Grundschule aktuell 98
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Heft Nr. <strong>98</strong> • II. Quartal • Mai 2007 • Best. Nr. 6033 • D9607F<br />
Grundschulverband – Arbeitskreis <strong>Grundschule</strong> e. V. • Niddastraße 52 • 60329 Frankfurt/Main • Tel. 0 69 / 77 60 06 • www.grundschulverband.de<br />
Ästhetische Bildung<br />
mit Sinn und Sinnlichkeit
Editorial<br />
Tagebuch<br />
S. 2 Unterricht ist nicht genug (H. Bambach)<br />
Thema: Ästhetische Bildung<br />
S. 3 Ästhetische Erziehung als Bildungsbewegung<br />
zwischen fachlicher und<br />
fachübergreifender Orientierung (C. Rora)<br />
Dokumentation<br />
S. 8 Bildungsansprüche von Grundschulkindern:<br />
Lernbereich Ästhetik<br />
Praxis: Ästhetische Bildung<br />
S. 10 Kunst ist alles (B. SENGELHOFF)<br />
S. 14 »Musikbetonte <strong>Grundschule</strong>« (G. Schmidt)<br />
S. 18 Ästhetische Bewegungserziehung<br />
(A. Probst)<br />
Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />
wahrnehmen<br />
begreifen<br />
gestalten<br />
S. 23 Bundesverband<br />
S. 26 Aus den Landesgruppen, u. a.<br />
S. 26 Baden-Württemberg: Ausbildungsnetzwerke<br />
»Frühe Bildung«<br />
S. 27 Brandenburg: Belastungen im Lehrerberuf<br />
S. 29 NRW: Sprachstandstests für 4-Jährige<br />
… sind der Kern »sinnvoller ästhetischer Erziehung«,<br />
dieses Programm formulierte Adelheid Staudte schon vor 20 Jahren. Es<br />
ist gerade heute – angesichts flächendeckend grassierender technokratischer<br />
Testerei – ein kritischer Kontrapunkt und: ein unverzichtbarer Bildungs-Anspruch<br />
von Grundschulkindern, den Pädagoginnen und Pädagogen<br />
vertreten müssen. Dabei meint »Ästhetische Bildung« nicht nur ein<br />
geduldetes Nischendasein in Kunst, Musik, Sport – sondern ein auf die<br />
ganze Schule, das ganze Lernen aus- und übergreifendes Konzept: Kultur<br />
ist, wie der ganze Mensch lebt. Constanze Rora führt in diesen Zusammenhang<br />
ein – mit einem Beitrag, der zum bedächtigen Lesen und zum<br />
Mit- und Nach-Denken einlädt (S. 3 ff.).<br />
»Bildungs-Ansprüche von Grundschulkindern« …<br />
lautet der Titel des nach wie vor <strong>aktuell</strong>en Beitrags des Grundschulverbandes<br />
zur Standard-Debatte. Darin sind auch »tragfähige Grundlagen«<br />
zum Lernbereich Ästhetik formuliert, die wir im Zusammenhang unseres<br />
Themas dokumentieren (S. 8 f.).<br />
Dieses Heft ist auch ein erster Vorgeschmack auf unseren dritten Schuber<br />
mit »Materialien zur pädagogischen Leistungskultur«, der auch ein Heft<br />
zum Lernbereich Ästhetik enthält. Der Schuber wird im Herbst erscheinen<br />
und wiederum ein Signal setzen: Leistungen erbringen Kinder keineswegs<br />
nur in Deutsch und Mathematik, sondern auch in anderen Lernbereichen,<br />
z. B. in den Fächern ästhetischer Bildung. Stehen Deutsch und Mathematik<br />
im Mittelpunkt von Vergleichstests und erhalten diese einen zentralen<br />
öffentlichen Stellenwert, dann verkürzt sich nicht nur der öffentliche Blick<br />
auf die Schule, sondern allmählich auch der Blick der Schule selbst auf nur<br />
diese »Hauptfächer«. Was ohnehin fälschlich als »Nebenfach« gilt, wird zu<br />
einer Art schulischer Folklore, die gegebenenfalls auch wegfallen kann.<br />
Dieser Verlust an Bildung führt auf Dauer zu einem Verlust an Kultur.<br />
Zeichen setzen – Mitglieder werben!<br />
Diesem Heft liegt ein Flyer des Grundschulverbandes bei: »leben lernen<br />
können« bringt die pädagogische »Philosophie« der Vielen, die sich für<br />
unsere Ziele engagieren, auf den Punkt. Bitte geben Sie den Flyer weiter<br />
und helfen Sie, neue Mitstreiterinnen und Mitstreiter zu gewinnen! (siehe<br />
3. Umschlagseite)<br />
Ulrich Hecker<br />
Impressum<br />
, die Zeitschrift des Grundschulverbandes erscheint<br />
viertel jährlich und wird allen Mit glie dern zugestellt.<br />
Der Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Das einzelne Heft kostet 5 €;<br />
für Mitglieder und bei Sam mel be stel lun gen ab 10 Hefte 3 € (incl. Versand).<br />
Verlag: Grundschulverband – Arbeitskreis <strong>Grundschule</strong> e. V.<br />
Niddastraße 52, 60329 Frankfurt / Main, Tel. 0 69 / 77 60 06, Fax: 0 69 / 7 07 47 80;<br />
Internet: www.grundschulverband.de, E-Mail: info@grundschulverband.de<br />
Herausgeber: Horst Bartnitzky (für den Vorstand des Grundschulverbandes)<br />
Redaktion: Ulrich Hecker, Hülsdonker Str. 64, 47441 Moers, Tel. 0 28 41 / 2 17 14,<br />
E-Mail: ulrichhecker@aol.com<br />
Fotos: Bert Butzke, Mülheim/Ruhr (Titel) sowie jeweilige Autorinnen<br />
Herstellung: novuprint Agentur für Mediendesign, Werbung, Publikationen GmbH,<br />
Bödekerstr. 73, 30161 Hannover, Tel. 05 11 / 9 61 69 – 11, Fax: 05 11 / 9 61 69 – 99<br />
Anzeigenverwaltung: Claudia Klinger, Verlagsgruppe Beltz, Tel. 0 62 01 / 6 00 73 86,<br />
Fax 0 62 01 / 6 00 73 93<br />
Druck: Druck Partner Rübelmann, 69502 Hemsbach<br />
ISSN 1860-8604<br />
Beilagen: »Eine Welt in der Schule« als ständige Beilage, Flyer »leben lernen können«<br />
des Grundschulverbandes, Zeitschriftenhinweis des Westermann-Verlages »take off«<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007<br />
1
Tagebuch<br />
Unterricht ist nicht genug<br />
Heide Bambach<br />
erhält am 11. Mai den<br />
Erwin-Schwartz-<br />
Grundschulpreis 2007<br />
des Grundschulverbandes<br />
Heide Bambach<br />
ist Grundschullehrerin<br />
und hat bis<br />
2003 die Primarstufe<br />
der Bielefelder Laborschule<br />
geleitet.<br />
Seither ist sie in der<br />
Lehrerfortbildung<br />
tätig.<br />
Vielleicht, so könnte man hoffen, kann die gesellschaftspolitische<br />
Diskussion um Kitas, Krippen und die »heutige<br />
Familie« auch die <strong>Grundschule</strong> weiter bringen – weg von<br />
Unterrichtsdeputaten, hin zu einem Ganzen. Denn eigentlich<br />
wissen es doch alle: Unterricht allein – egal wie<br />
kunstvoll und kindgerecht – ist nicht genug, die große<br />
Mehrheit der heutigen Kinder braucht die Schule auch als<br />
freundlichen Ort zum Leben.<br />
Kinder, die außerhalb der Schule überwiegend von Erwartungen<br />
und Terminen ihrer Eltern bestimmt werden,<br />
brauchen Zeiten für Eigenes und den Austausch<br />
mit anderen; Kinder, die nach Schulschluss sich<br />
selbst und den PC-Welten überlassen sind, brauchen<br />
unmittelbare Ansprache und Erfahrungen mit ihren<br />
Händen und Sinnen; Kinder, die sich zwischen mehreren<br />
Sprachen und Kulturen zurechtfinden müssen,<br />
brauchen Aufmerksamkeit und die Anerkennung ihrer<br />
besonderen Leistung; Kinder, deren familiäres Leben<br />
von Armut bestimmt ist, brauchen Versorgung<br />
und ab und an auch Verwöhnung – und so weiter.<br />
Wer das Zerbrechen seiner Familie zu verkraften hat,<br />
braucht in der Schule Beruhigung, Verlässlichkeit und Anerkennung<br />
der Balanceakte, die er zu Hause leistet. Mit<br />
der Erkenntnis »Wenn du’s hinter dir hast, ist es nicht<br />
mehr so schlimm« tröstet zum Beispiel der zehnjährige<br />
Fabian, der fast zwei Jahre lang seiner davongegangenen<br />
Mutter hinterhergesucht, -gesehnt, -gewütet und -getrauert<br />
hat, den Freund, dessen Eltern sich »nun auch«<br />
scheiden lassen. Und als Ina, die mit Unruhe und Gereiztheit<br />
die Erzählrunde stört, von ihrer Lehrerin zu hören bekommt:<br />
»Du bist heute scheußlich nervig und keifig! Bist<br />
du mit dem linken Fuß aufgestanden? Oder zu spät ins<br />
Bett gegangen?« wird sie plötzlich ruhig und ernst und erzählt<br />
vom nächtlichen Streit ihrer Eltern, wie sie weinend<br />
im Bett gelegen und Angst gehabt habe, »… dass wieder<br />
einer von beiden abhaut«, und wie sie so sehr gerne zu<br />
dem einen oder dem anderen ins Zimmer gegangen und<br />
ins Bett gekrochen wäre, um sich trösten zu lassen. »…<br />
aber dann habe ich es nicht getan. Weil der andere denken<br />
könnte, ihn habe ich weniger lieb.«<br />
Freundliche Schultage beginnen mit Gelassenheit – Zeit<br />
zum Ankommen, Zeit sich einzufinden, Zeit, um mit<br />
den anderen zusammenzufinden. Alle brauchen das<br />
– die wohlbehüteten Kinder ebenso wie diejenigen mit<br />
schlaflosen Nächten, die Schulanfänger ebenso wie die<br />
Viertklässler – und auch wir Erwachsenen. Alle tragen die<br />
Nacht, den Morgen und die Wichtigkeiten ihres Lebens<br />
mit in die Schule hinein; alle brauchen – jeder auf seine<br />
Weise – Zeit, sie beiseite zu tun und sich auf das Kommende<br />
einzustellen. Ein gemütlicher Anfang tut nicht nur<br />
denen gut, die morgendlichen Tee und Zuwendung in der<br />
Schule besonders nötig brauchen; vom anfänglichen Klima<br />
hängt ab, wie der weitere Tag verläuft, also auch, ob<br />
die Kinder für unterrichtliche Dinge aufnahmebereit und<br />
-fähig sein werden.<br />
Es gibt Schulen, die nehmen sich dafür Zeit. Dort schließt<br />
sich dem »Ankommen« während der ersten halben Stunde<br />
des Schultages eine »Morgenrunde« als erste Gemeinsamkeit<br />
an – Zeit zum Sich-Austauschen und Aneinander-<br />
Anteilnehmen. Weil es diese Erzählrunde an jedem Tag<br />
gibt, muss kein Kind auf den eigenen Redebetrag fixiert<br />
sein, können sie sich zuhörend und antwortend einlassen.<br />
Mitteilung, Austausch und Anteilnahme – manchmal<br />
wird daraus eine Kette mehr als eine Stunde lang. Mit ihren<br />
»das-kenn-ich-auch-von-mir«-Erzählungen antworten<br />
die Kinder einander und zeigen, dass sie mitfühlen und<br />
verstehen. Sie hören auf, sich mit den eigenen Nöten ganz<br />
allein zu fühlen; sie stärken einander mit den Beweisen<br />
ihrer Tapferkeit. Es ist Teil ihrer Gemeinsamkeit.<br />
Selbstverständlich ist es auch weiterhin vornehmliche<br />
Aufgabe von Schule, die Kinder bestmöglich auszustatten:<br />
mit Fähigkeiten, Fertigkeiten, Kenntnissen und Wissen,<br />
mit Haltungen, Erfahrungen und Einsichten. Was<br />
»bestmöglich« im unterrichtlichen Sinne ist, darüber lässt<br />
sich offensichlich streiten; jedenfalls aber müsste es bedeuten,<br />
dass die Kinder nicht mit Aufgaben und Anforderungen<br />
überfrachtet werden, sondern eigene Zeiten und<br />
Räume bekommen: zum Entdecken, Erfinden, Genießen<br />
und Gestalten und – vor allem – um füreinander wichtig<br />
zu sein. Denn wenn wir wollen, dass die Kinder der Sprache<br />
mächtig werden, also lernen, sich über Sachen und<br />
Beziehungen zu verständigen, dann müssen wir Gelegenheiten<br />
schaffen, in denen sie den Austausch miteinander<br />
pflegen, weil er ihnen ein Bedürfnis ist. Und wenn wir<br />
wollen, dass Kinder mit aufmerksamen Augen und Ohren<br />
durch die Welt gehen, über Zusammenhänge nachdenken<br />
und sich in Beziehungen einfühlen, dann müssen wir ihnen<br />
und uns Zeit lassen, das Lernen mit dem zu verbinden,<br />
was unmittelbar zu ihrem Leben gehört; es bewegt<br />
sie besonders, und offenbar hinterlassen Anteilnahme<br />
von anderen und Gemeinsamkeiten mit ihnen besonders<br />
tiefe Spuren in ihren Köpfen und Gemütern. Aber – das<br />
braucht mehr Zeit als die Unterrichts-Schule vorgibt.<br />
Heide Bambach<br />
2 GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007
Thema: Ästhetische Erziehung<br />
Ästhetische Erziehung in der <strong>Grundschule</strong><br />
Bildungsbewegung zwischen fachlicher<br />
und fachübergreifender Orientierung<br />
1<br />
Ästhetische Bildung als<br />
unabschließbarer Prozess<br />
»In der <strong>Grundschule</strong> haben wir es zu<br />
tun mit dem Kind, das sich anschickt,<br />
erstmalig in eine subjektive Beziehung<br />
zu seiner Welt zu treten. Darin liegt<br />
der Kern dessen, was wir mit ›grundlegender<br />
Bildung‹ umschreiben. Sicher<br />
beginnt die Grundlegung des Subjekts<br />
im Kind bereits lange vor seinem Schuleintritt.<br />
Auch ist sie mit dem Ende der<br />
Grundschulzeit wohl noch nicht abgeschlossen.<br />
Aber die <strong>Grundschule</strong> hat<br />
wie keine Bildungseinrichtung vor und<br />
nach ihr die Möglichkeit, den Wandel<br />
zum Subjekt im Kind herauszufordern.«<br />
1<br />
In dieser Beschreibung des Bildungsauftrags<br />
der <strong>Grundschule</strong> ist enthalten,<br />
was auch als Anliegen ästhetischer<br />
Bildung gelten kann. Der ›Wandel zum<br />
Subjekt‹ als zentrale Aufgabe ästhetischer<br />
Bildung in der <strong>Grundschule</strong> steht<br />
dabei in einem Spannungsverhältnis<br />
zu Perspektiven schulischer Bildung,<br />
die einen Kanon verfügbarer und überprüfbarer<br />
Wissens- und Fertigkeitsbestände<br />
und damit zusammenhängend<br />
einen messbaren Bildungsstand in den<br />
Mittelpunkt stellen. Während Fischer<br />
die Prozesshaftigkeit des Bildungsgeschehens<br />
hervorhebt, dominiert<br />
in der Rede vom ›Bildungsstand‹ eine<br />
eher statische,<br />
possessive<br />
Ȁsthetische Produkte sind<br />
bedeutungsoffen, weil sie<br />
durch den Rezipienten erst<br />
vollständig werden und eine<br />
Aussage erhalten.«<br />
Vorstellung<br />
von Bildung.<br />
Bildung ist<br />
aus der einen<br />
Sicht ein unabschließbarer<br />
Prozess, etwas<br />
das angestrebt<br />
wird, aus der anderen ein Besitz, der<br />
erworben wird. Zur Veranschaulichung<br />
dieses possessiven Bildungsverständnisses<br />
sei hier auf das Umschlagbild<br />
des vielgenannten Buches »Bildung –<br />
Alles was man wissen muss« von Dietrich<br />
Schwanitz verwiesen: Der dort<br />
gezeigte Ausschnitt eines prallgefüllten<br />
Bücherregals – so aufgenommen,<br />
dass die Buchtitel nicht lesbar<br />
sind – unterstreicht die Idee von Bildung<br />
als ein Besitz, dessen Wert quantitativ<br />
zu messen ist.<br />
In den Bestimmungen des ästhetischen<br />
Bildungsbegriffs wird dagegen<br />
der Prozesscharakter von Bildung hervorgehoben.<br />
In Schillers Briefen zur<br />
ästhetischen Erziehung 2 , einer grundlegenden<br />
Quelle für den Begründungszusammenhang<br />
Musisch-Ästhetischer<br />
Erziehung in der <strong>Grundschule</strong>, kommt<br />
die Unabschließbarkeit des Bildungsgeschehens<br />
zum Ausdruck.<br />
In Schillers Modell entsteht die<br />
Bildungsbewegung aus dem Spiel als<br />
dem ersten ästhetischen Vermögen<br />
des Menschen. Das Spiel wiederum<br />
entsteht aus dem Überschwang der<br />
Kräfte und der (episodischen) Freiheit<br />
von Zwängen der materiellen Natur. 3<br />
Zunächst ist das Spiel noch animalischer<br />
Natur, indem es dem Tier ebenso<br />
wie dem Menschen angehört. Erst<br />
durch das Erwachen des Formtriebes,<br />
des menschlichen Gestaltungswillens,<br />
wird das Spiel zum ästhetischen Spiel.<br />
Jetzt kommt es zu der Dreierkonstellation<br />
von Stoff-, Form- und Spieltrieb,<br />
die für den Schillerschen Ansatz<br />
zentral ist und deren Gleichgewicht<br />
(unabschließbare)<br />
Aufgabe<br />
der Bildungsintention<br />
ist.<br />
Der Stofftrieb,<br />
von Schiller<br />
auch sinnlicher<br />
Trieb genannt,<br />
bezeichnet die<br />
›physische Nötigung‹<br />
des Menschen durch die Natur;<br />
der Formtrieb bezeichnet den menschlichen<br />
Gestaltungswillen, der die Nötigung<br />
durch die Natur nicht duldet<br />
und dadurch seinerseits den Menschen<br />
moralisch bzw. durch die Vernunft<br />
nötigt. Der Spieltrieb stellt einen Ausgleich<br />
zwischen Stoff- und Formtrieb<br />
her, indem er die Nötigungen aufhebt<br />
und den Menschen in Freiheit setzt. 4<br />
Die ausgleichende Bewegung zwischen<br />
Stoff- und Formtrieb ist unabschließbar.<br />
Sie ist Voraussetzung für das Gelingen<br />
des menschlichen Miteinanders<br />
und findet ihre Vollendung (nicht ihren<br />
Abschluss) in einem utopischen »Reich<br />
des ästhetischen Scheins«. Jede »feingestimmte<br />
Seele« empfindet ein Bedürfnis<br />
nach der Verwirklichung dieses<br />
Reichs und strebt deshalb nach der<br />
eigenen Vervollkommnung. Das eingelöste<br />
Bildungsstreben äußert sich in<br />
der Fähigkeit zur autonomen Lebensführung<br />
und einer Lebensart, die durch<br />
verantwortlichen Umgang mit der<br />
eigenen Freiheit, den eigenen Bedürfnissen<br />
und denen der Mitmenschen<br />
gekennzeichnet ist. 5<br />
2<br />
Ästhetische Bildung als<br />
Anliegen der Schule und<br />
des Unterrichts<br />
Bei Schiller ist die Theorie der Bildung<br />
unlösbar mit dem Begriff des ›Schönen‹<br />
verbunden. Diese Verbindung weist die<br />
Künstlerischen Fächer als den Ort in der<br />
Schule aus, an dem sich ästhetische Erziehung<br />
ereignen könnte. Demzufolge<br />
argumentiert Richter-Reichenbach in<br />
ihrer bildungstheoretischen Grundlegung<br />
einer Ästhetischen Erziehung im<br />
schulischen Kontext dafür, »die Position<br />
Ästhetischer Erziehung im Kanon<br />
anderer Fächer zu stärken und auszubauen«.<br />
6 Im Hinblick auf das Ziel einer<br />
»an Mündigkeit und an kritischer Reflexions-<br />
und Urteilskompetenz interessierten<br />
Bildung und ganzheitlichen<br />
Persönlichkeitsbildung« betrachtet<br />
sie die produktive und rezeptive Auseinandersetzung<br />
mit ästhetischen<br />
Gegenständen als unverzichtbar. Die<br />
Vielschichtigkeit und Vieldeutigkeit ästhetischer<br />
Produkte fordert die »ganz-<br />
von<br />
Constanze Rora<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007<br />
3
Thema: Ästhetische Erziehung<br />
heitlich synthetisierende Produktionsvollzüge<br />
des Subjekts« 7 heraus: »Der<br />
vielwertigen ästhetischen Produktion<br />
und der Rezeption ihrer Produkte<br />
kommt eine nicht zu verbrauchende<br />
»Orientierung im Raum, Sicherheit im<br />
Verkehr, Lust am Schreiben und Gestalten,<br />
die Fähigkeit sich auszudrücken, seine<br />
Bedürfnisse und Wünsche zu artikulieren<br />
und Beziehungen zu anderen Menschen<br />
herzustellen, die Flüssigkeit von Bewegungen,<br />
alltägliche Verrichtungen –<br />
sie alle fordern eine sichere und leichte,<br />
eine fühlende, denkende, sprechende<br />
und gestaltende Hand.«<br />
formale, sinn- und bedeutungsmäßige<br />
wie sinnlich-materiale, also insgesamt<br />
fremd- und selbstaufklärerische Energie<br />
zu. Sie macht den ausgezeichneten<br />
pädagogischen Stellenwert ästhetischer<br />
Produktion und Rezeption für<br />
die Persönlichkeitsbildung aus.« 8<br />
Das besondere Potential in der rezeptiven<br />
und produktiven Auseinandersetzung<br />
mit ästhetischen Produkten<br />
liegt somit in der Forderung einer subjektiven<br />
Stellungnahme. Ästhetische<br />
Produkte sind als bedeutungsoffen zu<br />
bezeichnen, weil sie einer Sinnzuweisung<br />
durch den Rezipienten bedürfen,<br />
d. h. durch diesen erst vollständig werden<br />
und eine Aussage erhalten. Andersherum<br />
ergibt sich damit auf Seiten<br />
des deutenden Subjekts ein »Freiheitsspielraum<br />
der Wahrnehmung« 9 , d. h.<br />
ein Abstand von den Deutungsmustern<br />
und pragmatischen Sinnvollzügen<br />
des Alltags, der kennzeichnend ist für<br />
die ästhetische Erfahrungssituation.<br />
Erfahrung heißt hier, Begegnung mit<br />
Unbekanntem und Fremden zu haben:<br />
»Erfahrung zu machen bedeutet, einen<br />
distanzierten und distanzierenden, reflexiven<br />
Akt zu vollziehen, der sich in<br />
einem Horizont bewegt, der tendenziell<br />
schon über die gewohnten Anschauungen<br />
hinausgeht.« 10 Ästhetische<br />
Erfahrungen sind bildend, weil sie an<br />
die Grenze des bisher Bekannten und<br />
Vertrauten führen. Sie verunsichern<br />
und stellen Gewissheiten in Frage, die<br />
vom Subjekt als Gewinn aus bisherigen<br />
Bildungsprozessen gezogen wurden;<br />
doch die Freistellung der Erfahrungssubjekts<br />
von den pragmatischen Bezügen<br />
des Alltags ermöglicht diese Aufhebung<br />
von Erfahrungsordnungen und<br />
Handlungsregeln mit ihren sichernden<br />
Funktionen. »In der ästhetischen Erfahrung<br />
setzt das Ich im wörtlichen Sinne<br />
sich selbst und die Welt aufs Spiel, um<br />
im Vollzug dieses Spiels sich und die<br />
Dinge einer freien, von allen pragmatischen<br />
Vorentscheidungen entlasteten<br />
Bestimmbarkeit zu überlassen.« 11<br />
Die Betonung der Subjektseite bei der<br />
Begegnung mit Kunst, die sich in dem<br />
Begriff der ästhetischen Erfahrung niederschlägt,<br />
legt zugleich nahe, den ästhetischen<br />
Erfahrungsmodus nicht auf<br />
die Erfahrung mit Kunst zu begrenzen.<br />
In seinem Buch »Kunst als Erfahrung«<br />
verwendet John Dewey den Begriff der<br />
ästhetischen Erfahrung, um eine Kontinuität<br />
zwischen Alltagserfahrung und<br />
Kunsterfahrung deutlich zu machen.<br />
Erfahrungen mit Kunst sind für ihn<br />
Prototypen einer vollkommenen Erfahrung,<br />
die sich aber ebenso in herausgehobenen<br />
Situationen des Lebens herstellen<br />
kann. Auch Wolfgang Welsch<br />
kann als Vertreter dieser Kontinuitätsthese<br />
gelten, indem er eine Auffassung<br />
des Begriffs ›ästhetisch‹ vertritt, der<br />
diesen auf alles sinnlich Wahrnehmbare<br />
ausweitet. 12<br />
3<br />
Musisch-Ästhetische<br />
Erziehung als Lernbereich<br />
der <strong>Grundschule</strong><br />
Für die schulbezogenen Ansätze Musisch-Ästhetischer<br />
Erziehung ist die<br />
Ausweitung des Gegenstandsbereiches,<br />
der zum Ausgang einer ästhetischen<br />
Erfahrung werden kann,<br />
von zentraler Bedeutung. Sie trägt zur<br />
Rechtfertigung der interdisziplinären<br />
Anlage dieses Lernbereichs bei, der<br />
nicht nur interdisziplinär im Hinblick<br />
auf die einbezogenen Künste (Musik,<br />
Bildende Kunst) ist, sondern sich auch<br />
auf andere Fächer wie Sport und Sachkunde<br />
erstrecken kann. Mattenklott<br />
versteht dementsprechend Musisch-<br />
Ästhetische Erziehung auch als ein<br />
Unterrichtsprinzip, das alle Lernbereiche<br />
der <strong>Grundschule</strong> durchzieht. Als<br />
spezifische Form eines produktiven<br />
und subjektiven Weltzugangs fördert<br />
die Musisch-Ästhetische Erziehung<br />
»das allgemeine Erziehungsziel des<br />
mündigen, sich selbst bestimmenden<br />
Menschen, der die Welt erkennend, urteilend<br />
und handeln gestaltet« 13 : »Sie<br />
fördert dies Erziehungsziel, indem sie<br />
im schulischen Erziehungs- und Lernprozess<br />
die Kunst im umfassenden<br />
Wortsinn (alle Künste umfassend) zur<br />
Geltung bringt, und zwar erst in zweiter<br />
Linie im Sinn eines einzelnen zu<br />
erlernenden Gegenstandsbereiches,<br />
zuvorderst vielmehr grundsätzlich<br />
als wesentlich zum Menschen Gehörendes,<br />
als proprium des Menschen.« 14<br />
Die Bedeutung ästhetischer Bildung<br />
in der <strong>Grundschule</strong> wird hier für zwei<br />
Bereiche hervorgehoben: zum einen ist<br />
sie Teil des humanistischen Bildungsgedankens<br />
und findet daher Eingang in<br />
das zentrale Anliegen der <strong>Grundschule</strong>,<br />
allen Kindern eine grundlegende<br />
Bildung zu ermöglichen. Ästhetische<br />
Erziehung bildet einen wichtigen Bezugspol<br />
in der Argumentation für den<br />
fächerübergreifenden Ansatz der Lernbereichsdidaktiken.<br />
Zum anderen ist<br />
ästhetische Erziehung besonders mit<br />
den ästhetischen Fächern Musik und<br />
Kunst in Verbindung zu bringen. Während<br />
Musisch-Ästhetische Erziehung<br />
einerseits als Unterrichtsprinzip aufgefasst<br />
werden kann, das alle Fächer<br />
bzw. Lernbereiche betrifft, ist es andererseits<br />
ein spezifisches Anliegen der<br />
Fächer Musik und Kunst.<br />
Die Betonung dieser doppelten Aufgabe<br />
Musisch-Ästhetischer Erziehung<br />
in der <strong>Grundschule</strong> ist wichtig, weil<br />
es nicht darum gehen kann, das fächerintegrierende<br />
Prinzip einzusetzen,<br />
um die ohnehin seltenen Fachlehrer<br />
in Kunst und Musik einzusparen und<br />
den Fachunterricht in Kunst und Musik<br />
langfristig überflüssig zu machen. Der<br />
kürzlich eingeführte fachübergreifende<br />
Lernbereich Kunst, Natur, Technik in<br />
Baden-Württemberg ist unter diesem<br />
Aspekt möglicherweise problematisch,<br />
weil in Frage steht, ob die Inhalte des<br />
darin eingegangenen Faches Musik in<br />
angemessener Breite und Tiefe vertreten<br />
werden, oder ob er nicht eher dazu<br />
geeignet ist, ein Fehlen dieser Inhalte<br />
zu kaschieren. 15<br />
Unabhängig von fachpolitischen Überlegungen<br />
zu der Frage, ob fachübergreifend<br />
unterrichtet werden soll, muss<br />
4 GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007
Thema: Ästhetische Erziehung<br />
aber das Argument zurückgewiesen<br />
werden, dass dieses nur da möglich sei,<br />
»wo zuvor schon Fähigkeiten erworben<br />
wurden« 16 . Dieses Argument verkennt,<br />
dass die Gliederung von Erfahrungen in<br />
Disziplinen und Fächer gegenüber der<br />
auf einen Gesamtsinn zielenden kindlichen<br />
Frage- und Wahrnehmungshaltung<br />
zeitlich nachgeordnet ist.<br />
4<br />
Leib- und Spielbegriff<br />
als Leitkategorien der<br />
Musisch-Ästhetischen<br />
Erziehung<br />
Der ungefächerten, intermodal gefärbten<br />
Wahrnehmung des Kindes wird in<br />
der Didaktik der Musisch-Ästhetischen<br />
Erziehung durch die Einbeziehung<br />
