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Grundschule aktuell 98

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Heft Nr. <strong>98</strong> • II. Quartal • Mai 2007 • Best. Nr. 6033 • D9607F<br />

Grundschulverband – Arbeitskreis <strong>Grundschule</strong> e. V. • Niddastraße 52 • 60329 Frankfurt/Main • Tel. 0 69 / 77 60 06 • www.grundschulverband.de<br />

Ästhetische Bildung<br />

mit Sinn und Sinnlichkeit


Editorial<br />

Tagebuch<br />

S. 2 Unterricht ist nicht genug (H. Bambach)<br />

Thema: Ästhetische Bildung<br />

S. 3 Ästhetische Erziehung als Bildungsbewegung<br />

zwischen fachlicher und<br />

fachübergreifender Orientierung (C. Rora)<br />

Dokumentation<br />

S. 8 Bildungsansprüche von Grundschulkindern:<br />

Lernbereich Ästhetik<br />

Praxis: Ästhetische Bildung<br />

S. 10 Kunst ist alles (B. SENGELHOFF)<br />

S. 14 »Musikbetonte <strong>Grundschule</strong>« (G. Schmidt)<br />

S. 18 Ästhetische Bewegungserziehung<br />

(A. Probst)<br />

Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />

wahrnehmen<br />

begreifen<br />

gestalten<br />

S. 23 Bundesverband<br />

S. 26 Aus den Landesgruppen, u. a.<br />

S. 26 Baden-Württemberg: Ausbildungsnetzwerke<br />

»Frühe Bildung«<br />

S. 27 Brandenburg: Belastungen im Lehrerberuf<br />

S. 29 NRW: Sprachstandstests für 4-Jährige<br />

… sind der Kern »sinnvoller ästhetischer Erziehung«,<br />

dieses Programm formulierte Adelheid Staudte schon vor 20 Jahren. Es<br />

ist gerade heute – angesichts flächendeckend grassierender technokratischer<br />

Testerei – ein kritischer Kontrapunkt und: ein unverzichtbarer Bildungs-Anspruch<br />

von Grundschulkindern, den Pädagoginnen und Pädagogen<br />

vertreten müssen. Dabei meint »Ästhetische Bildung« nicht nur ein<br />

geduldetes Nischendasein in Kunst, Musik, Sport – sondern ein auf die<br />

ganze Schule, das ganze Lernen aus- und übergreifendes Konzept: Kultur<br />

ist, wie der ganze Mensch lebt. Constanze Rora führt in diesen Zusammenhang<br />

ein – mit einem Beitrag, der zum bedächtigen Lesen und zum<br />

Mit- und Nach-Denken einlädt (S. 3 ff.).<br />

»Bildungs-Ansprüche von Grundschulkindern« …<br />

lautet der Titel des nach wie vor <strong>aktuell</strong>en Beitrags des Grundschulverbandes<br />

zur Standard-Debatte. Darin sind auch »tragfähige Grundlagen«<br />

zum Lernbereich Ästhetik formuliert, die wir im Zusammenhang unseres<br />

Themas dokumentieren (S. 8 f.).<br />

Dieses Heft ist auch ein erster Vorgeschmack auf unseren dritten Schuber<br />

mit »Materialien zur pädagogischen Leistungskultur«, der auch ein Heft<br />

zum Lernbereich Ästhetik enthält. Der Schuber wird im Herbst erscheinen<br />

und wiederum ein Signal setzen: Leistungen erbringen Kinder keineswegs<br />

nur in Deutsch und Mathematik, sondern auch in anderen Lernbereichen,<br />

z. B. in den Fächern ästhetischer Bildung. Stehen Deutsch und Mathematik<br />

im Mittelpunkt von Vergleichstests und erhalten diese einen zentralen<br />

öffentlichen Stellenwert, dann verkürzt sich nicht nur der öffentliche Blick<br />

auf die Schule, sondern allmählich auch der Blick der Schule selbst auf nur<br />

diese »Hauptfächer«. Was ohnehin fälschlich als »Nebenfach« gilt, wird zu<br />

einer Art schulischer Folklore, die gegebenenfalls auch wegfallen kann.<br />

Dieser Verlust an Bildung führt auf Dauer zu einem Verlust an Kultur.<br />

Zeichen setzen – Mitglieder werben!<br />

Diesem Heft liegt ein Flyer des Grundschulverbandes bei: »leben lernen<br />

können« bringt die pädagogische »Philosophie« der Vielen, die sich für<br />

unsere Ziele engagieren, auf den Punkt. Bitte geben Sie den Flyer weiter<br />

und helfen Sie, neue Mitstreiterinnen und Mitstreiter zu gewinnen! (siehe<br />

3. Umschlagseite)<br />

Ulrich Hecker<br />

Impressum<br />

, die Zeitschrift des Grundschulverbandes erscheint<br />

viertel jährlich und wird allen Mit glie dern zugestellt.<br />

Der Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Das einzelne Heft kostet 5 €;<br />

für Mitglieder und bei Sam mel be stel lun gen ab 10 Hefte 3 € (incl. Versand).<br />

Verlag: Grundschulverband – Arbeitskreis <strong>Grundschule</strong> e. V.<br />

Niddastraße 52, 60329 Frankfurt / Main, Tel. 0 69 / 77 60 06, Fax: 0 69 / 7 07 47 80;<br />

Internet: www.grundschulverband.de, E-Mail: info@grundschulverband.de<br />

Herausgeber: Horst Bartnitzky (für den Vorstand des Grundschulverbandes)<br />

Redaktion: Ulrich Hecker, Hülsdonker Str. 64, 47441 Moers, Tel. 0 28 41 / 2 17 14,<br />

E-Mail: ulrichhecker@aol.com<br />

Fotos: Bert Butzke, Mülheim/Ruhr (Titel) sowie jeweilige Autorinnen<br />

Herstellung: novuprint Agentur für Mediendesign, Werbung, Publikationen GmbH,<br />

Bödekerstr. 73, 30161 Hannover, Tel. 05 11 / 9 61 69 – 11, Fax: 05 11 / 9 61 69 – 99<br />

Anzeigenverwaltung: Claudia Klinger, Verlagsgruppe Beltz, Tel. 0 62 01 / 6 00 73 86,<br />

Fax 0 62 01 / 6 00 73 93<br />

Druck: Druck Partner Rübelmann, 69502 Hemsbach<br />

ISSN 1860-8604<br />

Beilagen: »Eine Welt in der Schule« als ständige Beilage, Flyer »leben lernen können«<br />

des Grundschulverbandes, Zeitschriftenhinweis des Westermann-Verlages »take off«<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007<br />

