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Grundschule aktuell 103

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Heft Nr. <strong>103</strong> • III. Quartal • September 2008 • Best. Nr. 6038 • D9607F<br />

Grundschulverband – Arbeitskreis <strong>Grundschule</strong> e. V. • Niddastraße 52 • 60329 Frankfurt/Main • Tel. 0 69 / 77 60 06 • www.grundschulverband.de<br />

Kinder vermessen?<br />

VERA 2008


Editorial<br />

Kinder vermessen?<br />

VERA & Verwandtes<br />

Die in den letzten Jahren zunehmende Tendenz zur »Testeritis« haben wir in<br />

dieser Zeitschrift von Anfang an kritisch begleitet. Mit diesem Heft setzen<br />

wir diese wichtige Arbeit fort. Dabei hat es der Grundschulverband nicht bei<br />

bloßer Kritik belassen. Mit dem Projekt »Pädagogische Leistungskultur« geben<br />

wir eine Fülle von erprobten praktischen Anregungen (siehe S. 24).<br />

Für Musik, Kunst, Kreativität<br />

Eine Folge der »Test-Orientierung« des Unterrichts ist die Abwertung der Fächer,<br />

die nicht »abgetestet« werden. Ihr Wert sinkt herab zu dem einer »sozialen<br />

Veranstaltung«, wie zuweilen formuliert wird. Ästhetische Bildung und<br />

moralische Urteilsfähigkeit sind in dem, was die grassierende Testideologie<br />

als »Grundbildung« versteht, offensichtlich verzichtbar. Ein solcher Verzicht<br />

muss sich gerade auch auf den Unterricht in den <strong>Grundschule</strong>n auswirken, die<br />

zunehmend nur als Orte der Präparation für die so genannten weiterführenden<br />

Schulen gesehen werden.<br />

Mit dem Versand des Heftes 4 (Kunst) unseres Bandes 124 ist der Schuber nun<br />

vollständig, der hier einen deutlichen Kontrapunkt setzt (siehe S. 18, »Für die<br />

Kunst – wider pädagogische Verarmung« )<br />

Echo<br />

Wir freuen uns immer über Kritik und – natürlich – auch Lob unserer Leserinnen<br />

und Leser. Zwei Auszüge aus den zahlreichen positiven Rückmeldungen<br />

zum letzten Heft:<br />

Marc Kanert lobt uns: »Vielen Dank für die vielen außerordentlichen Beiträge<br />

zum Thema Selbstständigkeit lernen.«<br />

Und Ulrike Michels schreibt: »Gerade habe ich in dem Heft zum Thema ›Selbstständigkeit‹<br />

unter den Schulgeschichten den höchst interessanten Artikel von<br />

Herrn Bartnitzky zu Rudolf Karnick gelesen. Nach der Zeitungsmeldung vorgestern<br />

im Leitartikel der »Rheinischen Post« (Düsseldorf) zu der guten Benotung<br />

des ›Reformtempos‹ in NRW wünschte ich mir diesen Text als Pflichtlektüre in den<br />

Ministerien und allen Beurteilungsgremien, da wir es nach PISA offensichtlich mit<br />

dem gleichen Grundübel didaktischer Entwicklungen zu tun haben wie nach dem<br />

Sputnikschock.«<br />

Dank gab es übrigens auch in etlichen Zuschriften für unseren Aufruf zur<br />

Mitarbeit an diesem Heft zu VERA: »Vielen Dank zunächst, dass Sie Schulen ein<br />

Forum schaffen, sich zu der Lernstandserhebung zu äußern. Es ist ja nicht mehr<br />

unbedingt üblich, dass man die Basis befragt zu ihrer Einschätzung, zum Beispiel<br />

zu den kommenden neuen Richtlinien und Lehrplänen, die einfach von oben verordnet<br />

werden.«<br />

Ulrich Hecker<br />

Impressum<br />

, die Zeitschrift des Grundschulverbandes erscheint<br />

viertel jährlich und wird allen Mit glie dern zugestellt.<br />

Der Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Das einzelne Heft kostet 5 €;<br />

für Mitglieder und bei Sam mel be stel lun gen ab 10 Hefte 3 € (incl. Versand).<br />

Verlag: Grundschulverband – Arbeitskreis <strong>Grundschule</strong> e. V.<br />

Niddastraße 52, 60329 Frankfurt / Main, Tel. 0 69 / 77 60 06, Fax: 0 69 / 7 07 47 80;<br />

Internet: www.grundschulverband.de, E-Mail: info@grundschulverband.de<br />

Herausgeber: Horst Bartnitzky (für den Vorstand des Grundschulverbandes)<br />

Redaktion: Ulrich Hecker, Hülsdonker Str. 64, 47441 Moers, Tel. 0 28 41 / 2 17 14,<br />

E-Mail: ulrichhecker@aol.com<br />

Fotos: Fotostudio Wilder, 37075 Göttingen (S. 19 – 25), Bert Butzke, Mülheim/Ruhr (S. 1)<br />

sowie jeweilige Autor/innen<br />

Zeichnung: Wilhelm Nüchter, Moers (S. 16)<br />

Herstellung: novuprint Agentur für Mediendesign, Werbung, Publikationen GmbH,<br />

Bödekerstr. 73, 30161 Hannover, Tel. 05 11 / 9 61 69 – 11, Fax: 05 11 / 9 61 69 – 99<br />

Anzeigenverwaltung: Claudia Klinger, Verlagsgruppe Beltz, Tel. 0 62 01 / 6 00 73 86,<br />

Fax 0 62 01 / 6 00 73 93<br />

Druck: Druck Partner Rübelmann, 69502 Hemsbach<br />

ISSN 1860-8604<br />

Beilagen: »Eine Welt in der Schule« als ständige Beilage, »Zirkus macht Schule!« vom<br />

Zirkus Toussini und ein Beihefter der Zeitschrift GRUNDSCHULE<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008<br />

1


Tagebuch<br />

Eine Welt in der Schule –<br />

Exotik, Klimawandel und Schulalltag<br />

Andrea Pahl,<br />

wissenschaftliche<br />

Mitarbeiterin, Projekt<br />

Eine Welt in der Schule,<br />

und Fachreferentin für<br />

das Referat »Schule<br />

in der Einen Welt« im<br />

Grundschulverband<br />

Im Zeitalter der Globalisierung rückt die Welt zusammen.<br />

Die Auswirkungen globaler Veränderungen beeinflussen<br />

unser Leben unmittelbar. (…) Schule muss Kindern und Jugendlichen<br />

diese komplexen Zusammenhänge nahe bringen,<br />

muss sie vorbereiten, ihnen Informationen<br />

vermitteln und sie zum Nachdenken bringen<br />

(Senator Prof. Dr. E. Jürgen Zöllner, Präsident<br />

der Kultusministerkonferenz)<br />

Diese Sätze stammen aus dem Vorwort für den<br />

Orientierungsrahmen für den Lernbereich Globale<br />

Entwicklung, der im Juni 2007 gemeinsam<br />

von der Kultusministerkonferenz (KMK) und dem<br />

Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />

und Entwicklung (BMZ) verabschiedet<br />

worden ist. Zielsetzung dieses Orientierungsrahmens<br />

ist es, den Lernbereich Globale Entwicklung<br />

im Unterricht der Schule fächerübergreifend zu verankern.<br />

Die Kinder tragen globale Fragestellungen und Informationen<br />

in die Schule. Nachrichten über schwerwiegende<br />

Folgen von Umweltveränderungen oder extremen Lebensbedingungen<br />

von Kindern in anderen Ländern beunruhigen<br />

und beschäftigen auch schon Grundschulkinder.<br />

Gerade über das Fernsehen wird ein Weltbild vermittelt,<br />

was oft eher verängstigt, als neugierig oder positiv<br />

stimmt. »Essen andere Menschen Hunde?«, »Stirbt der<br />

Eisbär bald aus?« oder »Können andere Kinder nie in die<br />

Schule gehen bzw. müssen sie verhungern?« Lehrerinnen<br />

und Lehrer sollen und müssen altersgerecht auf solche<br />

Fragen reagieren. Leicht gesagt bzw. gefordert! Aber wie<br />

antworten Erwachsene darauf?<br />

Die Notwendigkeit dieser Thematik ist inzwischen vielen<br />

Kolleginnen und Kollegen einleuchtend. Die Komplexität<br />

der Themen und oft auch die Dramatik der Informationen<br />

lassen es manchmal allerdings unmöglich erscheinen, für<br />

Kinder im Grundschulalter eine adäquate Vermittlung zu<br />

finden. Man will weder banalisieren, noch die Kinder mit<br />

unlösbaren Problemen konfrontieren. Die Lösung liegt,<br />

wie so oft in der <strong>Grundschule</strong>, im Kleinschrittigen, in der<br />

