Grundschule aktuell 103
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Heft Nr. <strong>103</strong> • III. Quartal • September 2008 • Best. Nr. 6038 • D9607F<br />
Grundschulverband – Arbeitskreis <strong>Grundschule</strong> e. V. • Niddastraße 52 • 60329 Frankfurt/Main • Tel. 0 69 / 77 60 06 • www.grundschulverband.de<br />
Kinder vermessen?<br />
VERA 2008
Editorial<br />
Kinder vermessen?<br />
VERA & Verwandtes<br />
Die in den letzten Jahren zunehmende Tendenz zur »Testeritis« haben wir in<br />
dieser Zeitschrift von Anfang an kritisch begleitet. Mit diesem Heft setzen<br />
wir diese wichtige Arbeit fort. Dabei hat es der Grundschulverband nicht bei<br />
bloßer Kritik belassen. Mit dem Projekt »Pädagogische Leistungskultur« geben<br />
wir eine Fülle von erprobten praktischen Anregungen (siehe S. 24).<br />
Für Musik, Kunst, Kreativität<br />
Eine Folge der »Test-Orientierung« des Unterrichts ist die Abwertung der Fächer,<br />
die nicht »abgetestet« werden. Ihr Wert sinkt herab zu dem einer »sozialen<br />
Veranstaltung«, wie zuweilen formuliert wird. Ästhetische Bildung und<br />
moralische Urteilsfähigkeit sind in dem, was die grassierende Testideologie<br />
als »Grundbildung« versteht, offensichtlich verzichtbar. Ein solcher Verzicht<br />
muss sich gerade auch auf den Unterricht in den <strong>Grundschule</strong>n auswirken, die<br />
zunehmend nur als Orte der Präparation für die so genannten weiterführenden<br />
Schulen gesehen werden.<br />
Mit dem Versand des Heftes 4 (Kunst) unseres Bandes 124 ist der Schuber nun<br />
vollständig, der hier einen deutlichen Kontrapunkt setzt (siehe S. 18, »Für die<br />
Kunst – wider pädagogische Verarmung« )<br />
Echo<br />
Wir freuen uns immer über Kritik und – natürlich – auch Lob unserer Leserinnen<br />
und Leser. Zwei Auszüge aus den zahlreichen positiven Rückmeldungen<br />
zum letzten Heft:<br />
Marc Kanert lobt uns: »Vielen Dank für die vielen außerordentlichen Beiträge<br />
zum Thema Selbstständigkeit lernen.«<br />
Und Ulrike Michels schreibt: »Gerade habe ich in dem Heft zum Thema ›Selbstständigkeit‹<br />
unter den Schulgeschichten den höchst interessanten Artikel von<br />
Herrn Bartnitzky zu Rudolf Karnick gelesen. Nach der Zeitungsmeldung vorgestern<br />
im Leitartikel der »Rheinischen Post« (Düsseldorf) zu der guten Benotung<br />
des ›Reformtempos‹ in NRW wünschte ich mir diesen Text als Pflichtlektüre in den<br />
Ministerien und allen Beurteilungsgremien, da wir es nach PISA offensichtlich mit<br />
dem gleichen Grundübel didaktischer Entwicklungen zu tun haben wie nach dem<br />
Sputnikschock.«<br />
Dank gab es übrigens auch in etlichen Zuschriften für unseren Aufruf zur<br />
Mitarbeit an diesem Heft zu VERA: »Vielen Dank zunächst, dass Sie Schulen ein<br />
Forum schaffen, sich zu der Lernstandserhebung zu äußern. Es ist ja nicht mehr<br />
unbedingt üblich, dass man die Basis befragt zu ihrer Einschätzung, zum Beispiel<br />
zu den kommenden neuen Richtlinien und Lehrplänen, die einfach von oben verordnet<br />
werden.«<br />
Ulrich Hecker<br />
Impressum<br />
, die Zeitschrift des Grundschulverbandes erscheint<br />
viertel jährlich und wird allen Mit glie dern zugestellt.<br />
Der Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Das einzelne Heft kostet 5 €;<br />
für Mitglieder und bei Sam mel be stel lun gen ab 10 Hefte 3 € (incl. Versand).<br />
Verlag: Grundschulverband – Arbeitskreis <strong>Grundschule</strong> e. V.<br />
Niddastraße 52, 60329 Frankfurt / Main, Tel. 0 69 / 77 60 06, Fax: 0 69 / 7 07 47 80;<br />
Internet: www.grundschulverband.de, E-Mail: info@grundschulverband.de<br />
Herausgeber: Horst Bartnitzky (für den Vorstand des Grundschulverbandes)<br />
Redaktion: Ulrich Hecker, Hülsdonker Str. 64, 47441 Moers, Tel. 0 28 41 / 2 17 14,<br />
E-Mail: ulrichhecker@aol.com<br />
Fotos: Fotostudio Wilder, 37075 Göttingen (S. 19 – 25), Bert Butzke, Mülheim/Ruhr (S. 1)<br />
sowie jeweilige Autor/innen<br />
Zeichnung: Wilhelm Nüchter, Moers (S. 16)<br />
Herstellung: novuprint Agentur für Mediendesign, Werbung, Publikationen GmbH,<br />
Bödekerstr. 73, 30161 Hannover, Tel. 05 11 / 9 61 69 – 11, Fax: 05 11 / 9 61 69 – 99<br />
Anzeigenverwaltung: Claudia Klinger, Verlagsgruppe Beltz, Tel. 0 62 01 / 6 00 73 86,<br />
Fax 0 62 01 / 6 00 73 93<br />
Druck: Druck Partner Rübelmann, 69502 Hemsbach<br />
ISSN 1860-8604<br />
Beilagen: »Eine Welt in der Schule« als ständige Beilage, »Zirkus macht Schule!« vom<br />
Zirkus Toussini und ein Beihefter der Zeitschrift GRUNDSCHULE<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008<br />
1
Tagebuch<br />
Eine Welt in der Schule –<br />
Exotik, Klimawandel und Schulalltag<br />
Andrea Pahl,<br />
wissenschaftliche<br />
Mitarbeiterin, Projekt<br />
Eine Welt in der Schule,<br />
und Fachreferentin für<br />
das Referat »Schule<br />
in der Einen Welt« im<br />
Grundschulverband<br />
Im Zeitalter der Globalisierung rückt die Welt zusammen.<br />
Die Auswirkungen globaler Veränderungen beeinflussen<br />
unser Leben unmittelbar. (…) Schule muss Kindern und Jugendlichen<br />
diese komplexen Zusammenhänge nahe bringen,<br />
muss sie vorbereiten, ihnen Informationen<br />
vermitteln und sie zum Nachdenken bringen<br />
(Senator Prof. Dr. E. Jürgen Zöllner, Präsident<br />
der Kultusministerkonferenz)<br />
Diese Sätze stammen aus dem Vorwort für den<br />
Orientierungsrahmen für den Lernbereich Globale<br />
Entwicklung, der im Juni 2007 gemeinsam<br />
von der Kultusministerkonferenz (KMK) und dem<br />
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />
und Entwicklung (BMZ) verabschiedet<br />
worden ist. Zielsetzung dieses Orientierungsrahmens<br />
ist es, den Lernbereich Globale Entwicklung<br />
im Unterricht der Schule fächerübergreifend zu verankern.<br />
Die Kinder tragen globale Fragestellungen und Informationen<br />
in die Schule. Nachrichten über schwerwiegende<br />
Folgen von Umweltveränderungen oder extremen Lebensbedingungen<br />
von Kindern in anderen Ländern beunruhigen<br />
und beschäftigen auch schon Grundschulkinder.<br />
Gerade über das Fernsehen wird ein Weltbild vermittelt,<br />
was oft eher verängstigt, als neugierig oder positiv<br />
stimmt. »Essen andere Menschen Hunde?«, »Stirbt der<br />
Eisbär bald aus?« oder »Können andere Kinder nie in die<br />
Schule gehen bzw. müssen sie verhungern?« Lehrerinnen<br />
und Lehrer sollen und müssen altersgerecht auf solche<br />
Fragen reagieren. Leicht gesagt bzw. gefordert! Aber wie<br />
antworten Erwachsene darauf?<br />
Die Notwendigkeit dieser Thematik ist inzwischen vielen<br />
Kolleginnen und Kollegen einleuchtend. Die Komplexität<br />
der Themen und oft auch die Dramatik der Informationen<br />
lassen es manchmal allerdings unmöglich erscheinen, für<br />
Kinder im Grundschulalter eine adäquate Vermittlung zu<br />
finden. Man will weder banalisieren, noch die Kinder mit<br />
unlösbaren Problemen konfrontieren. Die Lösung liegt,<br />
wie so oft in der <strong>Grundschule</strong>, im Kleinschrittigen, in der<br />
Kontinuität und in den Handlungsmöglichkeiten, die den<br />
Kindern bei der Vermittlung solcher Themen eröffnet<br />
werden. Kleine Schritte insofern, als dass nicht bei einem<br />
Thema gleich sämtliche globale Vernetzungen oder Auswirkungen<br />
besprochen werden müssen. Zunächst sollte<br />
immer der normale Kinderalltag in einem anderen Land<br />
als Einstieg im Vordergrund stehen. Diesen gibt es, trotz<br />
aller Unterschiede und Katastrophen, in fast allen Ländern<br />
dieser Welt!<br />
Kontinuität entsteht durch die regelmäßige Vermittlung<br />
solcher Themen. Das muss nicht immer das große, mehrwöchige<br />
interkulturelle Projekt sein. Man kann auch statt<br />
einer deutschen Fabel mal ein afrikanisches Märchen besprechen,<br />
in Mathematik der Frage nachgehen, warum wir<br />
wohl mit arabischen Zahlen rechnen, oder im Kochkurs<br />
erklären, dass die Spagetti nicht aus Italien kommen.<br />
Handlungsmöglichkeiten schließlich sind der Schlüssel,<br />
um zu verhindern, dass Kinder gegenüber globalen Fragestellungen<br />
ein passives Ohnmachtsgefühl entwickeln.<br />
Handeln heißt dabei nicht Spendensammeln und Mitleid<br />
erregen. Mir selber ist gut die extrem problemorientierte<br />
Unterrichtsform der 80er Jahre in Erinnerung. Es war immer<br />
kurz vor 12 oder schon danach und wir waren immer<br />
die Schuldigen (Kolonialismus, Umweltzerstörung, Unterdrückung<br />
der anderen Kulturen etc.). Ergebnis: Ein großer<br />
Teil meiner damaligen Mitschüler hielt es für absolut<br />
selbstzerstörerisch sich irgendwo zu engagieren, sondern<br />
wollte das Leben erstmal genießen.<br />
Wie also kann die Unterrichtspraxis aussehen, die heute<br />
gefordert wird? Aktuell habe ich mich sehr gefreut über<br />
die diesjährigen Preisträger des Wettbewerbs des Bundespräsidenten<br />
„Alle für eine Welt für Alle“. Dieser Schulwettbewerb<br />
wird im Auftrag des BMZ durchgeführt und<br />
in Zusammenarbeit zwischen dem Grundschulverband<br />
und dem Zeitbild Verlag realisiert. Am 2. Juni diesen Jahres<br />
fand die Preisverleihung im Schloss Bellevue statt. Viele<br />
der eingesandten Wettbewerbsbeiträge zeigen, dass die<br />
Kinder sich mit großem Interesse dem Leben von Kindern<br />
in anderen Kulturen gewidmet haben. Sie haben nach Parallelen<br />
und Unterschieden geforscht, Beeindruckendes<br />
und Schwieriges bei sich und den anderen Kindern gefunden<br />
und dabei auch viel über ihre eigenen Werte und ihre<br />
eigene Kultur gelernt.<br />
Die Beschäftigung mit anderen Kulturen muss auf Gleichwertigkeit<br />
und Partnerschaft beruhen. Nur so entwickelt<br />
sich ein positives Weltbild und der Gedanke einer konstruktiven<br />
gemeinsamen Verantwortung für unsere Erde.<br />
Andrea Pahl<br />
2 GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008
Thema: VERA 2008<br />
VERA 2008 – Realität in Deutschland :<br />
»… ein immer hektischeres Teaching to the Test«<br />
von Ulrich Hecker<br />
An deutschen Schulen wird so viel getestet,<br />
verglichen und evaluiert wie nie zuvor. In<br />
diesem Jahr nun saßen in allen 16 Bundesländern<br />
– z. T. noch auf freiwilliger Basis, z. T.<br />
schon mit gedruckten Aufgabenheften, z. T.<br />
noch mit dem Auftrag, alle vier Hefte an der<br />
Schule zu kopieren – Drittklässler über VERA-<br />
Tests. Dahinter steht noch immer die vage<br />
Hoffnung, dass vom Überprüfen alles auch<br />
irgendwie besser wird. Nach PISA verfallen Bildungspolitik<br />
und Ministerialbürokratie in eine<br />
Manie quantitativen Testens und Klassifizierens<br />
– und vernachlässigen dabei den pädagogischen<br />
Auftrag der Schule.<br />
Noch vor zwei Jahren, im vierzehnseitigen<br />
Beschluss der Kultusministerkonferenz zum<br />
»Bildungsmonitoring« (2. 2. 2006), hatten die<br />
Schulminister unter der Zwischenüberschrift<br />
»Weiterentwicklung der Bildung, aber kein<br />
Teaching to the Test« formuliert:<br />
»Neben der Funktion der Beschreibung von<br />
Leistungsanforderungen und der Leistungsmessung<br />
dienen die Bildungsstandards primär<br />
der Weiterentwicklung des Unterrichts und vor<br />
allem der individuellen Förderung aller Schülerinnen<br />
und Schüler.«<br />
»Die Länder sind sich darin einig, dass mit<br />
der Setzung der Bildungsstandards … eine Entwicklung<br />
hin zum ›Teaching to the Test‹ oder<br />
eine Verengung des Unterrichts auf die Anforderungen<br />
der Standards verhindert werden muss.«<br />
Beide Zielvorstellungen allerdings werden<br />
mit der landläufigen VERA-Praxis gründlich<br />
verfehlt! Aber: Inzwischen ist eine kritische<br />
Diskussion in der bildungspolitisch interessierten<br />
Öffentlichkeit in Gang gekommen (angestoßen<br />
nicht zuletzt durch die Initiativen<br />
des Grundschulverbandes).<br />
In ihren Ausgaben nach dem »VERA-Monat«<br />
Mai beschäftigen sich z. B. in der Zeitschrift<br />
»<strong>Grundschule</strong>« (Heft 7 – 8/2008, S. 40 ff.)<br />
Dr. Thomas Jahnke (Professor für Didaktik<br />
der Mathematik an der Universität Potsdam)<br />
und in der Zeitschrift »Pädagogik« (Heft<br />
07 – 08/2008, S. 83) Dr. Annemarie von der<br />
Groeben (ehem. Didaktische Leiterin der Laborschule<br />
Bielefeld) mit dem Thema. Die markanten<br />
Überschriften:<br />
»Tests bilden?« oder<br />
»Bessere Schulqualität durch<br />
zentrale Lernstandserhebungen?«<br />
Worum es dabei überhaupt geht, fragt Thomas<br />
Jahnke: »Was wird in groß angelegten<br />
Schulleistungstests oder Vergleichsarbeiten<br />
wirklich ermittelt? Die Qualität des Unterrichts?<br />
Das Ausmaß der individuellen Förderung? Die<br />
Umsetzung der Bildungsstandards?«<br />
Annemarie von der Groeben markiert die<br />
Streitpunkte: »In wenigen Jahren ist die Arbeit<br />
der Schulen durch die neuen Kontrollinstrumente<br />
massiv verändert worden. Ob zum Guten oder<br />
eher zum Schlechten – das ist … heftig umstritten.<br />
Strittig ist (1), was ›erheben‹ heißt, (2) wie<br />
und warum das geschieht, (3) wer diesen Prozess<br />
steuert und (4) was daraus folgt.«<br />
Als eine ernste Folge testorientier Schulbildung<br />
und Bildungspolitik benennt Th. Jahnke<br />
»das, was in Philosophie und Soziologie als Entfremdung<br />
bezeichnet wird« und »nun in neuer<br />
Qualität den Lehrerberuf und das Lernen an der<br />
Schule durchdringt. Es geht nicht mehr um die<br />
Sache selbst, um die Schülerinnen und Schüler,<br />
um die Lehrkräfte, um ein gemeinsames Bildungserlebnis.<br />
Es geht letztlich um Testresultate,<br />
anhand derer der Erfolg des Lehrens und<br />
Lernens gemessen und beurteilt wird. Verächtlicher<br />
und desinteressierter kann man mit einem<br />
Schüler kaum umgehen, als sich z. B. in Multiple<br />
Choice-Tests nur noch dafür zu interessieren, ob<br />
er an der richtigen Stelle ein Kreuz macht, und<br />
ihm dafür keinen oder einen Punkt zu geben.«<br />
Lernstände erheben müsste eigentlich bedeuten,<br />
so A. von der Groeben, »das Verstehen<br />
nicht unter Konkurrenz zu stellen, an Normen<br />
zu messen und zu benoten, sondern zuallererst<br />
individuell zu ermutigen und zu fördern.<br />
Zentrale Lernstandserhebungen (…) gehen den<br />
umgekehrten Weg. Das erwartete Wissen wird<br />
in Tests zurückverwandelt und abgeprüft. Alle<br />
müssen zur gleichen Zeit das gleiche Pensum<br />
bewältigen. Die Tests sind auf ein mittleres Niveau<br />
gerichtet, die schwächeren Schülerinnen<br />
und Schüler müssen also notwendig schlecht<br />
abschneiden. Diese Lernstandserhebungen wollen<br />
die Qualität von Schulen ›sichern‹ durch Normierung<br />
und Konkurrenz.«<br />
Das Fazit<br />
A. von der Groeben: »Ich behaupte, dass flächendeckende<br />
Lernstandserhebungen, wie sie<br />
jetzt in allen Bundesländern durchgeführt werden,<br />
so viele negative Nebenwirkungen haben,<br />
dass die erhofften positiven Effekte durch sie<br />
in Frage gestellt wer den. Ja, ich möchte die Behauptung<br />
noch weiter zuspitzen: Guter Unterricht<br />
wird durch sie mehr gefährdet als gefördert.«<br />
Th. Jahnke spricht von der »PISA und Co. KG«<br />
und weist damit auf einen selten diskutierten<br />
Zusammenhang hin: »Die Vorstellung, Schülerleistungen<br />
ließen sich in einem Test objektiv<br />
oder mit angebbarer Fehlerspanne – gleichsam<br />
physikalisch – messen, ist schlicht (und) irreführend.<br />
Folgerungen aus solcher Vorstellung sind<br />
daher mehr als fragwürdig. Wird dies in Abrede<br />
gestellt, liegen in aller Regel massive Erkenntnisinteressen<br />
der Auftraggeber oder -nehmer der<br />
Testungen vor.«<br />
A. von der Groeben rät, von Finnland zu lernen:<br />
»So wie Schulen dort von der Grundannahme<br />
ausgehen, dass alle Kinder gern lernen wollen<br />
und gut lernen können, geht der Staat davon<br />
aus, dass seine Schulen gute Päda gogik und<br />
guten Unterricht machen wollen und das auch<br />
können. Ver trauen ist die Grundlage. Bei uns<br />
aber regiert die Misstrauensvermu tung: Druck<br />
muss sein, Kontrolle muss sein, Strafe muss sein<br />
– sonst funktioniert das mit dem Lehren und<br />
Lernen nicht.<br />
Druck und Angst aber sind Keulen, die leicht<br />
kaputt machen, was Schulen gut macht: eine<br />
ihrer selbst bewusste, verantwortungsvolle Pädagogik<br />
und eine Didaktik, die der Unterschiedlichkeit<br />
der Schülerinnen und Schüler gerecht<br />
wird.«<br />
Und so gilt – leider – weiterhin, was der<br />
Grundschulverband auf die Frage »Kinder<br />
vermessen?« seit Jahr und Tag feststellt: Die<br />
flächendeckende ›Testeritis‹ beschädigt die<br />
Unterrichtskultur: Lernen wird auf die Vermittlung<br />
von überprüfbaren Zielen reduziert.<br />
Solche »Tabellen-Akrobatik« ist weder für die<br />
pädagogische Praxis, noch für Eltern und erst<br />
recht nicht für Kinder hilfreich.<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008<br />
3
Thema: VERA 2008<br />
von Horst<br />
Bartnitzky<br />
VERA Deutsch 2008:<br />
Wie Kindern durch Vergleichsarbeiten Unrecht geschieht<br />
Am 6. Mai lasen nahezu alle Drittklässler<br />
in Deutschland von Kalulu, von Grete<br />
und von der Gopherschildkröte. Den<br />
Texten folgten die Aufgaben. In einer<br />
Zeitstunde nahmen die Kinder und<br />
ihre Lehrkräfte teil an der ersten bundesweit<br />
einheitlichen Runde der Vergleichsarbeiten<br />
im Fach Deutsch.<br />
Vor mir liegen die Texte und Aufgaben,<br />
Lösungshefte mehrerer Klassen<br />
sowie die Anmerkungen von über fünfzig<br />
Lehrerinnen und Lehrern. Beim Vergleich<br />
mit den Texten und Aufgaben<br />
der vergangenen Jahre fällt zweierlei<br />
auf:<br />
Erstens: Die Texte sind kindgerechter<br />
ausgewählt, nicht so abgehoben,<br />
einseitig Mittelschicht orientiert wie<br />
die Texte zuvor; ich erinnere an den<br />
Restaurant-Test oder die Bahnkarte.<br />
Schildkröten sind diesmal das gemeinsame<br />
Thema. Gut so.<br />
Zweitens: Alle übrigen Einschränkungen,<br />
Schwächen und Mängel der<br />
VERA-Tests finden sich auch in diesen:<br />
Sie ignorieren die Denkweisen der Kinder,<br />
sie stellen Fallen und führen Kinder<br />
aufs Glatteis, sie lassen keine differenzierten<br />
Aussagen über Kinder mit<br />
schwächeren Leistungen zu und sie<br />
beziehen wesentliche Kompetenzbereiche<br />
nicht in die Aufgaben ein (siehe<br />
Grundschulverband 2005, 2007).<br />
Die Mängel sollen mit einigen Belegen<br />
aus dem Deutsch-Test 2008 konkretisiert<br />
werden.<br />
Zum Umfang:<br />
Keine Zeit, sich auf einen Text<br />
wirklich einzulassen<br />
Der Test bestand diesmal aus drei Teilen<br />
– drei Texten mit jeweils nachfolgenden<br />
Aufgaben:<br />
■ einem Märchen aus Afrika<br />
■ einem Erzählgedicht mit sechs Strophen<br />
■ einer Seite mit acht kürzeren<br />
Sachtexten über Schildkröten im Allgemeinen<br />
und einige Schildkrötenarten<br />
im Besonderen.<br />
Bearbeitungszeit war insgesamt 60<br />
Minuten mit einer kleinen Pause.<br />
Schon an dieser Zusammenstellung<br />
wird deutlich, dass hier eher Schnellleser,<br />
Schnelldenker und Schnellschreiber<br />
zu ihrem Recht kamen. Langsamer<br />
lesende und schreibende Kinder, Kinder,<br />
die ihr Ergebnis überdachten, noch<br />
einmal gegenprüften, kamen rasch<br />
in Verzug. Es ging um Eile, nicht um<br />
sorgfältiges Arbeiten. Dies ist aber ein<br />
pädagogisch falsches Signal. Nicht Aktivismus<br />
ist das Leitbild der modernen<br />
Schule, sondern die umsichtige eigenständige<br />
Arbeit.<br />
Sieht man sich die Texte näher an,<br />
dann verstärkt sich das Manko der fehlenden<br />
Zeit, denn die Texte sind<br />
zum Teil mit Fallen und<br />
stilistisch fragwürdigen<br />
Schwierigkeiten<br />
behaftet:<br />
Im Märchen<br />
aus Afrika machen<br />
Hase und<br />
Schildkröte ein<br />
Wettrennen, der Sieger<br />
soll König der Tiere<br />
werden. Wider Erwarten gewinnt<br />
die Schildkröte, weil der Hase arrogant<br />
leichtfertig erst mal ein Schläfchen<br />
hält, während die Schildkröte ihrem<br />
Sieg entgegen kriecht. Acht Sätze lang<br />
heißt der Hase nur einfach Hase. Der<br />
letzte neunte Satz beginnt: »Als Kalulu<br />
wieder aufwachte …«. Jeder Lektor<br />
würde dem Autor sagen, dass der<br />
Hase, wenn er überhaupt einen Namen<br />
erhält, diesen von Anfang an tragen<br />
sollte, weil dies das Verständnis erleichtert.<br />
So muss der Leser, irritiert,<br />
den Text noch mal von vorne lesen, um<br />
den Hasen mit dem Namen zu identifizieren.<br />
Die Sachtexte finden sich auf einer<br />
Seite im Querformat. Die Überschrift<br />
lautet zwar »Verschiedene Schildkröten«.<br />
Auf der Seite finden sich aber an<br />
drei verschiedenen Stellen Kurz-Informationen<br />
zu Schildkröten im Allgemeinen.<br />
Die anderen fünf Kurztexte sind<br />
jeweils einer Schildkrötenart gewidmet.<br />
Jeder Text hat eine fett gedruckte<br />
Überschrift. Erwarten müsste man,<br />
dass der Name der jeweiligen Schildkröte<br />
im Titel zu finden ist. So macht<br />
es vernünftigerweise jedes Sachbuch,<br />
weil die Leseerwartung eben auf die<br />
»verschiedenen« Sorten gelenkt wurde.<br />
Nicht so hier. Die Überschriften kennzeichnen<br />
eine Besonderheit der jeweiligen<br />
Schildkrötenart (»Untermieter«,<br />
»Uralt« …). Der jeweilige Name, darunter<br />
so schwierige wie Gopherschildkröte,<br />
ist im Text versteckt. Außerdem<br />
enthält die Seite Fotos und Zeichnungen,<br />
darunter so kindertümelnde, aber<br />
sachfremde wie die Schildkröte, die<br />
wohl zum Sprung über ein Seil ansetzt,<br />
oder die Schildkröte, die auf<br />
ihrem Panzer sieben<br />
brennende Kerzen<br />
trägt (weil, wie<br />
der Text verrät,<br />
sie 152-mal Geburtstag<br />
habe<br />
feiern können).<br />
Um die nachfolgenden<br />
Aufgaben<br />
im Hochformat zu bewältigen,<br />
muss mehrfach die<br />
Seite im Querformat zu Rate gezogen<br />
werden mit der schwierig gemachten<br />
Anordnung und Gestaltung der Texte.<br />
Zwischen Märchen und Sachtexten<br />
befindet sich dann noch das sechsstrophige<br />
Erzählgedicht. Die Kinder<br />
müssen sich in der einen Zeitstunde<br />
also mit drei verschiedenen Textsorten<br />
auseinandersetzen und dabei die noch<br />
besonders eingebauten Schwierigkeiten<br />
bewältigen. Diese Massierung von<br />
Textsorten mit textsorten-untypischen<br />
Schwierigkeiten frustriert Kinder, die<br />
leseschwächer sind, die Deutsch als<br />
Zweitsprache lernen, aber auch Kinder,<br />
die penibler ihre Arbeiten ausführen.<br />
Dass solche Kinder bei der Hälfte<br />
aus dem Test ausgestiegen sind oder<br />
kaum noch erkennbare Leistungen im<br />
zweiten Teil erbracht haben, ist kein<br />
Wunder. Ein Hinweis darauf, dass diese<br />
Kinder nicht in der Lage sind, die Texte<br />
zu verstehen, ist dies aber nicht.<br />
4 GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008
Thema: VERA 2008<br />
Zur Aufgabenqualität:<br />
Leistungen von Kindern<br />
werden nicht anerkannt<br />
Wie schon bei den früheren Vergleichsarbeiten,<br />
so finden sich auch in diesem<br />
Test vorwiegend Aufgaben, bei denen aus<br />
vorgegebenen Antworten angekreuzt, unterstrichen,<br />
eingekreist werden soll. Freie<br />
Antworten sind die Ausnahmen. Das heißt:<br />
Die Aufgaben-Macher haben bestimmte<br />
Antworten als richtig gesetzt, die in den<br />
Korrekturanweisungen ausgewiesen sind.<br />
Damit sind vielfältige kompetenzbezogene<br />
Arbeitsweisen der Kinder durch die<br />
Testmethodik ausgeschlossen, wie: eigene<br />
Gedanken zu Texten entwickeln, zu Texten<br />
Stellung nehmen, Texte umgestalten usw.<br />
Um so wichtiger wäre, bei den engen Antwortmustern<br />
der Tests zutreffende Antworten<br />
von unzutreffenden, willkürlichen<br />
zu unterscheiden. Genau dies gelingt bei<br />
vielen Aufgaben nicht.<br />
Vier Belege sollen die typischen Probleme<br />
beispielhaft aufzeigen:<br />
Wer ist schnell – wer ist langsam?<br />
Wann ist eine Schildkröte nicht mehr erwachsen?<br />
Bezugstext für diese Aufgabe ist ein kleiner<br />
Sachtext auf der querformatigen Seite »Verschiedene<br />
Schildkröten«:<br />
Josias hat alle fünf Antworten als richtig angekreuzt.<br />
Da die 2. und 3. dem Antwortmuster<br />
nach nicht richtig sind, ist die Lösung Josias<br />
insgesamt falsch. Und doch: Die Riesenschildkröte<br />
wurde doch genau 152 Jahre alt. Und wo<br />
steht denn, dass sie noch älter geworden ist?<br />
Zum Alter anderer Schildkröten ist auf der Seite<br />