1


Tagebuch<br />

Unterricht ist nicht genug<br />

Heide Bambach<br />

erhält am 11. Mai den<br />

Erwin-Schwartz-<br />

Grundschulpreis 2007<br />

des Grundschulverbandes<br />

Heide Bambach<br />

ist Grundschullehrerin<br />

und hat bis<br />

2003 die Primarstufe<br />

der Bielefelder Laborschule<br />

geleitet.<br />

Seither ist sie in der<br />

Lehrerfortbildung<br />

tätig.<br />

Vielleicht, so könnte man hoffen, kann die gesellschaftspolitische<br />

Diskussion um Kitas, Krippen und die »heutige<br />

Familie« auch die <strong>Grundschule</strong> weiter bringen – weg von<br />

Unterrichtsdeputaten, hin zu einem Ganzen. Denn eigentlich<br />

wissen es doch alle: Unterricht allein – egal wie<br />

kunstvoll und kindgerecht – ist nicht genug, die große<br />

Mehrheit der heutigen Kinder braucht die Schule auch als<br />

freundlichen Ort zum Leben.<br />

Kinder, die außerhalb der Schule überwiegend von Erwartungen<br />

und Terminen ihrer Eltern bestimmt werden,<br />

brauchen Zeiten für Eigenes und den Austausch<br />

mit anderen; Kinder, die nach Schulschluss sich<br />

selbst und den PC-Welten überlassen sind, brauchen<br />

unmittelbare Ansprache und Erfahrungen mit ihren<br />

Händen und Sinnen; Kinder, die sich zwischen mehreren<br />

Sprachen und Kulturen zurechtfinden müssen,<br />

brauchen Aufmerksamkeit und die Anerkennung ihrer<br />

besonderen Leistung; Kinder, deren familiäres Leben<br />

von Armut bestimmt ist, brauchen Versorgung<br />

und ab und an auch Verwöhnung – und so weiter.<br />

Wer das Zerbrechen seiner Familie zu verkraften hat,<br />

braucht in der Schule Beruhigung, Verlässlichkeit und Anerkennung<br />

der Balanceakte, die er zu Hause leistet. Mit<br />

der Erkenntnis »Wenn du’s hinter dir hast, ist es nicht<br />

mehr so schlimm« tröstet zum Beispiel der zehnjährige<br />

Fabian, der fast zwei Jahre lang seiner davongegangenen<br />

Mutter hinterhergesucht, -gesehnt, -gewütet und -getrauert<br />

hat, den Freund, dessen Eltern sich »nun auch«<br />

scheiden lassen. Und als Ina, die mit Unruhe und Gereiztheit<br />

die Erzählrunde stört, von ihrer Lehrerin zu hören bekommt:<br />

»Du bist heute scheußlich nervig und keifig! Bist<br />

du mit dem linken Fuß aufgestanden? Oder zu spät ins<br />

Bett gegangen?« wird sie plötzlich ruhig und ernst und erzählt<br />

vom nächtlichen Streit ihrer Eltern, wie sie weinend<br />

im Bett gelegen und Angst gehabt habe, »… dass wieder<br />

einer von beiden abhaut«, und wie sie so sehr gerne zu<br />

dem einen oder dem anderen ins Zimmer gegangen und<br />

ins Bett gekrochen wäre, um sich trösten zu lassen. »…<br />

aber dann habe ich es nicht getan. Weil der andere denken<br />

könnte, ihn habe ich weniger lieb.«<br />

Freundliche Schultage beginnen mit Gelassenheit – Zeit<br />

zum Ankommen, Zeit sich einzufinden, Zeit, um mit<br />

den anderen zusammenzufinden. Alle brauchen das<br />

– die wohlbehüteten Kinder ebenso wie diejenigen mit<br />

schlaflosen Nächten, die Schulanfänger ebenso wie die<br />

Viertklässler – und auch wir Erwachsenen. Alle tragen die<br />

Nacht, den Morgen und die Wichtigkeiten ihres Lebens<br />

mit in die Schule hinein; alle brauchen – jeder auf seine<br />

Weise – Zeit, sie beiseite zu tun und sich auf das Kommende<br />

einzustellen. Ein gemütlicher Anfang tut nicht nur<br />

denen gut, die morgendlichen Tee und Zuwendung in der<br />

Schule besonders nötig brauchen; vom anfänglichen Klima<br />

hängt ab, wie der weitere Tag verläuft, also auch, ob<br />

die Kinder für unterrichtliche Dinge aufnahmebereit und<br />

-fähig sein werden.<br />

Es gibt Schulen, die nehmen sich dafür Zeit. Dort schließt<br />

sich dem »Ankommen« während der ersten halben Stunde<br />

des Schultages eine »Morgenrunde« als erste Gemeinsamkeit<br />

an – Zeit zum Sich-Austauschen und Aneinander-<br />

Anteilnehmen. Weil es diese Erzählrunde an jedem Tag<br />

gibt, muss kein Kind auf den eigenen Redebetrag fixiert<br />

sein, können sie sich zuhörend und antwortend einlassen.<br />

Mitteilung, Austausch und Anteilnahme – manchmal<br />

wird daraus eine Kette mehr als eine Stunde lang. Mit ihren<br />

»das-kenn-ich-auch-von-mir«-Erzählungen antworten<br />

die Kinder einander und zeigen, dass sie mitfühlen und<br />

verstehen. Sie hören auf, sich mit den eigenen Nöten ganz<br />

allein zu fühlen; sie stärken einander mit den Beweisen<br />

ihrer Tapferkeit. Es ist Teil ihrer Gemeinsamkeit.<br />

Selbstverständlich ist es auch weiterhin vornehmliche<br />

Aufgabe von Schule, die Kinder bestmöglich auszustatten:<br />

mit Fähigkeiten, Fertigkeiten, Kenntnissen und Wissen,<br />

mit Haltungen, Erfahrungen und Einsichten. Was<br />

»bestmöglich« im unterrichtlichen Sinne ist, darüber lässt<br />

sich offensichlich streiten; jedenfalls aber müsste es bedeuten,<br />

dass die Kinder nicht mit Aufgaben und Anforderungen<br />

überfrachtet werden, sondern eigene Zeiten und<br />

Räume bekommen: zum Entdecken, Erfinden, Genießen<br />

und Gestalten und – vor allem – um füreinander wichtig<br />

zu sein. Denn wenn wir wollen, dass die Kinder der Sprache<br />

mächtig werden, also lernen, sich über Sachen und<br />

Beziehungen zu verständigen, dann müssen wir Gelegenheiten<br />

schaffen, in denen sie den Austausch miteinander<br />

pflegen, weil er ihnen ein Bedürfnis ist. Und wenn wir<br />

wollen, dass Kinder mit aufmerksamen Augen und Ohren<br />

durch die Welt gehen, über Zusammenhänge nachdenken<br />

und sich in Beziehungen einfühlen, dann müssen wir ihnen<br />

und uns Zeit lassen, das Lernen mit dem zu verbinden,<br />

was unmittelbar zu ihrem Leben gehört; es bewegt<br />

sie besonders, und offenbar hinterlassen Anteilnahme<br />

von anderen und Gemeinsamkeiten mit ihnen besonders<br />

tiefe Spuren in ihren Köpfen und Gemütern. Aber – das<br />

braucht mehr Zeit als die Unterrichts-Schule vorgibt.<br />

Heide Bambach<br />

2 GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007


Thema: Ästhetische Erziehung<br />

Ästhetische Erziehung in der <strong>Grundschule</strong><br />

Bildungsbewegung zwischen fachlicher<br />

und fachübergreifender Orientierung<br />

1<br />

Ästhetische Bildung als<br />

unabschließbarer Prozess<br />

»In der <strong>Grundschule</strong> haben wir es zu<br />

tun mit dem Kind, das sich anschickt,<br />

erstmalig in eine subjektive Beziehung<br />

zu seiner Welt zu treten. Darin liegt<br />

der Kern dessen, was wir mit ›grundlegender<br />

Bildung‹ umschreiben. Sicher<br />

beginnt die Grundlegung des Subjekts<br />

im Kind bereits lange vor seinem Schuleintritt.<br />

Auch ist sie mit dem Ende der<br />

Grundschulzeit wohl noch nicht abgeschlossen.<br />

Aber die <strong>Grundschule</strong> hat<br />

wie keine Bildungseinrichtung vor und<br />

nach ihr die Möglichkeit, den Wandel<br />

zum Subjekt im Kind herauszufordern.«<br />

1<br />

In dieser Beschreibung des Bildungsauftrags<br />

der <strong>Grundschule</strong> ist enthalten,<br />

was auch als Anliegen ästhetischer<br />

Bildung gelten kann. Der ›Wandel zum<br />

Subjekt‹ als zentrale Aufgabe ästhetischer<br />

Bildung in der <strong>Grundschule</strong> steht<br />

dabei in einem Spannungsverhältnis<br />

zu Perspektiven schulischer Bildung,<br />

die einen Kanon verfügbarer und überprüfbarer<br />

Wissens- und Fertigkeitsbestände<br />

und damit zusammenhängend<br />

einen messbaren Bildungsstand in den<br />

Mittelpunkt stellen. Während Fischer<br />

die Prozesshaftigkeit des Bildungsgeschehens<br />

hervorhebt, dominiert<br />

in der Rede vom ›Bildungsstand‹ eine<br />

eher statische,<br />

possessive<br />

Ȁsthetische Produkte sind<br />

bedeutungsoffen, weil sie<br />

durch den Rezipienten erst<br />

vollständig werden und eine<br />

Aussage erhalten.«<br />

Vorstellung<br />

von Bildung.<br />

Bildung ist<br />

aus der einen<br />

Sicht ein unabschließbarer<br />

Prozess, etwas<br />

das angestrebt<br />

wird, aus der anderen ein Besitz, der<br />

erworben wird. Zur Veranschaulichung<br />

dieses possessiven Bildungsverständnisses<br />

sei hier auf das Umschlagbild<br />

des vielgenannten Buches »Bildung –<br />

Alles was man wissen muss« von Dietrich<br />

Schwanitz verwiesen: Der dort<br />

gezeigte Ausschnitt eines prallgefüllten<br />

Bücherregals – so aufgenommen,<br />

dass die Buchtitel nicht lesbar<br />

sind – unterstreicht die Idee von Bildung<br />

als ein Besitz, dessen Wert quantitativ<br />

zu messen ist.<br />

In den Bestimmungen des ästhetischen<br />

Bildungsbegriffs wird dagegen<br />

der Prozesscharakter von Bildung hervorgehoben.<br />

In Schillers Briefen zur<br />

ästhetischen Erziehung 2 , einer grundlegenden<br />

Quelle für den Begründungszusammenhang<br />

Musisch-Ästhetischer<br />

Erziehung in der <strong>Grundschule</strong>, kommt<br />

die Unabschließbarkeit des Bildungsgeschehens<br />

zum Ausdruck.<br />

In Schillers Modell entsteht die<br />

Bildungsbewegung aus dem Spiel als<br />

dem ersten ästhetischen Vermögen<br />

des Menschen. Das Spiel wiederum<br />

entsteht aus dem Überschwang der<br />

Kräfte und der (episodischen) Freiheit<br />

von Zwängen der materiellen Natur. 3<br />

Zunächst ist das Spiel noch animalischer<br />

Natur, indem es dem Tier ebenso<br />

wie dem Menschen angehört. Erst<br />

durch das Erwachen des Formtriebes,<br />

des menschlichen Gestaltungswillens,<br />

wird das Spiel zum ästhetischen Spiel.<br />

Jetzt kommt es zu der Dreierkonstellation<br />

von Stoff-, Form- und Spieltrieb,<br />

die für den Schillerschen Ansatz<br />

zentral ist und deren Gleichgewicht<br />

(unabschließbare)<br />

Aufgabe<br />

der Bildungsintention<br />

ist.<br />

Der Stofftrieb,<br />

von Schiller<br />

auch sinnlicher<br />

Trieb genannt,<br />

bezeichnet die<br />

›physische Nötigung‹<br />

des Menschen durch die Natur;<br />

der Formtrieb bezeichnet den menschlichen<br />

Gestaltungswillen, der die Nötigung<br />

durch die Natur nicht duldet<br />

und dadurch seinerseits den Menschen<br />

moralisch bzw. durch die Vernunft<br />

nötigt. Der Spieltrieb stellt einen Ausgleich<br />

zwischen Stoff- und Formtrieb<br />

her, indem er die Nötigungen aufhebt<br />

und den Menschen in Freiheit setzt. 4<br />

Die ausgleichende Bewegung zwischen<br />

Stoff- und Formtrieb ist unabschließbar.<br />

Sie ist Voraussetzung für das Gelingen<br />

des menschlichen Miteinanders<br />

und findet ihre Vollendung (nicht ihren<br />

Abschluss) in einem utopischen »Reich<br />

des ästhetischen Scheins«. Jede »feingestimmte<br />

Seele« empfindet ein Bedürfnis<br />

nach der Verwirklichung dieses<br />

Reichs und strebt deshalb nach der<br />

eigenen Vervollkommnung. Das eingelöste<br />

Bildungsstreben äußert sich in<br />

der Fähigkeit zur autonomen Lebensführung<br />

und einer Lebensart, die durch<br />

verantwortlichen Umgang mit der<br />

eigenen Freiheit, den eigenen Bedürfnissen<br />

und denen der Mitmenschen<br />

gekennzeichnet ist. 5<br />

2<br />

Ästhetische Bildung als<br />

Anliegen der Schule und<br />

des Unterrichts<br />

Bei Schiller ist die Theorie der Bildung<br />

unlösbar mit dem Begriff des ›Schönen‹<br />

verbunden. Diese Verbindung weist die<br />

Künstlerischen Fächer als den Ort in der<br />

Schule aus, an dem sich ästhetische Erziehung<br />

ereignen könnte. Demzufolge<br />

argumentiert Richter-Reichenbach in<br />

ihrer bildungstheoretischen Grundlegung<br />

einer Ästhetischen Erziehung im<br />

schulischen Kontext dafür, »die Position<br />

Ästhetischer Erziehung im Kanon<br />

anderer Fächer zu stärken und auszubauen«.<br />

6 Im Hinblick auf das Ziel einer<br />

»an Mündigkeit und an kritischer Reflexions-<br />

und Urteilskompetenz interessierten<br />

Bildung und ganzheitlichen<br />

Persönlichkeitsbildung« betrachtet<br />

sie die produktive und rezeptive Auseinandersetzung<br />

mit ästhetischen<br />

Gegenständen als unverzichtbar. Die<br />

Vielschichtigkeit und Vieldeutigkeit ästhetischer<br />

Produkte fordert die »ganz-<br />

von<br />

Constanze Rora<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007<br />

3


Thema: Ästhetische Erziehung<br />

heitlich synthetisierende Produktionsvollzüge<br />

des Subjekts« 7 heraus: »Der<br />

vielwertigen ästhetischen Produktion<br />

und der Rezeption ihrer Produkte<br />

kommt eine nicht zu verbrauchende<br />

»Orientierung im Raum, Sicherheit im<br />

Verkehr, Lust am Schreiben und Gestalten,<br />

die Fähigkeit sich auszudrücken, seine<br />

Bedürfnisse und Wünsche zu artikulieren<br />

und Beziehungen zu anderen Menschen<br />

herzustellen, die Flüssigkeit von Bewegungen,<br />

alltägliche Verrichtungen –<br />

sie alle fordern eine sichere und leichte,<br />

eine fühlende, denkende, sprechende<br />

und gestaltende Hand.«<br />

formale, sinn- und bedeutungsmäßige<br />

wie sinnlich-materiale, also insgesamt<br />

fremd- und selbstaufklärerische Energie<br />

zu. Sie macht den ausgezeichneten<br />

pädagogischen Stellenwert ästhetischer<br />

Produktion und Rezeption für<br />

die Persönlichkeitsbildung aus.« 8<br />

Das besondere Potential in der rezeptiven<br />

und produktiven Auseinandersetzung<br />

mit ästhetischen Produkten<br />

liegt somit in der Forderung einer subjektiven<br />

Stellungnahme. Ästhetische<br />

Produkte sind als bedeutungsoffen zu<br />

bezeichnen, weil sie einer Sinnzuweisung<br />

durch den Rezipienten bedürfen,<br />

d. h. durch diesen erst vollständig werden<br />

und eine Aussage erhalten. Andersherum<br />

ergibt sich damit auf Seiten<br />

des deutenden Subjekts ein »Freiheitsspielraum<br />

der Wahrnehmung« 9 , d. h.<br />

ein Abstand von den Deutungsmustern<br />

und pragmatischen Sinnvollzügen<br />

des Alltags, der kennzeichnend ist für<br />

die ästhetische Erfahrungssituation.<br />

Erfahrung heißt hier, Begegnung mit<br />

Unbekanntem und Fremden zu haben:<br />

»Erfahrung zu machen bedeutet, einen<br />

distanzierten und distanzierenden, reflexiven<br />

Akt zu vollziehen, der sich in<br />

einem Horizont bewegt, der tendenziell<br />

schon über die gewohnten Anschauungen<br />

hinausgeht.« 10 Ästhetische<br />

Erfahrungen sind bildend, weil sie an<br />

die Grenze des bisher Bekannten und<br />

Vertrauten führen. Sie verunsichern<br />

und stellen Gewissheiten in Frage, die<br />

vom Subjekt als Gewinn aus bisherigen<br />

Bildungsprozessen gezogen wurden;<br />

doch die Freistellung der Erfahrungssubjekts<br />

von den pragmatischen Bezügen<br />

des Alltags ermöglicht diese Aufhebung<br />

von Erfahrungsordnungen und<br />

Handlungsregeln mit ihren sichernden<br />

Funktionen. »In der ästhetischen Erfahrung<br />

setzt das Ich im wörtlichen Sinne<br />

sich selbst und die Welt aufs Spiel, um<br />

im Vollzug dieses Spiels sich und die<br />

Dinge einer freien, von allen pragmatischen<br />

Vorentscheidungen entlasteten<br />

Bestimmbarkeit zu überlassen.« 11<br />

Die Betonung der Subjektseite bei der<br />

Begegnung mit Kunst, die sich in dem<br />

Begriff der ästhetischen Erfahrung niederschlägt,<br />

legt zugleich nahe, den ästhetischen<br />

Erfahrungsmodus nicht auf<br />

die Erfahrung mit Kunst zu begrenzen.<br />

In seinem Buch »Kunst als Erfahrung«<br />

verwendet John Dewey den Begriff der<br />

ästhetischen Erfahrung, um eine Kontinuität<br />

zwischen Alltagserfahrung und<br />

Kunsterfahrung deutlich zu machen.<br />

Erfahrungen mit Kunst sind für ihn<br />

Prototypen einer vollkommenen Erfahrung,<br />

die sich aber ebenso in herausgehobenen<br />

Situationen des Lebens herstellen<br />

kann. Auch Wolfgang Welsch<br />

kann als Vertreter dieser Kontinuitätsthese<br />

gelten, indem er eine Auffassung<br />

des Begriffs ›ästhetisch‹ vertritt, der<br />

diesen auf alles sinnlich Wahrnehmbare<br />

ausweitet. 12<br />

3<br />

Musisch-Ästhetische<br />

Erziehung als Lernbereich<br />

der <strong>Grundschule</strong><br />

Für die schulbezogenen Ansätze Musisch-Ästhetischer<br />

Erziehung ist die<br />

Ausweitung des Gegenstandsbereiches,<br />

der zum Ausgang einer ästhetischen<br />

Erfahrung werden kann,<br />

von zentraler Bedeutung. Sie trägt zur<br />

Rechtfertigung der interdisziplinären<br />

Anlage dieses Lernbereichs bei, der<br />

nicht nur interdisziplinär im Hinblick<br />

auf die einbezogenen Künste (Musik,<br />

Bildende Kunst) ist, sondern sich auch<br />

auf andere Fächer wie Sport und Sachkunde<br />

erstrecken kann. Mattenklott<br />

versteht dementsprechend Musisch-<br />

Ästhetische Erziehung auch als ein<br />

Unterrichtsprinzip, das alle Lernbereiche<br />

der <strong>Grundschule</strong> durchzieht. Als<br />

spezifische Form eines produktiven<br />

und subjektiven Weltzugangs fördert<br />

die Musisch-Ästhetische Erziehung<br />

»das allgemeine Erziehungsziel des<br />

mündigen, sich selbst bestimmenden<br />

Menschen, der die Welt erkennend, urteilend<br />

und handeln gestaltet« 13 : »Sie<br />

fördert dies Erziehungsziel, indem sie<br />

im schulischen Erziehungs- und Lernprozess<br />

die Kunst im umfassenden<br />

Wortsinn (alle Künste umfassend) zur<br />

Geltung bringt, und zwar erst in zweiter<br />

Linie im Sinn eines einzelnen zu<br />

erlernenden Gegenstandsbereiches,<br />

zuvorderst vielmehr grundsätzlich<br />

als wesentlich zum Menschen Gehörendes,<br />

als proprium des Menschen.« 14<br />

Die Bedeutung ästhetischer Bildung<br />

in der <strong>Grundschule</strong> wird hier für zwei<br />

Bereiche hervorgehoben: zum einen ist<br />

sie Teil des humanistischen Bildungsgedankens<br />

und findet daher Eingang in<br />

das zentrale Anliegen der <strong>Grundschule</strong>,<br />

allen Kindern eine grundlegende<br />

Bildung zu ermöglichen. Ästhetische<br />

Erziehung bildet einen wichtigen Bezugspol<br />

in der Argumentation für den<br />

fächerübergreifenden Ansatz der Lernbereichsdidaktiken.<br />

Zum anderen ist<br />

ästhetische Erziehung besonders mit<br />

den ästhetischen Fächern Musik und<br />

Kunst in Verbindung zu bringen. Während<br />

Musisch-Ästhetische Erziehung<br />

einerseits als Unterrichtsprinzip aufgefasst<br />

werden kann, das alle Fächer<br />

bzw. Lernbereiche betrifft, ist es andererseits<br />

ein spezifisches Anliegen der<br />

Fächer Musik und Kunst.<br />

Die Betonung dieser doppelten Aufgabe<br />

Musisch-Ästhetischer Erziehung<br />

in der <strong>Grundschule</strong> ist wichtig, weil<br />

es nicht darum gehen kann, das fächerintegrierende<br />

Prinzip einzusetzen,<br />

um die ohnehin seltenen Fachlehrer<br />

in Kunst und Musik einzusparen und<br />

den Fachunterricht in Kunst und Musik<br />

langfristig überflüssig zu machen. Der<br />

kürzlich eingeführte fachübergreifende<br />

Lernbereich Kunst, Natur, Technik in<br />

Baden-Württemberg ist unter diesem<br />

Aspekt möglicherweise problematisch,<br />

weil in Frage steht, ob die Inhalte des<br />

darin eingegangenen Faches Musik in<br />

angemessener Breite und Tiefe vertreten<br />

werden, oder ob er nicht eher dazu<br />

geeignet ist, ein Fehlen dieser Inhalte<br />

zu kaschieren. 15<br />

Unabhängig von fachpolitischen Überlegungen<br />

zu der Frage, ob fachübergreifend<br />

unterrichtet werden soll, muss<br />

4 GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007


Thema: Ästhetische Erziehung<br />

aber das Argument zurückgewiesen<br />

werden, dass dieses nur da möglich sei,<br />

»wo zuvor schon Fähigkeiten erworben<br />

wurden« 16 . Dieses Argument verkennt,<br />

dass die Gliederung von Erfahrungen in<br />

Disziplinen und Fächer gegenüber der<br />

auf einen Gesamtsinn zielenden kindlichen<br />

Frage- und Wahrnehmungshaltung<br />

zeitlich nachgeordnet ist.<br />

4<br />

Leib- und Spielbegriff<br />

als Leitkategorien der<br />

Musisch-Ästhetischen<br />

Erziehung<br />

Der ungefächerten, intermodal gefärbten<br />

Wahrnehmung des Kindes wird in<br />

der Didaktik der Musisch-Ästhetischen<br />

Erziehung durch die Einbeziehung<br />

leibsinnlicher Verfahren und Themenbereiche<br />

entsprochen. Die Rede von<br />

Leib anstatt von Körper geht dabei auf<br />

den phänomenologischen Leibbegriff<br />

zurück, der den Modus beschreibt, in<br />

dem uns unser eigener Körper verfügbar<br />

ist. Unser eigener Körper ist uns<br />

nicht von außen verfügbar, wir ›haben‹<br />

oder ›bewohnen‹ ihn nicht, sondern<br />

sind eins mit ihm. Er hat damit eine<br />

Zwischenstellung zwischen Naturding<br />

und Bewusstsein und ist in diesem<br />

Sinne einerseits Träger des personalen,<br />

eigeninitiativen Ich und andererseits<br />

als vorpersonales Ich von natürlichen<br />

und gesellschaftlichen Strukturen geprägt.<br />

17 Unter dieser Prämisse erhält<br />

die Thematisierung des eigenen Körpers<br />

den Stellenwert einer reflexiven<br />

Bezugnahme auf die subjektive Perspektivität<br />

unseres Weltzugangs.<br />

Gundel Mattenklott widmet deshalb<br />

den ersten Gegenstandsbereich ihrer<br />

Konzeption der Musisch-Ästhetischen<br />

Erziehung leiborientierten Gegenständen<br />

und Verfahren. Hier ordnet<br />

sie Unterrichtsvorhaben ein, in denen<br />

das Kind sich mit der eigenen Leiblichkeit<br />

im Spiegel der Künste auseinandersetzt.<br />

Ein Beispiel dafür ist die<br />

Thematisierung der Hand, die in der<br />

Aneignung der Schrift, zur räumlichen<br />

Orientierung, in der gestischen Verständigung<br />

etc. eine bedeutende Rolle<br />

spielt: »Orientierung im Raum, Sicherheit<br />

im Verkehr, Lust am Schreiben und<br />

Gestalten, die Fähigkeit sich auszudrücken,<br />

seine Bedürfnisse und Wünsche<br />

zu artikulieren und Beziehungen zu<br />

anderen Menschen herzustellen, die<br />

Flüssigkeit von Bewegungen, alltägliche<br />

Verrichtungen – sie alle fordern<br />

eine sichere und leichte, eine fühlende,<br />

denkende, sprechende und gestaltende<br />

Hand.« 18<br />

In ihrer didaktischen Thematisierung<br />

ist die Hand ein interdisziplinärer<br />

Gegenstand, der in der Musik (Dirigenten-Spiele,<br />

taktiler Umgang mit<br />

Musikinstrumenten, Solmisation u. a.),<br />

der Bildenden Kunst (Handgesten auf<br />

Gemälden, Hand-Druck u. a.) und auch<br />

der Sachkunde (Sammlung von Alltagsgesten<br />

u. a.) eine Rolle spielt. Indem<br />

das Thema der Hand in umfassendem<br />

Sinne thematisiert wird, wird das Kind<br />

auf die Möglichkeiten einer Ausbildung<br />

seiner feinmotorischen Fähigkeiten<br />

aufmerksam, ohne sich seinem Leib<br />

»als einem objektiven und instrumentalisierten<br />

Körper zu entfremden, sondern<br />

um sich seiner selbst sicher zu<br />

werden, seine Möglichkeiten und Grenzen<br />

zu erforschen« 19 .<br />

In nachbarschaftlicher Nähe zum Leibbegriff<br />

bewegt sich der Begriff des<br />

Spiels, auf den gleichfalls von Seiten<br />

der Musisch-Ästhetischen Erziehung<br />

Bezug genommen wird. Bei Piaget<br />

wird die enge Beziehung zwischen den<br />

sensomotorischen Erfahrungen und<br />

der Entwicklung des kognitiven Denkens<br />

in Zusammenhang mit dem Kinderspiel<br />

betrachtet. Dabei hat das Spiel<br />

vorrangig assimilative Funktionen. 20<br />

Die Musisch-Ästhetische Erziehung<br />

betrachtet Spiel einerseits als kindliche<br />

Form der Weltaneignung und andererseits<br />

als Vorform der Künste. Sie<br />

interessiert sich weniger dafür, Spiele<br />

als Lernspiele zu funktionalisieren,<br />

als für die Möglichkeit, Spielformen<br />

als Rahmen kindlicher Produktivität<br />

und Weltaneignung in den Unterricht<br />

einzubeziehen. In seiner Vielfalt und<br />

Vielschichtigkeit bietet das Kinderspiel<br />

unterschiedliche Anknüpfungsmöglichkeiten.<br />

Gottfried Bräuer weist auf<br />

die Tätigkeiten des Ausgrenzens und<br />

Ordnens hin, die einen wesentlichen<br />

Anteil des kindlichen Spiels ausmachen.<br />

An dem Beispiel eines Kindes,<br />

das angesichts eines weiten Alpenpanoramas<br />

den Blick nicht schweifen<br />

lässt, sondern beginnt aus Moos und<br />

Steinen einen umgrenzten Garten zu<br />

bauen, verdeutlicht er, wie das Spiel<br />

dazu dienen kann, eine »leibnahe Eigensphäre«<br />

zu schaffen, indem es diese<br />

aus der Umwelt ausgrenzt und ihm<br />

eine eigene Ordnung gibt. 21 Im spielerischen<br />

Umgang mit Gegenständen<br />

und Situationen fragt das Kind nicht<br />

nach der Beschaffenheit von Dingen,<br />

sondern sucht nach Möglichkeiten mit<br />

ihnen zu hantieren und Effekte zu erzielen.<br />

Damit ähnelt seine Tätigkeit<br />

der des Künstlers. Die Musisch-Ästhetische<br />

Erziehung knüpft an die protoästhetischen<br />

Formen des Kinderspiels<br />

an, indem sie zum Beispiel musikalische<br />

Gestaltungsaufgaben als Spiel<br />

inszeniert. 22<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007<br />

5


Thema: Ästhetische Erziehung<br />

5<br />

»Musisch-Ästhetische<br />

Erziehung ist zu verstehen<br />

als ein Spaziergang,<br />

bei dem man mal hier,<br />

einmal dort länger stehen<br />

bleibt, auch wohl sich<br />

niederlässt, bei dem man<br />

Umwege einschlägt,<br />

sogar solche, bei denen<br />

man nicht weiß, wohin<br />

sie führen.«<br />

Fachliche und fachübergreifende<br />

Perspektiven im<br />

Widerstreit (Beispiel Musik)<br />

Mit der Bezugnahme auf die Phänomene<br />

Leib und Kinderspiel sind zwei<br />

Aspekte herausgegriffen, von denen<br />

ausgehend in der <strong>Grundschule</strong> die ›Inszenierung<br />

ästhetischer Erfahrungssituationen‹<br />

entwickelt werden kann<br />

und die zugleich als Bezugspole des<br />

vorfachlichen Unterrichts insgesamt<br />

gelten können. Wie verhält sich nun<br />

die aufgezeigte generaliserende Perspektive<br />

auf den<br />

Kunst- und Musikunterricht<br />

in der<br />

<strong>Grundschule</strong> zu<br />

den Perspektiven,<br />

die die Fachdidaktik<br />

auf die einzelnen<br />

Kunstdisziplinen<br />

wirft?<br />

Zunächst ist festzustellen,<br />

dass<br />

eine Realisation<br />

des ästhetischen<br />

Erziehungsgedankens<br />

in der Schule<br />

– die Richter-<br />

Reichenbach zu Beginn der 80er Jahre<br />

ausgehend von den ästhetischen<br />

Fächern für möglich hält – seit einiger<br />

Zeit in Frage gestellt wird: »Denn der<br />

Auftrag der Schulen ist begrenzt.<br />

Wenn es gut geht, vermitteln sie kulturelle<br />

Fertigkeiten, Basiswissen und<br />

Kompetenz in bestimmten Fächern<br />

– allerdings immer bezogen auf große<br />

Schülerzahlen, auf ein mittleres Leistungsniveau<br />

und durchschnittliche<br />

Lerngeschwindigkeiten.« 23<br />

Diese provokante Aussage Jürgen<br />

Oelkers ist im Zusammenhang mit<br />

der Diskussion um die PISA-Ergebnisse<br />

zu lesen. Sie verdeutlicht aber<br />

eine Tendenz, die weitgreifender ist als<br />

dieser Reflex. Oelkers unterscheidet<br />

zwischen humanistischem Bildungsstreben,<br />

das eine persönliche Angelegenheit<br />

sei, und portionierbarem Bildungsgut,<br />

das schulisch zu vermitteln<br />

ist. Die Entfaltung einer subjektiven<br />

Perspektive auf die Welt der Wahrnehmungs-<br />

und Erkenntnisgegenstände<br />

wird in dieser Argumentation aus dem<br />

Aufgabenfeld von Schule ausgeklammert.<br />

Für dieses zählt allein das objektivierbare<br />

und nachprüfbare Wissen:<br />

»Die Standards der Bildung stehen<br />

nicht in Verfügung des Lernenden. Er<br />

bestimmt nicht, wie Mozarts Requiem<br />

verstanden werden kann, welche Folgen<br />

Heisenbergs Unschärferelation für<br />

die Entwicklung der Physik hatte oder<br />

wohin die Revolution von St. Petersburg<br />

1917 die Welt des 20. Jahrhunderts<br />

getrieben hat.« 24<br />

Der Impuls, sich mit der Fokussierung<br />

auf nachweisbare und messbare Unterrichtseffekte<br />

des Sperrguts einer<br />

schwer bestimmbaren und kaum objektivierbaren<br />

›ganzheitlichen Persönlichkeitsbildung‹<br />

als Leitziel des Unterrichts<br />

zu entledigen, ist auch in dem<br />

ästhetischen Fach Musik vernehmbar.<br />

Unter dem Motto »Kompetenz vermitteln<br />

– Kultur erschließen‹« nimmt sich<br />

das Autorenteam Bähr / Gies / Jank /<br />

Nimczik vor, den Musikunterricht »neu<br />

zu vermessen«. Die von ihnen gewählte<br />

Schwerpunktsetzung bringt den<br />

dargestellten Ansatz in eine deutlich<br />

markierte Gegenposition zu den didaktischen<br />

Prinzipien Musisch-Ästhetischer<br />

Erziehung. In den Mittelpunkt<br />

der didaktischen Aufmerksamkeit wird<br />

hier der Aufbau musikalischer Kompetenz<br />

gerückt. Musikalische Kompetenz<br />

wird dabei als Fähigkeit verstanden,<br />

Musik »sachgerecht<br />

zu gebrauchen, (…) in<br />

ihren Absichten und<br />

ihrer formalen Struktur<br />

zu verstehen, (…)<br />

sie in einen größeren<br />

sinnstiftenden Zusammenhang<br />

einzuordnen«.<br />

25 In dieser<br />

Definition bleibt der<br />

Bereich subjektiver<br />

Begegnung mit Musik,<br />

die Bereitschaft, sich auf grenzüberschreitende<br />

Erfahrungen mit dem<br />

›Anderen‹ einzulassen, als Bestandteil<br />

dessen, was die Schüler lernen sollen,<br />

ungenannt.<br />

Der Weg zum Aufbau dieser musikalischen<br />

Kompetenz, die sich aus Teilkompetenzen<br />

zusammensetzt, erfolgt<br />

»Schritt für Schritt«. Anstelle eines<br />

vielfältigen und breiten Angebots des<br />

Musikunterrichts, in dem sich jedes<br />

Kind »das für sich Bedeutsame herausziehen<br />

(kann)« 26 , wird vorgeschlagen,<br />

die benötigten Teilkompetenzen im<br />

Gleichschritt der Schüler aufzubauen.<br />

Dr. Constanze<br />

Rora<br />

ist Professorin<br />

für Musikpädagogik<br />

und<br />

-didaktik an der<br />

Universität<br />

Leipzig<br />

Zur Veranschaulichung des Zusammenhangs<br />

der Teilkompetenzen wird<br />

auf das Anschauungsmodell der Pyramide<br />

zurückgegriffen, die eine Hierarchie<br />

und Stufenfolge von nacheinander<br />

zu erreichenden Standards versinnbildlicht.<br />

Für die jüngeren Schüler ist dabei<br />

vorgesehen, den Aufbau des musikalischen<br />

Handwerkszeugs in den Mittelpunkt<br />

zu stellen, während das Verstehen<br />

von Musik in historischen und<br />

kulturellen Kontexten höheren Klassen<br />

vorbehalten bleibt.<br />

»Im 45-Minuten-Takt kann<br />

man Schnellzüge fahren<br />

lassen und das Einmaleins<br />

hersagen, aber nicht<br />

malen und bauen, kein<br />

Theaterstück proben und<br />

keinen Tanz entwickeln.«<br />

Ästhetische Praxis erhält in dem Modell<br />

des aufbauenden Musikunterrichts<br />

als ›Vorhaben‹ Gestalt: »Musikalische<br />

Vorhaben im Unterricht sind ergebnisbzw.<br />

produktorientiert, thematisch bestimmt<br />

und zeitlich begrenzt. Sie sind<br />

in Unterrichtsphasen,<br />

-stunden,<br />

-einheiten<br />

oder -reihen<br />

organisiert.« 27<br />

In dieser Festlegung<br />

liegt<br />

vielleicht die<br />

deutlichste Differenz<br />

zu dem<br />

didaktischen<br />

Denken der<br />

Musisch-Ästhetischen Erziehung. Denn<br />

diese sieht den Prozess im Mittelpunkt<br />

pädagogischer Begründungen ästhetischer<br />

Praxis. Wenngleich die Bedeutung<br />

des ästhetischen Produktes als<br />

wichtige Möglichkeit für das Kind, »in<br />

einem selbst gefertigten Gebilde sich<br />

selbst zum Gegenstand zu werden« 28 ,<br />

anerkannt wird, erhält die Offenheit<br />

des Prozesses größere Priorität. Intendiert<br />

ist die Anbahnung von Prozessen,<br />

in denen das Produkt erst im Verlauf<br />

einer Wechselbewegung zwischen undeutlichen<br />

Produktvorstellungen und<br />

dem Experimentieren mit Material<br />

Kontur gewinnt.<br />

6 GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007


Thema: Ästhetische Erziehung<br />

6<br />

Schnellzüge fahren lassen und das Einmaleins<br />

hersagen, aber nicht malen<br />

und bauen, kein Theaterstück proben<br />

und keinen Tanz entwickeln.« 29 Zur<br />

Diskontinuität ästhetischer Praxis gehören<br />

aber auch Situationen, die eine<br />

minimale zeitliche Ausdehnung haben,<br />

und ihren Ort im Zwischendurch haben.<br />

Eine zeitliche Rahmensetzung ist<br />

erforderlich, sie begründet sich aber<br />

nicht aus den äußeren Vorgaben einer<br />

gleichförmigen Stundenstruktur, sondern<br />

erfolgt situationsangemessen.<br />

Folgerungen<br />

für die Praxis des<br />

ästhetischen Fachunterrichts<br />

an der <strong>Grundschule</strong><br />

Im Sinne dieser Prozessorientierung<br />

wird die Diskontinuität ästhetischer<br />

Erfahrungs- und Gestaltungsprozesse<br />

zum Anlass genommen, den Unterricht<br />

zu öffnen, um die breiten Interessen<br />

und die Eigenzeit der Kinder berücksichtigen<br />

zu können. »Musisch-Ästhetische<br />

Erziehung ist zu verstehen als<br />

ein Spaziergang, bei dem man mal hier,<br />

einmal dort länger stehen bleibt, auch<br />

wohl sich niederlässt, bei dem man<br />

Umwege einschlägt, sogar solche, bei<br />

denen man nicht weiß, wohin sie führen.<br />

(…) Im 45-Minuten-Takt kann man<br />

Auch ein Musikunterricht, der sich den<br />

Maximen Ästhetischer Erziehung verpflichtet<br />

fühlt, sollte einen ›Aufbau‹<br />

musikalischer Fähigkeiten anstreben.<br />

Zur Grundlegung eines Musikunter -<br />

richts, der Musik als Beitrag und Im puls<br />

eines ästhetischen Bildungsprozesses<br />

begreift, reicht eine Orientierung am<br />

Aufbau musikalischer Teilkompetenzen<br />

allerdings bei weitem nicht<br />

aus. Ohne eine Ergänzung durch Unterrichtsinszenierungen,<br />

in denen die<br />

individuelle und kollektive Bedeutsamkeit<br />

des musikalischen Tuns von Musik<br />

reflektiert wird, bleibt auch in den<br />

jüngeren Klassen der Musikunterricht<br />

unvollständig; eine Synthese aus praktischer<br />

und intellektueller, selbstreflexiver<br />

Annäherung an Musik sollte nicht<br />

vom Fortschritt der musikpraktischen<br />

Fähigkeiten abhängig gemacht werden.<br />

Anmerkungen<br />

1 Hans-Joachim Fischer: <strong>Grundschule</strong><br />

– Vermittlungsschule zwischen Kind und<br />

Welt. Bad Heilbrunn / Obb. 2002, S. 22<br />

2 Friedrich Schiller: »Über die ästhetische<br />

Erziehung des Menschen in einer<br />

Reihe von Briefen«, in: Sämtliche Werke.<br />

(Hg. Gerhard Fricke und Herbert G.<br />

Göpfert). 5. Band: Erzählungen. Theoretische<br />

Schriften. München 1993<br />

3 Ebd. S. 663<br />

4 Ebd. S. 613<br />

5 Ebd. S. 669<br />

6 Karin-Sophie Richter-Reichenbach:<br />

Bildungstheorie und Ästhetische Erziehung<br />

heute. Darmstadt 1<strong>98</strong>3, S. 102<br />

7 Ebd. S. 117<br />

8 Ebd. S. 118<br />

9 Jörg Zirfas: Kontempation – Spiel<br />

– Phantasie. Ästhetische Erfahrungen<br />

in bildungstheoretischer Perspektive.<br />

In: Gundel Mattenklott / Constanze<br />

Rora: Ästhetische Erfahrung in der<br />

Kindheit. Theoretische Grundlagen und<br />

empirische Forschung. Weinheim 2004<br />

10 Ebd. S. 78<br />

11 Hans-Rüdiger Müller: Übergänge.<br />

Bildungsbewegungen im Geflecht symbolischer<br />

Ordnungen. In: Gundel Mattenklott/<br />

Constanze Rora: Ästhetische<br />

Erfahrung in der Kindheit. Theoretische<br />

Grundlagen und empirische Forschung.<br />

Weinheim 2004, S. 69<br />

12 Vgl. zur neueren Geschichte des Begriffs<br />

Gundel Mattenklott: Zur ästhetischen<br />

Erfahrung in der Kindheit. In: ebd. S. 11 – 17<br />

13 Gundel Mattenklott: <strong>Grundschule</strong> der<br />

Künste. Vorschläge zur Musisch-Ästhetischen<br />

Erziehung. Baltmannsweiler<br />

19<strong>98</strong>, S. 31<br />

14 Ebd.<br />

15 Vgl. Mechthild Fuchs: »Mensch, Natur<br />

und Kultur« statt Musik, in: Diskussion<br />

Musikpädagogik 30/06<br />

16 Ebd. S. 3<br />

17 Wilfried Lippitz: Der Leib (Kommentar).<br />

In: Ders./ Christian Rittelmeyer:<br />

Phänomene des Kinderlebens. Beispiele<br />

und methodische Probleme einer pädagogischen<br />

Phänomenologie, S. 75<br />

18 Gundel Mattenklott: <strong>Grundschule</strong> der<br />

Künste. Vorschläge zur Musisch-Ästhetischen<br />

Erziehung. Baltmannsweiler<br />

19<strong>98</strong>, S. 99<br />

19 Ebd.<br />

20 Jean Piaget: Nachahmung, Spiel und<br />

Traum. Stuttgart 1969, S. 112<br />

21 Gottfried Bräuer, Gerhard Schneider,<br />

Wolfgang Schulz (Hg.): Zugänge zur<br />

ästhetischen Elementarerziehung.<br />

Tübingen 1<strong>98</strong>9. (=Hg. DIFF: Musisch-<br />

Ästhetische Erziehung in der <strong>Grundschule</strong>.<br />

Grundbaustein 1), S. 54<br />

22 Vgl. Constanze Rora: Ästhetische<br />

Bildung im Musikalischen Gestaltungsspiel.<br />

Augsburg 2001, sowie Mattenklott<br />

19<strong>98</strong>, S. 162<br />

23 Jürgen Oelkers: Und wo, bitte, bleibt<br />

Humboldt?, in: Diskussion Musikpädagogik<br />

17/03, S. 3<br />

24 Ebd.<br />

25 Johannes Bähr, Stefan Gies, Werner<br />

Jank, Ortwin Nimczik: Kompetenz<br />

vermitteln – Kultur erschließen. Musiklernen<br />

in der Schule, in: Diskussion<br />

Musikpädagogik 19/03, S. 27<br />

26 Ebd. S. 30<br />

27 Ebd. S. 31<br />

28 Mattenklott 19<strong>98</strong>, S. 61<br />

29 Mattenklott 19<strong>98</strong>, S. 54<br />

Literatur<br />

Bähr, Johannes, Stefan Gies, Werner Jank, Ortwin Nimczik:<br />

Kompetenz vermitteln – Kultur erschließen. Musiklernen in der<br />

Schule, in: Diskussion Musikpädagogik 19/03<br />

Bräuer, Gottfried, Gerhard Schneider, Wolfgang Schulz (Hg.):<br />

Zugänge zur ästhetischen Elementarerziehung. Tübingen 1<strong>98</strong>9.<br />

(=Hg. DIFF: Musisch-Ästhetische Erziehung in der <strong>Grundschule</strong>.<br />

Grundbaustein 1)<br />

Fischer, Hans-Joachim: <strong>Grundschule</strong> – Vermittlungsschule<br />

zwischen Kind und Welt. Bad Heilbrunn/ Obb.2002<br />

Fuchs, Mechthild: »Mensch, Natur und Kultur« statt Musik,<br />

in: Diskussion Musikpädagogik 30/06.<br />

Lippitz, Wilfried: Der Leib (Kommentar). In: Ders. / Christian<br />

Rittel meyer: Phänomene des Kinderlebens. Beispiele und methodische<br />

Probleme einer pädagogischen Phänomenologie.<br />

Mattenklott, Gundel: <strong>Grundschule</strong> der Künste. Vorschläge zur<br />

Musisch-Ästhetischen Erziehung. Baltmannsweiler 19<strong>98</strong><br />

Mattenklott, Gundel: Zur ästhetischen Erfahrung in der Kindheit.<br />

In: Dies. / Constanze Rora: Ästhetische Erfahrung in der<br />

Kindheit. Theoretische Grundlagen und empirische Forschung.<br />

Weinheim 2004<br />

Müller, Hans-Rüdiger: Übergänge. Bildungsbewegungen im<br />

Geflecht symbolischer Ordnungen. In: Gundel Mattenklott /<br />

Constanze Rora: Ästhetische Erfahrung in der Kindheit.<br />

Theoretische Grundlagen und empirische Forschung.<br />

Weinheim 2004<br />

Oelkers, Jürgen: Und wo, bitte, bleibt Humboldt?,<br />

in: Diskussion Musikpädagogik 17/03<br />

Piaget, Jean: Nachahmung, Spiel und Traum. Stuttgart 1969<br />

Richter-Reichenbach, Karin-Sophie: Bildungstheorie und<br />

Ästhetische Erziehung heute. Darmstadt 1<strong>98</strong>3<br />

Rora, Constanze: Ästhetische Bildung im Musikalischen<br />

Gestaltungsspiel. Augsburg 2001<br />

Schiller, Friedrich: »Über die ästhetische Erziehung des<br />

Menschen in einer Reihe von Briefen«, in: Sämtliche Werke.<br />

(Hg. Gerhard Fricke und Herbert G. Göpfert). 5. Band:<br />

Erzählungen. Theoretische Schriften. München 1993<br />

Zirfas, Jörg: Kontempation – Spiel – Phantasie. Ästhetische<br />

Erfahrungen in bildungstheoretischer Perspektive. In: Gundel<br />

Matten klott / Constanze Rora: Ästhetische Erfahrung in der<br />

Kindheit. Theoretische Grundlagen und empirische Forschung.<br />

Weinheim 2004<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007<br />

7


Dokumentation<br />

Bildungsansprüche von Grundschulkindern<br />

Lernbereich Ästhetik – Kunst, Musik, Sport<br />

Didaktische Orientierung<br />

Der Lernbereich Ästhetik wendet sich allen Wirklichkeitsbereichen<br />

zu, sucht und nutzt aber insbesondere auch den<br />

Bezug zu den Künsten. Ästhetische Projekte eröffnen alle<br />

Möglichkeiten, sich einem gewählten Thema zuzuwenden,<br />

es sich umfassend anzueignen und es in selbst entwickelten<br />

und gestalteten Ausdrucksformen anderen zu präsentieren.<br />

Die Gegenwartskünste bieten hierfür viele Anregungen, weil<br />

sie sich häufig mit den alltäglichen Dingen und den Erfahrungen<br />

der Menschen auseinandersetzen und weil sie oft<br />

Aktionsformen wählen, die den Handlungsformen der Kinder<br />

sehr nahe sind.<br />

Die eigentliche Qualität dieses Lernbereichs liegt in der<br />

integrierenden Verbindung von fächerübergreifenden und<br />

fachlichen Anteilen. Sein Hauptziel ist die Wahrnehmungsbildung<br />

im Sinne einer Eindrucks- und Ausdrucksschulung,<br />

die den ganzen Menschen meint. Es geht ihm also um eine<br />

Förderung der emotionalen, sensorischen, kognitiven und<br />

körperlichen (leiblichen) Fähigkeiten, die dem Kind dazu verhelfen<br />

soll, eine eigene begründete Position für sich selbst,<br />

zu anderen Menschen und zur Welt zu finden.<br />

Kunst – Bildung durch Kunst, Bildung zur Kunst<br />

Auf der Grundlage der Sensibilisierung des bildhaften, haptischen<br />

und ganzkörperlichen Wahrnehmens, Gestaltens<br />

und Denkens drücken die Kinder ihr eigenes Erleben bildsprachlich<br />

aus und lesen und entziffern Bildsprachen.<br />

Ihre eigenständigen Gestaltungen realisieren sie, weil sie<br />

sich im Laufe der Grundschulzeit die dazu erforderlichen<br />

Grundfertigkeiten und Kenntnisse angeeignet haben.<br />

Musik –<br />

Bildung durch Musik, Bildung zur Musik<br />

Das Erleben, Erfahren und Verstehen von Musik wird von den<br />

Kindern in unterschiedlichen Umgangsweisen realisiert:<br />

■ Musik machen/erfinden (Produktion, Reproduktion, Improvisation)<br />

■ Musik hören (Rezeption)<br />

■ Musik umsetzen (Transformation)<br />

Die Kinder wenden das Gelernte im alltäglichen Unterricht<br />

und bei besonderen Anlässen (Schulfeste, Arbeitsgemeinschaften,<br />

Projek te …) an und nutzen dabei diese produktiven<br />

Zugangsweisen zur Musik.<br />

Hilfreich hierfür sind die musikalischen Fähigkeiten und<br />

Fertigkeiten, die sich die Kinder im Laufe der Grundschulzeit<br />

angeeignet haben und die möglichst oft in Sinnzusammenhängen<br />

entwickelt und geübt werden.<br />

8 GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007<br />

Tragfähige Grundlagen<br />

Ziele<br />

Lernbereich Ästhetik<br />

■ Die Kinder improvisieren, sie suchen und erzeugen in allen Ausdrucksbereichen<br />