leibsinnlicher Verfahren und Themenbereiche<br />
entsprochen. Die Rede von<br />
Leib anstatt von Körper geht dabei auf<br />
den phänomenologischen Leibbegriff<br />
zurück, der den Modus beschreibt, in<br />
dem uns unser eigener Körper verfügbar<br />
ist. Unser eigener Körper ist uns<br />
nicht von außen verfügbar, wir ›haben‹<br />
oder ›bewohnen‹ ihn nicht, sondern<br />
sind eins mit ihm. Er hat damit eine<br />
Zwischenstellung zwischen Naturding<br />
und Bewusstsein und ist in diesem<br />
Sinne einerseits Träger des personalen,<br />
eigeninitiativen Ich und andererseits<br />
als vorpersonales Ich von natürlichen<br />
und gesellschaftlichen Strukturen geprägt.<br />
17 Unter dieser Prämisse erhält<br />
die Thematisierung des eigenen Körpers<br />
den Stellenwert einer reflexiven<br />
Bezugnahme auf die subjektive Perspektivität<br />
unseres Weltzugangs.<br />
Gundel Mattenklott widmet deshalb<br />
den ersten Gegenstandsbereich ihrer<br />
Konzeption der Musisch-Ästhetischen<br />
Erziehung leiborientierten Gegenständen<br />
und Verfahren. Hier ordnet<br />
sie Unterrichtsvorhaben ein, in denen<br />
das Kind sich mit der eigenen Leiblichkeit<br />
im Spiegel der Künste auseinandersetzt.<br />
Ein Beispiel dafür ist die<br />
Thematisierung der Hand, die in der<br />
Aneignung der Schrift, zur räumlichen<br />
Orientierung, in der gestischen Verständigung<br />
etc. eine bedeutende Rolle<br />
spielt: »Orientierung im Raum, Sicherheit<br />
im Verkehr, Lust am Schreiben und<br />
Gestalten, die Fähigkeit sich auszudrücken,<br />
seine Bedürfnisse und Wünsche<br />
zu artikulieren und Beziehungen zu<br />
anderen Menschen herzustellen, die<br />
Flüssigkeit von Bewegungen, alltägliche<br />
Verrichtungen – sie alle fordern<br />
eine sichere und leichte, eine fühlende,<br />
denkende, sprechende und gestaltende<br />
Hand.« 18<br />
In ihrer didaktischen Thematisierung<br />
ist die Hand ein interdisziplinärer<br />
Gegenstand, der in der Musik (Dirigenten-Spiele,<br />
taktiler Umgang mit<br />
Musikinstrumenten, Solmisation u. a.),<br />
der Bildenden Kunst (Handgesten auf<br />
Gemälden, Hand-Druck u. a.) und auch<br />
der Sachkunde (Sammlung von Alltagsgesten<br />
u. a.) eine Rolle spielt. Indem<br />
das Thema der Hand in umfassendem<br />
Sinne thematisiert wird, wird das Kind<br />
auf die Möglichkeiten einer Ausbildung<br />
seiner feinmotorischen Fähigkeiten<br />
aufmerksam, ohne sich seinem Leib<br />
»als einem objektiven und instrumentalisierten<br />
Körper zu entfremden, sondern<br />
um sich seiner selbst sicher zu<br />
werden, seine Möglichkeiten und Grenzen<br />
zu erforschen« 19 .<br />
In nachbarschaftlicher Nähe zum Leibbegriff<br />
bewegt sich der Begriff des<br />
Spiels, auf den gleichfalls von Seiten<br />
der Musisch-Ästhetischen Erziehung<br />
Bezug genommen wird. Bei Piaget<br />
wird die enge Beziehung zwischen den<br />
sensomotorischen Erfahrungen und<br />
der Entwicklung des kognitiven Denkens<br />
in Zusammenhang mit dem Kinderspiel<br />
betrachtet. Dabei hat das Spiel<br />
vorrangig assimilative Funktionen. 20<br />
Die Musisch-Ästhetische Erziehung<br />
betrachtet Spiel einerseits als kindliche<br />
Form der Weltaneignung und andererseits<br />
als Vorform der Künste. Sie<br />
interessiert sich weniger dafür, Spiele<br />
als Lernspiele zu funktionalisieren,<br />
als für die Möglichkeit, Spielformen<br />
als Rahmen kindlicher Produktivität<br />
und Weltaneignung in den Unterricht<br />
einzubeziehen. In seiner Vielfalt und<br />
Vielschichtigkeit bietet das Kinderspiel<br />
unterschiedliche Anknüpfungsmöglichkeiten.<br />
Gottfried Bräuer weist auf<br />
die Tätigkeiten des Ausgrenzens und<br />
Ordnens hin, die einen wesentlichen<br />
Anteil des kindlichen Spiels ausmachen.<br />
An dem Beispiel eines Kindes,<br />
das angesichts eines weiten Alpenpanoramas<br />
den Blick nicht schweifen<br />
lässt, sondern beginnt aus Moos und<br />
Steinen einen umgrenzten Garten zu<br />
bauen, verdeutlicht er, wie das Spiel<br />
dazu dienen kann, eine »leibnahe Eigensphäre«<br />
zu schaffen, indem es diese<br />
aus der Umwelt ausgrenzt und ihm<br />
eine eigene Ordnung gibt. 21 Im spielerischen<br />
Umgang mit Gegenständen<br />
und Situationen fragt das Kind nicht<br />
nach der Beschaffenheit von Dingen,<br />
sondern sucht nach Möglichkeiten mit<br />
ihnen zu hantieren und Effekte zu erzielen.<br />
Damit ähnelt seine Tätigkeit<br />
der des Künstlers. Die Musisch-Ästhetische<br />
Erziehung knüpft an die protoästhetischen<br />
Formen des Kinderspiels<br />
an, indem sie zum Beispiel musikalische<br />
Gestaltungsaufgaben als Spiel<br />
inszeniert. 22<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007<br />
5
Thema: Ästhetische Erziehung<br />
5<br />
»Musisch-Ästhetische<br />
Erziehung ist zu verstehen<br />
als ein Spaziergang,<br />
bei dem man mal hier,<br />
einmal dort länger stehen<br />
bleibt, auch wohl sich<br />
niederlässt, bei dem man<br />
Umwege einschlägt,<br />
sogar solche, bei denen<br />
man nicht weiß, wohin<br />
sie führen.«<br />
Fachliche und fachübergreifende<br />
Perspektiven im<br />
Widerstreit (Beispiel Musik)<br />
Mit der Bezugnahme auf die Phänomene<br />
Leib und Kinderspiel sind zwei<br />
Aspekte herausgegriffen, von denen<br />
ausgehend in der <strong>Grundschule</strong> die ›Inszenierung<br />
ästhetischer Erfahrungssituationen‹<br />
entwickelt werden kann<br />
und die zugleich als Bezugspole des<br />
vorfachlichen Unterrichts insgesamt<br />
gelten können. Wie verhält sich nun<br />
die aufgezeigte generaliserende Perspektive<br />
auf den<br />
Kunst- und Musikunterricht<br />
in der<br />
<strong>Grundschule</strong> zu<br />
den Perspektiven,<br />
die die Fachdidaktik<br />
auf die einzelnen<br />
Kunstdisziplinen<br />
wirft?<br />
Zunächst ist festzustellen,<br />
dass<br />
eine Realisation<br />
des ästhetischen<br />
Erziehungsgedankens<br />
in der Schule<br />
– die Richter-<br />
Reichenbach zu Beginn der 80er Jahre<br />
ausgehend von den ästhetischen<br />
Fächern für möglich hält – seit einiger<br />
Zeit in Frage gestellt wird: »Denn der<br />
Auftrag der Schulen ist begrenzt.<br />
Wenn es gut geht, vermitteln sie kulturelle<br />
Fertigkeiten, Basiswissen und<br />
Kompetenz in bestimmten Fächern<br />
– allerdings immer bezogen auf große<br />
Schülerzahlen, auf ein mittleres Leistungsniveau<br />
und durchschnittliche<br />
Lerngeschwindigkeiten.« 23<br />
Diese provokante Aussage Jürgen<br />
Oelkers ist im Zusammenhang mit<br />
der Diskussion um die PISA-Ergebnisse<br />
zu lesen. Sie verdeutlicht aber<br />
eine Tendenz, die weitgreifender ist als<br />
dieser Reflex. Oelkers unterscheidet<br />
zwischen humanistischem Bildungsstreben,<br />
das eine persönliche Angelegenheit<br />
sei, und portionierbarem Bildungsgut,<br />
das schulisch zu vermitteln<br />
ist. Die Entfaltung einer subjektiven<br />
Perspektive auf die Welt der Wahrnehmungs-<br />
und Erkenntnisgegenstände<br />
wird in dieser Argumentation aus dem<br />
Aufgabenfeld von Schule ausgeklammert.<br />
Für dieses zählt allein das objektivierbare<br />
und nachprüfbare Wissen:<br />
»Die Standards der Bildung stehen<br />
nicht in Verfügung des Lernenden. Er<br />
bestimmt nicht, wie Mozarts Requiem<br />
verstanden werden kann, welche Folgen<br />
Heisenbergs Unschärferelation für<br />
die Entwicklung der Physik hatte oder<br />
wohin die Revolution von St. Petersburg<br />
1917 die Welt des 20. Jahrhunderts<br />
getrieben hat.« 24<br />
Der Impuls, sich mit der Fokussierung<br />
auf nachweisbare und messbare Unterrichtseffekte<br />
des Sperrguts einer<br />
schwer bestimmbaren und kaum objektivierbaren<br />
›ganzheitlichen Persönlichkeitsbildung‹<br />
als Leitziel des Unterrichts<br />
zu entledigen, ist auch in dem<br />
ästhetischen Fach Musik vernehmbar.<br />
Unter dem Motto »Kompetenz vermitteln<br />
– Kultur erschließen‹« nimmt sich<br />
das Autorenteam Bähr / Gies / Jank /<br />
Nimczik vor, den Musikunterricht »neu<br />
zu vermessen«. Die von ihnen gewählte<br />
Schwerpunktsetzung bringt den<br />
dargestellten Ansatz in eine deutlich<br />
markierte Gegenposition zu den didaktischen<br />
Prinzipien Musisch-Ästhetischer<br />
Erziehung. In den Mittelpunkt<br />
der didaktischen Aufmerksamkeit wird<br />
hier der Aufbau musikalischer Kompetenz<br />
gerückt. Musikalische Kompetenz<br />
wird dabei als Fähigkeit verstanden,<br />
Musik »sachgerecht<br />
zu gebrauchen, (…) in<br />
ihren Absichten und<br />
ihrer formalen Struktur<br />
zu verstehen, (…)<br />
sie in einen größeren<br />
sinnstiftenden Zusammenhang<br />
einzuordnen«.<br />
25 In dieser<br />
Definition bleibt der<br />
Bereich subjektiver<br />
Begegnung mit Musik,<br />
die Bereitschaft, sich auf grenzüberschreitende<br />
Erfahrungen mit dem<br />
›Anderen‹ einzulassen, als Bestandteil<br />
dessen, was die Schüler lernen sollen,<br />
ungenannt.<br />
Der Weg zum Aufbau dieser musikalischen<br />
Kompetenz, die sich aus Teilkompetenzen<br />
zusammensetzt, erfolgt<br />
»Schritt für Schritt«. Anstelle eines<br />
vielfältigen und breiten Angebots des<br />
Musikunterrichts, in dem sich jedes<br />
Kind »das für sich Bedeutsame herausziehen<br />
(kann)« 26 , wird vorgeschlagen,<br />
die benötigten Teilkompetenzen im<br />
Gleichschritt der Schüler aufzubauen.<br />
Dr. Constanze<br />
Rora<br />
ist Professorin<br />
für Musikpädagogik<br />
und<br />
-didaktik an der<br />
Universität<br />
Leipzig<br />
Zur Veranschaulichung des Zusammenhangs<br />
der Teilkompetenzen wird<br />
auf das Anschauungsmodell der Pyramide<br />
zurückgegriffen, die eine Hierarchie<br />
und Stufenfolge von nacheinander<br />
zu erreichenden Standards versinnbildlicht.<br />
Für die jüngeren Schüler ist dabei<br />
vorgesehen, den Aufbau des musikalischen<br />
Handwerkszeugs in den Mittelpunkt<br />
zu stellen, während das Verstehen<br />
von Musik in historischen und<br />
kulturellen Kontexten höheren Klassen<br />
vorbehalten bleibt.<br />
»Im 45-Minuten-Takt kann<br />
man Schnellzüge fahren<br />
lassen und das Einmaleins<br />
hersagen, aber nicht<br />
malen und bauen, kein<br />
Theaterstück proben und<br />
keinen Tanz entwickeln.«<br />
Ästhetische Praxis erhält in dem Modell<br />
des aufbauenden Musikunterrichts<br />
als ›Vorhaben‹ Gestalt: »Musikalische<br />
Vorhaben im Unterricht sind ergebnisbzw.<br />
produktorientiert, thematisch bestimmt<br />
und zeitlich begrenzt. Sie sind<br />
in Unterrichtsphasen,<br />
-stunden,<br />
-einheiten<br />
oder -reihen<br />
organisiert.« 27<br />
In dieser Festlegung<br />
liegt<br />
vielleicht die<br />
deutlichste Differenz<br />
zu dem<br />
didaktischen<br />
Denken der<br />
Musisch-Ästhetischen Erziehung. Denn<br />
diese sieht den Prozess im Mittelpunkt<br />
pädagogischer Begründungen ästhetischer<br />
Praxis. Wenngleich die Bedeutung<br />
des ästhetischen Produktes als<br />
wichtige Möglichkeit für das Kind, »in<br />
einem selbst gefertigten Gebilde sich<br />
selbst zum Gegenstand zu werden« 28 ,<br />
anerkannt wird, erhält die Offenheit<br />
des Prozesses größere Priorität. Intendiert<br />
ist die Anbahnung von Prozessen,<br />
in denen das Produkt erst im Verlauf<br />
einer Wechselbewegung zwischen undeutlichen<br />
Produktvorstellungen und<br />
dem Experimentieren mit Material<br />
Kontur gewinnt.<br />
6 GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007
Thema: Ästhetische Erziehung<br />
6<br />
Schnellzüge fahren lassen und das Einmaleins<br />
hersagen, aber nicht malen<br />
und bauen, kein Theaterstück proben<br />
und keinen Tanz entwickeln.« 29 Zur<br />
Diskontinuität ästhetischer Praxis gehören<br />
aber auch Situationen, die eine<br />
minimale zeitliche Ausdehnung haben,<br />
und ihren Ort im Zwischendurch haben.<br />
Eine zeitliche Rahmensetzung ist<br />
erforderlich, sie begründet sich aber<br />
nicht aus den äußeren Vorgaben einer<br />
gleichförmigen Stundenstruktur, sondern<br />
erfolgt situationsangemessen.<br />
Folgerungen<br />
für die Praxis des<br />
ästhetischen Fachunterrichts<br />
an der <strong>Grundschule</strong><br />
Im Sinne dieser Prozessorientierung<br />
wird die Diskontinuität ästhetischer<br />
Erfahrungs- und Gestaltungsprozesse<br />
zum Anlass genommen, den Unterricht<br />
zu öffnen, um die breiten Interessen<br />
und die Eigenzeit der Kinder berücksichtigen<br />
zu können. »Musisch-Ästhetische<br />
Erziehung ist zu verstehen als<br />
ein Spaziergang, bei dem man mal hier,<br />
einmal dort länger stehen bleibt, auch<br />
wohl sich niederlässt, bei dem man<br />
Umwege einschlägt, sogar solche, bei<br />
denen man nicht weiß, wohin sie führen.<br />
(…) Im 45-Minuten-Takt kann man<br />
Auch ein Musikunterricht, der sich den<br />
Maximen Ästhetischer Erziehung verpflichtet<br />
fühlt, sollte einen ›Aufbau‹<br />
musikalischer Fähigkeiten anstreben.<br />
Zur Grundlegung eines Musikunter -<br />
richts, der Musik als Beitrag und Im puls<br />
eines ästhetischen Bildungsprozesses<br />
begreift, reicht eine Orientierung am<br />
Aufbau musikalischer Teilkompetenzen<br />
allerdings bei weitem nicht<br />
aus. Ohne eine Ergänzung durch Unterrichtsinszenierungen,<br />
in denen die<br />
individuelle und kollektive Bedeutsamkeit<br />
des musikalischen Tuns von Musik<br />
reflektiert wird, bleibt auch in den<br />
jüngeren Klassen der Musikunterricht<br />
unvollständig; eine Synthese aus praktischer<br />
und intellektueller, selbstreflexiver<br />
Annäherung an Musik sollte nicht<br />
vom Fortschritt der musikpraktischen<br />
Fähigkeiten abhängig gemacht werden.<br />
Anmerkungen<br />
1 Hans-Joachim Fischer: <strong>Grundschule</strong><br />
– Vermittlungsschule zwischen Kind und<br />
Welt. Bad Heilbrunn / Obb. 2002, S. 22<br />
2 Friedrich Schiller: »Über die ästhetische<br />
Erziehung des Menschen in einer<br />
Reihe von Briefen«, in: Sämtliche Werke.<br />
(Hg. Gerhard Fricke und Herbert G.<br />
Göpfert). 5. Band: Erzählungen. Theoretische<br />
Schriften. München 1993<br />
3 Ebd. S. 663<br />
4 Ebd. S. 613<br />
5 Ebd. S. 669<br />
6 Karin-Sophie Richter-Reichenbach:<br />
Bildungstheorie und Ästhetische Erziehung<br />
heute. Darmstadt 1<strong>98</strong>3, S. 102<br />
7 Ebd. S. 117<br />
8 Ebd. S. 118<br />
9 Jörg Zirfas: Kontempation – Spiel<br />
– Phantasie. Ästhetische Erfahrungen<br />
in bildungstheoretischer Perspektive.<br />
In: Gundel Mattenklott / Constanze<br />
Rora: Ästhetische Erfahrung in der<br />
Kindheit. Theoretische Grundlagen und<br />
empirische Forschung. Weinheim 2004<br />
10 Ebd. S. 78<br />
11 Hans-Rüdiger Müller: Übergänge.<br />
Bildungsbewegungen im Geflecht symbolischer<br />
Ordnungen. In: Gundel Mattenklott/<br />
Constanze Rora: Ästhetische<br />
Erfahrung in der Kindheit. Theoretische<br />
Grundlagen und empirische Forschung.<br />
Weinheim 2004, S. 69<br />
12 Vgl. zur neueren Geschichte des Begriffs<br />
Gundel Mattenklott: Zur ästhetischen<br />
Erfahrung in der Kindheit. In: ebd. S. 11 – 17<br />
13 Gundel Mattenklott: <strong>Grundschule</strong> der<br />
Künste. Vorschläge zur Musisch-Ästhetischen<br />
Erziehung. Baltmannsweiler<br />
19<strong>98</strong>, S. 31<br />
14 Ebd.<br />
15 Vgl. Mechthild Fuchs: »Mensch, Natur<br />
und Kultur« statt Musik, in: Diskussion<br />
Musikpädagogik 30/06<br />
16 Ebd. S. 3<br />
17 Wilfried Lippitz: Der Leib (Kommentar).<br />
In: Ders./ Christian Rittelmeyer:<br />
Phänomene des Kinderlebens. Beispiele<br />
und methodische Probleme einer pädagogischen<br />
Phänomenologie, S. 75<br />
18 Gundel Mattenklott: <strong>Grundschule</strong> der<br />
Künste. Vorschläge zur Musisch-Ästhetischen<br />
Erziehung. Baltmannsweiler<br />
19<strong>98</strong>, S. 99<br />
19 Ebd.<br />
20 Jean Piaget: Nachahmung, Spiel und<br />
Traum. Stuttgart 1969, S. 112<br />
21 Gottfried Bräuer, Gerhard Schneider,<br />
Wolfgang Schulz (Hg.): Zugänge zur<br />
ästhetischen Elementarerziehung.<br />
Tübingen 1<strong>98</strong>9. (=Hg. DIFF: Musisch-<br />
Ästhetische Erziehung in der <strong>Grundschule</strong>.<br />
Grundbaustein 1), S. 54<br />
22 Vgl. Constanze Rora: Ästhetische<br />
Bildung im Musikalischen Gestaltungsspiel.<br />
Augsburg 2001, sowie Mattenklott<br />
19<strong>98</strong>, S. 162<br />
23 Jürgen Oelkers: Und wo, bitte, bleibt<br />
Humboldt?, in: Diskussion Musikpädagogik<br />
17/03, S. 3<br />
24 Ebd.<br />
25 Johannes Bähr, Stefan Gies, Werner<br />
Jank, Ortwin Nimczik: Kompetenz<br />
vermitteln – Kultur erschließen. Musiklernen<br />
in der Schule, in: Diskussion<br />
Musikpädagogik 19/03, S. 27<br />
26 Ebd. S. 30<br />
27 Ebd. S. 31<br />
28 Mattenklott 19<strong>98</strong>, S. 61<br />
29 Mattenklott 19<strong>98</strong>, S. 54<br />
Literatur<br />
Bähr, Johannes, Stefan Gies, Werner Jank, Ortwin Nimczik:<br />
Kompetenz vermitteln – Kultur erschließen. Musiklernen in der<br />
Schule, in: Diskussion Musikpädagogik 19/03<br />
Bräuer, Gottfried, Gerhard Schneider, Wolfgang Schulz (Hg.):<br />
Zugänge zur ästhetischen Elementarerziehung. Tübingen 1<strong>98</strong>9.<br />
(=Hg. DIFF: Musisch-Ästhetische Erziehung in der <strong>Grundschule</strong>.<br />
Grundbaustein 1)<br />
Fischer, Hans-Joachim: <strong>Grundschule</strong> – Vermittlungsschule<br />
zwischen Kind und Welt. Bad Heilbrunn/ Obb.2002<br />
Fuchs, Mechthild: »Mensch, Natur und Kultur« statt Musik,<br />
in: Diskussion Musikpädagogik 30/06.<br />
Lippitz, Wilfried: Der Leib (Kommentar). In: Ders. / Christian<br />
Rittel meyer: Phänomene des Kinderlebens. Beispiele und methodische<br />
Probleme einer pädagogischen Phänomenologie.<br />
Mattenklott, Gundel: <strong>Grundschule</strong> der Künste. Vorschläge zur<br />
Musisch-Ästhetischen Erziehung. Baltmannsweiler 19<strong>98</strong><br />
Mattenklott, Gundel: Zur ästhetischen Erfahrung in der Kindheit.<br />
In: Dies. / Constanze Rora: Ästhetische Erfahrung in der<br />
Kindheit. Theoretische Grundlagen und empirische Forschung.<br />
Weinheim 2004<br />
Müller, Hans-Rüdiger: Übergänge. Bildungsbewegungen im<br />
Geflecht symbolischer Ordnungen. In: Gundel Mattenklott /<br />
Constanze Rora: Ästhetische Erfahrung in der Kindheit.<br />
Theoretische Grundlagen und empirische Forschung.<br />
Weinheim 2004<br />
Oelkers, Jürgen: Und wo, bitte, bleibt Humboldt?,<br />
in: Diskussion Musikpädagogik 17/03<br />
Piaget, Jean: Nachahmung, Spiel und Traum. Stuttgart 1969<br />
Richter-Reichenbach, Karin-Sophie: Bildungstheorie und<br />
Ästhetische Erziehung heute. Darmstadt 1<strong>98</strong>3<br />
Rora, Constanze: Ästhetische Bildung im Musikalischen<br />
Gestaltungsspiel. Augsburg 2001<br />
Schiller, Friedrich: »Über die ästhetische Erziehung des<br />
Menschen in einer Reihe von Briefen«, in: Sämtliche Werke.<br />
(Hg. Gerhard Fricke und Herbert G. Göpfert). 5. Band:<br />
Erzählungen. Theoretische Schriften. München 1993<br />
Zirfas, Jörg: Kontempation – Spiel – Phantasie. Ästhetische<br />
Erfahrungen in bildungstheoretischer Perspektive. In: Gundel<br />
Matten klott / Constanze Rora: Ästhetische Erfahrung in der<br />
Kindheit. Theoretische Grundlagen und empirische Forschung.<br />
Weinheim 2004<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007<br />
7
Dokumentation<br />
Bildungsansprüche von Grundschulkindern<br />
Lernbereich Ästhetik – Kunst, Musik, Sport<br />
Didaktische Orientierung<br />
Der Lernbereich Ästhetik wendet sich allen Wirklichkeitsbereichen<br />
zu, sucht und nutzt aber insbesondere auch den<br />
Bezug zu den Künsten. Ästhetische Projekte eröffnen alle<br />
Möglichkeiten, sich einem gewählten Thema zuzuwenden,<br />
es sich umfassend anzueignen und es in selbst entwickelten<br />
und gestalteten Ausdrucksformen anderen zu präsentieren.<br />
Die Gegenwartskünste bieten hierfür viele Anregungen, weil<br />
sie sich häufig mit den alltäglichen Dingen und den Erfahrungen<br />
der Menschen auseinandersetzen und weil sie oft<br />
Aktionsformen wählen, die den Handlungsformen der Kinder<br />
sehr nahe sind.<br />
Die eigentliche Qualität dieses Lernbereichs liegt in der<br />
integrierenden Verbindung von fächerübergreifenden und<br />
fachlichen Anteilen. Sein Hauptziel ist die Wahrnehmungsbildung<br />
im Sinne einer Eindrucks- und Ausdrucksschulung,<br />
die den ganzen Menschen meint. Es geht ihm also um eine<br />
Förderung der emotionalen, sensorischen, kognitiven und<br />
körperlichen (leiblichen) Fähigkeiten, die dem Kind dazu verhelfen<br />
soll, eine eigene begründete Position für sich selbst,<br />
zu anderen Menschen und zur Welt zu finden.<br />
Kunst – Bildung durch Kunst, Bildung zur Kunst<br />
Auf der Grundlage der Sensibilisierung des bildhaften, haptischen<br />
und ganzkörperlichen Wahrnehmens, Gestaltens<br />
und Denkens drücken die Kinder ihr eigenes Erleben bildsprachlich<br />
aus und lesen und entziffern Bildsprachen.<br />
Ihre eigenständigen Gestaltungen realisieren sie, weil sie<br />
sich im Laufe der Grundschulzeit die dazu erforderlichen<br />
Grundfertigkeiten und Kenntnisse angeeignet haben.<br />
Musik –<br />
Bildung durch Musik, Bildung zur Musik<br />
Das Erleben, Erfahren und Verstehen von Musik wird von den<br />
Kindern in unterschiedlichen Umgangsweisen realisiert:<br />
■ Musik machen/erfinden (Produktion, Reproduktion, Improvisation)<br />
■ Musik hören (Rezeption)<br />
■ Musik umsetzen (Transformation)<br />
Die Kinder wenden das Gelernte im alltäglichen Unterricht<br />
und bei besonderen Anlässen (Schulfeste, Arbeitsgemeinschaften,<br />
Projek te …) an und nutzen dabei diese produktiven<br />
Zugangsweisen zur Musik.<br />
Hilfreich hierfür sind die musikalischen Fähigkeiten und<br />
Fertigkeiten, die sich die Kinder im Laufe der Grundschulzeit<br />
angeeignet haben und die möglichst oft in Sinnzusammenhängen<br />
entwickelt und geübt werden.<br />
8 GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007<br />
Tragfähige Grundlagen<br />
Ziele<br />
Lernbereich Ästhetik<br />
■ Die Kinder improvisieren, sie suchen und erzeugen in allen Ausdrucksbereichen<br />
Material, das die Grundlage für die Entwicklung eigener Gestaltungen bildet.<br />
■ Sie produzieren Geräusche, Klänge, Töne, mimische und ganzkörperliche Bewegungen,<br />
Zeichnungen, Bilder, Plastiken, Skulpturen, Medienereignisse u. a.<br />
zu bestimmten, von ihnen mit ausgewählten Themenbereichen.<br />
■ Sie reproduzieren (nachvollziehen, nachgestalten) vorgegebene Formen und<br />
vorhandene künstlerische Ausdrucksformen.<br />
■ Sie rezipieren produzierte künstlerische Ausdrucksformen (Bewegung, Bild,<br />
Klang) im Sinne einer Schulung und Selbstbildung der sinnlichen Wahrnehmung.<br />
■ Sie transformieren Musik in Bewegung oder Bild, Bewegung in Bild oder<br />
Musik, Bild in Bewegung oder Musik.<br />
■ Sie reflektieren künstlerische Hervorbringungen (Bewegung, Bild, Klang), ihren<br />
Sinn für die an ihnen interessierten Menschen (Produzenten, Rezipienten), ihre<br />
Bedeutung im gesellschaftlichen Zusammenhang, ihre Entstehung und Wirkung.<br />
Sie bilden sich eine eigene Meinung darüber und vertreten sie selbstbewusst.<br />
Kunst<br />
■ Die Kinder skizzieren und erproben grafische Elemente und Materialien.<br />
■ Sie probieren Druck- und Schriftexperimente als Mittel der Gestaltung – auch<br />
am Computer – aus.<br />
■ Sie nutzen Farbeigenschaften, -wirkungen und -ordnungen für ihre Absichten,<br />
arbeiten plastisch und skulptural mit unterschiedlichen Werkstoffen und<br />
Fundstücken.<br />
■ Sie entwickeln räumliche Vorstellungen und gestalten Räume.<br />
■ Sie gehen kreativ mit Medien um, auch mit Computer, CD-ROM und Internet.<br />
■ Sie nutzen Formen und Elemente des Spiels, auch des Darstellenden Spiels.<br />
■ Sie präsentieren ihre künstlerischen Produkte: Ausstellung, Inszenierung, Environment,<br />
Performance.<br />
■ Sie wählen dabei eine Technik aus, die dem zu gestaltenden Inhalt angemessen<br />
ist.<br />
Musik<br />
■ Die Kinder nutzen die eigene Stimme und gestalten ihre verschiedenen Ausdrucksmöglichkeiten.<br />
■ Sie wenden das eigene Liedrepertoire an und erweitern es ständig durch das<br />
Singen alter und neuer Lieder zu unterschiedlichen Themenkreisen, wobei sie<br />
die Merkmale von Melodien und verschiedenen Liedformen unterscheiden<br />
können.<br />
■ Sie erzeugen Klänge, Geräusche und Rhythmen mit und ohne Musikinstrumente,<br />
nutzen dabei die Beschaffenheit und Klangeigenschaften unterschiedlicher<br />
Instrumente, die sie nun auch sachgemäß behandeln können und deren<br />
instrumental-manuelle Grundlagen sie beherrschen.<br />
■ Sie wenden elementare Notationsformen an und kennen musikalische Werke<br />
unterschiedlicher Formen und Epochen.<br />
■ Sie entwickeln, gestalten und präsentieren unterschiedliche Bewegungsformen<br />
und Tänze und gehen dabei produktiv mit neuen Medien und Technologien<br />
um.