auch nichts zu finden. Zur 3. im Test als falsch<br />
gewerteten Antwort: Die Riesenschildkröte ist<br />
doch wohl erwachsen mit ihren 152 Jahren – oder gibt es ein<br />
Limit nach oben, wann man nicht mehr erwachsen ist? Im<br />
Übrigen findet sich in keinem der Texte ein Hinweis, wann<br />
bei Schildkröten das Erwachsensein beginnt.<br />
Ist kämpferlich ein Adjektiv?<br />
Zu den Leseaufgaben traten im Text Aufgaben zum Kompetenzbereich<br />
»Sprache und Sprachgebrauch untersuchen«.<br />
Nach dem Antwortmuster sind beide Antworten von Christopher<br />
falsch. Die ersten beiden wären, nach Meinung der<br />
Aufgabenmacher, die richtigen.<br />
Christopher hat aber vermutlich vom Ergebnis her gedacht.<br />
Tatsächlich ist der eigentlich schnelle Hase Kalulu hier<br />
der langsame, weil er die Zeit verschläft, und die eigentlich<br />
langsame Schildkröte ist hier die schnelle, weil sie als erste<br />
am Ziel ist. Genau dies ist ja die Pointe der Geschichte: die<br />
Zuordnungen schnell – langsam wurden ins Gegenteil verkehrt.<br />
Vielleicht konnte Christopher auch das stetige langsame<br />
Kriechen der Schildkröte nicht mit dem Attribut fleißig<br />
in Zusammenhang bringen, vielleicht war ihm das Wort<br />
überheblich auch fremd. Auf jeden Fall: Zu vermuten ist eine<br />
richtige Interpretation. Gewissheit hätte man nur, wenn dabei<br />
gefordert würde: Begründe deine Meinung. Oder wenn<br />
man Christopher nun fragen könnte: Warum meinst du, dass<br />
diese oder jene Überschrift gut passt oder weniger gut passt.<br />
Das aber ist mit den gewählten Aufgabenmustern nicht<br />
möglich. Warum, so ist zu fragen, werden Überschriften<br />
angeboten, die falsch sein sollen, die aber interpretatorisch<br />
betrachtet richtig sein können? Die klugen Denkmöglichkeiten<br />
von Kindern können die Aufgabenmacher offenbar nicht<br />
antizipieren. Fehlen hier Einfühlung und Erfahrung?<br />
Laura kannte, wie viele Kinder übrigens, wohl nicht genau<br />
das hier geforderte Wort kämpferisch. Sie hat es neu gebildet:<br />
kämpferlich. Einwandfrei eine Adjektiv-Bildung, wenn<br />
auch in diesem Fall nicht in der standardsprachlichen Form.<br />
Niklas bildete kämpflich, Alexander kämpfrig, Josias kämpfig.<br />
Dies deutet darauf hin, dass hier ein Wort gefordert wurde,<br />
das Kinder im aktiven Wortschatz eher selten besitzen; die<br />
Lösungen belegen aber in allen Fällen, dass die Kinder über<br />
einen Adjektivbegriff verfügen und adjektivgemäß Wörter<br />
bilden. Dennoch ist die wortartengerechte und kreative<br />
Leistung der Kinder dem Antwortmuster nach als falsch zu<br />
bewerten.<br />
Im Übrigen finden sich bei den Lösungen der Kinder auch<br />
zutreffende Wörter der jeweiligen Wortfamilie, die aber<br />
nicht als richtig im Sinne des Antwortmusters gelten dürfen:<br />
zum Nomen Schlaf verschlafen und ausschlafen, zum Verb<br />
feiern der Feiertag und anderes mehr. Auch diese im Sinne<br />
der Wortfamilien-Arbeit richtigen Wörter müssen nach den<br />
Korrekturvorschriften als falsch bewertet werden.<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008<br />
5
Thema: VERA 2008<br />
Alles oder nichts<br />
Alexander unterstrich von sechs Verben<br />
vier. Dennoch wird seine Leistung<br />
als ebenso falsch bewertet, als hätte<br />
er kein Verb gefunden oder reihenweise<br />
Nicht-Verben unterstrichen. Ganz<br />
offenbar hat Alexander aber bereits<br />
einen präzisen Verbbegriff. Seine positive<br />
Leistung wird durch die Lösungsvorgabe<br />
»alles oder nichts« schlicht ignoriert.<br />
Auch dies ist kein Einzelfall bei<br />
dieser Aufgabe, sondern ein testmethodischer<br />
Systemfehler, der Unrecht<br />
den Kindern gegenüber hinnimmt.<br />
An den vier Beispielen wird deutlich:<br />
Die engen Antwortmuster, die nicht<br />
von den Denkmöglichkeiten der Kinder<br />
her bedachten vermeintlichen<br />
Falschantworten und die fehlenden<br />
Begründungen der Kinder für ihre Antworten<br />
versperren den Blick auf die<br />
tatsächlichen Leistungen der Kinder.<br />
Dies und der unzulässige Ausschluss<br />
richtiger Antworten verstoßen gegen<br />
das Gerechtigkeitsprinzip. Eine zutreffende<br />
Leistungsdiagnose ist so natürlich<br />
nicht zu erstellen, mithin sind<br />
auch keine Hinweise zur Förderung zu<br />
gewinnen.<br />
Im Übrigen: Würden Lehrerinnen<br />
oder Lehrer Klassenarbeiten oder Tests<br />
so konzipieren und auswerten, würde<br />
es in bildungsorientierten Milieus zu<br />
einer gewaltigen Protestwelle bis hin<br />
zu Dienstaufsichtsbeschwerden kommen.<br />
Zur Aussagekraft:<br />
Leistungs schwache Kinder<br />
werden durch die Tests noch<br />
schwächer gemacht<br />
Ein besonderes schulpolitisches wie<br />
didaktisches Augenmerk soll nach<br />
den PISA- und IGLU-Ergebnissen insbesondere<br />
den leistungsschwächeren<br />
Kindern gelten. Bildungsgerechtigkeit<br />
herstellen, vorschulische Sprachprüfungen<br />
und Sprachkurse, Lerndiagnosen<br />
und Verstärkung von Förderung,<br />
Verringerung der »Risikogruppen« – das<br />
sind leitende Stichwörter in der <strong>aktuell</strong>en<br />
Bildungsdebatte. Da ist doch anzunehmen,<br />
dass die Vergleichsarbeiten<br />
ein besonderes Augenmerk auf diese<br />
Gruppe von Kindern richten, um hier zu<br />
diagnostischen Hinweisen für die weitere<br />
Förderung und Unterstützung der<br />
entsprechenden Schulen zu kommen.<br />
Mit VERA gelingt genau dies nicht,<br />
weil das zuvor beschriebene Unrecht<br />
durch Aufgabenstellungen und Antwortmuster<br />
sich bei diesen Kindern<br />
besonders fatal auswirkt:<br />
Die Texte sind zum Teil zu schwierig,<br />
der Arbeitsumfang ist zu gewaltig, die<br />
Arbeitszeit dagegen zu gering (siehe<br />
oben: Zum Umfang). Leistungsschwächere<br />
Kinder resignieren früh. Ihre Arbeiten<br />
sind dann oft im zweiten Teil<br />
nicht mehr bewertbar. Bei Unterstützung,<br />
zusätzlicher Erklärung, mehr Zeit<br />
und bei Aufgaben ohne Fallen könnten<br />
sie eher ihren tatsächlichen Leistungsstand<br />
zeigen.<br />
Zudem lassen die engen Antwortmuster<br />
eine differenzierte Sicht auf die<br />
individuelle Leistung nicht zu. Annäherungen<br />
an richtige Leistungen sind<br />
nicht vorgesehen (siehe oben: Zur Aufgabenqualität).<br />
Der Effekt ist, dass leistungsschwächere<br />
Kinder unterschiedlichster<br />
Leistungsstärke und Lernentwicklung<br />
durch den Test undifferenziert als Risikogruppe<br />
abgestuft werden. Das Unrecht<br />
den Kindern gegenüber kumuliert<br />
zum Unrecht den Schulen gegenüber,<br />
die eine Vielzahl dieser Kinder unterrichten:<br />
Die Testergebnisse können so<br />
gedeutet werden, als seien die Schulen<br />
didaktisch nicht fähig, die Kinder angemessen<br />
zu fördern. Was hier versagt,<br />
ist aber das diagnostische Instrument.<br />
Dr. Horst Bartnitzky<br />
war Lehrer und Schulleiter,<br />
in der Lehrer fortbildung<br />
und der Schulaufsicht tätig,<br />
zahlreiche Veröffentlichungen<br />
zur Deutschdidaktik,<br />
Vorsitzender des<br />
Grundschulverbandes<br />
Zur Orientierung<br />
an den Bildungsstandards:<br />
Nur geringer Bezug<br />
VERA bezieht seine schulpolitische<br />
Legitimierung aus der Vorgabe, dass<br />
wichtige Kompetenzen, wie sie in den<br />
Bildungsstandards beschrieben sind,<br />
zum Gegenstand der Untersuchung<br />
gemacht werden (zu den Bildungsstandards:<br />
Kultusministerkonferenz<br />
2005; Bartnitzky 2008).<br />
VERA Deutsch 2008 beinhaltet<br />
Aufgaben zu den beiden Kompetenzbereichen<br />
Lesen, hier eingeschränkt<br />
auf Leseverständnis, und Sprache und<br />
Sprachgebrauch untersuchen.<br />
Lesen: Leseverständnis<br />
Wie auch bei den internationalen<br />
Untersuchungen PISA und IGLU werden<br />
wichtige Teilkompetenzen zum<br />
Lesen durch die Tests nicht erfasst,<br />
wie: Texte begründet aussuchen, eigene<br />
Gedanken zu Texten entwickeln,<br />
Kinderlite ratur kennen, Lesekommunikation<br />
und vieles anderes mehr<br />
( Bartnitzky / Hecker / Gadow 2006).<br />
Aber auch zum Leseverständnis im<br />
engeren Sinne werden wichtige Aspekte<br />
nicht einbezogen, wie: beim Lesen<br />
lebendige Vorstellungen entwickeln,<br />
Lesestrategien anwenden, Verständnisschwierigkeiten<br />
erkennen und überwinden.<br />
Die Einschränkung auf wenige<br />
Aspekte ist angesichts von Zeitbegrenzung<br />
und Testmethodik zwingend.<br />
Bleibt aber die Frage, ob die Aspekte,<br />
die zum Tragen kommen, bedeutsam<br />
sind und zeigen können, welches Leistungsniveau<br />
die Kinder erreicht haben.<br />
Drei Fähigkeiten sollen im Test untersucht<br />
werden (Projekt VERA 2008):<br />
Gewinnung von Einzelinformationen;<br />
sinnsuchendes Lesen mit Verknüpfung<br />
von mehreren Informationen;<br />
reflektiertes Lesen mit komplexeren<br />
Schlussfolgerungen und Interpretationen.<br />
6 GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008
Thema: VERA 2008<br />
■ Zur Gewinnung von Einzelinformationen:<br />
Die im Antwortmuster als richtig bezeichnete<br />
Antwort ist die vorletzte. Sie<br />
bezieht sich auf den Satz: »Daraufhin<br />
wurde beschlossen, dass diese um die<br />
Wette laufen sollten.« (Frage am Rande:<br />
Warum nimmt die Aufgabe nicht auch<br />
sprachlich Bezug auf den Text und formuliert<br />
beschlossen statt entschieden?)<br />
Alexander versteht die Aufgabe als Interpretationsaufgabe,<br />
was die Formulierung<br />
auch zulässt, und er interpre-<br />
tiert richtig. Denn der Folgesatz nach<br />
dem Beschluss lautet: »Der Gewinner<br />
würde fortan König sein.« Und das<br />
Märchen schließt: »… und war damit<br />
zum König der Tiere geworden.« Die<br />
Aufgabe hat Alexander, dem Antwortmuster<br />
nach, falsch gelöst. Kann er<br />
also Einzelinformationen nicht sicher<br />
gewinnen? Natürlich kann er das, denn<br />
er hat Einzelinformationen des Textes<br />
bereits richtig aufeinander bezogen.<br />
■ Zum sinnsuchenden Lesen mit Verknüpfung von mehreren Informationen:<br />
(Frage am Rande: Warum wird der ungebräuchliche<br />
Begriff sinnsuchendes<br />
Lesen verwendet, da es nicht um das<br />
Suchen, sondern um das Finden geht<br />
und in den Bildungsstandards der Begriff<br />
sinnverstehend genutzt wird?)<br />
Zu dieser Aufgabe finde ich in den<br />
Schülerheften besonders viele Falschantworten.<br />
Die Erklärung liegt auf der<br />
Hand: Zur Bewältigung der Aufgabe<br />
müssen alle Textinformationen der<br />
querformatigen Kurztexte im Kopf<br />
sein oder noch einmal herausgesucht<br />
werden. Die Aufgabenstellung ist hier<br />
wegen einer sprachlichen Volte besonders<br />
tückisch: Die Kinder müssen<br />
nicht beantwortete Fragen als richtige<br />
Antworten verstehen. Dies ist für<br />
Kinder mit nicht elaboriertem Sprachgebrauch<br />
kaum zu realisieren. Durch<br />
diese Formulierungstücke, die nichts<br />
mit dem Anliegen der Aufgabe zu tun<br />
hat, werden die Antworten eigentlich<br />
unbrauchbar.<br />
Zudem ist auch hier eine vorgegebene<br />
Falschantwort durchaus richtig:<br />
»Welche Landschildkrötenarten<br />
gibt es?« In den Texten werden fünf<br />
Schildkrötenarten vorgestellt, darunter<br />
einmal die Meeresschildkröte mit<br />
dem Hinweis auf ihr Leben im Wasser.<br />
Daraus können Kinder auch schließen,<br />
dass die anderen vier wohl Landschildkröten<br />
sind. Eine Information, dass es<br />
mehr als diese vier gibt, ist nirgendwo<br />
zu erkennen. Kinder, die also die zweite<br />
Frage ankreuzen, haben klug mehrere<br />
Informationen miteinander verknüpft,<br />
die Aufgabe aber falsch gelöst.<br />
■ Reflektiertes Lesen mit komplexen Schlussfolgerungen und<br />
Interpretationen<br />
Nach dem Märchen um Kalulu und die Schildkröte wird ein<br />
Gedicht präsentiert: Die Schildkröte Grete. Es beginnt so:<br />
Die Schildkröte Grete / saß traurig im Sand, /<br />
für die quakenden Kröten / ganz uninteressant.<br />
Zum Springen zu dick, ach! / Zum Klettern zu dumm. /<br />
Warum bist du so still? / Was bist du so stumm?<br />
Im weiteren Verlauf findet Grete eine Flöte, versteckt sich im<br />
Wald und spielt auf ihrer Flöte. Das hören schließlich die Kröten.<br />
Sie kommen, hören drei Tage zu und schenken der Grete<br />
als Dank und Anerkennung einen Salat.<br />
Noemi hat die als richtig vorgesehene Antwort angekreuzt<br />
und damit die Testaufgabe zur Interpretation gut gelöst.<br />
Dennoch sagt dies wenig oder gar nichts über die interpretative<br />
Denkleistung aus. Wenn die Kinder Fabeln mit abschließender<br />
Lehre kennen, haben sie diesen Interpretationsstandard<br />
rasch erkannt. Interpretative Gedanken zu dem Gedicht<br />
sind andere und entstehen, wenn sich Kinder auf den Text<br />
einlassen, über ihn nachdenken, Gedanken miteinander austauschen<br />
und die Lehrkraft die rasch gefundene Lehre vermeidet.<br />
Worum geht es in diesem Gedicht? Die Schildkröte<br />
Grete ist verachtete Außenseiterin, hat keine Chancen gegen<br />
die anderen, die Kröten, und sie zieht sich zurück. Sie sucht<br />
Trost in der Musik. Sie entdeckt bei sich ein unerwartetes Talent.<br />
Die anderen, die Kröten, verachten die Schildkröte, weil<br />
sie sich selber zum Maßstab machen, weil sie sich und ihre<br />
Fähigkeiten zum Bewertungsschema erheben. Eine solche<br />
(rassistische) Einstellung wird anderen nie gerecht …<br />
Nein, es geht in dem Gedicht gar nicht um Stärken und<br />
Schwächen, die jeder hat. Mit einer so wohlfeilen Kalenderblatt-Formel<br />
ist die Aussage des Gedichtes nicht zu haben.<br />
Sie ist auch schlicht falsch, denn was wäre denn, wenn Grete<br />
die Flöte nicht gefunden hätte, hätte sie dann keine Stärke?<br />
Und welche Schwächen sind denn bei den Kröten gemeint?<br />
Erst in der Auseinandersetzung mit dem konkreten Text ist<br />
eine angemessene Interpretation möglich. Hier stößt die<br />
simple Testmethodik von VERA an ihre Grenzen. Sie gibt vor,<br />
etwas zu erfassen, was auf diese Weise nicht erfasst werden<br />
kann.<br />
Im Übrigen: Die Frage »Worum geht es in diesem Gedicht«<br />
verstehen nur fortgeschrittene Interpretierer und Erwachsene<br />
als Frage nach dem Kern; umgangssprachlich kann dies<br />
ebenso eine Frage nach Inhalten sein. Dementsprechend sind<br />
für Drittklässler auch die (vorgeblich falschen) Antworten<br />
richtig: Kröten essen gerne Salat, was ja mit dem Salatgeschenk<br />
offensichtlich ist, oder Flöte spielen ist einfach, was<br />
das rasche Erlernen nahe legt. Wiederum führt eine nicht eindeutige<br />
Aufgabenstellung zu Fehlurteilen. Pointierter: Fehler<br />
der Aufgaben-Macher werden den Kindern angelastet.<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008<br />
7
Thema: VERA 2008<br />
Sprache und Sprachgebrauch<br />
untersuchen<br />
In den Bildungsstandards geht es um<br />
handlungsorientierte Umgangsweisen<br />
mit Sprachgebrauch und Sprachsystem.<br />
Deshalb heißt der Kompetenzbereich<br />
weder Grammatik noch<br />
Sprachbetrachtung, sondern wird<br />
vom Handlungsverb untersuchen bestimmt<br />
(Kultusministerkonferenz<br />
2005, S. 7 ff.). Beim Untersuchen erwerben<br />
die Kinder auch grammatische<br />
Kategorien und Arbeitsbegriffe zu bestimmten<br />
Wortarten sowie Verfahren<br />
zum Untersuchen von Sprache. Dies<br />
aber sind keine aus sich heraus begründeten<br />
Kenntnisse; sie stehen vielmehr<br />
im Dienst des Untersuchens von, des<br />
Operierens mit und des Reflektierens<br />
über Sprache und Sprachgebrauch.<br />
Keine einzige Aufgabe entspricht<br />
diesen zentralen Anliegen des Kompetenzbereichs.<br />
Hier geht es ausschließlich<br />
um den traditionellen Grammatikunterricht:<br />
Wortfamilien, Wortfelder,<br />
Wortarten, Flexion von Verben und<br />
Adjektiven. Das sind nützliche Lerngebiete,<br />
aber sie sind eben nur ein funktionaler<br />
Teil des Kompetenzbereichs.<br />
Deshalb ist die Titelung mit dem Verb<br />
untersuchen didaktische Hochstapelei,<br />
die Testergebnisse können denn auch<br />
zu den Untersuchungskompetenzen<br />
nichts aussagen.<br />
Hier nur ein Beispiel:<br />
Natascha ist in der ersten Zeile am<br />
Modalverb können gescheitert, das für<br />
Kinder als Verb zunächst schwierig zu<br />
erkennen ist. Sie hat die inhaltlich plastischen<br />
Wörter gewählt. Dabei können<br />
die vorher gelesenen Texte, in denen<br />
langsam für die Gangart der Schildkröten<br />
immer wieder herausgestellt wurde,<br />
leitend gewesen sein, das Adjektiv<br />
als passend zu wohnen und schwimmt<br />
anzusehen. Die anderen beiden Aufgaben<br />
sind richtig gelöst.<br />
Der Wortartenbegriff bildet sich in<br />
den Grundschuljahren erst. Bei dieser<br />
Aufgabe sind jeweils zwei Wortarten<br />
ohne Kontext zu identifizieren, zumal<br />
mit besonderen Schwierigkeiten wie<br />
Modalverb, flektierten Formen, Präposition<br />
(das ist übrigens kein definierter<br />
Gegenstand der Grundschularbeit). Es<br />
nimmt also nicht wunder, dass viele<br />
Kinder diese Aufgabe falsch oder gar<br />
nicht bearbeitet haben.<br />
Eine zentrale didaktische Funktion<br />
bei der Begriffsgewinnung hat das<br />
Probieren und Argumentieren: Warum<br />
gehört ein Wort zu einer bestimmten<br />
Wortart? Ein Beispiel: die langsame<br />
Schildkröte – das geht und passt, die<br />
wohnen Schildkröte – das geht nicht;<br />
also ist langsam ein Adjektiv, ein Wiewort,<br />
wohnen aber nicht.<br />
Die Begriffsentwicklung bei Kindern<br />
und das didaktische Verständnis ist<br />
von solchen Prozessen des Probierens<br />
und Argumentierens her bestimmt,<br />
nicht aber von der abstrakten Kategorisierung.<br />
Dass auch wortartengerechte Leistungen<br />
von Kindern in den Tests nicht<br />
akzeptiert werden, ist an dem Beispiel<br />
zu den Wortfamilien zu ersehen, siehe<br />
Abschnitt: Zur Aufgabenqualität – Ist<br />
kämpferlich ein Adjektiv?<br />
Mein Fazit: Reihenweise Fehlurteile<br />
Nach fünf Durchgängen mit VERA kann<br />
man wohl Folgendes feststellen:<br />
■ Bei mancherlei Verbesserungen gelingt<br />
es bisher nicht, Aufgabenformate<br />
zu entwickeln und zu nutzen, die den<br />
Leistungsmöglichkeiten der Kinder<br />
und den zentralen Anliegen der Bildungsstandards<br />
entsprechen.<br />
■ Die Menge der Texte und Aufgaben<br />
lassen sorgfältiges Arbeiten nicht zu.<br />
■ Die Aufgabenstellungen und Antwortmuster<br />
sind nach wie vor häufig<br />
schlecht gestaltet: Sie enthalten unnötige<br />
Fallstricke und Schwierigkeiten,<br />
sie bewerten Antworten als falsch, die<br />
tatsächlich aber richtig sind.<br />
■ Leistungsschwächere Kinder werden<br />
durch die geballten Schwierigkeiten<br />
abgeschreckt und mutlos. Sie können<br />
damit ihre Leistungsfähigkeiten nicht<br />
zeigen. Differenzierte Leistungsrückmeldungen<br />
sind gerade für sie nicht<br />
möglich.<br />
Die Ergebnisse zeigen kein wirkliches<br />
Leistungsbild, im Gegenteil: Sie verkennen<br />
die Leistungen der Kinder und tun<br />
Kindern Unrecht. Kinder können mehr<br />
und besseres.<br />
Da der Druck auf die Schulen zunimmt,<br />
gute Ergebnisse zu erzielen, greifen<br />
viele Lehrerinnen und Lehrer zu zwei<br />
Maßnahmen:<br />
Erstens: Sie schönen die Ergebnisse,<br />
was auf vielfältigen Wegen möglich ist,<br />
was die Tests aber vollends ad absurdum<br />
führt.<br />
Zweitens: Sie richten ihren Unterricht<br />
didaktisch an den Tests aus, was<br />
die Bildungsstandards zur Makulatur<br />
macht.<br />
Wer kann eine solche Fehlentwicklung<br />
wollen?<br />
Literatur<br />
Bartnitzky (2008): Deutschunterricht. Schneider Hohengehren:<br />
Baltmannsweiler<br />
Bartnitzky, H. / Hecker, U. / Gadow, A. (Hrsg.) (2006): Lesekompetenz.<br />
Ein Lese- und Arbeitsbuch des Grundschulverbandes. Grundschulverband:<br />
Frankfurt a. M.<br />
Grundschulverband (2005): <strong>Grundschule</strong> <strong>aktuell</strong> Heft 89: Kinder<br />
vermessen? S. 3 – 20; Heft 90: Kinder vermessen – Die Diskussion geht<br />
weiter, S. 2 – 15<br />
Grundschulverband (2007): <strong>Grundschule</strong> <strong>aktuell</strong> Heft 99: VERA und<br />
die Unterrichts kultur. S. 3 – 15<br />
Kultusministerkonferenz: Bildungsstandards im Fach Deutsch für<br />
den Primarbereich (2005). Luchterhand: München, Neuwied<br />
Projekt VERA (2008): Korrekturanweisungen für die Deutschaufgaben<br />
2008. Universität Koblenz Landau<br />
8 GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008
Thema: VERA 2008<br />
VERA 2008 Mathematik<br />
Viel Aufwand – wenig Nutzen<br />
Am 8. 5. 2008 wurden in allen dritten<br />
Klassen der 16 Bundesländer, teils<br />
noch auf freiwilliger Basis, die VERA-<br />
Vergleichsarbeiten in Mathematik<br />
geschrieben. Von den Kindern waren<br />
zwei Auf gabenhefte zu bearbeiten. Für<br />
jedes Heft standen maximal 30 Minuten<br />
Bearbeitungszeit zur Verfügung.<br />
Nach der Bearbeitung von Aufgabenheft<br />
1 war eine Pause zwingend<br />
vorgeschrieben. Insgesamt sollten<br />
die Schülerinnen und Schüler in<br />
60 Minuten 32 Aufgaben lösen,<br />
d. h. es standen für jede Aufgabe<br />
knapp zwei Minuten Zeit zur Verfügung.<br />
Die Testbedingungen wurden den<br />
Lehrkräften detailliert in der Handreichung<br />
»Vor den Vergleichsarbeiten:<br />
Didaktische Hinweise für Lehrkräfte«<br />
(1) erläutert. Nach Durchführung<br />
des Tests mussten diese ausgewertet<br />
werden. Dazu waren ab 6. 5. 2008 die<br />
»Korrekturanweisungen für die Mathematikaufgaben<br />
2008« herunterzuladen,<br />
mit deren Hilfe eine einheitliche<br />
Auswertung der Tests gewährleistet<br />
werden sollte. Die Ergebnisse waren<br />
sodann online an den VERA-Server der<br />
Universität Landau zu übermitteln.<br />
Das Hochladen der Ergebnisse hatte<br />
bis zum 1. 6. 2008 zu erfolgen. Zwei<br />
Wochen nach dem Hochladen konnten<br />
erste Ergebnisse, nämlich die Fähigkeitsniveaus<br />
für einzelne Schülerinnen<br />
und Schüler und für die Klassen heruntergeladen<br />
werden. Der Vergleich<br />
mit dem jeweiligen Bundesland, die<br />
Lösungshäufigkeiten für einzelne Aufgaben<br />
und der faire Vergleich waren<br />
bis Anfang Juli noch nicht abrufbar.<br />
Auf freiwilliger Basis konnten die Lehrkräfte<br />
vom 29. 4. bis 8. 5. 2008, 12 Uhr<br />
eine Eingabe der Vorhersage für die Diagnosegenauigkeit<br />
machen, mit deren<br />
Hilfe die Lehrerinnen und Lehrer vorab<br />
einschätzen konnten, wie die Kinder<br />
ihrer Klasse die einzelnen Aufgaben lösen<br />
würden. Einzelheiten zu den eben<br />
gemachten Aussagen werden in den<br />
nächsten Abschnitten dargestellt.<br />
Soweit in aller Kürze der Rahmen, in<br />
dem VERA Mathematik in diesem Jahr<br />
durchgeführt wurde.<br />
Mit diesem Durchgang geht VERA in<br />
die vierte Runde. Mit dem Paradigmenwechsel<br />
von der Inputsteuerung zur<br />
Outputsteuerung im Bildungswesen<br />
gewinnen die Ergebnisse für die Bildungsbürokratie<br />
eine immer größere<br />
Bedeutung.<br />
Dr. Klaus Weinrich<br />
ist nach Tätigkeiten in der Lehrerausbildung<br />
im Fach Mathematik<br />
in der 1. und 2. Phase seit vielen Jahren<br />
Schulleiter an der Katholischen <strong>Grundschule</strong><br />
Am Mühlenweg in Wesel (NRW)<br />
Dies zeigt sich zum Beispiel daran,<br />
dass im Land Nordrhein-Westfalen die<br />
Ergebnisse von VERA und die von den<br />
Schulen auf Grund der Ergebnisse geplanten<br />
Maßnahmen der Schulaufsicht<br />
zu berichten sind. Darüber hinaus finden<br />
in diesem Bundesland die VERA-Ergebnisse<br />
Eingang in die Qualitätsanalyse.<br />
Dort ist im Qualitätstableau bei<br />
dem Kriterium Fachkompetenzen im<br />
Punkt 1.2.2 festgelegt: »Die Ergebnisse<br />
der landesweiten Lernstandserhebungen<br />
(VERA, LSE 8) entsprechen den<br />
landesweiten Referenzwerten.« (2) Die<br />
Ergebnisse von VERA sind also für die<br />
externe Evaluation zu einem tragenden<br />
Element geworden. Es stellt sich<br />
die Frage, ob diese herausragende Bedeutung<br />
gerechtfertigt ist. Dazu sollen<br />
im Bezug auf das Fach Mathematik im<br />
Folgenden drei ausgewählte Aspekte<br />
näher untersucht werden.<br />
■ Reaktionen der Lehrkräfte bezüglich<br />
VERA Mathematik 2008<br />
■ Testaufgaben in Mathematik 2008<br />
und Bildungsstandards<br />
■ Nutzen der Ergebnisse und der<br />
Rückmeldungen für die Arbeit in den<br />
Schulen<br />
Reaktionen der Lehrkräfte bezüglich<br />
VERA Mathematik 2008<br />
Aus den zahlreichen Rückmeldungen,<br />
die dem Grundschulverband zugegangen<br />