Material, das die Grundlage für die Entwicklung eigener Gestaltungen bildet.<br />

■ Sie produzieren Geräusche, Klänge, Töne, mimische und ganzkörperliche Bewegungen,<br />

Zeichnungen, Bilder, Plastiken, Skulpturen, Medienereignisse u. a.<br />

zu bestimmten, von ihnen mit ausgewählten Themenbereichen.<br />

■ Sie reproduzieren (nachvollziehen, nachgestalten) vorgegebene Formen und<br />

vorhandene künstlerische Ausdrucksformen.<br />

■ Sie rezipieren produzierte künstlerische Ausdrucksformen (Bewegung, Bild,<br />

Klang) im Sinne einer Schulung und Selbstbildung der sinnlichen Wahrnehmung.<br />

■ Sie transformieren Musik in Bewegung oder Bild, Bewegung in Bild oder<br />

Musik, Bild in Bewegung oder Musik.<br />

■ Sie reflektieren künstlerische Hervorbringungen (Bewegung, Bild, Klang), ihren<br />

Sinn für die an ihnen interessierten Menschen (Produzenten, Rezipienten), ihre<br />

Bedeutung im gesellschaftlichen Zusammenhang, ihre Entstehung und Wirkung.<br />

Sie bilden sich eine eigene Meinung darüber und vertreten sie selbstbewusst.<br />

Kunst<br />

■ Die Kinder skizzieren und erproben grafische Elemente und Materialien.<br />

■ Sie probieren Druck- und Schriftexperimente als Mittel der Gestaltung – auch<br />

am Computer – aus.<br />

■ Sie nutzen Farbeigenschaften, -wirkungen und -ordnungen für ihre Absichten,<br />

arbeiten plastisch und skulptural mit unterschiedlichen Werkstoffen und<br />

Fundstücken.<br />

■ Sie entwickeln räumliche Vorstellungen und gestalten Räume.<br />

■ Sie gehen kreativ mit Medien um, auch mit Computer, CD-ROM und Internet.<br />

■ Sie nutzen Formen und Elemente des Spiels, auch des Darstellenden Spiels.<br />

■ Sie präsentieren ihre künstlerischen Produkte: Ausstellung, Inszenierung, Environment,<br />

Performance.<br />

■ Sie wählen dabei eine Technik aus, die dem zu gestaltenden Inhalt angemessen<br />

ist.<br />

Musik<br />

■ Die Kinder nutzen die eigene Stimme und gestalten ihre verschiedenen Ausdrucksmöglichkeiten.<br />

■ Sie wenden das eigene Liedrepertoire an und erweitern es ständig durch das<br />

Singen alter und neuer Lieder zu unterschiedlichen Themenkreisen, wobei sie<br />

die Merkmale von Melodien und verschiedenen Liedformen unterscheiden<br />

können.<br />

■ Sie erzeugen Klänge, Geräusche und Rhythmen mit und ohne Musikinstrumente,<br />

nutzen dabei die Beschaffenheit und Klangeigenschaften unterschiedlicher<br />

Instrumente, die sie nun auch sachgemäß behandeln können und deren<br />

instrumental-manuelle Grundlagen sie beherrschen.<br />

■ Sie wenden elementare Notationsformen an und kennen musikalische Werke<br />

unterschiedlicher Formen und Epochen.<br />

■ Sie entwickeln, gestalten und präsentieren unterschiedliche Bewegungsformen<br />

und Tänze und gehen dabei produktiv mit neuen Medien und Technologien<br />

um.


Dokumentation<br />

Sport – Bildung durch Bewegung, Spiel und Sport,<br />

Bildung durch Erschließung der Bewegungs-,<br />

Spiel- und Sportkultur<br />

Bewegung und Spiel gehören in alle Räume und Situationen<br />

schulischen Lebens und Lernens: in die Unterrichtsphasen,<br />

in den Klassenraum, in die Pausen und in den eigentlichen<br />

Sportunterricht. Die Schule als ein Haus des Lernens muss<br />

auch ein Haus des Sich-Bewegens sein.<br />

Die Kinder sind zum Ende ihrer Grundschulzeit in der<br />

Lage, ihren Körper wahrzunehmen und angemessen auf seine<br />

Signale zu reagieren. Sie haben ihre Bewegungsfähigkeit<br />

vielseitig entwickelt und haben Lust, sie immer wieder neu<br />

zu erproben. Sie verfügen über eine umfassende allgemeine<br />

Spielfähigkeit, die sie befähigt, vorhandene Spielräume kreativ<br />

zu nutzen und allein und mit anderen Kindern zusammen<br />

ihre Spiele auch selbstständig zu gestalten.<br />

Dieses alles können sie, weil sie über ihre reflektierten<br />

Bewegungs- und Spiel erfahrungen ein Verständnis für ihr<br />

Tun entwickelt haben. Hierzu gehört auch ein reflektierter<br />

Umgang mit dem Wagen und den Wagnissen, mit dem Leisten<br />

und der Leistung, mit der Kooperation und dem Wettkampf<br />

und mit der Gesundheit.<br />

Notwendig hierfür sind die Fähigkeiten und Fertigkeiten,<br />

die sie sich im Laufe der Grundschulzeit angeeignet haben<br />

und die möglichst oft in Sinnzusammenhängen entwickelt<br />

und geübt worden sind.<br />

Sport<br />

■ Die Kinder erfahren und gestalten die Vielfalt des Laufens, Springens und Werfens.<br />

■ Sie fühlen sich im und unter Wasser wohl und sicher und können schwimmen.<br />

■ Sie entdecken die Vielseitigkeit des Sich-Bewegens an und mit Geräten und<br />

erlernen und üben elementare turnerische Bewegungsformen.<br />

■ Sie entwickeln, üben, gestalten und präsentieren rhythmisch-musikalischtänzerische<br />

Fähigkeiten und Bewegungskünste.<br />

■ Sie spielen selbstständig in und mit Regelstrukturen und erfinden eigene<br />

situationsangemessene Variationen.<br />

■ Sie wenden ihr grundlegendes Bewegungskönnen beim Gleiten, Fahren und<br />

Rollen flexibel an.<br />

■ Sie übernehmen beim Ringen und Kämpfen Verantwortung für sich und den<br />

Kampfpartner oder die Kampfpartnerin im Sinne eines fairen Kräftemessens.<br />

Lernbedingungen<br />

Projektarbeit<br />

Die Idee des Lernbereichs Ästhetik lässt sich nur dann erfolgreich umsetzen,<br />

wenn regelmäßig Projekte durchgeführt werden, in denen ein Thema integrativ<br />

und fachbezogen erarbeitet und für eine Präsentation vorbereitet wird. In die Entscheidung<br />

über die Themen und die Art und Weise ihrer Bearbeitung sollten die<br />

Kinder möglichst weitgehend (von Klasse 1 bis 4 zunehmend) einbezogen werden,<br />

weil dadurch das Sich-Einlassen auf die Sache intensiviert werden kann.<br />

Pro Schuljahr sollten wenigstens vier Projekte angeboten werden, bei denen<br />

die Kinder je einmal einen fachlichen Schwerpunkt Kunst oder Musik oder Sport<br />

wählen müssen (ergänzend zur integrativen Bearbeitung des Themas) und beim<br />

vierten Projekt frei wählen können, in welchem Fach sie ihr Können erweitern und<br />

vertiefen wollen. Auf diesem Wege werden die Kinder in die Lage versetzt, von<br />

Klasse 1 bis 4 mit zunehmender Selbstständigkeit Projektarbeit zu gestalten.<br />

Kooperation<br />

Alle Möglichkeiten der ständigen oder themenbezogenen Kooperation mit Fachlehrerinnen<br />

und -lehrern sowie mit anderen Klassen erleichtern und erweitern die<br />

Projektarbeit.<br />

Veröffentlichungen des Grundschulverbandes<br />

Matthias Duderstadt (Hrsg.) (1996): Kunst in der <strong>Grundschule</strong>.<br />

Fachliche und fächerintegrierende ästhetische Erziehung.<br />

Band 99<br />

Klaus Matthies / Manfred Polzin / Rudolf Schmitt (Hrsg.)<br />

(1<strong>98</strong>7): Ästhetische Erziehung in der <strong>Grundschule</strong>. Integra tion<br />

der Fächer Kunst, Musik, Sport. Band 69<br />

Manfred Polzin (Hrsg.) (1992): Bewegung, Spiel und Sport<br />

in der <strong>Grundschule</strong>. Fachliche und fächer übergreifende Orientierung.<br />

Band 85<br />

M. Polzin / R. Schneider / M. Steffen-Wittek (Hrsg.) (19<strong>98</strong>):<br />

Musik in der <strong>Grundschule</strong>. Band 102<br />

Darstellendes Spiel<br />

Die Fächer begegnen sich im Darstellenden Spiel. Auch wenn es in der <strong>Grundschule</strong><br />

kein eigenes Fach darstellt, spielt es doch eine große Rolle im Schulleben. Es<br />

ist als integraler Bestandteil des Lernbereichs Ästhetik zu verstehen und bietet<br />

ideale Möglichkeiten, die in den Projekten erarbeiteten einzelnen Fachanteile von<br />

Kunst, Musik, Sport und Bewegung zusammenzuführen, wobei als Inhalte natürlich<br />

auch Themen, Probleme und Fragestellungen aus anderen Lernbereichen aufgegriffen<br />

werden können.<br />

Bandbreiten der Entwicklung<br />

Kinder und auch Lehrerinnen und Lehrer unterscheiden sich in ihren fachlichen<br />

Neigungen. Sich in allen drei Fächern Kunst, Musik und Sport zu Hause zu fühlen,<br />

ist eher die Ausnahme. Diesen unterschiedlichen Neigungen muss Raum gegeben<br />

und gleichzeitig eine zu einseitige fachliche Schwerpunktsetzung oder eine Vernachlässigung<br />

eines oder mehrerer Bereiche vermieden werden.<br />

Für beides muss Raum sein: für breite und umfassende Erfahrungen und Lernprozesse<br />

in allen drei Fächern ebenso wie für die Weiterentwicklung fachlicher<br />

Schwerpunkte. Im Integrativen des Lernbereichs Ästhetik fügen sich die unterschiedlichen<br />

Stärken und Neigungen zusammen.<br />

Bildungsansprüche von Grundschulkindern –<br />

Standards zeitgemäßer Grundschularbeit<br />

www.grundschulverband.de/bildungsstandards.html<br />

▼<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007<br />

9


Praxis: Ästhetische Erziehung<br />

Kunst ist alles!<br />

von Barbara<br />

Sengelhoff<br />

So steht es geschrieben am Bauzaun,<br />

der den Neubau der Offenen Ganztagsschule<br />

schützt – geschrieben von Isabelly<br />

im Projekt ›Wir verschönern unsere<br />

Schule‹. Nicht nur Isabelly nimmt die<br />

Baustellenumgebung wahr als einen<br />

Ort, der das Schulklima beeinflusst; die<br />

Kinder ihrer Projektgruppe entdecken<br />

überall auf dem Schulgelände und im<br />

Schulhaus Stellen, die sie verändern<br />

möchten – und können. Mit der Kamera<br />

fangen sie ›hässliche‹ Stellen ein.<br />

Picasso: »Kunst wäscht den Staub des<br />

Alltags von der Seele«<br />

Ästhetik, gr. aísthesis:<br />

sinnliche Wahrnehmung<br />

Die Bedeutung der ästhetischen Bildung<br />

im Alltag der <strong>Grundschule</strong> ist<br />

unbestritten: Kinder lernen aktiv in<br />

einem Prozess, der bestimmt ist durch<br />

Wahrnehmung, durch Verarbeitung,<br />

Ausdruck und Reflexion. Lernen ist verknüpft<br />

mit der Alltagswelt, mit Erfahrungen<br />

kindlicher Lebenswirklichkeit.<br />

Vielfältige Anregungen erweitern ihre<br />

Erlebniswelt. ›Besonders die ästhetische<br />

Bildung ist für den Erwerb von Fähigkeiten<br />

und Kompetenzen m Bereich des<br />

Verstehens und Gestaltens aller Fächer<br />

wesentlich …‹ (Schulministerium NRW,<br />

Bildungsportal / Service)<br />

Kinder setzen sich in ihrer Persönlichkeitsentwicklung<br />

aktiv auseinander<br />

mit der jeweiligen Kultur, in die sie hineingeboren<br />

werden; sie nehmen teil an<br />

der Gesellschaft, sie werden geprägt –<br />

prägen aber auch durch produktive Tätigkeit.<br />

Sie hinterlassen Spuren: sichtbar,<br />

wenn sie erstmals Stift und Papier<br />

nutzen: ausdrucksstark, aber ohne Erklärung<br />

noch nicht zu verstehen.<br />

Kinder kommen mit unterschiedlichen<br />

Voraussetzungen in die <strong>Grundschule</strong>;<br />

sie sind gefordert, sich in<br />

einem ganz neuen sozialen Feld zurechtzufinden,<br />

sie begegnen diesen<br />

neuen Anforderungen flexibel, phantasievoll,<br />

motiviert und voller Interesse …<br />

offen, neugierig, wissbegierig und an<br />

vielerlei ästhetischen Phänomenen interessiert.<br />

Ihre Wahrnehmungsweisen und<br />

Wirklichkeitskonstrukte sind noch nicht<br />

festgelegt … (Bund Deutscher Kunsterzieher<br />

e. V. Ästhetische Erziehung<br />

in der <strong>Grundschule</strong>, BDK-Mitteilungen<br />

3 / <strong>98</strong>) Musisch-ästhetische Erziehung<br />

(MÄERZ) regt verbale und produktivgestaltende<br />

Auseinandersetzung der<br />

Kinder mit Kunstgebilden an, ›fördert<br />

die Selbstverständigung der Kinder und<br />

ihrer Fähigkeiten zur Verständigung mit<br />

den anderen. Sie unterstützt das einzelne<br />

Kind im Prozess der Vermittlung<br />

von innerer und äußerer Realität‹ (Mattenklott,<br />

Gundel, <strong>Grundschule</strong> der<br />

Künste, Hohengehren 19<strong>98</strong>, Seite 32<br />

ff). Den Kindern wird der Zugang zur<br />

ästhetischen Tradition der Menschheit<br />

eröffnet, was bedeutsam für die Gestaltung<br />

des eigenen Lebensentwurfes<br />

werden kann.<br />

Ästhetische Alphabetisierung<br />

In dem Lernbereich der musisch-ästhetischen<br />

Bildung, der die künstlerischen<br />

Fähigkeiten ausbilden soll, geht es um<br />

die Erkenntnis über sich und seine Umwelt.<br />

Die <strong>Grundschule</strong> bietet dem Kind<br />

Raum und Zeit, sich mit der Welt auseinander<br />

zu setzen, Lust an Eigentätigkeit<br />

zu wecken, die Umgebung aufmerksam<br />

wahrzunehmen, produktiv<br />

zu entwerfen und zu gestalten, sich<br />

vielfältig auszudrücken.<br />

Die Schule soll dem Kind Gelegenheit<br />

bieten, sich auf die unterschiedlichste<br />

Weise auszudrücken, eigene<br />

Erlebnisse und Erfahrungen mitzuteilen,<br />

Wünschen und Gefühlen Ausdruck<br />

verleihen zu können. Der Bund Deutscher<br />

Kunsterzieher spricht von der<br />

Notwendigkeit ›ästhetischer Alphabetisierung‹<br />

(siehe oben), die – neben der<br />

Entwicklung der Schriftsprache – ein<br />

wichtiger Schritt ist auf dem Weg zu einer<br />

ästhetischen Literalität, das heißt<br />

zu der Fähigkeit, die … Besonderheiten<br />

ästhetischer Bilder in ihrer Vielfalt sensibel<br />

wahrzunehmen.‹ Dies geschieht nur<br />

über reichhaltige und differenzierte<br />

Angebote und intensive Auseinandersetzung<br />

mit künstlerischen Prozessen.<br />

Aufgaben des Faches Kunst<br />

Die Richtlinien und der Lehrplan in<br />

NRW beschreiben die Aufgaben des<br />

Faches so:<br />

■ die Wahrnehmungsfähigkeit der<br />

Schülerinnen und Schüler und ihr Vorstellungsvermögen<br />

entfalten und fördern,<br />

■ Kreativität und Fantasie anregen<br />

und weiter entwickeln,<br />

■ die Fähigkeit nutzen und ausbauen,<br />

sich mit bildnerischen Mitteln auszudrücken<br />

und sich verständlich zu machen,<br />

■ die Verstehens- und Interpretationsfähigkeit<br />

für ästhetische Erscheinungen<br />

und Vorgänge erweitern,<br />

■ neue, auch ungewöhnliche Ar -<br />

beits-, Sicht- und Denkweisen fördern.<br />

Bildnerisches<br />

Selbstbewusstsein<br />

Einige Unterrichtsbeispiele können<br />

Impulse beschreiben, wie ästhetisches<br />

Lernen als Unterrichtsprinzip in der<br />

<strong>Grundschule</strong> die Kinder auf ihrem<br />

Weg zu ihrem ›bildnerischen Selbstbewusstsein‹<br />

begleitet. Die meisten<br />

Kunstwerke (Arbeiten mit unterschiedlichen<br />

Techniken und Materialien) sind<br />

Ausstellungsobjekte im Schulhaus: sie<br />

erfahren Wertschätzung, Anerkennung<br />

und Würdigung durch die Veröffentlichung.<br />

Die sorgsame Präsentation regt<br />

zudem die betrachtende Schulgemeinde<br />

an zur Kommunikation und Auseinandersetzung<br />

mit den Leistungen der<br />

Kinder.<br />

Barbara<br />

Sengelhoff,<br />

Rektorin<br />

an einer Jenaplanschule<br />

in Köln, www.<br />

kgs-mainzer.de<br />

10 GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007


Praxis: Ästhetische Erziehung<br />

■ Schulforscher unterwegs<br />

Kinder erkunden ihr Schulhaus und<br />

zeichnen eine eigene Wegekarte: so<br />

gehe ich aus meiner Klasse auf den<br />

Schulhof: Kinder aller Altersgruppen<br />

wandern aufmerksam durch den Schulhof,<br />

entdecken, beobachten und versuchen<br />

die Wirklichkeit abzubilden. Ziel<br />

ist: eine Wegekarte für Besucher zu erstellen.<br />

Auf diesem Wege fotografieren<br />

einige Kinder mit einer Digitalkamera<br />

die schönsten und die hässlichsten<br />

Orte ihres Schulgeländes. ›Was können<br />

wir tun, damit unsere Schule schöner<br />

wird?‹<br />

■ Fächerübergreifendes<br />

Projekt: Türme<br />

In diesem Projekt können alle Aufgabenbereiche<br />

des Faches Kunst einbezogen<br />

werden: alle Kinder der Schule<br />

arbeiten zu unterschiedlichen Gestaltungsschwerpunkten.<br />

■ Mein Raum – ein schöner Raum<br />

– viele Räume in einem Wohnturm<br />

Besinnen auf sich selbst, wahrnehmen<br />

und Träume gestalten: Kinder<br />

beschreiben ihr Schulhaus, entwerfen<br />

die Traumschule – aber auch ihr Traumzimmer:<br />

eine Ausstellung im Schuhkarton,<br />

zusammengebaut aus Papier und<br />

Fundstücken. Die einzelnen Räume<br />

werden zu einer Gemeinschaftsarbeit:<br />

ein Wohnturm entsteht und bietet Gesprächsanlass<br />

über die Gestaltung von<br />

Wohnraum, Haus und Stadt. In dieser<br />

Unterrichtsreihe liegt der Gestaltungsschwerpunkt<br />

auf dem Bereich ›räumliches<br />

Gestalten‹: die Kinder nehmen<br />

Architektur plötzlich bewusst wahr,<br />

sind motiviert, mitzugestalten. Die<br />

Brücke ist nicht nur als Metapher für<br />

das Überschreiten von Grenzen, für<br />

den Weg hinaus aus der Schule, zu<br />

verstehen. Kinder in altersgemischten<br />

Lerngruppen bringen ihre unterschiedlichen<br />

Fähigkeiten in einem Gesamtkunstwerk<br />

zum Ausdruck: die großen<br />

Schülerinnen und Schüler konstruieren<br />

(Kriterium für diesen Brückenbau: stabil<br />

und tragfähig muss die Brücke sein),<br />

die jüngeren Kinder testen spielerisch.<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007<br />

11


Praxis: Ästhetische Erziehung<br />

Ein Beispiel: Arbeitsplan für die Erprobung des Lehrplanes für das Fach KUNST<br />

Thema<br />

Technik<br />

Aufgabenschwerpukt<br />

Arbeitsmaterial<br />

Werkzeug<br />

Lernform<br />

Methoden<br />

Türme in<br />

unserer Stadt<br />

Türme überall<br />

Türme historisch<br />

Türme in<br />

der Kunst<br />

Türme<br />

eigene Entwürfe<br />

Ich bin ein Turm<br />

Ein Turm aus<br />

vielen Türmen<br />

Gestalten mit technischvisuellen<br />

Medien<br />

Fächerübergreifend:<br />

Lesekompetenz:<br />

Ästhetische Wahrnehmung<br />

Fächerübergreifend:<br />

Bedeutung des<br />

Turmbaues<br />

Begegnung mit<br />

Künstlern<br />

Norman Junge<br />

Kostümbildnerin<br />

Breughel:<br />

Turmbau zu Babel<br />

Grafisches Gestalten:<br />

Ich bin ein Turm<br />

Räumliches Gestalten<br />

Szenisches Gestalten<br />

Plastisches Gestalten<br />

Räumliches Gestalten<br />

Fotografieren<br />

Fotoapparat<br />

Internet<br />

Literarische Texte:<br />

Märchen, Goethe<br />

Bilder, Gemälde, Kunstwerke,<br />

Skulpturen<br />

Türme in Industrie,<br />

Landschaft,<br />

in der Geschichte,<br />

Kirchtürme<br />

PC<br />

Partner- und<br />

Gruppen arbeit<br />

Außersch. Lernort<br />

Partner- und<br />

Gruppenarbeit<br />

Partner- und<br />

Gruppenarbeit<br />

Tonaufnahme Kunstbücher Museums-Besuch<br />

Galerie<br />

Ausschneiden<br />

Verfremden<br />

Collage<br />

Bleistift<br />

Collage<br />

Frottage<br />

Collage<br />

Aufbau<br />

Aufbau<br />

Malerei<br />

Nähen<br />

Heißkleben<br />

Kunstdruck<br />

Pappe<br />

Kleber<br />

Weiße Pappe<br />

Versch. Papiere<br />

Kleber<br />

Verschiedene<br />

›Baumate rialien‹:<br />

Klötze, Rollen, Figuren,<br />

Dosen, Steine … Hüte …<br />

Papier und Kleister<br />

Farbe<br />

Stoffe<br />

Alle Türme der<br />

Klasse / Schule<br />

Mit Kameras<br />

Bilder sammeln,<br />

recherchieren<br />

Informationen<br />

entnehmen,<br />

Beobachtung<br />

Informationen<br />

entnehmen,<br />

Beobachtung<br />

Interview<br />

Vergleich<br />

Reflexion<br />

Schere Gruppenarbeit Ausstellung<br />

Bleistifte<br />

Filzstifte<br />

Einzelarbeit<br />

Einzelarbeit<br />

Workshop mit<br />

Künstler<br />

Gesamtkunstwerk<br />

Vortrag<br />

Sammeln von<br />

Alltagsgegenstanden<br />

Ausstellung<br />

Aufführung<br />

Ausstellung<br />

Video<br />

Ausstellung<br />

Dokumentation<br />

Einladung<br />

Turmspiele<br />

Farbiges Gestalten<br />

Freies Schreiben<br />

Vervielfältigen<br />

Memory auf Pappe<br />

Puzzle<br />

Bild-Text-Zuordnung<br />

Pappe Fördern Spiel<br />

■ Suchen, sammeln und ausstellen<br />

Der Weg rund ums Schulhaus führt<br />

auch in den Schulgarten: es wird ein<br />

Suchauftrag erteilt: Wo ist ›Kunst‹ in<br />

der Natur zu entdecken? Im Frühling<br />

und Sommer sammeln die Kinder Blütenblätter,<br />

Blätter, kleine Äste, Federn<br />

(auch aus dem Bastelladen!), Steine.<br />

Kleine Schätze werden gemeinsam zu<br />

einer Collage ›komponiert‹, auf farbiges<br />

Transparentpapier geklebt und<br />

mit durchsichtiger Folie gesichert, gerahmt und ausgestellt.<br />

Ähnlich verfahren die Kinder mit dem Auftrag, aus ihren<br />

Fundstücken Skulpturen zu bauen: mit Leim und Heißkleber<br />

werden sie dauerhaft zusammengefügt und in Acrylkästen<br />

(im Baumarkt zugeschnitten, mit Heißkleber stabilisiert)<br />

sicher ausgestellt. Alle Kinder erfahren Alltagsgegenstände<br />

als Gestaltungsmittel, reflektieren und deuten um … zum<br />

Beispiel zu einem plastischen Modell des Schulviertels.<br />

12 GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007


Praxis: Ästhetische Erziehung<br />

■ Außerschulische Lernorte<br />

besuchen<br />

Lernen im Museum bietet die Möglichkeit,<br />

sich mit kulturell bedeutsamen<br />

Objekten auseinander zu setzen, Ausdrucksmöglichkeiten<br />

zu reflektieren<br />

und Elemente in die Gestaltung eigener<br />

Produktionen zu übernehmen. Neugierig<br />

werden die Kinder, wenn sie Kunst<br />

›begreifen‹ können, wenn sie entdecken,<br />

dass sie selbst auch Ähnliches<br />

gestalten können: eine Bodenskulptur<br />

des Künstlers Max Ernst wird in das<br />

Modell des Museums übernommen.<br />

Manchen Kindern sind die Skulpturen<br />

nicht farbig genug, sie planen einen<br />

›Farbraum‹, indem sie ›kindliche‹ Materialien<br />

wie farbige Knete verwenden.<br />

Das abgebildete Hausmodell entstand<br />

übrigens in einer Lerngruppe von Schülern<br />

aus der 1. und 4. Klasse!<br />

■ Eigene Erlebnisse darstellen<br />

mit bildnerischen Mitteln<br />

Eine etwas andere Aufgabenstellung<br />

nach den Ferien oder einer Klassenfahrt:<br />

die Kinder beschreiben nicht<br />

in Texten, sondern in Modellen und<br />

Zeichnungen ihre Erinnerungen: eine<br />

Trauminsel im Meer aus Pappmaschee<br />

lässt Vermutungen über die Stimmung<br />

der kleinen Künstler zu, ebenso wie die<br />

›zeichnende Erzählung‹ rund um das<br />

Jugendgästehaus …<br />

Das Schulhaus wird zu einer ›<strong>Grundschule</strong> der<br />

Künste‹ – so der Titel des Buches von Gundel<br />

Mattenklott – wenn musisch-ästhetische<br />

Erziehung Raum und Zeit bekommt im täglichen<br />

Unterrichtsgeschehen. Die Zusammenarbeit<br />

mit Künstlern und Experten auch aus<br />

der Elternschaft weckt die Schaffensfreude<br />

der Kinder und Mitarbeiter, eine große Chance<br />

für die Offene Ganztagsschule!<br />

Die Präsentation bietet die Chance der<br />

Wertschätzung jeder Leistung durch den kommunikativen<br />

Austausch. Eine Wirkung auf das<br />

Schulklima ist spürbar: die Kinder bekommen<br />

die Chance, sich mit ihrem von ihnen gestalteten<br />

Haus zu identifizieren, sie finden sich<br />

und ihre Ideen täglich wieder: wenn mit ihren<br />

Gemälden auf dem Bauzaun der Ärger über<br />

die Baustelle etwas ›farbiger‹ wird.<br />

Picasso sagt es deutlich:<br />

»Alle Kinder sind Künstler,<br />

es geht nur darum, einer zu bleiben.«<br />

■ Auseinandersetzung<br />

mit Literatur<br />

Ästhetische Erziehung und bildnerisches<br />

Handeln manifestieren sich<br />

in unterschiedlichen Darstellungsbereichen:<br />

die Begegnung mit Literatur<br />

eröffnet weitere Bereiche des Faches<br />

Kunst: Kinder bauen eine Bühne, um<br />

zu einem Bilderbuch über Mozarts<br />

Zauberflöte zu spielen (Bilderbuch: Ute<br />

Blaich, Prinz Tamino, Aufbau Verlag).<br />

Sie interpretieren Illustrationen eines<br />

Sachbuches, nehmen Besonderheiten<br />

des Alltages wahr, entwickeln in Anlehnung<br />

daran eine eigene Bildsprache.<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007<br />