Kontinuität und in den Handlungsmöglichkeiten, die den<br />

Kindern bei der Vermittlung solcher Themen eröffnet<br />

werden. Kleine Schritte insofern, als dass nicht bei einem<br />

Thema gleich sämtliche globale Vernetzungen oder Auswirkungen<br />

besprochen werden müssen. Zunächst sollte<br />

immer der normale Kinderalltag in einem anderen Land<br />

als Einstieg im Vordergrund stehen. Diesen gibt es, trotz<br />

aller Unterschiede und Katastrophen, in fast allen Ländern<br />

dieser Welt!<br />

Kontinuität entsteht durch die regelmäßige Vermittlung<br />

solcher Themen. Das muss nicht immer das große, mehrwöchige<br />

interkulturelle Projekt sein. Man kann auch statt<br />

einer deutschen Fabel mal ein afrikanisches Märchen besprechen,<br />

in Mathematik der Frage nachgehen, warum wir<br />

wohl mit arabischen Zahlen rechnen, oder im Kochkurs<br />

erklären, dass die Spagetti nicht aus Italien kommen.<br />

Handlungsmöglichkeiten schließlich sind der Schlüssel,<br />

um zu verhindern, dass Kinder gegenüber globalen Fragestellungen<br />

ein passives Ohnmachtsgefühl entwickeln.<br />

Handeln heißt dabei nicht Spendensammeln und Mitleid<br />

erregen. Mir selber ist gut die extrem problemorientierte<br />

Unterrichtsform der 80er Jahre in Erinnerung. Es war immer<br />

kurz vor 12 oder schon danach und wir waren immer<br />

die Schuldigen (Kolonialismus, Umweltzerstörung, Unterdrückung<br />

der anderen Kulturen etc.). Ergebnis: Ein großer<br />

Teil meiner damaligen Mitschüler hielt es für absolut<br />

selbstzerstörerisch sich irgendwo zu engagieren, sondern<br />

wollte das Leben erstmal genießen.<br />

Wie also kann die Unterrichtspraxis aussehen, die heute<br />

gefordert wird? Aktuell habe ich mich sehr gefreut über<br />

die diesjährigen Preisträger des Wettbewerbs des Bundespräsidenten<br />

„Alle für eine Welt für Alle“. Dieser Schulwettbewerb<br />

wird im Auftrag des BMZ durchgeführt und<br />

in Zusammenarbeit zwischen dem Grundschulverband<br />

und dem Zeitbild Verlag realisiert. Am 2. Juni diesen Jahres<br />

fand die Preisverleihung im Schloss Bellevue statt. Viele<br />

der eingesandten Wettbewerbsbeiträge zeigen, dass die<br />

Kinder sich mit großem Interesse dem Leben von Kindern<br />

in anderen Kulturen gewidmet haben. Sie haben nach Parallelen<br />

und Unterschieden geforscht, Beeindruckendes<br />

und Schwieriges bei sich und den anderen Kindern gefunden<br />

und dabei auch viel über ihre eigenen Werte und ihre<br />

eigene Kultur gelernt.<br />

Die Beschäftigung mit anderen Kulturen muss auf Gleichwertigkeit<br />

und Partnerschaft beruhen. Nur so entwickelt<br />

sich ein positives Weltbild und der Gedanke einer konstruktiven<br />

gemeinsamen Verantwortung für unsere Erde.<br />

Andrea Pahl<br />

2 GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008


Thema: VERA 2008<br />

VERA 2008 – Realität in Deutschland :<br />

»… ein immer hektischeres Teaching to the Test«<br />

von Ulrich Hecker<br />

An deutschen Schulen wird so viel getestet,<br />

verglichen und evaluiert wie nie zuvor. In<br />

diesem Jahr nun saßen in allen 16 Bundesländern<br />

– z. T. noch auf freiwilliger Basis, z. T.<br />

schon mit gedruckten Aufgabenheften, z. T.<br />

noch mit dem Auftrag, alle vier Hefte an der<br />

Schule zu kopieren – Drittklässler über VERA-<br />

Tests. Dahinter steht noch immer die vage<br />

Hoffnung, dass vom Überprüfen alles auch<br />

irgendwie besser wird. Nach PISA verfallen Bildungspolitik<br />

und Ministerialbürokratie in eine<br />

Manie quantitativen Testens und Klassifizierens<br />

– und vernachlässigen dabei den pädagogischen<br />

Auftrag der Schule.<br />

Noch vor zwei Jahren, im vierzehnseitigen<br />

Beschluss der Kultusministerkonferenz zum<br />

»Bildungsmonitoring« (2. 2. 2006), hatten die<br />

Schulminister unter der Zwischenüberschrift<br />

»Weiterentwicklung der Bildung, aber kein<br />

Teaching to the Test« formuliert:<br />

»Neben der Funktion der Beschreibung von<br />

Leistungsanforderungen und der Leistungsmessung<br />

dienen die Bildungsstandards primär<br />

der Weiterentwicklung des Unterrichts und vor<br />

allem der individuellen Förderung aller Schülerinnen<br />

und Schüler.«<br />

»Die Länder sind sich darin einig, dass mit<br />

der Setzung der Bildungsstandards … eine Entwicklung<br />

hin zum ›Teaching to the Test‹ oder<br />

eine Verengung des Unterrichts auf die Anforderungen<br />

der Standards verhindert werden muss.«<br />

Beide Zielvorstellungen allerdings werden<br />

mit der landläufigen VERA-Praxis gründlich<br />

verfehlt! Aber: Inzwischen ist eine kritische<br />

Diskussion in der bildungspolitisch interessierten<br />

Öffentlichkeit in Gang gekommen (angestoßen<br />

nicht zuletzt durch die Initiativen<br />

des Grundschulverbandes).<br />

In ihren Ausgaben nach dem »VERA-Monat«<br />

Mai beschäftigen sich z. B. in der Zeitschrift<br />

»<strong>Grundschule</strong>« (Heft 7 – 8/2008, S. 40 ff.)<br />

Dr. Thomas Jahnke (Professor für Didaktik<br />

der Mathematik an der Universität Potsdam)<br />

und in der Zeitschrift »Pädagogik« (Heft<br />

07 – 08/2008, S. 83) Dr. Annemarie von der<br />

Groeben (ehem. Didaktische Leiterin der Laborschule<br />

Bielefeld) mit dem Thema. Die markanten<br />

Überschriften:<br />

»Tests bilden?« oder<br />

»Bessere Schulqualität durch<br />

zentrale Lernstandserhebungen?«<br />

Worum es dabei überhaupt geht, fragt Thomas<br />

Jahnke: »Was wird in groß angelegten<br />

Schulleistungstests oder Vergleichsarbeiten<br />

wirklich ermittelt? Die Qualität des Unterrichts?<br />

Das Ausmaß der individuellen Förderung? Die<br />

Umsetzung der Bildungsstandards?«<br />

Annemarie von der Groeben markiert die<br />

Streitpunkte: »In wenigen Jahren ist die Arbeit<br />

der Schulen durch die neuen Kontrollinstrumente<br />

massiv verändert worden. Ob zum Guten oder<br />

eher zum Schlechten – das ist … heftig umstritten.<br />

Strittig ist (1), was ›erheben‹ heißt, (2) wie<br />

und warum das geschieht, (3) wer diesen Prozess<br />

steuert und (4) was daraus folgt.«<br />

Als eine ernste Folge testorientier Schulbildung<br />

und Bildungspolitik benennt Th. Jahnke<br />

»das, was in Philosophie und Soziologie als Entfremdung<br />

bezeichnet wird« und »nun in neuer<br />

Qualität den Lehrerberuf und das Lernen an der<br />

Schule durchdringt. Es geht nicht mehr um die<br />

Sache selbst, um die Schülerinnen und Schüler,<br />

um die Lehrkräfte, um ein gemeinsames Bildungserlebnis.<br />

Es geht letztlich um Testresultate,<br />

anhand derer der Erfolg des Lehrens und<br />

Lernens gemessen und beurteilt wird. Verächtlicher<br />

und desinteressierter kann man mit einem<br />

Schüler kaum umgehen, als sich z. B. in Multiple<br />

Choice-Tests nur noch dafür zu interessieren, ob<br />

er an der richtigen Stelle ein Kreuz macht, und<br />

ihm dafür keinen oder einen Punkt zu geben.«<br />

Lernstände erheben müsste eigentlich bedeuten,<br />

so A. von der Groeben, »das Verstehen<br />

nicht unter Konkurrenz zu stellen, an Normen<br />

zu messen und zu benoten, sondern zuallererst<br />

individuell zu ermutigen und zu fördern.<br />

Zentrale Lernstandserhebungen (…) gehen den<br />

umgekehrten Weg. Das erwartete Wissen wird<br />

in Tests zurückverwandelt und abgeprüft. Alle<br />

müssen zur gleichen Zeit das gleiche Pensum<br />

bewältigen. Die Tests sind auf ein mittleres Niveau<br />

gerichtet, die schwächeren Schülerinnen<br />

und Schüler müssen also notwendig schlecht<br />

abschneiden. Diese Lernstandserhebungen wollen<br />

die Qualität von Schulen ›sichern‹ durch Normierung<br />

und Konkurrenz.«<br />

Das Fazit<br />

A. von der Groeben: »Ich behaupte, dass flächendeckende<br />

Lernstandserhebungen, wie sie<br />

jetzt in allen Bundesländern durchgeführt werden,<br />

so viele negative Nebenwirkungen haben,<br />

dass die erhofften positiven Effekte durch sie<br />

in Frage gestellt wer den. Ja, ich möchte die Behauptung<br />

noch weiter zuspitzen: Guter Unterricht<br />

wird durch sie mehr gefährdet als gefördert.«<br />

Th. Jahnke spricht von der »PISA und Co. KG«<br />

und weist damit auf einen selten diskutierten<br />

Zusammenhang hin: »Die Vorstellung, Schülerleistungen<br />

ließen sich in einem Test objektiv<br />

oder mit angebbarer Fehlerspanne – gleichsam<br />

physikalisch – messen, ist schlicht (und) irreführend.<br />

Folgerungen aus solcher Vorstellung sind<br />

daher mehr als fragwürdig. Wird dies in Abrede<br />

gestellt, liegen in aller Regel massive Erkenntnisinteressen<br />

der Auftraggeber oder -nehmer der<br />

Testungen vor.«<br />

A. von der Groeben rät, von Finnland zu lernen:<br />

»So wie Schulen dort von der Grundannahme<br />

ausgehen, dass alle Kinder gern lernen wollen<br />

und gut lernen können, geht der Staat davon<br />

aus, dass seine Schulen gute Päda gogik und<br />

guten Unterricht machen wollen und das auch<br />

können. Ver trauen ist die Grundlage. Bei uns<br />

aber regiert die Misstrauensvermu tung: Druck<br />

muss sein, Kontrolle muss sein, Strafe muss sein<br />

– sonst funktioniert das mit dem Lehren und<br />

Lernen nicht.<br />

Druck und Angst aber sind Keulen, die leicht<br />

kaputt machen, was Schulen gut macht: eine<br />

ihrer selbst bewusste, verantwortungsvolle Pädagogik<br />

und eine Didaktik, die der Unterschiedlichkeit<br />

der Schülerinnen und Schüler gerecht<br />

wird.«<br />

Und so gilt – leider – weiterhin, was der<br />

Grundschulverband auf die Frage »Kinder<br />

vermessen?« seit Jahr und Tag feststellt: Die<br />

flächendeckende ›Testeritis‹ beschädigt die<br />

Unterrichtskultur: Lernen wird auf die Vermittlung<br />

von überprüfbaren Zielen reduziert.<br />

Solche »Tabellen-Akrobatik« ist weder für die<br />

pädagogische Praxis, noch für Eltern und erst<br />

recht nicht für Kinder hilfreich.<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008<br />

