Drogenkurier Nr. 92 (PDF - 2,6 MB) - VISION eV
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Markus K. und sein<br />
Weg zurück ins Leben<br />
„Ich wollte mich nicht mehr fühlen, wie<br />
bei einer Massenabfertigung. Ich habe<br />
Ängste und auch eine eigene Meinung und<br />
ich möchte, dass diese gehört und akzeptiert<br />
werden“, das erzählt ein junger Mann,<br />
der nach acht erfolglosen Therapien nun<br />
endlich dort angekommen ist, wo er hin<br />
wollte: Auf den Weg zurück ins drogenfreie<br />
Leben, durch eine medikamentöse Suchtbehandlung.<br />
Damit eine Suchttherapie erfolgreich<br />
verläuft, müssen viele Dinge zusammen<br />
spielen. Das beste Substitut bringt nichts,<br />
wenn der Patient sich nicht verstanden und<br />
ernst genommen fühlt.<br />
Markus K. ist gerade 30 Jahre alt geworden.<br />
Seit über 15 Jahren konsumiert er<br />
Drogen. „Mit 13 Jahren habe ich das erste<br />
Mal Alkohol und Cannabis konsumiert“,<br />
so Markus. „Den ersten Kontakt mit Heroin<br />
hatte ich mit 16 Jahren: Ich erinnere mich<br />
noch ganz genau – es war an Silvester. Ich<br />
bekam etwas „Shore“, von einem Freund.<br />
Wie seine Freunde, konsumierte Markus<br />
nasal. „Das Heroin löste ein warmes, unbeschwertes<br />
Gefühl in mir aus. Ich musste<br />
mich mehrfach übergeben, habe mich<br />
dabei aber trotzdem gut gefühlt“, erinnert<br />
sich Markus. Zwischen dem ersten und dem<br />
serie DROGENKURIER<br />
24<br />
Drug User Report –<br />
Betroffene berichten:<br />
Unter diesem Titel werden, beginnend mit der heutigen Ausgabe, Drogen gebraucher, Substituierte<br />
und Ehemalige über ihr Leben mit Drogen sowie über die von ihnen gewählten Wege in die Substitution<br />
oder die Abstinenz berichten.<br />
„Das beste Substitut bringt nichts, wenn<br />
der Patient sich nicht verstanden und<br />
ernst genommen fühlt.“<br />
zweiten Heroinkonsum verging einige Zeit.<br />
Zum Verhängnis wurde Markus u. a., dass<br />
aus seiner eingeschworenen Clique eine<br />
„Konsumgemeinschaft“ wurde. Vor seinen<br />
Eltern konnte Markus seinen Drogenkonsum<br />
leicht verheimlichen. „Meine Eltern<br />
kannten sich mit Drogen nicht aus, und<br />
sie haben mich sowieso als Problemkind gesehen“,<br />
erzählt Markus. Er selbst schätzt,<br />
dass sein Leben trotz Heroinkonsum etwa<br />
ein Jahr lang weitgehend „normal“ verlaufen<br />
ist. „Erst als ich gemerkt habe, dass ich<br />
schon vor der Arbeit etwas brauche und die<br />
ersten körperlichen Entzugserscheinungen<br />
verspürt habe, war mir klar, dass die Drogen<br />
mein Leben im Griff haben.“<br />
Der erste Entzugsversuch<br />
An seinen ersten Entzug erinnert sich Markus<br />
noch ganz genau. Es war ein stationärer<br />
kalter Entzug ohne Substitut, in der Lan-<br />
desnervenklinik. „Ich ging ziemlich blauäugig<br />
dorthin“, so Markus. Während des<br />
Entzugs hatte er mit starken Krämpfen,<br />
Schüttelfrost und Erbrechen zu kämpfen.<br />
Markus erklärt: „Bei einem kalten Entzug<br />
fühlt man sich nach etwa fünf Tagen wieder<br />
fit. Ohne weitere psychotherapeutische<br />
oder medikamentöse Behandlung verließ<br />
ich die Klinik – in dem Glauben, ich sei jetzt<br />
clean und weg von den Drogen. Das führte<br />
mich geradewegs in den Rückfall.“<br />
Insgesamt acht vergebliche Methadontherapien<br />
bei acht verschiedenen Ärzten<br />
hat Markus durchgemacht. Der ausschlaggebende<br />
Wendepunkt kam für Markus erst<br />
später: „Es war kein Leben mehr für mich,<br />
immer unterwegs sein und Geld organisieren.<br />
Außerdem war ich nie der typische<br />
Szenegänger. Der Wunsch nach Veränderung<br />
war irgendwann wirklich da, aber es<br />
hat lange gedauert.“ Und es war nicht ein-