13


Praxis: Ästhetische Erziehung<br />

»Musikbetonte <strong>Grundschule</strong>»<br />

Erfahrungen mit einem Schulversuch in Sachsen-Anhalt<br />

von<br />

Gisela Schmidt<br />

Mit Beginn des Schuljahres 2002/03<br />

wurde in Sachsen-Anhalt der Schulversuch<br />

»Musikbetonte <strong>Grundschule</strong>»<br />

(MuGS) unter der Leitung von Dr.<br />

Halka Vogt genehmigt. Auf den Ergebnissen<br />

der sechsjährigen Studie<br />

von Hans Günther Bastian beruhend,<br />

der an Berliner <strong>Grundschule</strong>n einen<br />

verstärkten Musikunterricht wissenschaftlich<br />

begleitet und dokumentiert<br />

hatte, sollte nun in einem vierjährigen<br />

Versuch erprobt werden, die Ergebnisse<br />

der Studie im »normalen« Musikunterricht<br />

zu wiederholen und alltagstauglich<br />

zu machen.<br />

Die Berliner Kinder in den Versuchsklassen<br />

hatten durchgängig<br />

vom 1. bis zum 6. Schuljahrgang vier<br />

Wochenstunden Musik, davon zwei<br />

Wochenstunden im Klassenverband,<br />

eine Wochenstunde Instrumentalunterricht<br />

in Kleingruppen (Klavier, Geige,<br />

Flöte / Querflöte, Keyboard, Gitarre zur<br />

Auswahl) und eine Wochenstunde eine<br />

musikalisch orientierte Arbeitsgemeinschaft.<br />

In Sachsen-Anhalt wurden keine zusätzlichen<br />

Stunden über den Rahmen<br />

der gesetzlichen Stundentafel hinaus<br />

zuerkannt. Dies war für die beteiligten<br />

Schulen aber eher eine Herausforderung<br />

als ein Hindernis, schließlich sollte<br />

der Schulversuch seine Alltagstauglichkeit<br />

beweisen.<br />

Folgende Schwerpunkte wurden für<br />

den Schulversuch in Sachsen-Anhalt<br />

gesetzt:<br />

1. Sicherung eines qualifizierten Musikunterrichtes<br />

in der <strong>Grundschule</strong> im<br />

Klassenverband unter Einbeziehung<br />

des Erlernens eines einfachen Musikinstrumentes<br />

2. Zusammenarbeit mit den Eltern bei<br />

der Konzeptionsentwicklung und im<br />

praktischen gemeinsamen Musizieren<br />

3. regelmäßige Fortbildungsangebote<br />

und Möglichkeiten zum Erfahrungsaustausch<br />

für die beteiligten Lehrkräfte<br />

4. mindestens eine außerunterrichtliche<br />

schulische Musik-Arbeitsgemeinschaft<br />

an den Versuchsschulen<br />

5. Erarbeitung eines kompetenzorientierten<br />

Lehrplanes für Musik an <strong>Grundschule</strong>n<br />

6. Erarbeitung von Handreichungen<br />

für die Unterrichtspraxis mit Materialien<br />

zur musikalischen Alphabetisierung<br />

aller Kinder<br />

Der Schulversuch begann zunächst mit<br />

drei Pilotschulen:<br />

<strong>Grundschule</strong> Neumarkt, Halle (Saale)<br />

<strong>Grundschule</strong> »A. Dürer«, Halle (Saale)<br />

<strong>Grundschule</strong> »M. Luther«, Blankenburg /<br />

Harz<br />

Auf die Ausschreibung für das<br />

nachfolgende Schuljahr für weitere<br />

7 Schulen bewarben sich 35 Schulen.<br />

Die Schulen, die nicht berücksichtigt<br />

werden konnten, erhielten die Möglichkeit,<br />

als kooperierende Schule im<br />

»Netzwerk» tätig zu werden. So ergab<br />

sich die Chance für alle interessierten<br />

Lehrkräfte, Materialien des Schulversuches<br />

zu erproben sowie eigene Impulse<br />

und Akzente in die Arbeit einzubringen.<br />

Das »Familienmusizieren« sollte ein<br />

weiteres Angebot an Eltern, Großeltern<br />

und Geschwister sein, auch am Nachmittag<br />

gemeinsam mit den Kindern zu<br />

singen, zu tanzen und zu musizieren.<br />

Die Blankenburger <strong>Grundschule</strong> erwarb<br />

hierbei große Verdienste, wurden doch<br />

die musikalischen Familiennachmittage<br />

in steter Regelmäßigkeit unter<br />

der Planung und Leitung von Gabriele<br />

Schaberg durchgeführt.<br />

Aus der Praxis der<br />

<strong>Grundschule</strong> Neumarkt<br />

Im Oktober 2002 begannen wir 1 mit<br />

dem Flötenunterricht in allen vier<br />

Parallelklassen des ersten Schuljahrganges<br />

innerhalb der zwei zur Verfügung<br />

stehenden Wochenstunden Musik.<br />

2 Schnell wurde uns klar, dass sich<br />

das Erlernen des Flötenspiels im Klassenverband<br />

nur realisieren ließ, wenn<br />

die Flöte in den ganz alltäglichen Musikunterricht<br />

mit seinen Liedern, Tänzen,<br />

Bewegungen, Klanggeschichten und<br />

den Orff-Instrumenten integriert und<br />

somit ein inhaltlicher und für die Kinder<br />

logischer Zusammenhang hergestellt<br />

wird. Somit stand die Herausforderung<br />

vor uns, statt einer »vorgefertigten»<br />

Flötenschule diverser Verlage eigene<br />

Übungsteile zu »erfinden«, die zu unseren<br />

Liedern passten. Wir entschieden<br />

uns für folgende Vorgehensweise:<br />

■ Wir begannen mit dem Ton c'' und<br />

der gleichzeitigen Schreibweise im<br />

traditionellen Notensystem in Viertelund<br />

Halbenoten.<br />

■ Im November kam dann der Ton a'<br />

hinzu, im Dezember der Ton d''. So ließen<br />

sich bereits zu diesem Zeitpunkt<br />

kleine Liedvorspiele in F-Dur gestalten,<br />

einer Tonart, in der zahlreiche Kinderlieder<br />

notiert sind. Kinder, die bereits<br />

Vorkenntnisse mitbrachten, bekamen<br />

entsprechend ihres Könnens andere<br />

Aufgaben, wie zum Beispiel das Flöten<br />

einer zweiten Stimme oder der Liedmelodie.<br />

■ Bis zum Ende der 1. Klasse folgten<br />

dann die Töne g' und h', sodass nun<br />

alle Töne, die mit der linken Hand zu<br />

greifen sind, bekannt waren. Eher nebenbei<br />

wurden die Kinder mit der Achtelnote<br />

und der Viertelpause bekannt<br />

gemacht. Wir konnten viele Lieder in<br />

14 GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007


Praxis: Ästhetische Erziehung<br />

F-Dur und G-Dur »begleiten«. Durch<br />

die langsame Vorgehensweise war es<br />

uns problemlos möglich, alle anderen<br />

Aspekte des Musikunterrichts abzudecken<br />

und einen interessanten und<br />

abwechslungsreichen Unterricht nach<br />

den damals noch geltenden Rahmenrichtlinien<br />

des Landes Sachsen-Anhalt<br />

zu gestalten.<br />

Im Laufe der zweiten Klasse lernten<br />

wir – nacheinander, aber nun ein wenig<br />

schneller, da die meisten Kinder auch<br />

das Prinzip erkannt hatten – die Töne<br />

der rechten Hand, also f', e', d', c', fis',<br />

b' und cis''. Wir verzichten übrigens<br />

ganz bewusst auf die Töne über dem<br />

d'', weil<br />

■ sie schwer zu greifen und anzublasen<br />

sind,<br />

■ sie bei Liedbegleitungen eine untergeordnete<br />

Rolle spielen,<br />

■ Kinder in dieser Tonhöhe selten singen.<br />

Immer war das Flöten mit dem Singen<br />

und dem Rhythmus verbunden, nie<br />

wurde isoliert etwas nur um des Übens<br />

willen geübt. Immer wurde das Spielen<br />

mit der Notenschrift und dem Lesen<br />

derselben verknüpft. Nie wurden Kinder<br />

gezwungen, allein zu flöten. Das<br />

Flötenspiel wurde nicht zensiert. 3<br />

Durch zusätzlich bereitgestellte<br />

Honorarmittel des Kultusministeriums<br />

war es uns in der 2. Klassenstufe möglich,<br />

eine dritte Musikstunde 4 in Form<br />

eines Kurssystems zu gestalten. Wir<br />

boten sechs Kurse an:<br />

1. Singen<br />

2. Flöten<br />

3. Tanzen<br />

4. Klanggeschichten gestalten<br />

5. Malen nach Musik<br />

6. rhythmusbetontes Musizieren<br />

Die Kinder wählten einen Kurs und<br />

absolvierten etwa sechs Kursstunden.<br />

Dann wurde gewechselt, sodass am<br />

Ende des Schuljahres alle Kinder alle<br />

Kurse einmal belegt hatten.<br />

Folgende Aufgaben wurden von den<br />

Versuchsschulen erprobt:<br />

■ Das Lied »Rotlackiert mit schwarzen<br />

Punkten« (siehe Abb. 1) sollte im<br />

Klassengesang einstimmig in F-Dur gesungen<br />

und mit einem gemeinsamen<br />

Flötenvorspiel durch eine Kleingruppe<br />

begleitet werden.<br />

■ Das Lied »Ein Vogel wollte Hochzeit<br />

machen« sollte mit einer selbst gewählten<br />

Strophe in F-Dur als Einzelvortrag<br />

a capella gesungen werden.<br />

■ In einer schriftlichen Kontrolle<br />

sollten die Kinder Notenkenntnisse<br />

und Kenntnisse der Flötengriffe (ohne<br />

Halbtöne) nachweisen.<br />

Die Aufgaben wurden selbstverständlich<br />

zuvor im Unterricht erarbeitet,<br />

gesungen, geflötet und gespielt.<br />

Sie wurden auch nicht in einer zusammenhängenden<br />

Stunde gelöst und<br />

Gisela Schmidt, Jg. 1951,<br />

Studium am Institut für<br />

Lehrerbildung Halle (Saale),<br />

1991 – 2004 Fachmoderatorin Musik,<br />

seit 1991 Schulleiterin der <strong>Grundschule</strong><br />

Neumarkt in Halle (Saale),<br />

Hermannstr. 32, 06108 Halle (Saale)<br />

Mail: giselaschmidt4@gmx.de<br />

nicht zensiert. Sie dienten lediglich<br />

der Bestandsaufnahme.<br />

Die Ergebnisse der schriftlichen<br />

Kontrolle und des Klassengesangs waren<br />

sehr positiv, in nahezu allen beteiligten<br />

Klassen ergab sich ein guter Gesamteindruck.<br />

Schwierig zu flöten war<br />

lediglich das »b«, beim Vor-, Zwischenund<br />

Nachspiel zum ersten Lied zeigten<br />

alle Kinder ein korrektes Spiel.<br />

Melodierein in F-Dur zu singen, gelang<br />

noch nicht allen Kindern, aber es<br />

gab keine »Sprechsänger« mehr. Die<br />

Abb. 1<br />

Zwischenbilanz<br />

nach zwei Jahren<br />

Wie weit war die musikalische Alphabetisierung<br />

nach zwei Jahren gediehen?<br />

Wie hatte sich das Flötenspiel, gelernt<br />

im normalen Musikunterricht,<br />

entwickelt?<br />

Wie hatte sich das Singevermögen<br />

der Kinder entwickelt?<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007<br />

15


Praxis: Ästhetische Erziehung<br />

Die Auswertung eines abschließenden<br />

Fragebogens an die Viertklässler<br />

kurz vor dem Ende des Schuljahres gab<br />

allen Beteiligten schließlich die Bestätigung:<br />

95 % aller befragten Kinder äußerten<br />

sich positiv zum Flötenlernen<br />

und zum gemeinsamen Musizieren<br />

und verneinten eine erhöhte Belastung<br />

durch das Instrumentalspiel. Fast alle<br />

Kinder äußerten den Wunsch, auch in<br />

den nachfolgenden Schulen ein weiteres<br />

Instrument zu erlernen! 8<br />

Weitere Ergebnisse<br />

Abb. 2<br />

tiefste Tonart war D-Dur. Trotzdem waren<br />

wir zunächst enttäuscht, dass die<br />

Sololeistungen der Kinder nicht deutlich<br />

besser ausfielen, aber im Vergleich<br />

mit den Aufnahmen aus dem Anfangsunterricht<br />

waren Verbesserungen<br />

durchaus hörbar. Jedes Kind hatte seine<br />

Ausgangsleistung gesteigert. 5<br />

Wie es weiterging<br />

In den darauf folgenden dritten und<br />

vierten Klassen schob sich die Flöte<br />

etwas in den Hintergrund, aber immer,<br />

wenn es sich anbot, wurde sie eingesetzt.<br />

Jetzt traten auch verstärkt kleine<br />

Spielstücke in den Vordergrund bis hin<br />

zu Eigenkompositionen der Kinder (die<br />

von der Lehrerin dann aufgeschrieben<br />

wurden).<br />

Im Zusammenhang mit der Erarbeitung<br />

Niveau bestimmender Aufgaben<br />

(für alle Unterrichtsbereiche in Sachsen-Anhalt)<br />

6 erprobten die Versuchsklassen<br />

im Frühjahr 2006 einige Vorschläge<br />

der Fachkommission:<br />

■ Der Kanon »Regen, Tau und Schnee«<br />

sollte als »Schummelkanon« 7 (siehe<br />

Abb. 2) von der gesamten Klasse geflötet<br />

werden.<br />

■ In einer schriftlichen Lernzielkontrolle<br />

sollten Notenkenntnisse und<br />

Kenntnisse über Flötengriffe nachgewiesen<br />

werden.<br />

■ Der Kanon »Bruder Jakob« sollte im<br />

Klassengesang mindestens zweistimmig<br />

in F-Dur gesungen werden, zusätzlich<br />

sollte jedes Kind eine Strophe in<br />

selbst gewählter Sprache im Einzelgesang,<br />

ebenfalls in F-Dur, singen.<br />

Die Ergebnisse waren durchweg positiv.<br />

Die Singeleistung der Kinder hatte<br />

sich spürbar verbessert, der Großteil<br />

der Kinder sang klangrein bis d''. Der<br />

»Schummelkanon« gestaltete sich<br />

nach kurzer Übungszeit zu einem wahren<br />

»Highlight«, denn jedes Kind fand<br />

sich entsprechend seines Könnens und<br />

Wollens gefordert, von ganz einfachen<br />

Melodien (Zeile 1 und 3) bis hin zu etwas<br />

schwierigeren Abschnitten (Zeile<br />

2 und 4). Das Üben hatte eher das gemeinsam<br />

einzuhaltende Metrum zum<br />

Ziel. Die schriftliche Kontrolle bewältigten<br />

alle Kinder ohne gravierende<br />

Probleme. Etwa 80 % lösten die Aufgaben<br />

ohne Fehler und erstaunlicherweise<br />

mit sichtbarem Spaß!<br />

Abb. 3<br />

Im Sommer 2005 erschien im LISA 9<br />

die erste Veröffentlichung im Landesschulversuch<br />

»Musikbetonte <strong>Grundschule</strong>«<br />

mit dem Titel »Familienmusizieren<br />

in der <strong>Grundschule</strong>«. Das Heft<br />

enthält viele praktische und erfolgreich<br />

erprobte Ideen, wie besonders im<br />

ersten und zweiten Schuljahr Kinder<br />

und Erwachsene gemeinsam musikalisch<br />

tätig werden können. Auch für<br />

den Unterricht bietet dieses Heft eine<br />

Fundgrube fächerverbindender und<br />

fächerübergreifender Themen.<br />

Im Sommer 2006 erschien – im gleichen<br />

Layout – die »LISA-Flötenschule«<br />

(siehe Abb. 3). Sie ist aus mehreren<br />

schulinternen Flötenschulen (auch aus<br />

der der Neumarktschule), Einzelanregungen,<br />

Gestaltungsvarianten und<br />

Kompositionen von Lehrerinnen und<br />

Lehrern entstanden. Neben einer methodischen<br />

Einführung in das Flötenlernen<br />

mit einer ganzen Klasse gibt es<br />

auf jeweils vier Seiten Anregungen für<br />

den neuen Flötenton zum Schreiben<br />

und Musizieren, erprobtes Liedmaterial<br />

und eine methodische Hinweisseite<br />

für die Lehrkraft. Im Anhang wurden<br />

Musizierstücke und Lieder zusammen-<br />

16 GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007


gefasst, die sich für das weiterführende<br />

Musizieren eignen oder sich in<br />

komplexeren Stücken an die Dritt- und<br />

Viertklässler wenden.<br />

Im Sommer 2007 wird die dritte<br />

Veröffentlichung »Wege zur Musik«<br />

vorliegen, die sich exemplarisch sechzehn<br />

Themen widmet und jeweils alle<br />

Aspekte des neuen Lehrplanes aufzeigt.<br />

Alle vorgestellten Beispiele sind<br />

unterrichtserprobt.<br />

Vielleicht gibt es ja irgendwann ein<br />

viertes Heft mit »Musikalischen Projekten«<br />

…?<br />

Persönliches Fazit<br />

Nun endet der vierjährige (für uns<br />

fünfjährige) Schulversuch am 22. Juni<br />

2007 mit einer großen Abschlussveranstaltung<br />

im Freylinghausensaal der<br />

Franckeschen Stiftungen zu Halle.<br />

Aber auch, wenn er nun vorbei ist,<br />

kann ich sagen, dass er seine Alltagstauglichkeit<br />

voll und ganz bewiesen<br />

hat. Die notwendigen Voraussetzungen<br />

können an jeder Schule geschaffen<br />

werden:<br />

■ zwei Wochenstunden Musik, mindestens<br />

im 1. und 2. Schuljahr<br />

■ engagierte und gut ausgebildete<br />

Lehrkräfte (diverse Fortbildungsveranstaltungen<br />

haben bewiesen, dass<br />

selbst unausgebildete Lehrerinnen und<br />

Lehrer das Flötenspiel rasch erlernen<br />

können)<br />

■ Lust auf die Gestaltung eines fachgerechten<br />

und freudbetonten Musikunterrichts<br />

Ich selbst habe in diesen Jahren viel<br />

über meinen Unterricht in diesem Fach<br />

nachgedacht und konnte mit und von<br />

den Kindern Neues lernen. Kein Kind,<br />

egal aus welchem Elternhaus stammend,<br />

muss auf eine instrumentale<br />

Ausbildung, eventuell aus Kostengründen,<br />

verzichten. Teure Prestigeprojekte<br />

(Instrumentenkarussell der Musikschulen,<br />

zweijähriges Erlernen eines<br />

beliebigen Instrumentes (?) usw.) sind<br />

überflüssig.<br />

Natürlich haben wir nicht aus jedem<br />

Kind einen hervorragenden Flötisten<br />

»gemacht«, aber auch sonst werden<br />

nicht aus allen Kindern Mathematikgenies,<br />

Olympiasieger, Naturforscher<br />

oder Schriftsteller.<br />

Anmerkungen<br />

1 Gemeinsam mit mir arbeiteten zwei Lehrerinnen unserer Schule<br />

an dem Schulversuch, Sabine Keitel und Iris Brendel, denen an<br />

dieser Stelle mein herzlichster Dank gilt.<br />

2 Die Stundentafel des Landes Sachsen-Anhalt sieht für das Fach<br />

Musik eine Bandbreite von 1 bis 2 Wochenstunden vor.<br />

3 In Sachsen-Anhalt werden mit Beginn der 2. Klasse alle Fächer<br />

benotet.<br />

4 Die Stundentafel sieht pro Klassenstufe 1 bis 2 Stunden für »schulspezifische<br />

Unterrichtsangebote« vor. Aus diesem Kontingent<br />

wurde die dritte Musikstunde genommen.<br />

5 Vgl. www.bildung-lsa.de<br />

6 Im Zusammenhang mit der Erprobung der neuen Lehrpläne wurden<br />

für alle Fächer Aufgaben für das zu erreichende Endniveau am<br />

Ende der zweiten und vierten Klasse festgelegt.<br />

7 Bei einem »Schummelkanon» singt oder musiziert man immer nur<br />

die gleiche Zeile.<br />

8 Bemerkenswert war die Streuung: Schlagzeug und Gitarre standen<br />

an erster Stelle.<br />

9 Landesinstitut für Lehrerfortbildung, Lehrerweiterbildung und<br />

Unterrichtsforschung des Landes Sachsen-Anhalt, PF 20 08 42,<br />

06009 Halle (Saale)<br />

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– Anzeige –<br />

Aktive Leseförderung für Grundschulkinder:<br />

Studienkreis-Kurs „Lesen – Schreiben – Spaß haben!“<br />

Viele <strong>Grundschule</strong>n stehen heute vor<br />

der Aufgabe, individuellen Förderunterricht<br />

in zentralen schulischen<br />

Lernbereichen zu verwirklichen. Der<br />

Lesekompetenz-Kurs des Studienkreises<br />

bietet ihnen die Möglichkeit,<br />

ihr nachmittägliches Schulprogramm<br />

durch ein Zusatzangebot qualitativ<br />

zu erweitern.<br />

Vorrangiges Ziel des Kurses ist die nachhaltige<br />

Steigerung der Lesekompetenz. Zugleich<br />

vermittelt er Lesefreude und fördert<br />

das selbst gesteuerte Lernen.<br />

Der Kurs für den Nachmittag<br />

Der vielfach erprobte Kurs ist fächerübergreifend<br />

angelegt und richtet sich an<br />

Grundschulkinder ab dem dritten Schuljahr.<br />

Er liefert das Konzept und die Materialien<br />

zur Förderung der Lesekompetenz in<br />

heterogenen Lerngruppen mit bis zu zehn<br />

Schülerinnen und Schülern. Qualitätssicherung<br />

und Unterrichtsgarantie liegen in der<br />

Hand des Studienkreises, der vielen Eltern<br />

und Lehrern als Anbieter von individuellem<br />

Förderunterricht bekannt ist.<br />

Der Kurs wird wie folgt angeboten – inklusive<br />

Lehrkraft und Kursmaterial kostet er<br />

ab 35 Euro pro Kind und Monat:<br />

Grund- oder Aufbaukurs/je halbjährig<br />

19 mal 90 Min. = Eingangs- und Abschlusstest<br />

+ 17 Unterrichtseinheiten<br />

inkl. Organisation, Durchführung und<br />

Material für 10 Kinder: 1.850 Euro<br />

Komplettkurs/ganzjährig<br />

36 mal 90 Min. = Eingangs- und Abschlusstest<br />

+ 34 Unterrichtseinheiten<br />

inkl. Organisation, Durchführung und<br />

Material für 10 Kinder: 3.500 Euro<br />

Mögliche Finanzierungswege sind neben<br />

öffentlichen Mitteln auch Schulsponsoring,<br />

Spenden und Elternbeiträge.<br />

Empfohlen von:<br />

Lesekompetenz:<br />

eine Schlüsselqualifikation<br />

„Lesen ist in der Mediengesellschaft eine<br />

wichtige Voraussetzung zur Teilhabe an der<br />

Gesellschaft“, so Professor Stefan Aufenanger<br />

von der Stiftung Lesen. „Bei der<br />

Leseförderung kommt der <strong>Grundschule</strong><br />

eine wichtige Aufgabe zu, denn hier werden<br />

wesentliche Grundlagen für die weitere<br />

Entwicklung der Lesefähigkeit gelegt.<br />

Der Studienkreis-Förderkurs unterstützt<br />

dieses Vorhaben.“<br />

Positives öffentliches Echo<br />

Auch der Bundesverband der<br />

Schulfördervereine e. V. lobt den<br />

Kurs als geeignet zur Förderung<br />

der Lesekompetenz und engagiert<br />

sich dafür, förderbedürftigen<br />

Kindern eine Kursteilnahme<br />

zu ermöglichen.<br />

Gratis-Broschüre und Informationen<br />

über Finanzierungsmöglichkeiten<br />

- wir beraten Sie gerne:<br />

info@lesekompetenz-kurs.de<br />

oder:<br />

Studienkreis<br />

Thomas Scharein<br />

Universitätsstraße 104<br />

44799 Bochum<br />

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Thomas Scharein vom<br />

Studienkreis präsentiert den<br />

Lesekompetenz-Kurs auf<br />

der Bildungsmesse didacta<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007<br />

