht digitalisieren.<br />

Digitalisierung<br />

von Personalakten<br />

hindernisse Dritte dürfen derzeit Personalakten nicht digitalisieren.<br />

Das erlauben die Beamtengesetze der Länder nicht. In der Praxis<br />

führt das zu Schwierigkeiten.<br />

VON FRANK WIELAND<br />

Personalaktendaten können automatisiert<br />

verarbeitet werden. Das sehen<br />

die personalaktenrechtlichen Regelungen<br />

im Bundesbeamtengesetz<br />

(BBG) und den Landesbeamtengesetzen regelmäßig<br />

vor. Werden hierbei Datenverarbeitungsanlagen<br />

eingesetzt, müssen die genannten<br />

Daten in elektronisch verarbeitbarer – also<br />

digitaler – Form vorhanden sein. Personalakten<br />

sind in der Vergangenheit aber in Papierform<br />

geführt worden. Um die Akte als Ganzes<br />

automatisiert zu verarbeiten, müssen die<br />

Aktenbestandteile zunächst eingescannt und<br />

digitalisiert werden. Hier beginnen Probleme<br />

– nämlich für den Fall, dass Auftragnehmer außerhalb<br />

der Verwaltung hiermit beauftragt werden<br />

sollen. Das zeigt der zum schleswig-holsteinischen<br />

Landesbeamtengesetz (LBG SH)<br />

32


Der <strong>Personalrat</strong> 1 | 2<strong>01</strong>7<br />

Digitalisierung von Personalakten<br />

beamtenrecht<br />

ergangene Beschluss des dortigen Oberverwaltungsgerichts.<br />

1<br />

Rechtlicher Ausgangspunkt: Besonderer<br />

Schutz der Personalaktendaten<br />

Die gebotene Fürsorge des Dienstherrn<br />

schließt ein, das Persönlichkeitsrecht des<br />

Beamten zu wahren – einschließlich seines<br />

Rechts auf informationelle Selbstbestimmung.<br />

Das bedeutet: Der Beamte oder die Beamtin<br />

hat die grundsätzliche Entscheidungsbefugnis<br />

darüber, wann und innerhalb welcher Grenzen<br />

persönliche Lebenssachverhalte ofenbart<br />

werden. 2 Die vertrauliche Behandlung von Personalakten<br />

ist insoweit aus Gründen des Persönlichkeitsrechts<br />

im Sinne des Art. 1 Abs. 1<br />

Satz 2, Art. 2 Abs. 1 GG geboten. Die das Personalaktenrecht<br />

prägenden Grundsätze der<br />

Vertraulichkeit und der Zweckbindung ergeben<br />

sich nicht nur aus dem Persönlichkeitsrecht<br />

und der Fürsorgeplicht (vgl. §§ 78 BBG,<br />

45 BeamtStG), sondern sind darüber hinaus<br />

spezialgesetzlich verankert. Für Bundesbeamte<br />

regelt § 106 Abs. 1 Satz 2 BBG, dass die Personalakte<br />

vertraulich zu behandeln ist. Für Landesbeamte<br />

regelt das einheitlich für sämtliche<br />

Landesbeamte geltende Beamtenstatusgesetz<br />

(BeamtStG) als Bundesgesetz in § 50 Satz 4<br />

und 5 BeamtStG die das Personalaktenrecht<br />

rechtsprechung<br />

§ 50 BeamtStG<br />

Für jede Beamtin und jeden Beamten ist<br />

eine Personalakte zu führen. Zur Personalakte<br />

gehören alle Unterlagen, die die<br />

Beamtin oder den Beamten betrefen,<br />

soweit sie mit dem Dienstverhältnis in<br />

einem unmittelbaren inneren Zusammenhang<br />

stehen (Personalaktendaten). Die<br />

Personalakte ist vertraulich zu behandeln.<br />

Personalaktendaten dürfen nur für Zwecke<br />

der Personalverwaltung oder Personalwirtschaft<br />

verwendet werden, es sei denn,<br />

die Beamtin oder der Beamte willigt in<br />

die anderweitige Verwendung ein. Für<br />

Ausnahmefälle kann landesrechtlich eine<br />

von Satz 4 abweichende Verwendung<br />

vorgesehen werden.<br />

prägenden Grundsätze der Vertraulichkeit<br />

und der Zweckbindung. Entsprechende Regelungen<br />

inden sich auch in sämtlichen Landesbeamtengesetzen,<br />

vorliegend in § 85 Abs. 2<br />

Satz 2 LBG SH. Dieser besondere Schutz der<br />

Personalaktendaten erfolgt dabei nicht nur im<br />

persönlich-privaten Interesse des Beamten,<br />

sondern auch im dienstlichen Interesse.<br />

Das Problem: Keine gesetzliche<br />

Ermächtigungs grundlage<br />

Eingrife in das allgemeine Persönlichkeitsrecht<br />

