Grundschule aktuell 101
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Heft Nr. <strong>101</strong> • I. Quartal • Februar 2008 • Best. Nr. 6036 • D9607F<br />
Grundschulverband – Arbeitskreis <strong>Grundschule</strong> e. V. • Niddastraße 52 • 60329 Frankfurt/Main • Tel. 0 69 / 77 60 06 • www.grundschulverband.de<br />
Soziale Kompetenzen<br />
und die Kopfnoten
Bücher zur<br />
Pädagogischen<br />
Leistungskultur<br />
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Band 118<br />
ISBN 3-930024-87-X<br />
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Band 121<br />
ISBN 3-930024-94-2<br />
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neu erschienen:<br />
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Band 124<br />
ISBN 3-930024-96-9<br />
Best.-Nr. 1082<br />
17,– € / f. Mitgl. 13,– €
Editorial<br />
»Persönlichkeit<br />
passt in keine<br />
Note«<br />
So eine Schlagzeile der »Westdeutschen Allgemeinen Zeitung« (WAZ) vom<br />
15. 12. 2007. Unruhe und Unmut nämlich gibt es an <strong>Grundschule</strong>n landauf,<br />
landab in Nordrhein-Westfalen. Die Halbjahreszeugnisse dort brachten zum<br />
ersten Mal seit Jahrzehnten wieder Kopfnoten. In anderen Bundesländern ist<br />
das inzwischen nichts Neues mehr (siehe Übersicht auf S. 25).<br />
Die Förderung von Selbst-, Sozial- und Sachkompetenz gehört zur Erfolgsbilanz<br />
moderner Grundschulpädagogik. Der Rekurs auf rostige Werkzeuge<br />
aus dem schulpolitischen Museum (spärlich verhüllt mit der <strong>aktuell</strong> grassierenden<br />
technokratischen »Neusprech« in Sachen Pädagogik) ist – zumindest<br />
– kontraproduktiv. Heike De Boer schreibt in ihrem einleitenden Beitrag<br />
(S. 3 ff.), worum es geht: »Soziale Kompetenzen in der Schule zu befördern erfordert,<br />
Kinder als eigenständige Subjekte zu respektieren, die Bedeutung positiver<br />
Gleichaltrigenbeziehungen für die Entwicklung sozialer Kompetenzen anzuerkennen<br />
und Räume für Gleichaltrigenbeziehungen zur Verfügung zu stellen. … Die<br />
Förderung sozialer Kompetenzen in der Klasse wird damit zu einem gemeinsamen<br />
Entwicklungsweg aller Beteiligten und ist mit Noten nicht zu erfassen.«<br />
Reaktionen auf unser Jubiläumsheft<br />
Auf viel Lob und Zustimmung stieß unser Heft 100.<br />
Beispielhaft zitieren wir aus einer Zuschrift des elternbunds hessen:<br />
»… der elternbund hessen e. V. gratuliert zur Jubiläumsausgabe Ihrer Zeitschrift<br />
›<strong>Grundschule</strong> <strong>aktuell</strong>‹. Wir sind aufmerksame Leser von ›<strong>Grundschule</strong> <strong>aktuell</strong>‹,<br />
da in Ihrem Heft viele wichtige Themen angesprochen werden, die informativ<br />
sind und die wir für unsere Arbeit sehr gut gebrauchen können.<br />
Das Lexikon in der Jubiläumsausgabe hat uns sehr gefallen, weil es zeigt, dass<br />
wir auf dem richtigen Weg sind. Zugleich hat uns nachdenklich gemacht, wie<br />
<strong>aktuell</strong> viele Ihrer Beiträge aus den 90er Jahren heute noch sind. Wir wissen<br />
um die Langsamkeit von Reformen und werden deshalb nicht müde, weiter für<br />
diese einzutreten.<br />
Mit besonderer Aufmerksamkeit haben wir das Stichwort ›Eltern‹ gelesen.<br />
Wenn doch alle Schulen Eltern als ›Bundesgenossen für eine kindgerechtere<br />
Schule‹ betrachten und ihre Kompetenzen produktiv nutzen würden, dann<br />
könnte unsere Reformfähigkeit an Geschwindigkeit zunehmen.<br />
Der elternbund hessen e. V. wünscht Ihnen, unserem Bündnispartner, weiterhin<br />
viel Erfolg.«<br />
Unser »Heft 100« wurde in höherer Auflage gedruckt: Es steht unseren Landesgruppen,<br />
aber auch einzelnen Kolleginnen und Kollegen für Werbe- und Informationszwecke<br />
zur Verfügung: Einfach eine Mail an unsere Geschäftsstelle<br />
schicken oder dort anrufen. Wir freuen uns über eine weite Verbreitung des<br />
Heftes!<br />
Ulrich Hecker<br />
Impressum<br />
, die Zeitschrift des Grundschulverbandes erscheint<br />
viertel jährlich und wird allen Mitgliedern zugestellt.<br />
Der Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Das einzelne Heft kostet 5 €;<br />
für Mitglieder und bei Sammelbestellungen ab 10 Hefte 3 € (incl. Versand).<br />
Verlag: Grundschulverband – Arbeitskreis <strong>Grundschule</strong> e. V.<br />
Niddastraße 52, 60329 Frankfurt / Main, Tel. 0 69 / 77 60 06, Fax: 0 69 / 7 07 47 80;<br />
Internet: www.grundschulverband.de, E-Mail: info@grundschulverband.de<br />
Herausgeber: Horst Bartnitzky (für den Vorstand des Grundschulverbandes)<br />
Redaktion: Ulrich Hecker, Hülsdonker Str. 64, 47441 Moers, Tel. 0 28 41 / 2 17 14,<br />
E-Mail: ulrichhecker@aol.com<br />
Fotos: Bert Butzke, Mülheim/Ruhr (Titel, S. 4, 5) sowie jeweilige Autor/innen<br />
Zeichnungen: Wilhelm Nüchter, Moers (S. 1, 18)<br />
Herstellung: novuprint Agentur für Mediendesign, Werbung, Publikationen GmbH,<br />
Bödekerstr. 73, 30161 Hannover, Tel. 05 11 / 9 61 69 – 11, Fax: 05 11 / 9 61 69 – 99<br />
Anzeigenverwaltung: Claudia Klinger, Verlagsgruppe Beltz, Tel. 0 62 01 / 6 00 73 86,<br />
Fax 0 62 01 / 6 00 73 93<br />
Druck: Druck Partner Rübelmann, 69502 Hemsbach<br />
ISSN 1860-8604<br />
Beilagen: »Bunter Hund« des Beltz-Verlages und als ständige Beilage<br />
»Eine Welt in der Schule«<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008<br />
1
Tagebuch<br />
Alles von Shakespeare ?<br />
Ute Andresen,<br />
als altgediente Grundschullehrerin,<br />
Autorin,<br />
Hochschullehrerin und<br />
Referentin in der Fortbildung<br />
immer noch<br />
im Dienst für Klarheit,<br />
Vernunft und Liebe im<br />
Umgang mit Kindern.<br />
Näheres unter<br />
www.ute-andresen.de<br />
Man hat Doris Lessing 2007 den Nobelpreis für Literatur<br />
zugesprochen. Sie ist nun bald neunzig Jahre alt. Statt<br />
sich dankbar würdig zu verneigen, gab sie ihrer Vorlesung<br />
am 7. Dezember den Titel ›On not winning the Nobel Prize‹<br />
und sprach für all diejenigen, die ausgeschlossen<br />
sind aus der Welt der Literatur.<br />
»Das Haus, in dem ich aufgewachsen bin, war im<br />
Grunde eine strohgedeckte Lehmhütte. So etwas<br />
wurde schon immer und überall dort gebaut, wo<br />
es Schilf oder Gras, den richtigen Lehm und Pfähle<br />
für die Wände gab.« So eine Hütte soll Schutz<br />
bieten vor Regen, sengender Sonne und wilden<br />
Tieren. Das Leben darin stellen wir uns sehr einfach<br />
und bescheiden, wenn nicht gar armselig<br />
vor, gewiss nicht geprägt und erfüllt von Literatur, von<br />
Bildung.<br />
Wie konnte eine Lehmhütte im Buschland Rhodesiens der<br />
Kindheit von Doris Lessing ein gutes Zuhause sein? »Das<br />
Haus, in dem ich aufgewachsen bin, hatte statt einem<br />
vier Zimmer, eins neben dem anderen, und, was das Entscheidende<br />
ist, es war voller Bücher. Meine Eltern hatten<br />
nicht nur Bücher aus England mit nach Afrika gebracht,<br />
meine Mutter bestellte in England auch Bücher für ihre<br />
Kinder, Bücher in großen Paketen aus braunem Papier, die<br />
die Freude meines jungen Lebens waren. Eine Lehmhütte,<br />
aber voller Bücher.«<br />
Wenn ich Doris Lessing richtig verstehe, so will sie mit ihrer<br />
Rede begreiflich machen: »Das Schreiben, ein Schriftsteller<br />
kommt nicht aus einem Haus ohne Bücher.« Das<br />
Haus mit Büchern mag das Elternhaus sein, die Schule<br />
oder eine Bibliothek. Niemand kann die eigene Stimme,<br />
das Schreiben aus den Erfahrungen und Einsichten des eigenen<br />
Lebens so entwickeln, dass dies von anderen gelesen<br />
und wahr- und ernstgenommen wird, wenn nicht am<br />
Anfang Bücher da waren und Neugier und Ehrgeiz wach,<br />
sie zu lesen.<br />
Und so ist Doris Lessing tätig verbunden mit einer kleinen<br />
Organisation, »die es sich zur Aufgabe gemacht hat,<br />
Bücher in die Dörfer zu schaffen«. Dörfer im Land ihrer<br />
Kindheit, das heute Simbabwe heißt und verwüstet ist<br />
durch den Despotismus, der auf die englische Kolonialherrschaft<br />
folgte. Dörfer, in denen man sich nach Büchern<br />
sehnt, in denen vielleicht »die Bibliothek ein Brett ist, das<br />
unter einem Baum auf Ziegelsteinen liegt«.<br />
Man hat Menschen in Afrika gefragt, was sie denn lesen<br />
wollen: Praktische Ratgeber waren wenig gefragt, dafür<br />
Romane, Science-Fiction, Lyrik, Krimis, Theaterstücke,<br />
»alles von Shakespeare«. Das, was unseren Schulkindern<br />
selbstverständlich zur Verfügung steht, wenn es uns gelingt,<br />
sie für den Weg dorthin zu gewinnen, weil wir selbst<br />
durchdrungen sind von der Liebe zur Literatur, und das,<br />
was unser Leben als Lesende reich macht, mit den Kindern<br />
teilen wollen, die uns gegenüber sitzen.<br />
Unser erwachsenes Interesse an den Texten, die wir den<br />
Kindern zu lesen geben, gewinnt sie am wirksamsten für<br />
eine interessierte, sprachgenaue Lektüre, die ihnen selbst<br />
etwas bedeutet, sie innerlich reich und zu Leserinnen<br />
macht. Auch urteilen können sie bald selber, wenn uns<br />
ihr Urteil wichtig ist. Einmal haben mir meine Zweitklässler<br />
für einen Text über den Siebenschläfer, den ich ihnen<br />
in den Kreis gelegt hatte, Noten von 1+ bis 2+ gegeben.<br />
Das machte mich stolz, aber auch skeptisch: Ahnten sie,<br />
dass das mein Text war und wollten nett zu mir sein? Wir<br />
hatten nie geübt, Texte zu beurteilen, nur schon viel Verschiedenes<br />
und viel Anspruchsvolles gelesen. »Welche<br />
Note gebt ihr der Geschichte von Philemon und Baucis,<br />
die ich euch letzte Woche vorgelesen habe?« Das war<br />
meine nächste Frage. Und die Kinder erklärten, dass es für<br />
so eine Geschichte keine angemessene Note gäbe, als sei<br />
es respektlos, danach zu fragen, weil jeder doch wissen<br />
müsse, dass man letztlich um solcher Geschichten willen<br />
lesen lernt.<br />
Es ist grotesk, wie bei uns allerwelts fixe Leseförderung<br />
gefeiert und zugleich besonnene Lesekultur in Schulen<br />
zerstört wird. Man lese die ganze Rede von Doris Lessing<br />
gegen das Starren auf Testformate! Keine leichte Lektüre.<br />
Aber stärkend, wenn man Bücher und Kinder liebt.<br />
Ute Andresen<br />
Doris Lessings Nobelpreisrede in deutscher Übersetzung<br />
finden Sie im Internet unter http://nobelprize.org/nobel_<br />
prizes/literature/laureates/2007/lessing-lecture_ty.html<br />
2 GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008
Thema: Soziale Kompetenzen und die Kopfnoten<br />
Soziale Kompetenz,<br />
Gleichaltrigen beziehungen und Verantwortung<br />
Nirgendwo anders, so von Hentig<br />
(2001), treffen so viele Gleichaltrige<br />
aufeinander wie in der Schule; die<br />
Wahrscheinlichkeit, Freunde zu finden,<br />
ist groß. Die Hälfte aller Kinderfreundschaften<br />
werden tatsächlich dort geknüpft<br />
– die Schule ist eine bedeutende<br />
Kontaktbörse. In diesem Kontext verweist<br />
das Kinderpanel des Deutschen<br />
Jugendinsitituts auf den wichtigen<br />
Zusammenhang von Peerbeziehungen<br />
und positivem Selbstbild. Enge Kinderfreundschaften<br />
können sich positiv<br />
auf das Selbstbild von Kindern auswirken<br />
(vgl. Traub 2006, S. 9). So erstaunt<br />
nicht, dass vor allem die Zugehörigkeit<br />
zu funktionierenden Klassengemeinschaften<br />
und Freundschaften als positivste<br />
Schulerfahrungen im 8. Kinder-<br />
und Jugendbericht in NRW (vgl.<br />
Behnken u. a. 2005, S. 19) genannt werden.<br />
Auf die Frage, was ihr Lieblingsort<br />
in der Schule sei, antwortete jede zweite<br />
Schülerin und jeder zweite Schüler,<br />
dies sei der Pausenhof. Auf die Frage<br />
danach, was ihnen besonders gut an<br />
der Schule gefalle, wiesen 71 % der<br />
Befragten darauf hin, dass sie in der<br />
Schule ihre Freunde träfen. Schulalltag<br />
aus der Sicht der Akteure hat damit sozialen<br />
Ereignischarakter.<br />
Beobachtungen Studierender, die<br />
Grundschulkinder über ein halbes Jahr<br />
in der Schule beobachtet, begleitet,<br />
unterstützt und dabei Protokolle teilnehmender<br />
Beobachtung angelegt<br />
haben (vgl. de Boer 2008), bestätigen<br />
diese Ergebnisse und machen sichtbar,<br />
dass schulischer Unterricht aus der Perspektive<br />
der SchülerInnen eben deutlich<br />
mehr umfasst als Lesen, Schreiben<br />
und Rechnen. Das häufigste und<br />
möglicherweise auch bedeutendste<br />
Thema, das die Studierenden mit ihren<br />
Beobachtungen feststellen konnten,<br />
betraf die Kontaktaufnahme unter<br />
den Gleichaltrigen. Die in den Studien<br />
beschriebenen Versuche der SchülerInnen,<br />
Partner oder Partnerinnen für<br />
die Pause zum Spielen zu finden, für<br />
gemeinsame Übungen im Sportunterricht,<br />
für Gruppenarbeitsprozesse, für<br />
gemeinsame Versuche im Sachunterricht<br />
oder Ähnliches, sind zahlreich.<br />
Auch das Thema: Zusammenarbeiten,<br />
Helfen und Abgrenzen spielt eine enorme<br />
Rolle im schulischen Alltag. »Dürfen<br />
wir zusammen arbeiten oder können<br />
wir das draußen auf dem Flur gemeinsam<br />
lösen?«, sind häufig gestellte Fragen,<br />
die zeigen, dass Kinder gerne zusammenarbeiten.<br />
Doch genauso regelmäßig<br />
treten Situationen auf, in denen es<br />
heißt: »Nee, mit Anna will ich nicht arbeiten.«<br />
Oder: »Der Dominik soll nicht zu<br />
uns in die Gruppe, der nervt.« Nicht selten<br />
lässt sich beob achten, dass Kinder<br />
übrig bleiben, die von keinem gefragt<br />
werden und selbst nicht auf andere<br />
Kinder zugehen können. Die Auseinandersetzung<br />
mit dem schulischen Alltag<br />
aus der Perspektive der SchülerInnen<br />
rückt die soziale Komponente stärker<br />
in den Blick und macht sichtbar, dass<br />
nicht nur das SchülerInnensein, sondern<br />
auch das MitschülerInnensein<br />
mit bedeutsamen Schwierigkeiten und<br />
Lernprozessen verbunden sein kann.<br />
Dunn (Dunn/Hughes 1998) macht in<br />
ihren Forschungen darauf aufmerksam,<br />
dass sich Geschwister und ähnlich<br />
alte Kinder gegenseitig abverlangen,<br />
die Verschiedenheit der Gefühle<br />
wahrzunehmen sowie Vorstellungen<br />
über die Gedanken des anderen einzunehmen.<br />
Krappmann (2002) betont,<br />
dass Kinder mit intensiven Sozialerfahrungen<br />
in vielen Entwicklungsdimensionen<br />
einen deutlichen Vorsprung<br />
gegenüber Kindern aufweisen, die weniger<br />
solchen Erfahrungen ausgesetzt<br />
sind. Angesichts der wachsenden Zahl<br />
von geschwisterlos aufwachsenden<br />
Kindern, immerhin 19 % (vgl. Alt 2005),<br />
kann angenommen werden, dass etliche<br />
Kinder im Kindergarten und in<br />
der <strong>Grundschule</strong> diese Erfahrungen<br />
nachholen und einigen Lernbedarf haben.<br />
Sozial-kompetent-Werden bedeutet<br />
eben auch, Anerkennung bei den<br />
Gleichaltrigen zu erfahren, Freunde zu<br />
finden und ein soziales Netz aufbauen<br />
zu können. Zwar zeigt eine <strong>aktuell</strong>e<br />
Befragung des Deutschen Kinder- und<br />
Jugendinstituts, dass nur jedes zehnte<br />
Kind äußert, keine Freunde zu haben.<br />
Doch jedem dritten Kind mangelt es<br />
an Freunden, die als verlässlich eingeschätzt<br />
werden (vgl. Traub 2006, S. 9).<br />
Grundschulkinder, so konstatieren<br />
Diehm und Scholz (2003), leben in<br />
einer Beziehungswelt. Sie verbinden<br />
Sachfragen und Sachauseinandersetzungen<br />
grundsätzlich mit Beziehungsfragen.<br />
»Was man spielt, ist abhängig<br />
davon, mit wem man spielt. Was man<br />
tut, ist abhängig davon, wer es tut usw.<br />
Beziehungen spielen sicher auch in der<br />
Welt der Erwachsenen eine Rolle. Aber<br />
in einer Kinderkultur sind sie konstitutives<br />
Moment der Kultur« (ebd., S. 49).<br />
Erkennbar wird: Kinder brauchen Kinder<br />
und die Auseinandersetzungen auf Augenhöhe,<br />
um sich selbst als Person zu<br />
erfahren, um Anerkennung zu erhalten<br />
und sich entwickeln zu können. In diesem<br />
Sinne wollen Kinder »sozial« sein,<br />
Gemeinschaften gründen und daran<br />
teilhaben, auch wenn dies nicht immer<br />
reibungslos gelingt und zeigt, dass das<br />
»Sozialwerden« gelernt werden muss.<br />
Heinrich Roth formulierte in diesem<br />
Kontext 1972 mit seinem Handlungskompetenzmodell<br />
die drei überfachlichen<br />
Kompetenzbereiche, »Selbstkompetenz«,<br />
»Sozialkompetenz« und<br />
»Sachkompetenz«, mit deren Relevanz<br />
er deutlich machte, dass Mündigkeit<br />
nicht über das rein fachliche Lernen zu<br />
erzielen ist.<br />
Sozialkompetenz und Kopfnoten<br />
Seit Roth gab es verschiedenste Kompetenzmodelle,<br />
die Aspekte des sozialen,<br />
des persönlichen, des emotionalen<br />
und kommunikativen Lernens<br />
aufgegriffen und zugleich sichtbar<br />
gemacht haben, dass hier keine trennscharfen<br />
Begriffe verwendet werden.<br />
Grob und Maag Merki treffen in ihren<br />
Überlegungen zu »überfachlichen<br />
Kompetenzen« (2001) vermutlich aus<br />
von<br />
Heike de Boer<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008<br />
3
Thema: Soziale Kompetenzen und die Kopfnoten<br />
diesem Grund die Unterscheidung in<br />
Komponenten sozialer Kompetenz, die<br />
einen konkreten Verhaltensbezug aufweisen<br />
und solchen, denen eine erklärende<br />
Funktion für sozial kompetentes<br />
Verhalten zukommt (vgl. 2001, S. 369)<br />
Zur ersteren zählen sie die Aspekte:<br />
n Kommunikationsfähigkeit,<br />
n Kooperations- und<br />
n Koordinationsfähigkeit,<br />
n Konfliktfähigkeit und<br />
n Teamfähigkeit.<br />
Zur zweiten Gruppe zählen sie:<br />
n Empathie,<br />
n Sensibilität,<br />
n interpersonale Flexibilität und<br />
n Durchsetzungsfähigkeit.<br />
Letztere, so räumen sie ein, sind allerdings<br />
stark situationsabhängig (ebd.).<br />
Sie begegnen der begrifflichen Vielfalt<br />
im Diskurs um soziale Kompetenzen,<br />
indem sie nicht von der »sozialen Kompetenz«,<br />
sondern von sozialen Kompetenzen<br />
sprechen und damit deutlich<br />
machen, dass es nicht die eine allgemeingültige<br />
Begriffserklärung gibt.<br />
Angesichts der wieder eingeführten<br />
Kopfnoten für das Arbeits- und Sozialverhalten<br />
in einigen Bundesländern<br />
wird die Auseinandersetzung damit,<br />
was als sozial kompetent zu beurteilen<br />
ist, in mehrfacher Weise virulent. Zum<br />
einen verweist der Begriff »Kompetenz«<br />
seit der Debatte um Bildungsstandards<br />
und Kompetenzen auf klare Erwartungen:<br />
Kompetenzen sollen messbar<br />
sein und mit entsprechenden Testinstrumenten<br />
erfasst werden können.<br />
Hier geht es einerseits um die Verbindung<br />
von Wissen und Können im Sinne<br />
der Befähigung zur Bewältigung unterschiedlicher<br />
Situationen (vgl. Klieme<br />
2004), z. B. Probleme erfolgreich in<br />
der Gruppe zu lösen. Zum anderen<br />
geht es um die Vergleichbarkeit, die<br />
Effizienz und Qualität der Fähigkeiten.<br />
Kompetenzmodelle, Teildimensionen<br />
und Kompetenzniveaus werden unterschieden<br />
und sollen dazu beitragen,<br />
die Bewältigung verschiedener Aufgaben<br />
in der Schule nach hohen, mittleren<br />
und niedrigen Niveaus beurteilen<br />
zu können (ebd.). Klieme verweist in<br />
diesem Zusammenhang auf Weinerts<br />
Definition von Kompetenzen als »die<br />
bei Individuen verfügbaren oder durch<br />
sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten<br />
und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme<br />
zu lösen, sowie die damit verbundenen<br />
motivationalen, volitionalen<br />
und sozialen Fähigkeiten, um die Problemlösungen<br />
in variablen Situationen<br />
erfolgreich und verantwortungsvoll<br />
nutzen zu können (Weinert in Klieme<br />
2004). Auch wenn Klieme einlenkend<br />
einräumt, dass affektive Aspekte und<br />
soziale Kompetenzen möglicherweise<br />
»keine klar abgrenzbaren und auf einer<br />
Skala von niedrig bis hoch bewertbaren<br />
Niveaus« zulasse, sondern eher Muster<br />
oder Typen hervorbringen könne (vgl.<br />
Klieme 2004, S. 13), erfordern die frisch<br />
eingeführten Kopfnoten doch genau<br />
dies.<br />
In Brandenburg beispielsweise soll<br />
das Arbeits- und Sozialverhalten mit<br />
vier Notenstufen beurteilt werden.<br />
Unter Sozialverhalten wird Verantwortungsbereitschaft,<br />
Kooperations- und<br />
Teamfähigkeit, Konfliktfähigkeit und<br />
Toleranz verstanden. Das schulische<br />
Arbeitsverhalten umfasst die Kategorien:<br />
Lern- und Leistungsbereitschaft,<br />
Zuverlässigkeit und Sorgfalt, Ausdauer<br />
und Belastbarkeit, Selbstständigkeit.<br />
Beide Aspekte sollen mit den Zuschreibungen:<br />
hervorragend ausgeprägt<br />
(1), deutlich ausgeprägt (2), teilweise<br />
ausgeprägt (3) und wenig ausgeprägt<br />
(4) beurteilt werden (vgl. Brandenburg<br />
Verwaltungsvorschrift 2006, S. 1 – 2).<br />
Wie sozial sich Kinder in der Schule<br />
verhalten, hängt auch davon ab, wie<br />
oben aufgeführt, ob sie mit oder ohne<br />
Geschwister aufwachsen. Auch der Erziehungsstil<br />
der Eltern spielt in diesem<br />
Zusammenhang eine Rolle. Zwei Drittel<br />
aller Kinder wachsen heute in sogenannten<br />
»Verhandlungshaushalten«<br />
auf. Bei Grenzverletzungen durch die<br />
Kinder wird nach einer passenden Lösung<br />
für beide Seiten gesucht. Die Kinder<br />
werden als Partner ernst genommen<br />
und lernen ihre Ansichten darzustellen<br />
und ihre Interessen zu vertreten. Andere<br />
Erfahrungen macht circa ein Drittel<br />
aller Kinder, das in sogenannten »Befehlshaushalten«<br />
aufwächst. Dort werden<br />
Lösungen weniger ausgehandelt<br />
als von den Erwachsenen bestimmt,<br />
kontrolliert und sanktioniert (vgl. Grunert/Krüger<br />
2006, S. 81ff.) Die dargelegten<br />
unterschiedlichen Bedingungen<br />
des Aufwachsens führen zu unterschiedlichen<br />
Ausgangssituationen von<br />
Kindern in der Schule und beeinflussen<br />
ihre Fähigkeiten, miteinander zu kommunizieren,<br />
Regeln auszuhandeln, zu<br />
kooperieren, die eigenen Interessen zu<br />
vertreten und Empathie zu zeigen. Um<br />
das Sozial- und Arbeitsverhalten benoten<br />
zu können, wird nicht nur notwendig,<br />
Kinder aus unterschiedlichen sozialen<br />
und familialen Zusammenhängen,<br />
mit verschiedenen Sozialerfahrungen<br />
zu vergleichen und zu normieren,<br />
gleichzeitig wird auch suggeriert, dass<br />
eine schlechte Note zur Besserung motiviert.<br />
Noten für das soziale Verhalten<br />
sollen einen Anreiz bieten, sich sozial<br />
zu verhalten, und gleichzeitig auch<br />
eine würdige Belohnung für angemessenes<br />
Verhalten darstellen; ein fragwürdiges<br />
Unterfangen, was dazu führt,<br />
dass vorhandene Verhaltensweisen der<br />
Schüler und Schülerinnen verstärkt<br />
werden und soziales Lernen, im Sinne<br />
des Ziels, sich im Schulalltag miteinander,<br />
das heißt Lehrpersonen, Schüler<br />
und Schülerinnen, um ein verträgliches<br />
Zusammensein zu bemühen, eher verhindert<br />
wird.<br />
Soziale Kompetenz wird in diesem<br />
Sinne zu einer individuellen Fähigkeit,<br />
die einem einzelnen Individuum zugeschrieben<br />
wird. Doch wo bleibt der<br />
Gedanke, dass soziale Kompetenz kein<br />
Produkt einer einzelnen Person, sondern<br />
ein Produkt ko-konstruktiver, das<br />
heißt gemeinsam konstruierter, Bedeutungen<br />
und gefällter Entscheidungen<br />
ist (vgl. Bellmann 2007) und die »Belohnung«<br />
in der von gegenseitigem<br />
Respekt getragenen freundlichen Klassenatmosphäre<br />
liegen kann? In diesem<br />
Kontext sind die Erziehungsgedanken<br />
des amerikanischen Pädagogen Dewey<br />
(1859 – 1952) hilfreich und verweisen auf<br />
die enorme Bedeutung des gemeinsamen<br />
Gesprächs von Lehrpersonen<br />
und SchülerInnen. Demokratie stellt<br />
für Dewey nicht nur eine Regierungs-<br />
4 GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008
Thema: Soziale Kompetenzen und die Kopfnoten<br />
form dar, sondern ist vor allem eine<br />
Form des Zusammenlebens, »der gemeinsamen<br />
und miteinander geteilten<br />
Erfahrung« (Dewey 1993, S. 121). In der<br />
Laboratory School (1894 – 1904) in Chicago<br />
verwirklichte er gemeinsam mit<br />
seiner Frau Alice seine Erziehungsidee.<br />
Schule als Ort zu begreifen, an dem<br />
Kinder und Lehrende zusammenleben<br />
und Erfahrungen machen, aus denen<br />
heraus sich die Fragen und Regeln des<br />
Alltags entwickeln sollen, bildet den<br />
Kern seiner Idee. Für Dewey hat die<br />
Gemeinschaft und das Gespräch in der<br />
Gemeinschaft oberste Priorität. Eine<br />
der wichtigsten Aufgaben der Schule<br />
ist es für ihn, Kindern die Teilhabe am<br />
demokratischen Gespräch zu ermöglichen<br />
und dort die Ansprüche, die das<br />
Gemeinschaftsleben an Kinder und<br />
Lehrende stellt, gemeinsam zu klären.<br />
Dass SchülerInnen in der Klasse miteinander<br />
sprechen, sich artikulieren<br />
lernen, ausreden lassen und zugleich<br />
einander zuhören, ist keine Begabung,<br />
sondern ein Lernprozess, der angeregt<br />
und gesteuert werden kann. Das<br />
Miteinander-Sprechen-Lernen muss<br />
geübt und die Erarbeitung von Regeln<br />
für Gespräche und Feedback angeleitet<br />
werden. Ist ein Regelgerüst erarbeitet<br />
und in der Klasse bekannt, können die<br />
Lehrenden Verantwortung abgeben<br />
und sich zunehmend aus der Moderation<br />
ritualisierter Gespräche, z. B. Morgenkreis<br />
oder Klassenrat, zurückziehen<br />
und Kindern die Gelegenheit geben,<br />
Gespräche selbstständig zu leiten.<br />
Doch damit dieses gelingt, ist die Lehrperson<br />
herausgefordert:<br />
n mit der Klasse gemeinsam eine<br />
positive Gesprächsatmosphäre aufzubauen,<br />