sind, lassen sich mehrere häufig<br />
genannte Probleme bei der diesjährigen<br />
Lernstandserhebung in Mathematik<br />
herausfiltern.<br />
Der Nutzen für die eigene Arbeit und<br />
für die Einschätzung der Schülerinnen<br />
und Schüler wird auch<br />
im Fach Mathematik<br />
eher als gering angesehen.<br />
Durchgängig wird<br />
festgestellt, dass die<br />
eigenen Einschätzungen<br />
der Schülerinnen<br />
und Schüler weitgehend<br />
bestätigt werden.<br />
Die durch VERA verursachte<br />
Arbeitsbelastung wird als lästige<br />
Pflicht empfunden, die die in den<br />
letzten Jahren enorm gestiegene Arbeitsbelastung<br />
der Lehrerinnen und<br />
Lehrer zusätzlich erhöht, ohne einen<br />
entsprechenden Ertrag für den Unterricht<br />
oder die Förderung der Kinder<br />
zu erbringen. So schreibt eine Schule:<br />
»Neue Erkenntnisse zu den Schülern ergaben<br />
sich in keinster Weise. Deshalb<br />
empfanden wir die zusätzliche Arbeitsbelastung<br />
als überflüssig. Bei uns ergab<br />
sich für Korrektur, Übertragung auf das<br />
›Helferlein‹ (Papierform der elektronischen<br />
Eingabemaske, K. W.) und Eingabe<br />
in den PC eine Zeit von jeweils gut über<br />
10 Stunden. Unserer Ansicht nach vertane<br />
Zeit.«<br />
Ein erhebliches Problem stellte für viele<br />
Lehrkräfte die Auswahl der Aufgaben<br />
dar. In den Bildungsplänen vieler<br />
Bundesländer ist das Erreichen verbindlicher<br />
Bildungsstandards im Fach<br />
Mathematik jeweils für das Ende der<br />
Klasse 2 und der Klasse 4 vorgesehen.<br />
Die Arbeitspläne der Schulen sind deshalb<br />
so angelegt, dass die zu vermittelnden<br />
Kompetenzen am Ende der<br />
Klasse 2 bzw. der Klasse 4 vorhanden<br />
von Klaus<br />
Weinrich<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008<br />
9
Thema: VERA 2008<br />
sind. Das bedeutet andererseits, dass<br />
Inhalte, die in der Lernstandserhebung<br />
Mathematik 2008 abgetestet werden,<br />
Anfang Mai 2008 im 3. Schuljahr in<br />
erheblichem Umfang noch nicht im<br />
Unterricht thematisiert wurden. Dies<br />
betrifft u. a. die schriftliche Subtraktion<br />
und viele Themen aus dem Kompetenzbereich<br />
Raum und Form. Eine<br />
Schule schreibt hierzu:<br />
»Der Bildungsplan von 2004 in Baden-<br />
Württemberg weist Kompetenzen nach<br />
Klasse 2 und 4 aus. Wie kommt man auf<br />
die Idee, am Ende von Klasse 3 eine Vergleichsarbeit<br />
zu schreiben? Beispiel: Wir<br />
behandeln in aller Regel das Thema Netze<br />
im Mathematikunterricht in Klasse 4.<br />
Überprüft wurde es in VERA. Die Schüler,<br />
bis auf wenige, wussten mit dieser Aufgabe<br />
nichts anzufangen. Ausgereift? Nie<br />
und nimmer!«<br />
Das eben geschilderte Problem wird<br />
von den Schulen auf unterschiedliche<br />
Art gelöst. So haben in Nordrhein-<br />
Westfalen alle Schulen schon eine geraume<br />
Zeit vor Durchführung der Tests<br />
erfahren, dass in diesem Durchgang<br />
die Kompetenzbereiche Zahlen und<br />
Operationen, Muster und Strukturen<br />
und Raum und Form abgetestet werden.<br />
Sicherlich haben daraufhin eine<br />
Reihe von Schulen ihre Arbeitspläne<br />
entsprechend angepasst und dadurch<br />
besser abgeschnitten. Es ist höchst<br />
zweifelhaft, ob ein Zwang zu solchen<br />
Maßnahmen der von allen Seiten geforderten<br />
Selbstverantwortung der<br />
Schulen für den Lern- und Bildungsprozess<br />
dienlich ist. Die VERA-Autoren<br />
schreiben zu diesem, seit dem ersten<br />
Durchgang von VERA bekanntem<br />
Problem: »VERA ist ein standardisierter<br />
Leistungstest und sollte insofern ›lehrplanvalide‹<br />
sein, sich also auf Bereiche<br />
und Themen beziehen, die laut Lehrplan<br />
auch vorgesehen sind. Das ist der Fall.<br />
Inwiefern VERA aber auch ›unterrichtsvalide‹<br />
ist, also mit dem zu tun hat, was in<br />
sieben Bundesländern in den ersten drei<br />
Schuljahren tatsächlich unterrichtet wurde,<br />
lässt sich verständlicherweise nicht<br />
sagen. Wäre dieses Kriterium aber das<br />
Entscheidende, so dürfte der Test, angesichts<br />
der sehr großen Unterschiede und<br />
der Vielzahl der beteiligten Schulen, nur<br />
noch Stoff der ersten zwei Jahrgangsstufen<br />
umfassen und somit kaum geeignet<br />
sein, nennenswert zwischen den Schülerinnen<br />
und Schülern einzelner Klassen zu<br />
differenzieren.« (3)<br />
Es wäre sinnvoll, sich auf die ersten<br />
beiden Jahrgangsstufen zu beschränken,<br />
um »unterrichtsvalide« Aussagen<br />
zu erhalten. So könnte das Erreichen<br />
der am Ende der Klasse 2 verbindlich<br />
vorgeschriebenen Kompetenzen untersucht<br />
werden. VERA Mathematik sollte<br />
dann zu Beginn des 3. Schuljahres geschrieben<br />
werden.<br />
Ein weiteres, häufig genanntes Problem,<br />
das auch VERA-Mathematik betrifft,<br />
ist das Üben der VERA-Aufgaben<br />
vor Durchführung des Tests. Eine Schule<br />
fasst diese Problematik treffend wie<br />
folgt zusammen: »Lernstandserhebungen<br />
dienen dazu, festzustellen, welche<br />
Lernergebnisse die SchülerInnen erreicht<br />
haben. Es soll untersucht werden, inwieweit<br />
die fachlichen Anforderungen<br />
der Lehrpläne erfüllt werden und welche<br />
Stärken und Schwächen die SchülerInnen<br />
in den untersuchten Bereichen haben.<br />
Die Aufgaben zielen dabei nicht auf die<br />
Überprüfung dessen, was in den unmittelbar<br />
vorangegangenen Unterrichtsstunden<br />
gelernt wurde. Stattdessen wird<br />
untersucht, welches Wissen und welche<br />
Fähigkeiten die SchülerInnen langfris tig<br />
im Unterricht erworben haben und inwieweit<br />
sie diese anwenden können. Das<br />
ist zumindest der Anspruch von VERA.<br />
Und die Wirklichkeit?<br />
Eine Woche vor den beiden Tests<br />
wurden die Testhefte in Deutsch und<br />
Mathematik den <strong>Grundschule</strong>n und den<br />
KlassenlehrerInnen der 3. Klassen zugeleitet.<br />
Man kann diese Testhefte unter<br />
Verschluss nehmen, Stillschweigen bewahren<br />
und den Drittklässlern erstmals<br />
am Tag der beiden Tests vorlegen. Man<br />
kann sie sich aber auch vorher ansehen,<br />
in Kenntnis der Testaufgaben dann mit<br />
den Schülern gezielt dafür üben und die<br />
Kinder daraufhin vorbereiten.«<br />
Unter dem Druck, dass die eigene<br />
Klasse gut abschneidet, dürfte das<br />
gezielte Üben für den Test inzwischen<br />
weit verbreitet sein. Die VERA-Autoren<br />
legen aber gerade sehr großen Wert<br />
auf die Reliabilität, das heißt die Zuverlässigkeit<br />
ihres Verfahrens, und fordern<br />
deshalb einheitliches Vorgehen bei der<br />
Durchführung der Tests. Dieses Ziel<br />
wird nicht erreicht.<br />
Weiterhin wurde die hohe Lesekompetenz,<br />
die zur Bearbeitung zumindest<br />
einiger der Mathematikaufgaben nötig<br />
war, kritisch gesehen. Dies betrifft insbesondere<br />
die Aufgaben 10, 13 und 27 (vgl. Aufgabe 13 unten<br />
als Beispiel).<br />
Insbesondere Kinder mit Leseschwächen und viele Kinder<br />
mit Migrationshintergrund zeigen dadurch deutlich schwächere<br />
Leistungen, als dies ihrer mathematischen Kompetenz<br />
entspricht, zumal für jede Aufgabe im Schnitt nur knapp 2<br />
Minuten zur Bearbeitung zur Verfügung stehen und diese<br />
Zeit weitgehend für das verstehende Lesen verbraucht wird.<br />
Bei der Auswertung werden bei den Aufgaben 3, 12, 13, 15,<br />
18, 23, 24 und 32 richtige Teilergebnisse nicht bewertet. Dies<br />
führt nach Meinung der Lehrerinnen und Lehrer zu einer ungerechten<br />
Bewertung. So kann etwa bei Aufgabe 32 (siehe<br />
unten), die Fähigkeit Bilder aus Teilen zu legen, durchaus<br />
auch schon mit 2 richtigen Lösungen nachgewiesen werden.<br />
Aufgabe 13<br />
Aufgabe 32<br />
10 GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008
Thema: VERA 2008<br />
Daneben wird der enorme Aufgabenumfang<br />
(32 Aufgaben in 60 Minuten)<br />
und das weitgehende Fehlen von Aufgaben,<br />
die Grundrechentechniken<br />
abprüfen, beklagt. Fast alle Aufgaben<br />
werden als Denkaufgaben charakterisiert.<br />
Dazu schreibt eine Kollegin:<br />
»Vielleicht sollte dennoch ein größerer<br />
Anteil an Aufgaben da sein, den auch<br />
schwächere Kinder gut bearbeiten können,<br />
um sie nicht völlig zu demotivieren.<br />
Wir sind ja nun mal nicht nur umgeben<br />
von zukünftigen Einsteins. Gerade wenn<br />
eine Schule, wie wir es sind, auch viele<br />
schwache Schüler aufnimmt und gezielt<br />
bemüht ist diese zu fördern, dann spürt<br />
man so etwas schon stark.«<br />
Testaufgaben in VERA Mathematik<br />
2008 und Bildungsstandards<br />
Die Kultusministerkonferenz hat mit<br />
Beschluss vom 15. 10. 2004 verbindliche<br />
Bildungsstandards für das Fach Mathematik<br />
am Ende der Klasse 4 festgelegt.<br />
Diese sind inzwischen in die Richtlinien<br />
und Lehrpläne vieler Bundesländer,<br />
wie in der KMK beschlossen, eingearbeitet.<br />
Es soll nun dargestellt werden,<br />
inwieweit VERA-Mathematik 2008 zur<br />
Überprüfung des Erreichens dieser Bildungsstandards<br />
geeignet ist, denn dies<br />
ist eine zentrale Aufgabe von VERA.<br />
Für das Fach Mathematik stellt die<br />
KMK »allgemeine und inhaltsbezogene<br />
mathematische Kompetenzen, die für<br />
das Mathematiklernen und die Mathematik<br />
insgesamt charakteristisch sind«<br />
(4) in den Vordergrund. Diese sind untrennbar<br />
aufeinander bezogen, wie die<br />
oben abgebildete Grafik veranschaulicht.<br />
(5)<br />
Durch VERA Mathematik werden auch<br />
in diesem Durchgang die allgemeinen<br />
mathematischen (prozessbezogenen)<br />
Kompetenzen kaum erfasst. Das liegt<br />
an der Konstruktion der Testaufgaben,<br />
die nicht darauf angelegt sind, Lösungswege<br />
der Kinder zu dokumentieren,<br />
sondern so konstruiert sind, dass<br />
sie rechnergestützt auswertbar sind<br />
und gleichzeitig Leistungsniveaus zugewiesen<br />
werden. Sundermann und<br />
Selter charakterisieren solche Aufgaben<br />
als nicht informativ, nicht offen<br />
und nicht prozessbezogen. Dabei sind<br />
KMK: Allgemeine<br />
und inhaltsbezogene<br />
mathematische<br />
Kompetenzen (4)<br />
Ein überflüssiges (?) Gedankenexperiment<br />
Ich bitte Sie, mir bei einem kleinen Gedankenexperiment<br />
zu folgen:<br />
Wir nehmen einmal an, es wären alle Ungereimtheiten<br />
in den Vergleichsarbeiten<br />
beseitigt. Es gäbe sozusagen die optimal<br />
passende und didaktisch abgesicherte<br />
Testarbeit für die Fächer Deutsch und Mathematik.<br />
Wir halten weiter für möglich,<br />
dass die »Schwachen« auf Grund passender<br />
Aufgaben motiviert an die Sache gingen<br />
und sich von den Aufgabenstellungen nicht<br />
ins Bockshorn jagen ließen.<br />
Wir nehmen weiter an, niemand würde<br />
befürchten müssen, dass die Ergebnisse<br />
der Vergleichsarbeiten dazu dienten, seine<br />
Leistungen als Lehrer in schlechten Ruf zu<br />
bringen.<br />
Schließlich setzen wir voraus, dass die Vergleichsarbeiten<br />
korrekt nach Testvorschrift<br />
durchgeführt würden, und also deren Ergebnisse<br />
nicht ermogelt, sondern wirklich<br />
vergleichbar wären.<br />
Nun, VERA hätte seinen eigentlichen Sinn<br />
erreicht: Hilfe zu sein, um Schule zu entwickeln,<br />
und zwar auf der Basis von »ehrlichen«<br />
Daten.<br />
Ich bitte Sie, jetzt noch nicht aufzugeben<br />
und meinem Gedankenexperiment weiter<br />
zu folgen:<br />
Wir nehmen an, dass die Ergebnisse der<br />
Testarbeiten uns wirklich Aufschluss gäben,<br />
an welcher Stelle ein Kind besonders<br />
unterstützt werden müsste.<br />
Zu guter Letzt unterstellen wir noch, dass<br />
auf der Grundlage dieser Ergebnisse den<br />
so entdeckten Kindern, die im Lernen benachteiligt<br />
sind, zum Ausgleich dafür zusätzliche<br />
Förderstunden in Kleingruppen<br />
angeboten würden.<br />
Nach Prüfung all dieser Annahmen frage<br />
ich Sie schließlich: Wären Sie dann bereit,<br />
bei ausreichender Förderung ein Kind in Ihrer<br />
Klasse zu unterrichten, das sehr starke<br />
Unterstützung brauchte? Ich denke, als<br />
verantwortungsvoller Lehrer sagen Sie jetzt<br />
mit Recht: Ja.<br />
Unter all diesen Bedingungen wären die<br />
meisten dann doch wohl für VERA.<br />
Eine Sonderschule wäre überflüssig. Aussonderung<br />
gäbe es nicht mehr. So stände<br />
VERA als Instrument da, mit dem wir die<br />
Kinder besser zu fördern vermögen, und<br />
niemand hätte etwas dagegen.<br />
Die reale Schullandschaft in Deutschland<br />
ist allerdings ganz anders, sagen Sie.<br />
Ich frage: Warum ändern Sie sie nicht? Dann<br />
könnte auch VERA zum Ziel führen.<br />
Na ja, vielleicht war dieses Gedankenexperiment<br />
doch überflüssig …<br />
Reinhard Stähling, Schulleiter, Münster<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008<br />
11
Thema: VERA 2008<br />
Aufgabe 19<br />
Aufgabe 25<br />
Aufgabe 30<br />
3.2 Raum und Form<br />
sich im Raum<br />
orientieren<br />
geometrische<br />
Figuren erkennen,<br />
benennen und<br />
darstellen<br />
über räumliches Vorstellungsvermögen verfügen,<br />
räumliche Beziehungen erkennen, beschreiben<br />
und nutzen (Anordnungen, Wege, Pläne, Ansichten),<br />
zwei- und dreidimensionale Darstellungen von<br />
Bauwerken (z.B. Würfelgebäuden) zueinander in<br />
Beziehung setzen (nach Vorlage bauen, zu Bauten<br />
Baupläne erstellen, Kantenmodelle und Netze<br />
untersuchen).<br />
Körper und ebene Figuren nach Eigenschaften<br />
sortieren und Fachbegriffe zuordnen,<br />
Körper und ebene Figuren in der Umwelt wieder<br />
erkennen,<br />
Modelle von Körpern und ebenen Figuren herstellen<br />
und untersuchen (Bauen, Legen, Zerlegen,<br />
Zusammenfügen, Ausschneiden, Falten...),<br />
Zeichnungen mit Hilfsmitteln sowie Freihandzeichnungen<br />
anfertigen.<br />
einfache geometrische<br />
Abbildungen nern und vergrößern),<br />
ebene Figuren in Gitternetzen abbilden (verklei-<br />
erkennen, benennen Eigenschaften der Achsensymmetrie erkennen,<br />
und darstellen beschreiben und nutzen,<br />
symmetrische Muster fortsetzen und selbst entwickeln.<br />
Flächen- und<br />
Rauminhalte<br />
vergleichen und<br />
messen<br />
die Flächeninhalte ebener Figuren durch Zerlegen<br />
vergleichen und durch Auslegen mit Einheitsflächen<br />
messen,<br />
Umfang und Flächeninhalt von ebenen Figuren<br />
untersuchen,<br />
Rauminhalte vergleichen und durch die enthaltene<br />
Anzahl von Einheitswürfeln bestimmen.<br />
Inhaltliche Kompetenzen zu Raum und Form (Bildungsstandards der KMK 2004)<br />
informative Aufgaben solche, bei denen<br />
die Vorgehensweise bei der Lösung<br />
der Aufgaben für die Leistungseinschätzung<br />
der Kinder relevant ist. Offene<br />
Aufgaben zeichnen sich dadurch<br />
aus, dass die Vorgehensweise bei der<br />
Lösung nicht festgelegt ist. Prozessbezogene<br />
Aufgaben zielen auf die Förderung<br />
der oben genannten mathematischen<br />
Kompetenzen ab. (6)<br />
Es soll nun untersucht werden, inwieweit<br />
inhaltsbezogene mathematische<br />
Kompetenzen durch VERA Mathematik<br />
2008 erfasst werden. Bei der gebotenen<br />
Kürze soll dazu exemplarisch nur<br />
ein Bereich, nämlich »Raum und Form«,<br />
herausgegriffen werden. Die in den Bildungsstandards<br />
festgelegten inhaltlichen<br />
Kompetenzen bezüglich Raum<br />
und Form sind in der oben abgebildeten<br />
Übersicht dargestellt (7).<br />
In VERA Mathematik 2008 sind<br />
von den 32 Aufgaben 11 dem Bereich<br />
Raum und Form zuzuordnen. In den<br />
Didaktischen Erläuterungen zu VERA<br />
Mathematik 2008 werden drei dieser<br />
Aufgaben, nämlich Aufgabe 19, 25 und<br />
30, ausführlich kommentiert. (8) Auf<br />
die dort gemachten Ausführungen soll<br />
nun näher eingegangen werden.<br />
Aufgabe 19<br />
Diese Aufgabe wird dem Bildungsstandard<br />
»Einfache geometrische Abbildungen<br />
erkennen, benennen und<br />
darstellen« und dort dem Unterpunkt<br />
»Eigenschaften der Achsensymmetrie<br />
erkennen, beschreiben und nutzen«<br />
zugeordnet. Es ist höchst fraglich,<br />
ob mit der richtigen Lösung dieser<br />
Aufgabe wirklich das Verständnis für<br />
Achsensymmetrie erfasst wird, da nur<br />
das Erkennen, nicht aber das Beschreiben<br />
und Nutzen der Achsensymmetrie<br />
überprüft werden. Nebenbei bemerkt<br />
führt bei dieser Aufgabe reines Raten<br />
immerhin in jedem vierten Fall auch<br />
zur richtigen Lösung. Noch viel weniger<br />
wird überprüft, ob die Schülerinnen<br />
und Schüler in der Lage sind, einfache<br />
geometrische Abbildungen zu erkennen,<br />
zu benennen und darzustellen.<br />
Die Aufgabe 19 ist in der VERA-<br />
Terminologie dem Fähigkeitsniveau 1<br />
(Grund legende Fähigkeiten) zugeordnet,<br />
wobei das im Bezug auf den<br />
Bereich Raum und Form heißt, dass<br />
Eigenschaften der Achsensymmetrie<br />
richtig erkannt werden, wenn verschiedene<br />
Antwort alternativen vorgegeben<br />
sind (9). Es geht bei dieser Aufgabe also<br />
in der Tat, wie eben erläutert, nur um<br />
das Erkennen der Achsensymmetrie.<br />
Aufgabe 25<br />
Diese Aufgabe bezieht sich auf den<br />
Bildungsstandard »sich im Raum orientieren«.<br />
Es soll die Unterkategorie<br />
»zwei- und dreidimensionale Darstellungen<br />
von Bauwerken (z. B. Würfelgebäuden)<br />
zueinander in Beziehung<br />
setzen (nach Vorlage bauen, zu Bauten<br />
Baupläne erstellen, Kantenmodelle<br />
und Netze untersuchen)« erfasst werden.<br />
Mit der Aufgabe 25 wird jedoch<br />
lediglich abgeprüft, ob die Kinder den<br />
Begriff Würfelnetz kennen und zu einer<br />
vorgegebenen Fläche am Würfel<br />
die gegenüberliegende Fläche richtig<br />
ankreuzen. Eine Überprüfung des Erreichens<br />
des Bildungsstandards »sich im<br />
Raum orientieren« oder auch nur der<br />
eben beschriebenen Unterkategorie<br />
wird damit in keiner Weise erreicht.<br />
Die richtige Lösung der Aufgabe<br />
weist das Fähigkeitsniveau 2 (Erwei-<br />
12 GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008
Thema: VERA 2008<br />
terte Fähigkeiten) bezüglich Raum und<br />
Form nach, wobei lediglich die begründete<br />
Zuordnung von Körpernetzen als<br />
Kompetenz überprüft wird.<br />
Aufgabe 30<br />
Aufgabe 30 bezieht sich auf den Bildungsstandard<br />
» Flächen- und Rauminhalte<br />
vergleichen und messen« und<br />
die Unterkategorie »Umfang und Flächeninhalt<br />
von ebenen Figuren untersuchen«.<br />
Auch bei dieser Aufgabe wird<br />
wieder nur ein kleiner Teilaspekt des<br />
Bildungsstandards angerissen, nämlich<br />
die Bestimmung des Flächeninhalts<br />
des Quadrats.<br />
Die Aufgabe wird dem VERA-Fähigkeitsniveau<br />
3 (Fortgeschrittene Fähigkeiten)<br />
im Bereich Raum und Form<br />
zugeordnet, wobei mit der richtigen<br />
Lösung der Aufgabe nachgewiesen<br />
wird, dass der Flächeninhalt des Quadrats<br />
auch in komplexeren Aufgabenstellungen<br />
durch Auslegen mit<br />
Einheitsquadraten gemessen werden<br />
kann.<br />
Bei genauerer Untersuchung der Aufgaben<br />
von VERA-Mathemtik 2008 zeigt<br />
sich also, dass die Überprüfung, ob die<br />
inhaltlichen mathematischen Kompetenzen<br />
bei den Schülerinnen und Schülern<br />
vorhanden sind, höchst lückenhaft<br />
ist, wie exemplarisch an ausgesuchten<br />
Aufgaben aus dem Bereich Raum und<br />
Form gezeigt wurde. Durch die übrigen<br />
acht Aufgaben wird zwar die eine<br />
oder andere Kompetenz noch ansatzweise<br />
abgeprüft, eine umfassende<br />
Sicht auf das Erreichen der inhaltsbezogenen<br />
mathematschen Kompetenzen<br />
im Bereich Zahl und Form gelingt<br />
jedoch in keiner Weise. Das ist bei der<br />
zur Verfügung stehenden Zeit von<br />
ca. 20 Minuten für den Bereich Raum<br />
und Form auch nicht anders zu erwarten.<br />
Ähnliches gilt für die beiden<br />
anderen in diesem Jahr untersuchten<br />
Bereiche Zahlen und Operationen und<br />
Muster und Strukturen.<br />
Nun noch einige Bemerkungen zu<br />
den Fähigkeitsniveaus. In den Didaktischen<br />
Erläuterungen (10) wird dargestellt,<br />
dass durch die Testaufgaben<br />
Fähigkeitsniveaus für jedes Kind für<br />
jeden der drei untersuchten Kompetenzbereiche<br />
festgelegt werden. Diese<br />
werden für jede Schülerin und jeden<br />
Schüler ausgewiesen. Wie die Fähigkeitsniveaus<br />
im Einzelnen bestimmt<br />
werden, bleibt dabei unklar. Es wird nur<br />
exemplarisch für neun Aufgaben das<br />
Fähigkeitsniveau angegeben. Es bleibt<br />
unverständlich, warum dies nicht für<br />
alle Aufgaben möglich ist. Nur so wären<br />
die Ergebnisse für die Lehrkräfte<br />
nachvollziehbar.<br />
Bei der Beschreibung der Fähigkeitsniveaus<br />
werden eine Vielzahl von<br />
inhaltlichen Kompetenzen genannt,<br />
die überhaupt nicht Gegenstand von<br />
VERA 2008 Mathematik sind und über<br />
deren Vorhandensein bei den Schülerinnen<br />
und Schülern deshalb auch gar<br />
keine Aussagen gemacht werden können.<br />
In dem Papier »Beschreibung der<br />
Fähigkeitsniveaus Mathematik VERA<br />
2008« wird dennoch behauptet: »Für<br />
jede Schülerin bzw. jeden Schüler wird<br />
gemäß der erfassten Testleistung jeweils<br />
ein Fähigkeitsniveau in den drei<br />
Inhaltsbereichen ermittelt. Die Zuordnung<br />
besagt, dass die für dieses<br />
Niveau formulierten Anforderungen<br />
mit hinreichender Sicherheit bewältigt<br />
werden.« (11) Es erscheint höchst zweifelhaft,<br />
ob dies wirklich möglich ist.<br />
Nutzen der Ergebnisse<br />
und der Rückmeldungen<br />
für die Arbeit in den Schulen<br />
Auf der Grundlage der eingegebenen<br />
Daten werden den Schulen folgende<br />
Ergebnisse bezüglich des Faches Mathematik<br />
zurückgemeldet:<br />
■ Fähigkeitsniveaus der einzelnen<br />
Schülerin / des einzelnen Schülers bezüglich<br />
der drei untersuchten Kompetenzbereiche<br />
■ Fähigkeitsniveaus als Balkendiagramme<br />
im Vergleich Klasse – Schule,<br />
Klasse – Land und falls gewünscht Klasse<br />
– Kontextgruppe (fairer Vergleich)<br />
■ Diagnosegenauigkeit (nur wenn<br />
dazu Daten eingegeben wurden)<br />
■ Lösungshäufigkeiten<br />
Die Fähigkeitsniveaus für jedes Kind<br />
werden pro Klasse in einer Tabelle für<br />
die Kompetenzbereiche Zahlen und<br />
Operationen, Raum und Form und<br />
Muster und Strukturen getrennt angegeben.<br />
Im Land Nordrhein-Westfalen<br />
sind die Lehrkräfte verpflichtet, die Ergebnisse<br />
für jedes Kind den Eltern mitzuteilen<br />
und dabei gleichzeitig auch<br />
das Ergebnis der Klasse und der Schule<br />
mitzuteilen. Diese Rückmeldung enthält<br />
neben allgemeinen Erläuterungen<br />
zu den Vergleichsarbeiten eine Tabelle,<br />
in der die Ergebnisse für das Kind<br />
dargestellt werden. Ohne detaillierte<br />
Erläuterungen durch die Lehrerinnen<br />
und Lehrer ist diese Information für die<br />
Eltern allerdings wenig hilfreich.<br />
Die Fähigkeitsniveaus als Balkendiagramme<br />
sollen dazu dienen, die einzelnen<br />
Klassen mit allen anderen Klassen<br />
der Schule, mit allen Schulen des jeweiligen<br />
Bundeslandes und mit Schulen,<br />
die hinsichtlich relevanter Merkmale<br />
als vergleichbar angesehen werden<br />
(fairer Vergleich), zu vergleichen. Da für<br />
VERA 2008 die Werte vom Land und der<br />
faire Vergleich Anfang Juli noch nicht<br />
vorliegen, zeigt die nebenstehende Abbildung<br />
Ergebnisse aus dem Jahr 2007.<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008<br />
13
Thema: VERA 2008<br />
Im Land Nordrhein-Westfalen ist der<br />
Schulaufsicht auf der Grundlage dieser<br />
Diagramme zu berichten. Dabei sollen<br />
»von der Schule vereinbarte Konsequenzen<br />
für die weitere Arbeit« dargestellt<br />
werden.<br />
Falls die Lehrkräfte vor der Auswertung<br />
ihre Einschätzung bezüglich der<br />
Lösungshäufigkeit jeder Aufgabe eingegeben<br />
haben, bekommen sie eine<br />
Rückmeldung bezüglich ihrer Diagnosegenauigkeit<br />
für die drei untersuchten<br />
Bereiche (siehe Abbildung rechts<br />
oben).<br />
Schließlich kann man noch einen Vergleich<br />
der Lösungshäufigkeiten für<br />
jede Aufgabe zwischen der eigenen<br />
Klasse und einer Zentralstichprobe abrufen<br />
(siehe Abbildung rechts unten).<br />
In vielen Schulen, die schon länger an<br />
VERA teilnehmen müssen, werden inzwischen<br />
nur noch die Pflichtdaten abgerufen,<br />
d. h. die Fähigkeitsniveaus als<br />
Balkendiagramme und die Ergebnisse<br />
für die einzelnen Schülerinnen und<br />
Schüler. Diese Daten werden, soweit<br />
dies vorgeschrieben ist, an die Eltern<br />
und die Schulaufsicht weitergeleitet.<br />
Die zurückgemeldeten Daten zur<br />
Diagnosegenauigkeit und Lösungshäufigkeiten<br />