17


Praxis: Ästhetische Erziehung<br />

Ästhetische Bewegungserziehung<br />

oder »Spieglein, Spieglein an der Wand –<br />

Wer ist die Durchtrainierteste im Land?«<br />

von<br />

Andrea Probst<br />

Der Körper als äußeres Erscheinungsbild<br />

des eigenen Selbst wird häufig<br />

zum Prüfgegenstand für Schönheit.<br />

Schönheit und »schön« sind Begriffe,<br />

mit denen der Begriff Ästhetik im Allgemeinen<br />

verbunden wird. Ein durchtrainierter,<br />

muskulöser Körper gilt als<br />

ästhetisches Ideal. Ästhetische Bewegungen<br />

werden assoziiert mit Turnen,<br />

Eiskunstlauf oder Rhythmischer Sportgymnastik<br />

– Bewegungsformen bzw.<br />

Bewegungsnormen, die einen hohen<br />

technischen Sollwert vorgeben und<br />

perfekte Körperkoordination voraussetzen.<br />

»So gehören gerade im Sport die<br />

schönheitsästhetischen Auslegungen<br />

von Körper und Bewegung zu den traditionellen<br />

Ästhetikvorstellungen«<br />

(Röthig 1997, S. 152)<br />

Schöne Bewegungen wären demzufolge<br />

gekonnt beherrschte Techniken.<br />

Ästhetische Bewegungserziehung wäre<br />

unter diesen Voraussetzungen gleichzusetzen<br />

mit einem Techniktraining,<br />

um eine Perfektion der Bewegung zu<br />

erreichen. Durch diese Vorstellung wird<br />

die Bedeutung von Leiblichkeit und Bewegung<br />

auf ein instrumentelles Verständnis<br />

beschränkt. Bewegung wäre<br />

als biomechanisch erklärbarer Vorgang<br />

ein Mittel zum Zweck. Doch die Verbindung<br />

von ästhetischer Erziehung<br />

Andrea Probst (geb. 1971)<br />

Wissenschaftliche Mitarbeiterin und<br />

Doktorandin an der TU Braunschweig<br />

mit den Arbeitsschwerpunkten<br />

Ästhetische Bildung und Bewegung,<br />

Turnen, Akrobatik und Tanz.<br />

Autorin und Referentin für den<br />

Deutschen und Niedersächsischen<br />

Turnerbund und den Landessport -<br />

bund Niedersachsen.<br />

Sportkulturpädagogin der<br />

Traumfabrik Regensburg<br />

und Bewegung geht darüber hinaus,<br />

wenn man ihre Definitionsbereiche erweitert.<br />

Definitions- und Aufgabenbereiche<br />

der Ästhetik<br />

Laut Reicher (2006) lassen sich drei<br />

traditionelle Definitions- und Arbeitsbereiche<br />

der Ästhetik umschreiben:<br />

Ästhetik als Theorie des Schönen, als<br />

Theorie der Kunst und als Theorie der<br />

sinnlichen Erkenntnis.<br />

Legt man die erste Definition zu<br />

Grunde, würde ästhetische Bewegungserziehung<br />

allein unter dem<br />

Schönheitsaspekt zu betrachten sein,<br />

wie es oben beschrieben wurde. Eine<br />

solche Definition ist nach meiner Vorstellung<br />

unzureichend und wirft viele<br />

Fragen auf: Was sind schöne Bewegungen?<br />

Wer bestimmt, welche Bewegungen<br />

schön sind?<br />

Bezieht sich Ästhetik allein auf<br />

den Bereich Kunst, würde ästhetische<br />

Erziehung nur im Kontakt mit künstlerischen<br />

Produktionen zu vermitteln<br />

sein. Bezogen auf den Bereich Bewegung<br />

würde sich ästhetische Erziehung<br />

vorwiegend auf den Bereich Tanz<br />

beziehen. Eine solche Auslegung wäre<br />

ebenfalls unzureichend, da sich mittels<br />

Bewegung weiterreichende Möglichkeiten<br />

für ästhetische Erziehung eröffnen.<br />

Die dritte Definition von Ästhetik<br />

erscheint mir im Zusammenhang mit<br />

pädagogischer Arbeit am bedeutendsten<br />

und erweitert die Aufgabenfelder<br />

einer ästhetischen Bewegungserziehung.<br />

Vordenker war Baumgarten<br />

(1750), der Ästhetik als »die Wissenschaft<br />

der sinnlichen Erkenntnis«<br />

(Baum garten 1750, S. 2) beschreibt.<br />

Sie sollte gleichbedeutend neben rationalen<br />

Erkenntnissen stehen und bestimmt<br />

diese maßgeblich mit. Es geht<br />

also nicht mehr nur um die Erforschung<br />

des Schönen oder der Kunst, sondern<br />

um die Erforschung des Zustandekommens<br />

subjektiv wertender, sinngebender<br />

Aussagen und Produktionen.<br />

Durch diese Konnotation erweitert sich<br />

auch das Aufgabengebiet ästhetischer<br />

Erziehung. Ästhetische Erziehung soll<br />

zu selbstständiger Erkenntnisfindung<br />

und eigener produktiver Praxis beitragen.<br />

Bewegungserziehung kann dazu<br />

einen wesentlichen Beitrag leisten.<br />

Voraussetzung ist die Erweiterung der<br />

Bedeutung von Leib und Bewegung für<br />

den Menschen, die sich nicht auf eine<br />

instrumentelle Funktion beschränken<br />

darf.<br />

Bedeutung von Leib<br />

und Bewegung für<br />

ästhetische Erziehung<br />

Der Leib 1 ist nach Merleau-Ponty<br />

(1966), Buytendijk (1956), Straus (1956)<br />

und Plessner (1941, 1<strong>98</strong>2) nicht einfach<br />

eine Daseinsform oder die äußere Hülle<br />

des inneren »Ichs«. Beide bilden eine<br />

Einheit, der Körper ist das »Ich«. Gleichzeitig<br />

ist der Mensch aber auch in der<br />

Lage, »aus sich heraus« zu treten und,<br />

im Sinne der exzentrischen Positionalität<br />

Plessners, sich selber zu beobachten.<br />

Seine Fähigkeit, sich zu bewegen,<br />

ist weder ein rein biomechanischer<br />

von außen erklärbarer Vorgang, noch<br />

ist sie der alleinige Vollzug innerer Befehle.<br />

Sie ist abhängig vom Selbst, aber<br />

immer auch von weltlichen Gegebenheiten.<br />

Über den Leib als Sitz der Sinne<br />

nimmt der Mensch Kontakt zur Welt<br />

auf, im Leib verarbeitet er innere und<br />

äußere Eindrücke, bewegend kann er<br />

reagieren und sich Welt aktiv erschließen.<br />

Bewegung und Leiblichkeit sind<br />

also als »phänomenologische Grundlage<br />

menschlicher Existenz« (Laging<br />

2000, S. 9) zu betrachten.<br />

Bewegung ist somit mehr als Sporttreiben<br />

und eröffnet dem Menschen ästhetische<br />

Erfahrungsmöglichkeiten.<br />

18 GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007


Praxis: Ästhetische Erziehung<br />

Ästhetische<br />

Bewegungserziehung<br />

Fritsch (1<strong>98</strong>9) unterteilt diese Erfahrungsmöglichkeiten,<br />

die im Rahmen<br />

ästhetischer Bewegungserziehung gefördert<br />

werden können, in zwei Aufgabenfelder:<br />

in Aisthesis und Poiesis.<br />

Aisthesis oder sinnengetragene<br />

Wahrnehmungsfähigkeit ist die Basis<br />

für eine besondere Weise zum Begreifen<br />

unserer Wirklichkeit. Alle wahrgenommenen<br />

Zusammenhänge eines<br />

Sachverhaltes spielen bei dessen Beurteilung<br />

eine Rolle. Sie ist Grundlage<br />

für eine subjektive Form der Welt aneignung<br />

im Gegensatz zu einem objektiv-beschreibenden<br />

Zugang. Sie soll<br />

nicht der Vernunft gegenübergestellt<br />

oder bevorzugt werden (aisthesis versus<br />

logos). Vielmehr korrelieren und<br />

ergänzen sich beide Bereiche. Wahrnehmungen<br />

können nicht durch Reflexionen<br />

ersetzt werden, sondern tragen<br />

zu deren weiteren Klärung bei. Bewegung<br />

eröffnet in diesem Zusammenhang<br />

Möglichkeiten, sich einen Zugang<br />

zu den eigenen Sinnen zu verschaffen,<br />

der über ein bloßes Registrieren der<br />

von außen auf ihn einströmenden<br />

Reize hinausgeht. Insbesondere innerleibliche<br />

Wahrnehmungen werden<br />

durch Bewegung gefördert.<br />

Poiesis oder ästhetisches Handeln<br />

umfasst den expressiven Bereich, also<br />

die Befähigung des Menschen, sich<br />

auszudrücken, zu formen und zu gestalten.<br />

Der Mensch kann in Bezug auf<br />

ästhetisch reflektierte Erfahrungen<br />

etwas vorher nicht Da-Gewesenes entstehen<br />

lassen. Er ist in der Lage, Welt<br />

selber zu gestalten und ist ihr nicht<br />

ausgeliefert. Mein Verständnis von Poiesis<br />

geht dabei noch über das Schaffen<br />

von Kunst oder kulturellen Gütern<br />

hinaus. Es geht um eine grundsätzliche<br />

Befähigung, eigene Ideen zu entwickeln<br />

und präsent zu machen, also eine<br />

Fähigkeit zur aktiven Einflussnahme,<br />

z. B. auch auf lebens- oder arbeitsweltliche<br />

Bedingungen.<br />

Bewegung ist die Sprache des<br />

Leibes, sie kann sogar gesprochene<br />

Sprache ersetzen. Wahrgenommenes<br />

(Inneres) wird gewollt oder ungewollt<br />

mittels des Körpers nach außen für andere<br />

sichtbar.<br />

Sie ist als solche in höchstem Maß<br />

gestaltbar und ist somit ein gut geeignetes<br />

Medium für subjektive Gestaltungs-<br />

und Formungsprozesse und<br />

deren Ausdruck. 2 Aus diesen beiden<br />

Bereichen rekrutieren sich handlungsleitende<br />

Prinzipien für die Gestaltung<br />

eines ästhetischen Bewegungsunterrichts.<br />

Erstes Prinzip:<br />

Förderung ästhetischen Wahrnehmens<br />

mittels Bewegung<br />

In diesen Bereich fallen meines Erachtens<br />

zwei Aufgaben. Erstens eine<br />

Sensibilisierung für den eigenen Leib<br />

mit seinen sinnlichen Möglichkeiten.<br />

Ein Mensch, der seinen Körper »wahr«<br />

nimmt, ist offen für die Botschaften,<br />

die ihm leiblich übermittelt werden<br />

und die grundlegend für ästhetische<br />

Prozesse sind. 3 Zweitens sollten Kinder<br />

sensibilisiert werden für ihre subjektiven<br />

Wahrnehmungen bezüglich<br />

vorgegebener (Bewegungs-)Situationen.<br />

Diese Wahrnehmungen unterscheiden<br />

sich u. U. von denen anderer<br />

Kinder, sind aber gleichbedeutend und<br />

gleichwertig. Bezogen auf den Bewegungsunterricht<br />

bedeutet das, Kindern<br />

Gelegenheit zu geben, sich mit<br />

»bewegungs-provozierenden« Gelegenheiten<br />

oder Aufgaben selbstständig<br />

auseinandersetzen. Sie sollten in<br />

die Lage versetzt werden, aufgrund<br />

ihrer eigenen Wahrnehmungen bezüglich<br />

der Bewegungssituation eigene,<br />

subjektiv passende Wege zu finden,<br />

diese zu bewältigen. Sie lernen dadurch,<br />

objektiv gegebenen Dinge, hier<br />

die vorgegebenen Geräte oder Aufgaben,<br />

in ihr eigenes Weltbild einzuordnen<br />

und individuell angepasste Lösungen<br />

zu entwickeln. Die Lehrenden<br />

sind in dieser Situation Moderatoren<br />

und individuelle Ratgeber. Sie helfen<br />

den Kindern, ihre jeweiligen Bewegungsprobleme<br />

zu lösen. Sie provozieren<br />

durch weiterführende Aufgabenstellungen,<br />

die auf den Lösungen<br />

der Kinder basieren.<br />

Praxisbeispiel: Spiel mit der Balance<br />

Balancieren oder das eigene Gleichgewicht<br />

zu riskieren bedeutet vom frühen<br />

Kindesalter bis zum Erwachsenenalter<br />

an eine große Herausforderung.<br />

In Balanciersituationen erfahren<br />

Kinder, dass sie durch eigenes Handeln<br />

den Gesetzen der Schwerkraft trotzen<br />

können. Die individuelle Einschätzung<br />

der jeweiligen Balanciersituation ist<br />

von vielen wahrzunehmenden Faktoren<br />

abhängig, z. B. dem Zutrauen in die eigenen<br />

Fähigkeiten, der Einschätzung<br />

des Schwierigkeitsgrades, der jeweiligen<br />

Atmosphäre etc. Für jeden Einzelnen<br />

spielen unterschiedliche Faktoren<br />

eine Rolle. Ziel einer Balancierstunde<br />

im Sinne einer ästhetischen Erziehung<br />

ist es, einen eigenen selbstbewussten<br />

Umgang mit diesen Wahrnehmungen<br />

zu fördern und die Schüler zu ermutigen,<br />

für sie passende Balanciergelegenheiten<br />

zu gestalten. Es geht dabei<br />

nicht um die Verbesserung der koordinativen<br />

Fähigkeit des Balancierens.<br />

■ In der Turnhalle (oder wo auch immer)<br />

werden drei bis fünf verschieden<br />

schwierige Balanciersituationen aufgebaut.<br />

Die Kinder bekommen die Aufgabe<br />

darüber zu balancieren.<br />

Hier einige Beispiele nach Schwierigkeit<br />

geordnet:<br />

Bank<br />

Umgedrehte<br />

Bank (u. B.)<br />

Reckstange<br />

am Boden<br />

Barren<br />

Wippe<br />

(z. B. Bank auf<br />

anderer Bank,<br />

dazwischen<br />

eine dünne<br />

Matte)<br />

Eingehängte<br />

Bank z. B. am<br />

Barren einseitig<br />

Bank auf<br />

kleinen Kästen<br />

Umgedrehte<br />

Bank auf<br />

kleinen Kästen<br />

Reckstange auf<br />

kleinen Kästen<br />

Barren schräggestellt<br />

Wippe mit<br />

umgedrehter<br />

Bank<br />

An beiden<br />

Seiten eingehängte<br />

Bank in<br />

den Barren<br />

Bank auf großen Kästen<br />

Umgedrehte Bank auf<br />

großen Kästen<br />

Reckstange in Reckanlage,<br />

Höhe variierbar<br />

Balkenwippe: Bank auf<br />

hohem Balken, dazwischen<br />

dünne Matte, an<br />

den Enden jeweils große<br />

Kästen, um den Ausschlag<br />

zu begrenzen<br />

An den Ringen einseitig<br />

eingehängte Bank<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007<br />

19


Praxis: Ästhetische Erziehung<br />

Reflexion über diese erste Erfahrung:<br />

»Welche Geräte habt ihr als leicht,<br />

welche als schwer oder als Herausforderung<br />

für euch empfunden?« An dieser<br />

Stelle kann die unterschiedliche<br />

Wahrnehmung derselben Situation für<br />

verschiedene Kinder thematisiert werden.<br />

Wieso gelingt es einigen leichter,<br />

wieso anderen nicht, wann fühlen sich<br />

die Kinder sicher, an welchen Empfindungen<br />

machen sie es fest (z. B. »leicht<br />

ist es, wenn es nicht so wackelig ist,<br />

wenn ich Platz für meine Füße habe,<br />

wenn ich meinen Bauch einziehe, wenn<br />

ich nach vorne gucke, etc.«).<br />

Jedes Kind soll an eine Station gehen,<br />

die es für sich als herausfordernd<br />

empfunden hat und eigene Strategien<br />

entwickeln, um darüber zu balancieren.<br />

Die Kinder können z. B. Hilfen durch<br />

andere in Anspruch nehmen, oder aber<br />

auch die Bewegung verändern, z. B. auf<br />

allen Vieren drüberlaufen. Die Kinder<br />

sollen spüren, dass sich im Verlauf des<br />

Übens die Einschätzung der gewählten<br />

Stationen verändert, dass sie mehr Zutrauen<br />

in ihre eigenen Fähigkeiten bekommen.<br />

In gemeinsamen Reflexionen sollen<br />

die Kinder Gründe finden, wie das<br />

Balancieren durch Verändern der Geräte<br />

erschwert bzw. erleichtert wird.<br />

Dazu kann z. B. ein Plakat entstehen<br />

(hoch / tief, wackelig / stabil, schmal /<br />

breit). Die Kinder sollen nun ihrem<br />

Empfinden nach herausfordernde Balanciergeräte<br />

erfinden bzw. ihre vorher<br />

benutzten Geräte erweitern. An dieser<br />

Stelle die Kinder wiederum sensibilisieren,<br />

was sie in ihrem Körper gespürt<br />

haben, wenn sie sich beim Balancieren<br />

▼<br />

▼<br />

▼<br />

sicher gefühlt haben, siehe erste Reflexion.<br />

An den selbstentwickelten Geräten<br />

soll nun geübt werden, bis die Kinder<br />

erneut meinen, sie zu beherrschen.<br />

Reflexion, wie die Schwierigkeit<br />

noch weiter gesteigert werden kann.<br />

Hier entstehen Ideen, wie zum Beispiel<br />

das Gehen zu verändern, seitwärts,<br />

rückwärts, auf Zehenspitzen, mit geschlossenen<br />

Augen etc. oder aber auch<br />

der Wunsch, zusätzliches Material zu<br />

nutzen, z. B. Stäbe balancieren, etwas<br />

auf dem Kopf balancieren, Seil zu<br />

springen etc. Hier wird jedes Kind für<br />

sich eine individuelle Herausforderung<br />

finden. (Stabbalance, Standwaage)<br />

Die Lehrenden werden zu Moderatoren<br />

des Geschehens. Sie lenken die<br />

Stunde, indem sie an den passenden<br />

Stellen eingreifen, um die Aufgaben<br />

zu erweitern. Sie sind stets präsent, indem<br />

sie Hilfe bieten, wo sie nötig ist,<br />

Einzelne ermuntern, Andere bremsen,<br />

loben, ermutigen, vielleicht hin und<br />

wieder erstaunt sein, welche Ideen die<br />

Kinder entwickeln …<br />

▼<br />

▼<br />

Zweites Prinzip: Förderung ästhetischen<br />

Handelns mittels Bewegung<br />

Aus einem solch freien 4 Spiel mit Bewegung<br />

entwickeln sich Bewegungsideen,<br />

die dem subjektiven Empfinden<br />

der Kinder nach Kunststücke sind. Und<br />

an dieser Stelle lässt sich wieder die<br />

Brücke schlagen zu den Definitionsbereichen<br />

von Ästhetik als Wissenschaft<br />

des Schönen und der Kunst, wie sie<br />

einleitend beschrieben wurden. Kinder<br />

entwickeln im Tun ihre eigene Vorstellung<br />

von Kunst, von kunstvollen Bewegungen,<br />

wie Funke (1<strong>98</strong>7) beschreibt.<br />

Dazu gehören nach Funke die Erfahrung<br />

des Spielens mit Bewegung wie<br />

oben beschrieben und daraus resultiert<br />

das Entwickeln von »eigenen« Bewegungen,<br />

die sich vom alltäglichen,<br />

bekannten Sich-Bewegen abheben und<br />

von den Kindern für schön befunden<br />

werden. Sie wollen damit eine Wirkung<br />

auf Andere erzielen. Insbesondere kleine<br />

Kinder präsentieren stolz immer<br />

wieder neu gefundene Bewegungsformen.<br />

Größeren Kindern sollten immer<br />

wieder neue Herausforderungen<br />

geboten werden, durch z. B. Besuche<br />

im Zirkus, von Tanzvorstellungen oder<br />

ähnlichen Vorführungen von »Bewegungskünstlern«.<br />

Auch können Bilder<br />

oder Filme als Anregung dienen.<br />

»Wer die Kunst macht, richtet seine<br />

Absicht darauf, sie zu erzeugen« ( Funke<br />

1<strong>98</strong>7, S. 14).<br />

Im Rahmen einer ästhetischen Bewegungserziehung<br />

sollten die Schülerinnen<br />

und Schüler immer wieder<br />

ermutigt werden, aus dem freien Spiel<br />

mit Bewegung eigene Bewegungsgestaltungen<br />

zu erarbeiten. Das bedeutet<br />

aber nicht, wie es oft im Tanz geschieht,<br />

vorgefertigte Choreographien zu vermitteln.<br />

5 Dann wären die entstandenen<br />

Bewegungsformen kein Beitrag zu<br />

ästhetischer Erziehung. Es entständen<br />

Formen ohne Inhalt (Roscher 2004).<br />

Erst in der Erkenntnis ihres Entstehens<br />

Beispiele am<br />

Barren und an<br />

Tauen für Kopfunter-Übungen<br />

20 GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007


Praxis: Pädagogik im Kontext von Kinderarmut<br />

Kastenkopfstand und Doppelkastenkopfstand –<br />

Nicht nur Grundschulkinder haben ihren Spaß beim Kopfuntersein<br />

Handstand mit Helfer<br />

werden sie mit Inhalt gefüllt und als<br />

etwas subjektiv zu Formendes verstanden.<br />

Das bedeutet, übertragen auf eine<br />

Bewegungserziehung, dass vor allem<br />

ein subjektiv kreativer Umgang mit Bewegung<br />

einen ästhetischen Bildungsbeitrag<br />

leistet.<br />

Praxisbeispiel:<br />

Die Welt auf den Kopf stellen<br />

Diese besondere Erfahrung des »In-der-<br />

Welt-Seins« kann mithilfe verschiedener<br />

Geräten gemacht werden. In der Halle<br />

werden die verschiedensten Geräte<br />

und Gerätekombinationen aufgebaut,<br />

die Kopfunterpositionen ermöglichen.<br />

Beispiele:<br />

■ Mehrere Recks übereinander<br />

■ Ringe/Taue<br />

■ Kleine Kästen<br />

■ Große Kästen<br />

■ Barren<br />

Die Kinder werden aufgefordert, in<br />

Paaren oder zu mehreren Positionen zu<br />

finden, in denen sich ihr Kopf unterhalb<br />

der Füße befindet (siehe Fotos links unten).<br />

Herausforderung:<br />

Partnerinnenarbeit<br />

Nun sollen weitere »Kopf-Unter-Positionen«<br />

ausprobiert werden, bei denen<br />

das Gewicht z. T. an eine oder mehrere<br />

Partnerinnen abgegeben wird. Anregungen<br />

können z. B. durch Fotos, Arbeitskarten<br />

o. Ä. gegeben werden, so<br />

dass sich jeder etwas Passendes aussuchen<br />

kann.<br />

Beispiele<br />

■ Handstand mit ein bis zwei Helfenden<br />

(Foto Handstand mit Helfer)<br />

■ Kopfstand in zwei Kästen mit Helfern<br />

(Foto Kastenkopfstand)<br />

■ Zwei Personen machen Kopfstand<br />

auf den Kästen, eine steht in der Mitte<br />

und hält (Foto Doppelkastenkopfstand).<br />

■ Handstand gegen einen / eine PartnerIn,<br />

die sich die Knie der Turnenden<br />

über die Schulter legt. Diese kann ihre<br />

Hände lösen oder auf die Füße der<br />

Partnerin setzen (Foto Handstandeinhängen)<br />

■ Zwei Partnerinnen stehen sich vis-avis<br />

gegenüber. Eine Partnerin (möglichst<br />

die Stärkere) beugt sich vor, die zweite<br />

beugt sich über sie mit dem Gesicht zu<br />

ihrem Rücken. Sie umfasst fest deren<br />

Taille. Die erste fasst die zweite um die<br />

Fußgelenke. Sie kann sich nun aufrichten.<br />

Ihre Partnerin hängt nun in einer<br />

»Kopfunter«-Position an ihrem Rücken<br />

■ Eine Partnerin nimmt eine »Bankstellung«<br />

ein. Die andere umfasst ihre<br />

Taille und turnt eine Art Schulterstand<br />

auf deren Rücken (Foto Klammerbank<br />

kopfunter).<br />

■ Zwei Partnerinnen liegen Kopf an<br />

Kopf hintereinander auf dem Rücken.<br />

Eine dritte stellt sich in Kopfhöhe daneben.<br />

Sie senkt ihre Schulter in die<br />

gegenüberliegenden Arme der Partnerinnen.<br />

Die Liegenden greifen mit dem<br />

anderen Arm den jeweiligen gestreckten<br />

Arm der Oberen, die nun einen<br />

Schulterstand turnen kann (Foto Dreier-Kopfunter)<br />

etc.<br />

Gestalten: Denkmäler<br />

Im Anschluss daran sollen die Schülerinnen<br />

und Schüler Teams mit ca. fünf<br />

Personen bilden und an einem gewählten<br />

Gerät Denkmäler entwerfen,<br />

bei denen mindestens zwei Personen<br />

kopfunter sind. Die anderen sollen dabei<br />

nicht nutzlos daneben stehen. Sie<br />

können dabei Ideen aus der ersten Auf-<br />

Klammerbank kopfunter<br />

Handstandeinhängen<br />

Dreier-Kopfunter<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007<br />

21


gabe aufgreifen und Neuerlerntes aus<br />

der zweiten Aufgabe einbauen. An dieser<br />

Stelle kann eine Reflexion darüber<br />

initiiert werden, wie die »Nicht-Kopf-<br />

Stehenden« trotzdem am Gesamtbild<br />

beteiligt sind, um schöne Bilder entstehen<br />

zu lassen.<br />

Mögliche Präsentation:<br />

Bilder einer Ausstellung<br />

Die Teams können sich ihre Denkmäler<br />

gegenseitig vorführen. Weiterführend<br />

(abhängig vom Alter) und um auch andere<br />

Medien der Gestaltung einzubeziehen,<br />

können die Teams die entstandenen<br />

Denkmäler fotografieren und so<br />

z. B. eine Fotoausstellung schützenswerter<br />

Denkmäler gestalten. Der Phantasie<br />

sind keine Grenzen gesetzt.<br />

Fazit<br />

»Spieglein, Spieglein an der Wand …«<br />

Mit dem Blick in den Spiegel kann<br />

sich auch ein anderes Bild vom eigenen<br />

Leib manifestieren. Ein stolzer Blick<br />

– stolz nicht auf das äußere Erscheinungsbild,<br />

sondern im Sinne der Anerkennung<br />

für das, was man mit ihm erleben<br />

und erspüren kann und für seine<br />

Bewegungsmöglichkeiten, die so viel<br />

ausdrücken können.<br />

Anmerkungen<br />

1 In der sportpädagogischen Fachliteratur werden die Begriffe Leib,<br />

Körper, Körperleib oft in denselben Kontexten genutzt. Zumeist<br />

wird »Leib« als die Körper/Seele-Einheit des Menschen betrachtet<br />

oder wie Größing (2005, S. 11) sie beschreibt, als »Daseinsverfassung«<br />

bzw. »kulturelles Gebilde«, während »Körper« als das<br />

trainierbare Instrument des Menschen definiert wird oder als<br />

»Naturding« (Größing, 2005, S. 11). Diese Unterscheidung findet<br />

sich nur im deutschsprachigen Raum und bedeutet im positiven<br />

Sinne die Möglichkeit einer begrifflichen Schärfung, die auch ich<br />

nutzen möchte. Den Begriff »Körper« betrachte ich als einen Teil<br />

von Leiblichkeit – als gestaltbare äußere Form des Menschen und<br />

als Medium zur Gestaltung von Welt. Von solchen Überlegungen<br />

ist auch die Betrachtungsweise und Definition der Bedeutung von<br />

Bewegung und Sport abhängig.<br />

2 Im Rahmen des Sportunterrichts ergibt sich ein weiteres Handlungsfeld.<br />

Viele Handlungen im Sport erfordern Regeln. Diese<br />

Regeln sind aber nicht »gottgegeben«. Schülerinnen und Schüler<br />

können bei entsprechender Vorgehensweise im Unterricht die<br />

Erfahrung machen, dass sie selber Spielregeln entwickeln bzw.<br />

weiterentwickeln und damit an deren Entstehung aktiv mitwirken.<br />

Eine solche Vorgehensweise im Unterricht enthält eine ästhetische<br />

Komponente, da diese Regeln an individuelle Situationen angepasst<br />

und aus der Situation heraus entstanden sind.<br />

3 Häufig werden für diesen Bereich der ästhetischen Erziehung<br />

Aufgaben zur Förderung der einzelnen Sinneswahrnehmungen<br />

genannt. Im alltäglichen Leben arbeiten die Sinnesorgane niemals<br />

isoliert voneinander. Insofern können solche Übungen höchstens<br />

als Bewusstmachung ihrer Existenz und ihrer Bedeutung für eine<br />

Gesamteinschätzung von Situationen dienen.<br />

4 Frei bedeutet hier nicht ein »Nun macht mal!«. Freiheit bedeutet<br />

eine Freiheit in der Lösung von Aufgaben oder Situationen, die<br />

vom Lehrenden geplant wurden. Häufig werden durch zusätzliche<br />

Einschränkungen des Freiheitsgrades wieder neue und differenziertere<br />

Lösungen gefunden.<br />

5 Insofern würde ich Tanzunterricht nicht per se ästhetisch bildende<br />

Werte zumessen. Wenn allerdings das neu Erlernte in neue<br />

selbstgefundene Kontexte gebracht wird, entsteht wiederum ein<br />

ästhetischer Lernprozess.<br />

»Es [Nachmachen, Anm. d. Autorin] umfasst die Möglichkeit, sich<br />

im nachgeahmten Anderen zu erproben, einzufühlen oder auch zu<br />

reiben, das fremde Andere mit dem Eigenen verbinden und in einer<br />

neuen, eigenen Gestalt zum Ausdruck zu bringen« (Klinge 2004, S.<br />

9).<br />

Literatur<br />

Bannmüller, E. & Röthig, P. (1990): Grundlagen und Perspektiven<br />

ästhetischer und rhythmischer Bewegungserziehung. Stuttgart: Klett.<br />

Baumgarten, A. G. (1750): Aesthetica. In H. R. Schweizer (1<strong>98</strong>3):<br />