Dokumentation<br />
Sport – Bildung durch Bewegung, Spiel und Sport,<br />
Bildung durch Erschließung der Bewegungs-,<br />
Spiel- und Sportkultur<br />
Bewegung und Spiel gehören in alle Räume und Situationen<br />
schulischen Lebens und Lernens: in die Unterrichtsphasen,<br />
in den Klassenraum, in die Pausen und in den eigentlichen<br />
Sportunterricht. Die Schule als ein Haus des Lernens muss<br />
auch ein Haus des Sich-Bewegens sein.<br />
Die Kinder sind zum Ende ihrer Grundschulzeit in der<br />
Lage, ihren Körper wahrzunehmen und angemessen auf seine<br />
Signale zu reagieren. Sie haben ihre Bewegungsfähigkeit<br />
vielseitig entwickelt und haben Lust, sie immer wieder neu<br />
zu erproben. Sie verfügen über eine umfassende allgemeine<br />
Spielfähigkeit, die sie befähigt, vorhandene Spielräume kreativ<br />
zu nutzen und allein und mit anderen Kindern zusammen<br />
ihre Spiele auch selbstständig zu gestalten.<br />
Dieses alles können sie, weil sie über ihre reflektierten<br />
Bewegungs- und Spiel erfahrungen ein Verständnis für ihr<br />
Tun entwickelt haben. Hierzu gehört auch ein reflektierter<br />
Umgang mit dem Wagen und den Wagnissen, mit dem Leisten<br />
und der Leistung, mit der Kooperation und dem Wettkampf<br />
und mit der Gesundheit.<br />
Notwendig hierfür sind die Fähigkeiten und Fertigkeiten,<br />
die sie sich im Laufe der Grundschulzeit angeeignet haben<br />
und die möglichst oft in Sinnzusammenhängen entwickelt<br />
und geübt worden sind.<br />
Sport<br />
■ Die Kinder erfahren und gestalten die Vielfalt des Laufens, Springens und Werfens.<br />
■ Sie fühlen sich im und unter Wasser wohl und sicher und können schwimmen.<br />
■ Sie entdecken die Vielseitigkeit des Sich-Bewegens an und mit Geräten und<br />
erlernen und üben elementare turnerische Bewegungsformen.<br />
■ Sie entwickeln, üben, gestalten und präsentieren rhythmisch-musikalischtänzerische<br />
Fähigkeiten und Bewegungskünste.<br />
■ Sie spielen selbstständig in und mit Regelstrukturen und erfinden eigene<br />
situationsangemessene Variationen.<br />
■ Sie wenden ihr grundlegendes Bewegungskönnen beim Gleiten, Fahren und<br />
Rollen flexibel an.<br />
■ Sie übernehmen beim Ringen und Kämpfen Verantwortung für sich und den<br />
Kampfpartner oder die Kampfpartnerin im Sinne eines fairen Kräftemessens.<br />
Lernbedingungen<br />
Projektarbeit<br />
Die Idee des Lernbereichs Ästhetik lässt sich nur dann erfolgreich umsetzen,<br />
wenn regelmäßig Projekte durchgeführt werden, in denen ein Thema integrativ<br />
und fachbezogen erarbeitet und für eine Präsentation vorbereitet wird. In die Entscheidung<br />
über die Themen und die Art und Weise ihrer Bearbeitung sollten die<br />
Kinder möglichst weitgehend (von Klasse 1 bis 4 zunehmend) einbezogen werden,<br />
weil dadurch das Sich-Einlassen auf die Sache intensiviert werden kann.<br />
Pro Schuljahr sollten wenigstens vier Projekte angeboten werden, bei denen<br />
die Kinder je einmal einen fachlichen Schwerpunkt Kunst oder Musik oder Sport<br />
wählen müssen (ergänzend zur integrativen Bearbeitung des Themas) und beim<br />
vierten Projekt frei wählen können, in welchem Fach sie ihr Können erweitern und<br />
vertiefen wollen. Auf diesem Wege werden die Kinder in die Lage versetzt, von<br />
Klasse 1 bis 4 mit zunehmender Selbstständigkeit Projektarbeit zu gestalten.<br />
Kooperation<br />
Alle Möglichkeiten der ständigen oder themenbezogenen Kooperation mit Fachlehrerinnen<br />
und -lehrern sowie mit anderen Klassen erleichtern und erweitern die<br />
Projektarbeit.<br />
Veröffentlichungen des Grundschulverbandes<br />
Matthias Duderstadt (Hrsg.) (1996): Kunst in der <strong>Grundschule</strong>.<br />
Fachliche und fächerintegrierende ästhetische Erziehung.<br />
Band 99<br />
Klaus Matthies / Manfred Polzin / Rudolf Schmitt (Hrsg.)<br />
(1<strong>98</strong>7): Ästhetische Erziehung in der <strong>Grundschule</strong>. Integra tion<br />
der Fächer Kunst, Musik, Sport. Band 69<br />
Manfred Polzin (Hrsg.) (1992): Bewegung, Spiel und Sport<br />
in der <strong>Grundschule</strong>. Fachliche und fächer übergreifende Orientierung.<br />
Band 85<br />
M. Polzin / R. Schneider / M. Steffen-Wittek (Hrsg.) (19<strong>98</strong>):<br />
Musik in der <strong>Grundschule</strong>. Band 102<br />
Darstellendes Spiel<br />
Die Fächer begegnen sich im Darstellenden Spiel. Auch wenn es in der <strong>Grundschule</strong><br />
kein eigenes Fach darstellt, spielt es doch eine große Rolle im Schulleben. Es<br />
ist als integraler Bestandteil des Lernbereichs Ästhetik zu verstehen und bietet<br />
ideale Möglichkeiten, die in den Projekten erarbeiteten einzelnen Fachanteile von<br />
Kunst, Musik, Sport und Bewegung zusammenzuführen, wobei als Inhalte natürlich<br />
auch Themen, Probleme und Fragestellungen aus anderen Lernbereichen aufgegriffen<br />
werden können.<br />
Bandbreiten der Entwicklung<br />
Kinder und auch Lehrerinnen und Lehrer unterscheiden sich in ihren fachlichen<br />
Neigungen. Sich in allen drei Fächern Kunst, Musik und Sport zu Hause zu fühlen,<br />
ist eher die Ausnahme. Diesen unterschiedlichen Neigungen muss Raum gegeben<br />
und gleichzeitig eine zu einseitige fachliche Schwerpunktsetzung oder eine Vernachlässigung<br />
eines oder mehrerer Bereiche vermieden werden.<br />
Für beides muss Raum sein: für breite und umfassende Erfahrungen und Lernprozesse<br />
in allen drei Fächern ebenso wie für die Weiterentwicklung fachlicher<br />
Schwerpunkte. Im Integrativen des Lernbereichs Ästhetik fügen sich die unterschiedlichen<br />
Stärken und Neigungen zusammen.<br />
Bildungsansprüche von Grundschulkindern –<br />
Standards zeitgemäßer Grundschularbeit<br />
www.grundschulverband.de/bildungsstandards.html<br />
▼<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007<br />
9
Praxis: Ästhetische Erziehung<br />
Kunst ist alles!<br />
von Barbara<br />
Sengelhoff<br />
So steht es geschrieben am Bauzaun,<br />
der den Neubau der Offenen Ganztagsschule<br />
schützt – geschrieben von Isabelly<br />
im Projekt ›Wir verschönern unsere<br />
Schule‹. Nicht nur Isabelly nimmt die<br />
Baustellenumgebung wahr als einen<br />
Ort, der das Schulklima beeinflusst; die<br />
Kinder ihrer Projektgruppe entdecken<br />
überall auf dem Schulgelände und im<br />
Schulhaus Stellen, die sie verändern<br />
möchten – und können. Mit der Kamera<br />
fangen sie ›hässliche‹ Stellen ein.<br />
Picasso: »Kunst wäscht den Staub des<br />
Alltags von der Seele«<br />
Ästhetik, gr. aísthesis:<br />
sinnliche Wahrnehmung<br />
Die Bedeutung der ästhetischen Bildung<br />
im Alltag der <strong>Grundschule</strong> ist<br />
unbestritten: Kinder lernen aktiv in<br />
einem Prozess, der bestimmt ist durch<br />
Wahrnehmung, durch Verarbeitung,<br />
Ausdruck und Reflexion. Lernen ist verknüpft<br />
mit der Alltagswelt, mit Erfahrungen<br />
kindlicher Lebenswirklichkeit.<br />
Vielfältige Anregungen erweitern ihre<br />
Erlebniswelt. ›Besonders die ästhetische<br />
Bildung ist für den Erwerb von Fähigkeiten<br />
und Kompetenzen m Bereich des<br />
Verstehens und Gestaltens aller Fächer<br />
wesentlich …‹ (Schulministerium NRW,<br />
Bildungsportal / Service)<br />
Kinder setzen sich in ihrer Persönlichkeitsentwicklung<br />
aktiv auseinander<br />
mit der jeweiligen Kultur, in die sie hineingeboren<br />
werden; sie nehmen teil an<br />
der Gesellschaft, sie werden geprägt –<br />
prägen aber auch durch produktive Tätigkeit.<br />
Sie hinterlassen Spuren: sichtbar,<br />
wenn sie erstmals Stift und Papier<br />
nutzen: ausdrucksstark, aber ohne Erklärung<br />
noch nicht zu verstehen.<br />
Kinder kommen mit unterschiedlichen<br />
Voraussetzungen in die <strong>Grundschule</strong>;<br />
sie sind gefordert, sich in<br />
einem ganz neuen sozialen Feld zurechtzufinden,<br />
sie begegnen diesen<br />
neuen Anforderungen flexibel, phantasievoll,<br />
motiviert und voller Interesse …<br />
offen, neugierig, wissbegierig und an<br />
vielerlei ästhetischen Phänomenen interessiert.<br />
Ihre Wahrnehmungsweisen und<br />
Wirklichkeitskonstrukte sind noch nicht<br />
festgelegt … (Bund Deutscher Kunsterzieher<br />
e. V. Ästhetische Erziehung<br />
in der <strong>Grundschule</strong>, BDK-Mitteilungen<br />
3 / <strong>98</strong>) Musisch-ästhetische Erziehung<br />
(MÄERZ) regt verbale und produktivgestaltende<br />
Auseinandersetzung der<br />
Kinder mit Kunstgebilden an, ›fördert<br />
die Selbstverständigung der Kinder und<br />
ihrer Fähigkeiten zur Verständigung mit<br />
den anderen. Sie unterstützt das einzelne<br />
Kind im Prozess der Vermittlung<br />
von innerer und äußerer Realität‹ (Mattenklott,<br />
Gundel, <strong>Grundschule</strong> der<br />
Künste, Hohengehren 19<strong>98</strong>, Seite 32<br />
ff). Den Kindern wird der Zugang zur<br />
ästhetischen Tradition der Menschheit<br />
eröffnet, was bedeutsam für die Gestaltung<br />
des eigenen Lebensentwurfes<br />
werden kann.<br />
Ästhetische Alphabetisierung<br />
In dem Lernbereich der musisch-ästhetischen<br />
Bildung, der die künstlerischen<br />
Fähigkeiten ausbilden soll, geht es um<br />
die Erkenntnis über sich und seine Umwelt.<br />
Die <strong>Grundschule</strong> bietet dem Kind<br />
Raum und Zeit, sich mit der Welt auseinander<br />
zu setzen, Lust an Eigentätigkeit<br />
zu wecken, die Umgebung aufmerksam<br />
wahrzunehmen, produktiv<br />
zu entwerfen und zu gestalten, sich<br />
vielfältig auszudrücken.<br />
Die Schule soll dem Kind Gelegenheit<br />
bieten, sich auf die unterschiedlichste<br />
Weise auszudrücken, eigene<br />
Erlebnisse und Erfahrungen mitzuteilen,<br />
Wünschen und Gefühlen Ausdruck<br />
verleihen zu können. Der Bund Deutscher<br />
Kunsterzieher spricht von der<br />
Notwendigkeit ›ästhetischer Alphabetisierung‹<br />
(siehe oben), die – neben der<br />
Entwicklung der Schriftsprache – ein<br />
wichtiger Schritt ist auf dem Weg zu einer<br />
ästhetischen Literalität, das heißt<br />
zu der Fähigkeit, die … Besonderheiten<br />
ästhetischer Bilder in ihrer Vielfalt sensibel<br />
wahrzunehmen.‹ Dies geschieht nur<br />
über reichhaltige und differenzierte<br />
Angebote und intensive Auseinandersetzung<br />
mit künstlerischen Prozessen.<br />
Aufgaben des Faches Kunst<br />
Die Richtlinien und der Lehrplan in<br />
NRW beschreiben die Aufgaben des<br />
Faches so:<br />
■ die Wahrnehmungsfähigkeit der<br />
Schülerinnen und Schüler und ihr Vorstellungsvermögen<br />
entfalten und fördern,<br />
■ Kreativität und Fantasie anregen<br />
und weiter entwickeln,<br />
■ die Fähigkeit nutzen und ausbauen,<br />
sich mit bildnerischen Mitteln auszudrücken<br />
und sich verständlich zu machen,<br />
■ die Verstehens- und Interpretationsfähigkeit<br />
für ästhetische Erscheinungen<br />
und Vorgänge erweitern,<br />
■ neue, auch ungewöhnliche Ar -<br />
beits-, Sicht- und Denkweisen fördern.<br />
Bildnerisches<br />
Selbstbewusstsein<br />
Einige Unterrichtsbeispiele können<br />
Impulse beschreiben, wie ästhetisches<br />
Lernen als Unterrichtsprinzip in der<br />
<strong>Grundschule</strong> die Kinder auf ihrem<br />
Weg zu ihrem ›bildnerischen Selbstbewusstsein‹<br />
begleitet. Die meisten<br />
Kunstwerke (Arbeiten mit unterschiedlichen<br />
Techniken und Materialien) sind<br />
Ausstellungsobjekte im Schulhaus: sie<br />
erfahren Wertschätzung, Anerkennung<br />
und Würdigung durch die Veröffentlichung.<br />
Die sorgsame Präsentation regt<br />
zudem die betrachtende Schulgemeinde<br />
an zur Kommunikation und Auseinandersetzung<br />
mit den Leistungen der<br />
Kinder.<br />
Barbara<br />
Sengelhoff,<br />
Rektorin<br />
an einer Jenaplanschule<br />
in Köln, www.<br />
kgs-mainzer.de<br />
10 GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007
Praxis: Ästhetische Erziehung<br />
■ Schulforscher unterwegs<br />
Kinder erkunden ihr Schulhaus und<br />
zeichnen eine eigene Wegekarte: so<br />
gehe ich aus meiner Klasse auf den<br />
Schulhof: Kinder aller Altersgruppen<br />
wandern aufmerksam durch den Schulhof,<br />
entdecken, beobachten und versuchen<br />
die Wirklichkeit abzubilden. Ziel<br />
ist: eine Wegekarte für Besucher zu erstellen.<br />
Auf diesem Wege fotografieren<br />
einige Kinder mit einer Digitalkamera<br />
die schönsten und die hässlichsten<br />
Orte ihres Schulgeländes. ›Was können<br />
wir tun, damit unsere Schule schöner<br />
wird?‹<br />
■ Fächerübergreifendes<br />
Projekt: Türme<br />
In diesem Projekt können alle Aufgabenbereiche<br />
des Faches Kunst einbezogen<br />
werden: alle Kinder der Schule<br />
arbeiten zu unterschiedlichen Gestaltungsschwerpunkten.<br />
■ Mein Raum – ein schöner Raum<br />
– viele Räume in einem Wohnturm<br />
Besinnen auf sich selbst, wahrnehmen<br />
und Träume gestalten: Kinder<br />
beschreiben ihr Schulhaus, entwerfen<br />
die Traumschule – aber auch ihr Traumzimmer:<br />
eine Ausstellung im Schuhkarton,<br />
zusammengebaut aus Papier und<br />
Fundstücken. Die einzelnen Räume<br />
werden zu einer Gemeinschaftsarbeit:<br />
ein Wohnturm entsteht und bietet Gesprächsanlass<br />
über die Gestaltung von<br />
Wohnraum, Haus und Stadt. In dieser<br />
Unterrichtsreihe liegt der Gestaltungsschwerpunkt<br />
auf dem Bereich ›räumliches<br />
Gestalten‹: die Kinder nehmen<br />
Architektur plötzlich bewusst wahr,<br />
sind motiviert, mitzugestalten. Die<br />
Brücke ist nicht nur als Metapher für<br />
das Überschreiten von Grenzen, für<br />
den Weg hinaus aus der Schule, zu<br />
verstehen. Kinder in altersgemischten<br />
Lerngruppen bringen ihre unterschiedlichen<br />
Fähigkeiten in einem Gesamtkunstwerk<br />
zum Ausdruck: die großen<br />
Schülerinnen und Schüler konstruieren<br />
(Kriterium für diesen Brückenbau: stabil<br />
und tragfähig muss die Brücke sein),<br />
die jüngeren Kinder testen spielerisch.<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007<br />
11
Praxis: Ästhetische Erziehung<br />
Ein Beispiel: Arbeitsplan für die Erprobung des Lehrplanes für das Fach KUNST<br />
Thema<br />
Technik<br />
Aufgabenschwerpukt<br />
Arbeitsmaterial<br />
Werkzeug<br />
Lernform<br />
Methoden<br />
Türme in<br />
unserer Stadt<br />
Türme überall<br />
Türme historisch<br />
Türme in<br />
der Kunst<br />
Türme<br />
eigene Entwürfe<br />
Ich bin ein Turm<br />
Ein Turm aus<br />
vielen Türmen<br />
Gestalten mit technischvisuellen<br />
Medien<br />
Fächerübergreifend:<br />
Lesekompetenz:<br />
Ästhetische Wahrnehmung<br />
Fächerübergreifend:<br />
Bedeutung des<br />
Turmbaues<br />
Begegnung mit<br />
Künstlern<br />
Norman Junge<br />
Kostümbildnerin<br />
Breughel:<br />
Turmbau zu Babel<br />
Grafisches Gestalten:<br />
Ich bin ein Turm<br />
Räumliches Gestalten<br />
Szenisches Gestalten<br />
Plastisches Gestalten<br />
Räumliches Gestalten<br />
Fotografieren<br />
Fotoapparat<br />
Internet<br />
Literarische Texte:<br />
Märchen, Goethe<br />
Bilder, Gemälde, Kunstwerke,<br />
Skulpturen<br />
Türme in Industrie,<br />
Landschaft,<br />
in der Geschichte,<br />
Kirchtürme<br />
PC<br />
Partner- und<br />
Gruppen arbeit<br />
Außersch. Lernort<br />
Partner- und<br />
Gruppenarbeit<br />
Partner- und<br />
Gruppenarbeit<br />
Tonaufnahme Kunstbücher Museums-Besuch<br />
Galerie<br />
Ausschneiden<br />
Verfremden<br />
Collage<br />
Bleistift<br />
Collage<br />
Frottage<br />
Collage<br />
Aufbau<br />
Aufbau<br />
Malerei<br />
Nähen<br />
Heißkleben<br />
Kunstdruck<br />
Pappe<br />
Kleber<br />
Weiße Pappe<br />
Versch. Papiere<br />
Kleber<br />
Verschiedene<br />
›Baumate rialien‹:<br />
Klötze, Rollen, Figuren,<br />
Dosen, Steine … Hüte …<br />
Papier und Kleister<br />
Farbe<br />
Stoffe<br />
Alle Türme der<br />
Klasse / Schule<br />
Mit Kameras<br />
Bilder sammeln,<br />
recherchieren<br />
Informationen<br />
entnehmen,<br />
Beobachtung<br />
Informationen<br />
entnehmen,<br />
Beobachtung<br />
Interview<br />
Vergleich<br />
Reflexion<br />
Schere Gruppenarbeit Ausstellung<br />
Bleistifte<br />
Filzstifte<br />
Einzelarbeit<br />
Einzelarbeit<br />
Workshop mit<br />
Künstler<br />
Gesamtkunstwerk<br />
Vortrag<br />
Sammeln von<br />
Alltagsgegenstanden<br />
Ausstellung<br />
Aufführung<br />
Ausstellung<br />
Video<br />
Ausstellung<br />
Dokumentation<br />
Einladung<br />
Turmspiele<br />
Farbiges Gestalten<br />
Freies Schreiben<br />
Vervielfältigen<br />
Memory auf Pappe<br />
Puzzle<br />
Bild-Text-Zuordnung<br />
Pappe Fördern Spiel<br />
■ Suchen, sammeln und ausstellen<br />
Der Weg rund ums Schulhaus führt<br />
auch in den Schulgarten: es wird ein<br />
Suchauftrag erteilt: Wo ist ›Kunst‹ in<br />
der Natur zu entdecken? Im Frühling<br />
und Sommer sammeln die Kinder Blütenblätter,<br />
Blätter, kleine Äste, Federn<br />
(auch aus dem Bastelladen!), Steine.<br />
Kleine Schätze werden gemeinsam zu<br />
einer Collage ›komponiert‹, auf farbiges<br />
Transparentpapier geklebt und<br />
mit durchsichtiger Folie gesichert, gerahmt und ausgestellt.<br />
Ähnlich verfahren die Kinder mit dem Auftrag, aus ihren<br />
Fundstücken Skulpturen zu bauen: mit Leim und Heißkleber<br />
werden sie dauerhaft zusammengefügt und in Acrylkästen<br />
(im Baumarkt zugeschnitten, mit Heißkleber stabilisiert)<br />
sicher ausgestellt. Alle Kinder erfahren Alltagsgegenstände<br />
als Gestaltungsmittel, reflektieren und deuten um … zum<br />
Beispiel zu einem plastischen Modell des Schulviertels.<br />
12 GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007
Praxis: Ästhetische Erziehung<br />
■ Außerschulische Lernorte<br />
besuchen<br />
Lernen im Museum bietet die Möglichkeit,<br />
sich mit kulturell bedeutsamen<br />
Objekten auseinander zu setzen, Ausdrucksmöglichkeiten<br />
zu reflektieren<br />
und Elemente in die Gestaltung eigener<br />
Produktionen zu übernehmen. Neugierig<br />
werden die Kinder, wenn sie Kunst<br />
›begreifen‹ können, wenn sie entdecken,<br />
dass sie selbst auch Ähnliches<br />
gestalten können: eine Bodenskulptur<br />
des Künstlers Max Ernst wird in das<br />
Modell des Museums übernommen.<br />
Manchen Kindern sind die Skulpturen<br />
nicht farbig genug, sie planen einen<br />
›Farbraum‹, indem sie ›kindliche‹ Materialien<br />
wie farbige Knete verwenden.<br />
Das abgebildete Hausmodell entstand<br />
übrigens in einer Lerngruppe von Schülern<br />
aus der 1. und 4. Klasse!<br />
■ Eigene Erlebnisse darstellen<br />
mit bildnerischen Mitteln<br />
Eine etwas andere Aufgabenstellung<br />
nach den Ferien oder einer Klassenfahrt:<br />
die Kinder beschreiben nicht<br />
in Texten, sondern in Modellen und<br />
Zeichnungen ihre Erinnerungen: eine<br />
Trauminsel im Meer aus Pappmaschee<br />
lässt Vermutungen über die Stimmung<br />
der kleinen Künstler zu, ebenso wie die<br />
›zeichnende Erzählung‹ rund um das<br />
Jugendgästehaus …<br />
Das Schulhaus wird zu einer ›<strong>Grundschule</strong> der<br />
Künste‹ – so der Titel des Buches von Gundel<br />
Mattenklott – wenn musisch-ästhetische<br />
Erziehung Raum und Zeit bekommt im täglichen<br />
Unterrichtsgeschehen. Die Zusammenarbeit<br />
mit Künstlern und Experten auch aus<br />
der Elternschaft weckt die Schaffensfreude<br />
der Kinder und Mitarbeiter, eine große Chance<br />
für die Offene Ganztagsschule!<br />
Die Präsentation bietet die Chance der<br />
Wertschätzung jeder Leistung durch den kommunikativen<br />
Austausch. Eine Wirkung auf das<br />
Schulklima ist spürbar: die Kinder bekommen<br />
die Chance, sich mit ihrem von ihnen gestalteten<br />
Haus zu identifizieren, sie finden sich<br />
und ihre Ideen täglich wieder: wenn mit ihren<br />
Gemälden auf dem Bauzaun der Ärger über<br />
die Baustelle etwas ›farbiger‹ wird.<br />
Picasso sagt es deutlich:<br />
»Alle Kinder sind Künstler,<br />
es geht nur darum, einer zu bleiben.«<br />
■ Auseinandersetzung<br />
mit Literatur<br />
Ästhetische Erziehung und bildnerisches<br />
Handeln manifestieren sich<br />
in unterschiedlichen Darstellungsbereichen:<br />
die Begegnung mit Literatur<br />
eröffnet weitere Bereiche des Faches<br />
Kunst: Kinder bauen eine Bühne, um<br />
zu einem Bilderbuch über Mozarts<br />
Zauberflöte zu spielen (Bilderbuch: Ute<br />
Blaich, Prinz Tamino, Aufbau Verlag).<br />
Sie interpretieren Illustrationen eines<br />
Sachbuches, nehmen Besonderheiten<br />
des Alltages wahr, entwickeln in Anlehnung<br />
daran eine eigene Bildsprache.<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007<br />
13
Praxis: Ästhetische Erziehung<br />
»Musikbetonte <strong>Grundschule</strong>»<br />
Erfahrungen mit einem Schulversuch in Sachsen-Anhalt<br />
von<br />
Gisela Schmidt<br />
Mit Beginn des Schuljahres 2002/03<br />
wurde in Sachsen-Anhalt der Schulversuch<br />
»Musikbetonte <strong>Grundschule</strong>»<br />
(MuGS) unter der Leitung von Dr.<br />
Halka Vogt genehmigt. Auf den Ergebnissen<br />
der sechsjährigen Studie<br />
von Hans Günther Bastian beruhend,<br />
der an Berliner <strong>Grundschule</strong>n einen<br />
verstärkten Musikunterricht wissenschaftlich<br />
begleitet und dokumentiert<br />
hatte, sollte nun in einem vierjährigen<br />
Versuch erprobt werden, die Ergebnisse<br />
der Studie im »normalen« Musikunterricht<br />
zu wiederholen und alltagstauglich<br />
zu machen.<br />
Die Berliner Kinder in den Versuchsklassen<br />
hatten durchgängig<br />
vom 1. bis zum 6. Schuljahrgang vier<br />
Wochenstunden Musik, davon zwei<br />
Wochenstunden im Klassenverband,<br />
eine Wochenstunde Instrumentalunterricht<br />
in Kleingruppen (Klavier, Geige,<br />
Flöte / Querflöte, Keyboard, Gitarre zur<br />
Auswahl) und eine Wochenstunde eine<br />
musikalisch orientierte Arbeitsgemeinschaft.<br />
In Sachsen-Anhalt wurden keine zusätzlichen<br />
Stunden über den Rahmen<br />
der gesetzlichen Stundentafel hinaus<br />
zuerkannt. Dies war für die beteiligten<br />
Schulen aber eher eine Herausforderung<br />
als ein Hindernis, schließlich sollte<br />
der Schulversuch seine Alltagstauglichkeit<br />
beweisen.<br />
Folgende Schwerpunkte wurden für<br />
den Schulversuch in Sachsen-Anhalt<br />
gesetzt:<br />
1. Sicherung eines qualifizierten Musikunterrichtes<br />
in der <strong>Grundschule</strong> im<br />
Klassenverband unter Einbeziehung<br />
des Erlernens eines einfachen Musikinstrumentes<br />
2. Zusammenarbeit mit den Eltern bei<br />