3


Thema: VERA 2008<br />

von Horst<br />

Bartnitzky<br />

VERA Deutsch 2008:<br />

Wie Kindern durch Vergleichsarbeiten Unrecht geschieht<br />

Am 6. Mai lasen nahezu alle Drittklässler<br />

in Deutschland von Kalulu, von Grete<br />

und von der Gopherschildkröte. Den<br />

Texten folgten die Aufgaben. In einer<br />

Zeitstunde nahmen die Kinder und<br />

ihre Lehrkräfte teil an der ersten bundesweit<br />

einheitlichen Runde der Vergleichsarbeiten<br />

im Fach Deutsch.<br />

Vor mir liegen die Texte und Aufgaben,<br />

Lösungshefte mehrerer Klassen<br />

sowie die Anmerkungen von über fünfzig<br />

Lehrerinnen und Lehrern. Beim Vergleich<br />

mit den Texten und Aufgaben<br />

der vergangenen Jahre fällt zweierlei<br />

auf:<br />

Erstens: Die Texte sind kindgerechter<br />

ausgewählt, nicht so abgehoben,<br />

einseitig Mittelschicht orientiert wie<br />

die Texte zuvor; ich erinnere an den<br />

Restaurant-Test oder die Bahnkarte.<br />

Schildkröten sind diesmal das gemeinsame<br />

Thema. Gut so.<br />

Zweitens: Alle übrigen Einschränkungen,<br />

Schwächen und Mängel der<br />

VERA-Tests finden sich auch in diesen:<br />

Sie ignorieren die Denkweisen der Kinder,<br />

sie stellen Fallen und führen Kinder<br />

aufs Glatteis, sie lassen keine differenzierten<br />

Aussagen über Kinder mit<br />

schwächeren Leistungen zu und sie<br />

beziehen wesentliche Kompetenzbereiche<br />

nicht in die Aufgaben ein (siehe<br />

Grundschulverband 2005, 2007).<br />

Die Mängel sollen mit einigen Belegen<br />

aus dem Deutsch-Test 2008 konkretisiert<br />

werden.<br />

Zum Umfang:<br />

Keine Zeit, sich auf einen Text<br />

wirklich einzulassen<br />

Der Test bestand diesmal aus drei Teilen<br />

– drei Texten mit jeweils nachfolgenden<br />

Aufgaben:<br />

■ einem Märchen aus Afrika<br />

■ einem Erzählgedicht mit sechs Strophen<br />

■ einer Seite mit acht kürzeren<br />

Sachtexten über Schildkröten im Allgemeinen<br />

und einige Schildkrötenarten<br />

im Besonderen.<br />

Bearbeitungszeit war insgesamt 60<br />

Minuten mit einer kleinen Pause.<br />

Schon an dieser Zusammenstellung<br />

wird deutlich, dass hier eher Schnellleser,<br />

Schnelldenker und Schnellschreiber<br />

zu ihrem Recht kamen. Langsamer<br />

lesende und schreibende Kinder, Kinder,<br />

die ihr Ergebnis überdachten, noch<br />

einmal gegenprüften, kamen rasch<br />

in Verzug. Es ging um Eile, nicht um<br />

sorgfältiges Arbeiten. Dies ist aber ein<br />

pädagogisch falsches Signal. Nicht Aktivismus<br />

ist das Leitbild der modernen<br />

Schule, sondern die umsichtige eigenständige<br />

Arbeit.<br />

Sieht man sich die Texte näher an,<br />

dann verstärkt sich das Manko der fehlenden<br />

Zeit, denn die Texte sind<br />

zum Teil mit Fallen und<br />

stilistisch fragwürdigen<br />

Schwierigkeiten<br />

behaftet:<br />

Im Märchen<br />

aus Afrika machen<br />

Hase und<br />

Schildkröte ein<br />

Wettrennen, der Sieger<br />

soll König der Tiere<br />

werden. Wider Erwarten gewinnt<br />

die Schildkröte, weil der Hase arrogant<br />

leichtfertig erst mal ein Schläfchen<br />

hält, während die Schildkröte ihrem<br />

Sieg entgegen kriecht. Acht Sätze lang<br />

heißt der Hase nur einfach Hase. Der<br />

letzte neunte Satz beginnt: »Als Kalulu<br />

wieder aufwachte …«. Jeder Lektor<br />

würde dem Autor sagen, dass der<br />

Hase, wenn er überhaupt einen Namen<br />

erhält, diesen von Anfang an tragen<br />

sollte, weil dies das Verständnis erleichtert.<br />

So muss der Leser, irritiert,<br />

den Text noch mal von vorne lesen, um<br />

den Hasen mit dem Namen zu identifizieren.<br />

Die Sachtexte finden sich auf einer<br />

Seite im Querformat. Die Überschrift<br />

lautet zwar »Verschiedene Schildkröten«.<br />

Auf der Seite finden sich aber an<br />

drei verschiedenen Stellen Kurz-Informationen<br />

zu Schildkröten im Allgemeinen.<br />

Die anderen fünf Kurztexte sind<br />

jeweils einer Schildkrötenart gewidmet.<br />

Jeder Text hat eine fett gedruckte<br />

Überschrift. Erwarten müsste man,<br />

dass der Name der jeweiligen Schildkröte<br />

im Titel zu finden ist. So macht<br />

es vernünftigerweise jedes Sachbuch,<br />

weil die Leseerwartung eben auf die<br />

»verschiedenen« Sorten gelenkt wurde.<br />

Nicht so hier. Die Überschriften kennzeichnen<br />

eine Besonderheit der jeweiligen<br />

Schildkrötenart (»Untermieter«,<br />

»Uralt« …). Der jeweilige Name, darunter<br />

so schwierige wie Gopherschildkröte,<br />

ist im Text versteckt. Außerdem<br />

enthält die Seite Fotos und Zeichnungen,<br />

darunter so kindertümelnde, aber<br />

sachfremde wie die Schildkröte, die<br />

wohl zum Sprung über ein Seil ansetzt,<br />

oder die Schildkröte, die auf<br />

ihrem Panzer sieben<br />

brennende Kerzen<br />

trägt (weil, wie<br />

der Text verrät,<br />

sie 152-mal Geburtstag<br />

habe<br />

feiern können).<br />

Um die nachfolgenden<br />

Aufgaben<br />

im Hochformat zu bewältigen,<br />

muss mehrfach die<br />

Seite im Querformat zu Rate gezogen<br />

werden mit der schwierig gemachten<br />

Anordnung und Gestaltung der Texte.<br />

Zwischen Märchen und Sachtexten<br />

befindet sich dann noch das sechsstrophige<br />

Erzählgedicht. Die Kinder<br />

müssen sich in der einen Zeitstunde<br />

also mit drei verschiedenen Textsorten<br />

auseinandersetzen und dabei die noch<br />

besonders eingebauten Schwierigkeiten<br />

bewältigen. Diese Massierung von<br />

Textsorten mit textsorten-untypischen<br />

Schwierigkeiten frustriert Kinder, die<br />

leseschwächer sind, die Deutsch als<br />

Zweitsprache lernen, aber auch Kinder,<br />

die penibler ihre Arbeiten ausführen.<br />

Dass solche Kinder bei der Hälfte<br />

aus dem Test ausgestiegen sind oder<br />

kaum noch erkennbare Leistungen im<br />

zweiten Teil erbracht haben, ist kein<br />

Wunder. Ein Hinweis darauf, dass diese<br />

Kinder nicht in der Lage sind, die Texte<br />

zu verstehen, ist dies aber nicht.<br />

4 GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008


Thema: VERA 2008<br />

Zur Aufgabenqualität:<br />

Leistungen von Kindern<br />

werden nicht anerkannt<br />

Wie schon bei den früheren Vergleichsarbeiten,<br />

so finden sich auch in diesem<br />

Test vorwiegend Aufgaben, bei denen aus<br />

vorgegebenen Antworten angekreuzt, unterstrichen,<br />

eingekreist werden soll. Freie<br />

Antworten sind die Ausnahmen. Das heißt:<br />

Die Aufgaben-Macher haben bestimmte<br />

Antworten als richtig gesetzt, die in den<br />

Korrekturanweisungen ausgewiesen sind.<br />

Damit sind vielfältige kompetenzbezogene<br />

Arbeitsweisen der Kinder durch die<br />

Testmethodik ausgeschlossen, wie: eigene<br />

Gedanken zu Texten entwickeln, zu Texten<br />

Stellung nehmen, Texte umgestalten usw.<br />

Um so wichtiger wäre, bei den engen Antwortmustern<br />

der Tests zutreffende Antworten<br />

von unzutreffenden, willkürlichen<br />

zu unterscheiden. Genau dies gelingt bei<br />

vielen Aufgaben nicht.<br />

Vier Belege sollen die typischen Probleme<br />

beispielhaft aufzeigen:<br />

Wer ist schnell – wer ist langsam?<br />

Wann ist eine Schildkröte nicht mehr erwachsen?<br />

Bezugstext für diese Aufgabe ist ein kleiner<br />

Sachtext auf der querformatigen Seite »Verschiedene<br />

Schildkröten«:<br />

Josias hat alle fünf Antworten als richtig angekreuzt.<br />

Da die 2. und 3. dem Antwortmuster<br />

nach nicht richtig sind, ist die Lösung Josias<br />

insgesamt falsch. Und doch: Die Riesenschildkröte<br />

wurde doch genau 152 Jahre alt. Und wo<br />

steht denn, dass sie noch älter geworden ist?<br />

Zum Alter anderer Schildkröten ist auf der Seite<br />

auch nichts zu finden. Zur 3. im Test als falsch<br />

gewerteten Antwort: Die Riesenschildkröte ist<br />

doch wohl erwachsen mit ihren 152 Jahren – oder gibt es ein<br />

Limit nach oben, wann man nicht mehr erwachsen ist? Im<br />

Übrigen findet sich in keinem der Texte ein Hinweis, wann<br />

bei Schildkröten das Erwachsensein beginnt.<br />

Ist kämpferlich ein Adjektiv?<br />

Zu den Leseaufgaben traten im Text Aufgaben zum Kompetenzbereich<br />

»Sprache und Sprachgebrauch untersuchen«.<br />

Nach dem Antwortmuster sind beide Antworten von Christopher<br />

falsch. Die ersten beiden wären, nach Meinung der<br />

Aufgabenmacher, die richtigen.<br />

Christopher hat aber vermutlich vom Ergebnis her gedacht.<br />

Tatsächlich ist der eigentlich schnelle Hase Kalulu hier<br />

der langsame, weil er die Zeit verschläft, und die eigentlich<br />

langsame Schildkröte ist hier die schnelle, weil sie als erste<br />

am Ziel ist. Genau dies ist ja die Pointe der Geschichte: die<br />

Zuordnungen schnell – langsam wurden ins Gegenteil verkehrt.<br />

Vielleicht konnte Christopher auch das stetige langsame<br />

Kriechen der Schildkröte nicht mit dem Attribut fleißig<br />

in Zusammenhang bringen, vielleicht war ihm das Wort<br />

überheblich auch fremd. Auf jeden Fall: Zu vermuten ist eine<br />

richtige Interpretation. Gewissheit hätte man nur, wenn dabei<br />

gefordert würde: Begründe deine Meinung. Oder wenn<br />

man Christopher nun fragen könnte: Warum meinst du, dass<br />

diese oder jene Überschrift gut passt oder weniger gut passt.<br />

Das aber ist mit den gewählten Aufgabenmustern nicht<br />

möglich. Warum, so ist zu fragen, werden Überschriften<br />

angeboten, die falsch sein sollen, die aber interpretatorisch<br />

betrachtet richtig sein können? Die klugen Denkmöglichkeiten<br />

von Kindern können die Aufgabenmacher offenbar nicht<br />

antizipieren. Fehlen hier Einfühlung und Erfahrung?<br />

Laura kannte, wie viele Kinder übrigens, wohl nicht genau<br />

das hier geforderte Wort kämpferisch. Sie hat es neu gebildet:<br />

kämpferlich. Einwandfrei eine Adjektiv-Bildung, wenn<br />

auch in diesem Fall nicht in der standardsprachlichen Form.<br />

Niklas bildete kämpflich, Alexander kämpfrig, Josias kämpfig.<br />

Dies deutet darauf hin, dass hier ein Wort gefordert wurde,<br />

das Kinder im aktiven Wortschatz eher selten besitzen; die<br />

Lösungen belegen aber in allen Fällen, dass die Kinder über<br />

einen Adjektivbegriff verfügen und adjektivgemäß Wörter<br />

bilden. Dennoch ist die wortartengerechte und kreative<br />

Leistung der Kinder dem Antwortmuster nach als falsch zu<br />

bewerten.<br />

Im Übrigen finden sich bei den Lösungen der Kinder auch<br />

zutreffende Wörter der jeweiligen Wortfamilie, die aber<br />

nicht als richtig im Sinne des Antwortmusters gelten dürfen:<br />

zum Nomen Schlaf verschlafen und ausschlafen, zum Verb<br />

feiern der Feiertag und anderes mehr. Auch diese im Sinne<br />

der Wortfamilien-Arbeit richtigen Wörter müssen nach den<br />

Korrekturvorschriften als falsch bewertet werden.<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008<br />