werden in vielen Schulen<br />
nicht weiter thematisiert, da sie für die<br />
konkrete Förderung der Kinder kaum<br />
relevant sind.<br />
Die Aufgaben werden in der Regel nicht<br />
zur Weiterarbeit eingesetzt. Dies liegt<br />
sicher auch daran, dass sie von ihrer<br />
Art und der Bearbeitung durch die Kinder<br />
(z. B. keine Dokumentation des Lösungswegs)<br />
zur Fehleranalyse und anschließenden<br />
individuellen Förderung<br />
nicht geeignet erscheinen. Zur Überprüfung<br />
des Erreichens der Bildungsstandards<br />
und gegebenenfalls zu ergreifender<br />
Fördermaßnahmen im Fach<br />
Mathematik in der <strong>Grundschule</strong> gibt es<br />
im Übrigen inzwischen eine Fülle von<br />
Aufgaben, die wesentlich besser geeignet<br />
sind. So hat eine Arbeitsgruppe<br />
am Institut zur Qualitätssicherung im<br />
Bildungswesen in Berlin für das Fach<br />
Mathematik in der <strong>Grundschule</strong> eine<br />
Aufgabensammlung entwickelt, in der<br />
bei jeder Aufgabe genau angegeben<br />
ist, welche allgemeinen und inhaltlichen<br />
Kompetenzen jeweils abgedeckt<br />
werden. (12) Der Einsatz solcher Aufgaben<br />
über die Schuljahre verteilt führt<br />
dazu, dass die Lehrerinnen und Lehrer<br />
im Anschluss an durchgeführten Unterricht<br />
eine zuverlässige Rückmeldung<br />
bekommen, inwieweit die mit dem Unterricht<br />
angestrebten Kompetenzen<br />
bei den Kindern vorhanden sind.<br />
Die punktuelle, wenig aussagekräftige<br />
Lernstandserhebung VERA Mathematik<br />
würde damit überflüssig. Eine große<br />
zusätzliche Belastung der Lehrkräfte<br />
durch VERA entfiele. Die eingesparten<br />
Mittel sollten den Schulen zu Gute<br />
kommen.<br />
Anmerkungen und Literatur<br />
(1) Die Begleitmaterialien zu VERA können unter<br />
http://www.uni-landau.de/vera/ eingesehen werden.<br />
(2) siehe http://www.schulministerium.nrw.de/BP/Schulsystem/<br />
Qualitaetssicherung/Qualitaetsanalyse/Das_Qualitaetstableau.<br />
pdf, S.4<br />
(3) siehe Stellungnahme zur Kritik an VERA in »<strong>Grundschule</strong> <strong>aktuell</strong>«,<br />
Heft 89, S. 1, 2, herunterzuladen unter http://139.14.28.6/verapub/<br />
fileadmin/downloads/GS_Aktuell_lang8.pdf<br />
(4) Bildungsstandards im Fach Mathematik für den Primarbereich,<br />
München, 2005, S. 6<br />
(5) entnommen: <strong>Grundschule</strong>, Heft 4-2008, S. 11<br />
(6) vgl. Sundermann, B., Selter, C., Beurteilen und Fördern im<br />
Mathematikunterricht, Berlin, 2006, S. 74, 75<br />
(7) Bildungsstandards im Fach Mathematik für den Primarbereich,<br />
a.a.O, S. 10<br />
(8) vgl. Didaktische Erläuterungen, 2008,<br />
http://www.uni-landau.de/vera/ dort demnächst unter<br />
Materialien, S. 16– 24<br />
(9) vgl. Didaktische Erläuterungen, a. a. O., S. 23<br />
(10) vgl. Didaktische Erläuterungen, a. a. O., S. 2<br />
(11) vgl. Beschreibung der Fähigkeitsniveaus, 2008,<br />
http://www.uni-landau.de/vera/ im geschützten Bereich, S. 2<br />
(12) vgl. Walther, G. u. a., Bildungsstandards für die <strong>Grundschule</strong>:<br />
Mathematik konkret, Berlin, 2007, S. 205 ff.<br />
14 GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008
Thema: VERA 2008<br />
VERA 08 – Ansichten und Einsichten<br />
Reaktionen auf eine Anfrage des Grundschulverbandes<br />
Der Aufruf an unsere Leser/innen im letzten Heft, dazu eine E-Mail an<br />
die <strong>Grundschule</strong>n mit der Bitte, Erfahrungen zu den diesjährigen Leistungstests<br />
VERA mitzuteilen, war ein voller Erfolg. Eingegangen waren<br />
bis Redaktionsschluss an die 100, oft sehr detaillierte und umfangreiche,<br />
Stellungnahmen und Kommentare von Lehrkräften und Schulleitungen.<br />
Wir bedanken uns bei den Kolleginnen und Kollegen: Ihre<br />
Stellungnahmen werden wir in unsere weitere kritische Begleitung<br />
des VERA-Projekts einbeziehen. In der Tat sehen wir hier eine wichtige<br />
Aufgabe und Funktion des Grundschulverbandes. Im folgenden nun<br />
eine Dokumentation charakteristischer Passagen aus den zahlreichen<br />
Zuschriften, die uns erreicht haben – naturgemäß nur Auszüge und<br />
Zitate, aber durchaus repräsentativ.<br />
Es gab nur wenige positive Stellungnahmen<br />
wie diese:<br />
Wir finden solche Vergleichsarbeiten gut, da<br />
die Ergebnisse uns bei der Einschätzung unserer<br />
eigenen Arbeit helfen. Durch sie werden<br />
eventuell vorhandene Schwachstellen der<br />
Schüler deutlich aufgezeigt, was auch manche<br />
Elternzusammenarbeit erleichtert.<br />
M. B., C. M.<br />
Wir (eine <strong>Grundschule</strong> in Baden-Württemberg,<br />
U. H.) haben uns dazu entschlossen, an dem<br />
freiwilligen Testlauf von VERA teilzunehmen.<br />
Unsere Erfahrungen sind durchweg positiv<br />
und wir sind sehr zufrieden mit der gesamten<br />
Planung, Organisation und Durchführung.<br />
Die genaue und detaillierte Anleitung zum<br />
download der Materialien, zur Auswertung<br />
etc. sind sehr hilfreich und leicht verständlich.<br />
Die Umsetzung war daher problemlos.<br />
Petra Ue., Heidelberg<br />
Selbst bei grundsätzlichem Einverständnis<br />
folgte stets ein – mehr oder weniger großes –<br />
»Aber …« Insgesamt stellte sich heraus:<br />
»Der Frust ist groß«<br />
Vielen Dank, dass sich Ihr Verband sehr kritisch<br />
mit diesem Test-Projekt auseinandersetzt.<br />
Insgesamt gesehen kostet die ganze<br />
Testung viel Zeit, ist für die Schüler durch ihren<br />
Umfang enorm belastend und bringt mir<br />
als Lehrerin wenig bis keine neuen Erkenntnisse<br />
über das Leistungsniveau meiner Schüler.<br />
Ich frage mich sowieso schon seit langem,<br />
warum die Schulpolitiker so vermessen sind<br />
zu glauben, wir bräuchten andauernd solche<br />
Tests, um die Leistungen unserer Schüler richtig<br />
einzuschätzen! Die Misere in der Bildungs-<br />
und Schulpolitik – das wissen alle LehrerInnen<br />
– liegt doch vor allem darin, dass unsere Politiker<br />
zu wenig Geld dafür ausgeben und nicht<br />
richtig planen. Der Frust – auch über diese<br />
Tests – an der Basis ist groß. Sinnvolle Arbeit<br />
und somit Erfolg bei den SchülerInnen kann<br />
man nicht »ertesten«, sondern die muss man<br />
auch bezahlen. Denn: von nichts kommt auch<br />
nichts!<br />
Barbara B., Garching<br />
Von Jahr zu Jahr ärgere ich mich mehr über<br />
die Vergleichsarbeiten. Vergleichsarbeiten<br />
können – wenn überhaupt – nur Aussagen zu<br />
kognitiven Leistungen treffen. Diese Tatsache<br />
passt meines Erachtens in den derzeitigen<br />
Trend, den ich mit Sorge verfolge: Der Leistungsbegriff<br />
wird immer stärker auf die Kopfarbeit<br />
reduziert. Ziffernnoten u. Ä. setzen uns<br />
zunehmend unter Druck, und nehmen uns<br />
das, was wir wirklich brauchen, um Kindern<br />
gesunde Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten,<br />
nämlich Zeit und Muße, um Lernprozesse<br />
reifen lassen zu können.<br />
Zukünftige Gymnasiasten kamen sicherlich<br />
recht gut mit den Aufgaben zurecht. Andere<br />
Kinder waren überfordert, sowohl von der<br />
Fülle der Aufgaben als auch vom Anspruchsniveau.<br />
Die Vera-Ergebnisse liefern uns keine<br />
neuen Erkenntnisse. Wir konnten vorher recht<br />
gut abschätzen, wer wie gut damit zurecht<br />
kommen würde.<br />
Anne-Meike S., Schulleiterin<br />
… Aber wie immer, wir sammeln Daten, berichten<br />
der Schulaufsicht und dann passiert<br />
nichts.<br />
Wo sind die Konsequenzen, wo bleibt die<br />
Förderung für Schulen, die nicht im Landesdurchschnitt<br />
liegen? Nach zwei Durchgängen<br />
in Klasse 4 und zwei in Klasse 3 gibt es außer<br />
viel blabla – nichts.<br />
Erwin H., Rektor<br />
VERA kind-gerecht?<br />
■ Ich fand die Zeitspanne für 9-Jährige zu<br />
lang, selbst mit Pause. Viele Kinder können<br />
sich nicht so lange konzentrieren.<br />
■ Einige Aufgaben erschienen mir nicht kindgerecht:<br />
Wozu ausgerechnet das Wort »kämpferisch«<br />
finden? Da hätte man doch tausend<br />
andere Adjektive wählen können.<br />
Dass man mit den Kindern weiterhin Lesen<br />
und Textverständnisaufgaben üben sollte,<br />
dachte man sich auch schon vor den Vergleichsarbeiten.<br />
Kathrin E.<br />
1. In Bayern wurden einige Unterrichtsinhalte<br />
noch nicht behandelt – noch 10 Wochen Unterricht<br />
bis zu den großen Ferien!<br />
2. Der Umfang der Arbeiten war für viele Schüler<br />
eine Überforderung!<br />
3. In Mathematik war die lesetechnische Erfassung<br />
der vielen Aufgaben für schlechte<br />
Leser eine Überforderung und deshalb zu zeitintensiv!<br />
4. Eine differenziertere Bewertung einiger<br />
Aufgaben wäre wünschenswert, dafür weniger<br />
Umfang.<br />
Reinhard G.<br />
Zu bemängeln ist weiterhin die Bewertung<br />
der Lösungen. Im Bereich »Sprache untersuchen«<br />
z. B. waren in einem Text 6 Verben zu<br />
unterstreichen.<br />
Wenn ein Kind nur 5 Verben richtig unterstrichen<br />
hatte, das sechste aber vergessen<br />
oder nicht gefunden hatte, war die ganze Aufgabe<br />
als falsch zu werten.<br />
Das ist pädagogisch gesehen nicht vertretbar<br />
und auch gegenüber den Kindern nicht zu<br />
erklären.<br />
Franziska E., Klassenlehrerin und Schulleiterin<br />
Ich arbeite an einer <strong>Grundschule</strong> in Kreuzberg.<br />
Bereits durch die Vorbereitungen wurde mir<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008<br />
15
Thema: VERA 2008<br />
bewusst, wie schwer der Test für unsere Kinder<br />
sein muss.<br />
Die Hälfte der Kinder aus meiner Klasse<br />
spricht zu Hause nicht deutsch, sondern türkisch<br />
oder arabisch. Was soll man von diesen<br />
Kindern bei der Bearbeitung der Texte<br />
erwarten? Da ist kaum zu erwarten, dass sie<br />
den Text über die Schildkrötenarten auch nur<br />
annähernd verstanden haben. Ein Teil meiner<br />
Kinder hat dann auch den zweiten Teil bearbeitet,<br />
ohne überhaupt den Text zu lesen<br />
(»Das ist zu schwer bzw. zu lang!« – So einige<br />
Schüleraussagen!). Darüber hinaus ließ bei<br />
dem zweiten Teil des Testes die Konzentrationsfähigkeit<br />
der Kinder erheblich nach.<br />
Ein weiteres Problem waren im Grammatikteil<br />
die vielen Lateinischen Begriffe. Die<br />
Kinder aus meiner Klasse haben bereits große<br />
Probleme, die Grammatik, also Wortarten<br />
usw. überhaupt zu begreifen, mit den Lateinischen<br />
Begriffen können sie natürlich noch<br />
gar nicht umgehen. Schließlich spricht mindestens<br />
die Hälfte kein Deutsch zu Hause!<br />
Insgesamt hat mich Vera einige Stunden<br />
Arbeitszeit gekostet, am Ende kommt natürlich<br />
nur heraus, dass meine Klasse und meine<br />
Schule unter dem Berliner Durchschnitt liegt,<br />
was wir schon wissen. Wirkliche Hilfen wird es<br />
aber für unsere Schule nicht geben. Dann hätte<br />
Vera wenigstens einen Sinn!<br />
Heidi D., Berlin<br />
»Schlaraffenland«<br />
Wir haben einen hohen Ausländeranteil an<br />
der Schule und sind eine Schule im sozialen<br />
Brennpunkt. (…) Vielleicht sollte ein größerer<br />
Anteil an Aufgaben da sein, den auch schwächere<br />
Kinder gut bearbeiten können, um sie<br />
nicht völlig zu demotivieren. Wir sind ja nun<br />
mal nicht nur umgeben von zukünftigen »Einsteins«.<br />
Gerade wenn eine Schule, wie wir es<br />
sind, auch viele schwache Schüler aufnimmt<br />
und gezielt bemüht ist diese zu fördern, dann<br />
spürt man so etwas schon stark.<br />
Deutsch: Da erstmal etwas Nettes. Zum<br />
Nomen »Schlaf« und Adjektiv »schläfrig«<br />
sollte ein Verb gesucht werden und ein Kind<br />
entschied sich spontan für »Schlaraffenland«.<br />
Eine solche Lösung verdient meines Erachtens<br />
nach einen Doppelpunkt.<br />
Die Kinder hatten große Probleme beim<br />
Gedicht über die Schildkröte Grete. Deutlich<br />
leichter fiel ihnen der Sachtext. Unsere Kinder,<br />
die überwiegend Deutsch als Zweitsprache<br />
erwerben, haben mit Gedichten, in denen<br />
stets ja auch mit Sprache gespielt wird, deutlich<br />
mehr Probleme als bei Prosatexten oder<br />
bei klaren Sachtexten.<br />
Zum Teil wurden im Zusammenhang mit<br />
dem Text auch Wörter vorausgesetzt, die<br />
die Kinder nicht kennen, wie »kämpferisch«,<br />
»schmausen«, »kroch«. Wobei natürlich gerade<br />
unsere Kinder bis hinauf in die 4. Klasse<br />
Probleme bei der Vergangenheitsbildung besitzen.<br />
Die unregelmäßigen Verben sind für<br />
viele Kinder eine hohe Hürde.<br />
D. P.<br />
Vom »Mogeln«<br />
Überall VERA … und wir?<br />
Ich bin kommissarische Schulleiterin an einer<br />
Grund- und Hauptschule. Als ich in diesem<br />
Jahr die Vera-Bögen Kl. 3 erhielt, schloss ich<br />
sie zunächst weg, da sie nicht zu früh in die<br />
Hände der Lehrkräfte gelangen sollten.<br />
Um so erstaunter war ich, als ich 3 Tage<br />
vor dem ersten Test mit einer Bekannten telefonierte,<br />
deren Enkelkind übers Wochenende<br />
die kompletten Vera-Aufgaben zum Üben<br />
von ihrer Klassenlehrerin erhalten hatte. Ich<br />
vermutete, dass die Schulleitung dort schon<br />
vorher die Tests verteilt hatte. »Mogler« gibt<br />
es bestimmt immer, daran wird man sich gewöhnen<br />
müssen.<br />
Aber ich finde es nicht schlau, die Tests<br />
so früh für die Deutsch- und Mathelehrer zugänglich<br />
zu machen, wenn sie doch ohnehin<br />
zugeschickt werden.<br />
Eine Vergleichbarkeit der Schulen ist für<br />
mich damit hinfällig.<br />
S. G.-L.<br />
Man kann diese Testhefte unter Verschluss<br />
nehmen, Stillschweigen bewahren und den<br />
Drittklässlern erstmals am Tag der beiden<br />
Tests vorlegen. Man kann sie sich aber auch<br />
vorher ansehen, in Kenntnis der Testaufgaben<br />
dann mit den Schülern gezielt dafür üben und<br />
die Kinder daraufhin vorbereiten.<br />
Die Versuchung ist groß. Welche <strong>Grundschule</strong><br />
will nicht als stark anstatt schwach<br />
erscheinen? Welcher Lehrer will nicht als<br />
erfolgreich anstatt als erfolglos dastehen?<br />
Meine Kolleginnen und ich haben uns bei<br />
befreundeten Kolleginnen umgehört. Geübt<br />
wurde überall, entweder sogar auf »heimliche«<br />
Anweisung der Schulleitung oder aus<br />
persönlicher Sorge, schlechter als andere abzuschneiden.<br />
Teilweise wurde eine richtige<br />
»Übungswoche« eingelegt und Aufgabentyp<br />
für Aufgabentyp »gebüffelt«. (…)<br />
Und bitte glauben Sie mir, ich rede hier<br />
nicht von Einzelfällen! (Bei einem Kontakt zu<br />
10 verschiedenen Schulen wurde in 10 !!! Schulen<br />
vorher explizit für VERA geübt.)<br />
Gitta Sch.<br />
Beim Austeilen der Vera-Arbeiten bemerkte<br />
ein Schüler: »Och, das kenne ich doch, diesen<br />
Bogen hatte mein Freund aus … als Hausaufgaben<br />
zum Üben auf.«<br />
Vor diesem Hintergrund und der Vermutung,<br />
dass es hier wohl alle Zwischenstufen<br />
geben wird, kann ich die Ergebnisse nicht<br />
ernst nehmen.<br />
Sehr wohl ernst nehme ich aber, dass über<br />
die Veröffentlichung solcher Ergebnisse im Internet<br />
möglicherweise ein offensichtlich verfälschtes<br />
Ranking entsteht.<br />
Eckhard O., Rektor<br />
Was mich besonders aufregt, ist der Umgang<br />
mit den Arbeiten. Ich beobachte und erfahre<br />
dergleichen auch immer wieder in Gesprächen,<br />
dass die Vorgaben an immer mehr<br />
Schulen in unserem Umkreis unterwandert<br />
werden. Sobald die Arbeiten in den Schulen<br />
16 GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008
Thema: VERA 2008<br />
ankommen, wird kräftig geübt. Die Kinder erhalten<br />
genau die Aufgaben der Vera-Arbeiten,<br />
nur mit veränderten Namen. Dann kauft eben<br />
nicht Fritz 20 Orangen in Viererpaketen, sondern<br />
Lisa. Die Lehrkräfte helfen den Schülern<br />
während der Arbeiten, wo sie nur können. Teilweise<br />
werden sogar »schwache« Schülerinnen<br />
und Schüler an dem Tag in eine andere Klasse<br />
gesetzt und als fehlend angegeben.<br />
Kein Wunder, dass Kolleginnen und Kollegen<br />
so reagieren. Von der Schulaufsicht<br />
bekommen wir Schulleiterinnen und Schulleiter<br />
zu hören, dass wir uns auf keinen Fall<br />
mit einem durchschnittlichen Ergebnis zufriedengeben<br />
dürfen. Ebenso wird immer wieder<br />
darauf hingewiesen, welchen hohen Stellenwert<br />
die Vera-Ergebnisse haben, wenn erst die<br />
Schulinspektoren ins Haus kommen.<br />
Wird das Ganze dadurch nicht ad absurdum<br />
geführt?<br />
Anne-Meike S., Schulleiterin<br />
Aufwand und Nutzen<br />
Wir sind 4 junge Kolleginnen in den dritten<br />
Klassen der <strong>Grundschule</strong> …, Bayern, und haben<br />
uns in unserer wöchentlichen Teamsitzung<br />
mit Ihren Fragen beschäftigt.<br />
Hier unsere Rückmeldungspunkte:<br />
■ Kopieraufwand! Pro Schüler ca. 44 Seiten,<br />
d. h. ca. 1000 Seiten pro Klasse, d. h. ca. 4000<br />
Kopien in unserer Schule. Wer hat soviel Zeit<br />
zu kopieren? Wer soll die Kopierkosten bezahlen?<br />
■ Pro Fach 2! Hefte. Weshalb kann man die<br />
Hefte nicht auf eines reduzieren? 1 Heft, mit<br />
gekürzten Aufgaben, reicht locker, um umfassend<br />
abzufragen, vgl. Menge Orientierungsarbeiten<br />
in Bayern.<br />
■ Die Frustration, v. a. schwacher Schüler ist<br />
groß, wenn sie an einem Tag 2 Tests zeitlich<br />
ganz eng nacheinander schreiben müssen,<br />
nur mit einer kurzen Pause dazwischen.<br />
■ Korrekturaufwand! 2 dicke Ordner nur für<br />
VERA finde ich übertrieben, v. a. der zeitliche<br />
Aufwand am PC. Nun sind wir jungen Lehrer<br />
ziemlich fit, aber was ist mit Kollegen, die selten<br />
am PC arbeiten?<br />
Pro Fach: 2 Stunden Korrektur, 1 bis 2 Stunden<br />
eintippen, d. h. mind. 3 bis 4 Stunden pro<br />
Fach! Nicht zu vergessen den vorhergehenden<br />
Kopieraufwand, das Durchlesen sämtlicher<br />
VERA-Anleitungen und die in unserem Schulamtsbezirk<br />
verpflichtende, Fortbildung, wie<br />
VERA durchzuführen ist.<br />
Den VERA-Planern raten wir: Gehen Sie<br />
nächstes Jahr mit einer Lehrkraft mit, die<br />
VERA durchführen muss. Laden Sie sich die<br />
Aufgaben herunter, kopieren Sie die Arbeiten<br />
selbst, lesen Sie sich die Anleitungen durch,<br />
führen Sie mit den Kindern die Arbeiten durch,<br />
korrigieren Sie, tippen Sie ein, führen Sie, wie<br />
angeraten, Team- und Elterngespräche, und<br />
fragen Sie sich dann, ob die Ergebnisse den<br />
Aufwand an Zeit, Geld und Nerven bei Ihnen<br />
und den Kindern wert waren.<br />
Johanna R., Julia A., Simone D., Marion B.,<br />
Klassenleiterinnen<br />
Zuerst wurde ich von dem Umfang an Informationsmaterial,<br />
den Schülermaterialien und<br />
dem Zeitaufwand erschlagen. Für mich, Teilzeitkraft,<br />
Lehrerin einer Klasse mit 29 Schülern,<br />
von denen 28 teilnahmen, ein Zeitaufwand<br />
von fast 20 unbezahlten Überstunden,<br />
als ob ich sonst nicht sowieso schon ausgelastet<br />
wäre. Ich fühle mich mit meiner Arbeit<br />
als Lehrer gering geschätzt.<br />
Die Mitarbeiter dieser Untersuchung, die<br />
vermutlich nicht jeden Tag vor einer riesigen,<br />
schwierigen Klasse stehen, stellten sich mit<br />
ausufernden Materialien – sowohl für die<br />
Schüler als auch für die Lehrer – selbst dar.<br />
Man müsste endlich mal die Bedingungen,<br />
unter denen wir arbeiten, verbessern. Es nützt<br />
nichts, wenn man öfter testet. Dabei ist egal,<br />
ob der Test Pisa, VERA oder Orientierungsarbeit<br />
heißt. Das Geld für die Untersuchungen<br />
sollte man lieber sinnvoller investieren.<br />
Einen Sinn hätte VERA nur, wenn mehr Geld<br />
in die Bildung investiert würde.<br />
Gertraud E.<br />
4 kg Papier pro Klasse<br />
Leider fehlt mir die Zeit, eine Glosse zu schreiben<br />
– die sich hier wirklich anbietet. Die Zeit<br />
habe ich nicht, weil ich mich mit VERA befassen<br />
musste. Die Arbeitsbelastung war sehr<br />
groß.<br />
Das begann bereits bei den Vorarbeiten<br />
(ausdrucken, durchlesen des Ablaufplanes,<br />
kopieren für alle Schüler, heften …), und zog<br />
sich dann weiter (… korrigieren, ins »Helferlein«<br />
eintragen, in den PC übertragen)<br />
Die VERA-Vergleichsarbeiten helfen mir bei<br />
der Einschätzung meiner Arbeit überhaupt<br />
nicht. Ich kenne meine Schüler, weiß, dass<br />
viele von ihnen am »unteren Rand« der Bildungspyramide<br />
stehen und einige auch sehr<br />
zuverlässige Denker sind. Ich bin im Gespräch<br />
mit meinen Kolleginnen, die meine Schüler<br />
z. T. aus dem Fachunterricht kennen (und ich<br />
die ihren). Diese Gespräche helfen mir weiter.<br />
Ich habe die Vergleichsarbeiten einmal auf<br />
meine Küchenwaage gelegt und hochgerechnet.<br />
Da kommt man pro Klasse auf die stattliche<br />
Summe von 4 kg Papier.<br />
Das sind an unserer Schule bereits 12 kg –<br />
und wir hatten diesmal kleine Klassen. Wenn<br />
man das auf Deutschland umrechnet, kann<br />
einem schlecht werden!<br />
Meine Bilanz: Das Ganze steht in keinem<br />
Kosten-Nutzen-Verhältnis und in keinem Verhältnis<br />
zum Arbeitsaufwand.<br />
Mathias K., Erlangen<br />
1. Wir empfinden es als grandiose Papierverschwendung<br />
(beide Klassen mit 30 Schülern<br />
ungefähr 2400 Kopien; Wahnsinn!!)<br />
2. Neue Erkenntnisse zu den Schülern ergaben<br />
sich in keinster Weise. Deshalb empfanden<br />
wir die zusätzliche Arbeitsbelastung als<br />
überflüssig. Bei uns ergab sich für Korrektur,<br />
Übertragung auf das Helferlein und Eingabe<br />
in den PC eine Zeit von jeweils gut über 10<br />
Stunden. Unserer Ansicht nach vertane Zeit.<br />
3. Fetisch Vergleiche. Das Instrument des<br />
Denkens ist der Vergleich. Das Dasein zu reduzieren<br />
auf Denken, Urteilen, Verurteilen<br />
entspricht einem Auto mit einem Rad. Wir<br />
könnten auf diese Arbeiten verzichten.<br />
Manfred W., GHS mit Werkrealschule V.<br />
Kein Anschluss …<br />
1. Insgesamt: Die Menge der Aufgaben wirkte<br />
auf die SchülerInnen z. T. erschlagend, sie<br />
hatten nicht genug Zeit, gründlich zu lesen<br />
(besonders im Fach Mathe).<br />
2. Teilweise war der Lösungsrahmen sehr<br />
scharf gefasst, z. B. Aufgabe Deutsch, Heft 1:<br />
»Frage: Woran merkst du, dass die Schildkröte<br />
traurig ist?«<br />
Kinder haben keine logische Verknüpfung<br />
gesucht, sondern ihrer Gefühlslage entsprechend<br />
geantwortet: »… weil sie so allein ist.«<br />
Bezeichnend war, dass im Korrekturbogen<br />
die Frage so formuliert war: »Warum ist Grete<br />
traurig?« Dementsprechend wäre die Antwort<br />
der Kinder richtig gewesen.<br />
Auf meine zweimalige Anfrage an das<br />
VERA-Institut, ob ich die Antwort (s. o.) zulassen<br />
darf, bekam ich keine Rückmeldung …<br />
Eckhard M., Schulleitung<br />
Es wäre zu wünschen, dass die Verantwortlichen<br />
von Vera selbst eine Feedbackmöglichkeit<br />
einrichten würden, damit die Meldung<br />
direkt an die Verantwortlichen gehen können.<br />
Wir bedanken uns beim Grundschulverband,<br />
dass er sich dieser offensichtlichen Probleme<br />
mit Vera annimmt und im Interesse der<br />
<strong>Grundschule</strong>n tätig wird.<br />
Bernward K., Schulleiter<br />
Zusammenstellung: Ulrich Hecker<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008<br />
17
Thema: VERA 2008<br />
Für die Kunst und wider die pädagogische Verarmung<br />
In Folge von PISA und erst recht durch<br />
VERA stehen allzu oft nur Deutsch<br />
und Mathematik im Blickpunkt.<br />
Was aber ist mit dem ästhetischen<br />
Bereich – unverzichtbar in der modernen<br />
<strong>Grundschule</strong>, die Kinder als<br />
ganze Persönlichkeiten wahrnehmen,<br />
ansprechen und fördern will?<br />
Der Grundschulverband setzt mit<br />
Band 124 im Projekt: Pädagogische<br />
Leistungskultur dagegen.<br />
In diesem Schuber fehlte noch das<br />
Heft 4: Kunst.<br />
Was können die Kinder im Kunstunterricht<br />
erfahren und lernen?<br />
Wie kann ihre Arbeit unterstützt<br />
und begleitet werden?<br />
Wie können ihre Leistungen gewürdigt<br />
werden?<br />
Nun ist das Heft da. Die Fotos auf<br />
dieser Seite stammen aus diesem<br />
Material.<br />
18 GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008<br />
P. S.: Die Mitglieder des Grundschulverbandes erhalten<br />
das Heft 4 zum Band 124 – zusätzlich mit einer CD-ROM –<br />
in einer Lieferung mit dem neuen Mitgliederband »Fremdsprachen<br />
in der <strong>Grundschule</strong> – Auf dem Weg zu einer neuen<br />
Lern- und Leistungskultur«.<br />
Buch und Heft mit CD werden Mitte September bei den<br />
Mitgliedern ankommen.<br />
P. P. S.: Alle neuen Mitglieder, die 2008 eingetreten sind,<br />
erhalten das Heft und die CD natürlich auch – sicher eine<br />
Anregung, den ganzen Schuber (Band 124) nachzuordern.
Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />
Kursbestimmungen<br />
Delegiertenversammlung wählt Vorstand<br />
und Fachereferent/innen<br />
Göttingen, Ende Mai 2008: Im traditionellen<br />
Tagungsort »Gebhards Hotel« sind Vorstand,<br />
Fachreferentinnen und -referenten sowie<br />
die gewählten Delegierten aus allen Bundesländern<br />
zusammengekommen. Die Arbeit des<br />
Vorstands in den letzten vier Jahren wird<br />
eingehend diskutiert, Vorstand und Fachreferenten<br />
werden neu gewählt.<br />
Rechenschaftsbericht, …<br />
Der Rechenschaftsbericht des Vorstandes<br />
spiegelt in beeindruckender Weise die<br />
umfassenden Aktivitäten des Verbandes.<br />
Durch vielfältige Eingriffe in die bildungspolitische<br />
und pädagogische Debatte konnte<br />
der Grundschulverband seine bildungspolitische<br />
Bedeutung weiter erhöhen und<br />
sich in der Öffentlichkeit stärker profilieren.<br />
Dies drückt sich allerdings bislang noch<br />
nicht in steigenden Mitgliederzahlen aus.<br />
Der Rechenschaftsbericht ist auf unserer<br />
Homepage in vollem Umfang veröffentlicht:<br />
www.grundschulverband.de > Wir über uns ><br />
Rechenschaftsbericht<br />
Wahlen, …<br />
Die Delegiertenversammlung hat gewählt:<br />
Über den neuen Vorstand und die Fach referen<br />
tinnen und -referenten, die inhaltliche<br />
Arbeit auf unseren wichtigen Aufgabenfeldern<br />
leisten, informieren die folgenden<br />
Seiten.<br />
Wichtig dabei: Das bisherige Fachreferat<br />
»Eine Welt in der Schule« wurde umbenannt:<br />
»Schule in der einen Welt« heißt es jetzt,<br />
was auch auf ein verbreitertes Aufgabenspektrum<br />
hinweist. Neu eingerichtet wurde<br />
das Fachreferat »Sozialpädagogik«. Darin<br />
spiegelt sich die Entwicklung, dass an <strong>Grundschule</strong>n<br />
zunehmend pädagogische Mitarbeiter/innen<br />
unterschiedlicher Professionen<br />
zusammenarbeiten.<br />
… und neue Aufgaben<br />
Die größte organisatorische Herausforderung<br />
ist der Bundesgrundschulkongress im nächsten<br />
Jahr. Eine wichtige Entscheidung dabei:<br />
Der Kongress findet nicht in Fulda statt,<br />
sondern (wie die bisherigen Kongresse auch)<br />
in Frankfurt am Main, auch der Termin hat<br />
sich geändert. Über den nunmehr endgültigen<br />
Termin und Tagungsort informieren wir<br />
auf Seite 26.<br />
Vorstand und Fachreferent/innen neu gewählt<br />
Vorsitzender:<br />
Dr. h. c. Horst Bartnitzky<br />
Dipl.-Päd., Jahrgang 1940<br />
Als Volksschullehrer begann ich in den sechziger<br />
Jahren meinen beruflichen Weg. Später<br />
arbeitete ich in der Lehrerausbildung mit, war<br />
Rektor einer <strong>Grundschule</strong> und dann bis zu<br />
meiner Pensionierung Schulaufsichtsmensch.<br />
Daneben trug ich als Autor und Herausgeber<br />
zur Vermehrung von Fachliteratur bei.<br />
Dieses Kapitel ist noch nicht abgeschlossen:<br />
Ich schreibe ziemlich fleißig weiter. Einiges<br />
davon ist erkennbar in die fachliche Diskussion<br />
eingeflossen und hat die Entwicklung<br />
der Schulpraxis beeinflusst: zur Deutschdidaktik<br />
»Sprachunterricht heute« und<br />
»Deutschunterricht«, zum Thema Leistung<br />
»Zeugnisschreiben in der <strong>Grundschule</strong>« und<br />
»Pädagogische Leistungskultur«, zur Qualität<br />
von Schulbüchern der Lehrwerksverbund<br />
»Kunterbunt«.<br />
Derzeit teile ich meine Zeit zwischen privatem<br />
Leben, fachbezogenem Schreiben und<br />
der Mitarbeit im Grundschulverband.<br />
Hier arbeite ich aktiv seit dreißig Jahren mit.<br />
Bundesvorsitzender bin ich seit dem Jahr<br />
2000. Als Herausgeber bin ich mitverantwortlich<br />
für unsere Zeitschrift: »<strong>Grundschule</strong><br />
<strong>aktuell</strong>«.<br />
Wichtig sind mir drei zentrale Fragen:<br />
1. Was an der <strong>Grundschule</strong> ist reformbedürftig,<br />
weil es den Bildungsansprüchen von<br />
Kindern nicht gerecht wird?<br />
2. Wer und was behindert die <strong>Grundschule</strong><br />
an ihrer Weiterentwicklung und was können<br />
wir dagegen tun?<br />
Der neu gewählte Vorstand<br />
Dr. h. c. Horst Bartnitzky, Maresi Lassek, Ulrich Hecker, Minette Volkwardt (v. l. n. r.)<br />
3. Wo sind gute Entwicklungen, die wir<br />
unterstützen, veröffentlichen, verbreiten –<br />
als Signale, Anstöße, Beispiele?<br />
Mit dem Projekt »Pädagogische Leistungskultur«<br />
haben wir in den letzten Jahren<br />
Antworten auf diese Fragen deutlich machen<br />
können – gegen den Test-Hype, gegen die<br />
Zensiererei, für einen fairen und unterstützenden<br />
Umgang mit den Schulen, für eine<br />
Lernbegleitung der Kinder, die diesen Namen<br />
auch verdient.<br />
»Allen Kindern gerecht werden« – dies ist<br />
das Motto des nächsten Bundesgrundschulkongresses<br />
im September 2009. Welche<br />
Antworten werden wir dort auf die zentralen<br />
Fragen finden?<br />
Wir werden im Grundschulverband weiter für<br />
eine kindgerechte <strong>Grundschule</strong> arbeiten und<br />
wo nötig auch streiten: die Praxis fördernd,<br />
die Forschung nutzend, die Bildungspolitik<br />
kritisch-konstruktiv begleitend. Als Vorsitzender<br />
des Verbandes leiste ich gerne meinen<br />
Beitrag dazu.<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008<br />
19
Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />
Stellvertretende Vorsitzende:<br />
Maresi Lassek<br />
Grundschullehrerin und Sozialpädagogin,<br />
Jahrgang 1950<br />
Ausgebildet als Sozialpädagogin und Lehrerin<br />
arbeite ich 30 Jahre im Bremer Schuldienst.<br />
Seit einigen Jahren leite ich eine Schule im<br />
sozialen Brennpunkt.<br />
Für mich bedeutet die Weiterentwicklung der<br />
praktischen Schularbeit immer wieder eine<br />
besondere Herausforderung, dies <strong>aktuell</strong> auf<br />
dem Hintergrund der dem deutschen Schulsystem<br />
attestierten starken sozialen Kopplung<br />
von Bildungschancen. Wir müssen an<br />
diesem Punkt die politisch Verantwort lichen<br />
in die Pflicht nehmen, genauso halte ich<br />
es aber für notwendig, in der Praxis pädagogisch<br />
innovative Ansätze zu erproben,<br />
Erfahrungen zu evaluieren und schulübergreifend<br />
zu diskutieren. Der Grundschulverband<br />
eröffnet einen ausgezeichneten<br />
fachlichen Rahmen für pädagogische<br />
Fragestellungen. Mir geht es unter anderem<br />
darum, Kindern mit Migrationshintergrund<br />
und / oder aus schwierigen sozialen Familienverhältnissen<br />
größere Chancen in unserem<br />
Bildungssystem zu eröffnen, aber genauso<br />
die Ressourcen aller Kinder gezielter zu<br />
erkennen und zu entwickeln.<br />
Aspekte wie der Umgang mit Heterogenität,<br />
selbstverantwortliches Lernen, förderdiagnostisches<br />
Handeln und die Übergänge<br />
in unserem Bildungssystem stehen für mich<br />
demzufolge im Fokus und bestimmen meine<br />
bisherigen Arbeitsschwerpunkte:<br />
■ jahrgangsübergreifendes Lernen<br />
■ Zusammenarbeit von Elementar- und<br />
Primarbereich<br />
■ die Entwicklung und Veröffentlichung<br />
eines Beobachtungsverfahrens für den Schulanfang<br />
■ Projekte mit den Institutionen der Ausund<br />
Fortbildung<br />
■ die Zusammenarbeit zwischen Schule,<br />
Sozialen Diensten und Freien Trägern der<br />
Jugendhilfe<br />
Seit 2004 engagiere ich mich als stellvertretende<br />
Vorsitzende im Bundesvorstand des<br />
Grundschulverbands. In diesem Rahmen<br />
werde ich mich weiterhin für eine starke<br />
Position der <strong>Grundschule</strong> einsetzen und in<br />
den kommenden Jahren insbesondere die<br />
Bereiche Gestaltung der <strong>Grundschule</strong>,<br />
Sozialpädagogische Arbeit und Schule in<br />
der Einen Welt vertreten. Die Vernetzung<br />
von Arbeitsfeldern und Institutionen, aber<br />
auch die Notwendigkeit von Kooperation<br />
und Teamarbeit in der Schule werde ich in die<br />
Arbeit im Grundschulverband einbringen.<br />
20 GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008<br />
Stellvertretender Vorsitzender:<br />
Ulrich Hecker<br />
Volksschullehrer, Jahrgang 1950<br />
Seit 1977 arbeite ich im Schuldienst, zunächst<br />
als Lehrer und Konrektor an der Hauptschule,<br />
seit 1989 bin ich Grundschulrektor in Moers<br />
am Niederrhein. Neben der Schularbeit war<br />
ich gern und häufig Referent und Moderator<br />
bei Fortbildungsveranstaltungen.<br />
»Pädagogik braucht Bewegung«: Diese<br />
Erkenntnis begleitet mich mein ganzes Lehrerleben<br />
und mein Engagement in (Bildungs-)<br />
Politik (»Eine Schule für alle Kinder«) und<br />
(Reform-) Pädagogik (»Den Kindern das Wort<br />
geben«). Seit dem Studium an der Pädagogischen<br />
Hochschule Wuppertal (u. a. bei Prof.<br />
Fritz Bärmann) Mitarbeit in der Freinet-<br />
Kooperative.<br />
Zur pädagogischen Arbeit kam die journalistische<br />
Tätigkeit: 20 Jahre war ich verantwortlicher<br />
Redakteur der »neuen deutschen<br />
schule«, der Zeitschrift der GEW in NRW,<br />
und im GEW-Landesvorstand Referent für<br />
Öffentlichkeitsarbeit. Mehrere Jahre habe ich<br />
im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für<br />
Lesen und Schreiben (DGLS) mitgearbeitet, wo<br />
ich für die Homepage und die Publikationen<br />
verantwortlich war.<br />
2004 wurde ich zum Redakteur von »<strong>Grundschule</strong><br />
<strong>aktuell</strong>« und zum Fachreferent für<br />
Öffentlichkeitsarbeit im Grundschulverband<br />
gewählt. Seit Mai 2006 bin ich Stellvertretender<br />
Vorsitzender, auch in dieser Funktion<br />
sind die Redaktion unserer Zeitschrift, die<br />
Mitarbeit an den Publikationen und die<br />
Öffentlichkeitsarbeit des Verbandes meine<br />
wichtigsten Aufgaben.<br />
Unsere Zeitschrift »<strong>Grundschule</strong> <strong>aktuell</strong>«<br />
wurde in den letzten Jahren unter den Aspekten<br />
»Aktualität«, »deutlicher Praxisbezug«<br />
sowie »gute Lesbarkeit« weiterentwickelt,<br />
dazu kommen möglichst <strong>aktuell</strong>e Informationen<br />
des Verbandes und der Landesgruppen.<br />
Dieser Prozess geht weiter: 2009, im Jahr des<br />
großen Grundschulkongresses, wird die Zeitschrift<br />
ein neues, farbiges »Gesicht« erhalten.<br />
Und: Es bleibt die besondere Qualität von<br />
»<strong>Grundschule</strong> <strong>aktuell</strong>«, in jedem Heft ein<br />
<strong>aktuell</strong>es Thema im Zusammenhang von<br />
Praxis, Politik und Wissenschaft darzustellen.<br />
Es ist Aufgabe des Grundschulverbands, die<br />
<strong>aktuell</strong>e Bildungsdiskussion kritisch zu begleiten,<br />
die Bildungsansprüche von Grundschulkindern<br />
zu vertreten und zugleich Alternativen<br />
zu entwickeln und öffentlich zu machen. Dies<br />
alles muss über die Medien des Grundschulverbandes<br />
transportiert werden: Durch Pressemitteilungen,<br />
durch unsere Zeitschrift, durch<br />
die Bände der »Beiträge zur Reform der <strong>Grundschule</strong>«,<br />
über die Homepage des Verbandes<br />
und die Werbemaßnahmen.<br />
Schatzmeisterin:<br />
Minette Volkwardt<br />
Grundschullehrerin, Jahrgang 1951<br />
Seit 36 Jahren bin ich Lehrerin auf der Insel<br />
Usedom. Meine Studienfächer sind Deutsch,<br />
Sachunterricht, Mathematik und Kunst. Da<br />
ich in fachlicher und politischer Hinsicht<br />
stets meine Meinung äußerte, hatte ich in<br />
unserem Landkreis das Vertrauen meiner<br />
Kollegen gewonnen und wurde 1990 zum<br />
Multiplikator für die <strong>Grundschule</strong>n gewählt.<br />
Dadurch ergab sich für mich mehrmals die<br />
Möglichkeit, an fachlichen Fortbildungen<br />
überwiegend in Hamburg teilzunehmen.<br />
Gezielte Hospitationen folgten an Hamburger<br />
Schulen. Seminare an der Behörde für Schule<br />
und Berufsausbildung in Hamburg zeigten<br />
mir neue Wege und Methoden für den Unterricht<br />
auf. Ich knüpfte die ersten Kontakte zu<br />
Mitgliedern des Grundschulverbandes. Da<br />
mich das Engagement des Verbandes und<br />
seine Aufgabenstellungen und Ziele für das<br />
Wohl unserer Kinder an den Schulen begeisterten<br />
und auch mir sehr am Herzen lagen,<br />
wurde ich Mitglied im Grundschulverband.<br />
Die Begegnungen waren für mich Anlass,<br />
mich dafür mit einzusetzen, dass es auch in<br />
Mecklenburg-Vorpommern zur Gründung des<br />
Grundschulverbandes kam. So gehörte ich<br />
zu den Kollegen der »ersten Stunde«, die auf<br />
dem einberufenen Grundschultag in Rostock<br />
den Grundschulverband gründeten.<br />
Seitdem arbeite ich aktiv im Landesvorstand<br />
mit. Des Weiteren war ich als Referentin am<br />
Landesinstitut für Schule und Ausbildung<br />
in Greifswald im Grundschulbereich tätig.<br />
Als Vorsitzende der Rahmenplankommission<br />
für Kunst und Gestaltung war ich maßgeblich<br />
daran beteiligt, dass für dieses Fach<br />
neue Rahmenpläne erstellt wurden. Dazu<br />
führte ich regelmäßig Fortbildungen über<br />
das L.I.S.A. durch. Von 1995 bis 1998 stellte<br />
ich mich einer weiteren Herausforderung.<br />
Ich erweiterte meine Lehrbefähigung um das<br />
Unterrichtsfach »Evangelische Religion« für<br />
die Klassen 1 bis 10. Dieses Studium erfolgte<br />
berufsbegleitend.<br />
Seit 2002 vertrete ich unseren Landesvorstand<br />
auf den Delegiertenversammlungen<br />
des Grundschulverbandes. Die Ziele für die<br />
<strong>Grundschule</strong>, die vom Verband stets fachwissenschaftlich<br />
begleitet werden, waren<br />
und sind für mich wegweisend in meiner<br />
täglichen Arbeit. Mir sind Chancengleichheit<br />
und individuelles Eingehen auf jeden Schüler<br />
wichtig. Ich möchte etwas bewirken für ein<br />
Lernen, das ein Leben lang anhält. Und das<br />
geschieht dann nachhaltig, wenn die Zeit,<br />
die in der Schule verbracht wird, vom Schüler<br />
sinnvoll und erfolgreich erlebt wird. Somit<br />
habe ich als Lehrerin diese Verpflichtung: Förderung<br />
von Lernfreude und Lernkompetenz.<br />
Als gewähltes Mitglied des Vorstandes auf<br />
Bundesebene werde ich meine Erfahrungen<br />
in die Verbandsarbeit einbringen.
Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />
Die Fachreferentinnen<br />
und Fachreferenten<br />
Fachreferat: Gestaltung der <strong>Grundschule</strong><br />
Innere und äußere Gestaltung: Schwerpunkte<br />
unserer Arbeit ist die Entwicklung<br />
des altersgemischten, ganztägigen, längeren<br />
gemeinsamen Lernens und die Zusammenarbeit<br />
verschiedener Professionen.<br />
Dr. Heike De Boer<br />
Akademische Rätin am Institut für<br />
Erziehungswissenschaft an der<br />
Pädagogischen Hochschule Freiburg<br />
Institut für Erziehungswissenschaft<br />
I. Abteilung Bildungsforschung und<br />
Schulentwicklung<br />
Meine Perspektive auf den Grundschulalltag<br />
und die Gestaltung und Veränderung von<br />
<strong>Grundschule</strong> ist durch folgende biografische<br />
Erfahrungen und Prozesse geprägt:<br />
■ Eine zwölfjährige Unterrichtspraxis im<br />
altergemischten Unterricht an einer Kölner<br />
Peter-Petersen-Schule und einer Marburger<br />
<strong>Grundschule</strong> mit altersgemischter Eingangsstufe.<br />
■ Die intensive Auseinandersetzung mit<br />
Prozessen des Sozialen-Lernens im Klassenrat,<br />
im Kinderparlament und in Streitschlichtungsprojekten<br />
– zum einen aus der Perspektive<br />
der in die Praxis involvierten Lehrerin und<br />
zum anderen aus der Perspektive der an der<br />
Hochschule forschenden Wissenschaftlerin<br />
in einem dreijährigen Unterrichtsforschungsprojekt<br />
zum Klassenrat.<br />
■ Die mittlerweile achtjährige Anleitung<br />
schulpraktischer Seminare mit dem Schwerpunkt,<br />
individuelle Lernprozesse von Kindern<br />
beobachten, beschreiben und unterstützen<br />
zu lernen sowie die Subjektivität der eigenen<br />
Wahrnehmung als Lehrerin erkennen und in<br />
ihrer Konsequenz reflektieren zu lernen.<br />
■ Die berufsbegleitende Weiterbildung mit<br />
dem Ansatz der themenzentrierten Interaktion,<br />
die mir u. a. mittels Supervision und<br />
kollegialer Fallbearbeitung wichtiges »Handwerkszeug«<br />
für meinen eigenen Reflexions-<br />
Professionalisierungsprozess geboten hat.<br />
Die für mich wichtige Erfahrung, Grundschulalltag<br />
als Lehrerin erlebt zu haben und als<br />
Wissenschaftlerin betrachten und erforschen<br />
zu können, führt mich zu folgenden Arbeitsschwerpunkten:<br />
1. <strong>Grundschule</strong>ntwicklung als gemeinsamen<br />
Partizipationsprozess der beteiligten Lehrer,<br />
Schüler und Eltern vor dem Hintergrund institutioneller<br />
Ressourcen und Einschränkungen<br />
zu sehen und in bewältigbaren Schritten zu<br />
ermöglichen.<br />
2. Altersgemischtes, ganztägiges, längeres<br />
gemeinsames Lernen und die Zusammenarbeit<br />
von ErzieherInnen und GrundschullehrerInnen<br />
auszubauen.<br />
3. Im Rahmen der Lehrerbildung zukünftige<br />
Lehrende als Teil des Professionalisierungsprozesses<br />
in ihrer Kommunikations-, Kooperations-<br />
und Konfliktfähigkeit zu stärken und<br />
Selbstreflexivität z. B. mittels kollegialer Fallberatungen<br />
systematischer aufzubauen.<br />
4. Die Beobachtung und Analyse von Unterricht<br />
und individuellen Lernprozessen zu<br />
trainieren und für Differenz und Heterogenität<br />
zu sensibilisieren.<br />
5. Die Perspektiven der unterschiedlichen<br />
schulischen Akteure (SchülerInnen, Eltern,<br />
KollegInnen, Institutionen) in ihrer Differenz<br />
und in ihrer Bedeutung für pädagogische<br />
Situationen herauszuarbeiten.<br />
Fachreferat: Länger gemeinsam lernen<br />
Schulstrukturfragen: Als Kernanliegen<br />
werden Aspekte einer Schule gemeinsamen<br />
Lernens bearbeitet. Dazu gehört die<br />
Integration Behinderter und die Ausweitung<br />
gemeinsamen Lernens bis ans Ende<br />
der Pflichtschulzeit.<br />
Peter Heyer<br />
Jahrgang 1931. Von 1953 bis 1963 Lehrer an<br />
einer »additiven Gesamtschule« (<strong>Grundschule</strong>,<br />
Realschule, Gymnasium); Unterrichtspraxis<br />
in den Klassen 1 bis 10 der drei<br />
Schularten. 1963 bis 1967 »Lehrer im Hochschuldienst«<br />
an der PH Berlin, 1964 bis 1967<br />
Seminarleiter in der 2. Phase. Von 1967 bis<br />
1994 (Eintritt in den Ruhestand) Arbeit am<br />
Pädagogischen Zentrum Berlin, zunächst<br />
als Wissenschaftlicher Rat, dann als Wissenschaftlicher<br />
Direktor und Leiter des Referats<br />
»Besondere Fragen der <strong>Grundschule</strong> und der<br />
gemeinsamen Erziehung«.<br />
Seit 1967 aktiv in der GEW in verschiedenen<br />
Funktionen.<br />
Seit 1969 aktiv im Grundschulverband /<br />
Arbeitskreis <strong>Grundschule</strong> in verschiedenen<br />
Funktionen, zurzeit als Vorsitzender der<br />
Berliner Landesgruppe und auf Bundesebene<br />
als Fachreferent »Länger gemeinsam lernen«.<br />
Ausgewählte Schwerpunkte meiner beruflichen<br />
Tätigkeit:<br />
■ 1982 – 1988: Wissenschaftliche Begleitung<br />
des Schulversuchs Uckermark-<strong>Grundschule</strong><br />
(Erste öffentliche Schule in Deutschland, die<br />
in allen ihren Klassen, von der Vorklasse bis<br />
zur 6. Jahrgangsstufe, die Kinder mit Beeinträchtigungen<br />
aus dem Wohnumfeld aufgenommen<br />
hat), zusammen mit Prof. Dr.<br />
U. Preuss-Lausitz und Prof. Dr. H. Eberwein<br />
bzw. Prof. Dr. G. Zielke.<br />
■ 1992 – 1996: Wissenschaftliche Begleitung<br />
des gemeinsamen Unterrichts Behinderter<br />
und Nichtbehinderter im Land Brandenburg,<br />
zusammen mit Prof. Dr. U. Preuss-Lausitz<br />
und Prof. Dr. J. Schöler.<br />
■ Zahlreiche Veröffentlichungen zu Grundschulfragen.<br />
Meine derzeitigen Arbeitsschwerpunkte als<br />
Ruheständler:<br />
■ Tätigkeit für den Grundschulverband auf<br />
Landes- und Bundesebene;<br />
■ Tätigkeit für die bundesweite »Initiative<br />
Länger gemeinsam lernen«;<br />
■ Tätigkeit für den »Runden Tisch Gemeinschaftsschule<br />
Berlin«;<br />
■ Tätigkeit für den Berliner »Arbeitskreis<br />
gemeinsamer Unterricht behinderter und<br />
nichtbehinderter Kinder und Jugendlicher«;<br />
■ Moderation der Rubriken »Bildungs politik«<br />
und «Standpunkt« in der Grundschulzeitschrift.<br />
Worum es mir geht:<br />
Ich will daran mitwirken, dass alle Schulen zu<br />
Schulen werden, in denen alle Mädchen und<br />
Jungen in ihrer Individualität wertgeschätzt<br />
und nachhaltig gefordert und gefördert werden,<br />
ihre Potentiale zu entwickeln.<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008<br />
21
Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />
Fachreferat:<br />
Schulische Qualitätsentwicklung<br />
Bildungsansprüche der Kinder: Wir<br />
werden weiterhin die Diskussionen um<br />
Standards, Evaluation und die internationalen<br />
Schul leistungsstudien kritischkonstruktiv<br />
begleiten und eigene Vorschläge<br />
erarbeiten.<br />
Prof. Dr. Hans Brügelmann<br />
Professor für Grundschulpädagogik und<br />
-didaktik an der Universität Siegen (seit<br />
1993). Nach dem 1. juristischen Staatsexamen<br />
1970 zwei Jahre Assistent beim Deutschen<br />
Bildungs rat (1972 – 74). Danach Mitarbeit in<br />
verschiedenen Evaluations-Projekten im<br />
In- und Ausland (1974 – 80). Promotion in<br />
Erziehungswissenschaft in Konstanz mit<br />
einer Arbeit über »Strategien der Curriculumreform<br />
in den Ländern der Bundesrepublik<br />
Deutschland«. Von 1980 – 1993 Professor für<br />
Anfangsunterricht (Lese-/Schreibdidaktik) an<br />
der Universität Bremen.<br />
Im Grundschulverband bin ich Fachreferent<br />
für Qualitätsentwicklung. Zu meinen Schwerpunkten<br />
im Grundschulverband gehört die<br />
Mitarbeit an Stellungnahmen in den Bereichen:<br />
Leistungsbeurteilung und Leistungsstudien,<br />
Bildungsstandards, Evaluation,<br />
Schulentwicklung.<br />
Zentrale Veröffentlichungen für den Grundschulverband,<br />
an denen ich mitgearbeitet<br />
habe:<br />
■ Zur Qualität der Leistung – 5 Thesen zu<br />
Evaluation und Rechenschaft der Grundschularbeit<br />
(1999)<br />
■ Pädagogische Leistungskultur: Materialien<br />
für Klasse 1/2 und Klasse 3/4. Beiträge zur<br />
Reform der <strong>Grundschule</strong>, Bd. 119, 121 und 123<br />
(2005, 2006, 2007)<br />
■ Sind Noten nützlich und nötig? Zifferzensuren<br />
und ihre Alternativen im empirischen<br />
Vergleich. Eine wissenschaftliche<br />
Expertise des Grundschulverbandes,<br />
erstellt von der Arbeitsgruppe Primarstufe<br />
an der Universität Siegen (2006).<br />
■ Kursbuch <strong>Grundschule</strong> (2009, i. V.)<br />
Weitere Publikationen vor allem zur Öffnung<br />
des Unterrichts, zum Schriftspracherwerb<br />
und seiner Didaktik. Lange Jahre im Beirat<br />
der »Grundschulzeitschrift«, (Mit-)Herausgeber<br />
des »Jahrbuchs Lesen und Schreiben«<br />
der Deutschen Gesellschaft für Lesen und<br />
Schreiben (1986 – 1993) und des »Jahrbuch<br />
<strong>Grundschule</strong>« des Grundschulverbandes /<br />
Arbeitskreis <strong>Grundschule</strong> (1998 – 2003).<br />
Zuletzt sind meine grundsätzlichen Vorstellungen<br />
von Pädagogik und Didaktik<br />
erschienen unter dem Titel »Schule verstehen<br />
und gestalten« (2005).<br />
In diesem Jahr (2008) habe ich gemeinsam<br />
mit Axel Backhaus die »Reformpädagogische<br />
Arbeitsstelle ›Blick über den Zaun‹ « an<br />
der Universität Siegen eingerichtet, die die<br />
Aktivitäten des gleichnamigen Verbunds von<br />
Reformschulen koordiniert.<br />
Fachreferat: Bildungsgerechtigkeit<br />
Wider die Bildungsbenachteiligungen:<br />
Ein besonderes Defizit des Bildungssystems<br />
ist die ganz unzureichende Förderung<br />
benachteiligter Kinder. Wir treten<br />
hier für Förderkonzepte, für die besondere<br />
Ausstattung entsprechender Schulen ein.<br />