n die Kinder in ihren Kompetenzen zu<br />
kennen und aufeinander zu verweisen<br />
und<br />
n das eigene Lehrbedürfnis zurückzustellen.<br />
Am Beispiel der Klassenratsleitung soll<br />
im Folgenden illustriert werden, welche<br />
Bedeutung diesen Aspekten innewohnt.<br />
Sozialkompetenz fördern –<br />
Kinder leiten den Klassenrat<br />
Der Klassenrat ist in der <strong>Grundschule</strong><br />
ein bekanntes Gremium, in dem Kinder<br />
und Klassenlehrerin wöchentlich<br />
zusammenkommen und Fragen des<br />
Schulalltags besprechen.<br />
Es ist eine Konstruktion von Erwachsenen<br />
für SchülerInnen, mit der ihnen<br />
ein Forum für die Besprechung von alltäglichen<br />
Konflikten im Sinne sozialen<br />
Lernens und der Beteiligung an der Planung<br />
und Gestaltung des Schulalltags<br />
geboten wird. Mit dem Klassenrat verknüpft<br />
sich die Intention, Kinder zu demokratischen,<br />
verantwortungsvollen<br />
Menschen zu erziehen – er wird als<br />
Ort des Demokratie-Lernens gesehen.<br />
In einer schriftlichen und anonymen<br />
Befragung eines vierten Schuljahres<br />
zum Klassenrat antworten 17 von<br />
19 Kindern auf die Frage danach, wer<br />
den Klassenrat leiten sollte: die Kinder.<br />
Ihre Begründungen sind vielfältig und<br />
zeigen auf, welche Bedeutung sie der<br />
Klassenratsleitung geben (vgl. de Boer<br />
2006, S. 147):<br />
n »weil ich es gut finde, wenn die<br />
Kinder auch mal etwas leiten können«<br />
n »den Klassenrat sollen Kinder leiten,<br />
weil sie da viel lernen«<br />
n »weil sie lernen, Verantwortung zu<br />
übernehmen«<br />
n »weil sie auch ausprobieren sollen,<br />
wie man so etwas macht«<br />
n »weil sie mehr Spaß reinbringen«<br />
n »weil ich finde, dass die Kinder auch<br />
mal was leiten können«<br />
n »weil sie lernen sollen, wie es geht«<br />
n »weil ihnen sonst langweilig wird<br />
und sie nichts zu tun haben«<br />
n »weil die Kinder das auch mal machen<br />
sollten und nicht nur die Lehrerin«<br />
n »die Kinder sollen leiten, aber erst<br />
ab der dritten Klasse, weil sie dann<br />
schon groß und klug sind«<br />
n »weil man vieles mitkriegt«<br />
n »weil sie es dann können und wissen,<br />
wie es geht«<br />
n »weil wir es auch gut können und<br />
halt dabei lernen, wie wir das machen«<br />
Ausgerechnet das von den SchülerInnen<br />
formulierte Ziel, ›Leiten lernen zu wollen‹,<br />
gehört nicht zu den wesentlichen<br />
programmatischen, pädagogischen Intentionen<br />
des Klassenrates. Auch wenn<br />
an die Leitung durch Kinder im bereits<br />
routinierten Klassenratsablauf gedacht<br />
wurde, suggerieren viele Praxispublikationen,<br />
dass es sich um ein untergeordnetes<br />
Thema handelt, bzw. die Kinderleitung<br />
eher im dritten oder vierten<br />
Schuljahr sinnvoll sei (vgl. Flissi kowski<br />
2002; Stähling 2004). Hier liegt die<br />
Krux offensichtlich im Detail. In den<br />
praktischen Handlungsanweisungen<br />
zum Klassenrat ist wiederholt der lapidar<br />
wirkende Hinweis darauf zu finden,<br />
dass die Kinder langfristig leiten sollen.<br />
Reflexionen darüber, ab wann und wie<br />
viel sie leiten ›dürfen‹ und wie sich die<br />
beteiligte Lehrperson verhalten sollte,<br />
werden in diesem Kontext nur angerissen,<br />
jedoch nicht in ihrer Ambivalenz,<br />
die in der Spannung zwischen Vorbild<br />
und Gleiche unter Gleichen sein wollen<br />
liegt, diskutiert. Viel mehr Aufmerksamkeit<br />
wird der Tatsache geschuldet,<br />
dass der Klassenrat ein Ort der öffentlichen<br />
Konfliktklärung wird.<br />
Meine eigenen videogestützten Beobachtungen<br />
von Klassenratssitzungen<br />
über drei Jahre hinweg (vgl. de Boer<br />
2006) und die Antworten der SchülerInnen<br />
auf einem abschließenden<br />
Fragebogen zum Thema Kinderleitung<br />
im Klassenrat verweisen darauf, dass<br />
das PräsidentInnenamt, den Klassenrat<br />
zu leiten, die eigentliche Attraktivität<br />
des Klassenrates darstellte. Die bis in<br />
die letzte Schulwoche hinein ungebrochene<br />
breite Bereitschaft, dieses Amt<br />
zu übernehmen, machte auf das ausgeprägte<br />
Interesse der SchülerInnen<br />
aufmerksam, sich in dieser Rolle ausprobieren<br />
zu wollen. Aus ungefähr 62<br />
vorliegenden Klassenratsprotokollen<br />
geht eindrucksvoll hervor, dass vom<br />
zweiten Schuljahr an alle Kinder geleitet<br />
hatten, die meisten SchülerInnen<br />
waren mehrmals Präsident / Präsidentin.<br />
Die Kinder erklärten sich offensichtlich<br />
das Leitungsamt zur selbst erwählten<br />
Lernaufgabe. Es zeigt sich eine<br />
paradoxe Situation: Die pädagogische<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008<br />
5
Thema: Soziale Kompetenzen und die Kopfnoten<br />
Intention, im Klassenrat Konflikte zu<br />
klären, wurde von den SchülerInnen<br />
häufig auf das ordnungsgemäße Erfüllen<br />
einer schulischen Aufgabe reduziert.<br />
Viele Gespräche wurden mit<br />
einem stereotypen: »das tut mir leid«<br />
oder »ich tu’s nicht wieder – Entschuldigung«<br />
beendet. Erkennbar war wiederholt,<br />
dass die öffentliche Konfliktklärung<br />
interindividueller Schwierigkeiten<br />
einzelner Kinder mit dem Risiko der Beschämung<br />
und der Blamage verbunden<br />
war. Die Kinderaussagen bestätigen<br />
dies. Auf die Frage, ob im Klassenrat die<br />
Wahrheit gesprochen würde, antworteten<br />
10 von 19 Kindern mit »nein«. Eine<br />
häufige Begründung lag darin, dass<br />
man keinen Ärger bekommen wolle.<br />
Einige Kinder fanden allerdings, man<br />
»müsse« die Wahrheit sagen, sonst<br />
gäbe es immer wieder Streit, oder die<br />
Lehrerin würde merken, dass gelogen<br />
worden sei. Die in einigen Antworten<br />
enthaltene Formulierung »man muss<br />
die Wahrheit sagen« verweist bereits<br />
auf den normativen Hintergrund, dass<br />
es aus der Sicht der SchülerInnen eine<br />
schulische Erwartung gibt, der entsprochen<br />
werden sollte. Zwölf der befragten<br />
Kinder fanden es peinlich, im<br />
Klassenrat Bestandteil einer Beschwerde<br />
zu sein oder hatten sogar Angst vor<br />
einer solchen Situation. So schrieb z. B.<br />
ein Mädchen:<br />
»Wenn sich jemand im Klassenrat beschwert,<br />
habe ich Angst und kann dann<br />
nicht reden, das ist dann ein bisschen<br />
schwer zu reden.«<br />
Ein weiteres Mädchen fand:<br />
»Ich entschuldige mich, weil ich nicht<br />
gerne diskutiere.«<br />
Ein Junge antwortete auf die Frage,<br />
was er denken würde, wenn sich jemand<br />
über ihn im Klassenrat beschweren<br />
würde:<br />
»Ich denke, dass ich keinen Bock<br />
habe.«<br />
Nur vier der befragten 19 Kinder hatten<br />
keine Probleme mit öffentlichen<br />
Beschwerden und begründeten es<br />
damit, dass sie sich selbst schließlich<br />
auch beschweren könnten.<br />
Da sich die Klassenlehrerin bereits<br />
im Laufe des dritten Schuljahres mit<br />
der Frage auseinandergesetzt hatte,<br />
wie der Ablauf des Klassenrates verändert<br />
werden könnte, um Imagebeschädigungen<br />
zu vermeiden, machte sie<br />
der Klasse zu Beginn des vierten Schuljahres<br />
den Vorschlag, einen Streitschlich<br />
terdienst einzuführen, der Streitigkeiten<br />
zwischen einzelnen Personen<br />
klären hilft. Die SchülerInnen diskutierten<br />
diese Idee und entschieden, keine<br />
»kleinen Streitigkeiten«, d. h. die lediglich<br />
zwei oder drei Kinder betrafen,<br />
mehr im Klassenrat zu besprechen. Sie<br />
führten den Streitschlichterdienst ein.<br />
Er wurde am Ende des Klassenrates von<br />
dem Präsident und der Präsidentin ausgewählt,<br />
neben vielen anderen Diensten,<br />
die in jeder Woche anstanden. Im<br />
Klassenrat sollten nur noch Probleme<br />
besprochen werden, welche die ganze<br />
Klasse oder mehrere Kinder in der Klasse<br />
betrafen.<br />
Die Organisation des Klassenrates<br />
hatte sich von der zweiten zur vierten<br />
Klasse folgendermaßen gewandelt:<br />
2. Klasse<br />
1. Ich finde gut, dass …<br />
2. Ich finde nicht gut, dass …<br />
Was ist passiert?<br />
Wie habt ihr euch gefühlt?<br />
Was wünscht ihr euch?<br />
3. Ich schlage vor, dass …<br />
4. Klasse<br />
1. Das war diese Woche gut:<br />
zwischen uns und<br />
im Unterricht<br />
2. Mitteilungen der Klassensprecher<br />
3. Beschlüsse aus der letzten Sitzung<br />
4. Das muss besser werden:<br />
zwischen uns und<br />
im Unterricht<br />
5. Vorschläge für die nächste Woche<br />
6. Verteilung der Klassendienste<br />
7. Rückmeldung an die Präsidenten<br />
Während im zweiten und dritten Schuljahr<br />
die Konflikte einzelner Kinder im<br />
Mittelpunkt standen, ließen die Klassenratsgespräche<br />
im vierten Schuljahr<br />
mit der veränderten Tagesordnung sehr<br />
viel mehr Spielräume für gemeinsame<br />
Planungen in der Klasse zu.<br />
Interessant war zu beobachten,<br />
dass das pädagogisch nicht intendierte<br />
»Leitenlernen« zur selbst gewählten<br />
Herausforderung für die Schüler und<br />
Schülerinnen wurde. In der durchorganisierten<br />
Schule offiziell und ernsthaft<br />
die LehrerInnenrolle und alle damit<br />
verbundenen Rechte und Pflichten<br />
übernehmen zu können, stellte sich als<br />
ansprechende Herausforderung für alle<br />
Kinder dar. Die oben zitierten Kinderaussagen<br />
zeigen, dass das Leitungsamt<br />
aus ihrer Sicht mit der anspruchsvollen<br />
Aufgabe verknüpft war, Verantwortung<br />
für die Aufrechterhaltung der<br />
kommunikativen und thematischen<br />
Ordnung zu übernehmen. Diese Verantwortung<br />
trug sonst die Lehrerin.<br />
Die SchülerInnen waren offensichtlich<br />
gerne bereit, diese Funktion zu übernehmen<br />
und in diesem Kontext auch<br />
für die Durchsetzung der etablierten<br />
Gesprächsregeln zu sorgen.<br />
Damit wird eine zweite Paradoxie<br />
ersichtlich: Während im Schulalltag die<br />
Einhaltung der Gesprächsregeln oft lästig<br />
und unnötig erschien, rekurrierten<br />
sie als LeiterInnen ganz selbstverständlich<br />
auf eben denselben. Sie hatten die<br />
Erfahrung gemacht, dass ein Gruppengespräch<br />
mit der ganzen Klasse ohne<br />
gewisse Regeln nicht durchführbar war<br />
und versuchten dementsprechend,<br />
auf die Einhaltung gewisser Normen<br />
zu achten und diese durchzusetzen.<br />
In diesem Prozess erfuhren sie auch,<br />
dass Durchsetzungsfähigkeit lernbar<br />
war. Auch wenn sie für kurze Zeit eine<br />
Aufgabe der Lehrerin übernommen<br />
hatten, wussten sie doch, dass es einen<br />
mehrfach abgesicherten Boden<br />
gab. Stets kontrollierten einige der zuhörenden<br />
Kinder, dass die thematische<br />
und kommunikative Ordnung eingehalten<br />
wurde und intervenierten bei<br />
Abweichungen und Widersprüchen. In<br />
vielen Situationen wirkten diese Interventionen<br />
hilfreich und kooperativ und<br />
konnten von den PräsidentInnen angenommen<br />
werden. Manchmal mussten<br />
sich die Kinder in der Feedbackrunde<br />
auch mit der Kritik auseinandersetzen,<br />
dass sie »geschlafen« hätten, dass »es<br />
zu laut« gewesen sei, dass sie »selbst<br />
gequatscht« hätten oder zu »dominant«<br />
gewesen seien. Oft hieß es aber auch,<br />
»dass habt ihr gut gemacht«, »ihr wart<br />
gerecht und habt alle dran genommen«,<br />
»ihr habt gut auf die Regeln geachtet«<br />
oder »ihr habt alle Fälle gelöst«. Die Kritik<br />
der Kinder untereinander war häufig<br />
wohlwollend, doch gleichzeitig auch<br />
unmissverständlich und direkt. Als allerletzte<br />
Instanz gewährte die Anwesenheit<br />
der Lehrerin den SchülerInnen<br />
Sicherheit und Schutz. An ihre Präsenz<br />
war die Geltung der schulischen<br />
Ordnung geknüpft. Auch wenn sie im<br />
vierten Schuljahr keine Aufgaben mehr<br />
hatte, wollte kein Kind auf ihre Anwesenheit<br />
verzichten. Sie war der Garant<br />
dafür, dass es, so die Kinder, »nicht<br />
6 GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008
Thema: Soziale Kompetenzen und die Kopfnoten<br />
chaotisch« wurde. Sie galt als »Sicherheitsnetz«,<br />
als Hilfe, wenn gar nichts<br />
mehr ging.<br />
Die Ausführung des Leitungsamtes<br />
durch die SchülerInnen im Klassenrat<br />
führte rückblickend im besonderen<br />
Maße zum Aufbau von Gesprächskompetenz<br />
und zur Entwicklung gegenseitigen<br />
Respekts und Anerkennung.<br />
Auch wenn die Lehrerin in diesem<br />
Prozess für die Kinder ein Vorbild gewesen<br />
sein mag, war vor allem ihre<br />
zunehmende Zurückhaltung für diesen<br />
Lernprozess bedeutsam. Sie führte zu<br />
einer stärkeren Verwiesenheit der Kinder<br />
aufeinander und zeigte deutlich,<br />
dass SchülerInnen durchaus ein altersgemäßes<br />
Wissen über Normen haben<br />
(vgl. Scholz 1996, S. 122), welches in<br />
dieser Situation zur Geltung kam. Das<br />
Klassenratsgespräch unter Kinderleitung<br />
hatte ernsthaften Charakter. Die<br />
situative Verantwortungsübernahme<br />
beförderte auf diese Weise individuelle,<br />
kommunikative und kollektive<br />
Gesprächsfähigkeiten und soziale<br />
Kompetenz; die Erfahrung, wichtige<br />
Gesprächsbeiträge geleistet zu haben<br />
oder ein Gespräch gut geleitet zu haben,<br />
führte zugleich zur Erfahrung von<br />
Selbstwirksamkeit und Selbstkompetenz.<br />
Sozialkompetenz fördern –<br />
was Lehrerinnen und Lehrer<br />
dazu beitragen können<br />
Am oben skizzierten Beispiel des Klassenrates<br />
hat die Klassenlehrerin mit<br />
folgenden drei Schritten entscheidend<br />
zur Entstehung sozialer Kompetenzen<br />
in der Klasse und zugleich zur Entwicklung<br />
von Anerkennung beigetragen:<br />
n die Leitung an die SchülerInnen (bereits<br />
im zweiten Schuljahr) übergeben,<br />
n sich mit normativen Bemerkungen<br />
und Interventionen zurückhalten,<br />
n Streitigkeiten zwischen einzelnen<br />
SchülerInnen aus dem Klassenratsgespräch<br />
verbannen.<br />
Indem allen Schülerinnen die gleichberechtigte<br />
Möglichkeit geboten wurde,<br />
die Klassenratsleitung zu übernehmen,<br />
war der Rahmen dafür geschaffen,<br />
dass das einzelne Kind als »Subjekt« mit<br />
der Ausführung des Leitungsamtes individuelle<br />
Anerkennung erhalten konnte.<br />
Mit der Änderung der thematischen<br />
Ordnung des Klassenrates wurden<br />
weitere Beteiligungsmöglichkeiten für<br />
SchülerInnen geschaffen, um an schulischen<br />
Entscheidungen mitwirken zu<br />
können und Anerkennung zu erfahren.<br />
Die Fokussierung des Gesprächs auf<br />
schulische Themen verminderte zugleich<br />
die Gefahr der Beschämung Einzelner<br />
und verstärkte die kooperative<br />
und kollektive Kommunikation, indem<br />
die Klasse als Gemeinschaft angesprochen<br />
wurde und nach Antworten auf<br />
Fragen gesucht wurde, die in der Regel<br />
alle Klassenmitglieder betrafen. Auf<br />
diese Weise zeigte die Lehrerin auch<br />
ihre Anerkennung gegenüber der Klasse<br />
als ernst zu nehmende, eigenständige<br />
Gemeinschaft. Der Abbau von Situationen,<br />
die zur öffentlichen Beschämung<br />
Einzelner führen können, stellt<br />
eine entscheidende Voraussetzung für<br />
die Entwicklung sozialer Kompetenz<br />
dar. Die Bereitschaft, miteinander zu<br />
kooperieren, Interessen auszuhandeln,<br />
Empathie und Sensibilität zu zeigen,<br />
kann besser entwickelt werden, wenn<br />
eine angstfreie Atmosphäre in der<br />
Klasse aufgebaut wird. Der Ablauf des<br />
geschilderten Verfahrens, so wie er<br />
sich im vierten Schuljahr zeigte, war<br />
damit das Produkt einer Ko-Konstruktion<br />
von Lehrerin und SchülerInnen.<br />
Es zeigt sich, wie bedeutend es sein<br />
kann, die Zu-Erziehenden als Personen<br />
zu achten, die sie noch nicht sind und<br />
mittels Selbsttätigkeit noch werden,<br />
indem darauf vertraut wird, dass die<br />
Gruppe der Schüler und Schülerinnen<br />
miteinander und voneinander lernt<br />
und gemeinsam Mittel und Wege finden<br />
wird, komplexere Fragestellungen<br />
zu bearbeiten.<br />
Im dargestellten Beispiel führten die<br />
kommunikativen Peer-Aushandlungen<br />
nicht nur zum sozialen, sondern auch<br />
zum sprachlichen Lernen. Die im Klassenratsgespräch<br />
beobachteten Argumentationspraxen<br />
enthielten komplexe<br />
Begründungsmuster und Aspekte<br />
kooperativer Kommunikativität. Fähigkeiten,<br />
die sonst im Fachunterricht mit<br />
didaktisch durchdachten Lernschritten<br />
erreicht werden sollen, und dennoch<br />
selten zu einer ähnlich hohen Gesprächsbeteiligung<br />
führen. Diese Erkenntnis<br />
machte darauf aufmerksam,<br />
wie bedeutend die Zurückhaltung der<br />
Lehrperson und die Reduzierung normativer<br />
Kommentare im Klassenrat<br />
war. Sie führte zum einen auf eine größere<br />
Verwiesenheit der SchülerInnen<br />
untereinander. Zum anderen konnten<br />
die Kinder wiederholt ihre Erzählungen<br />
zu einem selbst gesetzten Ende verfolgen<br />
und ihre entwickelten Logiken gegenseitig<br />
rekonstruieren, ohne von Typisierungs-<br />
oder Abkürzungspraktiken<br />
der Lehrperson unterbrochen zu werden<br />
(vgl. Wiesemann 1999, S. 242). Hier<br />
wird erkennbar, dass nicht<br />
nur die kluge Platzierung<br />
von Kommentaren der<br />
Lehrperson entscheidend,<br />
sondern die reflektierte<br />
Zurückhaltung ihrer Interventionen<br />
mindestens<br />
genauso bedeutend ist.<br />
Dürfen Kinder Verantwortung<br />
übernehmen,<br />
können sie einander ihre<br />
Fähigkeiten zeigen und<br />
miteinander soziale Kompetenzen<br />
erarbeiten.<br />
Damit dies möglich wird, müssen im<br />
Hintergrund entsprechende Strukturen<br />
aufgebaut werden, die transparent sind<br />
und von allen verstanden und getragen<br />
werden können. Hier sind Lehrende in<br />
ihrer Funktion<br />
n als Vorbild,<br />
n als Ordnungen und Strukturen aufbauende<br />
und<br />
n als berechenbare Instanz gefragt.<br />
Selbstständigkeit kann dort greifen,<br />
Verantwortung kann dort geteilt werden,<br />
wo auf bekannte Strukturen zurückgegriffen<br />
werden kann. Damit<br />
SchülerInnen kooperieren, sich koordinieren,<br />
absprechen und Aushandlungen<br />
gemeinsam vornehmen können,<br />
müssen<br />
n individuelle Verantwortungen geklärt,<br />
n positive Abhängigkeiten geschaffen,<br />
n face-to-face Austausch ermöglicht<br />
werden und<br />
n am Ende Arbeitsprozesse gemeinsam<br />
reflektiert werden.<br />
Der Zusammenhang von Struktur, Vertrauen<br />
und Prozess wird hier deutlich<br />
und macht sichtbar, dass transparente<br />
und feste Strukturen besonders in der<br />
Anfangsphase der Zusammenarbeit in<br />
der Klasse wichtig sind, um Sicherheit<br />
zu vermitteln und die Entwicklung von<br />
Vertrauen der Kinder untereinander und<br />
zu der Lehrperson möglich zu machen.<br />
Heike de Boer,<br />
Jg. 1963, Dr. phil., Akademische<br />
Rätin an der Pädagogischen<br />
Hochschule Freiburg, Institut<br />
für Erziehungswissenschaft I im<br />
Arbeitsgebiet Schulentwicklung,<br />
Didaktik und internationale<br />
Bildungsforschung.<br />
Arbeitschwerpunkte:<br />
empirische Schul- und Unterrichtsforschung,<br />
Kindheitsforschung,<br />
Schule und Demokratie.<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008<br />
7
Thema: Soziale Kompetenzen und die Kopfnoten<br />
Sind diese Schritte eingeleitet, kann<br />
eine Verantwortungsteilung stattfinden.<br />
Hier lohnt es sich, die Verantwortung<br />
auch dann bei den Schülern und<br />
Schülerinnen zu lassen und auf den<br />
gemeinsamen Prozess zu vertrauen,<br />
wenn sie die Aufgaben anders lösen als<br />
intendiert, denn: Fehler gehören zum<br />
Lernweg und sind immer wieder Motor<br />
zur Weiterentwicklung (vgl. Bartnitzky<br />
/ Bosse / Gravelaar 2007).<br />
Zugleich ist es wichtig zu bedenken,<br />
dass Kinder über kindspezifische<br />
Problemlösungen sowie über kindspezifische<br />
Bewertungen der Zulässigkeit<br />
von Argumentationsmustern bzw.<br />
Deutungsmustern verfügen, auf die<br />
Erwachsene manchmal nicht kommen<br />
können – eben, weil sie erwachsen<br />
sind. Die Psychologin Stern stellt in<br />
diesem Kontext fest, dass ein entscheidender<br />
Grund für eine suboptimale<br />
Kommunikation zwischen Kindern und<br />
Erwachsenen darin liegt, dass sie zwar<br />
die gleichen Begriffe verwenden, aber<br />
mit unterschiedlichen Bedeutungen<br />
ausfüllen (vgl. Stern 2006, S. 48).<br />
Sozialkompetenz fördern –<br />
ein gemeinsamer Entwicklungsprozess<br />
aller Beteiligten<br />
Damit wird sichtbar, dass soziale<br />
Kompetenzen zwar nur von den SchülerInnen<br />
selbst entwickelt werden<br />
können, dieser Entwicklungsprozess<br />
allerdings durch das Verhalten der<br />
Lehrpersonen entscheidend beeinflusst<br />
werden kann. Schüler und Schülerinnen,<br />
auch jene im Anfangsunterricht<br />
der <strong>Grundschule</strong>, haben bereits<br />
gelernt, sich im schulischen Rahmen<br />
zu bewegen. Sie haben Praktiken entwickelt,<br />
mit den an sie gestellten schulischen<br />
Anforderungen umzugehen<br />
und sich als Person zugleich abzugrenzen.<br />
Krappmann stellt hierzu fest, dass<br />
allen Jungen und Mädchen in Kindergruppen<br />
und im Klassenzimmer das soziale<br />
Interesse gemeinsam ist, vor den<br />
Augen der anderen nicht ausgelacht,<br />
beschämt oder erniedrigt zu werden<br />
(vgl. Krappmann 2002). Beschämungen<br />
verhindern helfen, bedeutet, Raum für<br />
soziales Lernen zu eröffnen. Soziales<br />
Lernen wird in der Regel vom Ergebnis<br />
her beurteilt: sind Kinder friedlich und<br />
gesprächsbereit, wird festgestellt, sie<br />
haben sozial gelernt (vgl. ebd., S. 96).<br />
Soziales Lernen heißt in diesem Sinne<br />
auch, den Anforderungen der Erwachsenen<br />
zu entsprechen. Krappmann<br />
konnte in seinen zahlreichen Beobachtungen<br />
von Schulkindern feststellen,<br />
dass Kinder häufig aus guten Gründen<br />
den Anforderungen der Lehrenden<br />
oder Eltern nicht einfach Folge leisten,<br />
sondern die spezifische Situation analysieren,<br />
die Beziehungen von Hilfesuchendem<br />
und Helfer berücksichtigen,<br />
die Relevanz der Normen einschätzen<br />
und zukünftige Interaktionen bedenken,<br />
bevor sie ein Urteil fällen und eine<br />
Handlung planen (vgl. ebd., S. 97). Hier<br />
gibt es viele Beweggründe, die Kinder<br />
für ihr Handeln miteinander ins Verhältnis<br />
setzen müssen, die Lehrenden<br />
verborgen und manchmal unverständlich<br />
bleiben.<br />
Soziale Kompetenzen in der Schule zu<br />
befördern erfordert, Kinder als eigenständige<br />
Subjekte zu respektieren, die<br />
Bedeutung positiver Gleichaltrigenbeziehungen<br />
für die Entwicklung sozialer<br />
Kompetenzen anzuerkennen und Räume<br />
für Gleichaltrigenbeziehungen zur<br />
Verfügung zu stellen. Offene Unterrichtsphasen,<br />
Gruppen-, Projektarbeit<br />
und Freie Arbeit bieten hier wichtige<br />
Gelegenheiten für SchülerInnen, innerhalb<br />
des Unterrichts Kontakte aufzunehmen<br />
und sich im Miteinander zu<br />
erproben. Dass Kinder manchmal eigenen<br />
Regeln folgen und durchaus gute<br />
Gründe dafür haben können, etwas<br />
anders zu entscheiden als erwartet, ist<br />
ein wichtiger Lernprozess, den Erwachsene<br />
in diesem Kontext durchlaufen<br />
können.<br />
Die Förderung sozialer Kompetenzen<br />
in der Klasse wird damit zu<br />
einem gemeinsamen Entwicklungsweg<br />
aller Beteiligten und ist mit Noten<br />
nicht zu erfassen. Ein gelungener Prozess<br />
zeigt sich in einer konstruktiven<br />
Kommunikation im Klassenzimmer,<br />
an der Fähigkeit, miteinander zu arbeiten,<br />
Konflikte zu lösen, Einzel- und<br />
Gemeinschaftsinteressen miteinander<br />
auszutauschen und abzuwägen, Grenzen<br />
Einzelner anzuerkennen und damit<br />
Beschämungen verhindern zu lernen.<br />
Kinder, die sich von ihren MitschülerInnen<br />
und Lehrenden respektiert<br />
fühlen, können Vertrauen in sich und<br />
andere entwickeln und lernen, aufgeschlossen<br />
auf Menschen und Themen<br />
zuzugehen: eine wichtige Voraussetzung<br />
für das Sozialwerden und Lernen<br />
überhaupt.<br />
Literatur<br />
Alt, Christian (Hrsg.) (2005): Kinderleben – Aufwachsen zwischen<br />
Familie, Freunden und Institutionen. 2 Bde., Wiesbaden<br />
Bartnitzky, Jens / Bosse, Ulrich / Grave laar, Gisela (2007): Selbst-,<br />
Sach- und Sozialkompetenz. Pädagogische Leistungskultur: Asthetik,<br />
Sport, Englisch, Arbeits- und Sozialverhalten. Grundschulverband e. V.,<br />
Frankfurt am Main<br />
Behnken, Imke u. a. (2005): Lehren, Bildung, Partizipation.<br />
Die Perspektive der Kinder und Jugendlichen. Expertise zum<br />
8. Kinder- und Jugendbericht der Landesregierung NRW. Siegen<br />
Bellmann, Johannes (2007): Der Pragmatismus als Philosophie von<br />
Pisa – Anmerkungen zur Plausibilität eines Deutungsmusters. In:<br />
Zeitschrift für Erziehungswissenschaft Heft 3, Sept. 2007<br />
de Boer, Heike (2006): Klassenrat als inter aktive Praxis. Auseinandersetzung<br />
– Kooperation – Imagepflege. Wiesbaden<br />
de Boer, Heike (2008) (in Arbeit): Auseinandersetzungen Studierender<br />
mit der kindlichen Perspektive. In: de Boer, Heike / Deckert-Peaceman,<br />
Heike (Hrsg.): Kinder in der Schule. Zwischen Gleichaltrigenkultur<br />
und schulischer Ordnung, Wiesbaden<br />
Dewey, John (1993): Demokratie und Erziehung. Eine Einleitung in<br />
die philosophische Pädagogik. Neuausgabe mit einem Nachwort von<br />
Jürgen Oelkers. Weinheim und Basel (deutsche Erstausgabe 1964)<br />
Diehm, Isabell / Scholz, Gerold (2003): Vom Lernen der Kinder –<br />