der Konzeptionsentwicklung und im<br />
praktischen gemeinsamen Musizieren<br />
3. regelmäßige Fortbildungsangebote<br />
und Möglichkeiten zum Erfahrungsaustausch<br />
für die beteiligten Lehrkräfte<br />
4. mindestens eine außerunterrichtliche<br />
schulische Musik-Arbeitsgemeinschaft<br />
an den Versuchsschulen<br />
5. Erarbeitung eines kompetenzorientierten<br />
Lehrplanes für Musik an <strong>Grundschule</strong>n<br />
6. Erarbeitung von Handreichungen<br />
für die Unterrichtspraxis mit Materialien<br />
zur musikalischen Alphabetisierung<br />
aller Kinder<br />
Der Schulversuch begann zunächst mit<br />
drei Pilotschulen:<br />
<strong>Grundschule</strong> Neumarkt, Halle (Saale)<br />
<strong>Grundschule</strong> »A. Dürer«, Halle (Saale)<br />
<strong>Grundschule</strong> »M. Luther«, Blankenburg /<br />
Harz<br />
Auf die Ausschreibung für das<br />
nachfolgende Schuljahr für weitere<br />
7 Schulen bewarben sich 35 Schulen.<br />
Die Schulen, die nicht berücksichtigt<br />
werden konnten, erhielten die Möglichkeit,<br />
als kooperierende Schule im<br />
»Netzwerk» tätig zu werden. So ergab<br />
sich die Chance für alle interessierten<br />
Lehrkräfte, Materialien des Schulversuches<br />
zu erproben sowie eigene Impulse<br />
und Akzente in die Arbeit einzubringen.<br />
Das »Familienmusizieren« sollte ein<br />
weiteres Angebot an Eltern, Großeltern<br />
und Geschwister sein, auch am Nachmittag<br />
gemeinsam mit den Kindern zu<br />
singen, zu tanzen und zu musizieren.<br />
Die Blankenburger <strong>Grundschule</strong> erwarb<br />
hierbei große Verdienste, wurden doch<br />
die musikalischen Familiennachmittage<br />
in steter Regelmäßigkeit unter<br />
der Planung und Leitung von Gabriele<br />
Schaberg durchgeführt.<br />
Aus der Praxis der<br />
<strong>Grundschule</strong> Neumarkt<br />
Im Oktober 2002 begannen wir 1 mit<br />
dem Flötenunterricht in allen vier<br />
Parallelklassen des ersten Schuljahrganges<br />
innerhalb der zwei zur Verfügung<br />
stehenden Wochenstunden Musik.<br />
2 Schnell wurde uns klar, dass sich<br />
das Erlernen des Flötenspiels im Klassenverband<br />
nur realisieren ließ, wenn<br />
die Flöte in den ganz alltäglichen Musikunterricht<br />
mit seinen Liedern, Tänzen,<br />
Bewegungen, Klanggeschichten und<br />
den Orff-Instrumenten integriert und<br />
somit ein inhaltlicher und für die Kinder<br />
logischer Zusammenhang hergestellt<br />
wird. Somit stand die Herausforderung<br />
vor uns, statt einer »vorgefertigten»<br />
Flötenschule diverser Verlage eigene<br />
Übungsteile zu »erfinden«, die zu unseren<br />
Liedern passten. Wir entschieden<br />
uns für folgende Vorgehensweise:<br />
■ Wir begannen mit dem Ton c'' und<br />
der gleichzeitigen Schreibweise im<br />
traditionellen Notensystem in Viertelund<br />
Halbenoten.<br />
■ Im November kam dann der Ton a'<br />
hinzu, im Dezember der Ton d''. So ließen<br />
sich bereits zu diesem Zeitpunkt<br />
kleine Liedvorspiele in F-Dur gestalten,<br />
einer Tonart, in der zahlreiche Kinderlieder<br />
notiert sind. Kinder, die bereits<br />
Vorkenntnisse mitbrachten, bekamen<br />
entsprechend ihres Könnens andere<br />
Aufgaben, wie zum Beispiel das Flöten<br />
einer zweiten Stimme oder der Liedmelodie.<br />
■ Bis zum Ende der 1. Klasse folgten<br />
dann die Töne g' und h', sodass nun<br />
alle Töne, die mit der linken Hand zu<br />
greifen sind, bekannt waren. Eher nebenbei<br />
wurden die Kinder mit der Achtelnote<br />
und der Viertelpause bekannt<br />
gemacht. Wir konnten viele Lieder in<br />
14 GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007
Praxis: Ästhetische Erziehung<br />
F-Dur und G-Dur »begleiten«. Durch<br />
die langsame Vorgehensweise war es<br />
uns problemlos möglich, alle anderen<br />
Aspekte des Musikunterrichts abzudecken<br />
und einen interessanten und<br />
abwechslungsreichen Unterricht nach<br />
den damals noch geltenden Rahmenrichtlinien<br />
des Landes Sachsen-Anhalt<br />
zu gestalten.<br />
Im Laufe der zweiten Klasse lernten<br />
wir – nacheinander, aber nun ein wenig<br />
schneller, da die meisten Kinder auch<br />
das Prinzip erkannt hatten – die Töne<br />
der rechten Hand, also f', e', d', c', fis',<br />
b' und cis''. Wir verzichten übrigens<br />
ganz bewusst auf die Töne über dem<br />
d'', weil<br />
■ sie schwer zu greifen und anzublasen<br />
sind,<br />
■ sie bei Liedbegleitungen eine untergeordnete<br />
Rolle spielen,<br />
■ Kinder in dieser Tonhöhe selten singen.<br />
Immer war das Flöten mit dem Singen<br />
und dem Rhythmus verbunden, nie<br />
wurde isoliert etwas nur um des Übens<br />
willen geübt. Immer wurde das Spielen<br />
mit der Notenschrift und dem Lesen<br />
derselben verknüpft. Nie wurden Kinder<br />
gezwungen, allein zu flöten. Das<br />
Flötenspiel wurde nicht zensiert. 3<br />
Durch zusätzlich bereitgestellte<br />
Honorarmittel des Kultusministeriums<br />
war es uns in der 2. Klassenstufe möglich,<br />
eine dritte Musikstunde 4 in Form<br />
eines Kurssystems zu gestalten. Wir<br />
boten sechs Kurse an:<br />
1. Singen<br />
2. Flöten<br />
3. Tanzen<br />
4. Klanggeschichten gestalten<br />
5. Malen nach Musik<br />
6. rhythmusbetontes Musizieren<br />
Die Kinder wählten einen Kurs und<br />
absolvierten etwa sechs Kursstunden.<br />
Dann wurde gewechselt, sodass am<br />
Ende des Schuljahres alle Kinder alle<br />
Kurse einmal belegt hatten.<br />
Folgende Aufgaben wurden von den<br />
Versuchsschulen erprobt:<br />
■ Das Lied »Rotlackiert mit schwarzen<br />
Punkten« (siehe Abb. 1) sollte im<br />
Klassengesang einstimmig in F-Dur gesungen<br />
und mit einem gemeinsamen<br />
Flötenvorspiel durch eine Kleingruppe<br />
begleitet werden.<br />
■ Das Lied »Ein Vogel wollte Hochzeit<br />
machen« sollte mit einer selbst gewählten<br />
Strophe in F-Dur als Einzelvortrag<br />
a capella gesungen werden.<br />
■ In einer schriftlichen Kontrolle<br />
sollten die Kinder Notenkenntnisse<br />
und Kenntnisse der Flötengriffe (ohne<br />
Halbtöne) nachweisen.<br />
Die Aufgaben wurden selbstverständlich<br />
zuvor im Unterricht erarbeitet,<br />
gesungen, geflötet und gespielt.<br />
Sie wurden auch nicht in einer zusammenhängenden<br />
Stunde gelöst und<br />
Gisela Schmidt, Jg. 1951,<br />
Studium am Institut für<br />
Lehrerbildung Halle (Saale),<br />
1991 – 2004 Fachmoderatorin Musik,<br />
seit 1991 Schulleiterin der <strong>Grundschule</strong><br />
Neumarkt in Halle (Saale),<br />
Hermannstr. 32, 06108 Halle (Saale)<br />
Mail: giselaschmidt4@gmx.de<br />
nicht zensiert. Sie dienten lediglich<br />
der Bestandsaufnahme.<br />
Die Ergebnisse der schriftlichen<br />
Kontrolle und des Klassengesangs waren<br />
sehr positiv, in nahezu allen beteiligten<br />
Klassen ergab sich ein guter Gesamteindruck.<br />
Schwierig zu flöten war<br />
lediglich das »b«, beim Vor-, Zwischenund<br />
Nachspiel zum ersten Lied zeigten<br />
alle Kinder ein korrektes Spiel.<br />
Melodierein in F-Dur zu singen, gelang<br />
noch nicht allen Kindern, aber es<br />
gab keine »Sprechsänger« mehr. Die<br />
Abb. 1<br />
Zwischenbilanz<br />
nach zwei Jahren<br />
Wie weit war die musikalische Alphabetisierung<br />
nach zwei Jahren gediehen?<br />
Wie hatte sich das Flötenspiel, gelernt<br />
im normalen Musikunterricht,<br />
entwickelt?<br />
Wie hatte sich das Singevermögen<br />
der Kinder entwickelt?<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007<br />
15
Praxis: Ästhetische Erziehung<br />
Die Auswertung eines abschließenden<br />
Fragebogens an die Viertklässler<br />
kurz vor dem Ende des Schuljahres gab<br />
allen Beteiligten schließlich die Bestätigung:<br />
95 % aller befragten Kinder äußerten<br />
sich positiv zum Flötenlernen<br />
und zum gemeinsamen Musizieren<br />
und verneinten eine erhöhte Belastung<br />
durch das Instrumentalspiel. Fast alle<br />
Kinder äußerten den Wunsch, auch in<br />
den nachfolgenden Schulen ein weiteres<br />
Instrument zu erlernen! 8<br />
Weitere Ergebnisse<br />
Abb. 2<br />
tiefste Tonart war D-Dur. Trotzdem waren<br />
wir zunächst enttäuscht, dass die<br />
Sololeistungen der Kinder nicht deutlich<br />
besser ausfielen, aber im Vergleich<br />
mit den Aufnahmen aus dem Anfangsunterricht<br />
waren Verbesserungen<br />
durchaus hörbar. Jedes Kind hatte seine<br />
Ausgangsleistung gesteigert. 5<br />
Wie es weiterging<br />
In den darauf folgenden dritten und<br />
vierten Klassen schob sich die Flöte<br />
etwas in den Hintergrund, aber immer,<br />
wenn es sich anbot, wurde sie eingesetzt.<br />
Jetzt traten auch verstärkt kleine<br />
Spielstücke in den Vordergrund bis hin<br />
zu Eigenkompositionen der Kinder (die<br />
von der Lehrerin dann aufgeschrieben<br />
wurden).<br />
Im Zusammenhang mit der Erarbeitung<br />
Niveau bestimmender Aufgaben<br />
(für alle Unterrichtsbereiche in Sachsen-Anhalt)<br />
6 erprobten die Versuchsklassen<br />
im Frühjahr 2006 einige Vorschläge<br />
der Fachkommission:<br />
■ Der Kanon »Regen, Tau und Schnee«<br />
sollte als »Schummelkanon« 7 (siehe<br />
Abb. 2) von der gesamten Klasse geflötet<br />
werden.<br />
■ In einer schriftlichen Lernzielkontrolle<br />
sollten Notenkenntnisse und<br />
Kenntnisse über Flötengriffe nachgewiesen<br />
werden.<br />
■ Der Kanon »Bruder Jakob« sollte im<br />
Klassengesang mindestens zweistimmig<br />
in F-Dur gesungen werden, zusätzlich<br />
sollte jedes Kind eine Strophe in<br />
selbst gewählter Sprache im Einzelgesang,<br />
ebenfalls in F-Dur, singen.<br />
Die Ergebnisse waren durchweg positiv.<br />
Die Singeleistung der Kinder hatte<br />
sich spürbar verbessert, der Großteil<br />
der Kinder sang klangrein bis d''. Der<br />
»Schummelkanon« gestaltete sich<br />
nach kurzer Übungszeit zu einem wahren<br />
»Highlight«, denn jedes Kind fand<br />
sich entsprechend seines Könnens und<br />
Wollens gefordert, von ganz einfachen<br />
Melodien (Zeile 1 und 3) bis hin zu etwas<br />
schwierigeren Abschnitten (Zeile<br />
2 und 4). Das Üben hatte eher das gemeinsam<br />
einzuhaltende Metrum zum<br />
Ziel. Die schriftliche Kontrolle bewältigten<br />
alle Kinder ohne gravierende<br />
Probleme. Etwa 80 % lösten die Aufgaben<br />
ohne Fehler und erstaunlicherweise<br />
mit sichtbarem Spaß!<br />
Abb. 3<br />
Im Sommer 2005 erschien im LISA 9<br />
die erste Veröffentlichung im Landesschulversuch<br />
»Musikbetonte <strong>Grundschule</strong>«<br />
mit dem Titel »Familienmusizieren<br />
in der <strong>Grundschule</strong>«. Das Heft<br />
enthält viele praktische und erfolgreich<br />
erprobte Ideen, wie besonders im<br />
ersten und zweiten Schuljahr Kinder<br />
und Erwachsene gemeinsam musikalisch<br />
tätig werden können. Auch für<br />
den Unterricht bietet dieses Heft eine<br />
Fundgrube fächerverbindender und<br />
fächerübergreifender Themen.<br />
Im Sommer 2006 erschien – im gleichen<br />
Layout – die »LISA-Flötenschule«<br />
(siehe Abb. 3). Sie ist aus mehreren<br />
schulinternen Flötenschulen (auch aus<br />
der der Neumarktschule), Einzelanregungen,<br />
Gestaltungsvarianten und<br />
Kompositionen von Lehrerinnen und<br />
Lehrern entstanden. Neben einer methodischen<br />
Einführung in das Flötenlernen<br />
mit einer ganzen Klasse gibt es<br />
auf jeweils vier Seiten Anregungen für<br />
den neuen Flötenton zum Schreiben<br />
und Musizieren, erprobtes Liedmaterial<br />
und eine methodische Hinweisseite<br />
für die Lehrkraft. Im Anhang wurden<br />
Musizierstücke und Lieder zusammen-<br />
16 GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007
gefasst, die sich für das weiterführende<br />
Musizieren eignen oder sich in<br />
komplexeren Stücken an die Dritt- und<br />
Viertklässler wenden.<br />
Im Sommer 2007 wird die dritte<br />
Veröffentlichung »Wege zur Musik«<br />
vorliegen, die sich exemplarisch sechzehn<br />
Themen widmet und jeweils alle<br />
Aspekte des neuen Lehrplanes aufzeigt.<br />
Alle vorgestellten Beispiele sind<br />
unterrichtserprobt.<br />
Vielleicht gibt es ja irgendwann ein<br />
viertes Heft mit »Musikalischen Projekten«<br />
…?<br />
Persönliches Fazit<br />
Nun endet der vierjährige (für uns<br />
fünfjährige) Schulversuch am 22. Juni<br />
2007 mit einer großen Abschlussveranstaltung<br />
im Freylinghausensaal der<br />
Franckeschen Stiftungen zu Halle.<br />
Aber auch, wenn er nun vorbei ist,<br />
kann ich sagen, dass er seine Alltagstauglichkeit<br />
voll und ganz bewiesen<br />
hat. Die notwendigen Voraussetzungen<br />
können an jeder Schule geschaffen<br />
werden:<br />
■ zwei Wochenstunden Musik, mindestens<br />
im 1. und 2. Schuljahr<br />
■ engagierte und gut ausgebildete<br />
Lehrkräfte (diverse Fortbildungsveranstaltungen<br />
haben bewiesen, dass<br />
selbst unausgebildete Lehrerinnen und<br />
Lehrer das Flötenspiel rasch erlernen<br />
können)<br />
■ Lust auf die Gestaltung eines fachgerechten<br />
und freudbetonten Musikunterrichts<br />
Ich selbst habe in diesen Jahren viel<br />
über meinen Unterricht in diesem Fach<br />
nachgedacht und konnte mit und von<br />
den Kindern Neues lernen. Kein Kind,<br />
egal aus welchem Elternhaus stammend,<br />
muss auf eine instrumentale<br />
Ausbildung, eventuell aus Kostengründen,<br />
verzichten. Teure Prestigeprojekte<br />
(Instrumentenkarussell der Musikschulen,<br />
zweijähriges Erlernen eines<br />
beliebigen Instrumentes (?) usw.) sind<br />
überflüssig.<br />
Natürlich haben wir nicht aus jedem<br />
Kind einen hervorragenden Flötisten<br />
»gemacht«, aber auch sonst werden<br />
nicht aus allen Kindern Mathematikgenies,<br />
Olympiasieger, Naturforscher<br />
oder Schriftsteller.<br />
Anmerkungen<br />
1 Gemeinsam mit mir arbeiteten zwei Lehrerinnen unserer Schule<br />
an dem Schulversuch, Sabine Keitel und Iris Brendel, denen an<br />
dieser Stelle mein herzlichster Dank gilt.<br />
2 Die Stundentafel des Landes Sachsen-Anhalt sieht für das Fach<br />
Musik eine Bandbreite von 1 bis 2 Wochenstunden vor.<br />
3 In Sachsen-Anhalt werden mit Beginn der 2. Klasse alle Fächer<br />
benotet.<br />
4 Die Stundentafel sieht pro Klassenstufe 1 bis 2 Stunden für »schulspezifische<br />
Unterrichtsangebote« vor. Aus diesem Kontingent<br />
wurde die dritte Musikstunde genommen.<br />
5 Vgl. www.bildung-lsa.de<br />
6 Im Zusammenhang mit der Erprobung der neuen Lehrpläne wurden<br />
für alle Fächer Aufgaben für das zu erreichende Endniveau am<br />
Ende der zweiten und vierten Klasse festgelegt.<br />
7 Bei einem »Schummelkanon» singt oder musiziert man immer nur<br />
die gleiche Zeile.<br />
8 Bemerkenswert war die Streuung: Schlagzeug und Gitarre standen<br />
an erster Stelle.<br />
9 Landesinstitut für Lehrerfortbildung, Lehrerweiterbildung und<br />
Unterrichtsforschung des Landes Sachsen-Anhalt, PF 20 08 42,<br />
06009 Halle (Saale)<br />
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– Anzeige –<br />
Aktive Leseförderung für Grundschulkinder:<br />
Studienkreis-Kurs „Lesen – Schreiben – Spaß haben!“<br />
Viele <strong>Grundschule</strong>n stehen heute vor<br />
der Aufgabe, individuellen Förderunterricht<br />
in zentralen schulischen<br />
Lernbereichen zu verwirklichen. Der<br />
Lesekompetenz-Kurs des Studienkreises<br />
bietet ihnen die Möglichkeit,<br />
ihr nachmittägliches Schulprogramm<br />
durch ein Zusatzangebot qualitativ<br />
zu erweitern.<br />
Vorrangiges Ziel des Kurses ist die nachhaltige<br />
Steigerung der Lesekompetenz. Zugleich<br />
vermittelt er Lesefreude und fördert<br />
das selbst gesteuerte Lernen.<br />
Der Kurs für den Nachmittag<br />
Der vielfach erprobte Kurs ist fächerübergreifend<br />
angelegt und richtet sich an<br />
Grundschulkinder ab dem dritten Schuljahr.<br />
Er liefert das Konzept und die Materialien<br />
zur Förderung der Lesekompetenz in<br />
heterogenen Lerngruppen mit bis zu zehn<br />
Schülerinnen und Schülern. Qualitätssicherung<br />
und Unterrichtsgarantie liegen in der<br />
Hand des Studienkreises, der vielen Eltern<br />
und Lehrern als Anbieter von individuellem<br />
Förderunterricht bekannt ist.<br />
Der Kurs wird wie folgt angeboten – inklusive<br />
Lehrkraft und Kursmaterial kostet er<br />
ab 35 Euro pro Kind und Monat:<br />
Grund- oder Aufbaukurs/je halbjährig<br />
19 mal 90 Min. = Eingangs- und Abschlusstest<br />
+ 17 Unterrichtseinheiten<br />
inkl. Organisation, Durchführung und<br />
Material für 10 Kinder: 1.850 Euro<br />
Komplettkurs/ganzjährig<br />
36 mal 90 Min. = Eingangs- und Abschlusstest<br />
+ 34 Unterrichtseinheiten<br />
inkl. Organisation, Durchführung und<br />
Material für 10 Kinder: 3.500 Euro<br />
Mögliche Finanzierungswege sind neben<br />
öffentlichen Mitteln auch Schulsponsoring,<br />
Spenden und Elternbeiträge.<br />
Empfohlen von:<br />
Lesekompetenz:<br />
eine Schlüsselqualifikation<br />
„Lesen ist in der Mediengesellschaft eine<br />
wichtige Voraussetzung zur Teilhabe an der<br />
Gesellschaft“, so Professor Stefan Aufenanger<br />
von der Stiftung Lesen. „Bei der<br />
Leseförderung kommt der <strong>Grundschule</strong><br />
eine wichtige Aufgabe zu, denn hier werden<br />
wesentliche Grundlagen für die weitere<br />
Entwicklung der Lesefähigkeit gelegt.<br />
Der Studienkreis-Förderkurs unterstützt<br />
dieses Vorhaben.“<br />
Positives öffentliches Echo<br />
Auch der Bundesverband der<br />
Schulfördervereine e. V. lobt den<br />
Kurs als geeignet zur Förderung<br />
der Lesekompetenz und engagiert<br />
sich dafür, förderbedürftigen<br />
Kindern eine Kursteilnahme<br />
zu ermöglichen.<br />
Gratis-Broschüre und Informationen<br />
über Finanzierungsmöglichkeiten<br />
- wir beraten Sie gerne:<br />
info@lesekompetenz-kurs.de<br />
oder:<br />
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Thomas Scharein<br />
Universitätsstraße 104<br />
44799 Bochum<br />
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der Bildungsmesse didacta<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007<br />
17
Praxis: Ästhetische Erziehung<br />
Ästhetische Bewegungserziehung<br />
oder »Spieglein, Spieglein an der Wand –<br />
Wer ist die Durchtrainierteste im Land?«<br />
von<br />
Andrea Probst<br />
Der Körper als äußeres Erscheinungsbild<br />
des eigenen Selbst wird häufig<br />
zum Prüfgegenstand für Schönheit.<br />
Schönheit und »schön« sind Begriffe,<br />
mit denen der Begriff Ästhetik im Allgemeinen<br />
verbunden wird. Ein durchtrainierter,<br />
muskulöser Körper gilt als<br />
ästhetisches Ideal. Ästhetische Bewegungen<br />
werden assoziiert mit Turnen,<br />
Eiskunstlauf oder Rhythmischer Sportgymnastik<br />
– Bewegungsformen bzw.<br />
Bewegungsnormen, die einen hohen<br />
technischen Sollwert vorgeben und<br />
perfekte Körperkoordination voraussetzen.<br />
»So gehören gerade im Sport die<br />
schönheitsästhetischen Auslegungen<br />
von Körper und Bewegung zu den traditionellen<br />
Ästhetikvorstellungen«<br />
(Röthig 1997, S. 152)<br />
Schöne Bewegungen wären demzufolge<br />
gekonnt beherrschte Techniken.<br />
Ästhetische Bewegungserziehung wäre<br />
unter diesen Voraussetzungen gleichzusetzen<br />
mit einem Techniktraining,<br />
um eine Perfektion der Bewegung zu<br />
erreichen. Durch diese Vorstellung wird<br />
die Bedeutung von Leiblichkeit und Bewegung<br />
auf ein instrumentelles Verständnis<br />
beschränkt. Bewegung wäre<br />
als biomechanisch erklärbarer Vorgang<br />
ein Mittel zum Zweck. Doch die Verbindung<br />
von ästhetischer Erziehung<br />
Andrea Probst (geb. 1971)<br />
Wissenschaftliche Mitarbeiterin und<br />
Doktorandin an der TU Braunschweig<br />
mit den Arbeitsschwerpunkten<br />
Ästhetische Bildung und Bewegung,<br />
Turnen, Akrobatik und Tanz.<br />
Autorin und Referentin für den<br />
Deutschen und Niedersächsischen<br />
Turnerbund und den Landessport -<br />
bund Niedersachsen.<br />
Sportkulturpädagogin der<br />
Traumfabrik Regensburg<br />
und Bewegung geht darüber hinaus,<br />
wenn man ihre Definitionsbereiche erweitert.<br />
Definitions- und Aufgabenbereiche<br />
der Ästhetik<br />
Laut Reicher (2006) lassen sich drei<br />
traditionelle Definitions- und Arbeitsbereiche<br />
der Ästhetik umschreiben:<br />
Ästhetik als Theorie des Schönen, als<br />
Theorie der Kunst und als Theorie der<br />
sinnlichen Erkenntnis.<br />
Legt man die erste Definition zu<br />
Grunde, würde ästhetische Bewegungserziehung<br />
allein unter dem<br />
Schönheitsaspekt zu betrachten sein,<br />
wie es oben beschrieben wurde. Eine<br />
solche Definition ist nach meiner Vorstellung<br />
unzureichend und wirft viele<br />
Fragen auf: Was sind schöne Bewegungen?<br />
Wer bestimmt, welche Bewegungen<br />
schön sind?<br />
Bezieht sich Ästhetik allein auf<br />
den Bereich Kunst, würde ästhetische<br />
Erziehung nur im Kontakt mit künstlerischen<br />
Produktionen zu vermitteln<br />
sein. Bezogen auf den Bereich Bewegung<br />
würde sich ästhetische Erziehung<br />
vorwiegend auf den Bereich Tanz<br />
beziehen. Eine solche Auslegung wäre<br />
ebenfalls unzureichend, da sich mittels<br />
Bewegung weiterreichende Möglichkeiten<br />
für ästhetische Erziehung eröffnen.<br />
Die dritte Definition von Ästhetik<br />
erscheint mir im Zusammenhang mit<br />
pädagogischer Arbeit am bedeutendsten<br />
und erweitert die Aufgabenfelder<br />
einer ästhetischen Bewegungserziehung.<br />
Vordenker war Baumgarten<br />
(1750), der Ästhetik als »die Wissenschaft<br />
der sinnlichen Erkenntnis«<br />
(Baum garten 1750, S. 2) beschreibt.<br />
Sie sollte gleichbedeutend neben rationalen<br />
Erkenntnissen stehen und bestimmt<br />
diese maßgeblich mit. Es geht<br />
also nicht mehr nur um die Erforschung<br />
des Schönen oder der Kunst, sondern<br />
um die Erforschung des Zustandekommens<br />
subjektiv wertender, sinngebender<br />
Aussagen und Produktionen.<br />
Durch diese Konnotation erweitert sich<br />
auch das Aufgabengebiet ästhetischer<br />
Erziehung. Ästhetische Erziehung soll<br />
zu selbstständiger Erkenntnisfindung<br />
und eigener produktiver Praxis beitragen.<br />
Bewegungserziehung kann dazu<br />
einen wesentlichen Beitrag leisten.<br />
Voraussetzung ist die Erweiterung der<br />
Bedeutung von Leib und Bewegung für<br />
den Menschen, die sich nicht auf eine<br />
instrumentelle Funktion beschränken<br />
darf.<br />
Bedeutung von Leib<br />
und Bewegung für<br />