5


Thema: VERA 2008<br />

Alles oder nichts<br />

Alexander unterstrich von sechs Verben<br />

vier. Dennoch wird seine Leistung<br />

als ebenso falsch bewertet, als hätte<br />

er kein Verb gefunden oder reihenweise<br />

Nicht-Verben unterstrichen. Ganz<br />

offenbar hat Alexander aber bereits<br />

einen präzisen Verbbegriff. Seine positive<br />

Leistung wird durch die Lösungsvorgabe<br />

»alles oder nichts« schlicht ignoriert.<br />

Auch dies ist kein Einzelfall bei<br />

dieser Aufgabe, sondern ein testmethodischer<br />

Systemfehler, der Unrecht<br />

den Kindern gegenüber hinnimmt.<br />

An den vier Beispielen wird deutlich:<br />

Die engen Antwortmuster, die nicht<br />

von den Denkmöglichkeiten der Kinder<br />

her bedachten vermeintlichen<br />

Falschantworten und die fehlenden<br />

Begründungen der Kinder für ihre Antworten<br />

versperren den Blick auf die<br />

tatsächlichen Leistungen der Kinder.<br />

Dies und der unzulässige Ausschluss<br />

richtiger Antworten verstoßen gegen<br />

das Gerechtigkeitsprinzip. Eine zutreffende<br />

Leistungsdiagnose ist so natürlich<br />

nicht zu erstellen, mithin sind<br />

auch keine Hinweise zur Förderung zu<br />

gewinnen.<br />

Im Übrigen: Würden Lehrerinnen<br />

oder Lehrer Klassenarbeiten oder Tests<br />

so konzipieren und auswerten, würde<br />

es in bildungsorientierten Milieus zu<br />

einer gewaltigen Protestwelle bis hin<br />

zu Dienstaufsichtsbeschwerden kommen.<br />

Zur Aussagekraft:<br />

Leistungs schwache Kinder<br />

werden durch die Tests noch<br />

schwächer gemacht<br />

Ein besonderes schulpolitisches wie<br />

didaktisches Augenmerk soll nach<br />

den PISA- und IGLU-Ergebnissen insbesondere<br />

den leistungsschwächeren<br />

Kindern gelten. Bildungsgerechtigkeit<br />

herstellen, vorschulische Sprachprüfungen<br />

und Sprachkurse, Lerndiagnosen<br />

und Verstärkung von Förderung,<br />

Verringerung der »Risikogruppen« – das<br />

sind leitende Stichwörter in der <strong>aktuell</strong>en<br />

Bildungsdebatte. Da ist doch anzunehmen,<br />

dass die Vergleichsarbeiten<br />

ein besonderes Augenmerk auf diese<br />

Gruppe von Kindern richten, um hier zu<br />

diagnostischen Hinweisen für die weitere<br />

Förderung und Unterstützung der<br />

entsprechenden Schulen zu kommen.<br />

Mit VERA gelingt genau dies nicht,<br />

weil das zuvor beschriebene Unrecht<br />

durch Aufgabenstellungen und Antwortmuster<br />

sich bei diesen Kindern<br />

besonders fatal auswirkt:<br />

Die Texte sind zum Teil zu schwierig,<br />

der Arbeitsumfang ist zu gewaltig, die<br />

Arbeitszeit dagegen zu gering (siehe<br />

oben: Zum Umfang). Leistungsschwächere<br />

Kinder resignieren früh. Ihre Arbeiten<br />

sind dann oft im zweiten Teil<br />

nicht mehr bewertbar. Bei Unterstützung,<br />

zusätzlicher Erklärung, mehr Zeit<br />

und bei Aufgaben ohne Fallen könnten<br />

sie eher ihren tatsächlichen Leistungsstand<br />

zeigen.<br />

Zudem lassen die engen Antwortmuster<br />

eine differenzierte Sicht auf die<br />

individuelle Leistung nicht zu. Annäherungen<br />

an richtige Leistungen sind<br />

nicht vorgesehen (siehe oben: Zur Aufgabenqualität).<br />

Der Effekt ist, dass leistungsschwächere<br />

Kinder unterschiedlichster<br />

Leistungsstärke und Lernentwicklung<br />

durch den Test undifferenziert als Risikogruppe<br />

abgestuft werden. Das Unrecht<br />

den Kindern gegenüber kumuliert<br />

zum Unrecht den Schulen gegenüber,<br />

die eine Vielzahl dieser Kinder unterrichten:<br />

Die Testergebnisse können so<br />

gedeutet werden, als seien die Schulen<br />

didaktisch nicht fähig, die Kinder angemessen<br />

zu fördern. Was hier versagt,<br />

ist aber das diagnostische Instrument.<br />

Dr. Horst Bartnitzky<br />

war Lehrer und Schulleiter,<br />

in der Lehrer fortbildung<br />

und der Schulaufsicht tätig,<br />

zahlreiche Veröffentlichungen<br />

zur Deutschdidaktik,<br />

Vorsitzender des<br />

Grundschulverbandes<br />

Zur Orientierung<br />

an den Bildungsstandards:<br />

Nur geringer Bezug<br />

VERA bezieht seine schulpolitische<br />

Legitimierung aus der Vorgabe, dass<br />

wichtige Kompetenzen, wie sie in den<br />

Bildungsstandards beschrieben sind,<br />

zum Gegenstand der Untersuchung<br />

gemacht werden (zu den Bildungsstandards:<br />

Kultusministerkonferenz<br />

2005; Bartnitzky 2008).<br />

VERA Deutsch 2008 beinhaltet<br />

Aufgaben zu den beiden Kompetenzbereichen<br />

Lesen, hier eingeschränkt<br />

auf Leseverständnis, und Sprache und<br />

Sprachgebrauch untersuchen.<br />

Lesen: Leseverständnis<br />

Wie auch bei den internationalen<br />

Untersuchungen PISA und IGLU werden<br />

wichtige Teilkompetenzen zum<br />

Lesen durch die Tests nicht erfasst,<br />

wie: Texte begründet aussuchen, eigene<br />

Gedanken zu Texten entwickeln,<br />

Kinderlite ratur kennen, Lesekommunikation<br />

und vieles anderes mehr<br />

( Bartnitzky / Hecker / Gadow 2006).<br />

Aber auch zum Leseverständnis im<br />

engeren Sinne werden wichtige Aspekte<br />

nicht einbezogen, wie: beim Lesen<br />

lebendige Vorstellungen entwickeln,<br />

Lesestrategien anwenden, Verständnisschwierigkeiten<br />

erkennen und überwinden.<br />

Die Einschränkung auf wenige<br />

Aspekte ist angesichts von Zeitbegrenzung<br />

und Testmethodik zwingend.<br />

Bleibt aber die Frage, ob die Aspekte,<br />

die zum Tragen kommen, bedeutsam<br />

sind und zeigen können, welches Leistungsniveau<br />

die Kinder erreicht haben.<br />

Drei Fähigkeiten sollen im Test untersucht<br />

werden (Projekt VERA 2008):<br />

Gewinnung von Einzelinformationen;<br />

sinnsuchendes Lesen mit Verknüpfung<br />

von mehreren Informationen;<br />

reflektiertes Lesen mit komplexeren<br />

Schlussfolgerungen und Interpretationen.<br />

6 GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008


Thema: VERA 2008<br />

■ Zur Gewinnung von Einzelinformationen:<br />

Die im Antwortmuster als richtig bezeichnete<br />

Antwort ist die vorletzte. Sie<br />

bezieht sich auf den Satz: »Daraufhin<br />

wurde beschlossen, dass diese um die<br />

Wette laufen sollten.« (Frage am Rande:<br />

Warum nimmt die Aufgabe nicht auch<br />

sprachlich Bezug auf den Text und formuliert<br />

beschlossen statt entschieden?)<br />

Alexander versteht die Aufgabe als Interpretationsaufgabe,<br />

was die Formulierung<br />

auch zulässt, und er interpre-<br />

tiert richtig. Denn der Folgesatz nach<br />

dem Beschluss lautet: »Der Gewinner<br />

würde fortan König sein.« Und das<br />

Märchen schließt: »… und war damit<br />

zum König der Tiere geworden.« Die<br />

Aufgabe hat Alexander, dem Antwortmuster<br />

nach, falsch gelöst. Kann er<br />

also Einzelinformationen nicht sicher<br />

gewinnen? Natürlich kann er das, denn<br />

er hat Einzelinformationen des Textes<br />

bereits richtig aufeinander bezogen.<br />

■ Zum sinnsuchenden Lesen mit Verknüpfung von mehreren Informationen:<br />

(Frage am Rande: Warum wird der ungebräuchliche<br />

Begriff sinnsuchendes<br />

Lesen verwendet, da es nicht um das<br />

Suchen, sondern um das Finden geht<br />

und in den Bildungsstandards der Begriff<br />

sinnverstehend genutzt wird?)<br />

Zu dieser Aufgabe finde ich in den<br />

Schülerheften besonders viele Falschantworten.<br />

Die Erklärung liegt auf der<br />

Hand: Zur Bewältigung der Aufgabe<br />

müssen alle Textinformationen der<br />

querformatigen Kurztexte im Kopf<br />

sein oder noch einmal herausgesucht<br />

werden. Die Aufgabenstellung ist hier<br />

wegen einer sprachlichen Volte besonders<br />

tückisch: Die Kinder müssen<br />

nicht beantwortete Fragen als richtige<br />

Antworten verstehen. Dies ist für<br />

Kinder mit nicht elaboriertem Sprachgebrauch<br />

kaum zu realisieren. Durch<br />

diese Formulierungstücke, die nichts<br />

mit dem Anliegen der Aufgabe zu tun<br />

hat, werden die Antworten eigentlich<br />

unbrauchbar.<br />

Zudem ist auch hier eine vorgegebene<br />

Falschantwort durchaus richtig:<br />

»Welche Landschildkrötenarten<br />

gibt es?« In den Texten werden fünf<br />

Schildkrötenarten vorgestellt, darunter<br />

einmal die Meeresschildkröte mit<br />

dem Hinweis auf ihr Leben im Wasser.<br />

Daraus können Kinder auch schließen,<br />

dass die anderen vier wohl Landschildkröten<br />

sind. Eine Information, dass es<br />

mehr als diese vier gibt, ist nirgendwo<br />

zu erkennen. Kinder, die also die zweite<br />

Frage ankreuzen, haben klug mehrere<br />

Informationen miteinander verknüpft,<br />

die Aufgabe aber falsch gelöst.<br />

■ Reflektiertes Lesen mit komplexen Schlussfolgerungen und<br />

Interpretationen<br />

Nach dem Märchen um Kalulu und die Schildkröte wird ein<br />

Gedicht präsentiert: Die Schildkröte Grete. Es beginnt so:<br />

Die Schildkröte Grete / saß traurig im Sand, /<br />

für die quakenden Kröten / ganz uninteressant.<br />

Zum Springen zu dick, ach! / Zum Klettern zu dumm. /<br />

Warum bist du so still? / Was bist du so stumm?<br />

Im weiteren Verlauf findet Grete eine Flöte, versteckt sich im<br />

Wald und spielt auf ihrer Flöte. Das hören schließlich die Kröten.<br />

Sie kommen, hören drei Tage zu und schenken der Grete<br />

als Dank und Anerkennung einen Salat.<br />

Noemi hat die als richtig vorgesehene Antwort angekreuzt<br />

und damit die Testaufgabe zur Interpretation gut gelöst.<br />

Dennoch sagt dies wenig oder gar nichts über die interpretative<br />

Denkleistung aus. Wenn die Kinder Fabeln mit abschließender<br />

Lehre kennen, haben sie diesen Interpretationsstandard<br />

rasch erkannt. Interpretative Gedanken zu dem Gedicht<br />

sind andere und entstehen, wenn sich Kinder auf den Text<br />

einlassen, über ihn nachdenken, Gedanken miteinander austauschen<br />

und die Lehrkraft die rasch gefundene Lehre vermeidet.<br />

Worum geht es in diesem Gedicht? Die Schildkröte<br />

Grete ist verachtete Außenseiterin, hat keine Chancen gegen<br />

die anderen, die Kröten, und sie zieht sich zurück. Sie sucht<br />

Trost in der Musik. Sie entdeckt bei sich ein unerwartetes Talent.<br />

Die anderen, die Kröten, verachten die Schildkröte, weil<br />

sie sich selber zum Maßstab machen, weil sie sich und ihre<br />

Fähigkeiten zum Bewertungsschema erheben. Eine solche<br />

(rassistische) Einstellung wird anderen nie gerecht …<br />

Nein, es geht in dem Gedicht gar nicht um Stärken und<br />

Schwächen, die jeder hat. Mit einer so wohlfeilen Kalenderblatt-Formel<br />

ist die Aussage des Gedichtes nicht zu haben.<br />

Sie ist auch schlicht falsch, denn was wäre denn, wenn Grete<br />

die Flöte nicht gefunden hätte, hätte sie dann keine Stärke?<br />

Und welche Schwächen sind denn bei den Kröten gemeint?<br />

Erst in der Auseinandersetzung mit dem konkreten Text ist<br />

eine angemessene Interpretation möglich. Hier stößt die<br />

simple Testmethodik von VERA an ihre Grenzen. Sie gibt vor,<br />

etwas zu erfassen, was auf diese Weise nicht erfasst werden<br />

kann.<br />

Im Übrigen: Die Frage »Worum geht es in diesem Gedicht«<br />

verstehen nur fortgeschrittene Interpretierer und Erwachsene<br />

als Frage nach dem Kern; umgangssprachlich kann dies<br />

ebenso eine Frage nach Inhalten sein. Dementsprechend sind<br />

für Drittklässler auch die (vorgeblich falschen) Antworten<br />

richtig: Kröten essen gerne Salat, was ja mit dem Salatgeschenk<br />

offensichtlich ist, oder Flöte spielen ist einfach, was<br />

das rasche Erlernen nahe legt. Wiederum führt eine nicht eindeutige<br />

Aufgabenstellung zu Fehlurteilen. Pointierter: Fehler<br />

der Aufgaben-Macher werden den Kindern angelastet.<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008<br />

7


Thema: VERA 2008<br />

Sprache und Sprachgebrauch<br />

untersuchen<br />

In den Bildungsstandards geht es um<br />

handlungsorientierte Umgangsweisen<br />

mit Sprachgebrauch und Sprachsystem.<br />

Deshalb heißt der Kompetenzbereich<br />

weder Grammatik noch<br />

Sprachbetrachtung, sondern wird<br />

vom Handlungsverb untersuchen bestimmt<br />

(Kultusministerkonferenz<br />

2005, S. 7 ff.). Beim Untersuchen erwerben<br />

die Kinder auch grammatische<br />

Kategorien und Arbeitsbegriffe zu bestimmten<br />

Wortarten sowie Verfahren<br />

zum Untersuchen von Sprache. Dies<br />

aber sind keine aus sich heraus begründeten<br />

Kenntnisse; sie stehen vielmehr<br />

im Dienst des Untersuchens von, des<br />

Operierens mit und des Reflektierens<br />

über Sprache und Sprachgebrauch.<br />

Keine einzige Aufgabe entspricht<br />

diesen zentralen Anliegen des Kompetenzbereichs.<br />

Hier geht es ausschließlich<br />

um den traditionellen Grammatikunterricht:<br />

Wortfamilien, Wortfelder,<br />

Wortarten, Flexion von Verben und<br />

Adjektiven. Das sind nützliche Lerngebiete,<br />

aber sie sind eben nur ein funktionaler<br />

Teil des Kompetenzbereichs.<br />

Deshalb ist die Titelung mit dem Verb<br />

untersuchen didaktische Hochstapelei,<br />

die Testergebnisse können denn auch<br />

zu den Untersuchungskompetenzen<br />

nichts aussagen.<br />

Hier nur ein Beispiel:<br />

Natascha ist in der ersten Zeile am<br />

Modalverb können gescheitert, das für<br />

Kinder als Verb zunächst schwierig zu<br />

erkennen ist. Sie hat die inhaltlich plastischen<br />

Wörter gewählt. Dabei können<br />

die vorher gelesenen Texte, in denen<br />

langsam für die Gangart der Schildkröten<br />

immer wieder herausgestellt wurde,<br />

leitend gewesen sein, das Adjektiv<br />

als passend zu wohnen und schwimmt<br />

anzusehen. Die anderen beiden Aufgaben<br />

sind richtig gelöst.<br />

Der Wortartenbegriff bildet sich in<br />

den Grundschuljahren erst. Bei dieser<br />

Aufgabe sind jeweils zwei Wortarten<br />

ohne Kontext zu identifizieren, zumal<br />

mit besonderen Schwierigkeiten wie<br />

Modalverb, flektierten Formen, Präposition<br />

(das ist übrigens kein definierter<br />

Gegenstand der Grundschularbeit). Es<br />

nimmt also nicht wunder, dass viele<br />

Kinder diese Aufgabe falsch oder gar<br />

nicht bearbeitet haben.<br />

Eine zentrale didaktische Funktion<br />

bei der Begriffsgewinnung hat das<br />

Probieren und Argumentieren: Warum<br />

gehört ein Wort zu einer bestimmten<br />

Wortart? Ein Beispiel: die langsame<br />

Schildkröte – das geht und passt, die<br />

wohnen Schildkröte – das geht nicht;<br />

also ist langsam ein Adjektiv, ein Wiewort,<br />

wohnen aber nicht.<br />

Die Begriffsentwicklung bei Kindern<br />

und das didaktische Verständnis ist<br />

von solchen Prozessen des Probierens<br />

und Argumentierens her bestimmt,<br />

nicht aber von der abstrakten Kategorisierung.<br />

Dass auch wortartengerechte Leistungen<br />

von Kindern in den Tests nicht<br />

akzeptiert werden, ist an dem Beispiel<br />

zu den Wortfamilien zu ersehen, siehe<br />

Abschnitt: Zur Aufgabenqualität – Ist<br />

kämpferlich ein Adjektiv?<br />

Mein Fazit: Reihenweise Fehlurteile<br />

Nach fünf Durchgängen mit VERA kann<br />

man wohl Folgendes feststellen:<br />

■ Bei mancherlei Verbesserungen gelingt<br />

es bisher nicht, Aufgabenformate<br />

zu entwickeln und zu nutzen, die den<br />

Leistungsmöglichkeiten der Kinder<br />

und den zentralen Anliegen der Bildungsstandards<br />

entsprechen.<br />

■ Die Menge der Texte und Aufgaben<br />

lassen sorgfältiges Arbeiten nicht zu.<br />

■ Die Aufgabenstellungen und Antwortmuster<br />

sind nach wie vor häufig<br />

schlecht gestaltet: Sie enthalten unnötige<br />

Fallstricke und Schwierigkeiten,<br />

sie bewerten Antworten als falsch, die<br />

tatsächlich aber richtig sind.<br />

■ Leistungsschwächere Kinder werden<br />

durch die geballten Schwierigkeiten<br />

abgeschreckt und mutlos. Sie können<br />

damit ihre Leistungsfähigkeiten nicht<br />

zeigen. Differenzierte Leistungsrückmeldungen<br />

sind gerade für sie nicht<br />

möglich.<br />

Die Ergebnisse zeigen kein wirkliches<br />

Leistungsbild, im Gegenteil: Sie verkennen<br />

die Leistungen der Kinder und tun<br />

Kindern Unrecht. Kinder können mehr<br />

und besseres.<br />

Da der Druck auf die Schulen zunimmt,<br />

gute Ergebnisse zu erzielen, greifen<br />

viele Lehrerinnen und Lehrer zu zwei<br />

Maßnahmen:<br />

Erstens: Sie schönen die Ergebnisse,<br />

was auf vielfältigen Wegen möglich ist,<br />

was die Tests aber vollends ad absurdum<br />

führt.<br />

Zweitens: Sie richten ihren Unterricht<br />

didaktisch an den Tests aus, was<br />

die Bildungsstandards zur Makulatur<br />

macht.<br />

Wer kann eine solche Fehlentwicklung<br />

wollen?<br />

Literatur<br />

Bartnitzky (2008): Deutschunterricht. Schneider Hohengehren:<br />

Baltmannsweiler<br />

Bartnitzky, H. / Hecker, U. / Gadow, A. (Hrsg.) (2006): Lesekompetenz.<br />

Ein Lese- und Arbeitsbuch des Grundschulverbandes. Grundschulverband:<br />

Frankfurt a. M.<br />

Grundschulverband (2005): <strong>Grundschule</strong> <strong>aktuell</strong> Heft 89: Kinder<br />

vermessen? S. 3 – 20; Heft 90: Kinder vermessen – Die Diskussion geht<br />

weiter, S. 2 – 15<br />

Grundschulverband (2007): <strong>Grundschule</strong> <strong>aktuell</strong> Heft 99: VERA und<br />