ein Paradigmenwechsel in Kindergarten und Schule. In: Laging, Ralf<br />
(Hrsg.): Altersgemischtes Lernen in der Schule. Hohengehren, S. 39 – 54<br />
Dunn, J. / Hughes, C. (1998): Young children’s understanding of<br />
emotions within close relationships. In: Cognition and Emotion 12,<br />
S. 171 – 190<br />
Flissikowski, Simone (2002): Der Klassenrat: Ein praxisorientiertes<br />
Konzept für den Umgang mit Konflikten in der <strong>Grundschule</strong>.<br />
In: Itze, Ulrike / Ulnoska, Herbert / Bartsch, Christiane (Hrsg.):<br />
Problemsituationen in der <strong>Grundschule</strong>. Bad Heilbrunn, S. 290 – 307<br />
Grob, Urs / Maag Merki, Katharina (2001): Überfachliche Kompetenzen.<br />
Theoretische Grundlegung und empirische Erprobung eines<br />
Indikatorensystems. Bern<br />
Grunert, Cathleen / Krüger, Heinz-Hermann (2006): Kindheit und<br />
Kindheitsforschung in Deutschland. Forschungszugänge und Lebenslagen.<br />
Opladen<br />
von Hentig, Hartmut (2001): Warum muss ich zur Schule gehen?<br />
Eine Antwort an Tobias in Briefen. München<br />
Klieme, Erhart (2004): Was sind Kompetenzen und wie lassen sie sich<br />
messen? In: Pädagogik, 56. Jg, Heft 6, S. 10 – 13<br />
Krappmann, Lothar (2002): Untersuchungen zum Lernen.<br />
In: Petillon, Hans (Hrsg.): Individuelles und soziales Lernen in der<br />
<strong>Grundschule</strong> – Kinderperspektive und pädagogische Konzepte.<br />
Jahrbuch Grundschulforschung 5, Opladen<br />
Scholz, Gerold (1996): Kinder lernen von Kindern. Grundlagen der<br />
Schulpädagogik. Band 19, Hohengehren<br />
Stern, Elisabeth (2006): Lernen. Was wissen wir über erfolgreiches<br />
Lernen in der Schule? In: Pädagogik, 58. Jg, Heft 1, S. 45 – 50<br />
Stähling, Reinhard (2004): Der Klassenrat – Eine Fortführung<br />
reformpädagogischer Praxis. In: Burk, Karlheinz / Speck-Hamdan,<br />
Angelika / Wedekind, Hartmut (Hrsg.): Kinder beteiligen – Demokratie<br />
lernen. Frankfurt am Main, S. 197 – 207<br />
Traub, Angelika (2006): Freunde und Freundinnen – wichtig zum<br />
Wohlfühlen und Lernen. In: Deutsches Jungendinstitut Bullitin 77, S. 9<br />
Verwaltungsvorschrift zur Bewertung des Arbeits- und<br />
Sozialverhaltens in den Jahrgangsstufen 3 – 10. Brandenburg<br />
(2006), S. 1 – 2. In: www.landesrecht.brandenburg.de/sixcms/detail.<br />
php?gsid=land_bb_bravors_01 (10. 12. 07)<br />
8 GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008
Thema: PISA und die Evaluation<br />
Nicht PISA, sondern die Fixierung auf PISA<br />
und der Umgang mit den Daten ist das Problem 1<br />
Die Autorität von PISA als Evaluationsinstanz<br />
im Schulwesen wird zunehmend<br />
in Zweifel gezogen. Die<br />
grundsätzliche Kritik von außen am<br />
forschungs methodischem Design und<br />
den statistischen Auswertungsmethoden<br />
hat sich deutlich verschärft. 2<br />
Gleichzeitig machen interne Differenzen<br />
zwischen dem internationalen<br />
PISA-Team in Paris und der deutschen<br />
Leitung deutlich, wie auslegungsfähig<br />
und interpretationsbedürftig die<br />
scheinbar objektiven Daten tatsächlich<br />
sind. So stellt sich die Frage, was<br />
es für Aussagen über »die« Naturwissenschaften<br />
bedeutet, dass die Veränderung<br />
eines Teils des Tests von 2003<br />
auf 2006 so große Veränderungen in<br />
den Ranglisten bewirkt. PISA ist eben<br />
nur ein Blick auf Schule – und offensichtlich<br />
kann sich selbst dieser stark<br />
verändern, wenn man statt der Kieler<br />
Brille die OECD-Gläser aus Paris aufsetzt,<br />
von anderen Sehhilfen ganz zu<br />
schweigen …<br />
Und es stellen sich weitere Fragen:<br />
Die PISA-Stagnation beim Lesen führt<br />
Manfred Prenzel darauf zurück, dass<br />
in diesem Bereich Veränderungen nicht<br />
so schnell möglich seien wie in Mathematik<br />
und den Naturwissenschaften.<br />
Aber wie konnten sich dann die Leseleistungen<br />
in der <strong>Grundschule</strong> bei IGLU<br />
von 2001 bis 2006 deutlich stärker verbessern<br />
als in der Sekundarstufe?<br />
Andererseits sieht Prenzel die Ursache<br />
für Verbesserungen der PISA-<br />
Werte in den Maßnahmen, die als Folge<br />
des PISA-Schocks eingeleitet wurden.<br />
Nur wie erklärt er dann, dass sich die<br />
Leseleistungen der <strong>Grundschule</strong>n von<br />
1991 bis 2001, also in den Jahren vor<br />
PISA, im Vergleich zu 2001 bis 2006<br />
überproportional stark verbessert<br />
haben? Das heißt zumindest für die<br />
<strong>Grundschule</strong>: Mit Einführung von Bildungsstandards,<br />
Kompetenztests und<br />
all den anderen output-orientierten<br />
Kontrollmaßnahmen hat sich das Tempo<br />
der Verbesserung selbst in dem<br />
kleinen Ausschnitt der Testwerte halbiert<br />
– von negativen Nebenwirkungen<br />
ganz abgesehen: Fixierung auch der<br />
individuellen Diagnose auf punktuelle<br />
Testwerte statt begleitender Lernbeob<br />
achtung; zunehmende Orientierung<br />
des Unterrichts in den Hauptfächern<br />
an den Testinhalten und zunehmendes<br />
Training von Testformaten; Vernachlässigung<br />
des musisch-ästhetischen<br />
Bereichs. Ähnliche Entwicklungen ließen<br />
sich schon vorher in testgläubigen<br />
Systemen wie England und den USA<br />
beobachten, die von 2001 bis 2006 an<br />
Punkten verloren haben. Und könnte<br />
es nicht sein, dass Schweden auch deshalb<br />
»schwächelt« (Prenzel), weil dort<br />
die Testkontrolle ebenfalls in den letzten<br />
Jahren verschärft worden ist?<br />
PISA als Projekt, Programm<br />
und Paradigma<br />
Man kann das Potenzial und die Schwächen<br />
von PISA aus verschiedenen Blickwinkeln<br />
diskutieren.<br />
Als konkretes Projekt untersucht PISA<br />
alle paar Jahre die Fachleistungen am<br />
Ende der Pflichtschulzeit. Analog zu<br />
TIMSS, IGLU und anderen internationalen<br />
Leistungsstudien hat PISA damit<br />
den begrenzten Anspruch, einen<br />
kleinen Ausschnitt der Wirkungen von<br />
Schule über verschiedene Länder hinweg<br />
zu vergleichen. Mit diesem Fokus<br />
hat PISA sich als hilfreich erwiesen, um<br />
Problemen öffentliche Aufmerksamkeit<br />
zu verschaffen, die zwar in Fachkreisen<br />
und im Unterrichtsalltag schon<br />
lange bekannt sind, bildungspolitisch<br />
aber verdrängt worden sind.<br />
Allerdings: PISA allein<br />
n sagt uns nicht, wie gut oder schlecht<br />
unser Schulsystem ist – dazu wird ein<br />
zu kleiner Ausschnitt der Schulqualität<br />
mit zu begrenzten Mitteln erfasst;<br />
n kann nicht erklären, wo die Ursachen<br />
für Schwächen liegen, denn Korrelationen,<br />
vor allem in einem Querschnitt,<br />
erlauben keine Kausalschlüsse;<br />
n bietet keine Anweisungen für deren<br />
Überwindung, denn es ist nicht als<br />
experimenteller Vergleich von alternativen<br />
Handlungsmöglichkeiten angelegt.<br />
Solche regelmäßigen Bestandsaufnahmen<br />
sind dennoch sinnvoll, wenn<br />
man sie als einen Baustein in einem<br />
umfassender konzipierten System-<br />
Monitoring sieht 3 – und wenn man<br />
die Grenzen von Design und Instrumenten<br />
nicht nur kennt, sondern in<br />
der Bewertung der Befunde und in<br />
den anschließenden Entscheidungen<br />
berücksichtigt. 4<br />
In Form von VERA und anderen flächendeckenden<br />
Lernstandserhebungen<br />
haben die Bundesländer PISA&Co allerdings<br />
zu einem Programm des System-<br />
Monitoring gemacht. Dieses erhebt darüber<br />
hinaus den Anspruch, die Arbeit<br />
von Schulen und Lehrerinnen, ja sogar<br />
den Leistungsstand einzelner SchülerInnen<br />
bewerten zu können.<br />
Inzwischen ist PISAnismus mit seiner<br />
Testmentalität für viele sogar zum<br />
generellen Paradigma der Evaluation<br />
von Unterricht und von individuellen<br />
Lernprozessen geworden. Damit überzieht<br />
dieser Ansatz seinen Kredit und<br />
es droht eine Verarmung der Evaluationskultur.<br />
Alternativen<br />
Notwendig ist ein nach Stufen differenziertes<br />
System der Rechenschaftspflichten<br />
und Evaluationsformen. 5 Insofern<br />
ist es als erstes wichtig, zentrale<br />
System-Monitorings (über punktuelle<br />
Leistungstests) zu ergänzen durch andere<br />
Indikatoren für die Qualität des<br />
Bildungswesens, wie es »Bildung auf<br />
einen Blick« der OECD (2007) und innerhalb<br />
von Deutschland das Konsortium<br />
Bildungsberichterstattung (2006) versuchen.<br />
Das reicht aber nicht aus.<br />
Für die Entwicklung einzelner Schulen<br />
ist eine umfassendere und kontextsensible<br />
Evaluation notwendig, und die<br />
individuelle Leistungsbewertung ist zu<br />
einer »dialogischen Lernbeobachtung«<br />
von Hans<br />
Brügelmann<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008<br />
9
Thema: PISA und die Evaluation<br />
Hans Brügelmann,<br />
Autor des Buches »Schule verstehen<br />
und gestalten«, ist Professor für<br />
Grundschulpädagogik und -didaktik<br />
an der Universität Siegen<br />
anhand förderorientierter Aufgaben<br />
zu entwickeln, die einen Blick unter<br />
die Oberfläche des Messbaren erlauben<br />
(»Pädagogische Leistungskultur«<br />
im Sinne des Grundschulverbands).<br />
PISA&CO müssen deshalb inhaltlich<br />
und methodisch durch komplementäre<br />
Formen der Evaluation ergänzt werden.<br />
Damit wird es notwendig, die Evaluation<br />
vor Ort als eigenständige Aufgaben<br />
mit besonderen Anforderungen und<br />
Möglichkeiten zu fördern.<br />
Im Folgenden stelle ich in aller Kürze<br />
zwei Beispiele vor:<br />
n den reformpädagogischen Schulverbund<br />
»Blick über den Zaun« als Beispiel<br />
für eine Evaluation auf Schulebene<br />
und<br />
n das Konzept »Pädagogische Leistungskultur«<br />
des Grundschulverbands<br />
als Beispiel für eine dialogische Form<br />
der Lernbeobachtung und Leistungsbeurteilung.<br />
1)<br />
Schulevaluation durch<br />
»kritische Freunde«<br />
Interne Evaluation hat den Vorteil<br />
intimer Situationskenntnis und fehlender<br />
Bedrohung. Andererseits: Der<br />
Fremdblick von außen ist wichtig, um<br />
scheinbare Selbstverständlichkeiten in<br />
Frage zu stellen, und Distanz ist nötig,<br />
um sich den erkannten Schwächen zu<br />
stellen. Diese Einsichten stehen hinter<br />
den Lernstandserhebungen und den<br />
Schulinspektionen. Sie machen externe<br />
Evaluationen stark. Aber die Frage ist,<br />
in welcher Rolle die Externen kommen:<br />
als ExpertInnen, gar als Autoritäten –<br />
oder als PartnerInnen?<br />
Externe Evaluation ist notwendig. Aber<br />
sie wird produktiver, wenn sie von Kontrolle<br />
abgekoppelt wird. Die Schulaufsicht<br />
sollte deshalb durch ein kollegiales<br />
Peer-Review ergänzt werden, das<br />
den Unterrichtsbetrieb nicht rechtlich<br />
kontrolliert, sondern fachliche Rückmeldung<br />
gibt. Die Schule sollte den<br />
»Fremdblick« durch eine interne Bestandsaufnahme<br />
vorbereiten: Was<br />
sind unsere Ziele, wo liegen unsere<br />
Stärken, welche Probleme haben wir?<br />
Und sie sollte die Berichte der externen<br />
BeobachterInnen öffentlich kommentieren:<br />
Welche Einschätzungen teilen<br />
wir, was wollen wir unternehmen, um<br />
unsere Arbeit weiter zu verbessern?<br />
Ohne Sanktionsbefugnisse kann die<br />
Inspektion nur durch ihre Kompetenz<br />
und durch den sozialen Druck, den die<br />
Berichterstattung bedeutet, wirken.<br />
Ein gelungenes Beispiel für das Austarieren<br />
von externer Sicht und notwendiger<br />
Vertrautheit ist die Initiative<br />
»Blick über den Zaun«. Dieser Verbund<br />
von inzwischen über 60 reformpädagogischen<br />
Schulen besteht seit 1989.<br />
In ihm schließen sich jeweils 7 – 10<br />
Schulen (bewusst aus verschiedenen<br />
Schulformen) zu einem Arbeitskreis<br />
zusammen. Gemeinsam sind den<br />
Schulen die Standards des »Blick über<br />
den Zaun«, die sich vor allem auf die<br />
Qualität der pädagogischen Prozesse<br />
beziehen. 6 Zweimal im Jahr wird eine<br />
Schule von jeweils zwei VertreterInnen<br />
der anderen Schulen des gleichen Arbeitskreises<br />
besucht, die zwei bis drei<br />
Tage in der Schule mitleben. Die gastgebende<br />
Schule kann einen Beobachtungsauftrag<br />
formulieren, aber die<br />
Gäste sind frei, das zu beobachten, was<br />
ihnen wichtig erscheint. Sie nehmen<br />
am Unterricht teil, sie unterhalten sich<br />
mit KollegInnen, mit SchülerInnen und<br />
Vertretern der Eltern. In einer Schlussrunde<br />
spiegeln die BesucherInnen<br />
einzeln, d. h. aus ihrer je individuellen<br />
und damit unterschiedlichen Perspektive<br />
ihre Eindrücke dem Kollegium<br />
zurück. Die Erträge dieses kollegialen<br />
Austauschs kommen beiden Seiten zugute:<br />
den Gastgebern und den »Zaungästen«<br />
(vgl. Seydel 2007, 5 – 7).<br />
Beratung statt Kontrolle bedeutet<br />
Konfrontation mit einer anderen Sicht,<br />
ohne dass diese sich als Norm versteht.<br />
Die Grundidee: Die Diskussion über die<br />
Kriterien für »guten Unterricht« ist zu<br />
trennen von der Frage nach der Qualität<br />
seiner tatsächlichen Umsetzung. Es<br />
macht wenig Sinn, den tatsächlichen<br />
Unterricht mit Ansprüchen zu bewerten,<br />
die die Bewerteten gar nicht teilen.<br />
Diese normativen Fragen sind vorweg<br />
zu klären – beispielsweise in einer<br />
Diskussion über das Schulprogramm,<br />
seine Stärken und Schwächen. Dabei<br />
kann zugleich Verständigung über die<br />
Kriterien erzielt werden, mit deren Hilfe<br />
der beobachtete Unterricht sinnvoll<br />
zu beurteilen ist. Testleistungen der<br />
SchülerInnen können eine Informationsquelle<br />
sein, um Schwächen auf die<br />
Spur zu kommen. Aber ertragreicher ist<br />
das in langjähriger Erfahrung fundierte<br />
Urteil der KollegInnen.<br />
Auch dieses Verfahren hat seine<br />
Schwierigkeiten und das Instrumentarium<br />
ist entwicklungsfähig. Entscheidend<br />
ist der Ansatz: Evaluation »von<br />
außen«, aber nicht »von oben«, seien<br />
es die wissenschaftlichen ExpertInnen<br />
der Lernstandserhebungen, seien es<br />
die VertreterInnen der Verwaltung bei<br />
der Schulinspektion. Begegnung auf<br />
Augenhöhe ist die Grundlage für Offenheit<br />
und damit für die Bereitschaft,<br />
sich den eigenen Schwächen zu stellen<br />
und ernsthaft an ihnen zu arbeiten.<br />
Diese Anforderungen gelten auch für<br />
die Leistungsbewertung auf der Schülerebene.<br />
2)<br />
»Dialogische Lernbeobachtung«<br />
in einer pädagogischen<br />
Leistungskultur<br />
Der Grundschulverband hat bereits vor<br />
der Veröffentlichung von PISA ein Konzept<br />
für ein umfassendes Evaluationssystem<br />
vorgeschlagen. In ihm werden<br />
nicht nur die Rechenschaftspflichten<br />
von Politik und Verwaltung, sondern<br />
auch die Evaluationsaufgaben der einzelnen<br />
Schule, der Lehrpersonen und<br />
der SchülerInnen konkret entfaltet.<br />
Besondere Bedeutung wird der begleitenden<br />
Lernbeobachtung beigemessen.<br />
Statt nur abzuprüfen, ob Ziele erreicht<br />
sind, sollen Lernfortschritte und<br />
Schwierigkeiten im Lernprozess erfasst<br />
und diagnostisch gedeutet werden.<br />
Dass die üblichen Klassenarbeiten<br />
und ihre Benotung diese Funktion<br />
nicht erfüllen können, ist seit vielen<br />
Jahrzehnten bekannt; standardisierte<br />
Tests, die als Alternative angeboten<br />
werden, haben wiederum ihre eigenen<br />
Probleme. 7 Der Grundschulverband<br />
hat deshalb sein Konzept »Pädagogische<br />
Leistungskultur« entwickelt<br />
und darin folgende Kriterien für Aufga-<br />
10 GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008
Thema: PISA und die Evaluation<br />
ben zur Lernbeobachtung formuliert.<br />
Sie sollten …<br />
n der Lehrperson Informationen erbringen<br />
– nicht nur über <strong>aktuell</strong>e Einzelleistungen,<br />
– sondern auch über die Strategien<br />
(»Tiefenstrukturen«)<br />
– und über deren Entwicklung (»Lerngeschichte«);<br />
n für die SchülerInnen auch inhaltlich<br />
eine produktive Lernsituation darstellen;<br />
vor allem aber<br />
n dialogisch angelegt sein als wechselseitige<br />
Verständigung über Lernziele,<br />
Bewertungskriterien und tatsächliche<br />
Leistungen und damit<br />
n die Fähigkeit der Kinder zur Selbsteinschätzung<br />
eigener Arbeiten entwickeln.<br />
Das diagnostische Repertoire von<br />
Lehrerinnen kann durch heuristisch<br />
eingesetzte Tests, durch Beobachtungsbögen<br />
und verschiedene Dokumentationsformen<br />
(wie Portfolios)<br />
erweitert und differenziert werden. 8<br />
Das Konzept einer »pädagogischen<br />
Leistungskultur« fordert daneben aber<br />
verschiedene »Institutionen« im Unterrichtsalltag,<br />
die den SchülerInnen<br />
helfen, ihre eigene Arbeit kritischkonstruktiv<br />
zu überprüfen und an den<br />
Arbeiten anderer ihre Maßstäbe zu<br />
schärfen. Nur drei Beispiele aus dem<br />
Grundschulbereich:<br />
n Schreibkonferenzen, in denen nach<br />
bestimmten Regeln Entwürfe vorgestellt,<br />
kommentiert und dann mit Hilfe<br />
Anderer überarbeitet werden 9 ;<br />
n Rechendiskussionen in der Klasse,<br />
z. B. zum »harten Brocken des Tages« 10 ,<br />
so dass die Kinder Schwierigkeiten,<br />
Hypothesen und Lösungsstrategien<br />
austauschen und damit voneinander<br />
lernen können;<br />
n im Sachunterricht Metagespräche<br />
über Stärken und Schwächen von<br />
Präsentationen vor der Klasse, über<br />
Arbeitsergebnisse von Gruppen oder<br />
Einzelnen bis hin zu deren Bewertung<br />
durch das Plenum nach vereinbarten<br />
Kriterien. 11<br />
Der Lesedidaktiker Schmalohr (1997,<br />
42 f.) hat in seiner Arbeit mit jugendlichen<br />
und erwachsenen Analphabeten<br />
drei einfache Fragen genutzt, um sie<br />
zum Nachdenken über ihre Probleme<br />
zu bringen und mit ihnen in ein Gespräch<br />
über sinnvolle Lernwege zu<br />
kommen:<br />
1. »Wie lese ich, wo habe ich Schwierigkeiten?«<br />
2. »Woran könnte das liegen?«<br />
3. »Was kann ich tun?«<br />
Hier zeigt sich derselbe Geist wie in<br />
der Peer-Evaluation auf Schulebene:<br />
Beratung statt Kontrolle. Ein solches<br />
Verständnis von Evaluation respektiert<br />
und nutzt die Kompetenz der Betroffenen,<br />
ihre Probleme selbst zu erkennen,<br />
Ursachen für diese zu finden und<br />
Ideen für ihre Überwindung zu entwickeln.<br />
Fazit<br />
Damit schließt sich der Kreis: Evaluation<br />
bedeutet Macht und Abhängigkeit<br />
– deshalb darf man sie nicht ExpertInnen<br />
überlassen, denn dieses Problem<br />
ist nicht technisch zu lösen. Aber<br />
Schule ist ein öffentlicher Raum und<br />
dies schließt ein, dass alle Beteiligten<br />
rechenschaftspflichtig sind. Dafür<br />
brauchen sie je nach Aufgabe unterschiedliche<br />
Verfahren – und Unterstützung.<br />
Ein demokratisches Verständnis<br />
von Evaluation fordert, die Betroffenen<br />
nicht durch externe Beurteilungen zu<br />
entmündigen, sondern ihre persönliche<br />
Evaluations- und Problemlösekompetenz<br />
zu stärken. 12<br />
Dezentrale Evaluation kann bildungspolitisch<br />
orientierte Studien wie PISA<br />
nicht ersetzen. Beide Ansätze haben<br />
ihre spezifische Funktion in einem<br />
umfassenderen Rechenschaftssystem.<br />
Deshalb sind drei Punkte abschließend<br />
besonders wichtig:<br />
n Der PISA-Stil muss auf Systemevaluation<br />
begrenzt werden und darf<br />
nicht zum Paradigma für Evaluation<br />
generell werden. Insbesondere<br />
sind der Sinn und die Form flächendeckender<br />
jährlicher Lernstandserhebungen<br />
zu überdenken.<br />
n Die Scheinpräzision von Zahlen<br />
aus Erhebungen mit Leistungstests<br />
muss immer wieder bewusst gemacht<br />
und ihre mehrperspektivische<br />
Deutung schon bei der Veröffentlichung<br />
gesichert werden.<br />
n Die Ressourcen für Evaluation dürfen<br />
nicht mehr so stark auf die<br />
zentrale Evaluation konzentriert<br />
werden. Wir brauchen eine massive<br />
politische, wissenschaftliche und<br />
finanzielle Unterstützung für die<br />
Entwicklung der Evaluationskompetenz<br />
vor Ort.<br />
Anmerkungen<br />
1 Überarbeitete Fassung eines Beitrags<br />
zum GEW-Kolloquium »PISA – abschaffen<br />
oder weiterentwickeln« am<br />
21. 11. 2007 in Berlin. Die Literaturnachweise<br />
finden sich in dem in Anm. 4<br />
genannten Beitrag.<br />
2 Vgl. die Beiträge zu Hopmann u. a.<br />
(2007) und Jahnke / Meyerhöfer (2007)<br />
3 Vgl. das schon breiter angelegte »Bildung<br />
auf einen Blick« der OECD (z. B. 2007).<br />
4 Vgl. dazu ausführlicher: Brügelmann,<br />
H. (2008): Fieber genau zu messen ist<br />
noch keine Diagnose, Fieber erfolgreich<br />
zu senken keine Therapie. Wie<br />
Leistungstests in ihren Leistungsmöglichkeiten<br />
durch PISA & Co überfordert<br />
werden. Beitrag zum Forum »Schule<br />
ist mehr als PISA – Zur Bedeutung<br />
reformpädagogischer Ansprüche an<br />
die schulische Bildung von heute« der<br />
ZEIT-Stiftung in Hamburg am 6./7. März<br />
2008 http://www.agprim.uni-siegen.de/<br />
printbrue/brue.08a.pisa_refpaed.pdf<br />
[27. 11. 2007]<br />
5 Vgl. den konkreten Vorschlag in Bartnitzky<br />
u. a. (1999) und die Übersicht<br />
über alternative Modelle in den OECD-<br />
Ländern bei Brügelmann (1980).<br />
6 Vgl. von der Groeben u. a. (2005).<br />
7 Vgl. die <strong>aktuell</strong>e Zusammenfassung in:<br />
Arbeitsgruppe Primarstufe (2006).<br />
8 Vgl. die vielfältigen Vorschlage für die<br />
verschiedenen Lernbereiche in: Bartnitzky<br />
u. a. (2005 – 2007).<br />
9 Vgl. Spitta (1998) und ergänzende<br />
Hilfen für den Sprachunterricht bei<br />
Brinkmann / Brügelmann (2005).<br />
10 Eingeführt von Erichson (2004) im<br />
Rechtschreibunterricht, vgl. für den<br />
Mathematikunterricht Küppers (2005);<br />
Sundermann / Selter (2005).<br />
11 Vgl. die Beispiele für den Sachunterricht<br />
bei Schönknecht / Klenk (2005, 22 ff.)<br />
12 Vgl. Brügelmann (2007; 2008).<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008<br />
11
Praxis: Soziale Kompetenzen und die Kopfnoten<br />
Schwierige Kinder, schwierige Klassen –<br />
Was tun, wenn es »brennt«?<br />
von<br />
Jens Bartnitzky<br />
Oberstes Prinzip:<br />
Mit Kindern sprechen, aber nicht<br />
die Verantwortung abgeben<br />
Wenn Kinder und Klassen als schwierig<br />
erlebt werden, fühlen sich fast immer<br />
auch die Kinder dabei nicht wohl. Es<br />
besteht also ein gemeinsames Interesse<br />
an Veränderung und über das sollte<br />
eine Lehrkraft auch mit ihrer schwierigen<br />
Klasse oder den schwierigen Kindern<br />
sprechen. Kinder können sagen,<br />
was ihnen nicht gefällt, Wünsche äußern,<br />
Vereinbarungen treffen und auch<br />
an deren Überwachung beteiligt sein.<br />
Solche Gespräche auf einer Metaebene<br />
sollten also immer wieder stattfinden,<br />
gerade dann, wenn die Situation<br />
schwierig ist. Aber bei allem Ernstnehmen,<br />
Ins-Boot-Holen und Beteiligen<br />
bleibt die letztliche Verantwortung<br />
allein bei der Lehrkraft und sie darf<br />
sich diese nicht aus der Hand nehmen<br />
lassen.<br />
Schwierige Kinder<br />
In vielen Klassen gibt es einzelne Kinder,<br />
die den Unterricht erschweren.<br />
Wenn die anderen Kinder engagiert<br />
oder doch zumindest gehorsam im<br />
Wochenplan arbeiten, ihr Lerntagebuch<br />
führen oder im Klassenrat diskutieren,<br />
versuchen diese Kinder, Arbeit zu vermeiden,<br />
Regelungen zu unterlaufen,<br />
Gespräche gezielt zu stören. Was kann<br />
die Lehrerin oder der Lehrer tun, um die<br />
mit bester Absicht ausgewählten Methoden<br />
umsetzen zu können und auch<br />
die schwierigen Kinder bestmöglich zu<br />
fördern?<br />
Drei handlungsleitende Prinzipien sind<br />
grundlegend für Auswege:<br />
1. Es ist gerecht,<br />
Unterschiede zu machen<br />
Die Kinder einer Klasse haben weder die<br />
gleichen Möglichkeiten noch die gleichen<br />
Bedürfnisse. Es kann also auch<br />
nur gerecht und in ihrem Sinne sein, sie<br />
auch unterschiedlich zu behandeln.<br />
Ein Beispiel: An einem Tag<br />
kommen Peter und Paul<br />
sieben Minuten zu spät<br />
zum Unterricht. Peter hat<br />
verschlafen. Dies kommt zum ersten Mal<br />
vor und er ist den Tränen nahe. Auch Paul<br />
gibt an, verschlafen zu haben. Dies ist<br />
das dritte Mal in dieser Woche und das<br />
15. Mal im gerade begonnenen Schuljahr.<br />
Die Lehrerin tröstet den schniefenden<br />
Peter und beruhigt ihn, so etwas könne<br />
schon einmal vorkommen und sei nicht<br />
so schlimm. Paul ermahnt sie streng und<br />
behält ihn nach Unterrichtsschluss die<br />
doppelte Zeit (also 14 Minuten) in der<br />
Schule zum Nacharbeiten.<br />
Die Lehrerin handelt gerecht, weil<br />
sie sich bemüht jedem Kind die Förderung<br />
zu geben, die es für seine Entwicklung<br />
benötigt.<br />
2. Alles ist Beziehungssache<br />
Viele Kinder benehmen sich im Unterricht<br />
angemessen, einfach so. Sie halten<br />
sich an die Anweisungen ihrer Lehrkraft<br />
und an die Klassenregeln, weil sie<br />
den Grund für die Regeln einsehen oder<br />
weil die anderen es auch machen oder<br />
weil der Erwachsene sonst schimpft<br />
oder weil sie die Konsequenzen bei<br />
Verstoß kennen und vermeiden möchten.<br />
All diese Gründe scheinen aber für<br />
manche Kinder nicht zu zählen. Oft<br />
sind es Kinder, die in ihrer Biographie<br />
schwerwiegende Vertrauensbrüche<br />
von Erwachsenen erlitten haben. Für<br />
sie zählt einzig die soziale Beziehung<br />
zwischen ihnen und der Lehrkraft. Von<br />
einer Lehrkraft, die sie schätzen und<br />
der sie vertrauen, lassen sie sich lenken,<br />