ästhetische Erziehung<br />
Der Leib 1 ist nach Merleau-Ponty<br />
(1966), Buytendijk (1956), Straus (1956)<br />
und Plessner (1941, 1<strong>98</strong>2) nicht einfach<br />
eine Daseinsform oder die äußere Hülle<br />
des inneren »Ichs«. Beide bilden eine<br />
Einheit, der Körper ist das »Ich«. Gleichzeitig<br />
ist der Mensch aber auch in der<br />
Lage, »aus sich heraus« zu treten und,<br />
im Sinne der exzentrischen Positionalität<br />
Plessners, sich selber zu beobachten.<br />
Seine Fähigkeit, sich zu bewegen,<br />
ist weder ein rein biomechanischer<br />
von außen erklärbarer Vorgang, noch<br />
ist sie der alleinige Vollzug innerer Befehle.<br />
Sie ist abhängig vom Selbst, aber<br />
immer auch von weltlichen Gegebenheiten.<br />
Über den Leib als Sitz der Sinne<br />
nimmt der Mensch Kontakt zur Welt<br />
auf, im Leib verarbeitet er innere und<br />
äußere Eindrücke, bewegend kann er<br />
reagieren und sich Welt aktiv erschließen.<br />
Bewegung und Leiblichkeit sind<br />
also als »phänomenologische Grundlage<br />
menschlicher Existenz« (Laging<br />
2000, S. 9) zu betrachten.<br />
Bewegung ist somit mehr als Sporttreiben<br />
und eröffnet dem Menschen ästhetische<br />
Erfahrungsmöglichkeiten.<br />
18 GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007
Praxis: Ästhetische Erziehung<br />
Ästhetische<br />
Bewegungserziehung<br />
Fritsch (1<strong>98</strong>9) unterteilt diese Erfahrungsmöglichkeiten,<br />
die im Rahmen<br />
ästhetischer Bewegungserziehung gefördert<br />
werden können, in zwei Aufgabenfelder:<br />
in Aisthesis und Poiesis.<br />
Aisthesis oder sinnengetragene<br />
Wahrnehmungsfähigkeit ist die Basis<br />
für eine besondere Weise zum Begreifen<br />
unserer Wirklichkeit. Alle wahrgenommenen<br />
Zusammenhänge eines<br />
Sachverhaltes spielen bei dessen Beurteilung<br />
eine Rolle. Sie ist Grundlage<br />
für eine subjektive Form der Welt aneignung<br />
im Gegensatz zu einem objektiv-beschreibenden<br />
Zugang. Sie soll<br />
nicht der Vernunft gegenübergestellt<br />
oder bevorzugt werden (aisthesis versus<br />
logos). Vielmehr korrelieren und<br />
ergänzen sich beide Bereiche. Wahrnehmungen<br />
können nicht durch Reflexionen<br />
ersetzt werden, sondern tragen<br />
zu deren weiteren Klärung bei. Bewegung<br />
eröffnet in diesem Zusammenhang<br />
Möglichkeiten, sich einen Zugang<br />
zu den eigenen Sinnen zu verschaffen,<br />
der über ein bloßes Registrieren der<br />
von außen auf ihn einströmenden<br />
Reize hinausgeht. Insbesondere innerleibliche<br />
Wahrnehmungen werden<br />
durch Bewegung gefördert.<br />
Poiesis oder ästhetisches Handeln<br />
umfasst den expressiven Bereich, also<br />
die Befähigung des Menschen, sich<br />
auszudrücken, zu formen und zu gestalten.<br />
Der Mensch kann in Bezug auf<br />
ästhetisch reflektierte Erfahrungen<br />
etwas vorher nicht Da-Gewesenes entstehen<br />
lassen. Er ist in der Lage, Welt<br />
selber zu gestalten und ist ihr nicht<br />
ausgeliefert. Mein Verständnis von Poiesis<br />
geht dabei noch über das Schaffen<br />
von Kunst oder kulturellen Gütern<br />
hinaus. Es geht um eine grundsätzliche<br />
Befähigung, eigene Ideen zu entwickeln<br />
und präsent zu machen, also eine<br />
Fähigkeit zur aktiven Einflussnahme,<br />
z. B. auch auf lebens- oder arbeitsweltliche<br />
Bedingungen.<br />
Bewegung ist die Sprache des<br />
Leibes, sie kann sogar gesprochene<br />
Sprache ersetzen. Wahrgenommenes<br />
(Inneres) wird gewollt oder ungewollt<br />
mittels des Körpers nach außen für andere<br />
sichtbar.<br />
Sie ist als solche in höchstem Maß<br />
gestaltbar und ist somit ein gut geeignetes<br />
Medium für subjektive Gestaltungs-<br />
und Formungsprozesse und<br />
deren Ausdruck. 2 Aus diesen beiden<br />
Bereichen rekrutieren sich handlungsleitende<br />
Prinzipien für die Gestaltung<br />
eines ästhetischen Bewegungsunterrichts.<br />
Erstes Prinzip:<br />
Förderung ästhetischen Wahrnehmens<br />
mittels Bewegung<br />
In diesen Bereich fallen meines Erachtens<br />
zwei Aufgaben. Erstens eine<br />
Sensibilisierung für den eigenen Leib<br />
mit seinen sinnlichen Möglichkeiten.<br />
Ein Mensch, der seinen Körper »wahr«<br />
nimmt, ist offen für die Botschaften,<br />
die ihm leiblich übermittelt werden<br />
und die grundlegend für ästhetische<br />
Prozesse sind. 3 Zweitens sollten Kinder<br />
sensibilisiert werden für ihre subjektiven<br />
Wahrnehmungen bezüglich<br />
vorgegebener (Bewegungs-)Situationen.<br />
Diese Wahrnehmungen unterscheiden<br />
sich u. U. von denen anderer<br />
Kinder, sind aber gleichbedeutend und<br />
gleichwertig. Bezogen auf den Bewegungsunterricht<br />
bedeutet das, Kindern<br />
Gelegenheit zu geben, sich mit<br />
»bewegungs-provozierenden« Gelegenheiten<br />
oder Aufgaben selbstständig<br />
auseinandersetzen. Sie sollten in<br />
die Lage versetzt werden, aufgrund<br />
ihrer eigenen Wahrnehmungen bezüglich<br />
der Bewegungssituation eigene,<br />
subjektiv passende Wege zu finden,<br />
diese zu bewältigen. Sie lernen dadurch,<br />
objektiv gegebenen Dinge, hier<br />
die vorgegebenen Geräte oder Aufgaben,<br />
in ihr eigenes Weltbild einzuordnen<br />
und individuell angepasste Lösungen<br />
zu entwickeln. Die Lehrenden<br />
sind in dieser Situation Moderatoren<br />
und individuelle Ratgeber. Sie helfen<br />
den Kindern, ihre jeweiligen Bewegungsprobleme<br />
zu lösen. Sie provozieren<br />
durch weiterführende Aufgabenstellungen,<br />
die auf den Lösungen<br />
der Kinder basieren.<br />
Praxisbeispiel: Spiel mit der Balance<br />
Balancieren oder das eigene Gleichgewicht<br />
zu riskieren bedeutet vom frühen<br />
Kindesalter bis zum Erwachsenenalter<br />
an eine große Herausforderung.<br />
In Balanciersituationen erfahren<br />
Kinder, dass sie durch eigenes Handeln<br />
den Gesetzen der Schwerkraft trotzen<br />
können. Die individuelle Einschätzung<br />
der jeweiligen Balanciersituation ist<br />
von vielen wahrzunehmenden Faktoren<br />
abhängig, z. B. dem Zutrauen in die eigenen<br />
Fähigkeiten, der Einschätzung<br />
des Schwierigkeitsgrades, der jeweiligen<br />
Atmosphäre etc. Für jeden Einzelnen<br />
spielen unterschiedliche Faktoren<br />
eine Rolle. Ziel einer Balancierstunde<br />
im Sinne einer ästhetischen Erziehung<br />
ist es, einen eigenen selbstbewussten<br />
Umgang mit diesen Wahrnehmungen<br />
zu fördern und die Schüler zu ermutigen,<br />
für sie passende Balanciergelegenheiten<br />
zu gestalten. Es geht dabei<br />
nicht um die Verbesserung der koordinativen<br />
Fähigkeit des Balancierens.<br />
■ In der Turnhalle (oder wo auch immer)<br />
werden drei bis fünf verschieden<br />
schwierige Balanciersituationen aufgebaut.<br />
Die Kinder bekommen die Aufgabe<br />
darüber zu balancieren.<br />
Hier einige Beispiele nach Schwierigkeit<br />
geordnet:<br />
Bank<br />
Umgedrehte<br />
Bank (u. B.)<br />
Reckstange<br />
am Boden<br />
Barren<br />
Wippe<br />
(z. B. Bank auf<br />
anderer Bank,<br />
dazwischen<br />
eine dünne<br />
Matte)<br />
Eingehängte<br />
Bank z. B. am<br />
Barren einseitig<br />
Bank auf<br />
kleinen Kästen<br />
Umgedrehte<br />
Bank auf<br />
kleinen Kästen<br />
Reckstange auf<br />
kleinen Kästen<br />
Barren schräggestellt<br />
Wippe mit<br />
umgedrehter<br />
Bank<br />
An beiden<br />
Seiten eingehängte<br />
Bank in<br />
den Barren<br />
Bank auf großen Kästen<br />
Umgedrehte Bank auf<br />
großen Kästen<br />
Reckstange in Reckanlage,<br />
Höhe variierbar<br />
Balkenwippe: Bank auf<br />
hohem Balken, dazwischen<br />
dünne Matte, an<br />
den Enden jeweils große<br />
Kästen, um den Ausschlag<br />
zu begrenzen<br />
An den Ringen einseitig<br />
eingehängte Bank<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007<br />
19
Praxis: Ästhetische Erziehung<br />
Reflexion über diese erste Erfahrung:<br />
»Welche Geräte habt ihr als leicht,<br />
welche als schwer oder als Herausforderung<br />
für euch empfunden?« An dieser<br />
Stelle kann die unterschiedliche<br />
Wahrnehmung derselben Situation für<br />
verschiedene Kinder thematisiert werden.<br />
Wieso gelingt es einigen leichter,<br />
wieso anderen nicht, wann fühlen sich<br />
die Kinder sicher, an welchen Empfindungen<br />
machen sie es fest (z. B. »leicht<br />
ist es, wenn es nicht so wackelig ist,<br />
wenn ich Platz für meine Füße habe,<br />
wenn ich meinen Bauch einziehe, wenn<br />
ich nach vorne gucke, etc.«).<br />
Jedes Kind soll an eine Station gehen,<br />
die es für sich als herausfordernd<br />
empfunden hat und eigene Strategien<br />
entwickeln, um darüber zu balancieren.<br />
Die Kinder können z. B. Hilfen durch<br />
andere in Anspruch nehmen, oder aber<br />
auch die Bewegung verändern, z. B. auf<br />
allen Vieren drüberlaufen. Die Kinder<br />
sollen spüren, dass sich im Verlauf des<br />
Übens die Einschätzung der gewählten<br />
Stationen verändert, dass sie mehr Zutrauen<br />
in ihre eigenen Fähigkeiten bekommen.<br />
In gemeinsamen Reflexionen sollen<br />
die Kinder Gründe finden, wie das<br />
Balancieren durch Verändern der Geräte<br />
erschwert bzw. erleichtert wird.<br />
Dazu kann z. B. ein Plakat entstehen<br />
(hoch / tief, wackelig / stabil, schmal /<br />
breit). Die Kinder sollen nun ihrem<br />
Empfinden nach herausfordernde Balanciergeräte<br />
erfinden bzw. ihre vorher<br />
benutzten Geräte erweitern. An dieser<br />
Stelle die Kinder wiederum sensibilisieren,<br />
was sie in ihrem Körper gespürt<br />
haben, wenn sie sich beim Balancieren<br />
▼<br />
▼<br />
▼<br />
sicher gefühlt haben, siehe erste Reflexion.<br />
An den selbstentwickelten Geräten<br />
soll nun geübt werden, bis die Kinder<br />
erneut meinen, sie zu beherrschen.<br />
Reflexion, wie die Schwierigkeit<br />
noch weiter gesteigert werden kann.<br />
Hier entstehen Ideen, wie zum Beispiel<br />
das Gehen zu verändern, seitwärts,<br />
rückwärts, auf Zehenspitzen, mit geschlossenen<br />
Augen etc. oder aber auch<br />
der Wunsch, zusätzliches Material zu<br />
nutzen, z. B. Stäbe balancieren, etwas<br />
auf dem Kopf balancieren, Seil zu<br />
springen etc. Hier wird jedes Kind für<br />
sich eine individuelle Herausforderung<br />
finden. (Stabbalance, Standwaage)<br />
Die Lehrenden werden zu Moderatoren<br />
des Geschehens. Sie lenken die<br />
Stunde, indem sie an den passenden<br />
Stellen eingreifen, um die Aufgaben<br />
zu erweitern. Sie sind stets präsent, indem<br />
sie Hilfe bieten, wo sie nötig ist,<br />
Einzelne ermuntern, Andere bremsen,<br />
loben, ermutigen, vielleicht hin und<br />
wieder erstaunt sein, welche Ideen die<br />
Kinder entwickeln …<br />
▼<br />
▼<br />
Zweites Prinzip: Förderung ästhetischen<br />
Handelns mittels Bewegung<br />
Aus einem solch freien 4 Spiel mit Bewegung<br />
entwickeln sich Bewegungsideen,<br />
die dem subjektiven Empfinden<br />
der Kinder nach Kunststücke sind. Und<br />
an dieser Stelle lässt sich wieder die<br />
Brücke schlagen zu den Definitionsbereichen<br />
von Ästhetik als Wissenschaft<br />
des Schönen und der Kunst, wie sie<br />
einleitend beschrieben wurden. Kinder<br />
entwickeln im Tun ihre eigene Vorstellung<br />
von Kunst, von kunstvollen Bewegungen,<br />
wie Funke (1<strong>98</strong>7) beschreibt.<br />
Dazu gehören nach Funke die Erfahrung<br />
des Spielens mit Bewegung wie<br />
oben beschrieben und daraus resultiert<br />
das Entwickeln von »eigenen« Bewegungen,<br />
die sich vom alltäglichen,<br />
bekannten Sich-Bewegen abheben und<br />
von den Kindern für schön befunden<br />
werden. Sie wollen damit eine Wirkung<br />
auf Andere erzielen. Insbesondere kleine<br />
Kinder präsentieren stolz immer<br />
wieder neu gefundene Bewegungsformen.<br />
Größeren Kindern sollten immer<br />
wieder neue Herausforderungen<br />
geboten werden, durch z. B. Besuche<br />
im Zirkus, von Tanzvorstellungen oder<br />
ähnlichen Vorführungen von »Bewegungskünstlern«.<br />
Auch können Bilder<br />
oder Filme als Anregung dienen.<br />
»Wer die Kunst macht, richtet seine<br />
Absicht darauf, sie zu erzeugen« ( Funke<br />
1<strong>98</strong>7, S. 14).<br />
Im Rahmen einer ästhetischen Bewegungserziehung<br />
sollten die Schülerinnen<br />
und Schüler immer wieder<br />
ermutigt werden, aus dem freien Spiel<br />
mit Bewegung eigene Bewegungsgestaltungen<br />
zu erarbeiten. Das bedeutet<br />
aber nicht, wie es oft im Tanz geschieht,<br />
vorgefertigte Choreographien zu vermitteln.<br />
5 Dann wären die entstandenen<br />
Bewegungsformen kein Beitrag zu<br />
ästhetischer Erziehung. Es entständen<br />
Formen ohne Inhalt (Roscher 2004).<br />
Erst in der Erkenntnis ihres Entstehens<br />
Beispiele am<br />
Barren und an<br />
Tauen für Kopfunter-Übungen<br />
20 GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007
Praxis: Pädagogik im Kontext von Kinderarmut<br />
Kastenkopfstand und Doppelkastenkopfstand –<br />
Nicht nur Grundschulkinder haben ihren Spaß beim Kopfuntersein<br />
Handstand mit Helfer<br />
werden sie mit Inhalt gefüllt und als<br />
etwas subjektiv zu Formendes verstanden.<br />
Das bedeutet, übertragen auf eine<br />
Bewegungserziehung, dass vor allem<br />
ein subjektiv kreativer Umgang mit Bewegung<br />
einen ästhetischen Bildungsbeitrag<br />
leistet.<br />
Praxisbeispiel:<br />
Die Welt auf den Kopf stellen<br />
Diese besondere Erfahrung des »In-der-<br />
Welt-Seins« kann mithilfe verschiedener<br />
Geräten gemacht werden. In der Halle<br />
werden die verschiedensten Geräte<br />
und Gerätekombinationen aufgebaut,<br />
die Kopfunterpositionen ermöglichen.<br />
Beispiele:<br />
■ Mehrere Recks übereinander<br />
■ Ringe/Taue<br />
■ Kleine Kästen<br />
■ Große Kästen<br />
■ Barren<br />
Die Kinder werden aufgefordert, in<br />
Paaren oder zu mehreren Positionen zu<br />
finden, in denen sich ihr Kopf unterhalb<br />
der Füße befindet (siehe Fotos links unten).<br />
Herausforderung:<br />
Partnerinnenarbeit<br />
Nun sollen weitere »Kopf-Unter-Positionen«<br />
ausprobiert werden, bei denen<br />
das Gewicht z. T. an eine oder mehrere<br />
Partnerinnen abgegeben wird. Anregungen<br />
können z. B. durch Fotos, Arbeitskarten<br />
o. Ä. gegeben werden, so<br />
dass sich jeder etwas Passendes aussuchen<br />
kann.<br />
Beispiele<br />
■ Handstand mit ein bis zwei Helfenden<br />
(Foto Handstand mit Helfer)<br />
■ Kopfstand in zwei Kästen mit Helfern<br />
(Foto Kastenkopfstand)<br />
■ Zwei Personen machen Kopfstand<br />
auf den Kästen, eine steht in der Mitte<br />
und hält (Foto Doppelkastenkopfstand).<br />
■ Handstand gegen einen / eine PartnerIn,<br />
die sich die Knie der Turnenden<br />
über die Schulter legt. Diese kann ihre<br />
Hände lösen oder auf die Füße der<br />
Partnerin setzen (Foto Handstandeinhängen)<br />
■ Zwei Partnerinnen stehen sich vis-avis<br />
gegenüber. Eine Partnerin (möglichst<br />
die Stärkere) beugt sich vor, die zweite<br />
beugt sich über sie mit dem Gesicht zu<br />
ihrem Rücken. Sie umfasst fest deren<br />
Taille. Die erste fasst die zweite um die<br />
Fußgelenke. Sie kann sich nun aufrichten.<br />
Ihre Partnerin hängt nun in einer<br />
»Kopfunter«-Position an ihrem Rücken<br />
■ Eine Partnerin nimmt eine »Bankstellung«<br />
ein. Die andere umfasst ihre<br />
Taille und turnt eine Art Schulterstand<br />
auf deren Rücken (Foto Klammerbank<br />
kopfunter).<br />
■ Zwei Partnerinnen liegen Kopf an<br />
Kopf hintereinander auf dem Rücken.<br />
Eine dritte stellt sich in Kopfhöhe daneben.<br />
Sie senkt ihre Schulter in die<br />
gegenüberliegenden Arme der Partnerinnen.<br />
Die Liegenden greifen mit dem<br />
anderen Arm den jeweiligen gestreckten<br />
Arm der Oberen, die nun einen<br />
Schulterstand turnen kann (Foto Dreier-Kopfunter)<br />
etc.<br />
Gestalten: Denkmäler<br />
Im Anschluss daran sollen die Schülerinnen<br />
und Schüler Teams mit ca. fünf<br />
Personen bilden und an einem gewählten<br />
Gerät Denkmäler entwerfen,<br />
bei denen mindestens zwei Personen<br />
kopfunter sind. Die anderen sollen dabei<br />
nicht nutzlos daneben stehen. Sie<br />
können dabei Ideen aus der ersten Auf-<br />
Klammerbank kopfunter<br />
Handstandeinhängen<br />
Dreier-Kopfunter<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007<br />
21
gabe aufgreifen und Neuerlerntes aus<br />
der zweiten Aufgabe einbauen. An dieser<br />
Stelle kann eine Reflexion darüber<br />
initiiert werden, wie die »Nicht-Kopf-<br />
Stehenden« trotzdem am Gesamtbild<br />
beteiligt sind, um schöne Bilder entstehen<br />
zu lassen.<br />
Mögliche Präsentation:<br />
Bilder einer Ausstellung<br />
Die Teams können sich ihre Denkmäler<br />
gegenseitig vorführen. Weiterführend<br />
(abhängig vom Alter) und um auch andere<br />
Medien der Gestaltung einzubeziehen,<br />
können die Teams die entstandenen<br />
Denkmäler fotografieren und so<br />
z. B. eine Fotoausstellung schützenswerter<br />
Denkmäler gestalten. Der Phantasie<br />
sind keine Grenzen gesetzt.<br />
Fazit<br />
»Spieglein, Spieglein an der Wand …«<br />
Mit dem Blick in den Spiegel kann<br />
sich auch ein anderes Bild vom eigenen<br />
Leib manifestieren. Ein stolzer Blick<br />
– stolz nicht auf das äußere Erscheinungsbild,<br />
sondern im Sinne der Anerkennung<br />
für das, was man mit ihm erleben<br />
und erspüren kann und für seine<br />
Bewegungsmöglichkeiten, die so viel<br />
ausdrücken können.<br />
Anmerkungen<br />
1 In der sportpädagogischen Fachliteratur werden die Begriffe Leib,<br />
Körper, Körperleib oft in denselben Kontexten genutzt. Zumeist<br />
wird »Leib« als die Körper/Seele-Einheit des Menschen betrachtet<br />
oder wie Größing (2005, S. 11) sie beschreibt, als »Daseinsverfassung«<br />
bzw. »kulturelles Gebilde«, während »Körper« als das<br />
trainierbare Instrument des Menschen definiert wird oder als<br />
»Naturding« (Größing, 2005, S. 11). Diese Unterscheidung findet<br />
sich nur im deutschsprachigen Raum und bedeutet im positiven<br />
Sinne die Möglichkeit einer begrifflichen Schärfung, die auch ich<br />
nutzen möchte. Den Begriff »Körper« betrachte ich als einen Teil<br />
von Leiblichkeit – als gestaltbare äußere Form des Menschen und<br />
als Medium zur Gestaltung von Welt. Von solchen Überlegungen<br />
ist auch die Betrachtungsweise und Definition der Bedeutung von<br />
Bewegung und Sport abhängig.<br />
2 Im Rahmen des Sportunterrichts ergibt sich ein weiteres Handlungsfeld.<br />
Viele Handlungen im Sport erfordern Regeln. Diese<br />
Regeln sind aber nicht »gottgegeben«. Schülerinnen und Schüler<br />
können bei entsprechender Vorgehensweise im Unterricht die<br />
Erfahrung machen, dass sie selber Spielregeln entwickeln bzw.<br />
weiterentwickeln und damit an deren Entstehung aktiv mitwirken.<br />
Eine solche Vorgehensweise im Unterricht enthält eine ästhetische<br />
Komponente, da diese Regeln an individuelle Situationen angepasst<br />
und aus der Situation heraus entstanden sind.<br />
3 Häufig werden für diesen Bereich der ästhetischen Erziehung<br />
Aufgaben zur Förderung der einzelnen Sinneswahrnehmungen<br />
genannt. Im alltäglichen Leben arbeiten die Sinnesorgane niemals<br />
isoliert voneinander. Insofern können solche Übungen höchstens<br />
als Bewusstmachung ihrer Existenz und ihrer Bedeutung für eine<br />
Gesamteinschätzung von Situationen dienen.<br />
4 Frei bedeutet hier nicht ein »Nun macht mal!«. Freiheit bedeutet<br />
eine Freiheit in der Lösung von Aufgaben oder Situationen, die<br />
vom Lehrenden geplant wurden. Häufig werden durch zusätzliche<br />
Einschränkungen des Freiheitsgrades wieder neue und differenziertere<br />
Lösungen gefunden.<br />
5 Insofern würde ich Tanzunterricht nicht per se ästhetisch bildende<br />
Werte zumessen. Wenn allerdings das neu Erlernte in neue<br />
selbstgefundene Kontexte gebracht wird, entsteht wiederum ein<br />
ästhetischer Lernprozess.<br />
»Es [Nachmachen, Anm. d. Autorin] umfasst die Möglichkeit, sich<br />
im nachgeahmten Anderen zu erproben, einzufühlen oder auch zu<br />
reiben, das fremde Andere mit dem Eigenen verbinden und in einer<br />
neuen, eigenen Gestalt zum Ausdruck zu bringen« (Klinge 2004, S.<br />
9).<br />
Literatur<br />
Bannmüller, E. & Röthig, P. (1990): Grundlagen und Perspektiven<br />
ästhetischer und rhythmischer Bewegungserziehung. Stuttgart: Klett.<br />
Baumgarten, A. G. (1750): Aesthetica. In H. R. Schweizer (1<strong>98</strong>3):<br />
Texte zur Grundlegung der Ästhetik. Hamburg: Meiner Verlag.<br />
Bernd, Ch. (1<strong>98</strong>7). Bewegung und Theater. Lernen durch Verkörpern.<br />
Butzbach-Griedel: Afra.<br />
Buytendijk, F. J. J. (1963): Über die menschliche Bewegung als Einheit<br />
von Natur und Geist. Schorndorf: Hofmann.<br />
Fritsch, U. (1<strong>98</strong>9): Ästhetische Erziehung: der Körper als Ausdrucksorgan.<br />
Sportpädagogik 13 (5), 11 – 18.<br />
Funke, J. (1<strong>98</strong>7). Bewegungskünste und ästhetische Selbsterziehung<br />
– oder: »Sieh mal! Kunst!« Sportpädagogik, 11 (3), 11 – 19<br />
Klinge, A. (2004). Nachmachen und Tanzen – Tanzen und Nachmachen.<br />
Sportpädagogik, 28 (5), 4 – 9.<br />
Laging, R. (2000): Theoretische Bezüge und Konzepte der Bewegten<br />
Schule – Grundlagen und Überblick. In: Laging, R./Schillack, G.<br />
(Hrsg.): Die Schule kommt in Bewegung: Konzepte, Untersuchungen,<br />
praktische Beispiele zur bewegten Schule (2 – 38). Hohengehren:<br />
Schneider Verlag<br />
Langer, S. (1979): Philosophie auf neuem Wege. Mittenwald: Mäander.<br />
Merleau-Ponty, M. (1966): Phänomenologie der Wahrnehmung.<br />
Berlin: Gruyter.<br />
Otto, G. (19<strong>98</strong>): Lehren und Lernen zwischen Didaktik und Ästhetik.<br />
Band 1. Seelze-Velber: Kallmeyersche Verlagsbuchhandlung.<br />
Plessner, H. (1941): Lachen und Weinen. Eine Untersuchung der Grenzen<br />
menschlichen Verhaltens. In G. Dux, O. Marquard & E. Ströker<br />
(Hrsg.): Helmuth Plessner Gesammelte Schriften VII. Ausdruck und<br />
menschliche Natur (201 – 388). Frankfurt am Main: Suhrkamp.<br />
Plessner, H. (1<strong>98</strong>2): Mit anderen Augen. Aspekte einer philosophischen<br />
Anthropo logie. Stuttgart: Reclam.<br />
Probst, A. & Hildebrandt-Stramann (2006): Ästhetische Erziehung<br />
im Sportunterricht der <strong>Grundschule</strong>. In J. Kahlert, G. Lieber &<br />