Texte zur Grundlegung der Ästhetik. Hamburg: Meiner Verlag.<br />

Bernd, Ch. (1<strong>98</strong>7). Bewegung und Theater. Lernen durch Verkörpern.<br />

Butzbach-Griedel: Afra.<br />

Buytendijk, F. J. J. (1963): Über die menschliche Bewegung als Einheit<br />

von Natur und Geist. Schorndorf: Hofmann.<br />

Fritsch, U. (1<strong>98</strong>9): Ästhetische Erziehung: der Körper als Ausdrucksorgan.<br />

Sportpädagogik 13 (5), 11 – 18.<br />

Funke, J. (1<strong>98</strong>7). Bewegungskünste und ästhetische Selbsterziehung<br />

– oder: »Sieh mal! Kunst!« Sportpädagogik, 11 (3), 11 – 19<br />

Klinge, A. (2004). Nachmachen und Tanzen – Tanzen und Nachmachen.<br />

Sportpädagogik, 28 (5), 4 – 9.<br />

Laging, R. (2000): Theoretische Bezüge und Konzepte der Bewegten<br />

Schule – Grundlagen und Überblick. In: Laging, R./Schillack, G.<br />

(Hrsg.): Die Schule kommt in Bewegung: Konzepte, Untersuchungen,<br />

praktische Beispiele zur bewegten Schule (2 – 38). Hohengehren:<br />

Schneider Verlag<br />

Langer, S. (1979): Philosophie auf neuem Wege. Mittenwald: Mäander.<br />

Merleau-Ponty, M. (1966): Phänomenologie der Wahrnehmung.<br />

Berlin: Gruyter.<br />

Otto, G. (19<strong>98</strong>): Lehren und Lernen zwischen Didaktik und Ästhetik.<br />

Band 1. Seelze-Velber: Kallmeyersche Verlagsbuchhandlung.<br />

Plessner, H. (1941): Lachen und Weinen. Eine Untersuchung der Grenzen<br />

menschlichen Verhaltens. In G. Dux, O. Marquard & E. Ströker<br />

(Hrsg.): Helmuth Plessner Gesammelte Schriften VII. Ausdruck und<br />

menschliche Natur (201 – 388). Frankfurt am Main: Suhrkamp.<br />

Plessner, H. (1<strong>98</strong>2): Mit anderen Augen. Aspekte einer philosophischen<br />

Anthropo logie. Stuttgart: Reclam.<br />

Probst, A. & Hildebrandt-Stramann (2006): Ästhetische Erziehung<br />

im Sportunterricht der <strong>Grundschule</strong>. In J. Kahlert, G. Lieber &<br />

S. Binder (Hrsg.): Ästhetisch bilden. Braunschweig: Westermann.<br />

Röthig, P. (1997): Pädagogische Reflexionen über Sport, Bildung und<br />

Ästhetik. In Müller, E. et. al. (Hrsg.): Sportpädagogik in Bewegung<br />

(143 – 160). Salzburg: Institut für Sportwissenschaft<br />

Straus, E. (1956): Vom Sinn der Sinne. Berlin, Göttingen, Heidelberg:<br />

Springer.<br />

Welsch, W. (19<strong>98</strong>): Ästhetisches Denken. Stuttgart: Reclam.<br />

22 GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007


Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />

… auf Bundesebene<br />

»Was macht ihr eigentlich im Grundschulverband –<br />

außer Büchern und einer Zeitschrift?«<br />

Zu dieser oft gestellten Frage sollen in dieser Rubrik Antworten aus der <strong>aktuell</strong>en Agenda gegeben<br />

werden. Zuerst Aktuelles auf Bundesebene, es folgen die Nachrichten aus den Landesgruppen<br />

Erwin-Schwartz-Grundschulpreis:<br />

für Heide Bambach<br />

Vor fast 40 Jahren gründete der erste Hochschullehrer<br />

für Grundschulpädagogik in<br />

Deutschland, Prof. Dr. Erwin Schwartz,<br />

den Grundschulverband (damals unter dem<br />

Namen: Arbeitskreis <strong>Grundschule</strong>). Alle seine<br />

Überlegungen und Reformforderungen waren<br />

gebunden an den Bildungsanspruch jedes<br />

Kindes und an die Erkenntnis, dass die <strong>Grundschule</strong><br />

heute diesem Bildungsanspruch nicht<br />

gerecht wird. Eine Schule für Kinder und mit<br />

Kindern – eine Kinderschule müsse die <strong>Grundschule</strong><br />

sein, an die sich dann die Jugendschule<br />

für die älteren Schülerinnen<br />

und Schüler<br />

anschließe. Der Grundschulverband<br />

ist diesem<br />

Kernanliegen bis heute<br />

verpflichtet.<br />

Als Erwin Schwartz im Jahr 2003 verstarb,<br />

überlegten wir, wie wir das Andenken an den<br />

Gründer des Verbandes wachhalten und sein<br />

Kernanliegen <strong>aktuell</strong> ausweisen können. Die<br />

Delegiertenversammlung des Grundschulverbandes<br />

beschloss, in regelmäßigen Abständen<br />

den Erwin-Schwartz-Grundschulpreis zu<br />

vergeben – für besondere Verdienste um die<br />

<strong>Grundschule</strong> und die Bildung ihrer Kinder.<br />

Die Wahl zur ersten Preisträgerin fiel einstimmig<br />

auf Heide Bambach. Und das aus mehreren<br />

Gründen:<br />

Heide Bambach wirkte über 35 Jahre lang als<br />

Schulreformerin für eine Schule für und mit<br />

Kindern: Sie war Leiterin der Primarstufe an<br />

der Laborschule in Bielefeld und verwirk lich te<br />

viele Reformaspekte: jahrgangsübergreifendes<br />

Lernen, Rhythmisierung von freier Zeit<br />

und Lernzeiten, Tageslauf statt Stundenplan,<br />

ihre berühmte »Versammlung«. Kinder wachsen<br />

lassen, sich selber Zeit nehmen, Kinder<br />

dabei zu unterstützen – das war ihre gelebte<br />

Überzeugung.<br />

Heide Bambach hat durch Vorträge, Aufsätze<br />

und dann durch zwei »Kultbücher« vielfältig<br />

Lehrerinnen und Lehrer anregen können: In<br />

ihrem Buch »Erfundene Geschichten erzählen<br />

es richtig« kann man lesen, wie durch Kinderliteratur<br />

freies Schreiben angeregt wird, wie<br />

Kinder Gespräche über die Poetik des Schreibens<br />

führen … In ihrem Buch »Ermutigungen.<br />

Nicht Zensuren!« lesen wir viele Geschichten<br />

über Kinder, ihre Nöte und Freuden, ihre<br />

Lebensbedingungen und Entwicklungen.<br />

Darin eingebettet zeigt Heide Bambach, wie<br />

»Vielen Kindern mangelt es an der Erfahrung, etwas<br />

zu können, gebraucht zu werden, etwas wert zu<br />

sein. All das brauchen Kinder, damit sie selbstbewusst<br />

und zufrieden sein können, also auch, um<br />

selbstbewusste und zufriedene<br />

Erwachsene zu werden. Darum<br />

müssen wir in der Schule mit<br />

dafür sorgen, dass die Kinder<br />

genug von alledem bekommen.<br />

Die Zeit dafür muss da sein; wir<br />

Lehrerinnen und Lehrer müssen<br />

sie haben oder uns nehmen und<br />

den Kindern geben.«<br />

(Heide Bambach)<br />

Beratungen mit Kindern und Lernberichte<br />

gestaltet werden können, die Entwicklungen<br />

und Leistungen würdigen, die Kinder auch<br />

innerlich wachsen lassen.<br />

Viele konnten Heide Bambach in ihrem Unterricht<br />

besuchen, bei Vorträgen und Diskussionen<br />

sie als charismatische Pädagogin erleben.<br />

»Pädagogisches Urgestein«, so nannte<br />

der große Hartmut von Hentig Heide Bambach.<br />

Schließlich: Seit 2003 ist Heide Bambach im<br />

Ruhestand und doch nicht im Ruhestand.<br />

Denn sie hat mit einem neuen Beruf begonnen:<br />

Quer durch Deutschland ist sie als<br />

Schulentwicklungsberaterin unterwegs. Ein<br />

Schwerpunkt dabei: der Umgang mit der Verschiedenheit<br />

der Kinder in jahrgangsübergreifender<br />

Arbeit.<br />

Am 11. Mai wird der Erwin-Schwartz-Grundschulpreis<br />

2007 an Heide Bambach verliehen.<br />

Der Grundschulverband hat dazu nach Göt-<br />

tingen eingeladen. In der Septemberausgabe<br />

dieser Zeitschrift werden wir davon berichten.<br />

Grundschulreform: Nun acht Standpunkte<br />

Gerade haben wir einen Standpunkt zur Grundschulreform<br />

aktualisiert, nämlich den zur Lehrerinnen-<br />

und Lehrerbildung. Hier mussten die<br />

neuen Entwicklungen zu Bachelor und Master<br />

berücksichtigt werden.<br />

Und wir haben zwei Standpunkte ergänzt: Ein<br />

Standpunkt ist der Zusammenarbeit von Elementar-<br />

und Primarstufe gewidmet, einem<br />

Thema, das in der <strong>aktuell</strong>en Bildungsdebatte<br />

eine besondere Rolle spielt. Ein anderer Standpunkt<br />

gilt dem Sprachenlernen und der Mehrsprachigkeit,<br />

das sowohl Deutsch als Zweitsprache<br />

als auch die erste Fremdsprache, aber<br />

auch die Herkunftssprachen der Kinder einbezieht.<br />

Mit den nunmehr acht Standpunkten<br />

hat der Grundschulverband seine Forderungen<br />

nach Weiterentwicklung der <strong>Grundschule</strong> formuliert,<br />

immer beginnend mit einer Bestimmung<br />

der <strong>aktuell</strong>en Lage und daran anschließend<br />

die Forderungen:<br />

■ zur Zusammenarbeit von Elementar- und<br />

Primarstufe,<br />

■ zum kindgerechten Schulanfang,<br />

■ zum Umgang mit der Heterogenität der<br />

Kinder,<br />

■ zur Leistung der Kinder,<br />

■ zur Leistung der Schulen,<br />

■ zum Sprachenlernen und zur Mehrsprachigkeit,<br />

■ zur Ganztagsschule,<br />

■ zur Lehrerinnen- und Lehrerbildung.<br />

Ergänzt werden die acht Standpunkte durch<br />

eine Grundsatzposition, der sich inzwischen<br />

zwölf Verbände angeschlossen haben:<br />

■ Länger gemeinsam lernen<br />

(Alles ist zu finden bei www.grundschulver<br />

band.de, weiter: Standpunkte, sowie »Initiative<br />

länger gemeinsam lernen«)<br />

Bis ein Standpunkt veröffentlicht werden<br />

kann, geht ein etwa zweijähriger Diskussionsund<br />

Arbeitsprozess in den Gremien des Grundschulverbandes<br />

voraus: Das Thema wird in der<br />

Delegiertenversammlung als dringlich festgestellt<br />

und mit Gedanken gefüllt, die im Standpunkt<br />

formuliert werden sollten. Eine Arbeitsgruppe<br />

wird gebildet, die einen Entwurf<br />

fertigt. Der wird wieder in einer Delegiertenversammlung<br />

Satz für Satz, oft Wort für Wort<br />

diskutiert, Änderungen werden beschlossen<br />

und an die Arbeitsgruppe weitergegeben. Ein<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007<br />

23


Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />

… auf Bundesebene<br />

neuer Entwurf entsteht. Das setzt sich fort,<br />

bis ein zustimmungsreifer Text vorliegt.<br />

Stimmt die Mehrheit in der Delegiertenversammlung<br />

für den Text, dann ist ein neuer<br />

Standpunkt des Grundschulverbandes fertig<br />

und wird veröffentlicht. So ist das jetzt<br />

geschehen.<br />

Presseerklärung: Kinderarmut<br />

und Bildungsgerechtigkeit<br />

Der Grundschulverband stellte der Presse<br />

gegenüber fest: »Immer mehr Kinder leben<br />

in Armut. Die Zahl der auf Sozialhilfeniveau<br />

lebenden Kinder erhöht sich unter der Hartz-<br />

IV-Gesetzgebung ständig. Kinderarmut aber<br />

hat gerade in Deutschland Bildungsarmut<br />

zur Folge. Das deutsche Schulwesen benachteiligt<br />

die Kinder weiter, die von zu Hause her<br />

bereits benachteiligt sind.« Hintergrund ist die<br />

im internationalen Vergleich beschämende<br />

Erkenntnis, dass in keinem anderen Industrieland<br />

der Zusammenhang von sozialer Herkunft<br />

und Bildungserfolg so eng ist wie in<br />

Deutschland.<br />

»Kinderarmut ist ein gesellschaftspolitischer,<br />

Bildungsarmut ein bildungspolitischer Skandal«,<br />

so das Resümee des Grundschulverbandes.<br />

Die Fachreferentin für Bildungsgerechtigkeit<br />

im Grundschulverband, Frau Prof. Dr.<br />

Angelika Speck-Hamdan, fordert in einem<br />

7-Punkte-Programm eine grundlegende Neuorientierung<br />

für den Schulbereich, um Bildungsgerechtigkeit<br />

herzustellen:<br />

■ den Ausbau der kostenfreien vorschulischen<br />

Bildung,<br />

■ die pädagogisch konsequent gestaltete<br />

Ganztagsschule,<br />

■ individuell abgestimmte Förderangebote<br />

in einer Schule, die Kindern mehr Bildungszeit<br />

einräumt (Ganztag),<br />

■ Verzicht auf frühe Selektion, also längere<br />

gemeinsame Lernzeit,<br />

■ ein positives Klassenklima, das Kinder<br />

beschützt und Sicherheit vermittelt,<br />

also Verzicht auf Beschämungen,<br />

■ Verzicht auf Noten, stattdessen Aufbau<br />

einer pädagogischen Leistungskultur,<br />

■ die Schaffung sozialer Netzwerke,<br />

die Kindern und ihren Familien unterstützend<br />

zur Seite stehen.<br />

(Ausführlich in: <strong>Grundschule</strong> <strong>aktuell</strong>,<br />

Heft 97)<br />

Mitgliederentwicklung:<br />

Tagung mit jungen Mitgliedern<br />

Nachdem der Grundschulverband in den 80er<br />

und 90er Jahren von 6.000 auf 15.000 Mitglieder<br />

angewachsen war, verzeichnen wir<br />

nun von Jahr zu Jahr einen Rückgang. Zurzeit<br />

haben wir knapp 12.000 Mitglieder. Langjährige<br />

Mitglieder kündigen, weil sie pensioniert<br />

werden, junge Mitglieder kommen aber nicht<br />

in gleicher Zahl dazu. So weit wir junge Mitglieder<br />

haben, bleiben sie oft nur kurze Zeit<br />

Mitglied, sie kündigen z. B. nach dem Ende der<br />

Ausbildung.<br />

Ein Rückgang der Mitglieder ist zwar bei allen<br />

Vereinen und Verbänden derzeit zu beobachten,<br />

was uns aber nicht beruhigen kann.<br />

Der Grundschulverband ist ein engagierter<br />

Reformverband für eine kindgerechtere<br />

(Grund-)Schule. Zur Verbreitung seiner Gedanken,<br />

Forderungen und Realisierungsbeispiele<br />

ist er auf möglichst viele Mitglieder angewiesen.<br />

Gerade auch junge Mitglieder braucht ein<br />

Verband, der so zukunftsorientiert ist.<br />

Der Vorstand des Grundschulverbandes lud<br />

deshalb Ende Februar junge Mitglieder ein, die<br />

in den Vorständen der Landesgruppen bereits<br />

mitarbeiten. Wir wollten ergründen, warum<br />

es heute so schwierig ist, junge Miglieder für<br />

den Verband und seine Ziele zu werben. Zu<br />

ergründen war, was der Verband besser oder<br />

anderes machen muss, um auch die jüngere<br />

Pädagogen-Generation anzusprechen, sie als<br />

Mitglieder zu werben oder sie sogar zur Mitarbeit<br />

zu gewinnen.<br />

Es wurde eine lebendige und ertragreiche<br />

Tagung. Die jungen Mitglieder hatten eine<br />

Fülle von Ideen und Vorschlägen, auch von<br />

bereits praktizierten Maßnahmen. Zum Beispiel<br />

wurde ein Konzept zur Gründung von<br />

Studentengruppen vorgelegt, mit Einladungen<br />

und Vorschlägen für die Gestaltung<br />

der Arbeit in verschiedenen Veranstaltungsformen.<br />

Dabei auch konkrete Checklisten für<br />

die Organisation des Bücherverkaufs oder der<br />

Vortragsgestaltung.<br />

Oder: Es wurde kritisiert, dass die Veröffentlichungen<br />

in Büchern und unserer Zeitschrift<br />

in der Regel glatt funktionierenden Unterricht<br />

vorstellt, weniger aber die alltäglichen Schwierigkeiten,<br />

zum Beispiel mit schwierigen Kindern,<br />

schwierigen Eltern … Überhaupt müssvon<br />

links nach rechts: Katharina Entfellner,<br />

Bayern; Horst Bartnitzky; Ulrike Lietzau, Berlin;<br />

Ilona Rother, Bremen; Caroline Eifler, Saarland;<br />

Kirsten Bartnitzky-Burg, NRW<br />

ten wir auch an die Arbeitssituationen und<br />

Interessen der verschiedenen Gruppen mehr<br />

denken, die sich deutlich voneinander unterscheiden:<br />

die Studierenden, die Lehramtsanwärter/innen,<br />

die Lehrkräfte am Anfang ihres<br />

Lehrerseins, die erfahrenen Lehrkräfte, die<br />

Eltern …<br />

Die Fülle der Ideen und Anregungen werden<br />

wir in der Delegiertenversammlung besprechen<br />

und überlegen, was davon kurzfristig<br />

und was langfristig umzusetzen ist.<br />

Mitgliederbände: Mehr als nur neue Bücher<br />

Jahr für Jahr erhalten die Mitglieder des Grundschulverbandes<br />

zwei Mitgliederbände. Die Entscheidung<br />

über das Thema fällt anders als in<br />

den Buchverlagen. Im Grundschulverband geht<br />

es um die Frage: Welcher Aspekt von <strong>Grundschule</strong>ntwicklung<br />

ist zur Zeit <strong>aktuell</strong>, bzw. auf<br />

welchen Aspekt muss der Grundschulverband<br />

aufmerksam machen? Wozu also müssen wir<br />

sowohl den <strong>aktuell</strong>en didaktischen Stand darstellen,<br />

neue Forschungsergebnisse mitteilen<br />

als auch praktische Beispiele vorstellen, die<br />

einen hohem Anregungswert haben?<br />

Im letzten Jahr entschied die Delegiertenversammlung:<br />

Dies muss die Fortsetzung<br />

des Projekts Pädagogische Leistungskultur<br />

sein, dann die <strong>aktuell</strong>en Themen: Jahrgangsübergreifendes<br />

Lernen und Englisch als erste<br />

Fremdsprache.<br />

Und dann war da noch ein Oldtimer zu renovieren:<br />

Der Grundschulverband hatte vor<br />

25 Jahren zwei Bände herausgegeben zu Lernorten<br />

außerhalb der Schule. Diese alten Bände<br />

werden, weil Neues nicht vorhanden ist, vielfach<br />

immer noch nachgefragt. Da das Thema<br />

nach wie vor <strong>aktuell</strong> ist, soll hierzu ein neuer<br />

Band erscheinen, der die alten Bände dann<br />

ablöst.<br />

Nach der Themenfestlegung folgt die Suche<br />

nach Herausgeber(inne)n und Autor(inne)n.<br />

Eine Gliederung wird erarbeitet, die in der<br />

Regel wieder der Delegiertenversammlung<br />

vorgelegt und dort diskutiert wird.<br />

24 GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007


Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />

… auf Bundesebene<br />

Die folgenden Mitgliederbände wurden von<br />

der Delegiertenversammlung für die Jahre<br />

2007 und 2008 beschlossen. Sie sind zurzeit<br />

in Arbeit:<br />

■ für 2007: Jahrgangsübergreifendes Lernen<br />

und Pädagogische Leistungskultur: Materialien<br />

für Musik, Kunst, Sport, Englisch<br />

sowie für überfachliche Ziele,<br />

■ für 2008: Englisch als erste Fremdsprache<br />

und Lernorte außerhalb der Schule.<br />

Alle genannten Titel sind Arbeitstitel.<br />

Die Bände führen immer einen programmatischen<br />

Aspekt des Grundschulverbandes aus:<br />

theoretisch und schulpraktisch, oft verbunden<br />

mit Forderungen an Schulpolitik und Schulverwaltung.<br />

An einem Thema soll das etwas mehr ausgeführt<br />

werden: dem <strong>aktuell</strong>en Thema Leistung.<br />

Unser Leistungsprojekt:<br />

Wider die Testeritis<br />

Der Grundschulverband reagiert mit seinem<br />

Leistungsprojekt auf die um sich greifende<br />

Testeritis. Natürlich können Tests ihren Sinn<br />

haben. Was wir mit dem abwertenden Begriff<br />

»Testeritis« sagen wollen: Derzeit handelt die<br />

Schulpolitik mit den Vergleichs- oder Orientierungsarbeiten<br />

so, als erbrächten sie zentrale<br />

Aussagen über die Leistungsfähigkeit nicht<br />

nur der Schulen, sondern sogar über die jedes<br />

einzelnen Kindes. Das ist aus mindestens drei<br />

Gründen falsch:<br />

1. Die Tests sind Momentaufnahmen, mit<br />

vielfältigen Fehlerquellen behaftet, z. B. zur<br />

Tagesform der Kinder, zur Hilfestellung der<br />

Lehrkraft … Die Tests erlauben deshalb, entgegen<br />

den Verlautbarungen der Politik, keine<br />

verlässliche Aussage über das einzelne Kind.<br />

Warum die zuständigen Wissenschaftler diesen<br />

politischen Schwindel mitmachen, ist des<br />

Nachdenkens wert.<br />

2. Die Tests erfassen immer nur einen kleinen,<br />

ja einen minimalen Ausschnitt aus dem,<br />

was Kinder lernen und leisten. Deshalb können<br />

sie überhaupt nur zu diesem Ausschnitt<br />

etwas aussagen.<br />

3. Der Grundschulverband hat beispielhaft<br />

Aufgaben von VERA und Aufgaben der bayrischen<br />

Orientierungsarbeiten auf ihre didaktische<br />

Qualität hin untersucht und ist zu<br />

deprimierenden Ergebnissen gekommen: Die<br />

Aufgaben sind zum Teil fehlerhaft, sie entsprechen<br />

zum Teil nicht dem didaktischen Stand,<br />

die vorgegebenen Antworten entsprechen<br />

oft nicht dem kindlichen Denken, die Themen<br />

sind an Kindern der bildungsorientierten<br />

Mittelschicht orientiert und verhindern, dass<br />

andere Kinder zeigen können, was sie zu leisten<br />

im Stande sind (siehe <strong>Grundschule</strong> <strong>aktuell</strong><br />

Hefte 89, 90, 92).<br />

Mit der politischen Hochwertung der Tests<br />

und dem entsprechenden Druck auf die Schulen<br />

sind Tests, Diagnosebögen, Fördermaterialien<br />

zum Verkaufsschlager geworden, wie<br />

kürzlich auf der Bildungsmesse Didacta in<br />

Köln zu besichtigen war. Verlage und Kinderzeitschriften<br />

bieten haufenweise Tests an,<br />

Unterricht kann damit zur ständigen Teststrecke<br />

werden.<br />

Dem setzt der Grundschulverband sein Leistungsprojekt<br />

entgegen: Die Entwicklung einer<br />

pädagogischen Leistungskultur. Dabei werden<br />

die individuellen Leistungen der Kinder im<br />

Schulalltag wahrgenommen, gewürdigt und<br />

gefördert.<br />

Mit renommierten Fachleuten aus Wissenschaft<br />

und Praxis hat der Grundschulverband<br />

hierzu Materialien erarbeitet, die beispielhaft<br />

zeigen, wie Lernstände von Kindern festgestellt<br />

und wie ihre individuellen Lernentwicklungen<br />

bestätigt werden, wie Lerngespräche<br />

mit Kindern geführt werden und wie Kinder<br />

selbst eigene Lernwege beschreiben.<br />

Für die Fächer Deutsch, Sachunterricht und<br />

Mathematik gibt es hierzu Fachhefte in zwei<br />

Schubern: in einem für die Klassen 1 und 2, in<br />

einem anderen für die Klassen 3 und 4 (siehe<br />

www.grundschulverband.de, weiter bei Veröffentlichungen,<br />

Stichwort: Pädagogische Leistungskultur).<br />

Im Laufe dieses Jahres werden wir uns wieder<br />

mit den diesjährigen Testaufgaben und ihrer<br />

politischen Vermarktung kritisch auseinandersetzen.<br />

Pädagogische<br />

Leistungskultur<br />

Band 118<br />

ISBN 3-930024-87-X<br />

Best.-Nr. 1076<br />

17,– € / f. Mitgl. 13,– €<br />

Band 119<br />

ISBN 3-930024-88-8<br />

Best.-Nr. 1077<br />

17,– € / f. Mitgl. 13,– €<br />

… das Projekt geht weiter<br />

Wo bleiben Musik, Kunst, Sport, Englisch?<br />

Eine höchst unerwünschte Nebenwirkung<br />

der <strong>aktuell</strong>en Testeritis ist, dass sich die Aufmerksamkeit<br />

auf Teilbereiche der Fächer<br />

Deutsch und Mathematik reduziert. Die früher<br />

so genannten »Nebenfächer« drohen damit<br />

nun wirklich zur Nebensache zu werden, mit<br />

Schmuckfunktion bei Musik und Kunst, mit<br />

Bewegungstherapie bei Sport. Und Frühenglisch,<br />

oft mit großem Aufwand eingeführt,<br />

läuft unbeachtet nebenher.<br />

Diese Entwicklung verkürzt Bildung und lässt<br />

Schulkultur verarmen.<br />

Der Grundschulverband setzt deshalb mit<br />

einem weiteren Schuber ein deutliches Signal:<br />

Zurzeit erarbeiten Experten aus Wissenschaft<br />

und Praxis fünf weitere Hefte zur pädagogischen<br />

Leistungskultur, die Ende dieses Jahres<br />

als Mitgliederband erscheinen werden: je<br />

ein Heft für Musik, für Kunst, für Sport und<br />

für Englisch. Ein fünftes Heft ist dann den<br />

überfachlichen Zielen gewidmet: der Selbst-,<br />

Sach- und Sozialkompetenz. Mit diesem Heft<br />

reagiert der Grundschulverband auch auf die<br />

neue Welle der Kopfnoten-Erlasse.<br />

Übrigens, die vorliegende Zeitschrift soll demselben<br />

Zweck dienen: Aufmerksamkeit auf die<br />

zur Zeit vernachlässigten Bildungsbereiche<br />

richten.<br />

Ausblick: Bundesgrundschulkongress 2009<br />

Eine Tradition im Grundschulverband ist alle<br />

zehn Jahre die Ausrichtung eines großen Bundesgrundschulkongresses.<br />

Der erste fand 1969<br />

im Gründungsjahr statt, der letzte war 1999.<br />

Jeder der Kongresse wurde immer der Bildungskongress<br />

in Deutschland mit der höchsten<br />

Teilnehmerzahl. Nun sind es noch zwei<br />

Jahre bis 2009, dann wird die <strong>Grundschule</strong> 90<br />

Jahre alt und der Grundschulverband 40.<br />

Der Kongress wird diesmal in Fulda stattfinden<br />

und zwar vom Freitag 25. bis Samstag<br />

26. September 2009. Vielleicht schon mal zum<br />

Vormerken.<br />

Im Sommer nimmt die Planungsgruppe ihre<br />

Arbeit auf.<br />

(für den Vorstand des Grundschulverbandes:<br />

Horst Bartnitzky)<br />

Band 121<br />

ISBN<br />

3-930024-94-2<br />

Best.-Nr. 1079<br />

17,– € /<br />

f. Mitgl. 13,– €<br />

in Vorbereitung:<br />

Überfachliche<br />

Lernbereiche<br />

Fremdsprachen<br />

und Ästhetik<br />

erscheint im<br />

Herbst 2007<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007<br />

25


Grundschulverband <strong>aktuell</strong> … aus den Landesgruppen<br />

Baden-Württemberg<br />

Anschrift: Dipl.-Päd. Adolf Messer, Stockacker 15, 79252 Stegen; www.gsv-bw.de<br />