anderen verweigern sie das.<br />
Ein Beispiel: Jonas hat<br />
seine Klassenlehrerin sehr<br />
gern. Von ihr lässt er sich<br />
stets beruhigen, wenn er<br />
sich geärgert hat und aufgeregt<br />
ist. Seine Musiklehrerin kennt er nur aus<br />
den Musikstunden. Obwohl Musik- und<br />
Klassenlehrerin ihren Unterricht ähnlich<br />
konsequent und strukturiert führen,<br />
macht Jonas im Musikunterricht buchstäblich,<br />
was er möchte. Einmal, als es<br />
besonders schlimm war, behält die Musiklehrerin<br />
Jonas nach dem Unterricht<br />
in der Klasse. Er soll das von ihm angerichtete<br />
Chaos im Raum beseitigen und<br />
aufräumen. Eine Stunde tobt, beleidigt,<br />
schreit Jonas. Schließlich fügt er sich und<br />
räumt auf. Dabei entspannt er sich deutlich,<br />
ein Gespräch zwischen Lehrerin und<br />
ihm beginnt, am Ende hilft sie noch beim<br />
Aufräumen. – Der Beginn einer positiven<br />
Beziehung ist geknüpft, die die Lehrerin<br />
in den nächsten Wochen und Monaten<br />
geschickt weiter ausbaut. So verändert<br />
sich Jonas’ Verhalten im Musikunterricht.<br />
Er stört immer weniger und reagiert immer<br />
besser auf die Interventionen der<br />
Lehrerin.<br />
Das Beispiel zeigt ein typisches<br />
Phänomen: Nach relativ drastischen<br />
Konsequenzen verbessern sich Schüler-Lehrer-Beziehung<br />
und Schüler-<br />
Verhalten oft radikal und langfristig,<br />
weil die Lehrkraft sich als verlässliche<br />
Bezugsperson gezeigt hat und eine<br />
positive Beziehung beginnen konnte,<br />
was paradoxerweise gerade in solchen<br />
Situationen oft möglich ist.<br />
3. Erkenne den Grund<br />
für das Handeln<br />
Warum ein Kind mit einem bestimmten<br />
Verhalten stört, ist wichtig zu wissen.<br />
Denn nur dann kann eine Intervention<br />
bei der Ursache ansetzen.<br />
Beispiel: Ein Kind, das bei<br />
einer schriftlichen Aufgabe<br />
nichts arbeitet, tut dies<br />
vielleicht, weil … (a) … es die<br />
Arbeitsanweisung nicht ver -<br />
standen hat; (b) … es sich nicht<br />
konzentrieren kann; (c) … es keine Lust<br />
hat; (d) … es Angst hat, die Aufgabe<br />
nicht zu können; (e) … es ein fürchterliches<br />
Wochenende hatte und viel zu<br />
deprimiert ist um zu arbeiten; (f) … es<br />
nicht gern schreibt; (g) … es neugierig ist,<br />
was die Lehrkraft nun tut; (h) … es einen<br />
Machtkampf mit der Lehrerin ausfechten<br />
möchte; (i) … es glaubt, dass ein bestimmtes<br />
anderes Kind so ein Verhalten<br />
»cool« findet. Eine Mischung aus mehreren<br />
Gründen ist ebenso möglich.<br />
12 GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008
Praxis: Soziale Kompetenzen und die Kopfnoten<br />
Eine geschickte Intervention kann<br />
z. B. sein: ein verständnisvolles Alternativangebot<br />
(z. B. (e)), ermutigende Hilfe<br />
(z. B. (d)), völliges Ignorieren (z. B. (g))<br />
klare Ankündigung von Konsequenzen<br />
(z. B. (d)). Was dem Kind am besten<br />
hilft, hängt stark von der tatsächlichen<br />
Ursache ab. Die Lehrkraft erkennt diese<br />
insbesondere an der Körpersprache<br />
und ersten verbalen Äußerungen sowie<br />
an den Reaktionen auf einen ersten<br />
Interventionsversuch.<br />
Schwierige Klassen<br />
Manchmal sind es nicht einzelne Kinder,<br />
die den Unterricht erschweren,<br />
sondern das Problem ist eher ein gruppendynamischer<br />
Effekt. Dann gelten<br />
die gleichen Prinzipien wie oben für<br />
den Umgang mit jedem einzelnen<br />
Kind, aber die Interventionen dürfen<br />
dann nicht nur bei den einzelnen Kindern<br />
ansetzen, sondern die Lehrkraft<br />
muss die gesamte Gruppe in den Blick<br />
nehmen.<br />
Hier kommen weitere drei handlungsleitende<br />
Prinzipien hinzu.<br />
1. Motivieren und<br />
die Führung straffen<br />
Wenn eine Klasse als besonders schwierig<br />
erlebt wird, hat sie bereits unschöne<br />
Erlebnisse und Erfahrungen mit<br />
schimpfenden Lehrkräften, eventuell<br />
Bestrafungsaktionen hinter sich. Deshalb<br />
ist es hilfreich, den Kindern mit<br />
besonders motivierendem Unterricht<br />
einen guten Grund für die erwünschte<br />
Veränderung zu bieten. Zugleich wird<br />
die Klassenführung deutlich ge strafft.<br />
Ein Beispiel: Die Lehrkraft beginnt<br />
eine Reihe zum elektrischen<br />
Strom, in der die Kinder<br />
mit Batterien, Drähten, Fahrradbirnchen,<br />
selbstgebau ten<br />
Schaltern etc. experimentieren.<br />
Der Unterricht beginnt, wenn die Klasse<br />
vollkommen ruhig ist. Notwendige<br />
Regeln werden explizit und sehr ruhig besprochen,<br />
bei Verstößen gibt es höchstens<br />
eine Erinnerung, dann folgt eine Konsequenz.<br />
Ein vorübergehender Ausschluss<br />
von den Aktivitäten ist in aller Regel mit<br />
einer Rückkehrmöglichkeit verbunden,<br />
gilt z. B. für fünf Minuten. Die Lehrkraft<br />
gibt eine klare Arbeitsanweisung mit<br />
experimentellem Charakter, die immer<br />
auch eine schriftliche Aufgabe enthält<br />
(z. B. »Baut die Teile so zusammen, dass<br />
man das Birnchen mit dem Schalter<br />
ein- und ausschalten kann. Zeichnet die<br />
Schaltung genau auf«; später: mehrere<br />
Birnchen, mehrere Schalter etc.). Die Kinder<br />
können in Paaren oder auch in Dreiergruppen<br />
arbeiten. In der ersten Phase<br />
werden die Gruppen ausgelost oder von<br />
der Lehrkraft festgelegt. Dabei gibt es<br />
weder Diskussionen über die Zusammenstellung<br />
noch Tausch. Möchte jemand<br />
nicht mit den zugewiesenen Kindern zusammenarbeiten,<br />
arbeitet er eben nicht<br />
mit. Zum Schluss folgt eine beispielhafte<br />
Ergebnispräsentation. Dabei können<br />
die Materialien auf den Tischen liegen<br />
bleiben, dürfen aber nicht mehr angefasst<br />
werden, sonst zieht die Lehrkraft<br />
sie ein.<br />
Diese Form einer sehr straffen Unterrichtsführung<br />
ist gut geeignet, um<br />
eine sehr unruhige Klasse wieder in<br />
feste, stabile Bahnen zu lenken, weil<br />
sie (1) für Kinder spannende Experimentiererfahrungen<br />
bereit hält, bei<br />
der in der Regel alle Kinder sehr gerne<br />
mitmachen möchten, sie (2) der Lehrkraft<br />
so die Gelegenheit bietet, ihre<br />
Rolle als Klassenführung deutlich zu<br />
machen und von den Kindern darin<br />
auch (neu) akzeptiert zu werden und<br />
sie (3) durch zugeloste oder zugewiesene<br />
Arbeitsgruppen die Kinder Lernerfahrungen<br />
und Erfolgserlebnisse mit<br />
ungewohnten Partnern machen lässt<br />
und sich so das Sozialgefüge der Klasse<br />
verbessert.<br />
Im beschriebenen Beispiel mag es<br />
so scheinen, dass »Motivieren und die<br />
Führung straffen« kein Prinzip, sondern<br />
vielmehr eine Strategie für einen<br />
Neuanfang seien. Dies ist nicht der<br />
Fall. Vielmehr ist eine straffere Führung<br />
wohl in den meisten Fällen angebracht,<br />
in denen sich unerwünschtes Verhalten<br />
in einer Klasse häuft. Um diese zu<br />
unterstützen, muss der gegenwärtige<br />
Unterricht immer genügend Motivation<br />
für die Kinder bereit halten. Ohne<br />
die Unterstützung der Kinder nämlich<br />
wird jeder Versuch einer Führung extrem<br />
anstrengend und besitzt überdies<br />
wenig Erfolgsaussichten.<br />
2. Isoliere die Schwierigkeiten<br />
Empfindet eine Lehrkraft ihren Unterricht<br />
in einer Klasse als schwierig,<br />
sollte sie überlegen, an welchen Stellen<br />
genau die größten Schwierigkeiten<br />
auftreten. Hat sie diese einmal gedanklich<br />
isoliert, fällt es leichter, gezielt gegenzusteuern.<br />
Ein Beispiel: Eine Lehrerin erlebt<br />
ihren Kunstunterricht als besonders<br />
chaotisch. Bei genauerer<br />
Analyse stellt sie fest, dass es<br />
drei Haupt-Chaos-Phasen gibt:<br />
(1) Zu Beginn ist es das Holen der<br />
Malutensilien und des Mal-Wassers,<br />
(2) gegen Ende sind es Kinder, die mit<br />
ihrer Arbeit fertig sind und gelangweilt<br />
andere stören und (3) zum Schluss ist es<br />
das Aufräumen und Säubern der Wassermalsachen<br />
am Waschbecken.<br />
Die Lehrerin strukturiert diese drei<br />
Phasen neu: (1) Zu Beginn holen die<br />
Kinder ihre Utensilien tischweise, die<br />
anderen warten solange an ihren Plätzen.<br />
(2) Kinder, die mit ihrer Arbeit fertig<br />
sind, werden verpflichtet, die restliche<br />
Zeit mit Freiarbeitsmaterial oder<br />
einem Buch zu überbrücken. (3) Das<br />
Aufräumen erfolgt wieder tischweise<br />
unter klaren Anweisungen der Lehrerin.<br />
Diese strukturellen Veränderungen<br />
lassen den Kunstunterricht schlagartig<br />
wesentlich ruhiger verlaufen.<br />
3. Achte auf die Atmosphäre<br />
Neben der äußerlich recht gut beobachtbaren<br />
Ruhe oder Unruhe ist für die<br />
Aufmerksamkeit der Kinder die weit<br />
schwerer zu fassende Atmosphäre von<br />
entscheidender Bedeutung. Sie muss<br />
geschaffen und bewahrt werden. Dies<br />
geht in manchen Situationen fast von<br />
alleine, in anderen erfordert es feinfühlige<br />
Beobachtungen und geschicktes<br />
Handeln.<br />
Ein Beispiel: Die Lehrerin<br />
möchte aus einem<br />
Buch vorlesen. Ihr<br />
gelingt mit den Kindern<br />
im Stuhlkreis ein<br />
schöner Einstieg, nach dem fast alle ihr<br />
an den Lippen hängen. Dann aber beginnt<br />
ein Schüler mit lauten, störenden<br />
Geräuschen. Die Lehrerin ermahnt streng,<br />
der Schüler ist ruhig, beginnt aber bald<br />
wieder. Dieses Spielchen wiederholt sich<br />
einige Male und unterbricht bei jeder<br />
halben Seite die vorgelesene Geschichte.<br />
Nach einiger Zeit hören die anderen Kinder<br />
der Geschichte nur noch halbherzig<br />
zu, einige beginnen sich zu unterhalten,<br />
andere machen geheime Zeichen, wieder<br />
andere ärgern einander.<br />
Im Beispiel hat die Lehrerin eine<br />
gute Atmosphäre geschickt aufgebaut,<br />
ihre Erhaltung dann aber nicht genü-<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008<br />
13
Praxis: Soziale Kompetenzen und die Kopfnoten<br />
Jens Bartnitzky<br />
Roggenkamp 17, 58454 Witten<br />
Lehrer an der Wilhelm-Busch-<br />
Schule Hagen, Förderschule mit<br />
dem Förderschwerpunkt emotionale<br />
und soziale Entwicklung,<br />
Lehrbeauftragter an der<br />
Universität Dortmund,<br />
Fortbildungstätigkeit im Bereich<br />
»schwierige Kinder – schwierige<br />
Klassen«<br />
gend verfolgt. Sie wurde durch die wiederholten<br />
Unterbrechungen nach und<br />
nach zerstört, so dass für immer mehr<br />
Kinder andere Dinge als die Vorlese-<br />
Geschichte wichtiger wurden. Mögliche<br />
Lösungen hätten u. a. in einem<br />
stärkeren Einbezug des störenden<br />
Schülers (z. B. neben der Lehrerin sitzen,<br />
Bilder beschreiben … ) oder eines<br />
frühzeitigen Ausschlusses (z. B. in eine<br />
andere Klasse) bestehen können, je<br />
nach konkreter Situation.<br />
Sechs Zugänge<br />
1. Transparenz und Konsequenz<br />
Regelungen in der Klasse müssen für<br />
alle transparent sein. Genau diese Regeln<br />
müssen dann in der Realität auch<br />
wirklich umgesetzt werden und konsequent<br />
gelten.<br />
Dieser allseits bekannte Grundsatz<br />
gilt in besonderer Weise für als<br />
schwierig erlebte Klassen: Hier ist ein<br />
gesteigertes Maß an Transparenz und<br />
Konsequenz in den Klassenregeln eine<br />
besonders wichtige und wirkungsvolle<br />
Strategie. Sie verlangt der Lehrkraft<br />
allerdings auch ein immenses Maß<br />
an Selbstdisziplin und professioneller<br />
Dis tanz zum eigenen Unterricht ab.<br />
Wir haben für Sie ein Lesezeichen zu den sechs handlungsleitenden<br />
Prinzipien gestaltet. Jedes Prinzip wird hier durch einen Schlüssel mit<br />
dem entsprechenden Symbol dargestellt (zum Ausschneiden auf dem<br />
Umschlag).<br />
2. Raumgestaltung<br />
Eine kommunikative Sitzordnung ist<br />
für zeitgemäßen Unterricht und auch<br />
für die Klassenatmosphäre in jedem<br />
Fall von Vorteil. Eine frontalere Sitzordnung<br />
führt zu relativ langen Laufwegen<br />
bei wenig Abstand zu den Tischen,<br />
an denen man vorbeigeht. Die Vermutung,<br />
dass eine frontale Sitzordnung<br />
für weniger Nebengespräche sorgt,<br />
stellt sich oft als Irrtum heraus.<br />
Beobachtet die Lehrkraft zu viele<br />
Nebengespräche, sollte sie im Rahmen<br />
einer kommunikativen Sitzordnung<br />
Schüler umsetzen oder – wenn möglich<br />
– mit den Kindern neue Sitzplätze<br />
besprechen.<br />
Manche Kinder allerdings können<br />
sich an einem Partner- oder Gruppentisch<br />
zu wenig auf den Unterricht und<br />
ihre Aufgaben konzentrieren. Für sie ist<br />
dann meist ein Einzelplatz günstiger.<br />
Wenn sie an ihrem Platz aufsehen,<br />
sollte der Blick möglichst wenig Ablenkung<br />
beinhalten. Außerdem ist eine<br />
Nähe zur Lehrkraft meist von Vorteil.<br />
3. Strukturierung<br />
Geöffnete Unterrichtsstrukturen übertragen<br />
den Kindern Verantwortung für<br />
ihr Lernen. Manche Kinder sind mit dieser<br />
Verantwortung überfordert. Wenn<br />
dies ein dauerhaftes Problem ist, sind<br />
für solche Kinder engere Vorgaben<br />
günstiger, so dass sie weniger Verantwortung<br />
tragen müssen.<br />
Arbeitet die Klasse z. B. im Wochenplan,<br />
kann der Wochenplan einzelner<br />
Kinder in fünf Tagespläne unterteilt<br />
sein, wenn nötig, kann in diesen Tagesplänen<br />
sogar noch die Reihenfolge<br />
festgelegt werden.<br />
Eine engere Strukturierung kann<br />
auch für die ganze Klasse zur Entschärfung<br />
genutzt werden. Beispiel: Beim<br />
Gang zum Sportunterricht entstehen<br />
immer wieder Konflikte. Die Lehrkraft<br />
lässt die Klasse sich daraufhin in Zweierreihen<br />
aufstellen, ruft eventuell sogar<br />
die Kinder nach und nach von ihren<br />
Plätzen auf, damit sie sich an der Tür<br />
aufstellen. Wird unterwegs die Ordnung<br />
unterbrochen, hält die Lehrerin<br />
an und wartet, bis alle Kinder wieder an<br />
ihrem Platz sind. Gegebenenfalls kehrt<br />
sie mit der gesamten Klasse zurück in<br />
ihren Klassenraum. Solche Strategien<br />
sind zeitraubend, aber effektiv und<br />
können meist nach einiger Zeit nach<br />
und nach wieder rückgängig gemacht<br />
werden.<br />
4. Lehrersprache<br />
Manche Kinder ignorieren Lehreranweisungen<br />
scheinbar gezielt. Abgesehen<br />
von der Ankündigung und Durchsetzung<br />
angemessener Konsequenzen<br />
kann es in manchen Fällen bereits<br />
helfen, die eigene Lehrersprache zu<br />
reflektieren: Anweisungen, die als lose<br />
Bitte an die Allgemeinheit formuliert<br />
werden (»Geht mal bitte an eure Plätze«)<br />
oder als Fragen (»Arbeitest du weiter?«)<br />
oder als Angebote (»Du kannst<br />
jetzt auch endlich in den Kreis kommen«),<br />
werden von manchen Kindern<br />
grundsätzlich ignoriert. Direktive Anweisungen<br />
können dann erfolgreicher<br />
sein. (»Jeder Schüler geht jetzt an seinen<br />
Platz.« »Konzentriere dich jetzt auf<br />
deine Aufgabe.« »Du kommst jetzt in<br />
den Kreis.«)<br />
5. Verhaltensziele<br />
Kinder, die von den Lehrerinnen und<br />
Lehrern als schwierig erlebt werden,<br />
haben selbst oft das Gefühl, dass sie<br />
alles falsch machen und dass sie selbst<br />
als Person wegen ihres Verhaltens nur<br />
wenig gemocht werden.<br />
Hier können individuelle Verhaltensziele<br />
weiterhelfen. Die Lehrkraft<br />
überlegt, welches Verhalten sie am<br />
meisten stört. Gemeinsam mit dem<br />
Kind werden Verhaltensziele verabredet<br />
(siehe Reflexionsbogen Unterricht<br />
und Pause auf der nächsten Seite). Immer<br />
nach einer oder zwei Unterrichtsstunden<br />
wird mit dem Kind reflektiert,<br />
ob es geschafft hat, sein Ziel zu erreichen.<br />
Vermutet die Lehrkraft, dass eine<br />
Reflexion nicht genügt, kann erwünschtes<br />
Verhalten zusätzlich verstärkt<br />
werden. Beispiel: Das Kind<br />
sammelt Klebepunkte auf einer gesonderten<br />
Seite der Mappe. Für eine Sonne<br />
oder für zwei Wolken gibt es einen<br />
14 GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008
Praxis: Soziale Kompetenzen und die Kopfnoten<br />
Klebepunkt. Bei 50 Klebepunkten darf<br />
das Kind einmal Hausaufgaben frei<br />
nehmen, ein Spiel wählen, das in der<br />
Klasse gespielt wird, oder es erhält eine<br />
kleine materielle Belohnung.<br />
Verhaltensziele lassen sich auch mit<br />
einer ganzen Klasse vereinbaren und<br />
reflektieren. Dabei kann jeweils eine<br />
Gruppe (z. B. Tischgruppe) insgesamt<br />
für das Verhalten ihrer Mitglieder verantwortlich<br />
sein oder auch die ganze<br />
Klasse.<br />
6. Konfliktbearbeitung<br />
Oft benötigen Kinder Unterstützung<br />
bei der Klärung von Konflikten. Folgender<br />
Ablauf hat sich dabei bewährt:<br />
Datum: ____________ 1. und 2. Stunde:<br />
Ich arbeite im Unterricht mit.<br />
Ich bearbeite meine Aufgaben vollständig.<br />
Ich rede nur, wenn ich an der Reihe bin.<br />
Ich höre auf jede Lehreranweisung sofort.<br />
n Phase 1: Subjektive Berichte<br />
Nacheinander nehmen alle beteiligten<br />
Kinder Stellung. Die Lehrkraft hakt bei<br />
Lücken, Sprüngen und direkten Widersprüchen<br />
gegebenenfalls ruhig nach,<br />
um einen möglichst verständlichen Bericht<br />
zu erreichen.<br />
Datum: ____________<br />
1. große Pause<br />
n Phase 2: Zusammenfassung<br />
und Abgleich<br />
Die Lehrkraft fasst die Berichte der beteiligten<br />
Kinder zusammen und vergewissert<br />
sich, dass alles richtig wiedergegeben<br />
wird (»Habe ich dich richtig<br />
verstanden?«). Widersprüche bleiben<br />
zunächst nebeneinander stehen.<br />
n Phase 3: Bewertung<br />
und Suche nach Alternativen<br />
Die Lehrkraft fragt die Beteiligten, welche<br />
Stellen in ihrem Verhalten nicht in<br />
Ordnung waren und wie man sich alternativ<br />
hätte verhalten können.<br />
Ich entscheide mich für ein Spiel, bei dem ich bleibe.<br />
Ich bin freundlich zu anderen Kindern.<br />
Provokationen gehe ich aus dem Weg.<br />
Ich bleibe auf dem Schulhof.<br />
Ich höre auf jede Lehreranweisung sofort.<br />
n Phase 4: Schlichtung,<br />
Wiedergutmachung, Versöhnung,<br />
Konsequenzen<br />
Die Lehrerin oder der Lehrer fragt die<br />
Kinder, wie es nun weitergehen könnte.<br />
Geeignete Fragen sind: »Was muss passieren,<br />
damit es dir jetzt besser geht?«,<br />
»Was erwartest du jetzt von XY?«, »Was<br />
kannst du tun, um wieder gut zu machen,<br />
was du falsch gemacht hast?«<br />
oder »Wie können wir verhindern, dass<br />
so etwas noch einmal passiert?«<br />
Das folgende Gespräch kann auf Absprachen,<br />
einen Täter-Opfer-Ausgleich,<br />
eine Entschuldigung, ein Sich-Vertragen<br />
und / oder Konsequenzen hinauslaufen.<br />
Das Ziel:<br />
Kindern den Ausbau ihrer<br />
Kompetenzen ermöglichen<br />
Die beschriebenen Prinzipien und Zugänge<br />
sollen nicht die Uhr der pädagogischen<br />
Entwicklung zurückdrehen.<br />
Aber sie tragen der Tatsache Rechnung,<br />
dass die Umsetzung moderner Unterrichtsprinzipien<br />
und -methoden in vielen<br />
Klassen als schwierig erlebt wird.<br />
Hier sollen die dargestellten Strategien<br />
helfen.<br />
Einschränkungen der Entscheidungsfreiheit<br />
von Kindern sind niemals<br />
selbst das Ziel. Sie reagieren auf<br />
die jeweiligen Fähigkeiten der Kinder,<br />
Entscheidungsspielräume kompetent<br />
und verantwortungsvoll zu nutzen und<br />
sollen den Kindern ermöglichen, ihre<br />
Kompetenzen auszubauen. Restriktionen<br />
sind daher immer vorübergehend,<br />
weil sie den wachsenden Kompetenzen<br />
der Kinder fortwährend angepasst werden.<br />
Reflexionsbogen<br />
Unterricht<br />
und Pause<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008<br />
15
Praxis: Soziale Kompetenzen und die Kopfnoten<br />
Kinder lösen Konflikte selbst<br />
Mediation in der Schule<br />
Schmiegel von Kathleen<br />
Schmiegel<br />
und Meike<br />
Nottbohm<br />
Meike Nottbohm,<br />
Schulleiterin i.R.,<br />
Mediatorin BM und<br />
Konflikttrainerin,<br />
Referentin und Trainerin<br />
für Mediation.<br />
Moderatorentrainerin der<br />
Bezirksregierung Arnsberg<br />
2002 bis 2007,<br />
Mitglied der Fachgruppe<br />
»Mediation in Erziehung und<br />
Bildung« (MEB) des Bundesverbandes<br />
Mediation e. V.<br />
Kinder lernen laufen und sprechen. Sie<br />
entdecken ihre Umwelt; lernen lesen,<br />
schreiben und rechnen, später fremde<br />
Sprachen. Auch der Umgang mit<br />
Konflikten kann gelernt werden, denn<br />
sie gehören zu unserem Leben. Dazu<br />
bietet sich als didaktisches Modell das<br />
Bensberger Mediations-Modell (BMM)<br />
an.<br />
Mediation ist ein konstruktives<br />
Verfahren, bei dem ein Vermittler den<br />
Streitenden hilft, eine einvernehmliche<br />
Lösung für ihr Problem zu finden. Der<br />
Vermittler steuert den Prozess, für die<br />
Lösungen sind die Konfliktparteien<br />
selbst verantwortlich. Mediation geschieht<br />
auf freiwilliger Basis aller Beteiligten.<br />
Alle haben einen Gewinn.<br />
Das Bensberger Mediations-Modell<br />
wurde von ein einem pädagogischen<br />
Trainerteam der Thomas-Morus Akademie<br />
unter Günther Braun entwickelt<br />
und hat sich im Alltag vieler Schulen<br />
seit Jahren bewährt. Es ist nicht nur ein<br />
Präventionsprogramm gegen Gewalt,<br />
Kathleen Schmiegel,<br />
Sonderschullehrerin an Förderschulen<br />
und im Gemeinsamen<br />
Unterricht in der <strong>Grundschule</strong>,<br />
Schulleiterin einer Förderschule<br />
mit dem Förderschwerpunkt<br />
Emotionale und soziale Entwicklung.<br />
Referentin und Trainerin für<br />
Mediation, Mediatorin und<br />
Konflikttrainerin.<br />
Mitglied der Fachgruppe »Mediation<br />
in Erziehung und Bildung« (MEB)<br />
des Bundesverbandes Mediation e. V.<br />
sondern unterstützt die friedliche<br />
Lösung realer Konflikte mit seinen Interventionsmöglichkeiten.<br />
Es bietet<br />
in einem strukturierten Trainingsprogramm<br />
vom ersten bis zum vierten<br />
Schuljahr allen SchülerInnen einer<br />
Klasse oder Gruppe feste Sprach- und<br />
Handlungsmuster zur friedlichen Konfliktlösung<br />
an. Die Konfliktbearbeitung<br />
wird nicht den Erwachsenen überlassen,<br />
sondern die Kinder lernen zunehmend<br />
selbstständig ihre Konflikte zu<br />
lösen. Da die aufeinander aufbauenden<br />
Trainingsbausteine alle Alters- und<br />
Entwicklungsstufen der SchülerInnen<br />
berücksichtigen, kommen auch Kinder<br />
mit Migrationshintergrund oder Kinder<br />
im gemeinsamen Unterricht gut mit<br />
dem BMM zurecht.<br />
So lernen beipielsweise die Kinder im<br />
Konfliktfall ihr Hosentaschenbuch einzusetzen<br />
und selbstverantwortlich ihren<br />
Streit konstruktiv zu bearbeiten. In<br />
diesem Prozess machen sie sich gegenseitig<br />
kreative Lösungsvorschläge und<br />
halten diese in einem Friedensvertrag<br />
fest. Dabei lernen sie, Gesprächsregeln<br />
einzuhalten, den eigenen Streitanteil<br />
zu benennen und über die eigenen Gefühle<br />
zu sprechen. Beim Rollenwechsel<br />
(in den Schuhen des andern laufen)<br />
versetzen sie sich in die Sichtweise und<br />
die Gefühle des Kontrahenten; eine<br />
wichtige Übung zur Stärkung von Empathie.<br />
Auch als Streithelfer können sie<br />
für Mitschülerinnen vermittelnd tätig<br />
werden und – falls notwendig – Hilfe<br />
holen.<br />
einige Seiten des<br />
Hosentaschenbuchs<br />
16 GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008
Praxis: Soziale Kompetenzen und die Kopfnoten<br />
Im Pausengeschehen und im Nachmittagsbereich<br />
der Ganztagsschulen<br />
bietet das BMM mit dem Baustein der<br />
»Erst-Hilfe im Streit« praxisorientierte<br />
und für altersgemischte Gruppen geeignete<br />
Handlungsmuster an. Hier<br />
müssen viele Konflikte unter nicht<br />
immer einfachen zeitlichen und räumlichen<br />
Bedingungen geklärt werden. Es<br />
arbeiten viele verschiedene Lehrkräfte,<br />
Erzieherinnen und pädagogische Mitarbeiterinnen<br />
zusammen, die in der<br />
Regel wenig Zeit für gemeinsamen pädagogischen<br />
Austausch haben. Um so<br />
wichtiger ist es für die gesamte Schule,<br />
ein gemeinsames vernetztes Streitschlich<br />
tungsprogramm wie das BMM<br />
mit inhaltlich und formal gleichen<br />
Strukturen zu haben. Es kann den Kindern<br />
mit seinen festen Regeln und gleichen<br />
Sprachritualen eine verlässliche<br />
und für sie durchschaubare Orientierung<br />
geben.<br />
Das BMM wurde von den Kriminologen<br />
der Ruhruniversität Bochum an einer<br />
Bochumer <strong>Grundschule</strong> in einem sozialen<br />
Brennpunkt wissenschaftlich evaluiert.<br />
Die Ergebnisse der Dissertation<br />
von Dr. Jan Köhler wiesen eine deutliche<br />
gewaltreduzierende Wirkung bei<br />
den Schülerinnen nach und unterstützen<br />
überzeugend die Ansicht, Mediationsprogramme<br />
wie das BMM bereits in<br />
der <strong>Grundschule</strong>, am besten schon im<br />
Elementarbereich einzusetzen.<br />
Für eine nachhaltige Implementierung<br />
des BMM müssen in der Schule<br />
durch die Unterstützung der Schulleitung<br />
die organisatorischen Rahmenbedingen<br />
geschaffen und die Lehrkräfte<br />
und pädagogischen Mitarbeiter gut<br />
ausgebildet werden, um den Kindern<br />
das Programm kompetent vermitteln<br />
zu können.<br />
Das Bensberger Mediations-Modell ist<br />
nicht nur eine Methode oder Technik,<br />
die geübt wird. Vielmehr realisiert es<br />
das Leitbild einer konstruktiven Konfliktkultur<br />
durch gewaltloses Handeln,<br />
Eigenverantwortlichkeit, Empathie,<br />
Dia logorientierung, Verlangsamung<br />
des Lösungsprozesses und Zulassen<br />
von Anderssein und Unterschieden. Es<br />
verändert die eigene Haltung und zeigt<br />