S. Binder (Hrsg.): Ästhetisch bilden. Braunschweig: Westermann.<br />
Röthig, P. (1997): Pädagogische Reflexionen über Sport, Bildung und<br />
Ästhetik. In Müller, E. et. al. (Hrsg.): Sportpädagogik in Bewegung<br />
(143 – 160). Salzburg: Institut für Sportwissenschaft<br />
Straus, E. (1956): Vom Sinn der Sinne. Berlin, Göttingen, Heidelberg:<br />
Springer.<br />
Welsch, W. (19<strong>98</strong>): Ästhetisches Denken. Stuttgart: Reclam.<br />
22 GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007
Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />
… auf Bundesebene<br />
»Was macht ihr eigentlich im Grundschulverband –<br />
außer Büchern und einer Zeitschrift?«<br />
Zu dieser oft gestellten Frage sollen in dieser Rubrik Antworten aus der <strong>aktuell</strong>en Agenda gegeben<br />
werden. Zuerst Aktuelles auf Bundesebene, es folgen die Nachrichten aus den Landesgruppen<br />
Erwin-Schwartz-Grundschulpreis:<br />
für Heide Bambach<br />
Vor fast 40 Jahren gründete der erste Hochschullehrer<br />
für Grundschulpädagogik in<br />
Deutschland, Prof. Dr. Erwin Schwartz,<br />
den Grundschulverband (damals unter dem<br />
Namen: Arbeitskreis <strong>Grundschule</strong>). Alle seine<br />
Überlegungen und Reformforderungen waren<br />
gebunden an den Bildungsanspruch jedes<br />
Kindes und an die Erkenntnis, dass die <strong>Grundschule</strong><br />
heute diesem Bildungsanspruch nicht<br />
gerecht wird. Eine Schule für Kinder und mit<br />
Kindern – eine Kinderschule müsse die <strong>Grundschule</strong><br />
sein, an die sich dann die Jugendschule<br />
für die älteren Schülerinnen<br />
und Schüler<br />
anschließe. Der Grundschulverband<br />
ist diesem<br />
Kernanliegen bis heute<br />
verpflichtet.<br />
Als Erwin Schwartz im Jahr 2003 verstarb,<br />
überlegten wir, wie wir das Andenken an den<br />
Gründer des Verbandes wachhalten und sein<br />
Kernanliegen <strong>aktuell</strong> ausweisen können. Die<br />
Delegiertenversammlung des Grundschulverbandes<br />
beschloss, in regelmäßigen Abständen<br />
den Erwin-Schwartz-Grundschulpreis zu<br />
vergeben – für besondere Verdienste um die<br />
<strong>Grundschule</strong> und die Bildung ihrer Kinder.<br />
Die Wahl zur ersten Preisträgerin fiel einstimmig<br />
auf Heide Bambach. Und das aus mehreren<br />
Gründen:<br />
Heide Bambach wirkte über 35 Jahre lang als<br />
Schulreformerin für eine Schule für und mit<br />
Kindern: Sie war Leiterin der Primarstufe an<br />
der Laborschule in Bielefeld und verwirk lich te<br />
viele Reformaspekte: jahrgangsübergreifendes<br />
Lernen, Rhythmisierung von freier Zeit<br />
und Lernzeiten, Tageslauf statt Stundenplan,<br />
ihre berühmte »Versammlung«. Kinder wachsen<br />
lassen, sich selber Zeit nehmen, Kinder<br />
dabei zu unterstützen – das war ihre gelebte<br />
Überzeugung.<br />
Heide Bambach hat durch Vorträge, Aufsätze<br />
und dann durch zwei »Kultbücher« vielfältig<br />
Lehrerinnen und Lehrer anregen können: In<br />
ihrem Buch »Erfundene Geschichten erzählen<br />
es richtig« kann man lesen, wie durch Kinderliteratur<br />
freies Schreiben angeregt wird, wie<br />
Kinder Gespräche über die Poetik des Schreibens<br />
führen … In ihrem Buch »Ermutigungen.<br />
Nicht Zensuren!« lesen wir viele Geschichten<br />
über Kinder, ihre Nöte und Freuden, ihre<br />
Lebensbedingungen und Entwicklungen.<br />
Darin eingebettet zeigt Heide Bambach, wie<br />
»Vielen Kindern mangelt es an der Erfahrung, etwas<br />
zu können, gebraucht zu werden, etwas wert zu<br />
sein. All das brauchen Kinder, damit sie selbstbewusst<br />
und zufrieden sein können, also auch, um<br />
selbstbewusste und zufriedene<br />
Erwachsene zu werden. Darum<br />
müssen wir in der Schule mit<br />
dafür sorgen, dass die Kinder<br />
genug von alledem bekommen.<br />
Die Zeit dafür muss da sein; wir<br />
Lehrerinnen und Lehrer müssen<br />
sie haben oder uns nehmen und<br />
den Kindern geben.«<br />
(Heide Bambach)<br />
Beratungen mit Kindern und Lernberichte<br />
gestaltet werden können, die Entwicklungen<br />
und Leistungen würdigen, die Kinder auch<br />
innerlich wachsen lassen.<br />
Viele konnten Heide Bambach in ihrem Unterricht<br />
besuchen, bei Vorträgen und Diskussionen<br />
sie als charismatische Pädagogin erleben.<br />
»Pädagogisches Urgestein«, so nannte<br />
der große Hartmut von Hentig Heide Bambach.<br />
Schließlich: Seit 2003 ist Heide Bambach im<br />
Ruhestand und doch nicht im Ruhestand.<br />
Denn sie hat mit einem neuen Beruf begonnen:<br />
Quer durch Deutschland ist sie als<br />
Schulentwicklungsberaterin unterwegs. Ein<br />
Schwerpunkt dabei: der Umgang mit der Verschiedenheit<br />
der Kinder in jahrgangsübergreifender<br />
Arbeit.<br />
Am 11. Mai wird der Erwin-Schwartz-Grundschulpreis<br />
2007 an Heide Bambach verliehen.<br />
Der Grundschulverband hat dazu nach Göt-<br />
tingen eingeladen. In der Septemberausgabe<br />
dieser Zeitschrift werden wir davon berichten.<br />
Grundschulreform: Nun acht Standpunkte<br />
Gerade haben wir einen Standpunkt zur Grundschulreform<br />
aktualisiert, nämlich den zur Lehrerinnen-<br />
und Lehrerbildung. Hier mussten die<br />
neuen Entwicklungen zu Bachelor und Master<br />
berücksichtigt werden.<br />
Und wir haben zwei Standpunkte ergänzt: Ein<br />
Standpunkt ist der Zusammenarbeit von Elementar-<br />
und Primarstufe gewidmet, einem<br />
Thema, das in der <strong>aktuell</strong>en Bildungsdebatte<br />
eine besondere Rolle spielt. Ein anderer Standpunkt<br />
gilt dem Sprachenlernen und der Mehrsprachigkeit,<br />
das sowohl Deutsch als Zweitsprache<br />
als auch die erste Fremdsprache, aber<br />
auch die Herkunftssprachen der Kinder einbezieht.<br />
Mit den nunmehr acht Standpunkten<br />
hat der Grundschulverband seine Forderungen<br />
nach Weiterentwicklung der <strong>Grundschule</strong> formuliert,<br />
immer beginnend mit einer Bestimmung<br />
der <strong>aktuell</strong>en Lage und daran anschließend<br />
die Forderungen:<br />
■ zur Zusammenarbeit von Elementar- und<br />
Primarstufe,<br />
■ zum kindgerechten Schulanfang,<br />
■ zum Umgang mit der Heterogenität der<br />
Kinder,<br />
■ zur Leistung der Kinder,<br />
■ zur Leistung der Schulen,<br />
■ zum Sprachenlernen und zur Mehrsprachigkeit,<br />
■ zur Ganztagsschule,<br />
■ zur Lehrerinnen- und Lehrerbildung.<br />
Ergänzt werden die acht Standpunkte durch<br />
eine Grundsatzposition, der sich inzwischen<br />
zwölf Verbände angeschlossen haben:<br />
■ Länger gemeinsam lernen<br />
(Alles ist zu finden bei www.grundschulver<br />
band.de, weiter: Standpunkte, sowie »Initiative<br />
länger gemeinsam lernen«)<br />
Bis ein Standpunkt veröffentlicht werden<br />
kann, geht ein etwa zweijähriger Diskussionsund<br />
Arbeitsprozess in den Gremien des Grundschulverbandes<br />
voraus: Das Thema wird in der<br />
Delegiertenversammlung als dringlich festgestellt<br />
und mit Gedanken gefüllt, die im Standpunkt<br />
formuliert werden sollten. Eine Arbeitsgruppe<br />
wird gebildet, die einen Entwurf<br />
fertigt. Der wird wieder in einer Delegiertenversammlung<br />
Satz für Satz, oft Wort für Wort<br />
diskutiert, Änderungen werden beschlossen<br />
und an die Arbeitsgruppe weitergegeben. Ein<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007<br />
23
Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />
… auf Bundesebene<br />
neuer Entwurf entsteht. Das setzt sich fort,<br />
bis ein zustimmungsreifer Text vorliegt.<br />
Stimmt die Mehrheit in der Delegiertenversammlung<br />
für den Text, dann ist ein neuer<br />
Standpunkt des Grundschulverbandes fertig<br />
und wird veröffentlicht. So ist das jetzt<br />
geschehen.<br />
Presseerklärung: Kinderarmut<br />
und Bildungsgerechtigkeit<br />
Der Grundschulverband stellte der Presse<br />
gegenüber fest: »Immer mehr Kinder leben<br />
in Armut. Die Zahl der auf Sozialhilfeniveau<br />
lebenden Kinder erhöht sich unter der Hartz-<br />
IV-Gesetzgebung ständig. Kinderarmut aber<br />
hat gerade in Deutschland Bildungsarmut<br />
zur Folge. Das deutsche Schulwesen benachteiligt<br />
die Kinder weiter, die von zu Hause her<br />
bereits benachteiligt sind.« Hintergrund ist die<br />
im internationalen Vergleich beschämende<br />
Erkenntnis, dass in keinem anderen Industrieland<br />
der Zusammenhang von sozialer Herkunft<br />
und Bildungserfolg so eng ist wie in<br />
Deutschland.<br />
»Kinderarmut ist ein gesellschaftspolitischer,<br />
Bildungsarmut ein bildungspolitischer Skandal«,<br />
so das Resümee des Grundschulverbandes.<br />
Die Fachreferentin für Bildungsgerechtigkeit<br />
im Grundschulverband, Frau Prof. Dr.<br />
Angelika Speck-Hamdan, fordert in einem<br />
7-Punkte-Programm eine grundlegende Neuorientierung<br />
für den Schulbereich, um Bildungsgerechtigkeit<br />
herzustellen:<br />
■ den Ausbau der kostenfreien vorschulischen<br />
Bildung,<br />
■ die pädagogisch konsequent gestaltete<br />
Ganztagsschule,<br />
■ individuell abgestimmte Förderangebote<br />
in einer Schule, die Kindern mehr Bildungszeit<br />
einräumt (Ganztag),<br />
■ Verzicht auf frühe Selektion, also längere<br />
gemeinsame Lernzeit,<br />
■ ein positives Klassenklima, das Kinder<br />
beschützt und Sicherheit vermittelt,<br />
also Verzicht auf Beschämungen,<br />
■ Verzicht auf Noten, stattdessen Aufbau<br />
einer pädagogischen Leistungskultur,<br />
■ die Schaffung sozialer Netzwerke,<br />
die Kindern und ihren Familien unterstützend<br />
zur Seite stehen.<br />
(Ausführlich in: <strong>Grundschule</strong> <strong>aktuell</strong>,<br />
Heft 97)<br />
Mitgliederentwicklung:<br />
Tagung mit jungen Mitgliedern<br />
Nachdem der Grundschulverband in den 80er<br />
und 90er Jahren von 6.000 auf 15.000 Mitglieder<br />
angewachsen war, verzeichnen wir<br />
nun von Jahr zu Jahr einen Rückgang. Zurzeit<br />
haben wir knapp 12.000 Mitglieder. Langjährige<br />
Mitglieder kündigen, weil sie pensioniert<br />
werden, junge Mitglieder kommen aber nicht<br />
in gleicher Zahl dazu. So weit wir junge Mitglieder<br />
haben, bleiben sie oft nur kurze Zeit<br />
Mitglied, sie kündigen z. B. nach dem Ende der<br />
Ausbildung.<br />
Ein Rückgang der Mitglieder ist zwar bei allen<br />
Vereinen und Verbänden derzeit zu beobachten,<br />
was uns aber nicht beruhigen kann.<br />
Der Grundschulverband ist ein engagierter<br />
Reformverband für eine kindgerechtere<br />
(Grund-)Schule. Zur Verbreitung seiner Gedanken,<br />
Forderungen und Realisierungsbeispiele<br />
ist er auf möglichst viele Mitglieder angewiesen.<br />
Gerade auch junge Mitglieder braucht ein<br />
Verband, der so zukunftsorientiert ist.<br />
Der Vorstand des Grundschulverbandes lud<br />
deshalb Ende Februar junge Mitglieder ein, die<br />
in den Vorständen der Landesgruppen bereits<br />
mitarbeiten. Wir wollten ergründen, warum<br />
es heute so schwierig ist, junge Miglieder für<br />
den Verband und seine Ziele zu werben. Zu<br />
ergründen war, was der Verband besser oder<br />
anderes machen muss, um auch die jüngere<br />
Pädagogen-Generation anzusprechen, sie als<br />
Mitglieder zu werben oder sie sogar zur Mitarbeit<br />
zu gewinnen.<br />
Es wurde eine lebendige und ertragreiche<br />
Tagung. Die jungen Mitglieder hatten eine<br />
Fülle von Ideen und Vorschlägen, auch von<br />
bereits praktizierten Maßnahmen. Zum Beispiel<br />
wurde ein Konzept zur Gründung von<br />
Studentengruppen vorgelegt, mit Einladungen<br />
und Vorschlägen für die Gestaltung<br />
der Arbeit in verschiedenen Veranstaltungsformen.<br />
Dabei auch konkrete Checklisten für<br />
die Organisation des Bücherverkaufs oder der<br />
Vortragsgestaltung.<br />
Oder: Es wurde kritisiert, dass die Veröffentlichungen<br />
in Büchern und unserer Zeitschrift<br />
in der Regel glatt funktionierenden Unterricht<br />
vorstellt, weniger aber die alltäglichen Schwierigkeiten,<br />
zum Beispiel mit schwierigen Kindern,<br />
schwierigen Eltern … Überhaupt müssvon<br />
links nach rechts: Katharina Entfellner,<br />
Bayern; Horst Bartnitzky; Ulrike Lietzau, Berlin;<br />
Ilona Rother, Bremen; Caroline Eifler, Saarland;<br />
Kirsten Bartnitzky-Burg, NRW<br />
ten wir auch an die Arbeitssituationen und<br />
Interessen der verschiedenen Gruppen mehr<br />
denken, die sich deutlich voneinander unterscheiden:<br />
die Studierenden, die Lehramtsanwärter/innen,<br />
die Lehrkräfte am Anfang ihres<br />
Lehrerseins, die erfahrenen Lehrkräfte, die<br />
Eltern …<br />
Die Fülle der Ideen und Anregungen werden<br />
wir in der Delegiertenversammlung besprechen<br />
und überlegen, was davon kurzfristig<br />
und was langfristig umzusetzen ist.<br />
Mitgliederbände: Mehr als nur neue Bücher<br />
Jahr für Jahr erhalten die Mitglieder des Grundschulverbandes<br />
zwei Mitgliederbände. Die Entscheidung<br />
über das Thema fällt anders als in<br />
den Buchverlagen. Im Grundschulverband geht<br />
es um die Frage: Welcher Aspekt von <strong>Grundschule</strong>ntwicklung<br />
ist zur Zeit <strong>aktuell</strong>, bzw. auf<br />
welchen Aspekt muss der Grundschulverband<br />
aufmerksam machen? Wozu also müssen wir<br />
sowohl den <strong>aktuell</strong>en didaktischen Stand darstellen,<br />
neue Forschungsergebnisse mitteilen<br />
als auch praktische Beispiele vorstellen, die<br />
einen hohem Anregungswert haben?<br />
Im letzten Jahr entschied die Delegiertenversammlung:<br />
Dies muss die Fortsetzung<br />
des Projekts Pädagogische Leistungskultur<br />
sein, dann die <strong>aktuell</strong>en Themen: Jahrgangsübergreifendes<br />
Lernen und Englisch als erste<br />
Fremdsprache.<br />
Und dann war da noch ein Oldtimer zu renovieren:<br />
Der Grundschulverband hatte vor<br />
25 Jahren zwei Bände herausgegeben zu Lernorten<br />
außerhalb der Schule. Diese alten Bände<br />
werden, weil Neues nicht vorhanden ist, vielfach<br />
immer noch nachgefragt. Da das Thema<br />
nach wie vor <strong>aktuell</strong> ist, soll hierzu ein neuer<br />
Band erscheinen, der die alten Bände dann<br />
ablöst.<br />
Nach der Themenfestlegung folgt die Suche<br />
nach Herausgeber(inne)n und Autor(inne)n.<br />
Eine Gliederung wird erarbeitet, die in der<br />
Regel wieder der Delegiertenversammlung<br />
vorgelegt und dort diskutiert wird.<br />
24 GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007
Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />
… auf Bundesebene<br />
Die folgenden Mitgliederbände wurden von<br />
der Delegiertenversammlung für die Jahre<br />
2007 und 2008 beschlossen. Sie sind zurzeit<br />
in Arbeit:<br />
■ für 2007: Jahrgangsübergreifendes Lernen<br />
und Pädagogische Leistungskultur: Materialien<br />
für Musik, Kunst, Sport, Englisch<br />
sowie für überfachliche Ziele,<br />
■ für 2008: Englisch als erste Fremdsprache<br />
und Lernorte außerhalb der Schule.<br />
Alle genannten Titel sind Arbeitstitel.<br />
Die Bände führen immer einen programmatischen<br />
Aspekt des Grundschulverbandes aus:<br />
theoretisch und schulpraktisch, oft verbunden<br />
mit Forderungen an Schulpolitik und Schulverwaltung.<br />
An einem Thema soll das etwas mehr ausgeführt<br />
werden: dem <strong>aktuell</strong>en Thema Leistung.<br />
Unser Leistungsprojekt:<br />
Wider die Testeritis<br />
Der Grundschulverband reagiert mit seinem<br />
Leistungsprojekt auf die um sich greifende<br />
Testeritis. Natürlich können Tests ihren Sinn<br />
haben. Was wir mit dem abwertenden Begriff<br />
»Testeritis« sagen wollen: Derzeit handelt die<br />
Schulpolitik mit den Vergleichs- oder Orientierungsarbeiten<br />
so, als erbrächten sie zentrale<br />
Aussagen über die Leistungsfähigkeit nicht<br />
nur der Schulen, sondern sogar über die jedes<br />
einzelnen Kindes. Das ist aus mindestens drei<br />
Gründen falsch:<br />
1. Die Tests sind Momentaufnahmen, mit<br />
vielfältigen Fehlerquellen behaftet, z. B. zur<br />
Tagesform der Kinder, zur Hilfestellung der<br />
Lehrkraft … Die Tests erlauben deshalb, entgegen<br />
den Verlautbarungen der Politik, keine<br />
verlässliche Aussage über das einzelne Kind.<br />
Warum die zuständigen Wissenschaftler diesen<br />
politischen Schwindel mitmachen, ist des<br />
Nachdenkens wert.<br />
2. Die Tests erfassen immer nur einen kleinen,<br />
ja einen minimalen Ausschnitt aus dem,<br />
was Kinder lernen und leisten. Deshalb können<br />
sie überhaupt nur zu diesem Ausschnitt<br />
etwas aussagen.<br />
3. Der Grundschulverband hat beispielhaft<br />
Aufgaben von VERA und Aufgaben der bayrischen<br />
Orientierungsarbeiten auf ihre didaktische<br />
Qualität hin untersucht und ist zu<br />
deprimierenden Ergebnissen gekommen: Die<br />
Aufgaben sind zum Teil fehlerhaft, sie entsprechen<br />
zum Teil nicht dem didaktischen Stand,<br />
die vorgegebenen Antworten entsprechen<br />
oft nicht dem kindlichen Denken, die Themen<br />
sind an Kindern der bildungsorientierten<br />
Mittelschicht orientiert und verhindern, dass<br />
andere Kinder zeigen können, was sie zu leisten<br />
im Stande sind (siehe <strong>Grundschule</strong> <strong>aktuell</strong><br />
Hefte 89, 90, 92).<br />
Mit der politischen Hochwertung der Tests<br />
und dem entsprechenden Druck auf die Schulen<br />
sind Tests, Diagnosebögen, Fördermaterialien<br />
zum Verkaufsschlager geworden, wie<br />
kürzlich auf der Bildungsmesse Didacta in<br />
Köln zu besichtigen war. Verlage und Kinderzeitschriften<br />
bieten haufenweise Tests an,<br />
Unterricht kann damit zur ständigen Teststrecke<br />
werden.<br />
Dem setzt der Grundschulverband sein Leistungsprojekt<br />
entgegen: Die Entwicklung einer<br />
pädagogischen Leistungskultur. Dabei werden<br />
die individuellen Leistungen der Kinder im<br />
Schulalltag wahrgenommen, gewürdigt und<br />
gefördert.<br />
Mit renommierten Fachleuten aus Wissenschaft<br />
und Praxis hat der Grundschulverband<br />
hierzu Materialien erarbeitet, die beispielhaft<br />
zeigen, wie Lernstände von Kindern festgestellt<br />
und wie ihre individuellen Lernentwicklungen<br />
bestätigt werden, wie Lerngespräche<br />
mit Kindern geführt werden und wie Kinder<br />
selbst eigene Lernwege beschreiben.<br />
Für die Fächer Deutsch, Sachunterricht und<br />
Mathematik gibt es hierzu Fachhefte in zwei<br />
Schubern: in einem für die Klassen 1 und 2, in<br />
einem anderen für die Klassen 3 und 4 (siehe<br />
www.grundschulverband.de, weiter bei Veröffentlichungen,<br />
Stichwort: Pädagogische Leistungskultur).<br />
Im Laufe dieses Jahres werden wir uns wieder<br />
mit den diesjährigen Testaufgaben und ihrer<br />
politischen Vermarktung kritisch auseinandersetzen.<br />
Pädagogische<br />
Leistungskultur<br />
Band 118<br />
ISBN 3-930024-87-X<br />
Best.-Nr. 1076<br />
17,– € / f. Mitgl. 13,– €<br />
Band 119<br />
ISBN 3-930024-88-8<br />
Best.-Nr. 1077<br />
17,– € / f. Mitgl. 13,– €<br />
… das Projekt geht weiter<br />
Wo bleiben Musik, Kunst, Sport, Englisch?<br />
Eine höchst unerwünschte Nebenwirkung<br />
der <strong>aktuell</strong>en Testeritis ist, dass sich die Aufmerksamkeit<br />
auf Teilbereiche der Fächer<br />
Deutsch und Mathematik reduziert. Die früher<br />
so genannten »Nebenfächer« drohen damit<br />
nun wirklich zur Nebensache zu werden, mit<br />
Schmuckfunktion bei Musik und Kunst, mit<br />
Bewegungstherapie bei Sport. Und Frühenglisch,<br />
oft mit großem Aufwand eingeführt,<br />
läuft unbeachtet nebenher.<br />
Diese Entwicklung verkürzt Bildung und lässt<br />
Schulkultur verarmen.<br />
Der Grundschulverband setzt deshalb mit<br />
einem weiteren Schuber ein deutliches Signal:<br />
Zurzeit erarbeiten Experten aus Wissenschaft<br />
und Praxis fünf weitere Hefte zur pädagogischen<br />
Leistungskultur, die Ende dieses Jahres<br />
als Mitgliederband erscheinen werden: je<br />
ein Heft für Musik, für Kunst, für Sport und<br />
für Englisch. Ein fünftes Heft ist dann den<br />
überfachlichen Zielen gewidmet: der Selbst-,<br />
Sach- und Sozialkompetenz. Mit diesem Heft<br />
reagiert der Grundschulverband auch auf die<br />
neue Welle der Kopfnoten-Erlasse.<br />
Übrigens, die vorliegende Zeitschrift soll demselben<br />
Zweck dienen: Aufmerksamkeit auf die<br />
zur Zeit vernachlässigten Bildungsbereiche<br />
richten.<br />
Ausblick: Bundesgrundschulkongress 2009<br />
Eine Tradition im Grundschulverband ist alle<br />
zehn Jahre die Ausrichtung eines großen Bundesgrundschulkongresses.<br />
Der erste fand 1969<br />
im Gründungsjahr statt, der letzte war 1999.<br />
Jeder der Kongresse wurde immer der Bildungskongress<br />
in Deutschland mit der höchsten<br />
Teilnehmerzahl. Nun sind es noch zwei<br />
Jahre bis 2009, dann wird die <strong>Grundschule</strong> 90<br />
Jahre alt und der Grundschulverband 40.<br />
Der Kongress wird diesmal in Fulda stattfinden<br />
und zwar vom Freitag 25. bis Samstag<br />
26. September 2009. Vielleicht schon mal zum<br />
Vormerken.<br />
Im Sommer nimmt die Planungsgruppe ihre<br />
Arbeit auf.<br />
(für den Vorstand des Grundschulverbandes:<br />
Horst Bartnitzky)<br />
Band 121<br />
ISBN<br />
3-930024-94-2<br />
Best.-Nr. 1079<br />
17,– € /<br />
f. Mitgl. 13,– €<br />
in Vorbereitung:<br />
Überfachliche<br />
Lernbereiche<br />
Fremdsprachen<br />
und Ästhetik<br />
erscheint im<br />
Herbst 2007<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007<br />
25
Grundschulverband <strong>aktuell</strong> … aus den Landesgruppen<br />
Baden-Württemberg<br />
Anschrift: Dipl.-Päd. Adolf Messer, Stockacker 15, 79252 Stegen; www.gsv-bw.de<br />
Ausbildungsnetzwerke<br />
»Frühe Bildung«<br />
Im Rahmen des Ausbauprogramms<br />
»Hochschule 2012«<br />
zur Bewältigung doppelter<br />
Abiturientenjahrgänge werden<br />
(in begrenzter Zahl) an Pädagogischen<br />
Hochschulen erstmalig<br />
Studienplätze für ErzieherInnen<br />
eingerichtet. Die Landesgruppe<br />
hat in einem Schreiben an die<br />
verantwortlichen Ministerien<br />
begrüßt, dass LehrerInnen und<br />
ErzieherInnen künftig gemeinsam<br />
und gleichwertig ausgebildet<br />
werden können. Pädagogische<br />
Hochschulen sind<br />
aufgrund ihrer fachdidaktischen<br />
Kompetenzen besonders geeignet,<br />
ihre Ressourcen an Lehre<br />
und Bildungsforschung für<br />
Fragen der frühen Bildung zu öffnen.<br />
Dabei aber kommt es darauf<br />
an, Netzwerke zu begründen, in<br />
denen Fachschulen und Fachhochschulen<br />