Ausbildungsnetzwerke<br />

»Frühe Bildung«<br />

Im Rahmen des Ausbauprogramms<br />

»Hochschule 2012«<br />

zur Bewältigung doppelter<br />

Abiturientenjahrgänge werden<br />

(in begrenzter Zahl) an Pädagogischen<br />

Hochschulen erstmalig<br />

Studienplätze für ErzieherInnen<br />

eingerichtet. Die Landesgruppe<br />

hat in einem Schreiben an die<br />

verantwortlichen Ministerien<br />

begrüßt, dass LehrerInnen und<br />

ErzieherInnen künftig gemeinsam<br />

und gleichwertig ausgebildet<br />

werden können. Pädagogische<br />

Hochschulen sind<br />

aufgrund ihrer fachdidaktischen<br />

Kompetenzen besonders geeignet,<br />

ihre Ressourcen an Lehre<br />

und Bildungsforschung für<br />

Fragen der frühen Bildung zu öffnen.<br />

Dabei aber kommt es darauf<br />

an, Netzwerke zu begründen, in<br />

denen Fachschulen und Fachhochschulen<br />

für Sozialpädagogik<br />

sowie Pädagogische Hoch-<br />

schulen zusammen arbeiten. In<br />

einem Antwortschreiben betonte<br />

Kultusminister Rau, dass die Ausbildung<br />

von ErzieherInnen weiterhin<br />

den Fachschulen überlassen<br />

bleibt, dass Qualifikationen<br />

für Leitungsaufgaben auch an<br />

einer Hochschule erworben werden<br />

können. Ministerialrat Utz<br />

antwortete im Auftrag des Wissenschaftsministers,<br />

dass das<br />

Berufsziel der Erzieherin / des<br />

Erziehers auch für Absolventen<br />

einer akademischen Ausbildung<br />

nicht ausgeschlossen sei. Dennoch<br />

habe sich hier ein neues<br />

Berufsbild zu entwickeln, welches<br />

sich auch von dem Berufsbild<br />

der Sozialpädagogen unterscheiden<br />

müsse.<br />

Fachtagung<br />

»Schule kann gelingen«<br />

Am 06.03.2002 führte die Landesgruppe<br />

in Kooperation mit<br />

der PH Ludwigsburg eine Fachtagung<br />

»Schule kann gelingen«<br />

durch. Einleitend zog Hans-<br />

Joachim Fischer eine kritische<br />

Bilanz der bisherigen Bemühungen<br />

um eine Verbesserung<br />

der Bildungssituation in unserem<br />

Land. Noch immer liegt unsere<br />

größte Schwäche darin, dass wir<br />

selektieren anstatt genügend<br />

zu fördern. Den Hauptvortrag<br />

gestaltete Enja Riegel, die ehemalige<br />

Leiterin der erfolgreichen<br />

Helene Lange Schule in Wiesbaden.<br />

Ein Drittel des Fachunterrichts<br />

wurde an dieser Schule<br />

durch fächerübergreifende projektartige<br />

Lernformen ersetzt.<br />

Im Ergebnis konnten die Schüler<br />

dieser Schule ein Entwicklungsjahr<br />

gewinnen. Ein eindrucksvolles<br />

Plädoyer, sich auf reformpädagogische<br />

Prinzipien zu<br />

besinnen. In zwei Staffeln wurden<br />

darüber hinaus insgesamt<br />

18 Arbeitsgruppen angeboten,<br />

in denen vor allem Reformschulen<br />

der Ludwigsburger Region ihr<br />

Konzept darstellten und disku-<br />

tierten. Ein Positionspapier<br />

»Fördern statt Aussondern«<br />

geht an die bildungspolitischen<br />

SprecherInnen der Parteien im<br />

Landtag.<br />

Gespräch mit Renate Rastätter<br />

Am 16. März führte die Landesgruppe<br />

ein Gespräch mit der bildungspolitischen<br />

Sprecherin der<br />

Grünen Renate Rastätter MdL.<br />

Im Zentrum des Gesprächs, das<br />

verschiedene Themen berührte,<br />

stand der sich immer mehr verschärfende<br />

Selektionsdruck an<br />

den <strong>Grundschule</strong>n des Landes.<br />

Regionale Initiativen suchen<br />

mittlerweile einen Ausweg in<br />

der Gründung von Schulzentren,<br />

die auch die sich verschärfende<br />

Not der Hauptschule lindern. Es<br />

lohnt sich künftig mehr denn<br />

je, Bündnisse und Initiativen zur<br />

Überwindung des dreigliedrigen<br />

Schulsystems anzustrengen.<br />

(für die Landesgruppe: Edgar Bohn)<br />

Bayern<br />

Vorsitzende: Dr. Gudrun Schönknecht, Berliner Allee 22d, 86153 Augsburg<br />

Austausch zwischen den<br />

Bundesländern intensiviert<br />

Im vergangenen Jahr besuchte<br />

die Landesgruppe Schleswig-Holstein<br />

bayerische Schulen in Mittelfranken<br />

und Oberbayern. Vom<br />

21. 2. bis 23. 2. dieses Jahres gab<br />

es nun einen Gegenbesuch im<br />

hohen Norden durch eine kleine<br />

Abordnung bayerischer Lehrerinnen<br />

und Lehrer auf Einladung<br />

der jeweiligen Landesgruppen<br />

nach Hamburg und Schleswig-<br />

Holstein, um sich länderübergreifend<br />

über Bildungsfragen zu verständigen.<br />

In Hamburg führte Susanne<br />

Peters als Schulleiterin durch die<br />

Fahrenkrön-Schule und ermöglichte<br />

uns einen Einblick in den<br />

täglichen Ablauf an einer Schule<br />

mit offenem Ganztagsbetrieb<br />

und integrativen Regelklassen.<br />

Wir erlebten eine große Nähe<br />

zwischen Lehrkräften und Schülern<br />

während des gesamten<br />

Schultages, vielfältige Unterstützungsangebote<br />

durch Eltern,<br />

neue Möglichkeiten der Abstimmung<br />

im Kollegium sowie vielfältige<br />

Management-Aufgaben einer<br />

Schulleiterin. An einer Grundund<br />

Gesamtschule der Bugenhagen-Schulen<br />

hospitierten wir in<br />

jahrgangsübergreifenden Integrationsklassen<br />

und erlebten<br />

dabei einen rhythmisierten Ganztag.<br />

Auffällig war auch hierbei die<br />

intensive Betreuung der Kinder<br />

durch Lehrkräfte und ErzieherInnen<br />

über den ganzen Tag hinweg.<br />

Wir erfuhren von Lehrkräften, wie<br />

sie im Team eine Klasse unterrichten,<br />

erlebten selbstverständlich<br />

gelebte Klassenratssitzungen<br />

und einen weitgehend geöffneten<br />

Unterricht.<br />

In Schleswig-Holstein hatten wir<br />

die Gelegenheit, die Osterrönfeldter<br />

<strong>Grundschule</strong> zu besuchen<br />

und dort viele verschiedene Klassenstufen<br />

zu erleben. Besonders<br />

beeindruckend war die Arbeit<br />

mit projektartigen Unterrichtsmethoden<br />

oder Arbeitsplänen.<br />

In unterhaltsamen Abendrunden<br />

saßen Lehrkräfte aus Schleswig-<br />

Holstein, Hamburg und Bayern<br />

zusammen, diskutierten <strong>aktuell</strong>e<br />

Entwicklungen in der Bildungspolitik,<br />

tauschten sich über alltägliche<br />

Umsetzungsprobleme und<br />

-nöte aus und stellten fest, dass<br />

die Nord-Süd-Schiene im Grundschulverband<br />

sich gegenseitig<br />

immer wieder bereichert.<br />

Wieder einmal wurde uns allen<br />

bewusst, wie vielfältig Erziehung<br />

und Unterricht gedacht und<br />

praktiziert werden kann und wel-<br />

che gemeinsamen Ziele wir mit<br />

dem Grundschulverband verfolgen.<br />

Wir können nur alle Landesgruppen<br />

ermuntern, diesen »Blick<br />

über den Zaun« wahrzunehmen<br />

und länderübergreifende Hospitationen<br />

und Besuche zu initiieren<br />

oder fortzusetzen.<br />

(für die Landesgruppe:<br />

Gabriele Klenk, Bianca Ederer)<br />

v. l. n. r.: Gerald Klenk, Schulleiter aus Bayern; Gaby Klenk, Konrektorin und<br />

GSV Bayern; Sabine Andresen, Grundschullehrerin, Schleswig-Holstein; Bianca<br />

Ederer, Grundschullehrerin, GSV Bayern; Michael Lorbeer-A., Vorstand GSV<br />

Schleswig-Holstein; Susanne Peters, Schulleiterin und GSV Vorstand Hamburg<br />

26 GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007


Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />

… aus den Landesgruppen<br />

Berlin<br />

Kontakt: Ing rid Kornmesser, Kohlfurter Str. 4, 10999 Berlin; www.gsv-berlin.de<br />

Mehr Kommunikation zwischen<br />

Mitgliedern und Vorstand<br />

Wir haben uns als Vorstand<br />

der Berliner Landesgruppe des<br />

Grundschulverbandes überlegt,<br />

wie wir die Kommunikation<br />

zwischen den Mitgliedern<br />

und dem Vorstand intensivieren<br />

können. Eine Idee ist: Wir werden<br />

künftig die Mitglieder der<br />

Berliner Landesgruppe zwei- bis<br />

dreimal jährlich in einem »Info-<br />

Brief« über unsere Tätigkeit<br />

informieren und zugleich von<br />

den Mitgliedern kurze Stellungnahmen<br />

zu <strong>aktuell</strong> wichtigen<br />

Grundschulfragen erbitten. Der<br />

Info-Brief 2007/1 (einschließlich<br />

einem einseitigen Fragebogen)<br />

– nachzulesen auf unserer<br />

homepage www.gsv-berlin.de –<br />

bezieht sich schwerpunktmäßig<br />

auf die Berliner Schulanfangsphase<br />

mit ihren vielen Veränderungen<br />

und Praxisproblemen und<br />

auf diesbezügliche Tätigkeiten<br />

des Grundschulverbandes. Da<br />

wir die »Info-Briefe« aus Kostengründen<br />

künftig nur per Mail<br />

zusenden können, bitten wir alle<br />

Mitglieder, die an diesen Info-<br />

Briefen weiterhin interessiert<br />

sind, uns unbedingt ihre Mailanschrift<br />

zu schicken (bitte an:<br />

i.kornmesser@freenet.de).<br />

Forderungen zur »Berliner<br />

Gemeinschaftsschule« aus integrationspädagogischer<br />

Sicht<br />

Der verbandsübergreifende AK<br />

GEM (Arbeitskreis Gemeinsame<br />

Erziehung behinderter und nichtbehinderter<br />

Kinder und Jugendlicher),<br />

in dem wir seit Jahren<br />

mitarbeiten, ist mit 10 Forderungen<br />

zum Berliner Pilotprojekt<br />

»Gemeinschaftsschule« an die<br />

Öffentlichkeit getreten. U. a. fordert<br />

der AK GEM, dass die bisher<br />

getrennten Rahmenpläne Lernen<br />

und geistige Entwicklung in die<br />

der allgemeinen Schul stufen<br />

integriert werden und dass an<br />

jeder Gemeinschaftsschule eine<br />

»Beratungs- und Serviceeinrichtung«<br />

geschaffen wird. Diese<br />

Einrichtung (pro Schule 1 Stelle<br />

mit spezieller Kompetenz) koordiniert<br />

und begleitet die sonderpädagogische<br />

und ggf. auch<br />

sozialpädagogische Förderung,<br />

berät Eltern, Lehrkräfte und<br />

Schüler(innen) bei spezifischen<br />

mit der sonderpädagogischen<br />

Förderung verbundenen Fragen,<br />

pflegt Kontakte zur Jugendhilfe<br />

u. a. m. Näheres unter: www.gsvberlin.de.<br />

(für die Landesgruppe: Peter Heyer;<br />

peterheyer@snafu.de)<br />

Fachtagung »Gemeinschaftsschule<br />

Berlin – eine Schule für<br />

alle. Impulse für den Umgang<br />

mit Heterogenität in der<br />

Praxis« (Arbeitstitel)<br />

Freitag, 15. Juni 2007,<br />

8.30 – 16 Uhr;<br />

Friedrich-Ebert-Stiftung,<br />

Hiroshimastr. 17; 10785 Berlin<br />

Veranstalter: Runder Tisch<br />

Gemeinschaftsschule Berlin<br />

Näheres unter:<br />

www.gsv-berlin.de<br />

Brandenburg<br />

Vorsitzende: Denise Sommer, Weinbergweg 21, 15834 Rangsdorf; www.gsv-brandenburg.de<br />

Belastungen im Lehrerberuf –<br />

Wie kann man damit umgehen?<br />

Über dieses Thema diskutierten<br />

Mitglieder der Landesgruppe<br />

und engagierte Lehrerinnen am<br />

LISUM Brandenburg mit Frau<br />

Dr. Arold von der Universität<br />

Potsdam. Grundlage bildeten die<br />

Ergebnisse des Forschungsprojektes<br />

von Prof. Schaarschmidt<br />

zur Lehrergesundheit, an dem<br />

Frau Dr. Arold mitgewirkt hatte.<br />

Neben der Erfassung von Symptomen<br />

der Belastungen in Form<br />

von psychischen und körperlichen<br />

Beeinträchtigungen ging<br />

es in dem Projekt vor allem um<br />

die Frage, mit welchem Verhalten<br />

die Lehrerinnen und Lehrer<br />

den Anforderungen ihres Berufes<br />

gegenübertreten. Dieses Verhalten<br />

kann einerseits Gesundheitsressource<br />

sein, zum anderen aber<br />

auch Gesundheitsrisiken beinhalten.<br />

Dazu wurden Merkmale<br />

wie Arbeitsengagement, Widerstandskraft<br />

gegenüber Belastungen<br />

und arbeitsbezogene Emotionen<br />

näher untersucht.<br />

Es wurde deutlich, dass der Beruf<br />

der Lehrerin/des Lehrers einerseits<br />

ein hohes Maß an Belastungen<br />

in sich birgt. Oftmals<br />

wirken dabei von außen gesetzte<br />

Bedingungen verstärkend. Das<br />

sind gegenwärtig in Brandenburg<br />

z. B. auch die Umsetzungen<br />

an andere Schulen / Schulformen<br />

und ständige Veränderungen in<br />

den gesetzlichen Bestimmungen.<br />

Anderseits trägt jedoch jede Lehrerin,<br />

jeder Lehrer selbst Verantwortung,<br />

mit den Belastungen<br />

so umzugehen, dass es nicht<br />

zu gesundheitlichen Schäden<br />

kommt. Da dies stark mit den<br />

persönlichen Voraussetzungen<br />

zusammenhängt, wäre eine entsprechende<br />

Beratung schon zu<br />

Beginn des Studiums sinnvoll.<br />

Darüber hinaus sollten die<br />

erprobten Entlastungsstrategien<br />

den Lehrkräften vorgestellt<br />

und bei Bedarf Trainingsmöglichkeiten<br />

angeboten werden.<br />

So war es für alle Anwesenden<br />

interessant zu erfahren, dass<br />

es dafür ausgebildete Berater<br />

gibt. Schwierig ist es allerdings,<br />

Möglichkeiten der Kontaktaufnahme<br />

zu den Moderatoren zu<br />

finden, da weder Adressen noch<br />

Angebote zentral verfügbar sind.<br />

Gerade dies sollte jedoch im Zeitalter<br />

des Internets kein Problem<br />

mehr darstellen.<br />

(für die Landesgruppe: Barbara Wegner)<br />

Grundschultag:<br />

»Visitation – Chance für<br />

die Schulentwicklung?«<br />

29. Mai 2007 von<br />

9.30 – 15.30 Uhr im<br />

LISUM Brandenburg<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007<br />

27


Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />

… aus den Landesgruppen<br />

Bremen<br />

Vorsitzende: Karin Sanders, Langenstr. 11, 28816 Stuhr; www.grundschulverband-bremen.de<br />

Jahresgespräch in der<br />

Bildungsbehörde<br />

Mit Frau von Ilsemann, Herrn<br />

Henschen und Herrn Gosch fand<br />

am 24. Januar 2007 ein Gespräch<br />

zur Situation der <strong>Grundschule</strong>n<br />

statt.<br />

Es ging vorrangig um den massiven<br />

Unterrichtsausfall an den<br />

<strong>Grundschule</strong>n in Bremen und<br />

Bremerhaven sowie die Probleme<br />

mit der veränderten Lehrerinnenausbildung<br />

in der 2. Phase.<br />

Verabredet wurde ein weiteres<br />

Gespräch mit Herrn Gosch<br />

(Referat Lehrerbildung).<br />

Jährliche Gespräche mit den in<br />

der Bildungsdeputation vertretenen<br />

Parteien<br />

■ Gesamte Bildungsdeputation<br />

der CDU am 05.02.2007<br />

■ Frau Stahmann (Grüne), Frau<br />

Kauertz (SPD) am 27. Februar<br />

2007<br />

Da im Mai 2007 in Bremen<br />

Wahlen anstehen, wurden in zwei<br />

Gesprächen die für die <strong>Grundschule</strong><br />

anstehenden Problemfelder<br />

mit den zuständigen Bildungsdeputierten<br />

erörtert:<br />

■ Klassenfrequenzen<br />

■ Zukunft der 6-jährigen <strong>Grundschule</strong>n<br />

und Ganztagsschulen<br />

als Auswahlschulen<br />

■ Unterrichtsausfall<br />

■ VERA / Vergleichsarbeiten<br />

■ Notenbefreiung ab Klasse 3<br />

■ Umstrukturierung der<br />

Beratungsstellen<br />

■ Lehrerinnenausbildung<br />

in Bremen<br />

Frau Stahmann und Frau<br />

Kauertz sahen die Position des<br />

Grundschulverbandes in vielen<br />

Punkten als bildungspolitisch<br />

notwendig an, fühlen sich aber<br />

vom derzeitigen Koalitionspartner<br />

(CDU) blockiert (z. B. in der<br />

Frage der Notenbefreiung).<br />

Nordverbund Grundschulverband<br />

am 16. April 2007<br />

in Hamburg<br />

Aktive Mitglieder der nördlichen<br />

Landesgruppen sollen zu Hospitationen<br />

und Austausch mit<br />

Kolleginnen guter Praxisschulen<br />

in den Bundesländern Hamburg,<br />

Bremen, Schleswig-Holstein und<br />

Mecklenburg-Vorpommern Gelegenheit<br />

bekommen. Erster Termin<br />

wird der 16. April 2007 in der<br />

Bugenhagenschule in Hamburg<br />

sein. Weitere Termine sind bei der<br />

Landesgruppe Hamburg anzufragen.<br />

Stärkung des Sachunterrichts<br />

– Fachtag am 15. und 16. Februar<br />

2007<br />

Der neue Rahmenplan Sachunterricht<br />

war Anlass für eine<br />

zwei tägige Tagung, die erstmals<br />

in Kooperation mit der Universität<br />

und dem Landesinstitut für<br />

Schule ausgerichtet wurde.<br />

Geplant ist eine dauerhafte<br />

Vernetzung von Universität,<br />

Landesinstitut, außerschulischen<br />

Anbietern und Schulen, um die<br />

veränderten Anforderungen aus<br />

fachdidaktischer Sicht in der<br />

Praxis umzusetzen. Die Landesgruppe<br />

Bremen hat die Auftakttagung<br />

finanziell unterstützt.<br />

(für die Landesgruppe: Roswitha Kremin)<br />

Hamburg<br />

Vorsitzende: Susanne Peters, Güntherstraße 10 , 22087 Hamburg; www.gsvhh.de<br />

»Frühbeete der Gegenwart«<br />

Zu einem »Nordkettentreffen«<br />

kamen am 17. 02. 2007 Vertreter<br />

der Landesverbände Bremen,<br />

Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern<br />

und Schleswig-Holstein<br />

in Hamburg zusammen. Nach<br />

einem Austausch über die bildungspolitische<br />

Situation und<br />

über Probleme der Vorstandsarbeit<br />

in den einzelnen Ländern<br />

kam man überein, ein gemeinsames<br />

Projekt zur Verbesserung<br />

der Unterrichtsqualität zu starten.<br />

Geplant ist eine länderübergreifende<br />

Veranstaltungsreihe<br />

für Mitglieder und Nichtmitglieder<br />

zum Thema »Frühbeete der<br />

Gegenwart«. Es sollen gemeinsam<br />

Schulen mit Pilotprojekten<br />

besucht werden, um neue Anregungen<br />

und erweiterte Diskussionen<br />

zu ermöglichen. Der erste<br />

Schulbesuch findet im April in<br />

Hamburg statt.<br />

Klassenfrequenzen<br />

Tatsächlich werden zum August<br />

2007 die Organisationsfrequenzen<br />

für die ersten Klassen deutlich<br />

gesenkt. In sozial benachteiligten<br />

Gebieten – ausgewiesen<br />

durch einen niedrigen KESS-<br />

Faktor – werden die Klassen mit<br />

18 Schülern organisiert, in den<br />

anderen mit 24. Im Vorjahr mussten<br />

es überall mindestens 27<br />

Schüler sein. Bei diesen Schülerzahlen<br />

sind allerdings nur die<br />

Grundstunden abgedeckt. Wird<br />

man darum doch oft deutlich<br />

mehr Schüler aufnehmen, um<br />

Teilungsstunden zu ermöglichen?<br />

Bilden sie doch für die Schulen<br />

die nötige Vertretungsreserve,<br />

um die Verlässlichkeit zu garantieren?<br />

Zu erwarten sind außerdem<br />

Spannungen in Kollegien, wenn<br />

Lehrer der zweiten bis vierten<br />

Klassen für bis zu 30 Kinder<br />

zuständig sind, die neuen Erstklasslehrer<br />

dagegen nur für<br />

18 Schüler. Zumindest bei der<br />

Berechnung der Anzahl der Teilungsstunden<br />

für die anderen<br />

Klassen müsste in den sozial<br />

benachteiligten Gebieten die<br />

neue Organisationsfrequenz<br />

zugrunde gelegt werden!<br />

(für die Landesgruppe: Marion Lindner)<br />

28 GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007


Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />

… aus den Landesgruppen<br />

Niedersachsen<br />

Kontakt: Dr. Eva Gläser, Fasanenstr. 1, 38102 Braunschweig; www.gsv-nds.de<br />

Großer Fortbildungsbedarf zum<br />

Thema individuelle Förderung<br />

Am 22. Februar stand die Thematik<br />

»Alle reden von individueller<br />

Förderung – geht denn das?« im<br />

Zentrum eines Fortbildungstages.<br />

Die Fachtagung wurde<br />

vom niedersächsischen Bildungsbündnis<br />

organisiert, dem der<br />

Grundschulverband seit vielen<br />

Jahren angehört. Rund 250<br />

Teilnehmerinnen und Teilnehmer<br />

kamen, um sich über das<br />

Thema individuelle Förderung<br />

auszutauschen. Am Vormittag<br />

erläuterte der Psychologe<br />

Dr. Wolfgang Mischke (Universität<br />

Oldenburg), wie schulische<br />

Bildung die Entwicklung<br />

der Kinder optimal unterstützen<br />

kann. Am Nachmittag stand<br />

die konkrete Umsetzung in verschiedenen<br />

Workshops im Mittelpunkt.<br />

Wie individuelle Förderpläne<br />

sinnvoll erstellt und<br />

umgesetzt werden können, wollten<br />

die Teilnehmerinnen und<br />

Teilnehmer zumeist erfahren.<br />

Viele Anwesende forderten mehr<br />

Fortbildungen zu diesem Themenbereich.<br />

Die derzeitige Fortbildungssituation<br />

in Niedersachsen<br />

wurde von vielen insgesamt<br />

als kritisch gewertet.<br />

Mitgliederversammlung<br />

wählt neuen Vorstand<br />

Satzungsgemäß nach vier Jahren<br />

wurde am 22. Februar ein neuer<br />

Landesvorstand gewählt. Die<br />

Mitglieder des neuen niedersächsischen<br />

Landesvorstandes sind:<br />

Marthe Blanck, Dr. Eva Gläser,<br />

Thyra Graff, Susanne Grahn,<br />

Brigitte Kollmar, Sigrid Rakow<br />

und Christiane Töller-Weingart.<br />

Vergleichsarbeiten Deutsch<br />

am 12. Juni 2007<br />

Eine zentrale Deutscharbeit<br />

wird am 12. Juni in allen dritten<br />

Klassen des Primarbereichs<br />

geschrieben. Alle Schülerinnen<br />

und Schüler werden in der<br />

zweiten Unterrichtsstunde<br />

landeseinheitliche Aufgabenstellungen<br />

lösen. Zusätzlich zu<br />

den Bereichen »Richtig schreiben«<br />

und »Weiterführendes<br />

Lesen«, die bereits Inhalte der<br />

letzten zentralen Deutscharbeit<br />

waren, wird der Bereich »Sprechen<br />

und Zuhören« überprüft.<br />

Musteraufgaben und weitere<br />

Erläuterungen findet man auf der<br />

Seite des Niedersächsischen<br />

Bildungsservers (www.nibis.de).<br />

(für die Landesgruppe: Dr. Eva Gläser)<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