die Unterrichts kultur. S. 3 – 15<br />

Kultusministerkonferenz: Bildungsstandards im Fach Deutsch für<br />

den Primarbereich (2005). Luchterhand: München, Neuwied<br />

Projekt VERA (2008): Korrekturanweisungen für die Deutschaufgaben<br />

2008. Universität Koblenz Landau<br />

8 GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008


Thema: VERA 2008<br />

VERA 2008 Mathematik<br />

Viel Aufwand – wenig Nutzen<br />

Am 8. 5. 2008 wurden in allen dritten<br />

Klassen der 16 Bundesländer, teils<br />

noch auf freiwilliger Basis, die VERA-<br />

Vergleichsarbeiten in Mathematik<br />

geschrieben. Von den Kindern waren<br />

zwei Auf gabenhefte zu bearbeiten. Für<br />

jedes Heft standen maximal 30 Minuten<br />

Bearbeitungszeit zur Verfügung.<br />

Nach der Bearbeitung von Aufgabenheft<br />

1 war eine Pause zwingend<br />

vorgeschrieben. Insgesamt sollten<br />

die Schülerinnen und Schüler in<br />

60 Minuten 32 Aufgaben lösen,<br />

d. h. es standen für jede Aufgabe<br />

knapp zwei Minuten Zeit zur Verfügung.<br />

Die Testbedingungen wurden den<br />

Lehrkräften detailliert in der Handreichung<br />

»Vor den Vergleichsarbeiten:<br />

Didaktische Hinweise für Lehrkräfte«<br />

(1) erläutert. Nach Durchführung<br />

des Tests mussten diese ausgewertet<br />

werden. Dazu waren ab 6. 5. 2008 die<br />

»Korrekturanweisungen für die Mathematikaufgaben<br />

2008« herunterzuladen,<br />

mit deren Hilfe eine einheitliche<br />

Auswertung der Tests gewährleistet<br />

werden sollte. Die Ergebnisse waren<br />

sodann online an den VERA-Server der<br />

Universität Landau zu übermitteln.<br />

Das Hochladen der Ergebnisse hatte<br />

bis zum 1. 6. 2008 zu erfolgen. Zwei<br />

Wochen nach dem Hochladen konnten<br />

erste Ergebnisse, nämlich die Fähigkeitsniveaus<br />

für einzelne Schülerinnen<br />

und Schüler und für die Klassen heruntergeladen<br />

werden. Der Vergleich<br />

mit dem jeweiligen Bundesland, die<br />

Lösungshäufigkeiten für einzelne Aufgaben<br />

und der faire Vergleich waren<br />

bis Anfang Juli noch nicht abrufbar.<br />

Auf freiwilliger Basis konnten die Lehrkräfte<br />

vom 29. 4. bis 8. 5. 2008, 12 Uhr<br />

eine Eingabe der Vorhersage für die Diagnosegenauigkeit<br />

machen, mit deren<br />

Hilfe die Lehrerinnen und Lehrer vorab<br />

einschätzen konnten, wie die Kinder<br />

ihrer Klasse die einzelnen Aufgaben lösen<br />

würden. Einzelheiten zu den eben<br />

gemachten Aussagen werden in den<br />

nächsten Abschnitten dargestellt.<br />

Soweit in aller Kürze der Rahmen, in<br />

dem VERA Mathematik in diesem Jahr<br />

durchgeführt wurde.<br />

Mit diesem Durchgang geht VERA in<br />

die vierte Runde. Mit dem Paradigmenwechsel<br />

von der Inputsteuerung zur<br />

Outputsteuerung im Bildungswesen<br />

gewinnen die Ergebnisse für die Bildungsbürokratie<br />

eine immer größere<br />

Bedeutung.<br />

Dr. Klaus Weinrich<br />

ist nach Tätigkeiten in der Lehrerausbildung<br />

im Fach Mathematik<br />

in der 1. und 2. Phase seit vielen Jahren<br />

Schulleiter an der Katholischen <strong>Grundschule</strong><br />

Am Mühlenweg in Wesel (NRW)<br />

Dies zeigt sich zum Beispiel daran,<br />

dass im Land Nordrhein-Westfalen die<br />

Ergebnisse von VERA und die von den<br />

Schulen auf Grund der Ergebnisse geplanten<br />

Maßnahmen der Schulaufsicht<br />

zu berichten sind. Darüber hinaus finden<br />

in diesem Bundesland die VERA-Ergebnisse<br />

Eingang in die Qualitätsanalyse.<br />

Dort ist im Qualitätstableau bei<br />

dem Kriterium Fachkompetenzen im<br />

Punkt 1.2.2 festgelegt: »Die Ergebnisse<br />

der landesweiten Lernstandserhebungen<br />

(VERA, LSE 8) entsprechen den<br />

landesweiten Referenzwerten.« (2) Die<br />

Ergebnisse von VERA sind also für die<br />

externe Evaluation zu einem tragenden<br />

Element geworden. Es stellt sich<br />

die Frage, ob diese herausragende Bedeutung<br />

gerechtfertigt ist. Dazu sollen<br />

im Bezug auf das Fach Mathematik im<br />

Folgenden drei ausgewählte Aspekte<br />

näher untersucht werden.<br />

■ Reaktionen der Lehrkräfte bezüglich<br />

VERA Mathematik 2008<br />

■ Testaufgaben in Mathematik 2008<br />

und Bildungsstandards<br />

■ Nutzen der Ergebnisse und der<br />

Rückmeldungen für die Arbeit in den<br />

Schulen<br />

Reaktionen der Lehrkräfte bezüglich<br />

VERA Mathematik 2008<br />

Aus den zahlreichen Rückmeldungen,<br />

die dem Grundschulverband zugegangen<br />

sind, lassen sich mehrere häufig<br />

genannte Probleme bei der diesjährigen<br />

Lernstandserhebung in Mathematik<br />

herausfiltern.<br />

Der Nutzen für die eigene Arbeit und<br />

für die Einschätzung der Schülerinnen<br />

und Schüler wird auch<br />

im Fach Mathematik<br />

eher als gering angesehen.<br />

Durchgängig wird<br />

festgestellt, dass die<br />

eigenen Einschätzungen<br />

der Schülerinnen<br />

und Schüler weitgehend<br />

bestätigt werden.<br />

Die durch VERA verursachte<br />

Arbeitsbelastung wird als lästige<br />

Pflicht empfunden, die die in den<br />

letzten Jahren enorm gestiegene Arbeitsbelastung<br />

der Lehrerinnen und<br />

Lehrer zusätzlich erhöht, ohne einen<br />

entsprechenden Ertrag für den Unterricht<br />

oder die Förderung der Kinder<br />

zu erbringen. So schreibt eine Schule:<br />

»Neue Erkenntnisse zu den Schülern ergaben<br />

sich in keinster Weise. Deshalb<br />

empfanden wir die zusätzliche Arbeitsbelastung<br />

als überflüssig. Bei uns ergab<br />

sich für Korrektur, Übertragung auf das<br />

›Helferlein‹ (Papierform der elektronischen<br />

Eingabemaske, K. W.) und Eingabe<br />

in den PC eine Zeit von jeweils gut über<br />

10 Stunden. Unserer Ansicht nach vertane<br />

Zeit.«<br />

Ein erhebliches Problem stellte für viele<br />

Lehrkräfte die Auswahl der Aufgaben<br />

dar. In den Bildungsplänen vieler<br />

Bundesländer ist das Erreichen verbindlicher<br />

Bildungsstandards im Fach<br />

Mathematik jeweils für das Ende der<br />

Klasse 2 und der Klasse 4 vorgesehen.<br />

Die Arbeitspläne der Schulen sind deshalb<br />

so angelegt, dass die zu vermittelnden<br />

Kompetenzen am Ende der<br />

Klasse 2 bzw. der Klasse 4 vorhanden<br />

von Klaus<br />

Weinrich<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008<br />

9


Thema: VERA 2008<br />

sind. Das bedeutet andererseits, dass<br />

Inhalte, die in der Lernstandserhebung<br />

Mathematik 2008 abgetestet werden,<br />

Anfang Mai 2008 im 3. Schuljahr in<br />

erheblichem Umfang noch nicht im<br />

Unterricht thematisiert wurden. Dies<br />

betrifft u. a. die schriftliche Subtraktion<br />

und viele Themen aus dem Kompetenzbereich<br />

Raum und Form. Eine<br />

Schule schreibt hierzu:<br />

»Der Bildungsplan von 2004 in Baden-<br />

Württemberg weist Kompetenzen nach<br />

Klasse 2 und 4 aus. Wie kommt man auf<br />

die Idee, am Ende von Klasse 3 eine Vergleichsarbeit<br />

zu schreiben? Beispiel: Wir<br />

behandeln in aller Regel das Thema Netze<br />

im Mathematikunterricht in Klasse 4.<br />

Überprüft wurde es in VERA. Die Schüler,<br />

bis auf wenige, wussten mit dieser Aufgabe<br />

nichts anzufangen. Ausgereift? Nie<br />

und nimmer!«<br />

Das eben geschilderte Problem wird<br />

von den Schulen auf unterschiedliche<br />

Art gelöst. So haben in Nordrhein-<br />

Westfalen alle Schulen schon eine geraume<br />

Zeit vor Durchführung der Tests<br />

erfahren, dass in diesem Durchgang<br />

die Kompetenzbereiche Zahlen und<br />

Operationen, Muster und Strukturen<br />

und Raum und Form abgetestet werden.<br />

Sicherlich haben daraufhin eine<br />

Reihe von Schulen ihre Arbeitspläne<br />

entsprechend angepasst und dadurch<br />

besser abgeschnitten. Es ist höchst<br />

zweifelhaft, ob ein Zwang zu solchen<br />

Maßnahmen der von allen Seiten geforderten<br />

Selbstverantwortung der<br />

Schulen für den Lern- und Bildungsprozess<br />

dienlich ist. Die VERA-Autoren<br />

schreiben zu diesem, seit dem ersten<br />

Durchgang von VERA bekanntem<br />

Problem: »VERA ist ein standardisierter<br />

Leistungstest und sollte insofern ›lehrplanvalide‹<br />

sein, sich also auf Bereiche<br />

und Themen beziehen, die laut Lehrplan<br />

auch vorgesehen sind. Das ist der Fall.<br />

Inwiefern VERA aber auch ›unterrichtsvalide‹<br />

ist, also mit dem zu tun hat, was in<br />

sieben Bundesländern in den ersten drei<br />

Schuljahren tatsächlich unterrichtet wurde,<br />

lässt sich verständlicherweise nicht<br />

sagen. Wäre dieses Kriterium aber das<br />

Entscheidende, so dürfte der Test, angesichts<br />

der sehr großen Unterschiede und<br />

der Vielzahl der beteiligten Schulen, nur<br />