für Sozialpädagogik<br />
sowie Pädagogische Hoch-<br />
schulen zusammen arbeiten. In<br />
einem Antwortschreiben betonte<br />
Kultusminister Rau, dass die Ausbildung<br />
von ErzieherInnen weiterhin<br />
den Fachschulen überlassen<br />
bleibt, dass Qualifikationen<br />
für Leitungsaufgaben auch an<br />
einer Hochschule erworben werden<br />
können. Ministerialrat Utz<br />
antwortete im Auftrag des Wissenschaftsministers,<br />
dass das<br />
Berufsziel der Erzieherin / des<br />
Erziehers auch für Absolventen<br />
einer akademischen Ausbildung<br />
nicht ausgeschlossen sei. Dennoch<br />
habe sich hier ein neues<br />
Berufsbild zu entwickeln, welches<br />
sich auch von dem Berufsbild<br />
der Sozialpädagogen unterscheiden<br />
müsse.<br />
Fachtagung<br />
»Schule kann gelingen«<br />
Am 06.03.2002 führte die Landesgruppe<br />
in Kooperation mit<br />
der PH Ludwigsburg eine Fachtagung<br />
»Schule kann gelingen«<br />
durch. Einleitend zog Hans-<br />
Joachim Fischer eine kritische<br />
Bilanz der bisherigen Bemühungen<br />
um eine Verbesserung<br />
der Bildungssituation in unserem<br />
Land. Noch immer liegt unsere<br />
größte Schwäche darin, dass wir<br />
selektieren anstatt genügend<br />
zu fördern. Den Hauptvortrag<br />
gestaltete Enja Riegel, die ehemalige<br />
Leiterin der erfolgreichen<br />
Helene Lange Schule in Wiesbaden.<br />
Ein Drittel des Fachunterrichts<br />
wurde an dieser Schule<br />
durch fächerübergreifende projektartige<br />
Lernformen ersetzt.<br />
Im Ergebnis konnten die Schüler<br />
dieser Schule ein Entwicklungsjahr<br />
gewinnen. Ein eindrucksvolles<br />
Plädoyer, sich auf reformpädagogische<br />
Prinzipien zu<br />
besinnen. In zwei Staffeln wurden<br />
darüber hinaus insgesamt<br />
18 Arbeitsgruppen angeboten,<br />
in denen vor allem Reformschulen<br />
der Ludwigsburger Region ihr<br />
Konzept darstellten und disku-<br />
tierten. Ein Positionspapier<br />
»Fördern statt Aussondern«<br />
geht an die bildungspolitischen<br />
SprecherInnen der Parteien im<br />
Landtag.<br />
Gespräch mit Renate Rastätter<br />
Am 16. März führte die Landesgruppe<br />
ein Gespräch mit der bildungspolitischen<br />
Sprecherin der<br />
Grünen Renate Rastätter MdL.<br />
Im Zentrum des Gesprächs, das<br />
verschiedene Themen berührte,<br />
stand der sich immer mehr verschärfende<br />
Selektionsdruck an<br />
den <strong>Grundschule</strong>n des Landes.<br />
Regionale Initiativen suchen<br />
mittlerweile einen Ausweg in<br />
der Gründung von Schulzentren,<br />
die auch die sich verschärfende<br />
Not der Hauptschule lindern. Es<br />
lohnt sich künftig mehr denn<br />
je, Bündnisse und Initiativen zur<br />
Überwindung des dreigliedrigen<br />
Schulsystems anzustrengen.<br />
(für die Landesgruppe: Edgar Bohn)<br />
Bayern<br />
Vorsitzende: Dr. Gudrun Schönknecht, Berliner Allee 22d, 86153 Augsburg<br />
Austausch zwischen den<br />
Bundesländern intensiviert<br />
Im vergangenen Jahr besuchte<br />
die Landesgruppe Schleswig-Holstein<br />
bayerische Schulen in Mittelfranken<br />
und Oberbayern. Vom<br />
21. 2. bis 23. 2. dieses Jahres gab<br />
es nun einen Gegenbesuch im<br />
hohen Norden durch eine kleine<br />
Abordnung bayerischer Lehrerinnen<br />
und Lehrer auf Einladung<br />
der jeweiligen Landesgruppen<br />
nach Hamburg und Schleswig-<br />
Holstein, um sich länderübergreifend<br />
über Bildungsfragen zu verständigen.<br />
In Hamburg führte Susanne<br />
Peters als Schulleiterin durch die<br />
Fahrenkrön-Schule und ermöglichte<br />
uns einen Einblick in den<br />
täglichen Ablauf an einer Schule<br />
mit offenem Ganztagsbetrieb<br />
und integrativen Regelklassen.<br />
Wir erlebten eine große Nähe<br />
zwischen Lehrkräften und Schülern<br />
während des gesamten<br />
Schultages, vielfältige Unterstützungsangebote<br />
durch Eltern,<br />
neue Möglichkeiten der Abstimmung<br />
im Kollegium sowie vielfältige<br />
Management-Aufgaben einer<br />
Schulleiterin. An einer Grundund<br />
Gesamtschule der Bugenhagen-Schulen<br />
hospitierten wir in<br />
jahrgangsübergreifenden Integrationsklassen<br />
und erlebten<br />
dabei einen rhythmisierten Ganztag.<br />
Auffällig war auch hierbei die<br />
intensive Betreuung der Kinder<br />
durch Lehrkräfte und ErzieherInnen<br />
über den ganzen Tag hinweg.<br />
Wir erfuhren von Lehrkräften, wie<br />
sie im Team eine Klasse unterrichten,<br />
erlebten selbstverständlich<br />
gelebte Klassenratssitzungen<br />
und einen weitgehend geöffneten<br />
Unterricht.<br />
In Schleswig-Holstein hatten wir<br />
die Gelegenheit, die Osterrönfeldter<br />
<strong>Grundschule</strong> zu besuchen<br />
und dort viele verschiedene Klassenstufen<br />
zu erleben. Besonders<br />
beeindruckend war die Arbeit<br />
mit projektartigen Unterrichtsmethoden<br />
oder Arbeitsplänen.<br />
In unterhaltsamen Abendrunden<br />
saßen Lehrkräfte aus Schleswig-<br />
Holstein, Hamburg und Bayern<br />
zusammen, diskutierten <strong>aktuell</strong>e<br />
Entwicklungen in der Bildungspolitik,<br />
tauschten sich über alltägliche<br />
Umsetzungsprobleme und<br />
-nöte aus und stellten fest, dass<br />
die Nord-Süd-Schiene im Grundschulverband<br />
sich gegenseitig<br />
immer wieder bereichert.<br />
Wieder einmal wurde uns allen<br />
bewusst, wie vielfältig Erziehung<br />
und Unterricht gedacht und<br />
praktiziert werden kann und wel-<br />
che gemeinsamen Ziele wir mit<br />
dem Grundschulverband verfolgen.<br />
Wir können nur alle Landesgruppen<br />
ermuntern, diesen »Blick<br />
über den Zaun« wahrzunehmen<br />
und länderübergreifende Hospitationen<br />
und Besuche zu initiieren<br />
oder fortzusetzen.<br />
(für die Landesgruppe:<br />
Gabriele Klenk, Bianca Ederer)<br />
v. l. n. r.: Gerald Klenk, Schulleiter aus Bayern; Gaby Klenk, Konrektorin und<br />
GSV Bayern; Sabine Andresen, Grundschullehrerin, Schleswig-Holstein; Bianca<br />
Ederer, Grundschullehrerin, GSV Bayern; Michael Lorbeer-A., Vorstand GSV<br />
Schleswig-Holstein; Susanne Peters, Schulleiterin und GSV Vorstand Hamburg<br />
26 GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007
Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />
… aus den Landesgruppen<br />
Berlin<br />
Kontakt: Ing rid Kornmesser, Kohlfurter Str. 4, 10999 Berlin; www.gsv-berlin.de<br />
Mehr Kommunikation zwischen<br />
Mitgliedern und Vorstand<br />
Wir haben uns als Vorstand<br />
der Berliner Landesgruppe des<br />
Grundschulverbandes überlegt,<br />
wie wir die Kommunikation<br />
zwischen den Mitgliedern<br />
und dem Vorstand intensivieren<br />
können. Eine Idee ist: Wir werden<br />
künftig die Mitglieder der<br />
Berliner Landesgruppe zwei- bis<br />
dreimal jährlich in einem »Info-<br />
Brief« über unsere Tätigkeit<br />
informieren und zugleich von<br />
den Mitgliedern kurze Stellungnahmen<br />
zu <strong>aktuell</strong> wichtigen<br />
Grundschulfragen erbitten. Der<br />
Info-Brief 2007/1 (einschließlich<br />
einem einseitigen Fragebogen)<br />
– nachzulesen auf unserer<br />
homepage www.gsv-berlin.de –<br />
bezieht sich schwerpunktmäßig<br />
auf die Berliner Schulanfangsphase<br />
mit ihren vielen Veränderungen<br />
und Praxisproblemen und<br />
auf diesbezügliche Tätigkeiten<br />
des Grundschulverbandes. Da<br />
wir die »Info-Briefe« aus Kostengründen<br />
künftig nur per Mail<br />
zusenden können, bitten wir alle<br />
Mitglieder, die an diesen Info-<br />
Briefen weiterhin interessiert<br />
sind, uns unbedingt ihre Mailanschrift<br />
zu schicken (bitte an:<br />
i.kornmesser@freenet.de).<br />
Forderungen zur »Berliner<br />
Gemeinschaftsschule« aus integrationspädagogischer<br />
Sicht<br />
Der verbandsübergreifende AK<br />
GEM (Arbeitskreis Gemeinsame<br />
Erziehung behinderter und nichtbehinderter<br />
Kinder und Jugendlicher),<br />
in dem wir seit Jahren<br />
mitarbeiten, ist mit 10 Forderungen<br />
zum Berliner Pilotprojekt<br />
»Gemeinschaftsschule« an die<br />
Öffentlichkeit getreten. U. a. fordert<br />
der AK GEM, dass die bisher<br />
getrennten Rahmenpläne Lernen<br />
und geistige Entwicklung in die<br />
der allgemeinen Schul stufen<br />
integriert werden und dass an<br />
jeder Gemeinschaftsschule eine<br />
»Beratungs- und Serviceeinrichtung«<br />
geschaffen wird. Diese<br />
Einrichtung (pro Schule 1 Stelle<br />
mit spezieller Kompetenz) koordiniert<br />
und begleitet die sonderpädagogische<br />
und ggf. auch<br />
sozialpädagogische Förderung,<br />
berät Eltern, Lehrkräfte und<br />
Schüler(innen) bei spezifischen<br />
mit der sonderpädagogischen<br />
Förderung verbundenen Fragen,<br />
pflegt Kontakte zur Jugendhilfe<br />
u. a. m. Näheres unter: www.gsvberlin.de.<br />
(für die Landesgruppe: Peter Heyer;<br />
peterheyer@snafu.de)<br />
Fachtagung »Gemeinschaftsschule<br />
Berlin – eine Schule für<br />
alle. Impulse für den Umgang<br />
mit Heterogenität in der<br />
Praxis« (Arbeitstitel)<br />
Freitag, 15. Juni 2007,<br />
8.30 – 16 Uhr;<br />
Friedrich-Ebert-Stiftung,<br />
Hiroshimastr. 17; 10785 Berlin<br />
Veranstalter: Runder Tisch<br />
Gemeinschaftsschule Berlin<br />
Näheres unter:<br />
www.gsv-berlin.de<br />
Brandenburg<br />
Vorsitzende: Denise Sommer, Weinbergweg 21, 15834 Rangsdorf; www.gsv-brandenburg.de<br />
Belastungen im Lehrerberuf –<br />
Wie kann man damit umgehen?<br />
Über dieses Thema diskutierten<br />
Mitglieder der Landesgruppe<br />
und engagierte Lehrerinnen am<br />
LISUM Brandenburg mit Frau<br />
Dr. Arold von der Universität<br />
Potsdam. Grundlage bildeten die<br />
Ergebnisse des Forschungsprojektes<br />
von Prof. Schaarschmidt<br />
zur Lehrergesundheit, an dem<br />
Frau Dr. Arold mitgewirkt hatte.<br />
Neben der Erfassung von Symptomen<br />
der Belastungen in Form<br />
von psychischen und körperlichen<br />
Beeinträchtigungen ging<br />
es in dem Projekt vor allem um<br />
die Frage, mit welchem Verhalten<br />
die Lehrerinnen und Lehrer<br />
den Anforderungen ihres Berufes<br />
gegenübertreten. Dieses Verhalten<br />
kann einerseits Gesundheitsressource<br />
sein, zum anderen aber<br />
auch Gesundheitsrisiken beinhalten.<br />
Dazu wurden Merkmale<br />
wie Arbeitsengagement, Widerstandskraft<br />
gegenüber Belastungen<br />
und arbeitsbezogene Emotionen<br />
näher untersucht.<br />
Es wurde deutlich, dass der Beruf<br />
der Lehrerin/des Lehrers einerseits<br />
ein hohes Maß an Belastungen<br />
in sich birgt. Oftmals<br />
wirken dabei von außen gesetzte<br />
Bedingungen verstärkend. Das<br />
sind gegenwärtig in Brandenburg<br />
z. B. auch die Umsetzungen<br />
an andere Schulen / Schulformen<br />
und ständige Veränderungen in<br />
den gesetzlichen Bestimmungen.<br />
Anderseits trägt jedoch jede Lehrerin,<br />
jeder Lehrer selbst Verantwortung,<br />
mit den Belastungen<br />
so umzugehen, dass es nicht<br />
zu gesundheitlichen Schäden<br />
kommt. Da dies stark mit den<br />
persönlichen Voraussetzungen<br />
zusammenhängt, wäre eine entsprechende<br />
Beratung schon zu<br />
Beginn des Studiums sinnvoll.<br />
Darüber hinaus sollten die<br />
erprobten Entlastungsstrategien<br />
den Lehrkräften vorgestellt<br />
und bei Bedarf Trainingsmöglichkeiten<br />
angeboten werden.<br />
So war es für alle Anwesenden<br />
interessant zu erfahren, dass<br />
es dafür ausgebildete Berater<br />
gibt. Schwierig ist es allerdings,<br />
Möglichkeiten der Kontaktaufnahme<br />
zu den Moderatoren zu<br />
finden, da weder Adressen noch<br />
Angebote zentral verfügbar sind.<br />
Gerade dies sollte jedoch im Zeitalter<br />
des Internets kein Problem<br />
mehr darstellen.<br />
(für die Landesgruppe: Barbara Wegner)<br />
Grundschultag:<br />
»Visitation – Chance für<br />
die Schulentwicklung?«<br />
29. Mai 2007 von<br />
9.30 – 15.30 Uhr im<br />
LISUM Brandenburg<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007<br />
27
Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />
… aus den Landesgruppen<br />
Bremen<br />
Vorsitzende: Karin Sanders, Langenstr. 11, 28816 Stuhr; www.grundschulverband-bremen.de<br />
Jahresgespräch in der<br />
Bildungsbehörde<br />
Mit Frau von Ilsemann, Herrn<br />
Henschen und Herrn Gosch fand<br />
am 24. Januar 2007 ein Gespräch<br />
zur Situation der <strong>Grundschule</strong>n<br />
statt.<br />
Es ging vorrangig um den massiven<br />
Unterrichtsausfall an den<br />
<strong>Grundschule</strong>n in Bremen und<br />
Bremerhaven sowie die Probleme<br />
mit der veränderten Lehrerinnenausbildung<br />
in der 2. Phase.<br />
Verabredet wurde ein weiteres<br />
Gespräch mit Herrn Gosch<br />
(Referat Lehrerbildung).<br />
Jährliche Gespräche mit den in<br />
der Bildungsdeputation vertretenen<br />
Parteien<br />
■ Gesamte Bildungsdeputation<br />
der CDU am 05.02.2007<br />
■ Frau Stahmann (Grüne), Frau<br />
Kauertz (SPD) am 27. Februar<br />
2007<br />
Da im Mai 2007 in Bremen<br />
Wahlen anstehen, wurden in zwei<br />
Gesprächen die für die <strong>Grundschule</strong><br />
anstehenden Problemfelder<br />
mit den zuständigen Bildungsdeputierten<br />
erörtert:<br />
■ Klassenfrequenzen<br />
■ Zukunft der 6-jährigen <strong>Grundschule</strong>n<br />
und Ganztagsschulen<br />
als Auswahlschulen<br />
■ Unterrichtsausfall<br />
■ VERA / Vergleichsarbeiten<br />
■ Notenbefreiung ab Klasse 3<br />
■ Umstrukturierung der<br />
Beratungsstellen<br />
■ Lehrerinnenausbildung<br />
in Bremen<br />
Frau Stahmann und Frau<br />
Kauertz sahen die Position des<br />
Grundschulverbandes in vielen<br />
Punkten als bildungspolitisch<br />
notwendig an, fühlen sich aber<br />
vom derzeitigen Koalitionspartner<br />
(CDU) blockiert (z. B. in der<br />
Frage der Notenbefreiung).<br />
Nordverbund Grundschulverband<br />
am 16. April 2007<br />
in Hamburg<br />
Aktive Mitglieder der nördlichen<br />
Landesgruppen sollen zu Hospitationen<br />
und Austausch mit<br />
Kolleginnen guter Praxisschulen<br />
in den Bundesländern Hamburg,<br />
Bremen, Schleswig-Holstein und<br />
Mecklenburg-Vorpommern Gelegenheit<br />
bekommen. Erster Termin<br />
wird der 16. April 2007 in der<br />
Bugenhagenschule in Hamburg<br />
sein. Weitere Termine sind bei der<br />
Landesgruppe Hamburg anzufragen.<br />
Stärkung des Sachunterrichts<br />
– Fachtag am 15. und 16. Februar<br />
2007<br />
Der neue Rahmenplan Sachunterricht<br />
war Anlass für eine<br />
zwei tägige Tagung, die erstmals<br />
in Kooperation mit der Universität<br />
und dem Landesinstitut für<br />
Schule ausgerichtet wurde.<br />
Geplant ist eine dauerhafte<br />
Vernetzung von Universität,<br />
Landesinstitut, außerschulischen<br />
Anbietern und Schulen, um die<br />
veränderten Anforderungen aus<br />
fachdidaktischer Sicht in der<br />
Praxis umzusetzen. Die Landesgruppe<br />
Bremen hat die Auftakttagung<br />
finanziell unterstützt.<br />
(für die Landesgruppe: Roswitha Kremin)<br />
Hamburg<br />
Vorsitzende: Susanne Peters, Güntherstraße 10 , 22087 Hamburg; www.gsvhh.de<br />
»Frühbeete der Gegenwart«<br />
Zu einem »Nordkettentreffen«<br />
kamen am 17. 02. 2007 Vertreter<br />
der Landesverbände Bremen,<br />
Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern<br />
und Schleswig-Holstein<br />
in Hamburg zusammen. Nach<br />
einem Austausch über die bildungspolitische<br />
Situation und<br />
über Probleme der Vorstandsarbeit<br />
in den einzelnen Ländern<br />
kam man überein, ein gemeinsames<br />
Projekt zur Verbesserung<br />
der Unterrichtsqualität zu starten.<br />
Geplant ist eine länderübergreifende<br />
Veranstaltungsreihe<br />
für Mitglieder und Nichtmitglieder<br />
zum Thema »Frühbeete der<br />
Gegenwart«. Es sollen gemeinsam<br />
Schulen mit Pilotprojekten<br />
besucht werden, um neue Anregungen<br />
und erweiterte Diskussionen<br />
zu ermöglichen. Der erste<br />
Schulbesuch findet im April in<br />
Hamburg statt.<br />
Klassenfrequenzen<br />
Tatsächlich werden zum August<br />
2007 die Organisationsfrequenzen<br />
für die ersten Klassen deutlich<br />
gesenkt. In sozial benachteiligten<br />
Gebieten – ausgewiesen<br />
durch einen niedrigen KESS-<br />
Faktor – werden die Klassen mit<br />
18 Schülern organisiert, in den<br />
anderen mit 24. Im Vorjahr mussten<br />
es überall mindestens 27<br />
Schüler sein. Bei diesen Schülerzahlen<br />
sind allerdings nur die<br />
Grundstunden abgedeckt. Wird<br />
man darum doch oft deutlich<br />
mehr Schüler aufnehmen, um<br />
Teilungsstunden zu ermöglichen?<br />
Bilden sie doch für die Schulen<br />
die nötige Vertretungsreserve,<br />
um die Verlässlichkeit zu garantieren?<br />
Zu erwarten sind außerdem<br />
Spannungen in Kollegien, wenn<br />
Lehrer der zweiten bis vierten<br />
Klassen für bis zu 30 Kinder<br />
zuständig sind, die neuen Erstklasslehrer<br />
dagegen nur für<br />
18 Schüler. Zumindest bei der<br />
Berechnung der Anzahl der Teilungsstunden<br />
für die anderen<br />
Klassen müsste in den sozial<br />
benachteiligten Gebieten die<br />
neue Organisationsfrequenz<br />
zugrunde gelegt werden!<br />
(für die Landesgruppe: Marion Lindner)<br />
28 GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007
Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />
… aus den Landesgruppen<br />
Niedersachsen<br />
Kontakt: Dr. Eva Gläser, Fasanenstr. 1, 38102 Braunschweig; www.gsv-nds.de<br />
Großer Fortbildungsbedarf zum<br />
Thema individuelle Förderung<br />
Am 22. Februar stand die Thematik<br />
»Alle reden von individueller<br />
Förderung – geht denn das?« im<br />
Zentrum eines Fortbildungstages.<br />
Die Fachtagung wurde<br />
vom niedersächsischen Bildungsbündnis<br />
organisiert, dem der<br />
Grundschulverband seit vielen<br />
Jahren angehört. Rund 250<br />
Teilnehmerinnen und Teilnehmer<br />
kamen, um sich über das<br />
Thema individuelle Förderung<br />
auszutauschen. Am Vormittag<br />
erläuterte der Psychologe<br />
Dr. Wolfgang Mischke (Universität<br />
Oldenburg), wie schulische<br />
Bildung die Entwicklung<br />
der Kinder optimal unterstützen<br />
kann. Am Nachmittag stand<br />
die konkrete Umsetzung in verschiedenen<br />
Workshops im Mittelpunkt.<br />
Wie individuelle Förderpläne<br />
sinnvoll erstellt und<br />
umgesetzt werden können, wollten<br />
die Teilnehmerinnen und<br />
Teilnehmer zumeist erfahren.<br />
Viele Anwesende forderten mehr<br />
Fortbildungen zu diesem Themenbereich.<br />
Die derzeitige Fortbildungssituation<br />
in Niedersachsen<br />
wurde von vielen insgesamt<br />
als kritisch gewertet.<br />
Mitgliederversammlung<br />
wählt neuen Vorstand<br />
Satzungsgemäß nach vier Jahren<br />
wurde am 22. Februar ein neuer<br />
Landesvorstand gewählt. Die<br />
Mitglieder des neuen niedersächsischen<br />
Landesvorstandes sind:<br />
Marthe Blanck, Dr. Eva Gläser,<br />
Thyra Graff, Susanne Grahn,<br />
Brigitte Kollmar, Sigrid Rakow<br />
und Christiane Töller-Weingart.<br />
Vergleichsarbeiten Deutsch<br />
am 12. Juni 2007<br />
Eine zentrale Deutscharbeit<br />
wird am 12. Juni in allen dritten<br />
Klassen des Primarbereichs<br />
geschrieben. Alle Schülerinnen<br />
und Schüler werden in der<br />
zweiten Unterrichtsstunde<br />
landeseinheitliche Aufgabenstellungen<br />
lösen. Zusätzlich zu<br />
den Bereichen »Richtig schreiben«<br />
und »Weiterführendes<br />
Lesen«, die bereits Inhalte der<br />
letzten zentralen Deutscharbeit<br />
waren, wird der Bereich »Sprechen<br />
und Zuhören« überprüft.<br />
Musteraufgaben und weitere<br />
Erläuterungen findet man auf der<br />
Seite des Niedersächsischen<br />
Bildungsservers (www.nibis.de).<br />
(für die Landesgruppe: Dr. Eva Gläser)<br />
Nordrhein-Westfalen<br />
Vorsitzende: Gisela Cappel, Habichtstr. 1 d, 58285 Gevelsberg<br />
Sprachstandstests<br />
für Vierjährige<br />
Begleitet von vielen organisatorischen<br />
Ungereimtheiten werden<br />
in NRW derzeit flächendeckende<br />
Sprachtests für vierjährige Kinder<br />
durchgeführt. Mit einem zweistufigen<br />
Verfahren soll die vorschulische<br />
Sprachkompetenz der<br />
Kinder erfasst werden, um dann<br />
ggf. die verbleibende Zeit bis<br />
zum Schulanfang gezielt für eine<br />
intensive Förderung zu nutzen.<br />
Inwieweit das Verfahren sich als<br />
geeignet erweist, auch die tatsächlich<br />
förderbedürftigen Kinder<br />
zu erfassen, wird sich noch<br />
erweisen müssen, da es in der<br />
ersten Erprobung naturgemäß<br />
zu Fragen und Unklarheiten in<br />
Bezug auf die Einschätzung der<br />
Sprachentwicklung kommt. Für<br />
eine ausreichende Erprobung<br />
vor dem Start fand das Ministerium<br />
aus wahltaktischen Überlegungen<br />
heraus leider keine Zeit.<br />
Völlig unklar ist zum jetzigen<br />
Zeitpunkt auch, wann und wie<br />
denn nun die notwendige intensive<br />
Sprachförderung einsetzen<br />
soll. Dies sollte nach Einschätzung<br />
des GSV aber das dringende<br />
Hauptanliegen sein, wenn es um<br />
eine möglichst optimale vorschulische<br />
Förderung der Kinder geht !<br />
Das Spiel, mit dem 3,5- bis 4,5-Jährige<br />
getestet werden. – Delfin – das steht<br />
für Diagnose, Elternarbeit, Förderung<br />
in NRW<br />
Gemeinsamer Grundschultag<br />
von GEW und GSV in Leverkusen<br />
Unter dem Motto »Dauerbaustelle<br />
<strong>Grundschule</strong>« fand am<br />
23.3.2007 der diesjährige Grundschultag<br />
statt. Ausführlichere<br />
Informationen dazu, insbesondere<br />
zu dem mit großem Interesse<br />
erwarteten Vortrag von<br />
Prof. Dr. Wassilios Fthenakis<br />
zum Thema »Sprachtest mit<br />
4 Jahren? Das Dilemma der deutschen<br />
Bildungspolitik« folgen in<br />
der nächsten Ausgabe.<br />
Prognoseunterricht<br />
für Viertklässler<br />
Passend zur »Dauerbaustelle<br />
<strong>Grundschule</strong>« wird nach den<br />
Osterferien erstmalig wieder das<br />
unter der vorigen Regierung als<br />
Kinder als Bauarbeiter auf der »Dauerbaustelle <strong>Grundschule</strong>« –<br />
aus der Teilnehmerbroschüre zum Grundschultag<br />
untauglich abgeschaffte Selektions-<br />
und Stressinstrumentarium<br />
des Prognoseunterrichts<br />
durchgeführt. Obwohl sich auch<br />
im konservativen Lager die Stimmen<br />
derer mehren, die Zweifel an<br />
der Mehrgliedrigkeit des Schulsystems<br />
hegen, wird in NRW<br />
weiterhin die Fiktion aufrecht<br />
erhalten, die Schullaufbahn von<br />
Kindern nach dreieinhalb Jahren<br />