Vorsitzende: Gisela Cappel, Habichtstr. 1 d, 58285 Gevelsberg<br />

Sprachstandstests<br />

für Vierjährige<br />

Begleitet von vielen organisatorischen<br />

Ungereimtheiten werden<br />

in NRW derzeit flächendeckende<br />

Sprachtests für vierjährige Kinder<br />

durchgeführt. Mit einem zweistufigen<br />

Verfahren soll die vorschulische<br />

Sprachkompetenz der<br />

Kinder erfasst werden, um dann<br />

ggf. die verbleibende Zeit bis<br />

zum Schulanfang gezielt für eine<br />

intensive Förderung zu nutzen.<br />

Inwieweit das Verfahren sich als<br />

geeignet erweist, auch die tatsächlich<br />

förderbedürftigen Kinder<br />

zu erfassen, wird sich noch<br />

erweisen müssen, da es in der<br />

ersten Erprobung naturgemäß<br />

zu Fragen und Unklarheiten in<br />

Bezug auf die Einschätzung der<br />

Sprachentwicklung kommt. Für<br />

eine ausreichende Erprobung<br />

vor dem Start fand das Ministerium<br />

aus wahltaktischen Überlegungen<br />

heraus leider keine Zeit.<br />

Völlig unklar ist zum jetzigen<br />

Zeitpunkt auch, wann und wie<br />

denn nun die notwendige intensive<br />

Sprachförderung einsetzen<br />

soll. Dies sollte nach Einschätzung<br />

des GSV aber das dringende<br />

Hauptanliegen sein, wenn es um<br />

eine möglichst optimale vorschulische<br />

Förderung der Kinder geht !<br />

Das Spiel, mit dem 3,5- bis 4,5-Jährige<br />

getestet werden. – Delfin – das steht<br />

für Diagnose, Elternarbeit, Förderung<br />

in NRW<br />

Gemeinsamer Grundschultag<br />

von GEW und GSV in Leverkusen<br />

Unter dem Motto »Dauerbaustelle<br />

<strong>Grundschule</strong>« fand am<br />

23.3.2007 der diesjährige Grundschultag<br />

statt. Ausführlichere<br />

Informationen dazu, insbesondere<br />

zu dem mit großem Interesse<br />

erwarteten Vortrag von<br />

Prof. Dr. Wassilios Fthenakis<br />

zum Thema »Sprachtest mit<br />

4 Jahren? Das Dilemma der deutschen<br />

Bildungspolitik« folgen in<br />

der nächsten Ausgabe.<br />

Prognoseunterricht<br />

für Viertklässler<br />

Passend zur »Dauerbaustelle<br />

<strong>Grundschule</strong>« wird nach den<br />

Osterferien erstmalig wieder das<br />

unter der vorigen Regierung als<br />

Kinder als Bauarbeiter auf der »Dauerbaustelle <strong>Grundschule</strong>« –<br />

aus der Teilnehmerbroschüre zum Grundschultag<br />

untauglich abgeschaffte Selektions-<br />

und Stressinstrumentarium<br />

des Prognoseunterrichts<br />

durchgeführt. Obwohl sich auch<br />

im konservativen Lager die Stimmen<br />

derer mehren, die Zweifel an<br />

der Mehrgliedrigkeit des Schulsystems<br />

hegen, wird in NRW<br />

weiterhin die Fiktion aufrecht<br />

erhalten, die Schullaufbahn von<br />

Kindern nach dreieinhalb Jahren<br />

Grundschulunterricht vorhersagen<br />

zu können.<br />

Klausurtagung des<br />

Landesvorstands in NRW<br />

Zwei Tage intensiver Diskussion<br />

über die derzeitige <strong>aktuell</strong>e<br />

Situation der <strong>Grundschule</strong> in<br />

NRW kennzeichneten die Klausurtagung<br />

des Vorstands am<br />

19. / 20.1.2007. Neben den bereits<br />

oben erwähnten Themen ging es<br />

insbesondere um die Verschärfung<br />

der Notengebung durch die<br />

Einführung von Kopfnoten und<br />

fachbezogener Noten am Ende<br />

der Klasse. Der GSV wird weiterhin<br />

auch in der Öffentlichkeit<br />

für eine pädagogische Leistungskultur<br />

jenseits von Noten streiten<br />

und plant dazu regionale<br />

Veranstaltungen im kommenden<br />

Schuljahr.<br />

(für den Landesvorstand:<br />

Beate Schweitzer)<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007<br />

29


Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />

… aus den Landesgruppen<br />

Rheinland-Pfalz<br />

Anschrift: Werner Lang, Am Wingertsberg 8, 67756 Hinzweiler<br />

Saarland<br />

Vorsitzende: Lilo Groll, Holbeinstr. 11, 66128 Saarbrücken<br />

Jahresgespräch der Landesgruppe<br />

im Ministerium<br />

Mehrere Mitglieder des Landesvorstandes<br />

diskutierten am<br />

12.01.2007 in Mainz mit Ministerin<br />

Doris Ahnen und der Referentin<br />

Anne Kleinschnieder<br />

<strong>aktuell</strong>e Themen der Bildungspolitik<br />

in Rheinland-Pfalz. Die<br />

zentralen Forderungen der Landesgruppe:<br />

■ Mehr pädagogische Selbstständigkeit<br />

und Selbstverantwortung<br />

für den Schulentwicklungsprozess<br />

der<br />

Einzelschule,<br />

■ Reduzierung der traditionellen<br />

Klassenarbeiten zu Gunsten<br />

von individuellen Leistungsfeststellungen,<br />

■ Weiterentwicklung der GTS<br />

durch zusätzliches Lehrerstundendeputat,<br />

Schulsozialarbeit<br />

und klarer Regelung der<br />

Verbindlichkeit,<br />

■ Gemeinsamer Unterricht für<br />

alle Kinder – Einrichtung einer<br />

Kommission zur Erstellung<br />

von Leitlinien für den Förderschwerpunkt<br />

motorische Entwicklung.<br />

Daneben wurde ausgiebig die<br />

ins Haus stehende neue Zeugnis-<br />

und Versetzungsordnung<br />

erörtert.<br />

Grundschultag 2007 in Trier<br />

Alljährlich veranstaltet die<br />

Landesgruppe Rheinland-Pfalz im<br />

März einen Grundschultag unter<br />

der Thematik »Auf dem Weg zur<br />

neuen Lernkultur«.<br />

Die wesentlichen didaktischen<br />

Aspekte des Schwerpunktthemas<br />

»Sachunterricht« fasste Professor<br />

Helmut Schreier in seinem Eingangsreferat<br />

zusammen. Dabei<br />

stellte er die Prozessorientierung<br />

und den Erwerb von Methodenkompetenzen<br />

in den Vordergrund.<br />

Im Einklang mit den<br />

Ausführungen des Grundschulverbandes<br />

zur Pädagogischen<br />

Leistungskultur zeigte er anhand<br />

praktischer Beispiele, wie Kinder<br />

beobachten, untersuchen,<br />

befragen oder Experimente planen,<br />

durchführen und auswerten<br />

können.<br />

Zwei praxisnahe Workshoprunden<br />

am Vor- und Nachmittag<br />

vertieften die Einsichten bei den<br />

ca. 650 Teilnehmern.<br />

Auch das breite Informationsangebot<br />

der über 30 Verlage und<br />

Institutionen wurde von den Teilnehmern<br />

rege genutzt.<br />

Der Landesverband bedankt sich<br />

ausdrücklich bei allen Mitarbeitern<br />

der Uni Trier und besonders<br />

bei Frau Mich für die vorzügliche<br />

Unterstützung bei der Planung<br />

und Durchführung des Grundschultages.<br />

(für die Landesgruppe: Rainer Mies)<br />

Landesvorsitzender Werner Lang (links) im Gespräch mit Dr. Markus Maier<br />

vom Landesprüfungsamt RLP am Stand des Grundschulverbandes<br />

Akademie Hochbegabung<br />

Standort St. Ingbert – Rentrisch<br />

In den vergangenen Jahren hat<br />

die Beratungsstelle Hochbegabung<br />

Saar im Auftrag des Saarländischen<br />

Kultusministeriums ein<br />

vorbildliches System zur Förderung<br />

hochbegabter Kinder und<br />

Jugendlicher aufgebaut. Neben<br />

der Beratung von Eltern und Pädagogen<br />

aller Schulformen, der<br />

konkreten Förderung von Kindern<br />

in Akademien, Studientagen<br />

und Fördergruppen gehören auch<br />

die Sensibilisierung und die Qualifizierung<br />

von Pädagogen zu den<br />

Aufgaben der Beratungsstelle.<br />

Im Saarland wurde dabei die<br />

besondere Bedeutung einer möglichst<br />

früh einsetzenden Förderung<br />

erkannt. Deshalb beginnen<br />

die konkreten Förderangebote<br />

bereits im Vorschulalter.<br />

Mit der neuen Einrichtung der<br />

Akademie Hochbegabung in<br />

St. Ingbert-Rentrisch erfährt die<br />

Hochbegabtenförderung im Saarland<br />

gleichermaßen eine quantitative<br />

wie qualitative Aufwertung.<br />

Angebote<br />

Am Standort St. Ingbert-Rentrisch<br />

werden verschiedene<br />

Angebote aus dem Bereich der<br />

Begabten- und Hochbegabtenförderung<br />

zusammengefasst.<br />

Dies sind insbesondere Vormittags-<br />

und Nachmittagsfördergruppen,<br />

Studientage, Beratungsangebote<br />

für Eltern, Pädagogen<br />

und Interessierte sowie Informations-<br />

und Fortbildungsveranstaltungen.<br />

Fördergruppen<br />

Hochbegabte Schüler erhalten an<br />

einem Tag pro Woche in Kleingruppen<br />

eine spezielle Förderung,<br />

die sie alternativ zum<br />

Regelunterricht (Vormittagsfördergruppe)<br />

bzw. außerhalb des<br />

Regelunterrichts (Nachmittagsfördergruppe)<br />

besuchen. Zugang<br />

zu den Fördergruppen haben<br />

Kinder mit einem schulpsychologischen<br />

Gutachten im Rahmen<br />

der Aufnahmekapazität. Die<br />

Zuweisung erfolgt zum Beginn<br />

eines Schuljahres durch die Beratungsstelle<br />

Hochbegabung. Bei<br />

den Fördertagen wird das übliche<br />

Unterrichtsangebot ergänzt,<br />

nicht etwa ersetzt (Enrichment-<br />

Maßnahmen).<br />

Studientage<br />

Bei den Studientagen handelt es<br />

sich um ein- oder mehrtägige<br />

Angebote, die jeweils für eine<br />

bestimmte Altersstufe ausgeschrieben<br />

werden und die sich<br />

an Schüler der <strong>Grundschule</strong>n und<br />

der Sekundarstufen I/II richten.<br />

Die Halbjahres-Programme werden<br />

jeweils zum Schulhalbjahr<br />

im Internet (www.iq-xxl.de) veröffentlicht.<br />

Bei der erstmaligen<br />

Bewerbung um eine Teilnahme<br />

ist eine Empfehlung der jeweiligen<br />

Schule erforderlich.<br />

Beratung<br />

Ziel der Beratung ist es, die Bildungs-<br />

und Entfaltungsmöglichkeiten<br />

des einzelnen Kindes zu<br />

reflektieren, um daraus adäquate<br />

Fördermaßnahmen zu entwickeln.<br />

Mögliche Beratungsanlässe<br />

sind z. B. schulische und<br />

außerschulische Fördermaßnahmen,<br />

rechtzeitige / frühzeitige<br />

Einschulung, Überspringen von<br />

Klassen, Schullaufbahnentscheidungen,<br />

Verhaltensauffälligkeiten.<br />

Qualifizierung<br />

Zur Umsetzung der Förderkonzepte<br />

in den Schulen und Kindergärten<br />

werden sensibilisierte und<br />

qualifizierte Pädagogen benötigt.<br />

In der Ausbildung spielte das<br />

Thema Hochbegabtenförderung<br />

in der Vergangenheit praktisch<br />

keine Rolle. Wünschenswert ist<br />

daher die Information und Fortbildung<br />

von Lehrkräften, Erzieherinnen<br />

und Eltern.<br />

Über dieses Angebot hinaus<br />

beteiligt sich seit mehreren Jahren<br />

die Turmschule in Saarbrücken<br />

als eine der 15 bundesweiten<br />

Impulsschulen der Karg-Stiftung<br />

an dem Programm zur integrativen<br />

Förderung Hochbegabter.<br />

Informationen: Beratungsstelle<br />

Hochbegabung Saarland, Wallerfanger<br />

Str. 25, 66763 Dillingen,<br />

info@iq-xxl.de, www.iq-xxl.de<br />

(für die Landesgruppe: Sandra Behrend)<br />

30 GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007


Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />

… aus den Landesgruppen<br />

Sachsen<br />

Kontakt: Sibylle Jaszovics, Südwestring 11, 04668 Klinga<br />

Keine Benachteiligung<br />

wegen Behinderung<br />

Eltern besitzen das Recht, nicht<br />

nur für ihr nicht behindertes,<br />

sondern auch für ihr mit Defiziten<br />

behaftetes Kind die Schule<br />

selbst zu wählen. Integration<br />

ermöglicht es, die Unterschiedlichkeit<br />

ernst zu nehmen und<br />

Grenzen zu akzeptieren, was<br />

einen Gewinn für alle Beteiligten<br />

darstellt.<br />

Kultusminister Steffen Flath<br />

hat die steigende Anzahl von<br />

Integrationsschülern an Sachsens<br />

Schulen begrüßt. Insgesamt<br />

2588 Schüler mit Förderbedarf<br />

sind an allgemein bildenden<br />

Schulen integriert. Ihr Anteil hat<br />

sich gegenüber dem Schuljahr<br />

1999/2000 vervierfacht.<br />

Dabei wurde folgender Grundsatz<br />

bereits richtig in die Praxis umgesetzt:<br />

»So viel gemeinsamer<br />

Unterricht mit nicht behinderten<br />

Schülern wie möglich und so viel<br />

besonderer Unterricht an Förderschulen<br />

wie nötig.«<br />

Eine zunehmende Bedeutung,<br />

vor allem bei Kindern mit geistigen<br />

Defiziten oder umfänglicher<br />

Körperbehinderung, kommt Integrationshelfern<br />

wie z. B. Heilpädagogen,<br />

Heilerziehungshelfern<br />

oder Zivildienstleistenden<br />

zu, die in den Schulen unterstützend<br />

tätig sind. Dabei gibt es<br />

jedoch Probleme bei der Bereitstellung<br />

bzw. Finanzierung. Viele<br />

Eltern bemühen sich inzwischen<br />

mit Erfolg, Integrationshelfer für<br />

ihr Kind einzuklagen. Ungeklärt<br />

ist in Sachsen allerdings immer<br />

noch deren dienstaufsichtliche<br />

Zuständigkeit.<br />

Der Minister lobt die gute Integrationsarbeit<br />

der <strong>Grundschule</strong>n<br />

und appelliert an die weiterführenden<br />

Einrichtungen, diese fortzusetzen.<br />

Leider sinkt der Anteil<br />

der Integrationsschüler beim<br />

Übergang an Mittelschule oder<br />

Gymnasium.<br />

Eine der zentralen Fragen ist u. a.<br />

die der Qualifikation der Lehrkräfte.<br />

Lehrerinnen und Lehrer<br />

sehen sich häufig alleingelassen<br />

und nicht kompetent genug in<br />

Bezug auf die Spezifik der einzelnen<br />

Integrationsfälle.<br />

Die Landesgruppe Sachsen fordert<br />

daher für alle Schularten<br />

gleichermaßen qualitativ hohe<br />

Fortbildungen, die integrative<br />

Förderung zum Inhalt haben.<br />

Um eine auf die Ganzheitlichkeit<br />

der Entwicklung des Kindes orientierte<br />

Förderung zu ermöglichen,<br />

müssen den Regelschulen<br />

ausreichend Fachkräfte zur Verfügung<br />

gestellt werden.<br />

(für die Landesgruppe: Karin Liebing)<br />

Schleswig-Holstein<br />

Vositzender: Bent Hirschelmann, Flörkendorfer Weg 15, 23623 Ahrensbök;<br />

www. grundschulverband-sh.de<br />

Ein herzliches Willkommen<br />

dem neuen Schulgesetz<br />

Schule ist in Schleswig-Holstein<br />

im Wandel. Seit 6. 2. 07<br />

gilt ein neues Schulgesetz, das<br />

eine entscheidende Neuordnung<br />

in der Bildungslandschaft mit<br />

sich bringt. Bis 2010 sollen sich<br />

Haupt- und Realschulen zu Regionalschulen<br />

umbilden oder gar zu<br />

Gemeinschaftsschulen werden.<br />

Die Schulart Gymnasium bleibt<br />

erhalten, die Bildungszeit dort<br />

verkürzt sich auf 8 Jahre. Eltern,<br />

die ihr Kind länger gemeinsam<br />

mit Kindern aller Leistungsniveaus<br />

beschult haben wollen,<br />

können hoffen, dass sich der<br />

zugehörige Schulträger für die<br />

Einrichtung einer Gemeinschaftsschule<br />

ausspricht. Bestehende<br />

Gesamtschulen werden in jedem<br />

Fall Gemeinschaftsschulen.<br />

Die <strong>Grundschule</strong> dauert nach<br />

wie vor in der Regel vier Jahre<br />

oder durch eine Verlängerung<br />

in der Eingangsphase 1 / 2 ein<br />

Jahr länger für bedürftige Kinder.<br />

In Klasse 4 gibt es weiterhin<br />

Schulartempfehlungen für die<br />

drei bekannten Bildungsgänge:<br />

Hauptschule, Realschule, Gymnasium.<br />

Nicht alle Inhalte des<br />

Schulgesetzes scheinen begrüßenswert<br />

zu sein. Einzelheiten<br />

sind für Interessierte unter www.<br />

lernnetz.s-h.de nachzulesen.<br />

In einem Schreiben an die Schulleitungen<br />

der allgemeinbildenden<br />

Schulen des Landes stellt die<br />

Kultusministerin Ute Erdsieck-<br />

Rave alle Lehrkräfte »vor eine<br />

große Gestaltungsaufgabe …<br />

Schwerpunkte sind: Differenzierung,<br />

fördern, gemeinsam<br />

lernen, Leistung ermöglichen und<br />

steigern«. Das kann nur Musik<br />

für unsere Grundschulohren sein.<br />

Wir hoffen auf die zugesagte<br />

Unterstützung der Landesregierung<br />

in Form einer Fortbildungsoffensive<br />

für alle Kollegien, die<br />

Beratungsbedarf anmelden.<br />

(für die Landesgruppe:<br />

Sabine Jesumann, Andrea Klimmek)<br />

Das pädagogische Frühstück<br />

»Frühbeete der Gegenwart«<br />

musste wegen Terminnöten<br />

auf das Frühjahr<br />

2008 verschoben werden.<br />

Der Vorstand hat zwei<br />

Veranstaltungen für<br />

Herbst dieses Jahres in<br />

P lanung: Steve Bell,<br />

Storyline-lernen;<br />

Natürliches Lernen.<br />

Wer wir sind und<br />

was wir wollen<br />

Informationen zur Programmatik,<br />

zur Satzung und zu allen Veröffentlichungen<br />

bietet das aktualisierte 58-seitige Info-Heft,<br />

welches kostenfrei über die Homepage<br />

(www.grundschulverband.de) oder<br />

die Geschäftsstelle bestellt werden kann.<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007<br />

31


Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />

… aus den Landesgruppen<br />

Thüringen<br />

Vositzende: Steffi Jünemann, Hauptstr. 7, 99734 Nordhausen<br />

Führungskraft Lehrer –<br />

Auf dem Weg zur eigenverantwortlichen<br />

Schule<br />

Das Berufsbild des Lehrers<br />

genießt in weiten Teilen der<br />

Öffentlichkeit kein hohes Ansehen,<br />

obwohl immer mehr Aufgaben<br />

und Probleme an die<br />

Lehrer herangetragen werden.<br />

Warum ist das so? »Je undeutlicher<br />

die Aufgaben eines Berufsstandes<br />

bestimmt sind, umso<br />

geringer ist sein öffentliches<br />

Ansehen und umso weniger<br />

erwächst ihm aus seiner Tätigkeit<br />

Autorität.« Dieses Zitat von Prof.<br />

Hermann Giesecke entstammt<br />

der Publikation »Führungskraft<br />

Lehrer«, Empfehlungen der<br />

Wirtschaft für ein Lehrerleitbild<br />

aus dem Jahr 2001. Hierin<br />

wird erkannt, dass die Lehrer die<br />

Schlüsselrolle für die Qualität<br />

von Schule innehaben.<br />

Unter Leitung des ThILLM<br />

setzte sich erstmalig auch eine<br />

Arbeitsgruppe im Freistaat<br />

Thüringen mit dem Lehrerleitbild<br />

auseinander. Parallel dazu<br />

wurden drei Thüringer Lehrerinnen<br />

in die bundesländerübergreifende<br />

Arbeitsgruppe BDA<br />

(Bundesarbeits gemeinschaft<br />

Schule / Wirtschaft) entsandt.<br />

Das dort entstandene Lehrerleitbild<br />

»PROFILehrer« – Personalentwicklung<br />

im »Unternehmen<br />

Schule« ist ein vielfältig einsetzbares<br />

Instrument, das zum einen<br />

als Orientierungs- und Entwicklungshilfe<br />

dient und zum anderen<br />

verdeutlicht, was Lehrkräfte<br />

an verantwortungsvollen, komplexen<br />

Aufgaben wahrnehmen.<br />

Gerade auf dem Weg zur eigenverantwortlichen<br />

Schule eignet<br />

es sich zur systematischen Personalentwicklung<br />

als Bestand-<br />

teil der Qualitätsverbesserungsprozesse.<br />

Dabei gehen die<br />

Verfasser immer von einem Idealbild<br />

aus. Handlungsfelder wie<br />

Unterrichten, Erziehen, Beurteilen,<br />

Beraten, Führen, Mitwirken<br />

am Prozess der Schulentwicklung<br />

sind ebenso erfasst wie auch<br />

Indikatoren, mit welchen die<br />

erforderliche Sach-, Methoden,<br />

Sozial- und Selbstkompetenz<br />

nachgewiesen werden kann.<br />

Der Landesvorstand Thüringen<br />

versteht das PROFILehrer als<br />

ein innovatives Schulentwicklungsmaterial,<br />

welches auch die<br />

Einzelschule auf dem Weg zur<br />

eigenverantwortlichen Schule<br />

unterstützt.<br />

(für die Landesgruppe: Martina Dubiel)<br />

Der Arbeitskreis »Sonderpädagogische<br />

Förderung in<br />

Thüringen« führt am<br />

12. Mai 2007 an der<br />

Universität Erfurt eine<br />

Konferenz zum gemeinsamen<br />

Lernen durch. Der<br />

Vorstand der Landesgruppe<br />

Thüringen beteiligt sich an<br />

diesem Vorhaben. Als Themen<br />

werden angeboten:<br />

■ Unterstützersysteme für die<br />

sonderpädagogische Förderung<br />

in den Schulamts bereichen<br />

(z. B. Mobile Sonderpädagogische<br />

Dienste, Berater für gemeinsamen<br />

Unterricht, Schuleingangsphase,<br />

Begleitung des<br />

Übergangs vom Kindergarten in<br />

die <strong>Grundschule</strong>)<br />

■ Lehrerausbildung (GS, FÖS) in<br />

der ersten, zweiten und dritten<br />

Phase der Lehrerausbildung<br />

Wir laden alle Mitglieder des<br />

Grundschulverband Arbeitskreis<br />

<strong>Grundschule</strong> e. V. recht herzlich<br />

zu dieser Veranstaltung ein. Die<br />

Einladung dazu erfolgt gesondert.<br />

Materialpaket: Ästhetische Erziehung<br />

■ »Ästhetische Erziehung in der <strong>Grundschule</strong> –<br />

Integration der Fächer Kunst, Musik, Sport« (Band 69)<br />

■ »Bewegung, Spiel und Sport in der <strong>Grundschule</strong>« (Band 85)<br />

■ »Kunst in der <strong>Grundschule</strong>« (Band 99)<br />

■ »Musik in der <strong>Grundschule</strong>« (Band 102)<br />

Alle 4 Bände<br />

zum Paketpreis<br />

22 Euro für Mitglieder; 27 Euro für Nichtmitglieder;<br />

13,50 Euro für Mitglieder in der Ausbildung<br />

(inkl. Versand und Porto)<br />

Bestellnummer »Paket Ästhetik«: 7000<br />

32 GS <strong>aktuell</strong> <strong>98</strong> • Mai 2007


Kinder brauchen Ihr Engagement<br />

und Ihre Kompetenz –<br />

der Grundschulverband unterstützt Sie dabei!<br />

Druckfrisch in diesem Heft:<br />

Unser Flyer mit Informationen über<br />

und Argumenten für den Grundschulverband.<br />

• Bitte geben Sie den Flyer weiter.<br />

• Nutzen Sie ihn zum Gespräch mit Kolleginnen und Kollegen<br />

im Lehrerzimmer, im Seminar oder in der Hochschule.<br />

• Wir brauchen mehr Mitstreiterinnen und Mitstreiter<br />

für eine kindgerechte <strong>Grundschule</strong>.<br />

Helfen Sie uns dabei!<br />

Weitere Exemplare des Flyers erhalten Sie<br />

kostenlos über unsere Geschäftsstelle:<br />

E-Mail | info@grundschulverband.de<br />

Tel. | 069 77 60 06


15. /16. November 2007<br />

Bundesweite Fortbildung des Grundschulverbandes<br />

Pädagogische Leistungskultur: Englisch, Musik,<br />

Kunst, Sport, Arbeits- und Sozialverhalten<br />

Dies ist die dritte Tagung zur Pädagogischen<br />

Leistungskultur. Nach Deutsch, Mathematik<br />

und Sachunterricht geht es diesmal um Fremdsprache,<br />

um den ästhetischen Lernbereich<br />

einschl. Sport sowie das Arbeits- und Sozialverhalten<br />

(Selbst-, Sach-, Sozialkompetenz).<br />

Wir wollen damit ein deutliches Zeichen für<br />

eine ermutigende Leistungsförderung aller<br />

Kinder setzen, die individuelle Lernentwicklungen<br />

im Blick behält und die Kinder dialogisch<br />

einbezieht.<br />

124<br />

k<br />

i n<br />

d<br />

Beiträge zur Reform der <strong>Grundschule</strong><br />

Leistungen der Kinder wahrnehmen<br />

Lernstände feststellen<br />

Horst Bartnitzky<br />

Hans Brügelmann<br />

Ulrich Hecker<br />

Gudrun Schönknecht (Hg.)<br />

Leistungen der Kinder würdigen<br />

Lernentwicklungen bestätigen<br />

Lernwege öffnen<br />

Kinder individuell fördern<br />

Lerngespräche führen<br />

Eigene Lernwege beschreiben<br />

Pädagogische<br />

Leistungskultur:<br />

Ästhetik,Sport,Englisch<br />

Arbeits-/Sozialverhalten<br />

Es liegen bereits Materialien für die Fächer<br />

Deutsch, Mathematik und Sachunterricht<br />

in zwei Schubern mit je 5 Heften und einer<br />

CD vor. Nun erarbeiten wir Materialien in<br />

5 Heften und einer CD<br />

■ für Englisch, Musik, Kunst, Sport sowie<br />

das Arbeits- und Sozialverhalten<br />

■ in den Klassen 1 bis 4<br />

Sie sollen helfen, Lernstände festzustellen,<br />

Lernentwicklungen zu bestätigen, Lerngespräche<br />

miteinander zu führen, und<br />

sie sollen die Kinder darin unterstützen,<br />

eigene Lernwege zu beschreiben.<br />

Thematik<br />

der Tagung<br />

Tagungsverlauf<br />

Referentinnen<br />

und Referenten<br />

Ort<br />

Zielgruppe<br />

Bei der Tagung werden die Materialien von den<br />

Autorinnen und Autoren vorgestellt und mit den<br />

Teilnehmern diskutiert. Dabei geht es um Anregungen<br />

für die Schulpraxis und um Moderation<br />

von Fortbildungen mit den Materialien.<br />

Donnerstag, 15. November 2007, ab 15 Uhr:<br />

Pädagogische Leistungskultur und Beispiele für<br />

Englisch, die ästhetischen Fächer, das Arbeits- und<br />

Sozialverhalten (Plenum)<br />

abends: Gesprächsrunde zum Thema Kopfnoten<br />

Freitag, 16. November 2007, bis 15.00 Uhr zu den<br />

Fächern sowie zum Arbeits- und Sozialverhalten<br />

nachmittags: Berichte aus den Arbeitsgruppen,<br />

Anregungen zur Weiterarbeit<br />

Autorinnen und Autoren<br />

der neuen Materialien<br />

Martin-Niemöller-Haus in Schmitten<br />

(in der Nähe von Frankfurt);<br />

www.martin-niemoeller-haus.de<br />

Für Bahnreisende wird ein Shuttle-Bus zur<br />

Tagungsstätte organisiert.<br />

Die Tagung richtet sich vor allem an Multiplikatorinnen<br />

und Multiplikatoren zur Thematik<br />

(z.B. Aus- und Fortbildner/innen, Fachkonferenzleiter/innen,<br />

Schulleiter/innen).<br />

Die Teilnehmerzahl ist auf 68 Personen begrenzt.<br />

Zur Verfügung stehen 60 Einzelzimmer, von denen<br />

acht als Doppelzimmer genutzt werden können.<br />

Sollten sich mehr Personen anmelden, werden<br />

Mitglieder des Grundschulverbandes vorrangig<br />

berücksichtigt.<br />

Tagungsbeitrag<br />

Anmeldung<br />

Für Mitglieder des Grundschulverbandes 140 €<br />

(Doppelzimmer 130 €)<br />

für Nicht-Mitglieder 180 € (Doppelzimmer 170 €)<br />

Im Tagungspreis enthalten sind die Kosten für<br />

Übernachtung und Verpflegung sowie der<br />

Transfer vom und zum Frankfurter Hauptbahnhof.<br />

per Post: Grundschulverband,<br />

Niddastr. 52, 60329 Frankfurt<br />

oder per Mail:<br />

info@grundschulverband.de<br />

oder über die Homepage:<br />

www.grundschulverband.de<br />

Verbindlich ist die Anmeldung<br />

erst nach Zahlung des Tagungsbeitrages<br />

Bankverbindung:<br />

Postbank Frankfurt, BLZ 500 100 60,<br />

Konto-Nr. 19 56 71 605)<br />

Anmeldeschluss: 15. Juni 2007<br />

Bitte bei der Anmeldung angeben:<br />

Vollständige Anschrift mit Mailadresse;<br />

Mitglied ja – nein;<br />

Wahl der Arbeitsgruppe<br />

Anreise mit Auto oder Zug;<br />

derzeitige Funktion im Schulbereich;<br />

mögliche Doppelzimmernutzung

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