Prof. Dr. Angelika Speck-Hamdan<br />
Seit 1995 Professorin für Grundschulpädagogik<br />
und -didaktik an der Universität<br />
München, beide Lehramtsprüfungen, fast<br />
acht Jahre im Schuldienst.<br />
M. A. und Promotion in Pädagogik, Habilitation<br />
mit einer Arbeit über interkulturelle<br />
Erziehung in der <strong>Grundschule</strong>.<br />
Mit-Aufbau einer Lernwerkstatt am Lehrstuhl<br />
für Grundschulpädagogik und -didaktik an<br />
der Universität München, Mitglied in der<br />
Grundsatzkommission zum Lehrplan für<br />
die bayerischen <strong>Grundschule</strong>n 2000, Mitglied<br />
der Steuerungsgruppe Bildungsstandards<br />
in der KMK.<br />
Veröffentlichungen zu verschiedenen<br />
Themen der Grundschulpädagogik, u. a. zu<br />
Neuen Medien, zum Schriftspracherwerb,<br />
zum Übergang Kindergarten / <strong>Grundschule</strong><br />
und zur individuellen Förderung.<br />
Seit 1988 im Grundschulverband tätig,<br />
zu nächst als Mitglied des Beirats, später<br />
(bis heute) im Landesgruppenvorstand Bayern,<br />
von 1996 bis 2004 im Bundesvorstand,<br />
zuständig für Forschung und LehrerInnenbildung,<br />
Betreuung der Rubrik »Aus der<br />
Forschung« in der Mitgliederzeitschrift.<br />
Vergleichende Schulleistungsstudien (PISA,<br />
IGLU) haben deutlich gezeigt, dass das Ziel<br />
der Bildungsgerechtigkeit in Deutschland<br />
immer noch verfehlt wird, obwohl das<br />
Problem schon seit über dreißig Jahren<br />
erkannt ist. Auch schon in der <strong>Grundschule</strong> ist<br />
ein enger Zusammenhang zwischen sozialer<br />
Herkunft und Schulerfolg nachweisbar.<br />
Kinder aus so genannten bildungsfernen<br />
Elternhäusern erreichen geringere Kompetenzen<br />
als Kinder aus bildungsnahen.<br />
Ein spezielles Risiko tragen Kinder mit<br />
Migra tionshintergrund.<br />
Der <strong>Grundschule</strong> ist daher die besondere<br />
Verantwortung aufgegeben, alle Kinder<br />
unabhängig von ihrer sozialen Herkunft<br />
und von ihren damit zusammenhängenden<br />
Ressourcen zu fördern.<br />
Der Grundschulverband muss das Thema<br />
Bildungsgerechtigkeit kontinuierlich in die<br />
bildungspolitische Diskussion einbringen.<br />
Wir können zur Stärkung einer Kultur des<br />
Förderns in den Schulen und in der Lehrerinnen-<br />
und Lehrerbildung beitragen.<br />
Dazu gehört die Fokussierung der Aufmerksamkeit<br />
auf besondere Risikogruppen und<br />
ihre Bildungsansprüche (z. B. Kinder mit<br />
Migrationshintergrund, Kinder aus Armutsfamilien)<br />
und die Sensibilisierung von Lehrerinnen<br />
und Lehrern für diese Verantwortung.<br />
Fachreferat: Lehrer/innen-Bildung<br />
Professionalisierung: Wir werden uns<br />
weiterhin mit den verschiedenen aktu ellen<br />
Modellen der Lehrer/innen-Bildung<br />
aus einandersetzen. Hierzu rechnen wir alle<br />
drei Phasen: die Aus-, Fort- und Weiterbildung.<br />
Prof. Dr. Gudrun Schönknecht<br />
22 GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008
Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />
Jahrgang 1963. Nach meinem Studium Lehramt<br />
an <strong>Grundschule</strong>n und Deutsch als Zweitsprache<br />
promovierte ich mit einer Arbeit über<br />
die professionelle Entwicklung von GrundschullehrerInnen.<br />
Entscheidende Reformimpulse<br />
für Schule, Hochschule und Lehrerbildung<br />
gingen m. E. in den 1990er Jahren von<br />
der Lernwerkstättenbewegung aus, die für<br />
mich ein wichtiger Arbeitsbereich wurde. Ich<br />
gründete und leitete in dieser Zeit eine Lernwerkstatt.<br />
Danach unterrichtete ich mehrere<br />
Jahre an einer <strong>Grundschule</strong> in den ersten beiden<br />
Jahrgangsstufen, war Praktikumslehrerin<br />
und in der Lehrerfortbildung aktiv. Mein Weg<br />
führte anschließend zurück zur Hochschule<br />
– mit mehreren Stationen in verschiedenen<br />
Bundesländern, seit 2004 bin ich an der Pädagogischen<br />
Hochschule Freiburg tätig.<br />
Dem Grundschulverband bin ich bereits als<br />
Studentin in den 1980ern beigetreten. Die<br />
konsequente konzeptionelle, theoretische<br />
und praxisorientierte Reformarbeit im Grundschulverband,<br />
die bildungspolitischen Aktionen,<br />
immer im Blick auf das Kind, haben mich<br />
beeindruckt und dazu geführt, mich selbst<br />
im Verband zu engagieren. Die »Beiträge zur<br />
Reform der <strong>Grundschule</strong>« – auch die Ausgaben<br />
aus der Anfangszeit – waren bereits<br />
im Studium wichtige Anregungen für meine<br />
eigene berufliche Entwicklung. Im Grundschulverband<br />
arbeitete ich zunächst v. a. in<br />
der Landesgruppe Bayern, in der ich immer<br />
noch aktiv bin, mit, dann auch im Bundesverband<br />
als Delegierte und in verschiedenen<br />
Arbeitsgruppen. Seit 2000 bin ich Fachreferentin<br />
für LehrerInnenbildung.<br />
Wesentlich ist für mich im Grundschulverband<br />
die Verknüpfung von bildungspolitischer<br />
und konstruktiver inhaltlicher<br />
Arbeit. Immer wieder, immer in Bezug auf<br />
die <strong>aktuell</strong>e Situation in der Bildungslandschaft<br />
und Gesellschaft suchen Delegierte,<br />
Vorstand und FachreferentInnen gemeinsam<br />
nach neuen inhaltlichen Schwerpunkten, die<br />
für die Reform der <strong>Grundschule</strong> wichtig sind.<br />
Diese Themen werden auf verschiedenen<br />
Ebenen vernetzt bearbeitet, was die Arbeit<br />
sehr spannend macht und auch eine Besonderheit<br />
darstellt: Forschung, Schul praxis,<br />
Lehrerbildung und Schulreform werden aufeinander<br />
bezogen. Nach unserer intensiven<br />
Arbeit an »Pädaogischer Leistungskultur«<br />
möchte ich mich gerne auch an künftigen<br />
Vorhaben beteiligen.<br />
Angesichts der zurzeit großen Veränderungen<br />
in der LehrerInnenbildung, die sich v. a.<br />
im Strukturellen zeigen (Umstellung der<br />
Studiengänge auf BA/MA) werde ich mich<br />
weiterhin im Grundschulverband vor allem<br />
damit beschäftigen, wie Qualität in der<br />
LehrerInnenbildung – inhaltlich und in Bezug<br />
auf die Rahmenbedingungen – erreicht und<br />
gesichert werden kann.<br />
Fachreferat: Grundschulforschung<br />
<strong>Grundschule</strong> und Wissenschaft: Wir<br />
werden wichtige praxisbedeutsame<br />
Forschungs arbeiten unterstützen und<br />
die Ergebnisse verbreiten. Die Zusammenarbeit<br />
mit Forscherinnen und Forschern<br />
ist dabei ein wichtiges Anliegen.<br />
Prof. Dr. Friederike Heinzel<br />
Jahrgang 1962. Ich bin in Saarbrücken<br />
geboren, im Saarland zur Schule gegangen<br />
und aufgewachsen. Nach dem Abitur (1981)<br />
schloss sich ein Lehramts- und dann ein<br />
Promotionsstudium in Marburg an. In dieser<br />
Zeit sind auch meine beiden Kinder geboren,<br />
Philipp (1984) und Mirko (1993). Es folgten<br />
Promotion (1995) in Marburg und Habilitation<br />
(2001) in Halle.<br />
Ich war in verschiedenen pädagogischen<br />
Praxisfeldern tätig: an <strong>Grundschule</strong>n, an<br />
Hochschulen, in der Lehrerbildung, in der<br />
Frauenbildung und in der Hochschuldidaktik.<br />
Von 1996 bis 2002 war ich als Wissenschaftliche<br />
Assistentin am Institut für Grundschulpädagogik<br />
der Martin-Luther-Universität<br />
Halle-Wittenberg. Seit 2003 bin ich Professorin<br />
für Erziehungswissenschaft mit dem<br />
Schwerpunkt Grundschulpädagogik an der<br />
Universität Kassel.<br />
In der Lehre und Forschung geht es mir<br />
da rum, die Perspektiven der Kindheitsforschung<br />
und Grundschulpädagogik zu verbinden.<br />
Mein Forschungsinteresse richtet sich<br />
auf den Alltag von Schule und Unterricht.<br />
Als Referentin des Fachreferats »Grundschulforschung«<br />
möchte ich zu einem gewinnbringenden<br />
Austausch zwischen Praxis und<br />
Forschung im Bereich der Grundschulpädagogik<br />
beitragen<br />
Fachreferat: Schule in der Einen Welt<br />
Projekt des Grundschulverbandes:<br />
Aspekte internationaler Bezüge im Unterricht<br />
sowie internationale Vergleiche von<br />
Bildungssystemen kommen hier zum<br />
Tragen. Themen aus dem Lernbereich<br />
»Eine Welt«, Fragen zu internationalen<br />
Schulpartnerschaften sowie der Kulturenvielfalt<br />
in unseren Schulen und generell<br />
der Umgang mit der »Globalisierung«<br />
bilden den Schwerpunkt der Arbeit.<br />
Andrea Pahl<br />
Ich bin 1966 in Bremen geboren, dort zur<br />
Schule gegangen und habe ebenfalls in<br />
Bremen 1986 Abitur gemacht. Da ich auf<br />
alle Fälle beruflich »etwas Soziales« machen<br />
wollte, habe ich erstmal ein freiwilliges<br />
soziales Jahr mit Ausbildung zur Schwesternhelferin<br />
und Hauskrankenpflegerin absolviert.<br />
Anschließend folgte ein Lehramtsstudium<br />
und 1992 das erste Staatsexamen für das<br />
Grundschullehramt an der Universität<br />
Bremen. Während des Studiums lernte ich<br />
das Projekt »Eine Welt in der Schule« kennen<br />
und bin dort seit November 1989 tätig.<br />
Die Vielfältigkeit der Aufgaben, die vielen<br />
internationalen Kontakte und vor allem die<br />
Möglichkeit, theoretisch zu arbeiten und<br />
gleichzeitig immer wieder auch praktisch an<br />
unterschiedlichsten Schulen zu unterrichten<br />
bzw. Unterricht zu begleiten fasziniert mich<br />
bis heute an meiner Arbeit. Seit 1992:<br />
■ Regelmäßige bundesweite Planung<br />
und Durchführung von überregionalen und<br />
schulinternen Lehrerfortbildungen<br />
■ Begleitung bzw. Übernahme von Unterricht<br />
bei Unterrichtsprojekten / Projektwochen<br />
zum Lernbereich »Eine Welt«<br />
■ Autorin und Redaktion bei der Zeitschrift<br />
»Eine Welt in der Schule«<br />
■ Durchführung von Lehrveranstaltungen<br />
an der Universität Bremen<br />
■ Erstellung von Texten u. a. für die Misereor<br />
Fastenaktion, für UNICEF und für den Schulwettbewerb<br />
des Bundespräsidenten »Alle für<br />
eine Welt für alle«<br />
■ Durchführung von »Cross-culturetrainings«<br />
im außerschulischen Bereich<br />
■ Mitarbeit bei internationalen Kulturtagen<br />
und Festivals<br />
Schwerpunkt meiner Arbeit ist es, den<br />
Kindern, aber auch Lehrerinnen und Lehrern<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008<br />
23
Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />
die Faszination des Lernbereiches »Eine<br />
Welt« nahe zu bringen bei gleichzeitig<br />
möglichst differenzierter Faktenvermittlung.<br />
Ich möchte Mut machen zu einer eigenen<br />
Kultur, zu eigenen Werten zu finden und<br />
dabei andere Kulturen und Weltsichten als<br />
Bereicherung wahrzunehmen. Schule spielt<br />
für diese Entwicklung eine wichtige Rolle und<br />
sollte unbedingt das ergänzen und differenzieren,<br />
was die Medien vor allem als Exotik<br />
oder Elends-Katastrophenproblematik über<br />
andere Länder und Kulturen vermitteln.<br />
Im August 2006 kam mein Sohn Jonas<br />
Alexander zur Welt, der hoffentlich in den<br />
nächsten zwei Jahrzehnten zu einem selbstbewussten<br />
und offenen Weltbürger heranwächst.<br />
Fachreferat: Sozialpädagogik<br />
Kooperation zwischen Elementar- und<br />
Primar bereich. Dazu gehören die Übergänge,<br />
ihre Gestaltung und Flexibilisierung<br />
ebenso wie die Verzahnung von<br />
s ozialpädagogischer und schulpädagogischer<br />
Arbeit und die Zusammenarbeit<br />
der verschiedenen Profes sionen und deren<br />
Bedingungen.<br />
Eva Hammes-Di Bernardo M.A.<br />
Während dieser Zeit bereitete ich mich<br />
berufsbegleitend auf die erste Teilprüfung<br />
als »Staatlich anerkannte Erzieherin« vor.<br />
Es schloss sich eine fünfjährige Tätigkeit<br />
als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der<br />
Universität des Saarlandes als Projektreferentin<br />
für »Grenzüberschreitende deutschfranzösische<br />
Studien« der Universitäten<br />
Saarbrücken und Metz an, ich war verantwortlich<br />
für die Planung und Verwaltung des<br />
französischen Diplomabschlusses »Licence<br />
de Lettres Modernes« und Lehrbeauftragte in<br />
der Romanistik und für das Auslandsamt.<br />
1994 kehrte ich wieder zu meinem ursprünglichen<br />
Arbeits- und Forschungsschwerpunkt<br />
zurück, der Bildung und Erziehung in der<br />
frühen Kindheit im internationalen Vergleich,<br />
der Sprachentwicklung und der interkulturellen<br />
Erziehung. Ich wurde Projektleiterin<br />
für das saarländische Sozialministerium für<br />
den Bereich »Zweisprachige deutsch-französische<br />
Erziehung im Kindergarten«, anschließend<br />
leitete ich das Referat Kindertageseinrichtungen<br />
beim Landesjugendamt Saarland,<br />
zusätzliche Arbeitsschwerpunkte neben den<br />
Auf gaben laut KJHG waren die zweisprachige<br />
und interkulturelle Erziehung im Kindergarten,<br />
die Entwicklung des pädagogischen<br />
Kon zeptes für die zweisprachigen deutschfranzösischen<br />
Kindergärten im Saarland, der<br />
Aufbau und die Koordination des Projektes<br />
und seiner Begleitung.<br />
Seit Juli 2001 arbeite ich als Fachreferentin für<br />
Sprachentwicklung, frühkindliche Zweisprachigkeit<br />
und Bildungsfragen im Kindergarten<br />
im saarländischen Ministerium für Bildung,<br />
Familie, Frauen und Kultur. Zu meinen referatsübergreifenden<br />
Arbeitsfeldern gehört der<br />
Übergang Kindergarten-<strong>Grundschule</strong> und<br />
die Entwicklung eines Sprachenplanes von<br />
der Krippe bis zur Sekundarschule.<br />
Da es für mich sehr wichtig ist, dass es eine<br />
konstruktive Beziehung zwischen Theorie<br />
und Praxis gibt, bin ich weiterhin Lehrbeauftragte<br />
an der Universität des Saarlandes im<br />
Bereich Deutsch als Fremdsprache, Schwerpunkte<br />
u. a.: Frühkindlicher Zweitsprachenerwerb<br />
und ausländische Kinder im Elementar-<br />
und Primarbereich und im Bereich<br />
Romanistik – Methodik und Didaktik der<br />
Fremdsprachenvermittlung, internationale<br />
Pädagogik. Ich arbeite als freie Bildungsreferentin,<br />
habe immer wieder Lehraufträge<br />
an den deutschen Schulen im Ausland und<br />
in internationalen Institutionen. Von 2004<br />
bis 2007 vertrat ich die Bundesrepublik in<br />
der OMEP – Organisation Mondiale pour<br />
l’Éducation Préscolaire.<br />
Ich bin seit 2001 im Vorstand des Pestalozzi-<br />
Fröbel-Verbandes und dessen 1. Vorsitzende<br />
seit 2004. Neben zahlreichen Artikeln für verschiedene<br />
Fachzeitschriften habe ich mehrere<br />
Fachbücher veröffentlicht, u. a. zusammen<br />
mit Angelika Speck-Hamdan die Lose-Blatt-<br />
Sammlung »Vom Kindergarten in die <strong>Grundschule</strong>:<br />
den Übergang gemeinsam gestalten«.<br />
Im Grundschulverband möchte ich mich<br />
für eine Annäherung der beiden wichtigen<br />
Systeme Kindergarten und <strong>Grundschule</strong><br />
engagieren, um den Kindern eine größere<br />
Garantie für die Kontinuität in ihrer Bildungsbiografie<br />
zu geben. Eine engagierte Auseinandersetzung<br />
soll es in den nächsten Jahren<br />
auch im Bereich der sozialpädagogischen<br />
Arbeit in und um die <strong>Grundschule</strong> herum<br />
geben.<br />
Jahrgang 1959. Sprach- und Literaturwissenschaftlerin<br />
M. A., ès Lettres Modernes et<br />
Etrangères mit den Schwerpunkten Deutsch<br />
als Fremdsprache und interkulturelle<br />
Erziehung und Kommunikation. Ich bin<br />
verheiratet und habe drei Söhne im Alter von<br />
17 bis 25 Jahren.<br />
Pädagogische<br />
Leistungskultur<br />
jeder Band 17 Euro, für Mitglieder 13 Euro<br />
Band 121<br />
ISBN 3-930024-94-2<br />
Best.-Nr. 1079<br />
Nach einem Studium der Germanistik,<br />
Romanistik (Französisch und Italienisch) und<br />
Ethnologie / Anthropologie in Deutschland<br />
und Frankreich war ich verantwortliche<br />
Projekt leiterin für den Bildungsausschuss<br />
des italienischen Konsulates im Saarland und<br />
dessen Programme für die bilinguale und<br />
bikulturelle Integration italienischer Kindergartenkinder.<br />
Band 118<br />
ISBN 3-930024-87-X<br />
Best.-Nr. 1076<br />
Band 119<br />
ISBN 3-930024-88-8<br />
Best.-Nr. 1077<br />
Band 124<br />
ISBN 3-930024-96-9<br />
Best.-Nr. 1082<br />
24 GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008
Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />
Gelassen, aber nicht geruhsam<br />
Prof. Dr. Rudolf Schmitt wurde Ehrenmitglied<br />
Mit der Auszeichnung: Ehrenmitglied<br />
geht der Grundschulverband<br />
sparsam um. Sie soll<br />
eine Auszeichnung bleiben für ganz<br />
besondere langjährige Verdienste um den<br />
Grundschulverband.<br />
Nun verabschiedete sich Prof. Dr. Rudolf<br />
Schmitt aus der Verbandsarbeit und die<br />
Delegiertenversammlung wählte ihn einstimmig<br />
zum Ehrenmitglied.<br />
Seit 1983 war Rudolf Schmitt Mitglied<br />
des Bundesvorstandes. Von 1986 bis 2000<br />
war er Geschäftsführender Vorsitzender.<br />
Danach wirkte er als Fachreferent für das<br />
Projekt »Eine Welt in der Schule« bis zum<br />
Mai dieses Jahres im Verband mit.<br />
Unaufgeregt und gelassen – so hatte er<br />
den Verband vierzehn Jahre lang geleitet.<br />
Gelassen, aber nicht geruhsam. Dagegen<br />
stand dreierlei:<br />
Erstens der Blick von Rudolf Schmitt auf<br />
die Kinder und die wenig kindgerechte<br />
Schule.<br />
Zweitens <strong>aktuell</strong>e Entwicklungen und Einsichten,<br />
die zwar die veränderte Kindheit<br />
und die Verschiedenheit der Kinder hervorhoben,<br />
aber schulpolitisch nicht zu den<br />
entsprechenden Konsequenzen fanden.<br />
Und drittens die Notwendigkeit, den<br />
Arbeitskreis <strong>Grundschule</strong> der siebziger und<br />
achtziger Jahre zu einem Verband umzugestalten,<br />
um öffentlich mehr mediale und<br />
politische Aufmerksamkeit und Schlagkraft<br />
zu erreichen.<br />
Das letztere führte nach langen verbandsinternen<br />
Diskussionen zu einer neuen<br />
Satzung und einem neuen Namen, nämlich<br />
»Grundschulverband«.<br />
Für die beiden anderen Punkte erwirkte er<br />
Zustimmung und Mitarbeit unter anderem<br />
zu drei Großveranstaltungen:<br />
■ 1989 Bundesgrundschulkongress zum<br />
Thema »Veränderte Kindheit« mit dem<br />
Frankfurter Manifest als Abschluss und<br />
Fanal;<br />
■ 1995 Bundesgrundschulkonferenz in<br />
Berlin zum Thema: »Zukunft der Kinder«<br />
mit dem Berliner Memorandum zur<br />
Veränderung der <strong>Grundschule</strong> als Antwort<br />
auf gesellschaft liche Umbrüche;<br />
■ 1999 Bundesgrundschulkongress zum<br />
Thema: »Vielfalt in der Gemeinsamkeit« mit<br />
der Frankfurter Erklärung, in der die Verschiedenheit<br />
der Kinder als pädagogischer<br />
Gewinn und Aufgabe zugleich verstanden<br />
wurde.<br />
(Für Interessenten: Die Inhalte und Ergebnisse<br />
dieser drei Groß veranstaltungen sind<br />
jeweils in Bänden des Grundschulverbandes<br />
dokumentiert.)<br />
Bereits bevor Rudolf Schmitt Mitglied<br />
im Vorstand wurde, hatte er 1979 zusammen<br />
mit dem Gründer unseres Verbandes,<br />
Erwin Schwartz, ein Projekt aus der Taufe<br />
gehoben, das längst Schulgeschichte<br />
gemacht hat: »Eine Welt in der Schule«.<br />
Unter Leitung von Rudolf Schmitt wurden<br />
Materialien erarbeitet, Fortbildungen<br />
durchgeführt, Themenkisten gepackt und<br />
Rudolf Schmitt stellte<br />
sich auf der Delegiertenversammlung<br />
im Mai 2008 für<br />
das Fachreferat »Welt in der<br />
Schule« nicht mehr zur Wahl.<br />
Er verabschiedete sich nach<br />
mehr als 22-jähriger aktiver<br />
Arbeit in den Gremien des<br />
Grundschul verbandes. Wegen<br />
seiner besonderen Verdienste<br />
um den Aufbau, die Förderung<br />
und Gestaltung des Grundschulverbandes<br />
verlieh die<br />
Delegierten versammlung<br />
Prof. Dr. Rudolf Schmitt die<br />
Ehrenmitgliedschaft.<br />
(links: Rudolf Schmitt, rechts<br />
im Bild: Horst Bartnitzky)<br />
an Schulen verschickt, die dies Anliegen<br />
hatten: Kinder hierzulande für Lebenssituationen<br />
in anderen Teilen dieser Erde<br />
zu interessieren und zu sensibilisieren.<br />
Inzwischen ist dieses Projekt längst über<br />
die Zielgruppe der Grundschulkinder hinausgewachsen<br />
– weiter bis Klasse 10 und<br />
zurück in die Kindertagesstätten. Es ist<br />
aber ein Projekt des Grundschulverbandes<br />
geblieben.<br />
Dass Rudolf Schmitt außerdem fünfzehn<br />
Jahre lang die Mitgliederbände des Grundschulverbandes<br />
verantwortlich herausgab,<br />
sei nur noch angefügt.<br />
Der Grundschulverband ist Rudolf<br />
Schmitt für seine langjährige und langfristig<br />
wirksame Arbeit zu besonderem<br />
Dank verpflichtet. Die Ehrenmitgliedschaft<br />
ist dafür ein äußerliches Zeichen.<br />
Dr. Horst Bartnitzky<br />
Vorsitzender des Grundschulverbandes<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008<br />
25
Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />
Nachrichten aus dem Bundesverband<br />
BundesGrundschulKongress »Allen Kindern gerecht werden«<br />
Frankfurt / M., 11. und 12. September 2009<br />
neue Zeit, neuer Ort!<br />
Frankfurt / Main, Campus Westend:<br />
Wo der Bundesgrundschulkongress<br />
stattfinden wird<br />
Horst Bartnitzky berichtet:<br />
»Wir fuhren zum ›Campus Westend‹ der Frankfurter Universität.<br />
Der nämlich ist als ›Tatort‹ für unseren Bundesgrundschul<br />
kongress 2009 vorgesehen.<br />
Ein eindrucksvoller Ort: Auf einem Hügel liegend ein<br />
Gebäude ensemble – Anfang der dreißiger Jahre im Bauhaus-<br />
Stil gebaut. Außen Sandstein in verschiedenen hellen Brauntönen,<br />
Glas, innen Holzvertäfelung, oft Parkett. Vor wenigen<br />
Jahren nach Auszug der Amerikaner grund saniert. Ein<br />
Schmuckstück. Die Räumlichkeiten für unseren Kongress<br />
liegen alle nah beieinander, sind rasch und gut zu finden,<br />
zentral das Eingangsforum für Empfang und Ausstellungen,<br />
große Mensa mit gutem Essen, mehrere Cafeterias. Die<br />
Räume fassen 70 bis 150 Leute, der große Saal 600, das neue<br />
Gebäude hat im Auditorium Platz für 1200 Menschen.«<br />
Wettbewerb »Alle für Eine Welt für Alle«.<br />
Preisträger durch Bundespräsident Horst Köhler ausgezeichnet<br />
Der erste Preis ging an die Klassen 3a und<br />
3b der <strong>Grundschule</strong> Atter (Osnabrück), mit<br />
dem Beitrag »Wir sind Kinder einer Welt«.<br />
Die Kinder dieser Klassen pflegen eine intensive<br />
Patenschaft zu Schulen im afrikanischen<br />
Malawi. Ihre Erfahrungen und persönlichen<br />
Briefkontakte mit den Partnerschulen haben<br />
sie in Sachtexten, lyrischen Texten und<br />
Fotos zusammengetragen. Die Verbindung<br />
der Schule mit den Menschen in Malawi ist<br />
inzwischen so stark, dass sie eine Skulptur,<br />
die »Welt-Nana« in der Schulaula aufgebaut<br />
haben.<br />
Den zweiten Preis erhielt die Thomas-Morus-<br />
Schule in Münster mit dem Beitrag »Kinder<br />
bauen eine Brücke«. Die Schule stellt mit diesem<br />
Beitrag ihr <strong>aktuell</strong>es Partnerschaftsprojekt<br />
»arco iris« (= Regenbogen) zwischen<br />
Deutschland und Brasilien vor. Dieses Projekt<br />
setzt sich aus vielen Einzelbausteinen zusammen<br />
und bildet eine Brücke zwischen Münster<br />
und Timbiras (Brasiien).<br />
Der dritte Preis ging an die Papageno-<strong>Grundschule</strong><br />
in Berlin mit dem Beitrag »Kinder ha-<br />
ben Rechte«. Die Kinder haben an ihrer <strong>Grundschule</strong><br />
verschiedene Aktionen zum Thema<br />
»Kinderrechte« veranstaltet. Sie organisierten<br />
einen dreimonatigen Workshop, führten Interviews<br />
und Umfragen unter ihren Mitschülern<br />
durch oder schrieben Hörspiele zum Thema.<br />
Wettbewerb »Alle für Eine Welt für Alle«.<br />
Bundespräsident Horst Köhler gratuliert den<br />
Gewinnern der Kategorie 1 (1. – 4. Klasse).<br />
Siehe auch unser »Tagebuch« auf S. 2.<br />