sowohl Erwachsenen als auch Kindern<br />
einen sinnvollen und friedlichen Weg,<br />
Konflikte nicht im Gegeneinander, sondern<br />
im Miteinander zu lösen.<br />
Bensberger Studien 11<br />
G. Braun, E. Dietzler-Isenberg, M. Nottbohm, U. Püttmann,<br />
K. Schmiegel, A. Würbel: Kinder lösen Konflikte selbst! Mediation<br />
in der <strong>Grundschule</strong>. 5. überarbeitete und erweiterte Auflage (2005),<br />
168 Seiten, 13,00 Euro, ISBN 3-89198-098-1<br />
Thomas-Morus-Akademie Bensberg, Overather Str. 51 - 53<br />
51429 Bergisch Gladbach, Tel. 02204 - 408472<br />
www.tma-bensberg.de<br />
Lösungskarten<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008<br />
17
Praxis: Soziale Kompetenzen und die Kopfnoten<br />
Zeugnisbemerkungen und Kopfnoten<br />
Wie <strong>Grundschule</strong> trotz alledem Kindern helfen kann,<br />
ihr Arbeits- und Sozialverhalten zu entwickeln<br />
von Baldur<br />
Bertling<br />
Jetzt zaubert auch<br />
Schulministerin<br />
Barbara Sommer<br />
in NRW<br />
Entwicklung von Arbeits- und Sozialverhalten<br />
ist für <strong>Grundschule</strong>n in Nordrhein-Westfalen<br />
nichts Neues. Schon<br />
seit mehr als 30 Jahren gibt es auch<br />
dazu Bemerkungen auf den Grundschulzeugnissen.<br />
Mit Beginn dieses Schuljahres aber<br />
hat dies in NRW eine neue Dimension:<br />
erstmals auf den Halbjahreszeugnissen<br />
der Klassen 3 und 4 gibt es zusätzliche<br />
Noten für drei Bereiche des Arbeitsverhaltens,<br />
nämlich: Leistungsbereitschaft,<br />
Zuverlässigkeit / Sorgfalt und<br />
Selbständigkeit, und für drei Bereiche<br />
des Sozialverhaltens, nämlich: Verantwortungsbereitschaft,<br />
Konfliktverhalten<br />
und Kooperationsfähigkeit. 1 Nur im<br />
dritten Schuljahr wird das noch zusammengefasst<br />
in je einer Note für Arbeitsverhalten<br />
und einer für Sozialverhalten.<br />
Auch auf den Versetzungszeugnissen<br />
am Ende der Klasse 2 wird es diese zwei<br />
Kopfnoten geben. Ab Klasse vier bis<br />
hinauf zu den Zeugnissen am Berufskolleg<br />
gibt es sechs weitere Noten.<br />
Die Schulen können da keine anderen<br />
Entscheidungen fällen. Allein darüber,<br />
ob im vierten Schuljahr Texte zur<br />
Ergänzung dieser Noten geschrieben<br />
werden, kann die Schulkonferenz entscheiden.<br />
Unveränderlich ist:<br />
n Texte und zwei Noten auf dem Versetzungszeugnis<br />
in die Klasse drei und<br />
auf den Zeugnissen im dritten Schuljahr.<br />
n sechs Noten und – wenn die Schulkonferenz<br />
das so beschlossen hat – zusätzliche<br />
Texte ab Klasse vier.<br />
n Als Noten gibt es lediglich vier Stufen:<br />
sehr gut, gut, befriedigend und<br />
unbefriedigend.<br />
Das Ministerium lässt die Schulen<br />
dabei nicht allein. In einer Handreichung<br />
2 werden Vorschläge für Zielsetzungen<br />
und Verfahren der Notenfindung<br />
gemacht. Dabei wird – und das<br />
ist ausdrücklich positiv zu werten – die<br />
Beratungs- und Entscheidungskompetenz<br />
der einzelnen Schule respektiert<br />
und hervorgehoben. »Die weitere<br />
Konkretisierung kann nur jede einzelne<br />
Schule selbst vornehmen.« 3<br />
Kopfnoten – nein danke!<br />
Zusätzlich zur Problematik der »Not<br />
mit den Noten« überhaupt wird von<br />
Lehrerinnen und Lehrern in NRW nun<br />
noch verlangt, selbst in den Verhaltensbereichen<br />
Noten zu erteilen. Dabei<br />
will ich an drei Problemfelder erinnern.<br />
Das Problem der Normierung, das Problem<br />
der Skalierung und das bereits<br />
angesprochene Problem der Verantwortung.<br />
Wir Pädagogen wissen genau, wie<br />
gut und wichtig und richtig es ist, dass<br />
Menschen verschieden sind. Unser<br />
Beruf ist deshalb so schön und interessant,<br />
weil die Kinder mit denen wir<br />
es zu tun haben, sich unterscheiden.<br />
Da gibt es die Stillen und Lauten, die<br />
Schnellen und die Langsamen. Da<br />
gibt’s die Fröhlichen und die Ängstlichen,<br />
da gibt es eben die ganze Bandbreite<br />
dessen, was menschliches Leben<br />
in verschiedenen Farben schillern lässt.<br />
Und da fällt es schwer, Verhaltensweisen<br />
zu normieren, wenn es denn über<br />
so einfache Kategorien wie »pünktlich<br />
zum Unterricht zu erscheinen« hinausgeht.<br />
Noch schwieriger, als eine Norm zu<br />
finden, ist, das gezeigte Verhalten auf<br />
der vom Ministerium verordneten vierstufigen<br />
Skala anzusiedeln. Bleiben wir<br />
beim pünktlichen Erscheinen zum Unterricht.<br />
Fragen wir, was denn höher zu<br />
bewerten sei:<br />
n das pünktliche Erscheinen des Kindes,<br />
das regelmäßig von seiner Mutter<br />
vor der Klassenraumtür abgesetzt wird<br />
oder<br />
n das immer seltener werdende Verspäten<br />
des Kindes, das eine Stunde vor<br />
Schulbeginn von seinen Eltern geweckt<br />
wird, die beide zur Arbeit aufbrechen<br />
und es allein zur Schule gehen lassen.<br />
Dies Beispiel mag daran erinnern,<br />
dass kindliches Verhalten oft nicht in<br />
der eigenen Verantwortung liegt und<br />
dass Verhaltens- oder Charakternoten<br />
sich eher an das gesamte Umfeld des<br />
Kindes wenden als an das Kind persönlich.<br />
Wir wissen doch um die Nebenwirkungen<br />
der Noten. Schon um die<br />
Nebenwirkungen der Noten in den Fächern<br />
besteht eigentlich kein Zweifel.<br />
Auch gute Schüler haben Angst<br />
vor Klassenarbeiten, weil sie fürchten<br />
nicht wieder die gewohnte gute Note<br />
18 GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008
Praxis: Soziale Kompetenzen und die Kopfnoten<br />
zu bekommen. Dieses beständige<br />
Misstrauen in die eigene Leistungsfähigkeit<br />
lenkt das Kind in die Spirale des<br />
Misserfolgs, wo sinkende Zuversicht<br />
sinkende Anstrengungsbereitschaft<br />
nach sich zieht, wo die gewohnten Erfolge<br />
ausbleiben, die Angst größer und<br />
das Selbstvertrauen kleiner wird.<br />
Nun haben die sogenannten Kopfnoten<br />
nicht so hohe Bedeutung wie die<br />
Noten in den Fächern. Schließlich muss<br />
niemand die Klasse wiederholen, der in<br />
allen sechs Teilbereichen ein »unbefriedigend«<br />
aufweisen kann. Und niemand<br />
wechselt aufs Gymnasium, nur weil er<br />
in allen sechs Bereichen des Arbeitsund<br />
Sozialverhaltens ein »sehr gut«<br />
hat.<br />
Und dennoch werden auch hier<br />
schlechte Noten zu Sanktionen im Elternhaus<br />
führen, Angst schüren und<br />
alle Versuche zur Verhaltensmodifikation<br />
erschweren.<br />
Was tun?<br />
Womit beginnen?<br />
Sicherlich gibt es viele Wege und viele<br />
Gelegenheiten zu beginnen. Wenn dabei<br />
das KIND im Mittelpunkt bleiben<br />
soll, könnten hier diese Stichwörter<br />
helfen:<br />
K<br />
I<br />
ooperativ im Kollegium diskutieren<br />
und Vereinbarungen treffen.<br />
ndividuelle Ziele für jede Klasse<br />
und jedes Kind entwickeln und<br />
möglich machen.<br />
N achrichten (Rückmeldungen)<br />
über die Fortschritte des Kindes<br />
nutzen für dessen weitere Entwicklung.<br />
D<br />
ifferenzierter Gebrauch der an<br />
sich dummen Kopfnoten!<br />
Will man das berücksichtigen, scheint<br />
mir folgendes Vorgehen einigermaßen<br />
vernünftig, weil man das eigentlich<br />
Unmögliche, Unpädagogische und Unsinnige<br />
gleichwohl als Landesbeamter<br />
tun muss – und auch diejenigen, die<br />
Kopfnoten für wichtige Schritte für<br />
die Lösung eines Problems halten, sind<br />
nicht schlecht beraten, wenn sie über<br />
folgendes Prozedere nachdenken.<br />
1. Die Lehrerkonferenz berät über in<br />
dieser Schule angemessene und notwendige<br />
und mögliche Entwicklungsziele<br />
des Arbeits- und Sozialverhaltens.<br />
Ergebnis einer solchen Beratung könnte<br />
eine Liste sein, auf der gewünschtes<br />
Verhalten für Kinder verständlich zusammengefasst<br />
ist. An vielen Schulen<br />
gibt es Bausteine dafür bereits in Form<br />
der sog. Schulordnung.<br />
2. Eine solche Liste ist Grundlage des<br />
Unterrichts über Arbeits- und Sozialverhalten.<br />
Früher hieß diese Unterrichtseinheit:<br />
»Wir entwickeln unsere<br />
Klassenregeln (weiter).« Ergebnis ist<br />
eine plakative Zusammenstellung der<br />
gewünschten Verhaltensweisen.<br />
3. In Bezug auf diese Zusammenstellung<br />
gibt es Gespräche über die<br />
individuellen Entwicklungsziele. Was<br />
kann ich schon? Was will / soll ich noch<br />
lernen? Die Lehrkraft bespricht und<br />
notiert (bzw. lässt notieren, wenn das<br />
Kind das bereits kann), was das einzelne<br />
Kind im Rahmen seiner individuellen<br />
Förderung in der nächsten Zeit<br />
erreichen soll / will.<br />
4. Vor den Zeugnissen wird besprochen,<br />
ob und in welchem Maße das<br />
Kind die mit ihm vereinbarten Entwicklungsziele<br />
erreicht hat. Das Ergebnis<br />
dieses Gesprächs ist Grundlage für<br />
eine bewertende Bemerkung in den<br />
Zeugnissen.<br />
Bis hierher entspricht das Verfahren<br />
auch bei Zeugnissen ohne Kopfnoten<br />
einer an vielen <strong>Grundschule</strong>n üblichen<br />
Praxis, auch wenn der ein oder andere<br />
Schritt noch nicht im Schulprogramm<br />
formell verankert ist.<br />
Wenn man das so macht, verlieren<br />
die »Kopfnoten« einerseits ihren Schrecken,<br />
andererseits auch die von der<br />
Landesregierung beabsichtigte Wirkung.<br />
»Gut« kann dann wirklich jeder!<br />
Viele schaffen das »sehr gut«. Wer sich<br />
nicht immer bemüht hat, erreicht wenigstens<br />
ein »befriedigend«.<br />
Im Zeugnis könnte zur Erklärung<br />
der Satz verankert werden: »Die Bewertung<br />
des Arbeits- und Sozialverhaltens<br />
bezieht sich ausdrücklich auf die mit<br />
dem einzelnen Kind im Rahmen der<br />
individuellen Förderung verabredeten<br />
Entwicklungsziele.«<br />
Bei manchen Kindern sind die individuellen<br />
Entwicklungsziele weit entfernt<br />
vom in der Schule akzeptablen<br />
Verhalten. Da könnten die eingeschränkten<br />
Ziele in Texten festgehalten<br />
werden. 4<br />
Zum Schluss<br />
Es bleibt dabei: Kopfnoten sind unnütz!<br />
Kopfnoten können dem Kind bei<br />
der Entwicklung seines Arbeits- und<br />
Sozialverhaltens erheblichen Schaden<br />
zufügen.<br />
Gerade deshalb müssen wir im Interesse<br />
der Kinder ganz <strong>aktuell</strong> diesen<br />
Schaden so gering wie möglich halten<br />
– ohne allerdings Kopfnoten zu verharmlosen,<br />
denn das würde den bildungspolitischen<br />
Widerstand gegen<br />
diesen Unsinn gefährden.<br />
Wie so oft üben wir den »Pädagogen-Spagat«:<br />
Mit dem einen Bein im<br />
Morast der Gegenwart, mit dem anderen<br />
auf der Wolke der Zukunft.<br />
Baldur Bertling,<br />
Jg. 1948,<br />
Grundschullehrer<br />
seit 1973,<br />
Schulleiter seit 1993,<br />
stv. Vorsitzender der<br />
Landesgruppe NRW des<br />
Grundschulverbandes<br />
seit 1999<br />
Anmerkungen<br />
1 Hier könnte man diskutieren, wie diese Mischung aus »-bereitschaft«,<br />
»- fähigkeit« und »-verhalten« inhaltlich trennscharf<br />
beschrieben und begründet werden kann. In einer Expertenanhörung<br />
im Landtag waren nahezu alle einig, dass eine<br />
Benotung von Verhalten so problematisch ist, dass die Landesregierung<br />
besser guten Rat annehmen und auf diese »Schulreform«<br />
verzichten sollte. Obwohl es keine Kopfnote im Bereich<br />
»Beratungsresistenz« gibt – dort hat sich die Koalition ein glattes<br />
»sehr gut« verdient.<br />
2 erschienen als Beilage zum Amtsblatt »Schule NRW« im August<br />
2007. Sie ist über die Internetseite des Ministeriums kostenlos<br />
erhältlich: www.schulministerium.nrw.de<br />
3 o. g. Handreichung, Seite 3<br />
4 ein Beispiel: »Wir hatten vereinbart, dass du dich bemühst, bei<br />
Partnerarbeiten bei der Sache zu bleiben, wenn die Lehrerin oder<br />
der Lehrer dich regelmäßig daran erinnert. Das ist dir besonders<br />
in der letzten Zeit schon oft gelungen. Wir müssen darüber reden,<br />
wie du das auch ohne ständige Erinnerungen schaffen kannst.«<br />
Baldur Bertlings Text ist Teil eines umfangreicheren<br />
Beitrags, der in voller Länge auf der Homepage<br />
der Landesgruppe NRW abgerufen werden kann:<br />
www.grundschulverband-nrw.de<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008<br />
19
Praxis: Soziale Kompetenzen und die Kopfnoten<br />
Arbeits- und Sozialverhalten bewerten –<br />
aber wie?<br />
von Vivienne<br />
Kißener und<br />
Maren Laferi<br />
Seit diesem Schuljahr werden auch<br />
das Arbeits- und Sozialverhalten mit<br />
Ziffernnoten bewertet. So sieht es das<br />
neue Schulgesetz NRW ab dem Versetzungszeugnis<br />
in Klasse 3 vor.<br />
In der zweizügigen Stephan-Lochner-Schule<br />
in Köln, die sich an Peter<br />
Petersens jahrgangsübergreifendem<br />
Modell der aufsteigenden Stammgruppen<br />
orientiert, stand deshalb am<br />
Anfang des Schuljahres in einer pädagogischen<br />
Konferenz das Thema »Erarbeitung<br />
eines Konzepts zum Umgang<br />
mit Noten zum Arbeits- und Sozialverhalten«<br />
im Mittelpunkt.<br />
Ziel sollte es dabei sein, eine einheitliche<br />
kriterienbezogene Bewertung<br />
an der Schule und dadurch Transparenz<br />
für Eltern und Kinder gleichermaßen<br />
zu schaffen.<br />
Auf dem Weg zu einem<br />
einheitlichen Konzept<br />
Grundlage zur Vorbereitung auf diese<br />
Konferenz waren zum einen die Handreichungen<br />
zum Arbeits- und Sozialverhalten<br />
des Ministeriums für Schule<br />
und Weiterbildung NRW. Zum anderen<br />
diente die schriftlich festgehaltene<br />
Idee der Schulleiterkonferenz Köln des<br />
SAB 1 für einen möglichen Beobachtungsbogen<br />
zum Arbeits- und Sozialverhalten<br />
als Orientierung.<br />
Mithilfe dessen sollte das Kollegium<br />
ein Konzept zum Umgang mit Noten<br />
zum Arbeits- und Sozialverhalten<br />
entwickeln, welches anschließend auf<br />
der Schulkonferenz vorgestellt werden<br />
konnte. Dabei sollte auch die Möglichkeit,<br />
die Noten in Klasse 4 durch eine<br />
Beschreibung zu ergänzen, berücksichtigt<br />
und diskutiert werden.<br />
Um einen intensiven Austausch und<br />
somit verschiedene Meinungen und<br />
Ideen bezüglich des Themas zu ermöglichen,<br />
beschäftigte sich das Kollegium<br />
mit diesen Aufgaben zunächst in<br />
Kleingruppen. Bei der anschließenden<br />
Vorstellung der Ergebnisse im Plenum<br />
stellte sich schnell heraus, das neben<br />
einem Beobachtungsbogen, der sich<br />
eng an die vorgeschlagenen Beobachtungsaspekte<br />
der Handreichung zum<br />
Arbeits- und Sozialverhalten lehnen<br />
sollte, auch – im Sinne einer pädagogischen<br />
Leistungskultur, die auch<br />
die Kinder beim Thema Leistungsbewertung<br />
zu Wort kommen lässt – ein<br />
Selbsteinschätzungsbogen für die Kinder<br />
erarbeitet werden sollte.<br />
Erarbeitung eines<br />
Beobachtungsbogens<br />
für die LehrerInnenhand<br />
Auf der Grundlage der Handreichung<br />
sowie weiteren Aspekten, die das Kollegium<br />
als wichtig für eine umfassende<br />
Bewertung des Arbeits- und Sozialverhaltens<br />
empfand, erstellte eine Arbeitsgruppe<br />
in der nachfolgenden Woche einen<br />
einheitlichen Beobachtungsbogen<br />
für alle Klassenstufen. Aufgrund der<br />
jahrgangsübergreifenden Klassen sowie<br />
dem Ziel der einfachen und unaufwendigen<br />
Handhabung soll der Bogen<br />
kontinuierlich in den Jahrgangsstufen<br />
eingesetzt werden können und somit<br />
konsequent zu den einzelnen Kompetenzbereichen<br />
des Arbeitsverhaltens<br />
(Leistungsbereitschaft, Zuverlässigkeit<br />
und Sorgfalt, Selbstständigkeit) und<br />
des Sozialverhaltens (Verantwortungsbereitschaft,<br />
Konfliktverhalten, Kooperationsfähigkeit)<br />
hinführen. Lediglich<br />
der Bewertungsmaßstab muss<br />
natürlich den einzelnen Klassenstufen<br />
angepasst werden.<br />
Die Beobachtungsaspekte dieses<br />
Beobachtungsbogens berücksichtigen<br />
die sechs Kompetenzbereiche (s. o.)<br />
und sind diesen zugeordnet (vgl. Abb.<br />
Beobachtungsbogen).<br />
Um die Entwicklung jedes einzelnen<br />
Kindes kontinuierlich und übersichtlich<br />
festzuhalten, wurde vereinbart,<br />
das Arbeits- und Sozialverhalten der<br />
Kinder mithilfe des Beobachtungsbogens<br />
mindestens zweimal im Halbjahr<br />
zu dokumentieren. Dazu dienen die<br />
vier Spalten, in denen das Datum eingetragen<br />
werden kann (vgl. Abb. Beobachtungsbogen).<br />
Die ausgefüllten<br />
Beobachtungsbogen können somit<br />
auch als Grundlage für Elterngespräche<br />
dienen.<br />
Die Abstufung von 1 bis 4 im Beobachtungsbogen<br />
entspricht der Notengebung<br />
und den damit repräsentierten<br />
vier Niveaus. Beim Umgang mit dem<br />
Bogen im Schulalltag sind jedoch<br />
sicherlich die entsprechenden Tendenzen<br />
(immer; überwiegend; manchmal<br />
/ teilweise; selten / nicht / nie) pädagogischer,<br />
weil sie eine natürlichere<br />
Sichtweise auf Kinder bzw. Beobachtung<br />
von Kindern darstellen.<br />
1 (sehr gut) = entspricht den Anforderungen<br />
in besonderem Maße (immer)<br />
2 (gut) = entspricht den Anforderungen<br />
in vollem Maße (überwiegend)<br />
3 (befriedigend) = entspricht den Anforderungen<br />
im Allgemeinen<br />
(manchmal / teilweise)<br />
4 (unbefriedigend) = entspricht den<br />
Anforderungen noch nicht<br />
(selten / nicht / nie)<br />
Diese Tendenzen können später dazu<br />
dienen, die Noten entsprechend für das<br />
Zeugnis festzulegen. Zuständig für die<br />
Bewertung des Arbeits- und Sozialverhaltens<br />
sind vor allem die KlassenlehrerInnen.<br />
Dabei sollen sie sich auch auf<br />
Beobachtungen der FachlehrerInnen<br />
stützen.<br />
Erarbeitung eines<br />
Selbsteinschätzungsbogens<br />
für die SchülerInnenhand<br />
Nach Vorlage des Beobachtungsbogens<br />
wurde von einer zweiten Arbeitsgruppe<br />
ein Selbsteinschätzungsbogen für<br />
die Kinder entwickelt. Der Selbsteinschätzungsbogen<br />
entspricht inhaltlich<br />
dem von der Lehrkraft auszufüllenden<br />
Beobachtungsbogen, wurde aber kindgemäß<br />
formuliert und vereinfacht (vgl.<br />
Abb. Selbsteinschätzungsbogen Kinder).<br />
Für die bessere Lesbarkeit wurden<br />
die Aspekte Arbeitsverhalten und Sozialverhalten<br />
des Selbsteinschätzungsbogens<br />
auf zwei Seiten dargestellt.<br />
20 GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008
Praxis: Soziale Kompetenzen und die Kopfnoten<br />
Beobachtungsbogen Arbeits- und Sozialverhalten<br />
Name des Kindes ............................................................ Klasse: ............... Schuljahr: 07/08<br />
ARBEITSVERHALTEN<br />
Leistungsbereitschaft: Das Kind …<br />
• arbeitet konzentriert über einen längeren Zeitraum.<br />
• strengt sich auch bei ungeliebten Aufgaben und Anforderungen an.<br />
• fragt gezielt nach.<br />
• zeigt Interesse an den Unterrichtsinhalten.<br />
• zeigt Initiative.<br />
Zuverlässigkeit / Sorgfalt: Das Kind …<br />
• erscheint pünktlich zum Unterricht und zu sonstigen<br />
Schulveranstaltungen.<br />
• hält sich an Absprachen.<br />
• erledigt Aufgaben sorgfältig.<br />
• erledigt Aufgaben vollständig und termingerecht.<br />
• hat sein Arbeitsmaterial dabei.<br />
• geht mit eigenen und fremden Unterrichtsmaterialien ordentlich um.<br />
Selbstständigkeit: Das Kind …<br />
• prüft seine Ergebnisse selbstständig und korrigiert sie ggf.<br />
• setzt sich aktiv mit Problemstellungen auseinander und bringt eigene<br />
Lösungsvorschläge und Ideen ein.<br />
• teilt sich seine Zeit angemessen ein.<br />
• setzt sich selbst Ziele und verfolgt sie.<br />
• kann seine eigenen Lernwege und Lernfortschritte einschätzen und<br />
Schlüsse daraus ziehen.<br />
1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4<br />
☺ ☺<br />
SOZIALVERHALTEN<br />
1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4<br />
Verantwortungsbereitschaft: Das Kind ...<br />
• nimmt Aufgaben und Pflichten für die Klasse/Gruppe wahr.<br />
• erkennt unterschiedliche Ideen an; trägt dazu bei, eine gemeinsam<br />
getragene Lösung zu finden.<br />
• übernimmt Verantwortung für das eigene Handeln.<br />
• übernimmt Verantwortung für das Handeln der Gruppe.<br />
Konfliktverhalten: Das Kind …<br />
• hört zu, wenn Kritik geübt wird und kann sich damit auseinandersetzen.<br />
• kann Kritik angemessen äußern.<br />
• versucht, Konflikte mit friedlichen Mitteln zu lösen.<br />
• begegnet anderen mit Respekt und Höflichkeit.<br />
Kooperationsfähigkeit: Das Kind …<br />
• hält vereinbarte Regeln ein.<br />
• bietet anderen Hilfe und nimmt selbst Hilfe an.<br />
• erkennt Leistungen anderer an.<br />
• trägt zu einem produktiven Arbeiten innerhalb der Gruppe bei.<br />
• trägt zu einem positiven Zusammenleben innerhalb der<br />
Klassengemeinschaft bei.<br />
1 (sehr gut) = entspricht den Anforderungen in besonderem Maße (immer)<br />
2 (gut) = entspricht den Anforderungen in vollem Maße (überwiegend)<br />
3 (befriedigend) = entspricht den Anforderungen im Allgemeinen (manchmal/teilweise)<br />
4 (unbefriedigend) = entspricht den Anforderungen noch nicht (selten/nicht/nie)<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008<br />
21
Praxis: VERA Soziale und Kompetenzen die Unterrichtskultur und die Kopfnoten<br />
Selbsteinschätzungsbogen Arbeits- und Sozialverhalten<br />
Name ............................................... Klasse: ........... Schuljahr: ............<br />
Selbsteinschätzungsbogen Arbeits- und Sozialverhalten<br />
Datum:<br />
Datum:<br />
ARBEITSVERHALTEN<br />
Name ............................................... Klasse: ........... Schuljahr: ☺ ............ ☺ <br />
Leistungsbereitschaft:<br />
• Ich kann längere Zeit konzentriert an einer Aufgabe arbeiten. Datum:<br />
Datum:<br />
ARBEITSVERHALTEN<br />
☺ ☺ <br />
• Wenn ich eine Aufgabe nicht so gerne mache, strenge ich mich<br />
Leistungsbereitschaft:<br />
trotzdem an.<br />
• Ich kann längere Zeit konzentriert an einer Aufgabe arbeiten.<br />
• Wenn • ich Wenn etwas ich eine nicht Aufgabe verstehe, nicht frage so gerne ich mache, nach. strenge ich mich<br />
• Mich interessieren trotzdem an. viele Themen, die wir im Unterricht behandeln.<br />
Zuverlässigkeit • Wenn ich / Sorgfalt: etwas nicht verstehe, frage ich nach.<br />
• Ich • komme Mich interessieren pünktlich zum viele Unterricht. Themen, die wir im Unterricht behandeln.<br />
Zuverlässigkeit / Sorgfalt:<br />
• Ich halte mich an das, was abgesprochen ist.<br />
• Ich komme pünktlich zum Unterricht.<br />
• Ich erledige meine Aufgaben pünktlich und vollständig.<br />
• Ich halte mich an das, was abgesprochen ist.<br />
• Ich<br />
•<br />
erledige<br />
Ich erledige<br />
meine<br />
meine<br />
Aufgaben<br />
Aufgaben<br />
sorgfältig.<br />
pünktlich und vollständig.<br />
• Ich • habe Ich alle erledige Hefte, meine Mappen, Aufgaben Stifte sorgfältig. und Bücher dabei.<br />
• Ich • gehe Ich mit habe meinen alle Hefte, eigenen Mappen, Sachen Stifte und und den Bücher Sachen dabei. in der Klasse<br />
ordentlich • Ich gehe um. mit meinen eigenen Sachen und den Sachen in der Klasse<br />
Selbstständigkeit: ordentlich um.<br />
Selbstständigkeit:<br />
• Ich kann meine Aufgaben selber überprüfen und verbessern.<br />
• Ich kann meine Aufgaben selber überprüfen und verbessern.<br />
• Ich versuche, Aufgaben zunächst selbstständig zu lösen.<br />
• Ich versuche, Aufgaben zunächst selbstständig zu lösen.<br />
• Ich • kann Ich mir kann meine mir meine Zeit Zeit beim beim Arbeiten Arbeiten gut gut einteilen.<br />
• Ich weiß, wo ich bei Schwierigkeiten Hilfe finde.<br />
• Ich weiß, wo ich bei Schwierigkeiten Hilfe finde.<br />
= Das kann = Das ich kann besonders ich besonders gut. gut. ☺ = ☺ Das = Das kann kann ich. ich. = Das kann ich ich noch noch nicht nicht sicher sicher genug. genug. = Das kann = Das ich kann noch ich nicht. noch nicht.<br />
Selbsteinschätzungsbogen Arbeits- und Sozialverhalten<br />
Name ............................................... Klasse: ........... Schuljahr: ............<br />
Selbsteinschätzungsbogen Arbeits- und Sozialverhalten<br />
Name SOZIALVERHALTEN<br />
............................................... Klasse: ...........<br />
Datum:<br />
Datum:<br />
Schuljahr: ............<br />
☺ ☺ <br />
Verantwortungsbereitschaft:<br />
Datum:<br />
Datum:<br />
• Ich übernehme Aufgaben SOZIALVERHALTEN<br />
für meine Klasse.<br />
☺ ☺ <br />
• In der Verantwortungsbereitschaft:<br />
Gruppenarbeit höre ich mir auch die Meinung der anderen<br />
Kinder • Ich an. übernehme Aufgaben für meine Klasse.<br />
• Wenn • ich In der einmal Gruppenarbeit einen Fehler höre gemacht ich mir auch habe, die Meinung bin ich der auch anderen bereit<br />
darüber Kinder nachzudenken an. und zu sprechen.<br />
• Wenn ich einmal einen Fehler gemacht habe, bin ich auch bereit<br />
Konfliktverhalten:<br />
darüber nachzudenken und zu sprechen.<br />
• Ich<br />
Konfliktverhalten:<br />
höre zu, auch wenn andere anderer Meinung sind als ich.<br />
• Ich • versuche Ich höre Streit zu, auch mit wenn Worten andere friedlich anderer Meinung zu lösen. sind als ich.<br />
• Ich • kritisiere Ich versuche andere, Streit ohne mit sie Worten zu verletzen. friedlich zu lösen.<br />
• Ich • verhalte Ich kritisiere mich anderen andere, ohne gegenüber sie zu verletzen. freundlich.<br />
Kooperationsfähigkeit:<br />
• Ich verhalte mich anderen gegenüber freundlich.<br />
Kooperationsfähigkeit:<br />
• Ich halte mich an vereinbarte Regeln.<br />
• Ich halte mich an vereinbarte Regeln.<br />
• Ich helfe anderen und nehme selber auch einmal gerne Hilfe an.<br />
• Ich helfe anderen und nehme selber auch einmal gerne Hilfe an.<br />