noch Stoff der ersten zwei Jahrgangsstufen<br />

umfassen und somit kaum geeignet<br />

sein, nennenswert zwischen den Schülerinnen<br />

und Schülern einzelner Klassen zu<br />

differenzieren.« (3)<br />

Es wäre sinnvoll, sich auf die ersten<br />

beiden Jahrgangsstufen zu beschränken,<br />

um »unterrichtsvalide« Aussagen<br />

zu erhalten. So könnte das Erreichen<br />

der am Ende der Klasse 2 verbindlich<br />

vorgeschriebenen Kompetenzen untersucht<br />

werden. VERA Mathematik sollte<br />

dann zu Beginn des 3. Schuljahres geschrieben<br />

werden.<br />

Ein weiteres, häufig genanntes Problem,<br />

das auch VERA-Mathematik betrifft,<br />

ist das Üben der VERA-Aufgaben<br />

vor Durchführung des Tests. Eine Schule<br />

fasst diese Problematik treffend wie<br />

folgt zusammen: »Lernstandserhebungen<br />

dienen dazu, festzustellen, welche<br />

Lernergebnisse die SchülerInnen erreicht<br />

haben. Es soll untersucht werden, inwieweit<br />

die fachlichen Anforderungen<br />

der Lehrpläne erfüllt werden und welche<br />

Stärken und Schwächen die SchülerInnen<br />

in den untersuchten Bereichen haben.<br />

Die Aufgaben zielen dabei nicht auf die<br />

Überprüfung dessen, was in den unmittelbar<br />

vorangegangenen Unterrichtsstunden<br />

gelernt wurde. Stattdessen wird<br />

untersucht, welches Wissen und welche<br />

Fähigkeiten die SchülerInnen langfris tig<br />

im Unterricht erworben haben und inwieweit<br />

sie diese anwenden können. Das<br />

ist zumindest der Anspruch von VERA.<br />

Und die Wirklichkeit?<br />

Eine Woche vor den beiden Tests<br />

wurden die Testhefte in Deutsch und<br />

Mathematik den <strong>Grundschule</strong>n und den<br />

KlassenlehrerInnen der 3. Klassen zugeleitet.<br />

Man kann diese Testhefte unter<br />

Verschluss nehmen, Stillschweigen bewahren<br />

und den Drittklässlern erstmals<br />

am Tag der beiden Tests vorlegen. Man<br />

kann sie sich aber auch vorher ansehen,<br />

in Kenntnis der Testaufgaben dann mit<br />

den Schülern gezielt dafür üben und die<br />

Kinder daraufhin vorbereiten.«<br />

Unter dem Druck, dass die eigene<br />

Klasse gut abschneidet, dürfte das<br />

gezielte Üben für den Test inzwischen<br />

weit verbreitet sein. Die VERA-Autoren<br />

legen aber gerade sehr großen Wert<br />

auf die Reliabilität, das heißt die Zuverlässigkeit<br />

ihres Verfahrens, und fordern<br />

deshalb einheitliches Vorgehen bei der<br />

Durchführung der Tests. Dieses Ziel<br />

wird nicht erreicht.<br />

Weiterhin wurde die hohe Lesekompetenz,<br />

die zur Bearbeitung zumindest<br />

einiger der Mathematikaufgaben nötig<br />

war, kritisch gesehen. Dies betrifft insbesondere<br />

die Aufgaben 10, 13 und 27 (vgl. Aufgabe 13 unten<br />

als Beispiel).<br />

Insbesondere Kinder mit Leseschwächen und viele Kinder<br />

mit Migrationshintergrund zeigen dadurch deutlich schwächere<br />

Leistungen, als dies ihrer mathematischen Kompetenz<br />

entspricht, zumal für jede Aufgabe im Schnitt nur knapp 2<br />

Minuten zur Bearbeitung zur Verfügung stehen und diese<br />

Zeit weitgehend für das verstehende Lesen verbraucht wird.<br />

Bei der Auswertung werden bei den Aufgaben 3, 12, 13, 15,<br />

18, 23, 24 und 32 richtige Teilergebnisse nicht bewertet. Dies<br />

führt nach Meinung der Lehrerinnen und Lehrer zu einer ungerechten<br />

Bewertung. So kann etwa bei Aufgabe 32 (siehe<br />

unten), die Fähigkeit Bilder aus Teilen zu legen, durchaus<br />

auch schon mit 2 richtigen Lösungen nachgewiesen werden.<br />

Aufgabe 13<br />

Aufgabe 32<br />

10 GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008


Thema: VERA 2008<br />

Daneben wird der enorme Aufgabenumfang<br />

(32 Aufgaben in 60 Minuten)<br />

und das weitgehende Fehlen von Aufgaben,<br />

die Grundrechentechniken<br />

abprüfen, beklagt. Fast alle Aufgaben<br />

werden als Denkaufgaben charakterisiert.<br />

Dazu schreibt eine Kollegin:<br />

»Vielleicht sollte dennoch ein größerer<br />

Anteil an Aufgaben da sein, den auch<br />

schwächere Kinder gut bearbeiten können,<br />

um sie nicht völlig zu demotivieren.<br />

Wir sind ja nun mal nicht nur umgeben<br />

von zukünftigen Einsteins. Gerade wenn<br />

eine Schule, wie wir es sind, auch viele<br />

schwache Schüler aufnimmt und gezielt<br />

bemüht ist diese zu fördern, dann spürt<br />

man so etwas schon stark.«<br />

Testaufgaben in VERA Mathematik<br />

2008 und Bildungsstandards<br />

Die Kultusministerkonferenz hat mit<br />

Beschluss vom 15. 10. 2004 verbindliche<br />

Bildungsstandards für das Fach Mathematik<br />

am Ende der Klasse 4 festgelegt.<br />

Diese sind inzwischen in die Richtlinien<br />

und Lehrpläne vieler Bundesländer,<br />

wie in der KMK beschlossen, eingearbeitet.<br />

Es soll nun dargestellt werden,<br />

inwieweit VERA-Mathematik 2008 zur<br />

Überprüfung des Erreichens dieser Bildungsstandards<br />

geeignet ist, denn dies<br />

ist eine zentrale Aufgabe von VERA.<br />

Für das Fach Mathematik stellt die<br />

KMK »allgemeine und inhaltsbezogene<br />

mathematische Kompetenzen, die für<br />

das Mathematiklernen und die Mathematik<br />

insgesamt charakteristisch sind«<br />

(4) in den Vordergrund. Diese sind untrennbar<br />

aufeinander bezogen, wie die<br />

oben abgebildete Grafik veranschaulicht.<br />

(5)<br />

Durch VERA Mathematik werden auch<br />

in diesem Durchgang die allgemeinen<br />

mathematischen (prozessbezogenen)<br />

Kompetenzen kaum erfasst. Das liegt<br />

an der Konstruktion der Testaufgaben,<br />

die nicht darauf angelegt sind, Lösungswege<br />

der Kinder zu dokumentieren,<br />

sondern so konstruiert sind, dass<br />

sie rechnergestützt auswertbar sind<br />

und gleichzeitig Leistungsniveaus zugewiesen<br />

werden. Sundermann und<br />

Selter charakterisieren solche Aufgaben<br />

als nicht informativ, nicht offen<br />

und nicht prozessbezogen. Dabei sind<br />

KMK: Allgemeine<br />

und inhaltsbezogene<br />

mathematische<br />

Kompetenzen (4)<br />

Ein überflüssiges (?) Gedankenexperiment<br />

Ich bitte Sie, mir bei einem kleinen Gedankenexperiment<br />

zu folgen:<br />

Wir nehmen einmal an, es wären alle Ungereimtheiten<br />

in den Vergleichsarbeiten<br />

beseitigt. Es gäbe sozusagen die optimal<br />

passende und didaktisch abgesicherte<br />

Testarbeit für die Fächer Deutsch und Mathematik.<br />

Wir halten weiter für möglich,<br />

dass die »Schwachen« auf Grund passender<br />

Aufgaben motiviert an die Sache gingen<br />

und sich von den Aufgabenstellungen nicht<br />

ins Bockshorn jagen ließen.<br />

Wir nehmen weiter an, niemand würde<br />

befürchten müssen, dass die Ergebnisse<br />

der Vergleichsarbeiten dazu dienten, seine<br />

Leistungen als Lehrer in schlechten Ruf zu<br />

bringen.<br />

Schließlich setzen wir voraus, dass die Vergleichsarbeiten<br />

korrekt nach Testvorschrift<br />

durchgeführt würden, und also deren Ergebnisse<br />

nicht ermogelt, sondern wirklich<br />

vergleichbar wären.<br />

Nun, VERA hätte seinen eigentlichen Sinn<br />

erreicht: Hilfe zu sein, um Schule zu entwickeln,<br />

und zwar auf der Basis von »ehrlichen«<br />

Daten.<br />

Ich bitte Sie, jetzt noch nicht aufzugeben<br />

und meinem Gedankenexperiment weiter<br />

zu folgen:<br />

Wir nehmen an, dass die Ergebnisse der<br />

Testarbeiten uns wirklich Aufschluss gäben,<br />

an welcher Stelle ein Kind besonders<br />

unterstützt werden müsste.<br />

Zu guter Letzt unterstellen wir noch, dass<br />

auf der Grundlage dieser Ergebnisse den<br />

so entdeckten Kindern, die im Lernen benachteiligt<br />

sind, zum Ausgleich dafür zusätzliche<br />

Förderstunden in Kleingruppen<br />

angeboten würden.<br />

Nach Prüfung all dieser Annahmen frage<br />

ich Sie schließlich: Wären Sie dann bereit,<br />

bei ausreichender Förderung ein Kind in Ihrer<br />

Klasse zu unterrichten, das sehr starke<br />

Unterstützung brauchte? Ich denke, als<br />

verantwortungsvoller Lehrer sagen Sie jetzt<br />

mit Recht: Ja.<br />

Unter all diesen Bedingungen wären die<br />

meisten dann doch wohl für VERA.<br />

Eine Sonderschule wäre überflüssig. Aussonderung<br />

gäbe es nicht mehr. So stände<br />

VERA als Instrument da, mit dem wir die<br />

Kinder besser zu fördern vermögen, und<br />

niemand hätte etwas dagegen.<br />

Die reale Schullandschaft in Deutschland<br />

ist allerdings ganz anders, sagen Sie.<br />

Ich frage: Warum ändern Sie sie nicht? Dann<br />

könnte auch VERA zum Ziel führen.<br />

Na ja, vielleicht war dieses Gedankenexperiment<br />

doch überflüssig …<br />

Reinhard Stähling, Schulleiter, Münster<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008<br />