26 GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008
Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />
… aus den Landesgruppen<br />
Baden-Württemberg<br />
Anschrift: Dipl.-Päd. Adolf Messer, Stockacker 15, 79252 Stegen, www.gsv-bw.de<br />
Der alte Vorstand ist – fast –<br />
der neue!<br />
Anlässlich der ordentlichen Mitgliederversammlung<br />
der Landesgruppe<br />
legte der Vorstand seinen<br />
durchaus sehenswerten Arbeitsbericht<br />
über die vergangene<br />
Legislaturperiode vor. Als Folge<br />
wurde der Vorstand einstimmig<br />
entlastet. Bernd Rechel sprach<br />
den Dank der Mitglieder für die<br />
geleistete Arbeit aus. Er leitete<br />
auch die Neuwahl, bei der der<br />
neue Vorstand wie folgt besetzt<br />
wurde: Vorsitzender weiterhin<br />
Hans-Joachim Fischer; Stellvertreter:<br />
Angela Berkenhoff und<br />
– neu – Frau Prof. Dr. Brinkmann;<br />
Schatzmeisterin: Gerlinde<br />
Straub; Pressereferent: Edgar<br />
Bohn; Beisitzer: Magdalene<br />
Haug (auch Delegierte), Adolf<br />
Messer, Gabriele Doderer,<br />
Annette Pohl und (neu) Frau<br />
Prof. Dr. Benz.<br />
Aus langjähriger Vorstandsarbeit<br />
verabschiedet wurden Gerhard<br />
Haug und Kurt Meiers. Eine<br />
Reihe von Anregungen zur weiteren<br />
Arbeit wurde dem Vorstand<br />
mit auf den Weg gegeben, der<br />
die Aufgaben in einer konstituierenden<br />
Sitzung im Juni angehen<br />
wird.<br />
Prof. Dr. Kurt Meiers<br />
verabschiedet<br />
Der Vorstand nützte den Grundschultag<br />
und die anschließende<br />
Mitgliederversammlung, um<br />
Prof. Dr. Kurt Meiers aus dem<br />
Vorstand der Landesgruppe zu<br />
verabschieden. Meiers war im<br />
Gründungsvorstand des Bundesverbands,<br />
engagierte sich von<br />
Anfang an in der Landesgruppe<br />
Baden-Württemberg, baute diese<br />
wesentlich mit auf und blieb ihr<br />
bis jetzt treu verbunden. Prof.<br />
Dr. Gabriele Faust würdigte sein<br />
Wirken in Worten und Bildern<br />
aus den Anfängen bis heute. Mit<br />
einem Ständchen und einem<br />
würdigen Präsent dankte der Vorstand<br />
für die stets konstruktive,<br />
weitblickende Unterstützung, die<br />
mit höchster Fachkompetenz und<br />
menschlicher Wärme einzigartig<br />
gepaart war. In bewegten Worten<br />
dankte der Geehrte und versprach:<br />
»Ich stehe euch auch weiterhin<br />
beratend zur Verfügung.«<br />
Dies versüßte den Abschied für<br />
den Vorstand der Landesgruppe<br />
erheblich.<br />
Kindergarten und <strong>Grundschule</strong><br />
– auf dem Weg zu gemeinsamer<br />
Bildungsverantwortung?<br />
Eine Reihe von Fachtagungen der<br />
Landesgruppe hatte sich bereits<br />
Aspekten der gemeinsamen Bildungsverantwortung<br />
gewidmet.<br />
Prof. Dr. Fischer machte bei seiner<br />
Begrüßung zum Grundschultag<br />
der Landesgruppe deutlich,<br />
dass in diesem Bereich in der<br />
Bildungspolitik im Lande vieles<br />
in Bewegung sei und die Gräben<br />
zwischen Elementarpädagogik<br />
und <strong>Grundschule</strong> langsam überbrückt<br />
würden.<br />
Für den Grundschultag waren<br />
mit Prof. Dr. Schäfer (Uni Köln)<br />
und Prof. Dr. Röbe (PH Ludwigsburg)<br />
zwei hochkarätige Referenten<br />
gewonnen worden. Schäfer<br />
machte deutlich, dass es in der<br />
Bevölkerung kaum ein Bewusstsein<br />
über die Bedeutung frühkindlicher<br />
Bildung gäbe und<br />
dies leider – jedenfalls dann,<br />
wenn es um Ressourcenzuteilung<br />
gehe – auch bei Politikern<br />
nicht anders sei. An plastischen<br />
Bild- und Filmbeispielen zeigte<br />
er auf, wie frühkindliche Bildung<br />
geschaffen sein sollte: Sie muss<br />
von der konkreten Erfahrung in<br />
der Lebens-Welt der Kinder ausgehen<br />
und diese vielfältig aufgreifen<br />
und bearbeiten lassen.<br />
Röbe stimmte dem aus der Perspektive<br />
des Schriftspracherwerbs<br />
im Primarbereich zu. Ihre<br />
Forderung – fast identisch mit<br />
der Schäfers: Kinder müssen<br />
sich in (sprach)anregungsreicher<br />
Umgebung bewegen und erfahren<br />
können. Der Kindergarten<br />
hat insofern keine Vorläuferfunktion<br />
für die <strong>Grundschule</strong>, er kann<br />
nicht gezielt und explizit auf den<br />
Schriftspracherwerb vorbereiten.<br />
Genau dies – so ihre Auffassung<br />
– würde jedoch durch die derzeit<br />
in Kindergärten weit verbreiteten<br />
Materialien suggeriert. Hier<br />
müssten Gegenmodelle greifen,<br />
wozu sie auch konkrete Anregungen<br />
gab. Diese – sowie die<br />
wesentlichen Aussagen Schäfers<br />
– werden demnächst auf der<br />
Homepage der Landesgruppe zu<br />
finden sein.<br />
(für die Landesgruppe: Edgar Bohn)<br />
Neuordnung der Ausbildung für<br />
das Lehramt an <strong>Grundschule</strong>n in<br />
Baden-Württemberg<br />
Am 2. 4. 2008 legte das Kultusministerium<br />
ein Eckpunkte papier<br />
vor, das die Ausbildung von<br />
Grund-, Haupt- und Realschulen<br />
neu ordnen soll. Für die <strong>Grundschule</strong><br />
ergeben sich danach<br />
wichtige Veränderungen. Dazu<br />
gehören vor allem die Auflösung<br />
des bisherigen GHS-Verbundlehramtes<br />
und die Einführung eines<br />
eigenständigen Primarlehramtes.<br />
Insgesamt korrigiert der Entwurf<br />
einige falsche Weichenstellungen,<br />
indem er die komplexen<br />
und spezifischen Aufgaben- und<br />
Handlungsfelder der <strong>Grundschule</strong><br />
stärker berücksichtigt. Damit<br />
erfüllt er ein zentrales Anliegen<br />
der Landesgruppe. Zusammen<br />
mit den Entwicklungen, die zur<br />
Prof. Dr. Kurt Meiers (4. v. l.) wurde<br />
mit einer Feier aus dem Vorstand der<br />
Landes gruppe verabschiedet<br />
Einrichtung von BA-Studiengängen<br />
an allen Pädagogischen<br />
Hochschulen des Landes geführt<br />
haben, werden hier wichtige Verbesserungen<br />
für die Bildung von<br />
Kindern angestoßen. Dennoch<br />
gibt es konzeptionelle Probleme,<br />
die die Landesgruppe in einem<br />
Positionspapier anspricht.<br />
1. Die Trennung von Grundschulund<br />
Hauptschullehramt ermöglicht<br />
einerseits eine spezifischere<br />
Berücksichtigung des<br />
Aufgabenzusammenhangs der<br />
<strong>Grundschule</strong>. Dazu gehört auch,<br />
dass eine Brücke zum Elementarbereich<br />
geschlagen wird. Es fällt<br />
aber auf, dass an eine entsprechende<br />
Brücke zur Sekundarstufe<br />
nicht mehr gedacht wird.<br />
2. Die Brücke zum Elementarbereich<br />
darf sich nicht nur auf den<br />
Aspekt Schulfähigkeit oder auf<br />
organisatorische Aspekte (Bildungshäuser)<br />
beziehen. Sie darf<br />
nicht nur die Nahtstellen und<br />
Übergänge ins Auge fassen,<br />
sondern sollte gemeinsame<br />
Bildungsgrundlagen ins Auge<br />
fassen.<br />
3. Dass das Studium für das<br />
Grundschullehramt länger als<br />
6 Semester betragen muss, ist<br />
eine alte Forderung der Landesgruppe.<br />
Insofern ist die Erweiterung<br />
auf 210 ECTS bzw. 140 SWS<br />
zu begrüßen. Allerdings ist die<br />
Höherbewertung der Sekundarstufe<br />
gegenüber der Primarstufe<br />
durch eine längere Studiendauer<br />
(8 statt 7 Semester) in der Sache<br />
ein Anachronismus.<br />
4. Das Studium für das Lehramt<br />
an <strong>Grundschule</strong>n sollte, wie das<br />
für die anderen Lehrämter auch,<br />
anschlussfähig sein für eine<br />
Promotion. Das ist unerlässlich,<br />
um zukünftigen wissenschaftlichen<br />
Nachwuchs in diesem<br />
Bereich zu ermöglichen.<br />
5. Es wird die Chance verpasst,<br />
das Gymnasium in die Reform der<br />
Ausbildung zum Sekundarstufenlehramt<br />
mit einzubeziehen. Hier<br />
besteht die größte pädagogische<br />
Kluft zur <strong>Grundschule</strong>.<br />
6. Dass eine »breit angelegte<br />
Ausbildung« angestrebt wird,<br />
die auf »die Entwicklung der<br />
Personalkompetenz« Rücksicht<br />
nimmt und eine »Abkehr vom<br />
Fortsetzung auf Seite 28<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008<br />
27
Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />
… aus den Landesgruppen<br />
Baden-Württemberg<br />
Fortsetzung von Seite 27<br />
Bayern<br />
Vorsitzende: Dr. Gudrun Schönknecht, Pfirsichweg 37b, 86169 Augsburg<br />
klassischen Fächerstudium« ins<br />
Auge fasst, ist zu begrüßen.<br />
Allerdings darf das nicht den<br />
Standard einer wissenschaftlichen<br />
Ausbildung gefährden.<br />
7. Die hohe Bedeutung schulpraktischer<br />
Studien muss erhalten<br />
bleiben. Dazu gehört, dass<br />
weiterhin die bisherige intensive<br />
wissenschaftliche Betreuung von<br />
Studierenden durch Lehrende<br />
gewährleistet wird.<br />
8. Die grundlegende Ausbildung<br />
der LehrerInnen in der ersten<br />
Phase muss darauf bezogen werden,<br />
wie es in der zweiten und<br />
dritten Phase weitergehen soll.<br />
9. Das Grundmodul »Malen,<br />
Singen, Bewegen« sollte in dieser<br />
Form nicht in die Ausbildung<br />
eingehen. Ästhetische Bildung<br />
ist ein zentraler und unverzichtbarer<br />
Bestandteil der <strong>Grundschule</strong><br />
und damit auch der<br />
Ausbildung der dort Lehrenden.<br />
Sie bedarf aber einer sorgfältigen<br />
und anspruchsvollen Grundlegung<br />
innerhalb eines musischästhetischen<br />
Studiums auf<br />
wissenschaftlicher Grundlage.<br />
10. Eine Aufspaltung des Sachunterrichts<br />
in zwei getrennte<br />
Domänen sollte so nicht durchgeführt<br />
werden. Stattdessen<br />
sollte der Sachunterricht als ein<br />
Lernbereich ausgewiesen werden.<br />
Eine naturwissenschaftliche bzw.<br />
sozialwissenschaftliche Schwerpunktbildung<br />
kann nachträglich<br />
über die zusätzliche Vertiefung<br />
vorgenommen werden.<br />
(für die Landesgruppe:<br />
Hans-Joachim Fischer)<br />
Wahl des neuen Vorstands<br />
Am Freitag, 20. 6. 08 fand im<br />
Haus St. Ulrich in Augsburg<br />
die Mitgliederversammlung<br />
mit Wahl der neuen Landesgruppe<br />
Bayern im GSV statt.<br />
Die Veranstaltung begann um<br />
15 Uhr mit einem offenen<br />
Fortbildungsangebot für alle<br />
Lehrkräfte zum Thema »Lerngespräche<br />
führen in einer<br />
pädagogischen Leistungskultur«.<br />
Dabei war der Inhalt<br />
zugleich »Methode«. Alle<br />
Anwesenden kamen – angeregt<br />
durch eine PowerPoint-<br />
Präsentation – miteinander<br />
ins Gespräch über die Möglichkeiten,<br />
Lerngespräche zu<br />
initiieren und zu begleiten<br />
zwischen Kindern, zwischen<br />
Lehrkräften und Kindern sowie<br />
zwischen Lehrkräften, Kindern<br />
und deren Eltern. Dabei wurden<br />
Beispiele aus der Unterrichtspraxis<br />
aller Jahrgangsstufen der<br />
<strong>Grundschule</strong> gezeigt. Sowohl<br />
das fachliche Lernen mit eigenen<br />
Zielsetzungen der Schüler und<br />
deren Reflexion wurde dargestellt<br />
und diskutiert als auch der<br />
überfachliche Bereich des Sozial-,<br />
Lern- und Arbeitsverhaltens.<br />
Schließlich wurden Klassenrat<br />
und Klassenversammlung als<br />
eine Möglichkeit aufgezeigt, mit<br />
der Kinder Selbstverantwortung<br />
für ihr Leben und Lernen in der<br />
Schule übernehmen können.<br />
Nach einer Kaffeepause, in der<br />
unter anderem der Impuls »Neue<br />
Mitglieder im GSV gewinnen« in<br />
Gesprächen aufgegriffen wurde,<br />
gab der bisherige Landesgruppenvorstand<br />
einen Bericht seiner<br />
Tätigkeit der vergangenen vier<br />
Jahre und stellte hierbei vor allem<br />
die Gründung bzw. Fortführung<br />
von insgesamt fünf Regionalgruppen<br />
dar. Alle Regionalgruppen<br />
freuen sich über neue Mitglieder,<br />
um gemeinsam an der<br />
Gestaltung einer innovativen<br />
<strong>Grundschule</strong> mit »Pädagogischer<br />
Leistungskultur« zu arbeiten.<br />
Ansprechpartner sowie Termine<br />
dazu können u. a. auf der neu<br />
erstellten Homepage der Landesgruppe<br />
www. grundschulverbandbayern.de<br />
gefunden werden.<br />
Der Landesgruppenvorstand Bayern von links nach rechts:<br />
Bianca Ederer, Fred Völker, Gabriele Klenk, Dr. Gudrun Schönknecht,<br />
Renate Eggert-Vockerodt, Petra Hiebl, Dr. Mahrhofer-Bernt, Katja Entfellner<br />
Schließlich wurde der neue<br />
Landesgruppenvorstand gewählt.<br />
Frau Dr. Angelika Speck-Hamdan<br />
war schon während des<br />
letzten Jahres aus der Arbeit der<br />
Landesgruppe ausgeschieden.<br />
Die Landesgruppe bedankt sich<br />
bei ihr noch einmal ganz herzlich<br />
für die gute Zusammenarbeit<br />
über viele Jahre hinweg. Nach der<br />
Zustimmung der Mitgliederversammlung<br />
wurde der Landesgruppenvorstand<br />
auf acht Mitglieder<br />
erhöht. Dies ist für einen<br />
Flächenstaat wie Bayern mit fünf<br />
Regionalgruppen von Bedeutung,<br />
um vor Ort wirksam sein zu<br />
können. Neben den bisherigen<br />
Mitgliedern des Vorstandes<br />
Dr. Gudrun Schönknecht<br />
(Vorsitzende), Gabriele Klenk<br />
(Landesdelegierte), Bianca<br />
Ederer (Ersatzdelegierte),<br />
Renate Eggert-Vockerodt und<br />
Dr. Christina Mahrhofer-Bernt<br />
wurden Katja Entfellner, Petra<br />
Hiebl und Fred Völker neu in<br />
den Landesgruppenvorstand<br />
gewählt. Der neue Vorstand wird<br />
noch während der Sommerferien<br />
in einer eintägigen Klausur die<br />
inhaltliche Planung der nächsten<br />
vier Jahre vornehmen. Schon<br />
während der Mitgliederversammlung<br />
gab es Wünsche nach<br />
»Grundschul tagen« in verschiedenen<br />
Regionen. Der neue<br />
Landesgruppenvorstand freut<br />
sich besonders, durch die unterschiedlichen<br />
Arbeitsgebiete<br />
seiner Mitglieder, die neben<br />
Klassenlehrer- und Schulleitertätigkeiten<br />
auch Ausbildungsund<br />
Fortbildungstätigkeiten<br />
umfassen, Ansprechpartner sein<br />
zu können für möglichst viele<br />
Menschen in Bayern, denen die<br />
Weiterentwicklung der <strong>Grundschule</strong><br />
in einer pädagogischen<br />
Leistungskultur am Herzen liegt.<br />
(für die Landesgruppe:<br />
Gabriele Klenk, Schwabach)<br />
Regionalgruppe Unterfranken:<br />
Themenschwerpunkt und<br />
Erfahrungsaustausch:<br />
Portfolio im Sinne eines Lernentwicklungsberichtes<br />
Freitag, 24. Okt. 2008,<br />
15 Uhr in der Mönchberg-Schule<br />
Würzburg,<br />
Richard-Wagner-Straße 62,<br />
97074 Würzburg.<br />
Mitglieder und Interessierte sind<br />
willkommen!<br />
Fred Völker, Landesgruppe Bayern<br />
28 GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008
Grundschulverband <strong>aktuell</strong> … aus den Landesgruppen<br />
Berlin<br />
Kontakt: Ing rid Kornmesser, Kohlfurter Str. 4, 10999 Berlin; www.gsv-berlin.de<br />
Vergebliche Stimmungsmache<br />
gegen 6-jährige <strong>Grundschule</strong><br />
Die Gegner des längeren gemeinsamen<br />
Lernens scheinen zunehmend<br />
Angst davor zu haben, dass<br />
das gegliederte deutsche Schulsystem<br />
zum Auslaufmodell wird.<br />
Anders ist kaum zu erklären,<br />
warum Prof. Rainer Lehmann<br />
und Teile der Printmedien mit<br />
nicht einmal halbrichtigen Interpretationen<br />
von Daten der Lehmannschen<br />
Element-Studie die<br />
sechsjährige Berliner <strong>Grundschule</strong><br />
abzuwerten suchen. DIE<br />
ZEIT hat inzwischen ihre Behauptung,<br />
die sechsjährige <strong>Grundschule</strong><br />
sei gescheitert, ausdrücklich<br />
»widerrufen«. Christian<br />
Füller kommentiert in der taz<br />
den Vorgang so: »Lehmann wird<br />
als Münchhausen und Scharlatan<br />
in die Geschichte eingehen. In der<br />
sogenannten Element-Studie stehen<br />
teils ganz andere Befunde,<br />
als der Professor sie verbreitete.«<br />
Und der Berliner Bildungssenator<br />
stellt per Pressemitteilung klar,<br />
diese Studie belege, dass leistungsstarke<br />
Schülerinnen und<br />
Schüler an den <strong>Grundschule</strong>n<br />
höhere Leistungszuwächse erreichen<br />
als in den 5. und 6. Klassen<br />
der sogenannten grundständigen<br />
Gymnasien. Die fundierten<br />
Stellungnahmen des Grundschulverbandes<br />
(www.grundschulverband.de)<br />
haben wesentlich dazu<br />
beigetragen, dass der unseriöse<br />
Versuch des Bildungsforschers<br />
Lehmann, mit seinen fragwürdigen<br />
Interpretationen bestimmte<br />
bildungspolitische Wirkungen zu<br />
erzielen, ins Leere verpuffte.<br />
Offener Brief an den Senator<br />
Der Landesgruppenvorstand<br />
fordert den Bildungssenator<br />
auf, rechtlich bindend dafür<br />
zu sorgen, dass die bezirklich<br />
zuständigen Schulämter keine<br />
jahrgangsgemischte Lerngruppe<br />
der Schulanfangsphase mit<br />
mehr als 24 Kindern einrichten<br />
können (www.gsv-berlin.de).<br />
(für die Landesgruppe: Peter Heyer;<br />
peterheyer@snafu.de)<br />
3. Forum <strong>Grundschule</strong><br />
Donnerstag,<br />
9. Oktober 2008<br />
17 – 20 Uhr<br />
Thema: Neue Schulanfangsphase.<br />
Versuch einer<br />
Standortbestimmung.<br />
Diskussion <strong>aktuell</strong>er Probleme<br />
und Lösungswege.<br />
Ort: Galilei-<strong>Grundschule</strong> (Kreuzberg),<br />
Friedrichstr. 13 (U-Bahnhof<br />
Hallesches Tor)<br />
Weitere Informationen auf unserer<br />
website.<br />
1. Forum Gemeinschaftsschule<br />
am Mittwoch,<br />
15. Oktober 2008,<br />
18 – 21 Uhr<br />
Veranstalter: Runder<br />
Tisch Gemeinschaftsschule<br />
Berlin<br />
Thema: Gesellschaftspolitische,<br />
wirtschaftliche und pädagogische<br />
Begründung der gemeinsamen<br />
Schule für alle.<br />
Es sprechen:<br />
Prof. Dr. Rita Süssmuth und<br />
Prof. Dr. Matthias v. Saldern.<br />
Ort: Abgeordnetenhaus von<br />
Berlin, Niederkirchnerstr. 3 – 5,<br />
Saal 376<br />
Weitere Informationen:<br />
www.rt-gemeinschaftsschuleberlin.de<br />
Hamburg<br />
Vorsitzende: Susanne Peters, Güntherstraße 10, 22087 Hamburg; susanne.peters@gsvhh.de, www.gsvhh.de<br />
Zusätzliche Lehrerstunden<br />
für 3. und 4. Klassen<br />
Um die Unterrichtsbedingungen<br />
in den teilweise bis zu 30 Schüler<br />
starken 3. und 4.Klassen zu verbessern,<br />
hat der Hamburger<br />
Senat eine Senkung der Basisfrequenz<br />
zum 1. 8. 2008 beschlossen.<br />
Sie wird in besonders belasteten<br />
Schulen von 24 auf 22,<br />
in allen anderen auf 23 Schüler<br />
abgesenkt. Wir begrüßen diese<br />
Entscheidung. Damit wird in<br />
den sozial belasteten Gebieten<br />
allerdings nur eine geringfügige<br />
Angleichung an die Organisationsfrequenz<br />
von 18 erreicht, die<br />
für die Einrichtung der ersten<br />
Klassen gilt. Wir hoffen, dass die<br />
weiteren Schritten zur Verkleinerung<br />
der Klassen wie versprochenen<br />
umgesetzt werden. Nur dann<br />
ist eine bessere Förderung aller<br />
Kinder zu erreichen. Neben der<br />
erfreulichen organisatorischen<br />
Verbesserung darf aber die pädagogische<br />
nicht ausbleiben: der<br />
Verzicht auf Notenzeugnisse ab<br />
Klasse 3 zu Gunsten individueller<br />
Formen der Leistungsrückmeldung<br />
muss für alle Schulen<br />
möglich sein und nicht nur für<br />
einige Versuchsschulen.<br />
Einrichtung von Primarschulen<br />
zum Schuljahr 2010/2011<br />
Der Koalitionsvertrag zwischen<br />
CDU und GAL brachte in Hamburg<br />
die Entscheidung, <strong>Grundschule</strong>n<br />
in Primarschulen umzuwandeln,<br />
in denen alle Kinder 6<br />
oder bei Einbeziehung der Vorschulklasse<br />
7 Jahre gemeinsam<br />
lernen sollen. Erst danach erfolgt<br />
der Übergang in ein Gymnasium<br />
oder die Stadtteilschule.<br />
Damit steht Hamburg vor einer<br />
gravierenden Umstrukturierung<br />
des Schulsystems. Regionale<br />
Planungskonferenzen werden im<br />
Herbst beginnen, die Standortfrage<br />
in den einzelnen Stadtteilen<br />
zu lösen. Es sind keine baulichen<br />
Maßnahmen geplant, so<br />
dass es räumlich zu Kooperationen<br />
der verschiedenen Schulformen<br />
kommen muss. Werden<br />
dann bildungsbewusste Familien<br />
Primarschulen anwählen,<br />
die Räume in Gymnasien nutzen,<br />
und somit eine Schulformentscheidung<br />
schon vor dem Schuleintritt<br />
treffen? Zurzeit muss<br />
auf Grund der Verunsicherung<br />
vieler Eltern mit einer verstärkten<br />
Anwahl der Privatschulen gerechnet<br />
werden. Die Landesgruppe<br />
begrüßt die Einrichtung von<br />
Primarschulen und die grundsätzliche<br />
Entscheidung für längeres<br />
gemeinsames Lernen, bedauert<br />
allerdings, dass diese Reform<br />
ohne Bereitstellung zusätzlicher<br />
Ressourcen erfolgen soll und<br />
weist auf folgende Punkte besonders<br />
hin:<br />
■ Ohne Ressourcen für Räume<br />
und Material kann die Umsetzung<br />
nicht erfolgen; speziell der<br />
Fachraumbedarf muss sich an<br />
den Gymnasien orientieren.<br />
■ Es darf keine soziale Selektion<br />
schon mit Beginn der Einschulung<br />
geben.<br />
(für die Landesgruppe: Marion Lindner)<br />
Vortrag von Frau Professor Dr.<br />
Petra Hanke (Universität<br />
Münster) am Samstag,<br />
1. Nov. 2008, 11 Uhr, im<br />
Rahmen einer Matinée<br />
zur pädagogischen<br />
Leistungskultur.<br />
Nähere Informationen werden<br />
auf der Homepage der Landesgruppe<br />
veröffentlicht.<br />
Die Mitglieder der Landesgruppe<br />
Hamburg erhalten eine Einladung<br />
per Post.<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008<br />
29
Grundschulverband <strong>aktuell</strong> … aus den Landesgruppen<br />
Bremen<br />
Gemeinsamer Vorsitz: Nina Bode-Kirchhoff, Inga Weiland;<br />
www.grundschulverband-bremen.de<br />
Eine Schule der Zukunft<br />
Der ZEB (ZentralElternBeirat)<br />
Bremen hat unter dem Motto<br />
»Die Schule der Zukunft« in<br />
einem 10-Punkte-Programm<br />
Vorgaben formuliert, wie die<br />
qualitative Entwicklung in den<br />
Schulen aus Sicht der Eltern<br />
umgesetzt werden müsste.<br />
Damit will der ZEB eine integrative<br />
Beschulung unter Einbeziehung<br />
aller Bildungsgänge erreichen,<br />
um zu ermöglichen, dass<br />
die »erfolgreiche integrative<br />
Arbeit der <strong>Grundschule</strong>« fortgeführt<br />
werden kann. Die Potenziale<br />
aller Kinder sollen dabei<br />
durch individuelle Förderung und<br />
Forderung ausgeschöpft und die<br />
Kopplung von sozialer Herkunft<br />
und Schulerfolg überwunden<br />
werden.<br />
Zur Umsetzung dieses Reformprozesses<br />
fordern die Eltern eine<br />
überzeugende konzeptionelle<br />
Planung, die über eine Legislaturperiode<br />
hinaus Bestand hat,<br />
die Bereitstellung von Ressourcen<br />
(finanzielle Investitionen;<br />
Zeit und Unterstützung) sowie<br />
begleitende Maßnahmen in der<br />
Lehreraus- und -weiterbildung.<br />
(Ausführlich nachzulesen unter<br />
www.zeb-bremen.de »Schule<br />
der Zukunft« und »10 Punkte-<br />
Programm des ZEB zur Bildungspolitik<br />
in Bremen«)<br />
Auch die Bremer GEW tritt<br />
für ein »gemeinsames Lernen<br />
aller Kinder und Jugendlichen<br />
bis zur 10. Klasse« ein und hat<br />
ein Papier mit dem Titel »Eine<br />
Schule für alle« mit Maßnahmen<br />
zur Umsetzung verabschiedet.<br />
(www.gew-hb.de »Eine Schule<br />
für alle«)<br />
Die Landesgruppe unterstützt<br />
diese beiden Verbände, die sich<br />
damit vehement gegen das derzeit<br />
im Fachausschuss »Schulentwicklungsplanung«<br />
in Bremen<br />
diskutierte und scheinbar von<br />
der Bildungssenatorin Renate<br />
Jürgens-Pieper favorisierte<br />
2-Säulen-Modell – Gesamtschulen<br />
auf der einen und<br />
Gymnasien auf der anderen<br />
Seite – aussprechen.<br />
(für die Landesgruppe:<br />
Nina Bode-Kirchhoff)<br />
Mecklenburg-Vorpommern<br />
Vorsitzender: Ralph Grothe, Hasengang 3, 17309 Pasewalk; ralphgrothe@aol.com<br />
Projekt »Bildungskonzeption<br />
für die Kinder im Alter von<br />
0 – 10 Jahren«<br />
Das Bildungsministerium hat<br />
eine Arbeitsgruppe ins Leben<br />
gerufen, in der neben Vertretern<br />
des Sozialministeriums auch der<br />