bedürfen zunächst einer formellen gesetzlichen<br />

Grundlage. 3 Liegt diese vor, muss in<br />

einem zweiten Schritt geprüft werden, ob der<br />

Eingrif verhältnismäßig und daher zu rechtfertigen<br />

ist. Dabei ist die Sphärentheorie zu<br />

berücksichtigen.<br />

Hierbei treten Probleme auf. Sie beginnen<br />

bei der Existenz einer Ermächtigungsgrundlage<br />

für die Herausgabe von Personalaktendaten<br />

an einen privaten Unterauftragnehmer. Im<br />

konkreten Fall ging es um ein Scanzentrum.<br />

Nicht nur in Schleswig Holstein, sondern<br />

auch in zahlreichen anderen Landesbeamtengesetzen<br />

ist zwar die elektronische Führung<br />

der ganzen Personalakte oder von Teilen<br />

von Personalakten geregelt (im vorliegenden<br />

Fall in § 85 Abs. 2 Satz 2 und § 92 LBG SH).<br />

Der Gesetzgeber hat sich aber ofenbar keine<br />

Gedanken darüber gemacht, dass die Papierpersonalakten<br />

zunächst einmal in eine elektronische<br />

Form umgewandelt werden müssen.<br />

Übernehmen Beschäftigte des Dienstherrn<br />

das Einscannen der Personalakte nicht selbst,<br />

bedarf es einer Weitergabe der Akte an Dritte,<br />

gegebenenfalls außerhalb der Verwaltung. § 85<br />

Abs. 4 LBG SH sieht aber ausdrücklich vor,<br />

dass Zugang zu Personalakten nur Beschäftigte<br />

haben dürfen, die mit der Bearbeitung<br />

von Personalangelegenheiten betraut sind und<br />

nur, soweit dies zu Zwecken der Personalverwaltung<br />

erforderlich ist. Danach dürfen Akten<br />

explizit nicht an Dritte außerhalb der Verwaltung<br />

weitergegeben werden.<br />

Datenschutzrechtliche Bestimmungen<br />

füllen Regelungslücke nicht<br />

Danach besteht eine geradezu absurde Situation:<br />

Die automatische Verarbeitung von Personalakten<br />

ist ausführlich geregelt (hier in § 92<br />

LBG SH). Hinsichtlich der Umwandlung der<br />

darum geht es<br />

1. Personalakten dürfen<br />

grundsätzlich automatisiert<br />

verarbeitet werden.<br />

2. Sollen die Papierakten<br />

durch beauftragte Unternehmen<br />

eingescannt<br />

werden, bedarf es auch<br />

dazu einer gesetzlichen<br />

Grundlage.<br />

3. Die Papierakte darf<br />

nach dem Einscannen nur<br />

vernichtet werden, wenn<br />

sichergestellt ist, dass<br />

deren vollständiger Inhalt<br />

sich nun in der elektronischen<br />

Akte beindet.<br />

1 OVG Schleswig­Holstein 27.7.2<strong>01</strong>6 – 2 MB 11/16 –,<br />

abgedruckt in diesem Heft ab S. 38.<br />

2 Vgl. »Volkszählungs­Urteil« des BVerfG 15.12.1983 –<br />

1 BvR 209/83 –, BVerfGE 65, 1 (41 ff.).<br />

3 Vgl. Kunig in: von Münch/Kunig, GG, Art. 2 Rn. 42.<br />

33


Schnell. Präzise. Hieb- und stichfest.<br />

Der <strong>Personalrat</strong><br />

PERSONALRECHT IM ÖFFENTLICHEN DIENST<br />

derpersonalrat.de<br />

34. JAHRGANG<br />

ISSN <strong>01</strong>75-9299<br />

D 8319<br />

1 | 2<strong>01</strong>7<br />

Der <strong>Personalrat</strong><br />

PERSONALRECHT IM<br />

ÖFFENTLICHEN DIENST<br />

Mit Online-Archiv<br />

Neuaulage!<br />

Mit Redaktions-Service Online<br />

ENTGELTORDNUNG FÜR DIE KOMMUNEN<br />

Viele Tätigkeiten<br />

aufgewertet<br />

alterssicherung Die nächsten Schritte zur Rente mit 67<br />

personalakten Ohne Gesetz dürfen sie nicht an Dritte gegeben werden<br />

rechtsprechung Bezahlte Freistellung am Rosenmontag darf gestrichen werden<br />

Mit Newsletter und App<br />

Machen Sie jetzt<br />

den Gratis-Test!<br />

§<br />

Ihr gutes Recht:<br />

§<br />

Der Bezug der Zeitschrift »Der <strong>Personalrat</strong>« gehört zum Bedarf<br />

der laufenden Geschäftsführung nach § 44 Abs. 2 BPersVG<br />

sowie den entsprechenden Vorschriften der LPersVG.<br />

Ganz nah dran.<br />

Ihr Partner im Arbeits- und Sozialrecht.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!