Grundschulunterricht vorhersagen<br />
zu können.<br />
Klausurtagung des<br />
Landesvorstands in NRW<br />
Zwei Tage intensiver Diskussion<br />
über die derzeitige <strong>aktuell</strong>e<br />
Situation der <strong>Grundschule</strong> in<br />
NRW kennzeichneten die Klausurtagung<br />
des Vorstands am<br />
19. / 20.1.2007. Neben den bereits<br />
oben erwähnten Themen ging es<br />
insbesondere um die Verschärfung<br />
der Notengebung durch die<br />
Einführung von Kopfnoten und<br />
fachbezogener Noten am Ende<br />
der Klasse. Der GSV wird weiterhin<br />
auch in der Öffentlichkeit<br />
für eine pädagogische Leistungskultur<br />
jenseits von Noten streiten<br />
und plant dazu regionale<br />
Veranstaltungen im kommenden<br />
Schuljahr.<br />
(für den Landesvorstand:<br />
Beate Schweitzer)<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007<br />
29
Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />
… aus den Landesgruppen<br />
Rheinland-Pfalz<br />
Anschrift: Werner Lang, Am Wingertsberg 8, 67756 Hinzweiler<br />
Saarland<br />
Vorsitzende: Lilo Groll, Holbeinstr. 11, 66128 Saarbrücken<br />
Jahresgespräch der Landesgruppe<br />
im Ministerium<br />
Mehrere Mitglieder des Landesvorstandes<br />
diskutierten am<br />
12.01.2007 in Mainz mit Ministerin<br />
Doris Ahnen und der Referentin<br />
Anne Kleinschnieder<br />
<strong>aktuell</strong>e Themen der Bildungspolitik<br />
in Rheinland-Pfalz. Die<br />
zentralen Forderungen der Landesgruppe:<br />
■ Mehr pädagogische Selbstständigkeit<br />
und Selbstverantwortung<br />
für den Schulentwicklungsprozess<br />
der<br />
Einzelschule,<br />
■ Reduzierung der traditionellen<br />
Klassenarbeiten zu Gunsten<br />
von individuellen Leistungsfeststellungen,<br />
■ Weiterentwicklung der GTS<br />
durch zusätzliches Lehrerstundendeputat,<br />
Schulsozialarbeit<br />
und klarer Regelung der<br />
Verbindlichkeit,<br />
■ Gemeinsamer Unterricht für<br />
alle Kinder – Einrichtung einer<br />
Kommission zur Erstellung<br />
von Leitlinien für den Förderschwerpunkt<br />
motorische Entwicklung.<br />
Daneben wurde ausgiebig die<br />
ins Haus stehende neue Zeugnis-<br />
und Versetzungsordnung<br />
erörtert.<br />
Grundschultag 2007 in Trier<br />
Alljährlich veranstaltet die<br />
Landesgruppe Rheinland-Pfalz im<br />
März einen Grundschultag unter<br />
der Thematik »Auf dem Weg zur<br />
neuen Lernkultur«.<br />
Die wesentlichen didaktischen<br />
Aspekte des Schwerpunktthemas<br />
»Sachunterricht« fasste Professor<br />
Helmut Schreier in seinem Eingangsreferat<br />
zusammen. Dabei<br />
stellte er die Prozessorientierung<br />
und den Erwerb von Methodenkompetenzen<br />
in den Vordergrund.<br />
Im Einklang mit den<br />
Ausführungen des Grundschulverbandes<br />
zur Pädagogischen<br />
Leistungskultur zeigte er anhand<br />
praktischer Beispiele, wie Kinder<br />
beobachten, untersuchen,<br />
befragen oder Experimente planen,<br />
durchführen und auswerten<br />
können.<br />
Zwei praxisnahe Workshoprunden<br />
am Vor- und Nachmittag<br />
vertieften die Einsichten bei den<br />
ca. 650 Teilnehmern.<br />
Auch das breite Informationsangebot<br />
der über 30 Verlage und<br />
Institutionen wurde von den Teilnehmern<br />
rege genutzt.<br />
Der Landesverband bedankt sich<br />
ausdrücklich bei allen Mitarbeitern<br />
der Uni Trier und besonders<br />
bei Frau Mich für die vorzügliche<br />
Unterstützung bei der Planung<br />
und Durchführung des Grundschultages.<br />
(für die Landesgruppe: Rainer Mies)<br />
Landesvorsitzender Werner Lang (links) im Gespräch mit Dr. Markus Maier<br />
vom Landesprüfungsamt RLP am Stand des Grundschulverbandes<br />
Akademie Hochbegabung<br />
Standort St. Ingbert – Rentrisch<br />
In den vergangenen Jahren hat<br />
die Beratungsstelle Hochbegabung<br />
Saar im Auftrag des Saarländischen<br />
Kultusministeriums ein<br />
vorbildliches System zur Förderung<br />
hochbegabter Kinder und<br />
Jugendlicher aufgebaut. Neben<br />
der Beratung von Eltern und Pädagogen<br />
aller Schulformen, der<br />
konkreten Förderung von Kindern<br />
in Akademien, Studientagen<br />
und Fördergruppen gehören auch<br />
die Sensibilisierung und die Qualifizierung<br />
von Pädagogen zu den<br />
Aufgaben der Beratungsstelle.<br />
Im Saarland wurde dabei die<br />
besondere Bedeutung einer möglichst<br />
früh einsetzenden Förderung<br />
erkannt. Deshalb beginnen<br />
die konkreten Förderangebote<br />
bereits im Vorschulalter.<br />
Mit der neuen Einrichtung der<br />
Akademie Hochbegabung in<br />
St. Ingbert-Rentrisch erfährt die<br />
Hochbegabtenförderung im Saarland<br />
gleichermaßen eine quantitative<br />
wie qualitative Aufwertung.<br />
Angebote<br />
Am Standort St. Ingbert-Rentrisch<br />
werden verschiedene<br />
Angebote aus dem Bereich der<br />
Begabten- und Hochbegabtenförderung<br />
zusammengefasst.<br />
Dies sind insbesondere Vormittags-<br />
und Nachmittagsfördergruppen,<br />
Studientage, Beratungsangebote<br />
für Eltern, Pädagogen<br />
und Interessierte sowie Informations-<br />
und Fortbildungsveranstaltungen.<br />
Fördergruppen<br />
Hochbegabte Schüler erhalten an<br />
einem Tag pro Woche in Kleingruppen<br />
eine spezielle Förderung,<br />
die sie alternativ zum<br />
Regelunterricht (Vormittagsfördergruppe)<br />
bzw. außerhalb des<br />
Regelunterrichts (Nachmittagsfördergruppe)<br />
besuchen. Zugang<br />
zu den Fördergruppen haben<br />
Kinder mit einem schulpsychologischen<br />
Gutachten im Rahmen<br />
der Aufnahmekapazität. Die<br />
Zuweisung erfolgt zum Beginn<br />
eines Schuljahres durch die Beratungsstelle<br />
Hochbegabung. Bei<br />
den Fördertagen wird das übliche<br />
Unterrichtsangebot ergänzt,<br />
nicht etwa ersetzt (Enrichment-<br />
Maßnahmen).<br />
Studientage<br />
Bei den Studientagen handelt es<br />
sich um ein- oder mehrtägige<br />
Angebote, die jeweils für eine<br />
bestimmte Altersstufe ausgeschrieben<br />
werden und die sich<br />
an Schüler der <strong>Grundschule</strong>n und<br />
der Sekundarstufen I/II richten.<br />
Die Halbjahres-Programme werden<br />
jeweils zum Schulhalbjahr<br />
im Internet (www.iq-xxl.de) veröffentlicht.<br />
Bei der erstmaligen<br />
Bewerbung um eine Teilnahme<br />
ist eine Empfehlung der jeweiligen<br />
Schule erforderlich.<br />
Beratung<br />
Ziel der Beratung ist es, die Bildungs-<br />
und Entfaltungsmöglichkeiten<br />
des einzelnen Kindes zu<br />
reflektieren, um daraus adäquate<br />
Fördermaßnahmen zu entwickeln.<br />
Mögliche Beratungsanlässe<br />
sind z. B. schulische und<br />
außerschulische Fördermaßnahmen,<br />
rechtzeitige / frühzeitige<br />
Einschulung, Überspringen von<br />
Klassen, Schullaufbahnentscheidungen,<br />
Verhaltensauffälligkeiten.<br />
Qualifizierung<br />
Zur Umsetzung der Förderkonzepte<br />
in den Schulen und Kindergärten<br />
werden sensibilisierte und<br />
qualifizierte Pädagogen benötigt.<br />
In der Ausbildung spielte das<br />
Thema Hochbegabtenförderung<br />
in der Vergangenheit praktisch<br />
keine Rolle. Wünschenswert ist<br />
daher die Information und Fortbildung<br />
von Lehrkräften, Erzieherinnen<br />
und Eltern.<br />
Über dieses Angebot hinaus<br />
beteiligt sich seit mehreren Jahren<br />
die Turmschule in Saarbrücken<br />
als eine der 15 bundesweiten<br />
Impulsschulen der Karg-Stiftung<br />
an dem Programm zur integrativen<br />
Förderung Hochbegabter.<br />
Informationen: Beratungsstelle<br />
Hochbegabung Saarland, Wallerfanger<br />
Str. 25, 66763 Dillingen,<br />
info@iq-xxl.de, www.iq-xxl.de<br />
(für die Landesgruppe: Sandra Behrend)<br />
30 GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007
Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />
… aus den Landesgruppen<br />
Sachsen<br />
Kontakt: Sibylle Jaszovics, Südwestring 11, 04668 Klinga<br />
Keine Benachteiligung<br />
wegen Behinderung<br />
Eltern besitzen das Recht, nicht<br />
nur für ihr nicht behindertes,<br />
sondern auch für ihr mit Defiziten<br />
behaftetes Kind die Schule<br />
selbst zu wählen. Integration<br />
ermöglicht es, die Unterschiedlichkeit<br />
ernst zu nehmen und<br />
Grenzen zu akzeptieren, was<br />
einen Gewinn für alle Beteiligten<br />
darstellt.<br />
Kultusminister Steffen Flath<br />
hat die steigende Anzahl von<br />
Integrationsschülern an Sachsens<br />
Schulen begrüßt. Insgesamt<br />
2588 Schüler mit Förderbedarf<br />
sind an allgemein bildenden<br />
Schulen integriert. Ihr Anteil hat<br />
sich gegenüber dem Schuljahr<br />
1999/2000 vervierfacht.<br />
Dabei wurde folgender Grundsatz<br />
bereits richtig in die Praxis umgesetzt:<br />
»So viel gemeinsamer<br />
Unterricht mit nicht behinderten<br />
Schülern wie möglich und so viel<br />
besonderer Unterricht an Förderschulen<br />
wie nötig.«<br />
Eine zunehmende Bedeutung,<br />
vor allem bei Kindern mit geistigen<br />
Defiziten oder umfänglicher<br />
Körperbehinderung, kommt Integrationshelfern<br />
wie z. B. Heilpädagogen,<br />
Heilerziehungshelfern<br />
oder Zivildienstleistenden<br />
zu, die in den Schulen unterstützend<br />
tätig sind. Dabei gibt es<br />
jedoch Probleme bei der Bereitstellung<br />
bzw. Finanzierung. Viele<br />
Eltern bemühen sich inzwischen<br />
mit Erfolg, Integrationshelfer für<br />
ihr Kind einzuklagen. Ungeklärt<br />
ist in Sachsen allerdings immer<br />
noch deren dienstaufsichtliche<br />
Zuständigkeit.<br />
Der Minister lobt die gute Integrationsarbeit<br />
der <strong>Grundschule</strong>n<br />
und appelliert an die weiterführenden<br />
Einrichtungen, diese fortzusetzen.<br />
Leider sinkt der Anteil<br />
der Integrationsschüler beim<br />
Übergang an Mittelschule oder<br />
Gymnasium.<br />
Eine der zentralen Fragen ist u. a.<br />
die der Qualifikation der Lehrkräfte.<br />
Lehrerinnen und Lehrer<br />
sehen sich häufig alleingelassen<br />
und nicht kompetent genug in<br />
Bezug auf die Spezifik der einzelnen<br />
Integrationsfälle.<br />
Die Landesgruppe Sachsen fordert<br />
daher für alle Schularten<br />
gleichermaßen qualitativ hohe<br />
Fortbildungen, die integrative<br />
Förderung zum Inhalt haben.<br />
Um eine auf die Ganzheitlichkeit<br />
der Entwicklung des Kindes orientierte<br />
Förderung zu ermöglichen,<br />
müssen den Regelschulen<br />
ausreichend Fachkräfte zur Verfügung<br />
gestellt werden.<br />
(für die Landesgruppe: Karin Liebing)<br />
Schleswig-Holstein<br />
Vositzender: Bent Hirschelmann, Flörkendorfer Weg 15, 23623 Ahrensbök;<br />
www. grundschulverband-sh.de<br />
Ein herzliches Willkommen<br />
dem neuen Schulgesetz<br />
Schule ist in Schleswig-Holstein<br />
im Wandel. Seit 6. 2. 07<br />
gilt ein neues Schulgesetz, das<br />
eine entscheidende Neuordnung<br />
in der Bildungslandschaft mit<br />
sich bringt. Bis 2010 sollen sich<br />
Haupt- und Realschulen zu Regionalschulen<br />
umbilden oder gar zu<br />
Gemeinschaftsschulen werden.<br />
Die Schulart Gymnasium bleibt<br />
erhalten, die Bildungszeit dort<br />
verkürzt sich auf 8 Jahre. Eltern,<br />
die ihr Kind länger gemeinsam<br />
mit Kindern aller Leistungsniveaus<br />
beschult haben wollen,<br />
können hoffen, dass sich der<br />
zugehörige Schulträger für die<br />
Einrichtung einer Gemeinschaftsschule<br />
ausspricht. Bestehende<br />
Gesamtschulen werden in jedem<br />
Fall Gemeinschaftsschulen.<br />
Die <strong>Grundschule</strong> dauert nach<br />
wie vor in der Regel vier Jahre<br />
oder durch eine Verlängerung<br />
in der Eingangsphase 1 / 2 ein<br />
Jahr länger für bedürftige Kinder.<br />
In Klasse 4 gibt es weiterhin<br />
Schulartempfehlungen für die<br />
drei bekannten Bildungsgänge:<br />
Hauptschule, Realschule, Gymnasium.<br />
Nicht alle Inhalte des<br />
Schulgesetzes scheinen begrüßenswert<br />
zu sein. Einzelheiten<br />
sind für Interessierte unter www.<br />
lernnetz.s-h.de nachzulesen.<br />
In einem Schreiben an die Schulleitungen<br />
der allgemeinbildenden<br />
Schulen des Landes stellt die<br />
Kultusministerin Ute Erdsieck-<br />
Rave alle Lehrkräfte »vor eine<br />
große Gestaltungsaufgabe …<br />
Schwerpunkte sind: Differenzierung,<br />
fördern, gemeinsam<br />
lernen, Leistung ermöglichen und<br />
steigern«. Das kann nur Musik<br />
für unsere Grundschulohren sein.<br />
Wir hoffen auf die zugesagte<br />
Unterstützung der Landesregierung<br />
in Form einer Fortbildungsoffensive<br />
für alle Kollegien, die<br />
Beratungsbedarf anmelden.<br />
(für die Landesgruppe:<br />
Sabine Jesumann, Andrea Klimmek)<br />
Das pädagogische Frühstück<br />
»Frühbeete der Gegenwart«<br />
musste wegen Terminnöten<br />
auf das Frühjahr<br />
2008 verschoben werden.<br />
Der Vorstand hat zwei<br />
Veranstaltungen für<br />
Herbst dieses Jahres in<br />
P lanung: Steve Bell,<br />
Storyline-lernen;<br />
Natürliches Lernen.<br />
Wer wir sind und<br />
was wir wollen<br />
Informationen zur Programmatik,<br />
zur Satzung und zu allen Veröffentlichungen<br />
bietet das aktualisierte 58-seitige Info-Heft,<br />
welches kostenfrei über die Homepage<br />
(www.grundschulverband.de) oder<br />
die Geschäftsstelle bestellt werden kann.<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007<br />
31
Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />
… aus den Landesgruppen<br />
Thüringen<br />
Vositzende: Steffi Jünemann, Hauptstr. 7, 99734 Nordhausen<br />
Führungskraft Lehrer –<br />
Auf dem Weg zur eigenverantwortlichen<br />
Schule<br />
Das Berufsbild des Lehrers<br />
genießt in weiten Teilen der<br />
Öffentlichkeit kein hohes Ansehen,<br />
obwohl immer mehr Aufgaben<br />
und Probleme an die<br />
Lehrer herangetragen werden.<br />
Warum ist das so? »Je undeutlicher<br />
die Aufgaben eines Berufsstandes<br />
bestimmt sind, umso<br />
geringer ist sein öffentliches<br />
Ansehen und umso weniger<br />
erwächst ihm aus seiner Tätigkeit<br />
Autorität.« Dieses Zitat von Prof.<br />
Hermann Giesecke entstammt<br />
der Publikation »Führungskraft<br />
Lehrer«, Empfehlungen der<br />
Wirtschaft für ein Lehrerleitbild<br />
aus dem Jahr 2001. Hierin<br />
wird erkannt, dass die Lehrer die<br />
Schlüsselrolle für die Qualität<br />
von Schule innehaben.<br />
Unter Leitung des ThILLM<br />
setzte sich erstmalig auch eine<br />
Arbeitsgruppe im Freistaat<br />
Thüringen mit dem Lehrerleitbild<br />
auseinander. Parallel dazu<br />
wurden drei Thüringer Lehrerinnen<br />
in die bundesländerübergreifende<br />
Arbeitsgruppe BDA<br />
(Bundesarbeits gemeinschaft<br />
Schule / Wirtschaft) entsandt.<br />
Das dort entstandene Lehrerleitbild<br />
»PROFILehrer« – Personalentwicklung<br />
im »Unternehmen<br />
Schule« ist ein vielfältig einsetzbares<br />
Instrument, das zum einen<br />
als Orientierungs- und Entwicklungshilfe<br />
dient und zum anderen<br />
verdeutlicht, was Lehrkräfte<br />
an verantwortungsvollen, komplexen<br />
Aufgaben wahrnehmen.<br />
Gerade auf dem Weg zur eigenverantwortlichen<br />
Schule eignet<br />
es sich zur systematischen Personalentwicklung<br />
als Bestand-<br />
teil der Qualitätsverbesserungsprozesse.<br />
Dabei gehen die<br />
Verfasser immer von einem Idealbild<br />
aus. Handlungsfelder wie<br />
Unterrichten, Erziehen, Beurteilen,<br />
Beraten, Führen, Mitwirken<br />
am Prozess der Schulentwicklung<br />
sind ebenso erfasst wie auch<br />
Indikatoren, mit welchen die<br />
erforderliche Sach-, Methoden,<br />
Sozial- und Selbstkompetenz<br />
nachgewiesen werden kann.<br />
Der Landesvorstand Thüringen<br />
versteht das PROFILehrer als<br />
ein innovatives Schulentwicklungsmaterial,<br />
welches auch die<br />
Einzelschule auf dem Weg zur<br />
eigenverantwortlichen Schule<br />
unterstützt.<br />
(für die Landesgruppe: Martina Dubiel)<br />
Der Arbeitskreis »Sonderpädagogische<br />
Förderung in<br />
Thüringen« führt am<br />
12. Mai 2007 an der<br />
Universität Erfurt eine<br />
Konferenz zum gemeinsamen<br />
Lernen durch. Der<br />
Vorstand der Landesgruppe<br />
Thüringen beteiligt sich an<br />
diesem Vorhaben. Als Themen<br />
werden angeboten:<br />
■ Unterstützersysteme für die<br />
sonderpädagogische Förderung<br />
in den Schulamts bereichen<br />
(z. B. Mobile Sonderpädagogische<br />
Dienste, Berater für gemeinsamen<br />
Unterricht, Schuleingangsphase,<br />
Begleitung des<br />
Übergangs vom Kindergarten in<br />
die <strong>Grundschule</strong>)<br />
■ Lehrerausbildung (GS, FÖS) in<br />
der ersten, zweiten und dritten<br />
Phase der Lehrerausbildung<br />
Wir laden alle Mitglieder des<br />
Grundschulverband Arbeitskreis<br />
<strong>Grundschule</strong> e. V. recht herzlich<br />
zu dieser Veranstaltung ein. Die<br />
Einladung dazu erfolgt gesondert.<br />
Materialpaket: Ästhetische Erziehung<br />
■ »Ästhetische Erziehung in der <strong>Grundschule</strong> –<br />
Integration der Fächer Kunst, Musik, Sport« (Band 69)<br />
■ »Bewegung, Spiel und Sport in der <strong>Grundschule</strong>« (Band 85)<br />
■ »Kunst in der <strong>Grundschule</strong>« (Band 99)<br />
■ »Musik in der <strong>Grundschule</strong>« (Band 102)<br />
Alle 4 Bände<br />
zum Paketpreis<br />
22 Euro für Mitglieder; 27 Euro für Nichtmitglieder;<br />
13,50 Euro für Mitglieder in der Ausbildung<br />
(inkl. Versand und Porto)<br />
Bestellnummer »Paket Ästhetik«: 7000<br />
32 GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007
Kinder brauchen Ihr Engagement<br />
und Ihre Kompetenz –<br />
der Grundschulverband unterstützt Sie dabei!<br />
Druckfrisch in diesem Heft:<br />
Unser Flyer mit Informationen über<br />
und Argumenten für den Grundschulverband.<br />
• Bitte geben Sie den Flyer weiter.<br />
• Nutzen Sie ihn zum Gespräch mit Kolleginnen und Kollegen<br />
im Lehrerzimmer, im Seminar oder in der Hochschule.<br />
• Wir brauchen mehr Mitstreiterinnen und Mitstreiter<br />
für eine kindgerechte <strong>Grundschule</strong>.<br />
Helfen Sie uns dabei!<br />
Weitere Exemplare des Flyers erhalten Sie<br />
kostenlos über unsere Geschäftsstelle:<br />
E-Mail | info@grundschulverband.de<br />
Tel. | 069 77 60 06
15. /16. November 2007<br />
Bundesweite Fortbildung des Grundschulverbandes<br />
Pädagogische Leistungskultur: Englisch, Musik,<br />
Kunst, Sport, Arbeits- und Sozialverhalten<br />
Dies ist die dritte Tagung zur Pädagogischen<br />
Leistungskultur. Nach Deutsch, Mathematik<br />
und Sachunterricht geht es diesmal um Fremdsprache,<br />
um den ästhetischen Lernbereich<br />
einschl. Sport sowie das Arbeits- und Sozialverhalten<br />
(Selbst-, Sach-, Sozialkompetenz).<br />
Wir wollen damit ein deutliches Zeichen für<br />
eine ermutigende Leistungsförderung aller<br />
Kinder setzen, die individuelle Lernentwicklungen<br />
im Blick behält und die Kinder dialogisch<br />
einbezieht.<br />
124<br />
k<br />
i n<br />
d<br />
Beiträge zur Reform der <strong>Grundschule</strong><br />
Leistungen der Kinder wahrnehmen<br />
Lernstände feststellen<br />
Horst Bartnitzky<br />
Hans Brügelmann<br />
Ulrich Hecker<br />
Gudrun Schönknecht (Hg.)<br />
Leistungen der Kinder würdigen<br />
Lernentwicklungen bestätigen<br />
Lernwege öffnen<br />
Kinder individuell fördern<br />
Lerngespräche führen<br />
Eigene Lernwege beschreiben<br />
Pädagogische<br />
Leistungskultur:<br />
Ästhetik,Sport,Englisch<br />
Arbeits-/Sozialverhalten<br />
Es liegen bereits Materialien für die Fächer<br />
Deutsch, Mathematik und Sachunterricht<br />
in zwei Schubern mit je 5 Heften und einer<br />
CD vor. Nun erarbeiten wir Materialien in<br />
5 Heften und einer CD<br />
■ für Englisch, Musik, Kunst, Sport sowie<br />
das Arbeits- und Sozialverhalten<br />
■ in den Klassen 1 bis 4<br />
Sie sollen helfen, Lernstände festzustellen,<br />
Lernentwicklungen zu bestätigen, Lerngespräche<br />
miteinander zu führen, und<br />
sie sollen die Kinder darin unterstützen,<br />
eigene Lernwege zu beschreiben.<br />
Thematik<br />
der Tagung<br />
Tagungsverlauf<br />
Referentinnen<br />
und Referenten<br />
Ort<br />
Zielgruppe<br />
Bei der Tagung werden die Materialien von den<br />
Autorinnen und Autoren vorgestellt und mit den<br />
Teilnehmern diskutiert. Dabei geht es um Anregungen<br />
für die Schulpraxis und um Moderation<br />
von Fortbildungen mit den Materialien.<br />
Donnerstag, 15. November 2007, ab 15 Uhr:<br />
Pädagogische Leistungskultur und Beispiele für<br />
Englisch, die ästhetischen Fächer, das Arbeits- und<br />
Sozialverhalten (Plenum)<br />
abends: Gesprächsrunde zum Thema Kopfnoten<br />
Freitag, 16. November 2007, bis 15.00 Uhr zu den<br />
Fächern sowie zum Arbeits- und Sozialverhalten<br />
nachmittags: Berichte aus den Arbeitsgruppen,<br />
Anregungen zur Weiterarbeit<br />
Autorinnen und Autoren<br />
der neuen Materialien<br />
Martin-Niemöller-Haus in Schmitten<br />
(in der Nähe von Frankfurt);<br />
www.martin-niemoeller-haus.de<br />
Für Bahnreisende wird ein Shuttle-Bus zur<br />
Tagungsstätte organisiert.<br />
Die Tagung richtet sich vor allem an Multiplikatorinnen<br />
und Multiplikatoren zur Thematik<br />
(z.B. Aus- und Fortbildner/innen, Fachkonferenzleiter/innen,<br />
Schulleiter/innen).<br />
Die Teilnehmerzahl ist auf 68 Personen begrenzt.<br />
Zur Verfügung stehen 60 Einzelzimmer, von denen<br />
acht als Doppelzimmer genutzt werden können.<br />
Sollten sich mehr Personen anmelden, werden<br />
Mitglieder des Grundschulverbandes vorrangig<br />
berücksichtigt.<br />
Tagungsbeitrag<br />
Anmeldung<br />
Für Mitglieder des Grundschulverbandes 140 €<br />
(Doppelzimmer 130 €)<br />
für Nicht-Mitglieder 180 € (Doppelzimmer 170 €)<br />
Im Tagungspreis enthalten sind die Kosten für<br />
Übernachtung und Verpflegung sowie der<br />
Transfer vom und zum Frankfurter Hauptbahnhof.<br />
per Post: Grundschulverband,<br />
Niddastr. 52, 60329 Frankfurt<br />
oder per Mail:<br />
info@grundschulverband.de<br />
oder über die Homepage:<br />
www.grundschulverband.de<br />
Verbindlich ist die Anmeldung<br />
erst nach Zahlung des Tagungsbeitrages<br />
Bankverbindung:<br />
Postbank Frankfurt, BLZ 500 100 60,<br />
Konto-Nr. 19 56 71 605)<br />
Anmeldeschluss: 15. Juni 2007<br />
Bitte bei der Anmeldung angeben:<br />
Vollständige Anschrift mit Mailadresse;<br />
Mitglied ja – nein;<br />
Wahl der Arbeitsgruppe<br />
Anreise mit Auto oder Zug;<br />
derzeitige Funktion im Schulbereich;<br />
mögliche Doppelzimmernutzung