GSV aktiv mitarbeitet. Es geht<br />
um die Frage des lebenslangen<br />
Lernens. Dabei liegt der Fokus<br />
auf dem Alter von 0 – 10 Jahren.<br />
Die Arbeitsgruppe entwickelt<br />
Leitlinien ganzheitlicher frühkindlicher<br />
Bildungskonzeptionen,<br />
stimmt die Rahmenpläne von<br />
Kita und <strong>Grundschule</strong> ab.<br />
Der Entwicklung und Implementierung<br />
schulvorbereitender<br />
Förderkonzepte im Bereich<br />
»Sprache« wird dabei hohe Aufmerksamkeit<br />
zukommen.<br />
Die Arbeit in den Horten wird<br />
ebenfalls konzeptionell begleitet.<br />
Die Kindertagesförderung soll<br />
damit den veränderten Anforderungen<br />
sowie neuesten<br />
Erkenntnissen der einschlägigen<br />
Forschung Rechnung tragen.<br />
Anliegen ist es vorrangig, eine<br />
Verbesserung der Qualität der<br />
frühkindlichen Bildung und<br />
Erziehung zu erreichen, um dem<br />
verhängnisvollen Zusammenhang<br />
zwischen sozialer Benachteiligung<br />
und unzureichenden<br />
Bildungschancen entgegenzuwirken.<br />
Immens wichtig ist dabei der Einsatz<br />
von Ressourcen. So kommt<br />
einem kostenlosen Mittagessen<br />
und einer weitaus besseren Ausstattung<br />
unserer Schulen breiter<br />
Raum zu.<br />
Die Landesgruppe arbeitet im<br />
Modellprojekt »Primarstufe«<br />
weiter mit.<br />
Die besondere Förderung von<br />
Kindern mit erheblichen Lernproblemen<br />
wird in einem Modellprojekt<br />
weitergeführt. Dabei hat<br />
die Landesgruppe einen Sitz in<br />
der Arbeitsgruppe.<br />
Nordrhein-Westfalen<br />
Vorsitzende: Gisela Cappel, Habichtstr. 1d, 58285 Gevelsberg<br />
Delfin 2008 – Sprachstandsfeststellungen<br />
in NRW 2008<br />
Auch das überarbeitete Testverfahren<br />
zur Erfassung der<br />
Sprachentwicklung von Vorschulkindern<br />
nährt weiterhin die Zweifel<br />
an der Sinnhaftigkeit dieses<br />
Überprüfungsinstrumentariums.<br />
Auch wenn nun die Rolle der<br />
Erzieherinnen und Erzieher<br />
durch eine stärkere Berücksichtigung<br />
ihrer Beobachtungen eine<br />
deutliche Aufwertung erfährt,<br />
bleiben in puncto Organisation<br />
(enger Zeitrahmen, sehr kurzfristige<br />
Information) und tatsächliche<br />
Förderung (insbesondere<br />
in der zweiten Stufe des Verfahrens<br />
sind die Messwerte für die<br />
Zuweisung von Fördermitteln<br />
hoch angesetzt) deutliche Kritikpunkte<br />
bestehen.<br />
VERA – Vergleichsarbeiten<br />
in Klasse 3<br />
Die Durchführung der diesjährigen<br />
Vergleichsarbeiten wird<br />
begleitet von kritischen Überlegungen<br />
zur Nutzung der Ergebnisse.<br />
Wie bereits auch im vergangenen<br />
Jahr möglich, sollen<br />
die Ergebnisse in die Leistungsbeurteilung<br />
des einzelnen Kindes<br />
eingehen. Dies steht im eklatanten<br />
Widerspruch zu den Bemühungen<br />
des GSV um eine individuelle,<br />
am Kind orientierte Form<br />
der Leistungsbeurteilung und<br />
-rückmeldung. Auch scheinen<br />
sich die Hinweise zu verdichten,<br />
dass mit den Ergebnissen auch<br />
der Aufbau eines Schulrankings<br />
vorangetrieben werden soll.<br />
Mehrfach hat der GSV auf die<br />
Gefahren des Missbrauchs dieses<br />
Testverfahrens hingewiesen.<br />
Kopfnoten für Arbeits- und<br />
Sozialverhalten<br />
Auch im zweiten Durchgang<br />
mehrt sich die Kritik von Lehrerinnen<br />
und Lehrern, Eltern und<br />
Kindern an dieser Form der ›Rückmeldung‹<br />
über die Entwicklung<br />
sozialer Kompetenzen. Ungerührt<br />
dessen hält die schwarzgelbe<br />
Landesregierung an ihren<br />
Beschlüssen fest und zeigt sich<br />
weiterhin beratungsresistent<br />
auch gegenüber den höchst<br />
kritischen Stellungnahmen zahlreicher<br />
Experten.<br />
Neue Richtlinien und Lehrpläne<br />
Ab dem kommenden Schuljahr<br />
gelten für die <strong>Grundschule</strong>n neue<br />
Richtlinien und Lehrpläne. Sie<br />
weisen für alle Fächer grundlegende<br />
Kompetenzbereiche aus,<br />
die Maßstab für die Einschätzung<br />
der Lernentwicklung der Kinder<br />
sein sollen. Die Schulen haben<br />
nun die Aufgabe, auf der Grundlage<br />
dieser Vorgaben schulinterne<br />
Arbeitspläne zu erstellen.<br />
Dabei sollte nach Ansicht des<br />
GSV die Fülle der zu erreichenden<br />
Kompetenzbereiche kritisch<br />
reflektiert werden.<br />
(für die Landesgruppe: Beate Schweitzer)<br />
Mehr Informationen zu <strong>aktuell</strong>en<br />
Themen auf unserer homepage<br />
www.grundschulverband-nrw.de.<br />
Bitte beachten Sie dort auch die<br />
Einladung zur Mitgliederversammlung<br />
am Samstag,<br />
25. Oktober in<br />
der Laborschule Bielefeld<br />
unter dem Motto<br />
Trotz alledem – weiter für<br />
eine zukunftsorientierte <strong>Grundschule</strong>!<br />
30 GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008
Grundschulverband <strong>aktuell</strong> … aus den Landesgruppen<br />
Rheinland-Pfalz<br />
Anschrift: Werner Lang, Am Win gertsberg 8, 67756 Hinzweiler<br />
»Selbständige Schule« und<br />
komische Arbeitsverträge<br />
Bei der Auftaktveranstaltung<br />
zur »Selbständigen Schule« im<br />
November 2007 hat Minister<br />
Tesch auf die herausragende<br />
Rolle der Schulleitung im Prozess<br />
der Qualitätsverbesserung an<br />
Schulen hingewiesen und in<br />
diesem Zusammenhang die Vollbeschäftigung<br />
aller Schulleiter<br />
und stellvertretenden Schulleiter<br />
versprochen.<br />
Die Landesgruppe hat nun eine<br />
Unterschriftensammlung an<br />
den Minister übergeben, in der<br />
die Schulleiter der <strong>Grundschule</strong>n<br />
ihren Protest gegen die weitere<br />
Beschäftigung in Teilzeit zum<br />
Ausdruck bringen.<br />
Mittlerweile ist die Vollbeschäftigung<br />
aller Schulleiter im Schuljahr<br />
2008/2009 abgesichert.<br />
Jedoch bleibt der Status unsicher.<br />
Die LG setzt sich weiter für eine<br />
generelle Vollbeschäftigung der<br />
Leitungsmitglieder ein.<br />
Gerade die Umsetzung der<br />
umfangreichen Aufgaben der<br />
»Selbständigen Schule« verlangt<br />
eine handlungsfähige Schulleitung.<br />
Fortbildungen<br />
Die Landesgruppe RLP bietet vor<br />
den Herbstferien Fortbildungen<br />
mit dem Thema: Pädagogische<br />
Leistungskultur an. Diese sollen<br />
landesweit regional verteilt<br />
jeweils an einem Nachmittag für<br />
Lehrerinnen und Lehrer durchgeführt<br />
werden. Veranstaltungsorte<br />
werden in der Regel die Studienseminare<br />
für GHS sein. Nähere<br />
Informationen sind ab August<br />
der Homepage der Landesgruppe<br />
www.wl-lang.de zu entnehmen.<br />
(für die Landesgruppe:<br />
Konstanze Rosinus)<br />
Grundschultag 2009<br />
Basierend auf dem Leitprinzip<br />
»<strong>Grundschule</strong> auf dem Weg<br />
zur Neuen Lernkultur«<br />
wird am Dienstag,<br />
3. März 2009 an der<br />
Universität Koblenz-<br />
Landau, Campus Landau,<br />
der nächste Grundschultag mit<br />
dem Schwerpunkt »Kunst –<br />
Musik – Bewegung« stattfinden.<br />
Ab Ende November werden auf<br />
der Homepage der Landesgruppe<br />
(s. o.) weitere Informationen zu<br />
finden sein.<br />
Saarland<br />
Vorsitzende: Lilo Groll, Holbeinstr. 11, 66128 Saarbrücken<br />
Auf dem Weg zur<br />
Ganztagsschule?<br />
Die seit mehreren Jahren im<br />
Saarland landesweit eingeführten<br />
»Freiwilligen Ganztagsschulen«<br />
sind Regelschulen mit einem<br />
freiwilligen Nachmittagsangebot<br />
durch freie Träger. Bestandteile<br />
dieses Angebotes sind die<br />
Hausaufgabenbetreuung sowie<br />
sportliche, musische und soziale<br />
Aktivitäten. Sie werden durch die<br />
Zusammenarbeit mit außerschulischen<br />
Partnern ergänzt und<br />
unterstützt. Abgesehen davon,<br />
dass es sich nicht um echte<br />
Ganztagsschulen handelt, bezog<br />
sich die Hauptkritik an diesem<br />
System auf den Einsatz von nicht<br />
ausreichend qualifiziertem Personal.<br />
Ab dem Schuljahr 2008/09 wird<br />
das Förderprogramm »Freiwillige<br />
Ganztagsschule plus« in<br />
Kraft treten, das nach einem<br />
standortbezogenem pädagogischen<br />
Konzept des nachmittäglichen<br />
Bildungs- und Betreuungsangebotes<br />
verlangt und als<br />
Gruppenleiter/-innen nur noch<br />
pädagogische Fachkräfte vorsieht.<br />
Hierzu wurde die jährliche<br />
Bezuschussung durch das Land<br />
von bisher 5000 € pro Gruppe auf<br />
15.000 € im Schuljahr 2008/09<br />
bzw. 20.000 € im darauf folgenden<br />
Schuljahr merklich erhöht.<br />
Dies soll zum einen der besseren<br />
Qualifizierung der Fachkräfte und<br />
zum anderen der Senkung des<br />
monatlichen Elternbeitrages auf<br />
60 € bzw. 40 € im nächsten Jahr<br />
dienen.<br />
Das Programm sieht drei Modelle<br />
vor:<br />
■ Bildungs- und Betreuungsangebot<br />
bis mindestens 16.30 Uhr<br />
und mit pädagogisch ausgebildetem<br />
Personal<br />
■ Eigene Ganztagsklassen in<br />
der Regelschule, insbesondere an<br />
den Schulen der Sekundarstufe I<br />
■ Kooperationsmodell<br />
Schule – Jugendhilfe, d. h. eine<br />
Verknüpfung von »Freiwilliger<br />
Ganztagsschule« und Hort<br />
Bei allen Modellen sind für jede<br />
Gruppe wie bisher fünf Lehrerstunden<br />
vorgesehen. Sie dienen<br />
der inhaltlichen und konzeptionellen<br />
Verknüpfung des<br />
Unterrichts mit dem außerunterrichtlichen<br />
Bildungs- und<br />
Betreuungsangebot, vor allem<br />
der Hausaufgabenbetreuung.<br />
Die Landesgruppe sieht hierin<br />
einen erheblichen Fortschritt im<br />
Vergleich zur »Freiwilligen Ganztagschule«<br />
in der bisherigen Ausprägung.<br />
Viele Eltern – allerdings<br />
nicht alle – wünschen sich nach<br />
wie vor mehr echte Ganztagsschulen.<br />
Eva Hammes-Di Bernardo<br />
neue Fachreferentin für<br />
Sozialpädagogik<br />
Auf der Delegiertenversammlung<br />
des Grundschulverbandes<br />
– Arbeitskreis <strong>Grundschule</strong><br />
e. V. am 30./31. Mai 2008 stand<br />
die Neuwahl der Fachreferenten<br />
an. Als Referentin für das<br />
neu eingerichtete Fachreferat<br />
»Sozialpädagogik« konnte Eva<br />
Hammes-Di Bernardo aus dem<br />
saarländischen Ministerium für<br />
Bildung, Familie, Frauen und<br />
Kultur gewonnen werden. Dort<br />
ist sie Referentin für Sprachentwicklung<br />
und Bildungsfragen<br />
im Kindergarten. Zu ihrem Aufgabenbereich<br />
im Grundschulverband<br />
gehören die Übergänge<br />
zwischen Elementar- und Primarbereich,<br />
ihre Gestaltung und<br />
Flexibilisierung, die Verzahnung<br />
von sozial pädagogischer und<br />
schulpäda gogischer Arbeit sowie<br />
die Zusammenarbeit der verschiedenen<br />
Professionen und<br />
deren Bedingungen.<br />
Die Landesgruppe wünscht Frau<br />
Hammes-Di Bernardo viel Erfolg<br />
in ihrem neuen Amt und eine<br />
gute Zusammenarbeit auch mit<br />
der Landesgruppe.<br />
Prof. Dr. Hans Brügelmann am<br />
30. September 2008 im Saarland<br />
Nach mehreren Anläufen ist<br />
es uns gelungen, Herrn Prof.<br />
Dr. Hans Brügelmann von der<br />
Universität Siegen zu einem<br />
Vortrag zu gewinnen. Unter dem<br />
Titel »Fieber genau zu messen<br />
ist noch keine Diagnose, Fieber<br />
erfolgreich zu senken noch<br />
keine Therapie« wird Prof. Dr.<br />
Brügelmann, auch Referent<br />
für das Fachreferat » Schulische<br />
Qualitäts entwicklung« im Grundschulverband,<br />
zu den Leistungstests<br />
und ihren Möglichkeiten<br />
sprechen. Diese Veranstaltung<br />
wird in Zusammenarbeit mit dem<br />
Institut für Lehrerfort- und<br />
-weiter bildung (ILF) in Saarbrücken<br />
angeboten. Hierzu wird<br />
die Landesgruppe gesondert<br />
einladen.<br />
Dienstag,<br />
30. September 2008:<br />
Neuwahl zum Landesgruppenvorstand<br />
Mittwoch,<br />
4. Februar 2009:<br />
Grundschultag in<br />
Zusammenarbeit mit<br />
dem Saarländischen Lehrerinnen-<br />
und Lehrerverband, dem<br />
Institut für Lehrerfort- und -weiterbildung,<br />
dem Landesinstitut<br />
für Pädagogik und Medien und<br />
dem Verband Deutscher Schulmusiker<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008<br />
31
Grundschulverband <strong>aktuell</strong> … aus den Landesgruppen<br />
Thüringen<br />
Vorsitzende: Steffi Jünemann, Hauptstr. 7, 99734 Nordhausen<br />
Hirngerechte Bildung ist<br />
kind gerechte Bildung –<br />
das Thüringer Entwicklungsprogramm<br />
hi.bi.kus<br />
Im August 2005 startete im Auftrag<br />
des Thüringer Kultusministeriums<br />
das Entwicklungsprogramm<br />
»hi.bi.kus – Hirngerechte Bildung<br />
in Kindergarten und Schule«.<br />
Im Entwicklungsprogramm<br />
hi.bi.kus arbeiten derzeit 18 Kindergärten<br />
verschiedener Träger und<br />
15 Schulen aller Schularten gleichberechtigt<br />
und partnerschaftlich<br />
zusammen. In diesem Zeitraum<br />
wurden die Praxispartner aus den<br />
teilnehmenden Einrichtungen zu<br />
Beratern ausgebildet, die die künftige<br />
Entwicklungsarbeit in ihren,<br />
aber auch an anderen interessierten<br />
Einrichtungen aus der Sicht<br />
hirngerechter Bildung begleiten<br />
und unterstützen werden. Eine<br />
erste Evaluation des Programms<br />
wurde im Juni 2008 vorgelegt.<br />
Kinder kommen mit einer<br />
unglaublichen Entdeckerfreude<br />
und Gestaltungslust auf die Welt.<br />
Die Entfaltung dieses Potenzials,<br />
das in unserem Gehirn von<br />
Geburt an angelegt ist, wirkt entscheidend<br />
auf die weitere Entwicklung.<br />
Die Neurowissenschaften bekräftigen<br />
im Einklang mit bekannten<br />
und neueren pädagogischen und<br />
psychologischen Konzepten:<br />
■ Kinder und Jugendliche bedürfen<br />
starker Wurzeln in Form von<br />
verlässlichen Bindungen, Vertrauen<br />
und Wertschätzung.<br />
■ Sie brauchen vielfältige individuelle<br />
und soziale Anregungen<br />
sowie Handlungsspielräume für<br />
ihre Lernkonstruktionen.<br />
■ Die Prägungen der frühesten<br />
und frühen Kindheit wirken tief<br />
greifend und lang anhaltend auf<br />
die Entwicklung der Persönlichkeit.<br />
Vordringliches Ziel des Entwicklungsprogramms<br />
ist die Förderung<br />
positiver Entwicklung von<br />
Kindern und Jugendlichen. Dafür<br />
sind Lernsituationen und Handlungsspielräume<br />
zu schaffen, in<br />
denen Kinder und Jugendliche<br />
Fähigkeiten erwerben und Kompetenzen<br />
entwickeln, auf deren<br />
Grundlage sich eine hohe und<br />
belastbare Selbstwirksamkeitserwartung<br />
herausbilden kann.<br />
Im Mittelpunkt der Betrachtung<br />
von Lernprozessen steht immer<br />
das lernende Subjekt mit all seinen<br />
Talenten und Fähigkeiten.<br />
Zugleich sind Kinder und Jugendliche<br />
im Bildungsprozess auf vielfältige<br />
Weise sozial eingebunden.<br />
Die am Entwicklungsprogramm<br />
hi.bi.kus beteiligten Akteure folgen<br />
einem Bildungsverständnis,<br />
das den Menschen als einzigartig,<br />
weitgehend selbstbestimmt,<br />
sozial verantwortlich und lebenslang<br />
lernfähig sieht.<br />
Eine Besonderheit ist der breite,<br />
institutionenübergreifende<br />
Adressatenbezug des Entwicklungsprogramms.<br />
Angesprochen<br />
werden Erzieherinnen und Erzieher<br />
der Kindertageseinrichtungen,<br />
Lehrerinnen und Lehrer in<br />
Schulen aller Schularten sowie<br />
die Teamleitungen und Träger der<br />
Einrichtungen.<br />
Aus neurowissenschaftlicher<br />
Sicht ist es sinnvoll, Bildungsprozesse<br />
übergreifend zu betrachten<br />
und zu untersuchen – beginnend<br />
in der frühsten und frühen Kindheit<br />
bei der Bildung und Erziehung<br />
in der Familie, fortführend<br />
in Kindertageseinrichtungen und<br />
Schulen aller Schularten.<br />
Als Konsequenz dieser Sichtweise<br />
werden das Verständnis und die<br />
Gestaltung der Übergänge zwischen<br />
den einzelnen Bildungsabschnitten<br />
zu einem besonderen<br />
Schwerpunkt in der Arbeit in den<br />
am Programm beteiligten Kindergärten<br />
und Schulen. Familie,<br />
Kindergarten und Schule spielen<br />
als Lernorte für den Start in das<br />
Leben gleichermaßen eine wichtige<br />
Rolle.<br />
Gemeinsam mit den Praxispartnern<br />
der am Programm beteiligten<br />
Einrichtungen wurde ein<br />
Handlungsmodell für hirngerechte<br />
Bildung in Kindergarten<br />
und Schule entwickelt, das<br />
neurowissenschaftliches Grundlagenwissen<br />
mit psychologischen<br />
und pädagogischen Konzepten<br />
zusammenführt.<br />
Erfolgreiche Bildung beginnt aus<br />
dieser Sichtweise heraus bei der<br />
Gestaltung der Kontextqualitä-<br />
Schleswig-Holstein<br />
Vorsitzende: Beate Blaseio, Am Binnenhafen 52, 25813 Husum;<br />
www. grundschulverband-sh.de<br />
ten und setzt fort mit der<br />
Ermöglichung vielfältiger Lernerfahrungen.<br />
1. Gestaltung einladender Lernbedingungen<br />
2. Etablierung einer förderlichen<br />
Lern- und Beziehungskultur<br />
3. Möglichkeit ganzheitlich mit<br />
allen Sinnen zu lernen<br />
4. Bedeutungskonstruktionen<br />
der Lernenden<br />
5. Beteiligt sein in sozialer Interaktion<br />
6. Verantwortungsvoll handeln<br />
durch Partizipation<br />
Die abgeleiteten Handlungsfelder<br />
lassen sich gleichermaßen<br />
für Kindergarten und Schule<br />
anwenden. Das Modell bildet<br />
die Grundlage für die weitere<br />
Entwicklungs arbeit in den beteiligten<br />
Einrichtungen und die<br />
Landesgruppe Schleswig- Holstein<br />
www.grundschulverband-sh.de<br />
Experimentieren für GrundschullehrerInnen<br />
25 kleine Versuche für den Sachunterricht<br />
Dr. Beate Blaseio ( Universität Flensburg)<br />
7. 10. 2008<br />
16.00 – 17.30 Uhr<br />
GS Groß Vollstedt, Am Sportplatz 3<br />
Dieser Workshop bietet Ihnen die Möglichkeit, 25 kleine Versuche zu unterschiedlichen<br />
Themen des Sachunterrichts kennen zu lernen. Sie haben viel Zeit, selbst die Experimente<br />
durchzuführen, zu staunen und miteinander ins Gespräch zu kommen.<br />
Das Ziel dieses Workshops ist es, dass Sie Interesse, Mut und Freude daran entwickeln,<br />
naturwissenschaftliche Versuche verstärkt in Ihren Grundschulunterricht zu integrieren.<br />
Anmeldung per e-mail bis Mo., 22.09.08<br />
blaseio@uni-flensburg.de<br />
anschließend:<br />
Mitgliederversammlung und<br />
Wahl des Vorstandes<br />
Vertiefung der Beratertätigkeit in<br />
den kommenden Jahren.<br />
Das Entwicklungsprogramm<br />
hi.bi.kus leistet somit einen<br />
nachhaltigen Beitrag zur Qualitätsentwicklung<br />
und Qualitätssicherung,<br />
wie sie durch das<br />
Thüringer Entwicklungsvorhaben<br />
Eigenverantwortliche Schule,<br />
den Thüringer Bildungsplan für<br />
Kin der bis 10 Jahre und weitere<br />
landes weite Projekte und Vorhaben<br />
beschrieben werden.<br />
(für die Landesgruppe:<br />
Ulrich Mittelstädt<br />
hi.bi.kus – Programmkoordinator<br />
Martina Dubiel<br />
Mitglied Landesvorstand Thüringen<br />
Beraterin für hirngerechtes Lernen)<br />
32 GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008
An den<br />
Grundschulverband · Arbeitskreis <strong>Grundschule</strong> e. V.<br />
Niddastraße 52 · 60329 Frankfurt/Main · Fax 0 69 / 7 07 47 80<br />
oder per Internet: www.grundschulverband.de<br />
Beitrittserklärung<br />
Für Ihren Beitritt zum Grundschulverband ·<br />
Arbeitskreis <strong>Grundschule</strong> e. V. halten wir<br />
folgendes Werbeangebot für Sie bereit:<br />
(Bitte nur eine der beiden Möglichkeiten ankreuzen!)<br />
Name<br />
Als neues Mitglied im Grundschulverband ·<br />
Arbeitskreis <strong>Grundschule</strong> e. V. wünsche ich mir<br />
den Band<br />
als Aufnahmegeschenk.<br />
Nebenstehend genanntes Mitglied habe<br />
ich für den Grundschulverband · Arbeitskreis<br />
<strong>Grundschule</strong> e. V. geworben. Als Werbe prämie<br />
senden Sie mir bitte den Band<br />
an folgende Anschrift:<br />
Ich beantrage die Mitgliedschaft im Grundschulverband · Arbeitskreis <strong>Grundschule</strong> e. V.<br />
Als Mitglied erhalte ich jährlich zwei neue Mitgliedsbände aus der Reihe »Beiträge zur Reform der<br />
<strong>Grundschule</strong>« sowie die 32-seitige Vierteljahreszeitschrift »Grundschulverband <strong>aktuell</strong>« jeweils<br />
nach Fertigstellung kostenfrei zugesandt.<br />
Den angekreuzten Betrag<br />
Mitgliedsbeitrag 55,– €<br />
Ermäßigter Beitrag (bitte belegen!) 33,– €<br />
(für Studierende, Arbeitslose, Lehramts anwärter/innen<br />
sowie für Teilzeitbeschäftigte in den neuen Ländern)<br />
Förderbeitrag, mindestens 33,– €<br />
(keine Mitgliedsbände, nur Zeitschrift – für Pensionäre, die weiterhin <strong>aktuell</strong> informiert werden<br />
wollen und andere Förderer, die die Arbeit des Grundschulverbandes unterstützen möchten)<br />
zahle ich nach Erhalt der Jahresrechnung zahle ich per Bankeinzug vom<br />
Konto Nr.<br />
Bankleitzahl<br />
Name<br />
Straße und Hausnummer<br />
bei<br />
Straße und Hausnummer<br />
PLZ und Ort<br />
PLZ und Ort<br />
E-Mail<br />
Datum und Unterschrift<br />
Tel.
13. /14. November 2008<br />
Jetzt anmelden!<br />
Es sind noch Plätze frei!<br />
Herbsttagung des Grundschulverbandes<br />
Tests, Noten und Pädagogische Leistungskultur<br />
Die Herbsttagungen des Grundschulverbandes sind ein<br />
Treffpunkt von Kolleginnen und Kollegen zur Information,<br />
Diskussion und zum anregenden Austausch von Erfahrungen<br />
und Meinungen.<br />
VERA und die Pädagogische Leistungskultur sind die Themen<br />
der Herbsttagung 2008.<br />
Wir nehmen eine kritische Sicht auf die Qualität der VERA-<br />
Aufgaben vom Mai 2008 und stellen das Projekt Pädagogische<br />
Leistungskultur vor. Im Mittelpunkt diesmal:<br />
Kunst, Sport, Englisch und die »Selbst-, Sach- und Sozialkompetenz«<br />
der Kinder (und dabei auch der Umgang mit<br />
»schwierigen« Kindern und Klassen).<br />
In den Referaten und Diskussionen, in Arbeitsgruppen und<br />
im gegenseitigen Austausch geht es um eine ermutigende<br />
Leistungsförderung aller Kinder, die individuelle Lernentwicklungen<br />
im Blick behält und die Kinder dialogisch einbezieht.<br />
Tagungsverlauf<br />
Donnerstag, 13. 11.<br />
Ab 15 Uhr: Impulsreferate und Diskussion zu »VERA<br />
und die Pädagogische Leistungskultur«<br />
Abends: »Persönlichkeit passt in keine Note« – Gesprächsrunde<br />
zum Thema »Kopfnoten«<br />
Freitag, 14. 11.<br />
Bis 15 Uhr: Arbeitsgruppen »Pädagogische<br />
Leis tungskultur in den Fächern Kunst,<br />
Sport und Englisch sowie im Bereich ›Selbst-, Sachund<br />
Sozialkompetenz‹ «<br />
Referentinnen und Referenten sind Herausgeber<br />
und Autor/innen des Bandes 124 sowie (angefragt)<br />
Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus dem VERA-<br />
Team der Universität-Koblenz-Landau.<br />
Ort<br />
Martin-Niemöller-Haus<br />
in Schmitten<br />
(in der Nähe von Frankfurt);<br />
www.martin-niemoeller-haus.de<br />
Für Bahnreisende wird ein Shuttle-Bus<br />
zur Tagungsstätte organisiert.<br />
Tagungsbeitrag<br />
Für Mitglieder des Grundschulverbandes 140 €<br />
(Doppelzimmer 130 €)<br />
für Nicht-Mitglieder 180 € (Doppelzimmer 170 €)<br />
Im Tagungspreis enthalten sind die Kosten für<br />
Übernachtung und Verpflegung sowie der Transfer<br />
vom und zum Frankfurter Hauptbahnhof.<br />
Anmeldung<br />
per Post: Grundschulverband,<br />
Niddastr. 52, 60329 Frankfurt<br />
oder per Mail: info@grundschulverband.de<br />
oder über die Homepage:<br />
www.grundschulverband.de<br />
Verbindlich ist die Anmeldung erst nach Zahlung<br />
des Tagungsbeitrages an die Postbank Frankfurt,<br />
BLZ 500 100 60, Konto-Nr. 19 56 71 605<br />
Bitte bei der Anmeldung angeben:<br />
Vollständige Anschrift mit Mail-Adresse<br />
und Telefonnummer; Mitglied ja – nein;<br />
derzeitige Funktion im Schulbereich;<br />
Wahl der Arbeitsgruppe;<br />
Anreise mit Auto oder Zug;<br />
mögliche Doppelzimmernutzung