• Ich • finde Ich es finde gut, es wenn gut, wenn andere andere etwas etwas toll toll gemacht haben und und sage sage<br />
das auch. das auch.<br />
= Das kann = Das ich kann besonders ich besonders gut. gut. ☺ = ☺ Das = Das kann kann ich. ich. = Das kann ich ich noch noch nicht nicht sicher sicher genug. genug. = Das kann = Das ich kann noch nicht. noch nicht<br />
22 GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008
Praxis: Soziale Kompetenzen und die Kopfnoten<br />
Vivienne Kißener<br />
ist seit 2001 im Schuldienst.<br />
Sie ist Konrektorin und<br />
derzeit auch kommissarische<br />
Schul leiterin an der<br />
Stephan-Lochner-Schule in Köln.<br />
www.stephan-lochner-schule.de<br />
Auch dieser Bogen unterscheidet sich<br />
in den einzelnen Jahrgangsstufen nicht.<br />
Die Kinder lernen den Bogen zum Halbjahr<br />
des zweiten Schuljahrs kennen (in<br />
diesem Schuljahr war er natürlich für<br />
die Kinder aller Jahrgänge neu) und füllen<br />
ihn von da an während ihrer Grundschulzeit<br />
zweimal pro Schuljahr aus.<br />
Da zu einzelnen Themen und Projekten<br />
regelmäßige Selbsteinschätzungen der<br />
Kinder erfolgen, sollte das Ausfüllen<br />
dieses themenunabhängigen Selbsteinschätzungsbogens<br />
zweimal pro<br />
Schuljahr ausreichen. Auch die Kinder<br />
können so ihre Entwicklung in ihrem<br />
Arbeits- und Sozialverhalten mitverfolgen<br />
und ihre eigene Meinung dazu<br />
äußern. Der Bogen verdeutlicht den<br />
Kindern folglich, unterstützt durch<br />
begleitende Gespräche, die Bedeutung<br />
des Arbeits- und Sozialverhaltens. Es<br />
ist sicher sinnvoll, zeitgleich, etwa<br />
im Verlauf einer Woche, sowohl den<br />
Beobachtungsbogen für die LehrerInnenhand<br />
als auch den Selbsteinschätzungsbogen<br />
für die SchülerInnenhand<br />
ausfüllen zu lassen. Darüber hinaus<br />
dient der Bogen auch der Heranführung<br />
an das Thema »Noten« für die Kinder<br />
der Klasse 2.<br />
Maren Laferi<br />
war von Februar 2006 bis<br />
Januar 2008 Lehramtsanwärterin<br />
an der Stephan-Lochner-Schule.<br />
Seit Februar dieses Jahres<br />
arbeitet sie als wissenschaftliche<br />
Mitarbeiterin am Projekt KIRA<br />
(Kinder rechnen anders) an der<br />
TU Dortmund mit.<br />
www.kira.uni-dortmund.de<br />
Die Abstufung des Kinderbogens<br />
richtet sich nach der an der Schule gewählten<br />
Form zur Rückmeldung und<br />
Selbsteinschätzung und ist den Kindern<br />
bekannt:<br />
= kann ich besonders gut<br />
☺ = kann ich, das ist in Ordnung<br />
= kann ich noch nicht sicher genug<br />
☹ = kann ich noch nicht<br />
Regelungen und<br />
Vereinbarungen<br />
Beide Bogen sind Hilfsmittel zur Bewertung<br />
des Arbeits- und Sozialverhaltens<br />
und sollen die Notenfindung und<br />
Zeugnisformulierung erleichtern.<br />
Darüber hinaus hat sich das Kollegium<br />
an der Stephan-Lochner-Schule für<br />
folgende Regelungen entschieden, die<br />
in der Schulkonferenz vorgeschlagen<br />
und verabschiedet wurden:<br />
n Die zwei Ziffernnoten zum Arbeitsund<br />
Sozialverhalten werden in den<br />
Zeugnissen der Klasse 2 und 3 in der<br />
verbalen Beurteilung eingehend erläutert.<br />
n Im Halbjahreszeugnis von Klasse 4<br />
werden die sechs Ziffernnoten zu den<br />
Kompetenzbereichen in den Empfeh-<br />
lungen für die Schulform der weiterführenden<br />
Schulen durch ergänzende<br />
Kommentare erläutert.<br />
n Im Abschlusszeugnis der Klasse 4<br />
können die Ziffernnoten im besonderen<br />
Bedarfsfall durch erläuternde Beurteilungen<br />
ergänzt werden.<br />
Ausblick<br />
Der Einsatz des Beobachtungs- und<br />
Selbsteinschätzungsbogens als Hilfsmittel<br />
zur Notenfindung für das Arbeits-<br />
und Sozialverhalten wird in<br />
diesem Schuljahr erstmalig erprobt.<br />
Ein erstes Ausfüllen der Bogen ergab,<br />
dass die Kinder der dritten und vierten<br />
Schuljahre gut in der Lage sind, sich<br />
entsprechend der Kriterien selbst einzuschätzen;<br />
die Kinder des zweiten<br />
Schuljahrs werden erst zu Beginn des<br />
zweiten Halbjahrs an den Umgang mit<br />
dem Selbsteinschätzungsbogen herangeführt.<br />
Auch die Lehrkräfte werden<br />
durch den Bogen in ihren Beobachtungen<br />
unterstützt.<br />
Zum neuen Schuljahr soll eine Evaluation<br />
zum Umgang mit dem Beobachtungsbogen<br />
und mit dem Selbsteinschätzungsbogen<br />
erfolgen.<br />
Was abschließend noch erwähnt werden<br />
sollte, ist die Problematik der Notenabstufung,<br />
die nicht den Niveaus<br />
bzw. Noten der Fachnoten entspricht:<br />
Statt der üblichen sechs Notenstufen<br />
gibt es für die Bewertung des Arbeitsund<br />
Sozialverhaltens nur vier. Dabei<br />
werden die Noten 1 (sehr gut), 2 (gut)<br />
und 3 (befriedigend) gleich definiert<br />
(s. o.). Die Ziffernnote 4 bekommt mit<br />
»unbefriedigend« sowohl einen neuen<br />
Namen als auch eine neue Definition:<br />
»entspricht den Anforderungen noch<br />
nicht«. Die Noten 5 und 6 entfallen.<br />
Dies sorgt bei LehrerInnen, Eltern<br />
und Kindern unnötig für Verwirrung<br />
und war auch in unserem Kollegium<br />
Anlass zur Diskussion.<br />
Die Note »befriedigend« beim Arbeits-<br />
und Sozialverhalten erhält eine<br />
andere (negativere) Wertung, denn<br />
wer möchte schon ein »befriedigend«<br />
für das Arbeits- oder Sozialverhalten,<br />
wenn die einzig »schlechtere« Note<br />
sofort »unbefriedigend« heißt und es<br />
auch keine weitere Abstufung nach unten<br />
gibt?<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008<br />
23
Dokumentation: Soziale Kompetenzen und die Kopfnoten<br />
Zur Renaissance der »Kopfnoten« –<br />
Anmerkungen zur Umfrage bei den Schulministerien<br />
von Horst Bartnitzky, Vorsitzender des Grundschulverbandes<br />
Die Älteren kennen sie vemutlich noch:<br />
die Zensuren für Betragen, für Beteiligung<br />
am Unterricht, für Ordnung, für<br />
häuslichen Fleiß. Im Zeugnis standen<br />
sie über den Fachnoten – als »Kopfnoten«.<br />
In den siebziger Jahren wurden<br />
sie in allen Bundesländern abgeschafft.<br />
Die Kultusministerkonferenz<br />
hatte nämlich 1970 befunden, Kopfnoten<br />
seien kein angemessenes Mittel<br />
zur Beurteilung der Schüler. In den<br />
<strong>Grundschule</strong>n sollten an ihrer Stelle<br />
freie Texte zum Arbeits- und Sozialverhalten<br />
stehen.<br />
Nun feiern Kopfnoten fröhliche Urständ’:<br />
Wie die folgende Tabelle ausweist,<br />
wurden sie in sieben Bundesländern<br />
wieder eingeführt – nicht immer<br />
mit den traditionellen Noten, auch mit<br />
variierten Begriffen.<br />
Die Schädlichkeit der Kopfnoten<br />
Gibt es neue pädagogische Erkenntnisse,<br />
die eine Rückkehr zu Kopfnoten<br />
sinnvoll erscheinen lassen? Mitnichten.<br />
Alle Erkenntnisse zur Entwicklung der<br />
Sozial- und Arbeitskompetenzen der<br />
Kinder belegen die Schädlichkeit von<br />
Kopfnoten.<br />
Erstens: Kinder im Grundschulalter<br />
sind dabei, ihr Arbeits- und Sozialverhalten<br />
in den schulischen Situationen<br />
zu entwickeln. Dies verläuft bei jedem<br />
Kind individuell und ist auch abhängig<br />
von seinen bisherigen Erfahrungen.<br />
Zum Beispiel gibt es Kinder, die<br />
kaum Erfahrungen mit gewaltfreien<br />
Konfliktlösungen haben oder die von<br />
Hause aus wenig lernmotiviert sind.<br />
Diese Kinder brauchen den größten<br />
Ansporn, die stärkste Ermutigung und<br />
viele positive Erfahrungen, um neue<br />
Verhaltensweisen und Haltungen aufzubauen.<br />
Wer alle Kinder nach demselben<br />
Maßstab beurteilt, der nimmt<br />
diesen Kindern die Motivation.<br />
Zweitens: Kinder im Grundschulalter<br />
suchen danach, was sie als eigene Persönlichkeit<br />
ausmacht, sie suchen nach<br />
einem Bild von sich selbst. Dazu greifen<br />
sie darauf zurück, wie ihre Eltern,<br />
die Schule, ihre Freunde sie einschätzen.<br />
Zum Beispiel werden Kinder nicht<br />
neugieriger und lernbegieriger, weil<br />
sie in Motivation eine schlechte Note<br />
erhalten. Eher übernehmen sie diese<br />
Beurteilung in ihr Bild von sich selbst<br />
und eifern ihm erst recht nach. Notengebungen<br />
im Verhaltensbereich oder<br />
gar charakterbezogene Feststellungen<br />
(»neigt zu dauernden Störungen«) haben<br />
eher die Wirkung, ungünstige Entwicklungen<br />
zu verfestigen, als sie zu<br />
überwinden.<br />
Und drittens: Kinder im Grundschulalter<br />
wie auch ältere Schüler entwickeln<br />
ihr Verhalten nicht unabhängig<br />
vom Lernen in den Fächern und von<br />
den Menschen, mit denen sie zusammen<br />
sind. Es gibt zwar Kinder, die in<br />
allen Fächern motiviert mitarbeiten<br />
und sich zu allen Kindern gleich partnerschaftlich<br />
verhalten. Die Regel ist<br />
das aber nicht. Zum Beispiel zeigt ein<br />
Kind in einem Fach besonderes Interesse<br />
und große Ausdauer, während<br />
es in einem anderen nur pflichtgemäß<br />
lernt oder bei Schwierigkeiten rasch<br />
resigniert. Persönliches Interesse, eigenes<br />
Vorwissen, frühe Erfolgserlebnisse,<br />
Bezug zur Lehrkraft – dies und<br />
anderes sind entscheidende Faktoren<br />
für das Verhalten. Bewertungen, wie<br />
sie in Kopfnoten oder in vergleichbaren<br />
allgemeinen Formulierungen ausgedrückt<br />
werden, fassen also zusammen,<br />
was nicht zusammenpasst.<br />
Die Alternative<br />
Warum dann die Renaissance eines<br />
überholten Bewertungssystems?<br />
Sind es wirklich die Arbeitgeber, wie<br />
dies zum Beispiel die nordrhein-westfälische<br />
Schulministerin beteuert? Warum<br />
müssen dann aber schon Grundschulkinder<br />
kopfbenotet werden?<br />
Warum klärt die Schulministerin im<br />
Gegenzug die Arbeitgeber nicht über<br />
den erziehungswissenschaftlichen<br />
Stand auf? Und warum orientieren sich<br />
moderne Arbeitgeber selbst gar nicht<br />
Kopfnoten auf den Zeugnissen der <strong>Grundschule</strong> –<br />
Übersicht<br />
Der Grundschulverband erfragte im Sommer 2007 bei den<br />
Kultusministerien der Länder, auf welche Weise in den<br />
Klassen 3 und 4 das Arbeits- und Sozialverhalten beurteilt<br />
wird. Das Ergebnis ist auf der folgenden Seite zu sehen.<br />
In sieben Bundesländern werden zum Arbeits- und<br />
Sozialverhalten Kopfnoten erteilt: teils mit den bekannten<br />
Begriffen (sehr gut – gut – befriedigend usw.), teils mit<br />
anderen Begriffen (hervorragend – deutlich – teilweise –<br />
wenig ausgeprägt). In den anderen Ländern sind frei formulierte<br />
Texte vorgeschrieben oder die Handhabung ist<br />
den Schulen freigestellt.<br />
Auch was im Einzelnen bewertet wird, ist in jedem<br />
Bundesland anders festgelegt. Die Skala reicht von den<br />
zwei allgemeinen Kategorien: Arbeitsverhalten und Sozialverhalten<br />
bis zu sieben Kategorien, die einzeln bewertet<br />
werden müssen.<br />
an Noten, sondern z. B. am eigenen<br />
aufwändigen Assessment-Center?<br />
Nein, es sind nicht die Arbeitgeber.<br />
Es ist der konservative Zeitgeist,<br />
der meint durch landesweite Tests die<br />
Schulen zu höherer Leistung anzustacheln,<br />
durch Erziehungscamps gewalttätige<br />
Jugendliche zu braven Bürgern<br />
zu machen und durch Kopfnoten Kinder<br />
zu disziplinieren.<br />
Es ist immer derselbe politische Irrweg:<br />
Eine einzelne Maßnahme soll die<br />
notwendigen Investitionen in die Zeit<br />
davor ersetzen: das Erziehungscamp<br />
die Investitionen in die Kinder- und<br />
Jugendarbeit, die Tests in die zusätzlichen<br />
Fördermittel und Lehrerstellen.<br />
Und was die Kopfnoten angeht: Die<br />
Förderung des Arbeits- und Sozialverhaltens<br />
erledigt sich eben nicht nebenher<br />
und ist nicht isoliert vom übrigen<br />
Unterricht zu betreiben. Sie erfordert<br />
zusätzliche Zeit in allen Fächern, in denen<br />
mit den Kindern ihr Arbeits- und<br />
Sozialverhalten zum Gegenstand der<br />
Betrachtung, Förderung und Würdigung<br />
gemacht wird. Ein genereller Zeitzuschlag<br />
zu allen Fächern von wenigstens<br />
20 % in den Stundentafeln wäre<br />
deshalb die notwendige Bedingung.<br />
Demgegenüber ist die Verordnung zu<br />
Kopfnoten natürlich die ungleich billigere<br />
Maßnahme.<br />
24 GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008
Dokumentation: Soziale Kompetenzen und die Kopfnoten<br />
Land<br />
In welcher Form wird das Arbeits- und<br />
Sozialverhalten auf den Zeugnissen<br />
Kl. 3 und 4 beurteilt?<br />
Ist an eine<br />
Änderung<br />
gedacht?<br />
Ausführungen<br />
1. Baden-W. freier Text nein Text zu Arbeitshaltung, Selbstständigkeit und Zusammenarbeit<br />
2. Bayern vier Notenstufen, Bewertungsstufen<br />
genannt zu sieben Verhaltenskategorien,<br />
dazu freier Text<br />
3. Berlin Schulkonferenz entscheidet, ob und ggf. in<br />
welcher Form; bei Zeugnissen mit verbaler<br />
Beurteilung: Integration in die fachbezogene<br />
Beurteilung; bei Notenzeugnissen als Anlage<br />
zum Zeugnis<br />
4. Brandenburg<br />
vier Notenstufen<br />
nein n 4 Notenstufen (Bewertungsstufen genannt): hervorragend – deutlich –<br />
teilweise – zu wenig ausgeprägt<br />
n 7 Kategorien: Sozialvh.: Soz. Verantwortung, Kooperation, Kommunikation,<br />
Konfliktvh.; Lern- und Arbeitsvh.: Interesse und Motivation, Konzentration<br />
und Ausdauer, Lern- und Arbeitsweise<br />
n verbindlicher Beobachtungsbogen als Vorbereitung, dazu ausführliche<br />
Beobachtungsbeispiele<br />
nein n 5 Kategorien: Lern- und Leistungsbereitschaft, Zuverlässigkeit, Selbstständigkeit,<br />
Verantwortungsbereitschaft, Teamfähigkeit. Über weitere<br />
Kategorien entscheidet die Schulkonferenz<br />
n 4 Notenstufen: hervorragend – deutlich – teilweise – wenig ausgeprägt<br />
n 7 Kategorien: Arbeitsvh.: Lern- und Leistungsbereitschaft, Zuverlässigkeit<br />
und Sorgfalt, Ausdauer und Belastbarkeit, Selbstständigkeit;<br />
Sozialvh.: Verantwortungsbereitschaft, Kooperations- und Teamfähigkeit,<br />
Konfliktfähigkeit und Toleranz<br />
5. Bremen freier Text nein n 3 Kategorien: Methodenkompetenz, Soziale Kompetenz, Personale<br />
Kompetenz<br />
n Grundlage ist der Dokumentationsbogen<br />
6. Hamburg freier Text nein n 6 Kategorien: Lernvh., Organisation des eigenen Lernprozesses, Problemlösungsvh.<br />
und Kreativität, Miteinander leben und lernen, Verantwortung<br />
und Pflichten, Rücksichtnahme / Toleranz und Hilfsbereitschaft<br />
7. Hessen Noten oder verbalisierte Form,<br />
wenn die Gesamtkonferenz dies für die<br />
ganze Schule beschließt<br />
nein n Kategorien beschließt die Gesamtkonferenz (im Rahmen der Vorgaben)<br />
8. Mecklenb.-<br />
Vorpommern<br />
9. Niedersachsen<br />
10. Nord rh.-<br />
We s tf al e n<br />
freier Text nein n 5 Kategorien: Verh. gegenüber Mitschülern und Lehrkräften, Auftreten<br />
in Kon fliktsituationen, Bereitschaft und Fähigkeit zur Zusammenarbeit,<br />
Arbeitswillen und Arbeitsbereitschaft, Grad der Kritikfähigkeit und der<br />
Selbstständigkeit<br />
fünf Notenstufen nein n 5 Notenstufen: verdient besondere Anerkennung – entspricht den<br />
Erwartungen in vollem Umfang – entspricht den Erwartungen – entspricht<br />
den Erwartungen mit Einschränkungen – entspricht nicht den Erwartungen<br />
n 2 Kategorien: Arbeitsvh. (Leistungsbereitschaft und Mitarbeit, Ziel- und<br />
Ergebnis orientierung, Kooperationsfähigkeit, Selbstständigkeit, Sorgfalt<br />
und Ausdauer, Verlässlichkeit)<br />
Sozialvh. (Reflexionsfähigkeit, Konflikt fähig keit, Vereinbaren und Einhalten<br />
von Regeln, Fairness, Hilfsbereit schaft und Achtung anderer, Übernahme<br />
von Verantwortung, Mitgestaltung des Gemeinschaftslebens)<br />
Kl. 3: Noten und Text für das Arbeitsverhalten<br />
und für das Sozialverhalten<br />
Kl. 4: Noten für Arbeits- und Sozialverhalten<br />
in 6 Kategorien, vier Notenstufen<br />
Nach Entscheidung derVersetzungskonferenz<br />
können die Noten durch eine<br />
Beschreibung ergänzt werden.<br />
n 4 Notenstufen: sehr gut – gut – befriedigend – unbefriedigend<br />
n Kl. 4: 6 Kategorien, die einzeln benotet werden:<br />
Arbeitsvh.: Leistungsbereitschaft, Zuverlässigkeit / Sorgfalt, Selbstständigkeit<br />
Sozialvh.: Verantwortungsbereitschaft, Konfliktvh., Kooperationsbereitschaft<br />
11. Rheinland-<br />
Pfalz<br />
freier Text ja Geplante Änderungen: statt »Verhalten und Mitarbeit« – »Arbeits- und<br />
Sozial verhalten« oder »Lern- und Sozialverhalten«<br />
12. Saarland fünf Notenstufen, dazu im Halbjahreszeugnis<br />
Klasse 4: Lernentwicklungsbericht mit Text<br />
zum bisherigen Arbeits- und Sozialverhalten<br />
nein n 5 Notenstufen: sehr gut – gut – befriedigend – nicht immer befriedigend<br />
– unbefriedigend<br />
n 2 Kategorien: Arbeitsverhalten, Sozialverhalten<br />
13. Sachsen fünf Notenstufen<br />
»verbale Einschätzung« kann hinzutreten<br />
nein n 5 Notenstufen: sehr gut – gut – befriedigend – ausreichend – mangelhaft<br />
n 4 Kategorien: Betragen (Aufmerksamkeit, Hilfsbereitschaft, Zivil courage,<br />
angemessener Umgang mit Konflikten, Rücksichtnahme, Toleranz und<br />
Gemeinsinn, Selbsteinschätzung); Fleiß (Lernbereitschaft, Zielstrebigkeit,<br />
Ausdauer, Regelmäßigkeit bei der Aufgabenerfüllung); Mitarbeit (Initiative,<br />
Kooperationsbereitschaft, Teamfähigkeit,Beteiligung, Selbstständigkeit,<br />
Kreativität, Verantwortungsbereit schaft); Ordnung (Sorgfalt, Pünktlichkeit,<br />
Zuverlässigkeit, Einhalten von Regeln und Absprachen, Bereithalten<br />
notwendiger Unterrichtsmaterialien)<br />
14. Sachsen-<br />
Anhalt<br />
Noten von 1 bis 5 nein n 5 Notenstufen (1 bis 5)<br />
n 2 Kategorien: Lernvh. (u. a. Lernbereitschaft, Zielstrebigkeit, Ausdauer,<br />
Aufmerksamkeit, Regelmäßigkeit beim Erfüllen von Aufgaben, Initiative,<br />
Beteiligung im Unterricht, Selbstständigkeit, Kreativität, Sorgfalt, Bereithalten<br />
notwendiger Unterrichtsmaterialien);<br />
Sozialvh. (u. a. Hilfsbereitschaft, Zivilcourage, Vh. bei Kon flikten, Rücksichtnahme,<br />
Toleranz, Gemeinsinn, Beherrschtheit, Selbsteinschätzung,<br />
Kooperationsbereit schaft, Teamfähigkeit, Verantwortungsbereitschaft,<br />
Pünklichkeit, Zuverlässigkeit, Einhalten von Regeln und Absprachen)<br />
15. Schlesw.-H. Neue Grundschulordnung befindet sich im Verfahren, bis heute (07.11.07) noch keine nähere Auskunft.<br />
16. Thüringen Formular »Einschätzung zur Kompetenzentwicklung«<br />
als Zeugnisergänzung<br />
n 6 Kategorien: Wie du an die Aufgaben herangehst, … deine Aufgaben<br />
erledigst, … mit Arbeitsmaterialien umgehst, … Ergebnisse deiner Arbeit<br />
in der Klasse vorstellst, … mit anderen Kindern zusammenarbeitest, was<br />
gegenseitige Hilfe für dich bedeutet.<br />
n Bewertung als Mischung aus Ankreuzen und freiem Text<br />
GSV Bartnitzky Kopfnoten – Umfrage bei den Schulministerien der Länder (Stand 07.11.2007)<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008<br />
25
Grundschulverband <strong>aktuell</strong> … auf Bundesebene<br />
Nachrichten aus<br />
dem Bundesverband<br />
Kursbuch <strong>Grundschule</strong><br />
In seinen Bänden und in seiner Zeitschrift<br />
greift der Grundschulverband<br />
regelmäßig <strong>aktuell</strong>e wichtige Themen<br />
auf und bietet Beiträge mit Anregungen<br />
für die Praxis, mit <strong>aktuell</strong>en Forschungsergebnissen<br />
und schulpolitischen Entwicklungen.<br />
Was fehlt, das ist ein Kompendium<br />
über alle grundschulrelevanten Themen.<br />
Ein Nachschlagewerk und Studienbuch,<br />
das Auskunft zu allen Themen rund um<br />
die <strong>Grundschule</strong> gibt und das dabei den<br />
Kurs angibt für eine <strong>Grundschule</strong>, die<br />
allen Kinder gerecht wird. Gewichtig in<br />
Inhalt und in der Hand.<br />
Die Herausgeber/innen haben mit ihrer<br />
Arbeit begonnen und rechnen mit einem<br />
Umfang von 600 Seiten. Ein kompaktes<br />
»Kursbuch <strong>Grundschule</strong>« also, das<br />
zugleich zum Schmökern und Stöbern<br />
einlädt.<br />
Erscheinen wird das »Kursbuch <strong>Grundschule</strong>«<br />
zum BundesGrundschulKongress<br />
2009. Die Mitglieder des Grundschulverbandes<br />
erhalten es im Rahmen ihrer Mitgliedschaft.<br />
Friedrich Goosmann<br />
* 24. 7. 1941 † 14. 11. 2007<br />
Friedrich (Fred) Goosmann war seit<br />
Gründung des Grundschulverbandes –<br />
Arbeitskreises <strong>Grundschule</strong> e. V. aktives<br />
Mitglied in verschiedenen Gremien.<br />
Er hat die Landesgruppe Rheinland-Pfalz<br />
mitgegründet, war über viele Jahre ihr<br />
Vorsitzender und bis zum Ausbruch<br />
seiner schweren Krankheit auch Delegierter<br />
der Landesgruppe.<br />
Als Lehrer und Schul leiter war er für uns<br />
immer ein guter Ratgeber in Fragen der<br />
Schulpraxis und hat auch als lang jähriger<br />
Kassenprüfer seine ehrenamtliche Tätigkeit<br />
stets zum Wohle des Verbandes<br />
ausgeübt.<br />
Der Grundschulverband wird ihm ein<br />
ehrendes Andenken bewahren.<br />
Für den Grundschulverband:<br />
Dr. Horst Bartnitzky,<br />
Bundesvorsitzender<br />
Jetzt schon vormerken<br />
BundesGrundschulKongress 25. – 26. September 2009<br />
Alle zehn Jahre lädt der Grundschulverband<br />
zum großen BundesGrundschulKongress<br />
ein.<br />
Im Jahr 2009 ist es wieder so weit:<br />
90 Jahre <strong>Grundschule</strong> in Deutschland,<br />
40 Jahre Grundschulverband –<br />
das ist der äußere Anlass, um über Situation<br />
und Perspektiven der <strong>Grundschule</strong><br />
nachzudenken.<br />
Die bundesweiten Vergleichsarbeiten werden<br />
vermutlich ebenso ein Thema sein wie<br />
der Umgang mit schwierigen Kindern, die<br />
Gestaltung des Ganztages ebenso wie die<br />
Schulstruktur, die Lehrerbildung ebenso<br />
wie die Schulqualität.<br />
Freuen können sich die Teilnehmer/innen<br />
auf vielfältige Anregungen für die Praxis:<br />
für eine kindgerechte Lernkultur mit kreativem<br />
Arbeiten und mit Experimenten, mit<br />
Werkstatt-Arbeit und mit sinnen-reichen<br />
Angeboten.<br />
Dazu jede Menge Erfahrungsaustausch mit<br />
Gleichgesinnten bei Imbiss und Getränken.<br />
Als »roter Faden« werden Meinungen diskutiert<br />
und abgeglichen:<br />
Was erschwert die Arbeit mit den Grundschulkindern?<br />
Was muss anders werden?<br />
Was können wir dazu tun?<br />
Was muss sich schulpolitisch ändern?<br />
Mitglieder des Grundschulverbandes<br />
sollten teilnehmen. Nicht-Mitglieder sind<br />
ebenso willkommen. Je mehr Kolleginnen<br />
und Kollegen dabei sind, umso deutlicher<br />
ist die Botschaft auch für die Öffentlichkeit:<br />
Für eine <strong>Grundschule</strong>, die allen Kindern<br />
gerecht wird.<br />
BundesGrundschulKongress<br />
25. – 26. September 2009 in Fulda<br />
Kongresszentrum<br />
(direkt am Hauptbahnhof)<br />
Fulda: Mitten in Deutschland!<br />
Die Delegierten des Grundschulverbandes<br />
haben sich für Fulda als Veranstaltungsort<br />
entschieden. Die Stadt liegt im Zentrum<br />
Deutschlands. Ob aus München, Stuttgart,<br />
Hamburg, Köln, Berlin oder Leipzig oder<br />
vom nahe gelegenen Frankfurt kommend,<br />
haben die Teilnehmer/innen schnelle und<br />
direkte Verbindungen in die Barockstadt.<br />
Fulda hat hervorragende ICE- und Autobahnanbindungen<br />
in alle Richtungen.<br />
Das neue Kongresszentrum, in dem der<br />
Kongress stattfinden wird, liegt direkt<br />
am ICE-Bahnhof und nahe dem historischen<br />
Barockviertel und der Innenstadt.<br />
Es ist äußerst flexibel nutzbar und bietet<br />
modernste Tagungstechnik und eine<br />
angenehme, kommunikative Atmosphäre.<br />
26 GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008
Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />
… aus den Landesgruppen<br />
Baden-Württemberg<br />
Anschrift: Dipl.-Päd. Adolf Messer, Stockacker 15, 79252 Stegen, www.gsv-bw.de<br />
VERA kommt –<br />
auch in Baden-Württemberg<br />
Ab dem kommenden Schuljahr<br />
wird auch in den dritten Klassen<br />
Baden-Württembergs VERA<br />
durchgeführt. Die Landesgruppe<br />
erarbeitet hierzu eine kritische<br />
Stellungnahme, die in den nächsten<br />
Tagen allen <strong>Grundschule</strong>n des<br />
Landes via E-Mail zugestellt wird.<br />
Bleibt zu hoffen, dass die guten<br />
Ansätze des Bildungsplans 2004<br />
im Lande nicht durch VERA und<br />
in der Folge durch einen Unterricht<br />
konterkarriert werden,<br />
der die Kinder gezielt auf diese<br />
Tests hinführt und damit andere<br />
wesentlich wichtige Qualifikationen<br />
vernachlässigt. Die Stel-<br />
lungnahme der Landesgruppe:<br />
»VERA kommt – auch in Baden-<br />
Württemberg« kann den Schulen<br />
im Lande bei der Anwendung der<br />
Maßnahme Leitschnur sein und<br />
Hilfestellung im Ungang geben.<br />
(für die Landesgruppe: Edgar Bohn)<br />
Grundschultag und<br />
Mitgliederversammlung<br />
in Baden-Württemberg<br />
Am Samstag, den<br />
26. April 2008 findet<br />
der Grundschultag der<br />
Landesgruppe in den Räumen<br />
der Pädagogischen Hochschule<br />
Ludwigsburg statt.<br />
Thema: Frühe Bildung und<br />
grundlegende schulische Bildung<br />
auf dem Weg in eine gemeinsame<br />
Bildungsverantwortung?<br />
Referenten: Prof. Dr. Edeltraud<br />
Röbe, Prof. Dr. Gerd E. Schäfer<br />
(zugesagt)<br />
Tagungsablauf:<br />
Ab 9.30 Uhr Ankommen und<br />
Begrüßung<br />
Grußwort Kultusminister<br />
(angefragt)<br />
10.00 bis 11.00 Uhr:<br />
1. Vortrag mit Diskussion<br />
11.00 bis 12.00 Uhr:<br />
2. Vortrag mit Diskussion<br />
13.00 Uhr: Mitgliederversammlung<br />
mit Neuwahlen. Der Vorstand<br />
würde sich über eine rege<br />
Beteiligung gerade auch an dieser<br />
Veranstaltung freuen.<br />
Bayern<br />
Vorsitzende: Dr. Gudrun Schönknecht, Pfirsichweg 37b, 86169 Augsburg<br />