11


Thema: VERA 2008<br />

Aufgabe 19<br />

Aufgabe 25<br />

Aufgabe 30<br />

3.2 Raum und Form<br />

sich im Raum<br />

orientieren<br />

geometrische<br />

Figuren erkennen,<br />

benennen und<br />

darstellen<br />

über räumliches Vorstellungsvermögen verfügen,<br />

räumliche Beziehungen erkennen, beschreiben<br />

und nutzen (Anordnungen, Wege, Pläne, Ansichten),<br />

zwei- und dreidimensionale Darstellungen von<br />

Bauwerken (z.B. Würfelgebäuden) zueinander in<br />

Beziehung setzen (nach Vorlage bauen, zu Bauten<br />

Baupläne erstellen, Kantenmodelle und Netze<br />

untersuchen).<br />

Körper und ebene Figuren nach Eigenschaften<br />

sortieren und Fachbegriffe zuordnen,<br />

Körper und ebene Figuren in der Umwelt wieder<br />

erkennen,<br />

Modelle von Körpern und ebenen Figuren herstellen<br />

und untersuchen (Bauen, Legen, Zerlegen,<br />

Zusammenfügen, Ausschneiden, Falten...),<br />

Zeichnungen mit Hilfsmitteln sowie Freihandzeichnungen<br />

anfertigen.<br />

einfache geometrische<br />

Abbildungen nern und vergrößern),<br />

ebene Figuren in Gitternetzen abbilden (verklei-<br />

erkennen, benennen Eigenschaften der Achsensymmetrie erkennen,<br />

und darstellen beschreiben und nutzen,<br />

symmetrische Muster fortsetzen und selbst entwickeln.<br />

Flächen- und<br />

Rauminhalte<br />

vergleichen und<br />

messen<br />

die Flächeninhalte ebener Figuren durch Zerlegen<br />

vergleichen und durch Auslegen mit Einheitsflächen<br />

messen,<br />

Umfang und Flächeninhalt von ebenen Figuren<br />

untersuchen,<br />

Rauminhalte vergleichen und durch die enthaltene<br />

Anzahl von Einheitswürfeln bestimmen.<br />

Inhaltliche Kompetenzen zu Raum und Form (Bildungsstandards der KMK 2004)<br />

informative Aufgaben solche, bei denen<br />

die Vorgehensweise bei der Lösung<br />

der Aufgaben für die Leistungseinschätzung<br />

der Kinder relevant ist. Offene<br />

Aufgaben zeichnen sich dadurch<br />

aus, dass die Vorgehensweise bei der<br />

Lösung nicht festgelegt ist. Prozessbezogene<br />

Aufgaben zielen auf die Förderung<br />

der oben genannten mathematischen<br />

Kompetenzen ab. (6)<br />

Es soll nun untersucht werden, inwieweit<br />

inhaltsbezogene mathematische<br />

Kompetenzen durch VERA Mathematik<br />

2008 erfasst werden. Bei der gebotenen<br />

Kürze soll dazu exemplarisch nur<br />

ein Bereich, nämlich »Raum und Form«,<br />

herausgegriffen werden. Die in den Bildungsstandards<br />

festgelegten inhaltlichen<br />

Kompetenzen bezüglich Raum<br />

und Form sind in der oben abgebildeten<br />

Übersicht dargestellt (7).<br />

In VERA Mathematik 2008 sind<br />

von den 32 Aufgaben 11 dem Bereich<br />

Raum und Form zuzuordnen. In den<br />

Didaktischen Erläuterungen zu VERA<br />

Mathematik 2008 werden drei dieser<br />

Aufgaben, nämlich Aufgabe 19, 25 und<br />

30, ausführlich kommentiert. (8) Auf<br />

die dort gemachten Ausführungen soll<br />

nun näher eingegangen werden.<br />

Aufgabe 19<br />

Diese Aufgabe wird dem Bildungsstandard<br />

»Einfache geometrische Abbildungen<br />

erkennen, benennen und<br />

darstellen« und dort dem Unterpunkt<br />

»Eigenschaften der Achsensymmetrie<br />

erkennen, beschreiben und nutzen«<br />

zugeordnet. Es ist höchst fraglich,<br />

ob mit der richtigen Lösung dieser<br />

Aufgabe wirklich das Verständnis für<br />

Achsensymmetrie erfasst wird, da nur<br />

das Erkennen, nicht aber das Beschreiben<br />

und Nutzen der Achsensymmetrie<br />

überprüft werden. Nebenbei bemerkt<br />

führt bei dieser Aufgabe reines Raten<br />

immerhin in jedem vierten Fall auch<br />

zur richtigen Lösung. Noch viel weniger<br />

wird überprüft, ob die Schülerinnen<br />

und Schüler in der Lage sind, einfache<br />

geometrische Abbildungen zu erkennen,<br />

zu benennen und darzustellen.<br />

Die Aufgabe 19 ist in der VERA-<br />

Terminologie dem Fähigkeitsniveau 1<br />

(Grund legende Fähigkeiten) zugeordnet,<br />

wobei das im Bezug auf den<br />

Bereich Raum und Form heißt, dass<br />

Eigenschaften der Achsensymmetrie<br />

richtig erkannt werden, wenn verschiedene<br />

Antwort alternativen vorgegeben<br />

sind (9). Es geht bei dieser Aufgabe also<br />

in der Tat, wie eben erläutert, nur um<br />

das Erkennen der Achsensymmetrie.<br />

Aufgabe 25<br />

Diese Aufgabe bezieht sich auf den<br />

Bildungsstandard »sich im Raum orientieren«.<br />

Es soll die Unterkategorie<br />

»zwei- und dreidimensionale Darstellungen<br />

von Bauwerken (z. B. Würfelgebäuden)<br />

zueinander in Beziehung<br />

setzen (nach Vorlage bauen, zu Bauten<br />

Baupläne erstellen, Kantenmodelle<br />

und Netze untersuchen)« erfasst werden.<br />

Mit der Aufgabe 25 wird jedoch<br />

lediglich abgeprüft, ob die Kinder den<br />

Begriff Würfelnetz kennen und zu einer<br />

vorgegebenen Fläche am Würfel<br />

die gegenüberliegende Fläche richtig<br />

ankreuzen. Eine Überprüfung des Erreichens<br />

des Bildungsstandards »sich im<br />

Raum orientieren« oder auch nur der<br />

eben beschriebenen Unterkategorie<br />

wird damit in keiner Weise erreicht.<br />

Die richtige Lösung der Aufgabe<br />

weist das Fähigkeitsniveau 2 (Erwei-<br />

12 GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008


Thema: VERA 2008<br />

terte Fähigkeiten) bezüglich Raum und<br />

Form nach, wobei lediglich die begründete<br />

Zuordnung von Körpernetzen als<br />

Kompetenz überprüft wird.<br />

Aufgabe 30<br />

Aufgabe 30 bezieht sich auf den Bildungsstandard<br />

» Flächen- und Rauminhalte<br />

vergleichen und messen« und<br />

die Unterkategorie »Umfang und Flächeninhalt<br />

von ebenen Figuren untersuchen«.<br />

Auch bei dieser Aufgabe wird<br />

wieder nur ein kleiner Teilaspekt des<br />

Bildungsstandards angerissen, nämlich<br />

die Bestimmung des Flächeninhalts<br />

des Quadrats.<br />

Die Aufgabe wird dem VERA-Fähigkeitsniveau<br />

3 (Fortgeschrittene Fähigkeiten)<br />

im Bereich Raum und Form<br />

zugeordnet, wobei mit der richtigen<br />

Lösung der Aufgabe nachgewiesen<br />

wird, dass der Flächeninhalt des Quadrats<br />

auch in komplexeren Aufgabenstellungen<br />

durch Auslegen mit<br />

Einheitsquadraten gemessen werden<br />

kann.<br />

Bei genauerer Untersuchung der Aufgaben<br />

von VERA-Mathemtik 2008 zeigt<br />

sich also, dass die Überprüfung, ob die<br />

inhaltlichen mathematischen Kompetenzen<br />

bei den Schülerinnen und Schülern<br />

vorhanden sind, höchst lückenhaft<br />

ist, wie exemplarisch an ausgesuchten<br />

Aufgaben aus dem Bereich Raum und<br />

Form gezeigt wurde. Durch die übrigen<br />

acht Aufgaben wird zwar die eine<br />

oder andere Kompetenz noch ansatzweise<br />

abgeprüft, eine umfassende<br />

Sicht auf das Erreichen der inhaltsbezogenen<br />

mathematschen Kompetenzen<br />

im Bereich Zahl und Form gelingt<br />

jedoch in keiner Weise. Das ist bei der<br />

zur Verfügung stehenden Zeit von<br />

ca. 20 Minuten für den Bereich Raum<br />

und Form auch nicht anders zu erwarten.<br />

Ähnliches gilt für die beiden<br />

anderen in diesem Jahr untersuchten<br />

Bereiche Zahlen und Operationen und<br />

Muster und Strukturen.<br />

Nun noch einige Bemerkungen zu<br />

den Fähigkeitsniveaus. In den Didaktischen<br />

Erläuterungen (10) wird dargestellt,<br />

dass durch die Testaufgaben<br />

Fähigkeitsniveaus für jedes Kind für<br />

jeden der drei untersuchten Kompetenzbereiche<br />

festgelegt werden. Diese<br />

werden für jede Schülerin und jeden<br />

Schüler ausgewiesen. Wie die Fähigkeitsniveaus<br />

im Einzelnen bestimmt<br />

werden, bleibt dabei unklar. Es wird nur<br />

exemplarisch für neun Aufgaben das<br />

Fähigkeitsniveau angegeben. Es bleibt<br />

unverständlich, warum dies nicht für<br />

alle Aufgaben möglich ist. Nur so wären<br />

die Ergebnisse für die Lehrkräfte<br />

nachvollziehbar.<br />

Bei der Beschreibung der Fähigkeitsniveaus<br />

werden eine Vielzahl von<br />

inhaltlichen Kompetenzen genannt,<br />

die überhaupt nicht Gegenstand von<br />

VERA 2008 Mathematik sind und über<br />

deren Vorhandensein bei den Schülerinnen<br />

und Schülern deshalb auch gar<br />

keine Aussagen gemacht werden können.<br />

In dem Papier »Beschreibung der<br />

Fähigkeitsniveaus Mathematik VERA<br />

2008« wird dennoch behauptet: »Für<br />

jede Schülerin bzw. jeden Schüler wird<br />

gemäß der erfassten Testleistung jeweils<br />

ein Fähigkeitsniveau in den drei<br />

Inhaltsbereichen ermittelt. Die Zuordnung<br />

besagt, dass die für dieses<br />

Niveau formulierten Anforderungen<br />

mit hinreichender Sicherheit bewältigt<br />

werden.« (11) Es erscheint höchst zweifelhaft,<br />

ob dies wirklich möglich ist.<br />

Nutzen der Ergebnisse<br />

und der Rückmeldungen<br />

für die Arbeit in den Schulen<br />

Auf der Grundlage der eingegebenen<br />

Daten werden den Schulen folgende<br />

Ergebnisse bezüglich des Faches Mathematik<br />

zurückgemeldet:<br />

■ Fähigkeitsniveaus der einzelnen<br />

Schülerin / des einzelnen Schülers bezüglich<br />

der drei untersuchten Kompetenzbereiche<br />

■ Fähigkeitsniveaus als Balkendiagramme<br />

im Vergleich Klasse – Schule,<br />

Klasse – Land und falls gewünscht Klasse<br />

– Kontextgruppe (fairer Vergleich)<br />

■ Diagnosegenauigkeit (nur wenn<br />

dazu Daten eingegeben wurden)<br />

■ Lösungshäufigkeiten<br />

Die Fähigkeitsniveaus für jedes Kind<br />

werden pro Klasse in einer Tabelle für<br />

die Kompetenzbereiche Zahlen und<br />

Operationen, Raum und Form und<br />

Muster und Strukturen getrennt angegeben.<br />

Im Land Nordrhein-Westfalen<br />

sind die Lehrkräfte verpflichtet, die Ergebnisse<br />

für jedes Kind den Eltern mitzuteilen<br />

und dabei gleichzeitig auch<br />

das Ergebnis der Klasse und der Schule<br />

mitzuteilen. Diese Rückmeldung enthält<br />

neben allgemeinen Erläuterungen<br />

zu den Vergleichsarbeiten eine Tabelle,<br />

in der die Ergebnisse für das Kind<br />

dargestellt werden. Ohne detaillierte<br />

Erläuterungen durch die Lehrerinnen<br />

und Lehrer ist diese Information für die<br />

Eltern allerdings wenig hilfreich.<br />

Die Fähigkeitsniveaus als Balkendiagramme<br />

sollen dazu dienen, die einzelnen<br />

Klassen mit allen anderen Klassen<br />

der Schule, mit allen Schulen des jeweiligen<br />

Bundeslandes und mit Schulen,<br />

die hinsichtlich relevanter Merkmale<br />

als vergleichbar angesehen werden<br />

(fairer Vergleich), zu vergleichen. Da für<br />

VERA 2008 die Werte vom Land und der<br />

faire Vergleich Anfang Juli noch nicht<br />

vorliegen, zeigt die nebenstehende Abbildung<br />

Ergebnisse aus dem Jahr 2007.<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008<br />

13


Thema: VERA 2008<br />

Im Land Nordrhein-Westfalen ist der<br />

Schulaufsicht auf der Grundlage dieser<br />

Diagramme zu berichten. Dabei sollen<br />

»von der Schule vereinbarte Konsequenzen<br />

für die weitere Arbeit« dargestellt<br />

werden.<br />

Falls die Lehrkräfte vor der Auswertung<br />

ihre Einschätzung bezüglich der<br />

Lösungshäufigkeit jeder Aufgabe eingegeben<br />

haben, bekommen sie eine<br />

Rückmeldung bezüglich ihrer Diagnosegenauigkeit<br />

für die drei untersuchten<br />

Bereiche (siehe Abbildung rechts<br />

oben).<br />

Schließlich kann man noch einen Vergleich<br />

der Lösungshäufigkeiten für<br />

jede Aufgabe zwischen der eigenen<br />

Klasse und einer Zentralstichprobe abrufen<br />

(siehe Abbildung rechts unten).<br />

In vielen Schulen, die schon länger an<br />

VERA teilnehmen müssen, werden inzwischen<br />

nur noch die Pflichtdaten abgerufen,<br />

d. h. die Fähigkeitsniveaus als<br />

Balkendiagramme und die Ergebnisse<br />

für die einzelnen Schülerinnen und<br />

Schüler. Diese Daten werden, soweit<br />

dies vorgeschrieben ist, an die Eltern<br />

und die Schulaufsicht weitergeleitet.<br />

Die zurückgemeldeten Daten zur<br />

Diagnosegenauigkeit und Lösungshäufigkeiten<br />

werden in vielen Schulen<br />

nicht weiter thematisiert, da sie für die<br />

konkrete Förderung der Kinder kaum<br />

relevant sind.<br />

Die Aufgaben werden in der Regel nicht<br />

zur Weiterarbeit eingesetzt. Dies liegt<br />

sicher auch daran, dass sie von ihrer<br />

Art und der Bearbeitung durch die Kinder<br />

(z. B. keine Dokumentation des Lösungswegs)<br />

zur Fehleranalyse und anschließenden<br />

individuellen Förderung<br />

nicht geeignet erscheinen. Zur Überprüfung<br />

des Erreichens der Bildungsstandards<br />

und gegebenenfalls zu ergreifender<br />

Fördermaßnahmen im Fach<br />

Mathematik in der <strong>Grundschule</strong> gibt es<br />

im Übrigen inzwischen eine Fülle von<br />

Aufgaben, die wesentlich besser geeignet<br />

sind. So hat eine Arbeitsgruppe<br />

am Institut zur Qualitätssicherung im<br />

Bildungswesen in Berlin für das Fach<br />

Mathematik in der <strong>Grundschule</strong> eine<br />

Aufgabensammlung entwickelt, in der<br />

bei jeder Aufgabe genau angegeben<br />

ist, welche allgemeinen und inhaltlichen<br />

Kompetenzen jeweils abgedeckt<br />

werden. (12) Der Einsatz solcher Aufgaben<br />

über die Schuljahre verteilt führt<br />

dazu, dass die Lehrerinnen und Lehrer<br />

im Anschluss an durchgeführten Unterricht<br />

eine zuverlässige Rückmeldung<br />

bekommen, inwieweit die mit dem Unterricht<br />

angestrebten Kompetenzen<br />

bei den Kindern vorhanden sind.<br />

Die punktuelle, wenig aussagekräftige<br />

Lernstandserhebung VERA Mathematik<br />

würde damit überflüssig. Eine große<br />

zusätzliche Belastung der Lehrkräfte<br />

durch VERA entfiele. Die eingesparten<br />

Mittel sollten den Schulen zu Gute<br />

kommen.<br />

Anmerkungen und Literatur<br />

(1) Die Begleitmaterialien zu VERA können unter<br />

http://www.uni-landau.de/vera/ eingesehen werden.<br />

(2) siehe http://www.schulministerium.nrw.de/BP/Schulsystem/<br />

Qualitaetssicherung/Qualitaetsanalyse/Das_Qualitaetstableau.<br />

pdf, S.4<br />

(3) siehe Stellungnahme zur Kritik an VERA in »<strong>Grundschule</strong> <strong>aktuell</strong>«,<br />

Heft 89, S. 1, 2, herunterzuladen unter http://139.14.28.6/verapub/<br />

fileadmin/downloads/GS_Aktuell_lang8.pdf<br />

(4) Bildungsstandards im Fach Mathematik für den Primarbereich,<br />

München, 2005, S. 6<br />

(5) entnommen: <strong>Grundschule</strong>, Heft 4-2008, S. 11<br />

(6) vgl. Sundermann, B., Selter, C., Beurteilen und Fördern im<br />

Mathematikunterricht, Berlin, 2006, S. 74, 75<br />

(7) Bildungsstandards im Fach Mathematik für den Primarbereich,<br />

a.a.O, S. 10<br />

(8) vgl. Didaktische Erläuterungen, 2008,<br />

http://www.uni-landau.de/vera/ dort demnächst unter<br />

Materialien, S. 16– 24<br />

(9) vgl. Didaktische Erläuterungen, a. a. O., S. 23<br />

(10) vgl. Didaktische Erläuterungen, a. a. O., S. 2<br />

(11) vgl. Beschreibung der Fähigkeitsniveaus, 2008,<br />

http://www.uni-landau.de/vera/ im geschützten Bereich, S. 2<br />

(12) vgl. Walther, G. u. a., Bildungsstandards für die <strong>Grundschule</strong>:<br />

Mathematik konkret, Berlin, 2007, S. 205 ff.<br />

14 GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008


Thema: VERA 2008<br />

VERA 08 – Ansichten und Einsichten<br />

Reaktionen auf eine Anfrage des Grundschulverbandes<br />

Der Aufruf an unsere Leser/innen im letzten Heft, dazu eine E-Mail an<br />

die <strong>Grundschule</strong>n mit der Bitte, Erfahrungen zu den diesjährigen Leistungstests<br />

