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Reise ins Ungewisse
Geschickt wechselte Roomer seine Flugrichtung und flog über die offene Wüste. Die
Sanddünen wurden von Geröllhalden und kantigen Hügeln abgelöst. Sein Ziel war eine
kleine Oase, weit ab von den üblichen Handelsrouten. Da die Karawanen den Weg durch
die Steinwüste scheuten, hatte man dort meisten seine Ruhe und es gab auch genügend
Beutegut, da die Herden die Beschwerlichkeiten nicht scheuten. In den Spalten der Felsen
wuchs trockenes Wüstengras, welches aber über viel Nährstoffe verfügte. Daher grasten
in diesem Gebiet ganzjährig unterschiedliche Herdentiere.Kurz vor der Oase stellte
Roomer die Flügel fast Senkrecht und bewegte sie schnell vor und zurück. Er hatte diese
Technik vor fast eineinhalb Jahrhunderten vom Drachenkönig gelernt. Dieser beherrscht
das Auf-der-Stelle-Fliegen, fast so gut wie ein Kolibri. Killian mit seiner zwei Tonnen
Lebendgewicht mit einem Vogel im Westetaschenformat zu vergleichen hatte schon etwas
extrem Erheiterndes, bei Roomer, der gut noch eine Tonne mehr auf die Waage brachte
grenzte es an humoristische Körperverletzung. Trotz des hanebüchenen Vergleichs
schafften es beide gekonnt auf der Stelle zu schweben. Sachte ließ sich Roomer nach
unten sinken, setze erst seine muskulösen Hinterbeine auf und balancierte seinen Körper
mit Hilfe seines Schwanzes aus, den er fest auf den staubigen Untergrund presste. Dann
legte er seinen noch immer ohnmächtigen Gefährten auf den Boden und wandelte seine
Gestalt. Während des Fluges hatte Roomer einen Moment das Gefühl gehabt, als würde
sich Steven regen, doch diese Empfindung hielt nicht an. Der Körper blieb bewegungslos
und schlapp. Schnell wechselte Roomer in seinen menschlichen Körper und trug Steven
nun in die schattige Oase. Diese Grünansammlung unterschied sich von vielen anderen
ihrer Art. Beispielsweise gab es keinen Teich oder Tümpel in ihrem Zentrum. Es gab eine
kleine sprudelnde Quelle und das Wasser ergoss sich in ein, in den felsigen Untergrund
eingegrabenes, Bett. Das schmale Rinnsal floss zwischen den Sträuchern und
Dattelpalmen hindurch und verschwand unter einer Felswand. Vermutlich speiste es ein
unterirdische Kaverne oder einen unterirdisch fließenden Fluss. Egal, das Wasser war für
die normale Nutzung verloren. Da die Quelle auch nicht sehr ergiebig war, hatte man von
einer landwirtschaftlichen Ausbeutung abgesehen. Im Regelfall wurden solche Oasen
erschlossen und kultiviert. Doch dieser kleine Bach brachte einfach zu wenig Wasser. Die
naturverbundenen Drachen wussten, dass unter der Erde vermutlich eine riesige Kaverne
zu finden war, doch sie schwiegen sich beharrlich darüber aus. Viele Feuerspucker nutzten
diese kleine Oase als Rastplatz und wollten sie gerne in dieser Form erhalten, einsam und
menschenleer. Gerne hätte Roomer seinen Gefährten gewaschen und ihn vom Salz des
Meeres und vom Sand des Strandes befreit, aber das Quellwasser war eisig und ihn in
ohnmächtigen Zustand dem Auszusetzten käme einer Folger gleich. Seufzend bettete er
Steven in den Schatten einer riesigen Dattelpalme und strich über den grazilen
Kieferknochen. Sein Gefährte war trotz seiner Feingliedrigkeit ein ganzer Kerl. Feine
schwarze Bartstoppeln sprossen auf der weichen Haut und betonten das hübsche Gesicht.
Vage erinnerte sich Roomer an eine Unterhaltung mit Joseph Red Eagel. Dieser stammte
aus einer riesigen Menschenstadt und hatte ein wenig von den Menschen dort berichtet.
Es gab sie dort ebenso vielfältig wie in diesen Reichen. Als er eines Tages sagte, er wäre
nicht gerade der typische „Twink“, hatten natürlich die Anwesenden neugierig