Verbesserte Basisarbeit durch<br />
Öffentliche Landesgruppensitzung<br />
– Wir begrüßen die<br />
Mitglieder der neu gegründeten<br />
Regionalgruppe Unterfranken<br />
Am 30. November 2007 tagte<br />
die Landesgruppe Bayern in<br />
einer öffentlichen Sitzung an der<br />
Mönchbergschule in Würzburg.<br />
Nach der herzlichen Begrüßung<br />
durch Rektor Herrn Becker im<br />
schuleigenen Theatersaal hieß<br />
die bayerische Landesvorsitzende<br />
Prof. Dr. Gudrun Schönknecht<br />
die Teilnehmerinnen und Teilnehmer<br />
willkommen. Im Anschluss<br />
daran referierten in bewährtem<br />
Team Gabriele Klenk und Bianca<br />
Ederer zur Thematik »Pädagogische<br />
Leistungskultur – dargestellt<br />
im Bereich Heimat- und<br />
Sachunterricht«. Durch vielfältige<br />
praktische Beispiele konnten sie<br />
den Anwesenden gute Anknüpfungspunkte<br />
zum Start geben.<br />
Gabriele Klenk ging dabei auf<br />
Wochenplanarbeit in ihrer jahrgangsgemischten<br />
Eingangsstufe<br />
ein, während Bianca Ederer aufzeigte,<br />
dass es auf die Kombination<br />
von lehrerzentriertem<br />
und schülerorientiertem Unterricht<br />
ankommt, um Grundwis-<br />
sen zu sichern und Lernwege<br />
zu eröffnen. Beide Referentinnen<br />
arbeiten mit einem Portfolio,<br />
das den Kindern bei der<br />
Arbeit sowohl Struktur anbietet<br />
als auch Freiheiten in vielen<br />
Bereichen ermöglicht.<br />
Nur gemeinsam schaffen wir die<br />
Umsetzung einer pädagogischen<br />
Lern- und Leistungskultur<br />
Besonders erfreut waren wir über<br />
den regen Austausch praktischer<br />
Umsetzungsmöglichkeiten und<br />
die Diskussion von Problemen<br />
am Schnittpunkt des Übertritts.<br />
Wir stellten fest, dass die baye-<br />
rischen Schulgesetze viele Möglichkeiten<br />
offen lassen. Daher ist<br />
es umso dringlicher, in Arbeitsgruppen<br />
den rechtlichen Rahmen<br />
genau zu klären und sich bei der<br />
Umsetzung in der täglichen Praxis<br />
gegenseitig argumentativ<br />
zu stützen. Die Problematik der<br />
Ziffernnoten (ab Jahrgangsstufe<br />
2) in Bayern wird wohl auch weiterhin<br />
wichtiges Arbeitsfeld bleiben.<br />
Am Ende ihrer Präsentation<br />
erläuterten beide Referentinnen,<br />
wie es zur Gründung der von<br />
ihnen geleiteten Regionalgruppen<br />
Mittelfranken und Oberpfalz<br />
kam. Deutlich wurde der Wunsch,<br />
sich in Unterfranken zusammenzuschließen!<br />
Ein erstes Treffen<br />
wurde vereinbart. Wir wünschen<br />
der neu gegründeten Gruppe viel<br />
Erfolg und sichern ihnen Unterstützung<br />
zu! Interessierte Personen<br />
wenden sich bitte an Fred<br />
Völker (m.voelcker@schulenhoesbach.de).<br />
Wir freuen uns<br />
auch, einige neue Mitglieder im<br />
Grundschulverband begrüßen zu<br />
dürfen. Die Veranstaltung war<br />
also ein voller Erfolg!<br />
(für die Landesgruppe:<br />
Bianca Ederer und Gabriele Klenk)<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008<br />
27
Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />
… aus den Landesgruppen<br />
Berlin<br />
Kontakt: Ingrid Kornmesser, Kohlfurter Str. 4, 10999 Berlin; www.gsv-berlin.de<br />
Einschulungsfeier schon<br />
in den Sommerferien?<br />
Die Einschulung der Schulanfänger<br />
findet in Berlin seit langem<br />
am ersten Sonnabend nach den<br />
Sommerferien statt, also ein paar<br />
Tage nach Ende der Ferien. Jetzt<br />
wollte die Senatsschulverwaltung<br />
die Einschulungsfeier vorverlegen,<br />
auf den ersten Schultag<br />
nach Ferienende oder schon<br />
ans Ende der Sommerferien –<br />
damit den Kindern ja kein Schultag<br />
verloren geht! Das haben wir<br />
als Grundschulverband kritisiert<br />
und gefordert, es bei der alten<br />
bewährten Regelung zu belassen.<br />
Dem neuen Lebensabschnitt der<br />
Brandenburg<br />
Vorsitzende: Denise Sommer, Weinbergweg 21, 15834 Rangsdorf;<br />
www.gsv-brandenburg.de<br />
Schulanfänger und dem Übergang<br />
der Kinder von der Kita bzw.<br />
der Familie in die Schule kommen<br />
eine besondere Bedeutung zu.<br />
Im Schulleben der <strong>Grundschule</strong>n<br />
hat deshalb die Einschulungsfeier<br />
und der Empfang der neuen<br />
Schulanfänger einen herausragenden<br />
Stellenwert und gehört<br />
weder in die Sommerferien noch<br />
sollte sie an einem Wochentag<br />
stattfinden, an dem für viele<br />
berufstätige Eltern die Teilnahme<br />
erschwert wäre. Darüber hinaus<br />
halten wir es für besonders<br />
wichtig, dass in den jahrgangsgemischten<br />
Lerngruppen der<br />
Schulanfangsphase die Kinder<br />
Vergleichsarbeiten –<br />
und wie weiter?<br />
Erstmalig wurden im November<br />
2007 zentrale Vergleichsarbeiten<br />
in der Jahrgangsstufe 6<br />
in den Fächern Deutsch und<br />
Mathematik an allen <strong>Grundschule</strong>n<br />
unseres Landes geschrieben.<br />
In einer ersten Pressemitteilung<br />
zeigte sich Bildungsminister<br />
Holger Rupprecht zufrieden mit<br />
den vorläufigen Ergebnissen.<br />
»Bislang liegen die Ergebnisse<br />
von fast dreiviertel der rund<br />
14.700 Sechstklässler vor. Demnach<br />
erreichten die Schülerinnen<br />
und Schüler im Fach Deutsch<br />
eine Durchschnittsnote von 2,6<br />
und im Fach Mathematik eine<br />
Durchschnittsnote von 3,3. Die<br />
Ergebnisse belegen, dass die Vorbereitung,<br />
Umsetzung und Auswertung<br />
der Vergleichsarbeiten<br />
gut gelaufen sind, so die erste<br />
Bilanz von Minister Rupp recht.<br />
Die Angst, dass wegen der Ergebnisse<br />
Schülerkarrieren ›zerstört‹<br />
werden, ist völlig unbegründet.<br />
Im Fach Mathematik haben rund<br />
57 Prozent der Schülerinnen und<br />
Schüler bei den Arbeiten eine 1, 2<br />
oder 3 geschrieben und im Fach<br />
Deutsch sogar knapp 89 Prozent.<br />
Hier können die Vergleichsarbeiten<br />
also in der Regel keine<br />
negativen Auswirkungen auf<br />
die Notensumme im Halbjahreszeugnis<br />
haben. Und sollten<br />
einige wegen ›schlechter Tagesform‹<br />
insbesondere in Mathematik<br />
unterdurchschnittlich<br />
abgeschnitten haben, können<br />
sie ihre Halbjahresnote durch<br />
gute Leistungen weiter verbessern<br />
oder ihre Leistungsfähigkeit<br />
durch den Probeunterricht unter<br />
Beweis stellen. Für Schülerinnen<br />
und Schüler, die nicht an ein<br />
Gymnasium wechseln wollen, ist<br />
die Note folgenlos. Keiner bleibt<br />
nur wegen der Noten in der ZVA 6<br />
sitzen, denn im Versetzungszeugnis<br />
am Schuljahresende<br />
wird die Arbeit nur noch wie jede<br />
andere Klassenarbeit gezählt.<br />
Unabhängig davon, wie die<br />
Ergebnisse mit Durchschnittsnoten<br />
interpretiert werden,<br />
macht die Einschätzung des<br />
Ministers deutlich, dass es ohnehin<br />
nur um die Auswahl der<br />
zukünftigen Gymnasiasten geht.<br />
Wie einzelne Kinder ihr möglicherweise<br />
schlechtes Abschneiden<br />
und die 40-prozentige<br />
Gewichtung dieser einen Vergleichsarbeit<br />
für die Halbjahreszensur<br />
auf dem Zeugnis erleben,<br />
ist offensichtlich unwichtig.<br />
Hier wird eine Haltung deutlich,<br />
die sich in der Bildungspolitik<br />
unseres Landes widerspiegelt.<br />
(für die Landesgruppe: Denise Sommer)<br />
23. Mai 2008:<br />
Grundschultag im<br />
LISUM, Ludwigsfelde<br />
des zweiten Schulbesuchsjahres<br />
nach den langen Sommerferien<br />
auf den Empfang der neuen Mitschüler(innen)<br />
ihrer Lerngruppe<br />
vorbereitet werden können. –<br />
Inzwischen hat die Schulverwaltung<br />
unsere Kritik berücksichtigt.<br />
Es wird keine neue Regelung<br />
geben!<br />
Infos zur (Berliner) Schulentwicklung<br />
Die Berliner Landesgruppe verschickt<br />
in unregelmäßigen<br />
Abständen per Mail Informationen<br />
zur <strong>aktuell</strong>en – insbesondere<br />
Berliner – Schulentwicklung.<br />
Falls Sie daran interessiert<br />
sind, schicken Sie uns bitte Ihre<br />
Mail-Anschrift an: peterheyer@<br />
snafu.de.<br />
Bremen<br />
Gemeinsamer Vorsitz: Nina Bode-Kirchhoff, Ilona Rother, Inga Weiland;<br />
www.grundschulverband-bremen.de<br />
Gespräch mit der<br />
Grundschulreferentin<br />
Die Grundschulreferentin Frau<br />
Langel-Carossa ist der Einladung<br />
zur Mitgliederversammlung<br />
im November gefolgt und hat zu<br />
verschiedenen Themen Stellung<br />
genommen und Fragen aus dem<br />
Plenum beantwortet:<br />
n Schuleingangsphase, jahrgangsübergreifendes<br />
Lernen<br />
Die Unterstützung für Schulen<br />
mit jahrgangsübergreifendem<br />
Unterricht ist laut Langel-<br />
Carossa wie im Vorjahr beantragt.<br />
Es sei jedoch ungewiss,<br />
wie innerhalb Bremens mit der<br />
Jahrgangsmischung in Zukunft<br />
weiter verfahren wird.<br />
n Notenfreie Schulen,<br />
Leis tungsbewertung und Lernentwicklungsdokumentation<br />
Bereits 32 Schulen haben einen<br />
Antrag auf Befreiung von der<br />
Zensurengebung gestellt.<br />
Materialien fürs GSV-Infobrett<br />
Ebenso verschickt die Berliner<br />
Landesgruppe in unregelmäßigen<br />
Abständen per Mail Materialien<br />
zur Tätigkeit des Grundschulverbandes,<br />
die für den Aushang am<br />
Infobrett Ihrer Schule geeignet<br />
sind. Falls Sie daran interessiert<br />
sind, schicken Sie bitte die entsprechende<br />
Mail-Anschrift an:<br />
peterheyer@snafu.de.<br />
(für die Landesgruppe: Peter Heyer)<br />
Veranstaltung am<br />
27. Februar 2008,<br />
18.00 – 20.30 Uhr, mit<br />
Frau Prof. Dr. Renate<br />
Valtin (Humboldt-Universität)<br />
zu den Ergebnissen der neuen<br />
IGLU-Studie und zu deren Konsequenzen.<br />
Näheres unter<br />
www.gsv-berlin.de.<br />
Im Grundschulreferat werden<br />
demnächst Lernentwicklungsberichtsbausteine<br />
erarbeitet,<br />
die anschließend in der Praxis<br />
erprobt werden sollen.<br />
n Privatschulen<br />
Grundsätzlich werden Anträge<br />
auf Gründung privater Schulen<br />
bei Erfüllung der Vorgaben<br />
genehmigt, Frau Langel-<br />
Carossa befürwortet jedoch<br />
eine stärkere Unterstützung<br />
staatlicher Schulen.<br />
Vorstand<br />
Der Vorstand der Landesgruppe<br />
Bremen hat sich zum Schuljahresbeginn<br />
2007/2008 neu gebildet<br />
und wurde wie folgt von<br />
der Mitgliederversammlung<br />
bestätigt: Inga Weiland, Ilona<br />
Rother, Nina Bode-Kirchhoff<br />
(Teamvorsitz), Prof. Dr. Petra<br />
Milhoffer (Kassenwartin), Inge<br />
Tietjen (Schriftführerin).<br />
(für die Landesgruppe:<br />
Nina Bode-Kirchhoff)<br />
28 GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008
Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />
… aus den Landesgruppen<br />
Hamburg<br />
Vorsitzende: Susanne Peters, Güntherstraße 10, 22087 Hamburg;<br />
susanne.peters@gsvhh.de, www.gsvhh.de<br />
Schulversuch :<br />
Kompetenzraster statt Zensuren<br />
Nach wie vor zeigte sich die<br />
Behörde nicht einsichtig und<br />
beharrt weiterhin auf Notenzeugnissen<br />
in Integrationsklassen.<br />
Sie schaffte allerdings durch eine<br />
Schulgesetzänderung für alle<br />
Schulen die Möglichkeit, Zensuren<br />
durch Kompetenzraster<br />
zu ersetzen. Mit Zustimmung<br />
der Schulkonferenz können sich<br />
Schulen um die Teilnahme an<br />
einem Schulversuch zur Entwicklung<br />
neuer Formen der Leistungsbewertung<br />
ohne Noten<br />
bewerben. Im Dezember fand<br />
eine Auftaktveranstaltung an<br />
der Hamburger Universität statt.<br />
Organisiert wurde sie gemeinsam<br />
von Elternkammer, Eltern für<br />
Integration e. V., Initiative Volkspetition,<br />
Leben mit Behinderung<br />
Hamburg e. V., dem Verband Integration<br />
an Hamburger Schulen<br />
und dem Grundschulverband. Am<br />
16. Januar 2008 findet die nächste<br />
Informationsveranstaltung statt.<br />
Die Landesgruppe begrüßt und<br />
unterstützt diese Entwicklung,<br />
da neue Formen der Leistungsbeurteilung<br />
auch neue Unterrichtsformen<br />
notwendig machen.<br />
Bildungshäuser von 3 bis 10<br />
In den Hamburger Behörden gibt<br />
es konzeptionelle Überlegungen<br />
für die Neustrukturierung der Bildungsarbeit<br />
mit Drei- bis Zehnjährigen.<br />
In Bildungshäusern sollen<br />
Elementar- und Primar bereich<br />
stärker als bisher miteinander<br />
verzahnt werden. Die <strong>Grundschule</strong>n<br />
werden aufgefordert,<br />
gemeinsam mit benachbarten<br />
Kindertageseinrichtungen Ideen<br />
für die Gestaltung zu entwickeln.<br />
Solange die Zuständigkeit für<br />
die beiden Bereiche allerdings<br />
bei zwei verschiedenen Behörden<br />
angelegt ist, kann es sich aus<br />
unserer Sicht nur um eine lockere<br />
Kooperation der Einrichtungen<br />
handeln. Wir fordern, dass der<br />
Gedanke von Bildungshäusern<br />
konsequent weitergedacht wird<br />
und die Dienst- und Fachaufsicht<br />
in eine Hand gelegt wird.<br />
Nur wenn sie unter einer Leitung<br />
arbeiten, wird sich die Konzeption<br />
wirksam umsetzen lassen.<br />
Ein »Abend zum Innehalten«<br />
mit Heide Bambach<br />
Am 22. November fanden etwa<br />
20 aktive und pensionierte Pädagogen,<br />
aber auch Lehramtsstudenten<br />
den Weg in Davids Café in<br />
Alsterdorf, um einer Lesung von<br />
Heide Bambach, Preisträgerin<br />
des Erwin-Schwartz-Preises 2007,<br />
zu lauschen. Heide Bambachs<br />
Persönlichkeit und Ausstrahlung<br />
sowie ihre unvergleichliche<br />
Einfühlsamkeit in die Besonderheit<br />
eines jeden Kindes und ihre<br />
Gabe, individuelle Leistungen<br />
und Fortschritte in Entwicklungsberichten<br />
zu würdigen, faszinierten<br />
alle Zuhörer gleichermaßen.<br />
Ihre Pädagogik schien<br />
den Raum zu füllen.<br />
Welche Schule für mein Kind?<br />
Diese Frage wird für die Eltern<br />
der Viertklässler in diesem Schuljahr<br />
ganz besonders schwierig.<br />
Bereits zum Sommer 2009 soll<br />
die Vielgliedrigkeit des Hamburger<br />
Schulwesens zu Gunsten von<br />
zwei allgemeinbildenden Schulformen<br />
aufgehoben werden, die<br />
beide zum Abitur führen können,<br />
das Gymnasium in 12 Jahren, die<br />
Stadtteilschule in 13. Doch für die<br />
kommende Anmelderunde ist<br />
völlig unklar, welche Schulen sich<br />
zu Stadtteilschulen zusammenfinden,<br />
an welchen Standorten<br />
eine Sekundarstufe 2 eingerichtet<br />
wird und welche Profile die<br />
einzelnen Schulen entwickeln.<br />
Vorgaben der Behörde gibt es<br />
kaum und die Diskussion in den<br />
Stadtteilen beginnt gerade erst.<br />
Werden die Eltern ihre Kinder nun<br />
noch verstärkt für die Gymnasien<br />
anmelden? Denn nur dort<br />
liegt der Bildungsgang bereits<br />
fest. Fatale Folgen für die Kinder<br />
scheinen vorprogrammiert.<br />
Die Schulbehörde sollte den Termin<br />
der Umwandlung erst dann<br />
festzusetzen, wenn verbindliche<br />
Konzepte erstellt sind.<br />
(für die Landesgruppe: Marion Lindner)<br />
7. / 8. / 9.Februar 2008<br />
Kongress<br />
Gemeinsam lernen<br />
Prävention –<br />
Integration – Inklusion<br />
Hessen<br />
Anschrift: Ilse Marie Krauth, Steigerwaldweg 3, 63456 Hanau<br />
Schule in Hessen –<br />
vor der Wahl = nach der Wahl?<br />
Brisante Themen, die Unmut und<br />
Protest bei Schülerinnen und<br />
Schülern, Eltern und Lehrkräften<br />
hervorrufen, kennzeichnen<br />
derzeit die hessische Schullandschaft.<br />
Die Gymnasialzeit wurde auf<br />
8 Jahre verkürzt, ohne dass das<br />
Stoffangebot überarbeitet und<br />
gestrafft wurde. Das Ergebnis<br />
sind frustrierte, überforderte Kinder,<br />
die keine Zeit mehr für sinnvolle<br />
Freizeitbeschäftigungen<br />
haben. Als Folge davon wird der<br />
Druck bereits in die <strong>Grundschule</strong>n<br />
verlagert. Allem modernen<br />
Grundschulunterricht zum Trotz<br />
wird nicht selten verlangt, dass<br />
die Grundschullehrkräfte die Kinder<br />
auf die »Leistung« trimmen,<br />
die das Gymnasium, das sich<br />
bemerkenswert reformresistent<br />
zeigt, von ihnen verlangt.<br />
Mit dem G 8 wird zudem die Dreigliedrigkeit<br />
des Schulsystems<br />
zementiert, da Übergänge erheblich<br />
erschwert worden sind.<br />
Eltern und Grundschullehrkräfte<br />
stehen vor der Entscheidung, ob<br />
sie das einem zehnjährigen Kind<br />
zumuten können und wollen.<br />
Als Leistung wertet das hessische<br />
Kultusministerium die Tatsache,<br />
dass durch die »Unterrichtsgarantie<br />
plus« kein Unterricht<br />
mehr ausfällt. Geflissentlich wird<br />
dabei die Tatsache verschwiegen?,<br />
dass es sich sehr oft um ein<br />
reines Verwahren der Kinder handelt<br />
und nicht um qualifizierten<br />
Unterricht. Mehr oder weniger<br />
geeignete Personen stehen in<br />
den Klassenzimmern und versuchen<br />
ihr pädagogisches Geschick.<br />
Eine entsprechende Ausbildung<br />
ist nicht erforderlich. Kann man<br />
es da den Kindern verdenken,<br />
dass sie ihre Grenzen ausloten<br />
und so manche »Unterrichtsstunde«<br />
im Chaos endet?<br />
Im Übrigen überlegt der Ministerpräsident,<br />
an hessischen Schulen<br />
ein Verbot einzuführen, das<br />
Schülerinnen untersagt, eine<br />
Burka zu tragen. Das sind die<br />
wahren, die echten Probleme, die<br />
es in Schule zu lösen gilt!<br />
(für die Landesgruppe:<br />
Ilse Marie Krauth)<br />
P.S. Vielleicht ist ja bis zum<br />
Erscheinen dieses Artikels in<br />
Hessen alles anders.<br />
Mecklenburg-Vorpommern<br />
Vorsitzender: Ralph Grothe, Hasengang 3, 17309 Pasewalk,<br />
ralphgrothe@aol.com<br />
»Auf dem Weg zur<br />
selbständigen Schule«<br />
In drei großen Bereichen soll in<br />
den nächsten Jahren eine Verbesserung<br />
von Schulqualität erreicht<br />
werden.<br />
Organisationsentwicklung, Personalentwicklung<br />
und Unterrichtsentwicklung<br />
werden »vor<br />
Ort« in den Schulen umgesetzt.<br />
Ähnlich den Modellen in anderen<br />
Ländern (siehe Thüringen)<br />
soll über eine »schülerbezogene<br />
Stundenzuweisung« eine flexiblere<br />
Planung der Unterrichtsstunden<br />
ermöglicht werden. Jedoch<br />
scheinen einige Berechnungen zu<br />
den Stundenzuweisungen recht<br />
an der Realität vorbeizugehen.<br />
Hier sind unbedingt Nachbesserungen<br />
erforderlich.<br />
Unsere Landesgruppe hat sich in<br />
einer Stellungnahme dazu geäußert,<br />
die auf unserer Website<br />
www.gsv-mv.de abzurufen ist.<br />
Modellprojekt »Primarstufe«<br />
Auf Einladung des Bildungsministeriums<br />
ist unsere Landesgruppe<br />
nun in der Arbeitsgruppe<br />
vertreten, die das Modellprojekt<br />
»Primarstufe« betreut.<br />
Es geht hierbei um die Eingliederung<br />
aller Schülerinnen und<br />
Schüler in einen gemeinsamen<br />
Schulanfang in der <strong>Grundschule</strong>.<br />
Dabei kommt den Diagnose-<br />
Förderklassen eine besondere<br />
Rolle zu.<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008<br />
29
Grundschulverband <strong>aktuell</strong> … aus den Landesgruppen<br />
Nordrhein-Westfalen<br />
Vorsitzende: Gisela Cappel, Habichtstr. 1 d, 58285 Gevelsberg<br />
Kompetenzzentrum für sonderpädagogische<br />
Förderung<br />
Aus den derzeit bestehenden<br />
Förderschulen sollen nach den<br />
Plänen der Landesregierung in<br />
den nächsten Jahren Kompetenzzentren<br />
für die sonderpädagogische<br />
Förderung erwachsen.<br />
Dazu hat das Ministerium ein<br />
Eckpunktepapier vorgelegt, in<br />
dem das Vorhaben erläutert wird.<br />
In zwanzig zunächst auf drei<br />
Jahre angelegten Pilotprojekten<br />
soll versucht werden, in solchen<br />
Zentren schulische und kommunale<br />
Kompetenzen für Kinder mit<br />
besonderen Förderbedarfen zu<br />
bündeln: Prävention, Diagnostik,<br />
Beratung und Unterricht<br />
werden dabei als gemeinsam zu<br />
gestaltende Aufgabe der Mitwirkenden<br />
beschrieben. In seiner<br />
Stellungnahme begrüßt der<br />
GSV nachdrücklich die Absicht<br />
der Stärkung einer integrativen<br />
Förderung, sieht aber in den<br />
genannten Umsetzungsformen<br />
vielfache Relativierungen der<br />
erklärten Zielsetzung. Die Aussage,<br />
dass für die angestrebte<br />
Integration »die Voraussetzungen<br />
… gegeben sein müssen«<br />
lässt befürchten, dass damit<br />
innovative integrationspädagogische<br />
Projekte von vornherein<br />
ausgehebelt werden können –<br />
strittig wird vermutlich weiterhin<br />
die Frage nach den Förderorten<br />
bleiben.<br />
Vorschulische Sprachstandsfeststellungen<br />
2008<br />
Nachdem die erstmalige Durchführung<br />
von flächendeckenden<br />
vorschulischen Sprachstandsfeststellungen<br />
im letzten Jahr zu<br />
erheblicher Kritik geführt hat,<br />
legt die Landesregierung nun<br />
ein überarbeitetes Verfahren vor.<br />
Die Veränderungen betreffen<br />
das Testverfahren, die Testinstrumente<br />
und die Stärkung der Rolle<br />
der Erzieherinnen und Erzieher.<br />
Auch wenn damit der Zeitaufwand<br />
insgesamt verringert und<br />
fragwürdige pädagogische Vorgehensweisen<br />
möglichst ausgeschlossen<br />
werden sollen, bleibt,<br />
dass nur derjenige gefördert<br />
wird, der vorher Defizite testiert<br />
bekommen hat. Das mag vom<br />
Leistungsgedanken des »Forderns<br />
und Förderns« geprägt sein, mit<br />
pädagogischer Leistungskultur<br />
hat diese »Testeritis« nichts zu<br />
tun. Wer wirklich Sprachförderung<br />
für alle Kinder verpflichtend<br />
machen will, kommt an der<br />
Bildungspflicht zwei Jahre vor<br />
Beginn der Grundschulzeit nicht<br />
vorbei.<br />
Mehr Informationen zu beiden<br />
Themen auf unserer homepage<br />
www.grundschulverband-nrw.de<br />
(für die Landesgruppe: Beate Schweitzer)<br />
Samstag, 9. 2. 2008,<br />
10 – 16 Uhr<br />
Thema: Schwierige<br />
Kinder – Was tun?<br />
Referent: Dr. Jens Bartnitzky,<br />
Lehrer an einer Förderschule<br />
für emotionale und soziale<br />
Entwicklung<br />
Ort: Studienseminar Hagen,<br />
Fleyer Str. 196, 58097 Hagen<br />
Samstag, 23. 2. 2008,<br />
10 – 16 Uhr<br />
Thema: Pädagogische<br />
Leistungskultur<br />
Referenten: Mitglieder des Vorstands<br />
in Kooperation mit der<br />
Akademie Franz-Hitze-Haus<br />
Ort: Franz-Hitze-Haus,<br />
Kardinal-von-Galen-Ring 50<br />
48149 Münster<br />
Anmeldungen und weitere Informationen<br />
auf unserer homepage!<br />
Niedersachsen<br />
Kontakt: Dr. Eva Gläser,<br />
Fasanenstr. 1, 38102 Braunschweig;<br />
www.gsv-nds.de<br />
Donnerstag,<br />
28. Februar 2008<br />
Erfahrungsaustausch<br />
»Brückenjahr«<br />
Die Landesgruppe<br />
Nieder sachsen lädt zur Diskussion<br />
über das »Brückenjahr« ein<br />
Zeit: 15.30 – 17.30 Uhr<br />
Ort: Hotel Loccumer Hof,<br />
Kurt-Schumacher-Str. 14/16,<br />
30159 Hannover<br />
Kontakt: Dr. Eva Gläser<br />
E-Mail: e.glaeser@tu-bs.de<br />
30 GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008<br />
Saarland<br />
Vorsitzende: Lilo Groll, Holbeinstr. 11, 66128 Saarbrücken<br />
Landesgruppe übt Kritik<br />
an den Vergleichsarbeiten –<br />
Schreiben an die neue saarländische<br />
Bildungsministerin und<br />
zukünftige Präsidentin der KMK<br />
Die Landesgruppe Saarland bat in<br />
einem Schreiben an Frau Annegret<br />
Kramp-Karrenbauer, die<br />
saarländische Ministerin für Bildung,<br />
Familie, Frauen und Kultur<br />
und zukünftige Präsidentin<br />
der Kultusministerkonferenz,<br />
die heftige Kritik von Praktikern<br />
nicht nur an der saarländischen<br />
Orientierungsarbeit »Deutsch-<br />
Lesen«, sondern vor allem die<br />
starken Bedenken aus verschiedenen<br />
Bundesländern an VERA zu<br />
würdigen. Die Lehrerinnen und<br />
Lehrer arbeiten tagtäglich mit<br />
den Kindern dieser Altersstufe<br />
zusammen und kennen daher<br />
sehr gut deren Erfahrungs- und<br />
Begriffswelt. Die wesentliche<br />
Kritik an der Durchführung von<br />
VERA in sieben Bundesländern<br />
entzündete sich – abgesehen von<br />
der grundsätzlichen Ablehnung<br />
der »Testeritis« – am Umfang der<br />
Lese-Texte und deren Schwierigkeitsgrad<br />
sowie an der zeitlichen<br />
Vorgabe zur Lösung der gestellten<br />
Aufgaben.<br />
Werden Sachtexte ausgewählt,<br />
muss nach Auffassung der LG<br />
sichergestellt werden, dass die<br />
Inhalte und Begriffe den Lehrplänen<br />
oder der Erfahrungswelt der<br />
Kinder entsprechen. Den Schülerinnen<br />
und Schülern unbekannte<br />
und nicht erläuterte Begriffe<br />
behindern das Leseverständnis<br />
und damit das zügige Beantworten<br />
der Fragen. Falsch ausgewählte<br />
Texte testen nicht die<br />
Lesekompetenz, sondern ein<br />
wie auch immer definiertes Allgemeinwissen,<br />
wobei die Kinder<br />
mit Migrationshintergrund<br />
oder aus bildungsfernen Familien<br />
in der Regel benachteiligt<br />
sind. Viele dieser Kinder beenden<br />
den Test vorzeitig, weil sie über-<br />
fordert und entmutigt werden.<br />
Schwer verständliche Texte verfälschen<br />
daher die Aussagekraft<br />
des Tests über die tatsächliche<br />
Leseleistung der Schülerinnen<br />
und Schüler.<br />
Darüber hinaus bat die Landesgruppe<br />
die Ministerin zu prüfen,<br />
welchen Sinn jährliche nationale<br />
Vergleichsarbeiten für die tägliche<br />
Arbeit in der <strong>Grundschule</strong><br />
haben. Wenn VERA u. a. Anregungen<br />
zur Unterrichts- und<br />
Schulentwicklung einschließlich<br />
der Impulse zur Aufgabenentwicklung<br />
und für die fachdidaktische<br />
Diskussion geben<br />
soll, wären abrufbare Aufgabenpools<br />
auf der Grundlage der KMK-<br />
Bildungsstandards von größerer<br />
Bedeutung. Bundeseinheitliche<br />
Tests sind erst im Rhythmus<br />
von zwei bis drei Jahren sinnvoll.<br />
Diese Zeit braucht eine grundlegende<br />
Schulentwicklung.
Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />
Sachsen<br />
Kontakt: Sibylle Jaszovics, Südwestring 11, 04668 Klinga<br />
Nicht nur Rechenschwäche<br />
Zum Thema » Rechenschwäche –<br />
Dyskalkulie?« fand Anfang<br />
Dezember eine Fachtagung statt.<br />
Etwa ein Viertel der mit einem<br />
persönlichen Brief eingeladenen<br />
Landesgruppenmitglieder waren<br />
der Einladung nach Nossen<br />
gefolgt. Bedanken möchten wir<br />
uns ganz herzlich bei der Theatergruppe<br />
der Pestalozzi-<strong>Grundschule</strong>,<br />
die die Gäste mit einem<br />
kleinen Programm begrüßte, bei<br />
der Schulleiterin, Frau Post, die<br />
alles sorgsam vorbereitet hatte,<br />
sowie bei der Referentin, Frau<br />
Gembski, die kurzfristig für die<br />
ursprünglich vorgesehene Frau<br />
German einsprang.<br />
Die Landesgruppe übermittelte<br />
der Ministerin zudem die<br />
grundsätzliche Kritik des Grundschulverbandes<br />
an dieser Art<br />
der Leistungsbewertung unserer<br />
Schülerinnen und Schüler, die nur<br />
einen kleinen Ausschnitt schulischen<br />
Lernens genauer beleuchtet.<br />
Es besteht die Gefahr, dass<br />
musisch-kreative oder sportliche<br />
Betätigungen, die Förderung der<br />
Ich-, Sozial- und Sachkompetenz,<br />
die individuelle Leistungsentwicklung<br />
der Kinder sowie<br />
ein lebendiges Schulleben aus<br />
dem Blick der «Schulkritiker« verschwinden.<br />
Lehrerinnen und Lehrer fragen<br />
inzwischen nach dem Sinn und<br />
der Notwendigkeit der zahlreichen<br />
Tests: u. a. mehrere zu<br />
benotende Klassenarbeiten<br />
in Deutsch und Mathematik,<br />
zusätzliche individuelle Lernstandserhebungen<br />
zur Erstellung<br />
Nach der »Rechenschwäche«<br />
wurde eine für die Landesgruppe<br />
viel schwerwiegendere Schwäche<br />
deutlich. Nach dem Mittagessen<br />
saßen zur Mitgliederversammlung<br />
ganze sieben Personen<br />
(inklusive Vorstand) am Tisch.<br />
Und das trotz der eindringlichen<br />
Hinweise, dass es um den Fortbestand<br />
eines arbeitsfähigen<br />
Vorstandes geht.<br />
Im kommenden Jahr sind Wahlen.<br />
Zwei der Vorstandsmitglieder<br />
gehen in den wohlverdienten<br />
Ruhestand. Auch Frau Liebing<br />
und ich stehen nicht mehr zur<br />
Verfügung.<br />
Viele Jahre haben wir die Landesgruppe<br />
vertreten u. a. bei bildungspolitischen<br />
Diskussionen,<br />
bei Anhörungen, bei Gesprächen<br />
im Ministerium, eine Vielzahl<br />
von Fortbildungen wurden organisiert,<br />
die Zusammenarbeit<br />
mit Verbänden und Ämtern auf<br />
gesunde Füße gestellt – nicht<br />
zuletzt regelmäßig Beiträge für<br />
»<strong>Grundschule</strong> <strong>aktuell</strong>« verfasst.<br />
Fast alle Vorstandsmitglieder<br />
arbeiten seit 1992 in dieser ehrenamtlichen<br />
Funktion. Es gäbe<br />
viel zu diskutieren z. B. Offene<br />
Bildungsarbeit in Kindergärten<br />
und Horten oder Ganztagesangebote<br />
– wohin geht der Weg?<br />
oder Englisch ab Klasse 3 noch<br />
zeitgemäß? oder …<br />
von Förderplänen, nationale Vergleichsarbeiten<br />
und internationale<br />
Vergleichsuntersuchungen.<br />
Letztere haben im Übrigen<br />
unseren Schülerinnen und Schülern<br />
bereits mehrfach bescheinigt,<br />
dass sie international gut<br />
mithalten können.<br />
Sollten wir uns nicht endlich<br />
einmal der Verbesserung der<br />
Rahmenbedingungen zuwenden?<br />
Nach Auffassung der Landesgruppe<br />
gehören zur Steigerung<br />
der Schulqualität und der Lernleistungen<br />
als Hauptforderung<br />
kleinere Klassen, gut ausgebildete<br />
Lehrkräfte und ein Unterstützungssystem,<br />
das bildungsferne<br />
Familien näher an die<br />
Schule heranführen hilft.<br />
In der Hoffnung, dass sich nun<br />
auf diesen Artikel einige Interessenten<br />
melden, die als Kandidaten<br />
für die Vorstandswahl<br />
2008 zur Verfügung stehen, bieten<br />
wir Hilfe und Unterstützung<br />
bei der Organisation der Wahlen<br />
an. (Kontakt unter jas.sib@<br />
t-online.de)<br />
(für den Vorstand: Sibylle Jaszovics)<br />
Schleswig-Holstein<br />
Vorsitzender: Bent Hirschelmann, Flörkendorfer Weg 15, 23623 Ahrensbök;<br />
www. grundschulverband-sh.de<br />
Storyline Methode<br />
im Selbstversuch<br />
Am 10. November zog Steve<br />
Bell, Mitbegründer der Storyline<br />
Methode und Schulberater<br />
in Schottland, über 50 Lehrerinnen<br />
und Lehrer in der <strong>Grundschule</strong><br />
Bickbargen in Halstenbek<br />
in seinen Bann. Im Laufe<br />
der siebenstündigen Veranstaltung<br />
entstand in entspannter,<br />
kreativer Atmosphäre auf den<br />
Tischen ein Modell eines Weihnachtsmarktes.<br />
Ein Schuhkarton<br />
und anregendes Bastelmaterial<br />
bildeten die Grundstruktur<br />
für die freie Gestaltung vieler<br />
Weihnachtsstände. Überzeugend<br />
stellte Steve Bell die Vorzüge der<br />
Methode dar. In Zufallsgruppen<br />
zusammentreffende Menschen<br />
erhielten die Möglichkeit, persönliche<br />
Fähigkeiten und Fertigkeiten<br />
in die Arbeit einzubringen<br />
und sich kreativ in ihrer Gruppe<br />
mit der Lösung von Aufgaben<br />
zu beschäftigen. Dass dabei die<br />
unterschiedlichen Lernausgangslagen<br />
natürlich berücksichtigt<br />
wurden und unterschiedliche<br />
Begabungen innerhalb einer Lehrergruppe<br />
zu dem sichtbar beeindruckenden<br />
Ergebnis führten,<br />
war eine bedeutsame Erfahrung<br />
der Teilnehmer und Teilnehmerinnen.<br />
Über das gestalterische<br />
Wirken hinaus gab es eine<br />
unterrichtsbezogene Sammlung<br />
von Ideen für verschiedene<br />
Altersgruppen.<br />
Mit einem Werkzeug mehr ausgerüstet<br />
für die neuen Anforderungen<br />
der Jahrgangsmischung<br />
und Individualisierung verließen<br />
die Teilnehmer in vorweihnachtlicher<br />
Stimmung die Veranstaltung.<br />
Der Vorstand der Landesgruppe<br />
lädt zur<br />
Mitgliederversammlung<br />
am 14. 2. 2008<br />
um 18.00 Uhr in die<br />
<strong>Grundschule</strong> Groß<br />
Vollstedt ein.<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008<br />
31
Grundschulverband <strong>aktuell</strong> … aus den Landesgruppen<br />
Thüringen<br />
Vositzende: Steffi Jünemann, Hauptstr. 7, 99734 Nordhausen<br />
Thüringer Lehrerbildungsgesetz:<br />
Chance zur Neugestaltung?<br />
Auszüge aus der Stellungnahme<br />
der LG zum Entwurf Thüringer<br />
Lehrerbildungsgesetz<br />
In den 48 Jahren ihres Bestehens<br />
hat sich die <strong>Grundschule</strong> bundesweit<br />
zu der erfolgreichsten Schulart<br />
entwickelt. Dem steht auch<br />
die Thüringer <strong>Grundschule</strong> in<br />
keinem Bereich nach: Veränderte<br />
Schuleingangsphase und das<br />
daraus entstandene Schulentwicklungsprojekt<br />
BeSTe, PIRLS/<br />
IGLU 2001 und 2006, Sinus Transfer<br />
<strong>Grundschule</strong>, um nur einige<br />
zu nennen. Deren Ergebnisse sind<br />
für alle Pädagogen Motivationsgrundlage<br />
und Herausforderung<br />
zugleich, die in einem Ziel münden:<br />
in der Weiterentwicklung<br />
der Thüringer <strong>Grundschule</strong>.<br />
Ziele, Inhalte, Phasen<br />
der Lehrerbildung<br />
Der Freistaat Thüringen vertreten<br />
durch das Kultusministerium<br />
verfolgt mit dem vorliegenden<br />
Entwurf des Thüringer Lehrerbildungsgesetzes<br />
die Realisierung<br />
der Ziele des Bologna-Prozesses.<br />
Diese Rahmenvorgaben,<br />
verknüpft mit den inhaltlichen<br />
Vorgaben durch die KMK und<br />
verankert in den Standards für<br />
die Lehrerbildung – Bildungswissenschaften,<br />
galt und gilt es<br />
zu beachten. Und hier sehen wir<br />
als Landesgruppe Thüringen des<br />
Grundschulverbandes Arbeitskreis<br />
<strong>Grundschule</strong> Nachholbedarf.<br />
Bereits 2002 begann der<br />
Freistaat Thüringen an der Universität<br />
Erfurt als einer der ersten<br />
Bundesländer mit der Umstellung<br />
des Lehramtsstudiums auf<br />
das konsekutive BA/MA-Studienkonzept.<br />
Der Entwurf des Thüringer<br />
Lehrerbildungsgesetzes beinhaltet<br />
sowohl positive Akzente<br />
als auch für den Grundschulverband<br />
nicht akzeptierbare Studienstrukturen<br />
und Kürzungen der<br />
Ausbildungszeit.<br />
Positiv sind in erster Linie die<br />
Verankerung der drei Phasen der<br />
Lehrerbildung und deren institutionelle<br />
Verzahnung zu nennen.<br />
Bereits 2005 stellte die<br />
KMK fest: »Für die Qualität des<br />
Schulunterrichts ist die Qualität<br />
der Lehrerbildung von wesentlicher<br />
Bedeutung.« Eine veränderte<br />
Lehrerausbildung muss<br />
neben den forcierten Strukturveränderungen<br />
an den Universitäten<br />
auch die sich verändernden<br />
Lebensbedingungen von Kindern<br />
und Jugendlichen, die heterogene<br />
Schülerschaft in allen<br />
Schulstufen und Schularten, die<br />
steigenden Erwartungen an die<br />
Unterrichts- und Erziehungsqualität<br />
sowie die Ergebnisse<br />
internationaler und nationaler<br />
Schulleistungsstudien beachten.<br />
Zudem sind die Ergebnisse<br />
der Lehrerbildungsforschung zu<br />
berücksichtigen. Lehrer benötigen<br />
neben Fach-, Methoden-<br />
und Medienkompetenz<br />
weitere Kompetenzen in sozialer,<br />
kommunikativer und diagnostischer<br />
Hinsicht, aber auch<br />
Förder-, Beratungs- und Innovationskompetenz.<br />
Nicht zu vergessen<br />
die Fähigkeit zur qualifizierten<br />
Teamarbeit mit allen<br />
pädagogischen Fachkräften an<br />
der Schule. Daraus resultieren die<br />
Forderungen des Grundschulverbandes:<br />
1. Die Ausbildung für alle Lehrkräfte<br />
muss wissenschaftlich,<br />
gleich lang und gemeinsam<br />
sein.<br />
2. Einzurichten sind zwei Lehrämter<br />
mit stufenspezifischen<br />
Schwerpunkten.<br />
3. Die drei Phasen der Lehrerbildung<br />
sind institutionalisiert<br />
und inhaltlich miteinander<br />
verknüpft.<br />
4. Die Ausbildung verfolgt das<br />
Ziel des Erwerbs individueller<br />
Kompetenzprofile.<br />
5. Die Phasen der Lehrerbildung<br />
werden wissenschaftlich<br />
begleitet und evaluiert.<br />
Im vorliegenden Gesetzentwurf<br />
finden wir die teilweise Umsetzung<br />
dieser Forderungen.<br />
Der Entwurf zum Thüringer Lehrerbildungsgesetz<br />
fordert die<br />
wissenschaftlich oder wissenschaftlich-künstlerische<br />
Ausbildung.<br />
Gleich lang soll diese aber<br />
nicht sein und Gemeinsames<br />
beschränkt sich z. B. auf die zu<br />
erwerbenden 30 Leistungspunkte<br />
in den schulpraktischen Studien.<br />
Unser Vorschlag: Mit der Öffnung<br />
für schulartübergreifende<br />
Schul- und Unterrichtsmodelle<br />
(z. B. gemeinsamer Unterricht),<br />
dessen wissenschaftliche Begleitung<br />
und die sich an die Umsetzung<br />
anschließende interne und<br />
externe Evaluation sollte Lehramtsstudierenden<br />
ein zukunftsweisender<br />
Weg aufgezeigt werden.<br />
Ansätze sind vorhanden,<br />
zu überdenken und gegebenenfalls<br />
zu überarbeiten. Das verlangt<br />
aber auch einen erhöhten<br />
sozialpädagogischen Anteil, die<br />
Vorbereitung auf eine Pädagogik<br />
des Zusammenlebens, die Vermittlung<br />
von Erkenntnissen zum<br />
zusammenhängenden Interesse<br />
weckenden Lernen unter Mitwirkung<br />
von Kindern und Eltern<br />
sowie differenzierende Individuumsförderung.<br />
Auszubildende<br />
müssen die Chance erhalten,<br />
sich binnendifferenzierende und<br />
integrative Sozial- und Arbeitsformen<br />
handelnd anzueignen,<br />
und das schulartübergreifend.<br />
Die Einrichtung von neuen<br />
Lehrämtern wäre daraus die<br />
logische Schlussfolgerung.<br />
Beispielgebend das Lehramt für<br />
Grund- und Mittelstufe (1 – 10),<br />
das Lehramt für die Mittel- und<br />
Oberstufe (5 – 12/13).<br />
Diskussionen zu den Zielen<br />
und Aufgaben der <strong>Grundschule</strong>,<br />
deren laufende Überprüfung und<br />
den sich daraus entwickelnden<br />
Ausbildungskonzepten erbringen<br />
eine Vielzahl von positiven<br />
Aspekten, die in keinem Fall mit<br />
einem vierjährigen lehramtsbezogenen<br />
Studium mit BA-<br />
Abschluss und der Verkürzung<br />
des Vorbereitungsdienstes in<br />
der Schulart <strong>Grundschule</strong> aufrechterhalten<br />
werden können.<br />
Grundschuljahre sind Jahre der<br />
Kindheit. In diesen Jahren der<br />
höchsten Bildsamkeit des Menschen<br />
sollte es Gebot sein, die<br />
Lehrenden zu stärken, damit sie<br />
die Lernenden stärken können.<br />
<strong>Grundschule</strong> soll Ort des Lebens,<br />
Lernens und Leistens sein. Mit<br />
der Verkürzung des Vorbereitungsdienstes<br />
werden zukünftigen<br />
Grundschullehrern wichtige<br />
Ausbildungsinhalte vorenthalten.<br />
Der Eindruck, dass die Aneignung<br />
von Fähigkeiten und Fertigkeiten<br />
für die Erfüllung der Ziele<br />
und Aufgaben der <strong>Grundschule</strong>,<br />
also der Grundlegenden Bildung,<br />
nicht die Wertigkeit, die ihr<br />
gebührt, zugestanden wird, wird<br />
durch den Entwurf des Gesetzes<br />
über die Lehrerbildung fundamentiert.<br />
Darin befindet sich<br />
keine Gleich- oder provokativ<br />
Besserbehandlung des Lehramts.<br />
Nicht erst seit IGLU ist bekannt,<br />
dass die höchste pädagogische<br />
Innovation aller Schularten von<br />
der <strong>Grundschule</strong> ausgeht. Wieso<br />
wird das nicht angemessen vergolten?<br />
Warum werden Auszubildende,<br />
die ein Höchstmaß an<br />
wissenschaftlicher Ausbildung<br />
und Praxiserfahrungen erhalten<br />
sollen, mit einem vierjährigen<br />
BA-Studium und der einseitigen<br />
Verkürzung des Vorbereitungsdienstes<br />
bestraft?<br />
Der Entwurf zeigt auch insbesondere<br />
zu den o. g. Forderungen 3<br />
bis 5 zukunftsweisende Innovationen<br />
auf. Es geht nicht mehr nur<br />
um Verknüpfung. Enge Kooperation<br />
und die Gewährleistung von<br />
Ganzheitlichkeit und Vernetzung<br />
sind die Herausforderung an alle<br />
Phasen der Lehrbildung.<br />
Darüber hinaus sehen wir in der<br />
Kooperation der Lehrämter eine<br />
große Chance für die Ausbildung<br />
im Vorbereitungsdienst.<br />
Grundlegende Bildung braucht<br />
Bedingungen, die nur in einem<br />
Gesamtrahmen realisiert werden<br />
können. Durch die geringeren<br />
Ressourcen (im Vergleich<br />
zu anderen Schularten), die von<br />
der Gesellschaft bereitgestellt<br />
werden, verhindert Politik und<br />
Gesellschaft die Lernmöglichkeiten<br />
der Kinder, verhindert die<br />
Entfaltung von Leistungen. Diese<br />
werden aber von der Gesellschaft<br />
gefordert. Diesen Widerspruch<br />
aufzulösen, wird von der Politik<br />
ein Höchstmaß an Anerkennung<br />
(nicht nur in verbaler Form) der<br />
Leistungen aller an <strong>Grundschule</strong>n<br />
tätigen Pädagogen abverlangen.<br />
Vaclav Havel stellte fest: »Wirkliche<br />
Politik, Politik, die diesen<br />
Namen verdient, ist Dienst an<br />
denen, die nach uns kommen.«<br />
(für die Landesgruppe: Steffi Jünemann)<br />
32 GS <strong>aktuell</strong> <strong>101</strong> • Februar 2008
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Das Lesezeichen bezieht<br />
sich auf den Text »Schwierige<br />
Kinder, schwierige Klassen –<br />
Was tun, wenn es ›brennt‹?«<br />
(Seite 12 ff).<br />
Dort werden sechs handlungsleitende<br />
Prinzipien genannt<br />
und jeweils mit einem schulpraktischen<br />
Beispiel illustriert.<br />
Jedes Prinzip wird hier durch<br />
einen Schlüssel dargestellt,<br />
dessen grafische Form das<br />
erläuternde Beispiel aufgreift.<br />
Weiter ist im Text von sechs<br />
Zugängen zu schwierigen<br />
Kindern und Klassen die Rede.<br />
Jeder Zugang wird durch ein Törchen<br />
symbolisiert (s. Rückseite).
Lernstände feststellen<br />
Lernentwicklungen bestätigen<br />
Lerngespräche führen<br />
Eigene Lernwege beschreiben<br />
13. /14. November 2008<br />
Herbsttagung des Grundschulverbandes<br />
Tests, Noten und Pädagogische Leistungskultur<br />
Die Vergleichsarbeiten VERA und die<br />
Pädagogische Leistungskultur sind<br />
die Themen der Herbsttagung 2008.<br />
Wir nehmen eine kritische Sicht auf<br />
die Qualität der (VERA-) Aufgaben<br />
vom Mai 2008 und stellen das Projekt<br />
Pädagogische Leistungskultur vor.<br />
Nach Deutsch, Mathematik und Sachunterricht<br />
geht es diesmal um Kunst,<br />
Musik, Sport, Englisch sowie den Bereich<br />
Selbst-, Sach- und Sozialkompetenz.<br />
Thematik<br />
der Tagung<br />
Kritische Sicht auf die Qualität der Aufgaben<br />
(VERA) vom Mai 2008, Erfahrungen aus der Praxis,<br />
schulpolitische und testmethodische Argumente.<br />
Einführung zum Umgang mit den Materialien<br />
aus dem Schuber / Band 124 mit nachfolgender<br />
Diskussion. Dabei geht es um Anregungen für<br />
die Schulpraxis und um Moderation von Fortbildungen<br />
mit den Materialien.<br />
k<br />
124<br />
Leistungen der Kinder wahrnehmen<br />
Leistungen der Kinder würdigen<br />
i n<br />
d<br />
Beiträge zur Reform der <strong>Grundschule</strong><br />
Horst Bartnitzky<br />
Hans Brügelmann<br />
Ulrich Hecker<br />
Gudrun Schönknecht (Hg.)<br />
Lernwege öffnen<br />
Kinder individuell fördern<br />
Pädagogische<br />
Leistungskultur:<br />
Ästhetik,Sport,Englisch<br />
Arbeits-/Sozialverhalten<br />
Ort<br />
Zielgruppe<br />
Tagungsbeitrag<br />
Martin-Niemöller-Haus in Schmitten<br />
(in der Nähe von Frankfurt);<br />
www.martin-niemoeller-haus.de<br />
Für Bahnreisende wird ein Shuttle-Bus zur<br />
Tagungsstätte organisiert.<br />
Die Tagung richtet sich vor allem an Multiplikatorinnen<br />
und Multiplikatoren zur Thematik<br />
(z.B. Aus- und Fortbildner/innen, Fachkonferenzleiter/innen,<br />
Schulleiter/innen).<br />
Die Teilnehmerzahl ist auf 68 Personen begrenzt.<br />
Zur Verfügung stehen 60 Einzelzimmer, von denen<br />
acht als Doppelzimmer genutzt werden können.<br />
Sollten sich mehr Personen anmelden, werden<br />
Mitglieder des Grundschulverbandes vorrangig<br />
berücksichtigt.<br />
Für Mitglieder des Grundschulverbandes 140 €<br />
(Doppelzimmer 130 €)<br />
für Nicht-Mitglieder 180 € (Doppelzimmer 170 €)<br />
Im Tagungspreis enthalten sind die Kosten für<br />
Übernachtung und Verpflegung sowie der<br />
Transfer vom und zum Frankfurter Hauptbahnhof.<br />
Tagungsverlauf<br />
Referentinnen<br />
und Referenten<br />
Donnerstag, 13. November 2008, ab 15 Uhr:<br />
Impulsreferate zu den Themen:<br />
Die Vergleichs arbeiten VERA und die<br />
Pädagogische Leistungskultur (Plenum)<br />
abends: Gesprächsrunde zum Thema Kopfnoten<br />
Freitag, 14. November 2008, bis 15 Uhr:<br />
Arbeitsgruppen: Pädagogische Leistungskultur in<br />
den Fächern Kunst, Musik, Sport und Englisch sowie<br />
im Bereich Selbst-, Sach- und Sozialkompetenz<br />
nachmittags: Rückblick und Evaluierung,<br />
Arbeitsschwerpunkte des Grundschulverbandes<br />
Herausgeber, Autoren und Autorinnen des<br />
Bandes 124 sowie Mitarbeiter/innen aus dem<br />
VERA-Team der Universität Landau (angefragt)<br />
und der Schulpraxis<br />
Anmeldung<br />
per Post: Grundschulverband,<br />
Niddastr. 52, 60329 Frankfurt<br />
oder per Mail: info@grundschulverband.de<br />
oder über die Homepage: e:<br />
www.grundschulverband.dend.de<br />
Verbindlich ist die Anmeldung erst<br />
nach Zahlung des Tagungsbeitrages<br />
Bankverbindung: Postbank Frankfurt,<br />
BLZ 500 100 60, Konto-Nr. 19 56<br />
71 605)<br />
Anmeldeschluss: 15. Juni 2008<br />
Bitte bei der Anmeldung angeben:<br />
en:<br />
Vollständige Anschrift mit Mailadresse adresse<br />
und Telefonnummer;<br />
Mitglied ja – nein;<br />
derzeitige Funktion im Schulbereich;<br />
Wahl der Arbeitsgruppe<br />
Anreise mit Auto oder Zug;<br />
mögliche Doppelzimmernutzung<br />
Strukturierung<br />
Transparenz<br />
und<br />
Konsequenz<br />
Lehrersprache<br />
Verhaltensziele<br />
Raumgestaltung<br />
Konfliktbearbeitung