VERA mitzuteilen, war ein voller Erfolg. Eingegangen waren<br />

bis Redaktionsschluss an die 100, oft sehr detaillierte und umfangreiche,<br />

Stellungnahmen und Kommentare von Lehrkräften und Schulleitungen.<br />

Wir bedanken uns bei den Kolleginnen und Kollegen: Ihre<br />

Stellungnahmen werden wir in unsere weitere kritische Begleitung<br />

des VERA-Projekts einbeziehen. In der Tat sehen wir hier eine wichtige<br />

Aufgabe und Funktion des Grundschulverbandes. Im folgenden nun<br />

eine Dokumentation charakteristischer Passagen aus den zahlreichen<br />

Zuschriften, die uns erreicht haben – naturgemäß nur Auszüge und<br />

Zitate, aber durchaus repräsentativ.<br />

Es gab nur wenige positive Stellungnahmen<br />

wie diese:<br />

Wir finden solche Vergleichsarbeiten gut, da<br />

die Ergebnisse uns bei der Einschätzung unserer<br />

eigenen Arbeit helfen. Durch sie werden<br />

eventuell vorhandene Schwachstellen der<br />

Schüler deutlich aufgezeigt, was auch manche<br />

Elternzusammenarbeit erleichtert.<br />

M. B., C. M.<br />

Wir (eine <strong>Grundschule</strong> in Baden-Württemberg,<br />

U. H.) haben uns dazu entschlossen, an dem<br />

freiwilligen Testlauf von VERA teilzunehmen.<br />

Unsere Erfahrungen sind durchweg positiv<br />

und wir sind sehr zufrieden mit der gesamten<br />

Planung, Organisation und Durchführung.<br />

Die genaue und detaillierte Anleitung zum<br />

download der Materialien, zur Auswertung<br />

etc. sind sehr hilfreich und leicht verständlich.<br />

Die Umsetzung war daher problemlos.<br />

Petra Ue., Heidelberg<br />

Selbst bei grundsätzlichem Einverständnis<br />

folgte stets ein – mehr oder weniger großes –<br />

»Aber …« Insgesamt stellte sich heraus:<br />

»Der Frust ist groß«<br />

Vielen Dank, dass sich Ihr Verband sehr kritisch<br />

mit diesem Test-Projekt auseinandersetzt.<br />

Insgesamt gesehen kostet die ganze<br />

Testung viel Zeit, ist für die Schüler durch ihren<br />

Umfang enorm belastend und bringt mir<br />

als Lehrerin wenig bis keine neuen Erkenntnisse<br />

über das Leistungsniveau meiner Schüler.<br />

Ich frage mich sowieso schon seit langem,<br />

warum die Schulpolitiker so vermessen sind<br />

zu glauben, wir bräuchten andauernd solche<br />

Tests, um die Leistungen unserer Schüler richtig<br />

einzuschätzen! Die Misere in der Bildungs-<br />

und Schulpolitik – das wissen alle LehrerInnen<br />

– liegt doch vor allem darin, dass unsere Politiker<br />

zu wenig Geld dafür ausgeben und nicht<br />

richtig planen. Der Frust – auch über diese<br />

Tests – an der Basis ist groß. Sinnvolle Arbeit<br />

und somit Erfolg bei den SchülerInnen kann<br />

man nicht »ertesten«, sondern die muss man<br />

auch bezahlen. Denn: von nichts kommt auch<br />

nichts!<br />

Barbara B., Garching<br />

Von Jahr zu Jahr ärgere ich mich mehr über<br />

die Vergleichsarbeiten. Vergleichsarbeiten<br />

können – wenn überhaupt – nur Aussagen zu<br />

kognitiven Leistungen treffen. Diese Tatsache<br />

passt meines Erachtens in den derzeitigen<br />

Trend, den ich mit Sorge verfolge: Der Leistungsbegriff<br />

wird immer stärker auf die Kopfarbeit<br />

reduziert. Ziffernnoten u. Ä. setzen uns<br />

zunehmend unter Druck, und nehmen uns<br />

das, was wir wirklich brauchen, um Kindern<br />

gesunde Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten,<br />

nämlich Zeit und Muße, um Lernprozesse<br />

reifen lassen zu können.<br />

Zukünftige Gymnasiasten kamen sicherlich<br />

recht gut mit den Aufgaben zurecht. Andere<br />

Kinder waren überfordert, sowohl von der<br />

Fülle der Aufgaben als auch vom Anspruchsniveau.<br />

Die Vera-Ergebnisse liefern uns keine<br />

neuen Erkenntnisse. Wir konnten vorher recht<br />

gut abschätzen, wer wie gut damit zurecht<br />

kommen würde.<br />

Anne-Meike S., Schulleiterin<br />

… Aber wie immer, wir sammeln Daten, berichten<br />

der Schulaufsicht und dann passiert<br />

nichts.<br />

Wo sind die Konsequenzen, wo bleibt die<br />

Förderung für Schulen, die nicht im Landesdurchschnitt<br />

liegen? Nach zwei Durchgängen<br />

in Klasse 4 und zwei in Klasse 3 gibt es außer<br />

viel blabla – nichts.<br />

Erwin H., Rektor<br />

VERA kind-gerecht?<br />

■ Ich fand die Zeitspanne für 9-Jährige zu<br />

lang, selbst mit Pause. Viele Kinder können<br />

sich nicht so lange konzentrieren.<br />

■ Einige Aufgaben erschienen mir nicht kindgerecht:<br />

Wozu ausgerechnet das Wort »kämpferisch«<br />

finden? Da hätte man doch tausend<br />

andere Adjektive wählen können.<br />

Dass man mit den Kindern weiterhin Lesen<br />

und Textverständnisaufgaben üben sollte,<br />

dachte man sich auch schon vor den Vergleichsarbeiten.<br />

Kathrin E.<br />

1. In Bayern wurden einige Unterrichtsinhalte<br />

noch nicht behandelt – noch 10 Wochen Unterricht<br />

bis zu den großen Ferien!<br />

2. Der Umfang der Arbeiten war für viele Schüler<br />

eine Überforderung!<br />

3. In Mathematik war die lesetechnische Erfassung<br />

der vielen Aufgaben für schlechte<br />

Leser eine Überforderung und deshalb zu zeitintensiv!<br />

4. Eine differenziertere Bewertung einiger<br />

Aufgaben wäre wünschenswert, dafür weniger<br />

Umfang.<br />

Reinhard G.<br />

Zu bemängeln ist weiterhin die Bewertung<br />

der Lösungen. Im Bereich »Sprache untersuchen«<br />

z. B. waren in einem Text 6 Verben zu<br />

unterstreichen.<br />

Wenn ein Kind nur 5 Verben richtig unterstrichen<br />

hatte, das sechste aber vergessen<br />

oder nicht gefunden hatte, war die ganze Aufgabe<br />

als falsch zu werten.<br />

Das ist pädagogisch gesehen nicht vertretbar<br />

und auch gegenüber den Kindern nicht zu<br />

erklären.<br />

Franziska E., Klassenlehrerin und Schulleiterin<br />

Ich arbeite an einer <strong>Grundschule</strong> in Kreuzberg.<br />

Bereits durch die Vorbereitungen wurde mir<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008<br />

15


Thema: VERA 2008<br />

bewusst, wie schwer der Test für unsere Kinder<br />

sein muss.<br />

Die Hälfte der Kinder aus meiner Klasse<br />

spricht zu Hause nicht deutsch, sondern türkisch<br />

oder arabisch. Was soll man von diesen<br />

Kindern bei der Bearbeitung der Texte<br />

erwarten? Da ist kaum zu erwarten, dass sie<br />

den Text über die Schildkrötenarten auch nur<br />

annähernd verstanden haben. Ein Teil meiner<br />

Kinder hat dann auch den zweiten Teil bearbeitet,<br />

ohne überhaupt den Text zu lesen<br />

(»Das ist zu schwer bzw. zu lang!« – So einige<br />

Schüleraussagen!). Darüber hinaus ließ bei<br />

dem zweiten Teil des Testes die Konzentrationsfähigkeit<br />

der Kinder erheblich nach.<br />

Ein weiteres Problem waren im Grammatikteil<br />

die vielen Lateinischen Begriffe. Die<br />

Kinder aus meiner Klasse haben bereits große<br />

Probleme, die Grammatik, also Wortarten<br />

usw. überhaupt zu begreifen, mit den Lateinischen<br />

Begriffen können sie natürlich noch<br />

gar nicht umgehen. Schließlich spricht mindestens<br />

die Hälfte kein Deutsch zu Hause!<br />

Insgesamt hat mich Vera einige Stunden<br />

Arbeitszeit gekostet, am Ende kommt natürlich<br />

nur heraus, dass meine Klasse und meine<br />

Schule unter dem Berliner Durchschnitt liegt,<br />

was wir schon wissen. Wirkliche Hilfen wird es<br />

aber für unsere Schule nicht geben. Dann hätte<br />

Vera wenigstens einen Sinn!<br />

Heidi D., Berlin<br />

»Schlaraffenland«<br />

Wir haben einen hohen Ausländeranteil an<br />

der Schule und sind eine Schule im sozialen<br />

Brennpunkt. (…) Vielleicht sollte ein größerer<br />

Anteil an Aufgaben da sein, den auch schwächere<br />

Kinder gut bearbeiten können, um sie<br />

nicht völlig zu demotivieren. Wir sind ja nun<br />

mal nicht nur umgeben von zukünftigen »Einsteins«.<br />

Gerade wenn eine Schule, wie wir es<br />

sind, auch viele schwache Schüler aufnimmt<br />

und gezielt bemüht ist diese zu fördern, dann<br />

spürt man so etwas schon stark.<br />

Deutsch: Da erstmal etwas Nettes. Zum<br />

Nomen »Schlaf« und Adjektiv »schläfrig«<br />

sollte ein Verb gesucht werden und ein Kind<br />

entschied sich spontan für »Schlaraffenland«.<br />

Eine solche Lösung verdient meines Erachtens<br />

nach einen Doppelpunkt.<br />

Die Kinder hatten große Probleme beim<br />

Gedicht über die Schildkröte Grete. Deutlich<br />

leichter fiel ihnen der Sachtext. Unsere Kinder,<br />

die überwiegend Deutsch als Zweitsprache<br />

erwerben, haben mit Gedichten, in denen<br />

stets ja auch mit Sprache gespielt wird, deutlich<br />

mehr Probleme als bei Prosatexten oder<br />

bei klaren Sachtexten.<br />

Zum Teil wurden im Zusammenhang mit<br />

dem Text auch Wörter vorausgesetzt, die<br />

die Kinder nicht kennen, wie »kämpferisch«,<br />

»schmausen«, »kroch«. Wobei natürlich gerade<br />

unsere Kinder bis hinauf in die 4. Klasse<br />

Probleme bei der Vergangenheitsbildung besitzen.<br />

Die unregelmäßigen Verben sind für<br />

viele Kinder eine hohe Hürde.<br />

D. P.<br />

Vom »Mogeln«<br />

Überall VERA … und wir?<br />

Ich bin kommissarische Schulleiterin an einer<br />

Grund- und Hauptschule. Als ich in diesem<br />

Jahr die Vera-Bögen Kl. 3 erhielt, schloss ich<br />

sie zunächst weg, da sie nicht zu früh in die<br />

Hände der Lehrkräfte gelangen sollten.<br />

Um so erstaunter war ich, als ich 3 Tage<br />

vor dem ersten Test mit einer Bekannten telefonierte,<br />

deren Enkelkind übers Wochenende<br />

die kompletten Vera-Aufgaben zum Üben<br />

von ihrer Klassenlehrerin erhalten hatte. Ich<br />

vermutete, dass die Schulleitung dort schon<br />

vorher die Tests verteilt hatte. »Mogler« gibt<br />

es bestimmt immer, daran wird man sich gewöhnen<br />

müssen.<br />

Aber ich finde es nicht schlau, die Tests<br />

so früh für die Deutsch- und Mathelehrer zugänglich<br />

zu machen, wenn sie doch ohnehin<br />

zugeschickt werden.<br />

Eine Vergleichbarkeit der Schulen ist für<br />

mich damit hinfällig.<br />

S. G.-L.<br />

Man kann diese Testhefte unter Verschluss<br />

nehmen, Stillschweigen bewahren und den<br />

Drittklässlern erstmals am Tag der beiden<br />

Tests vorlegen. Man kann sie sich aber auch<br />

vorher ansehen, in Kenntnis der Testaufgaben<br />

dann mit den Schülern gezielt dafür üben und<br />

die Kinder daraufhin vorbereiten.<br />

Die Versuchung ist groß. Welche <strong>Grundschule</strong><br />

will nicht als stark anstatt schwach<br />

erscheinen? Welcher Lehrer will nicht als<br />

erfolgreich anstatt als erfolglos dastehen?<br />

Meine Kolleginnen und ich haben uns bei<br />

befreundeten Kolleginnen umgehört. Geübt<br />

wurde überall, entweder sogar auf »heimliche«<br />

Anweisung der Schulleitung oder aus<br />

persönlicher Sorge, schlechter als andere abzuschneiden.<br />

Teilweise wurde eine richtige<br />

»Übungswoche« eingelegt und Aufgabentyp<br />

für Aufgabentyp »gebüffelt«. (…)<br />

Und bitte glauben Sie mir, ich rede hier<br />

nicht von Einzelfällen! (Bei einem Kontakt zu<br />

10 verschiedenen Schulen wurde in 10 !!! Schulen<br />

vorher explizit für VERA geübt.)<br />

Gitta Sch.<br />

Beim Austeilen der Vera-Arbeiten bemerkte<br />

ein Schüler: »Och, das kenne ich doch, diesen<br />

Bogen hatte mein Freund aus … als Hausaufgaben<br />

zum Üben auf.«<br />

Vor diesem Hintergrund und der Vermutung,<br />

dass es hier wohl alle Zwischenstufen<br />

geben wird, kann ich die Ergebnisse nicht<br />

ernst nehmen.<br />

Sehr wohl ernst nehme ich aber, dass über<br />

die Veröffentlichung solcher Ergebnisse im Internet<br />

möglicherweise ein offensichtlich verfälschtes<br />

Ranking entsteht.<br />

Eckhard O., Rektor<br />

Was mich besonders aufregt, ist der Umgang<br />

mit den Arbeiten. Ich beobachte und erfahre<br />

dergleichen auch immer wieder in Gesprächen,<br />

dass die Vorgaben an immer mehr<br />

Schulen in unserem Umkreis unterwandert<br />

werden. Sobald die Arbeiten in den Schulen<br />

16 GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008


Thema: VERA 2008<br />

ankommen, wird kräftig geübt. Die Kinder erhalten<br />

genau die Aufgaben der Vera-Arbeiten,<br />

nur mit veränderten Namen. Dann kauft eben<br />

nicht Fritz 20 Orangen in Viererpaketen, sondern<br />

Lisa. Die Lehrkräfte helfen den Schülern<br />

während der Arbeiten, wo sie nur können. Teilweise<br />

werden sogar »schwache« Schülerinnen<br />

und Schüler an dem Tag in eine andere Klasse<br />

gesetzt und als fehlend angegeben.<br />

Kein Wunder, dass Kolleginnen und Kollegen<br />

so reagieren. Von der Schulaufsicht<br />

bekommen wir Schulleiterinnen und Schulleiter<br />

zu hören, dass wir uns auf keinen Fall<br />

mit einem durchschnittlichen Ergebnis zufriedengeben<br />

dürfen. Ebenso wird immer wieder<br />

darauf hingewiesen, welchen hohen Stellenwert<br />

die Vera-Ergebnisse haben, wenn erst die<br />

Schulinspektoren ins Haus kommen.<br />

Wird das Ganze dadurch nicht ad absurdum<br />

geführt?<br />

Anne-Meike S., Schulleiterin<br />

Aufwand und Nutzen<br />

Wir sind 4 junge Kolleginnen in den dritten<br />

Klassen der <strong>Grundschule</strong> …, Bayern, und haben<br />

uns in unserer wöchentlichen Teamsitzung<br />

mit Ihren Fragen beschäftigt.<br />

Hier unsere Rückmeldungspunkte:<br />

■ Kopieraufwand! Pro Schüler ca. 44 Seiten,<br />

d. h. ca. 1000 Seiten pro Klasse, d. h. ca. 4000<br />

Kopien in unserer Schule. Wer hat soviel Zeit<br />

zu kopieren? Wer soll die Kopierkosten bezahlen?<br />

■ Pro Fach 2! Hefte. Weshalb kann man die<br />

Hefte nicht auf eines reduzieren? 1 Heft, mit<br />

gekürzten Aufgaben, reicht locker, um umfassend<br />

abzufragen, vgl. Menge Orientierungsarbeiten<br />

in Bayern.<br />

■ Die Frustration, v. a. schwacher Schüler ist<br />

groß, wenn sie an einem Tag 2 Tests zeitlich<br />

ganz eng nacheinander schreiben müssen,<br />

nur mit einer kurzen Pause dazwischen.<br />

■ Korrekturaufwand! 2 dicke Ordner nur für<br />

VERA finde ich übertrieben, v. a. der zeitliche<br />

Aufwand am PC. Nun sind wir jungen Lehrer<br />

ziemlich fit, aber was ist mit Kollegen, die selten<br />

am PC arbeiten?<br />

Pro Fach: 2 Stunden Korrektur, 1 bis 2 Stunden<br />

eintippen, d. h. mind. 3 bis 4 Stunden pro<br />

Fach! Nicht zu vergessen den vorhergehenden<br />

Kopieraufwand, das Durchlesen sämtlicher<br />

VERA-Anleitungen und die in unserem Schulamtsbezirk<br />

verpflichtende, Fortbildung, wie<br />

VERA durchzuführen ist.<br />

Den VERA-Planern raten wir: Gehen Sie<br />

nächstes Jahr mit einer Lehrkraft mit, die<br />

VERA durchführen muss. Laden Sie sich die<br />

Aufgaben herunter, kopieren Sie die Arbeiten<br />

selbst, lesen Sie sich die Anleitungen durch,<br />

führen Sie mit den Kindern die Arbeiten durch,<br />

korrigieren Sie, tippen Sie ein, führen Sie, wie<br />

angeraten, Team- und Elterngespräche, und<br />

fragen Sie sich dann, ob die Ergebnisse den<br />

Aufwand an Zeit, Geld und Nerven bei Ihnen<br />

und den Kindern wert waren.<br />

Johanna R., Julia A., Simone D., Marion B.,<br />

Klassenleiterinnen<br />

Zuerst wurde ich von dem Umfang an Informationsmaterial,<br />

den Schülermaterialien und<br />

dem Zeitaufwand erschlagen. Für mich, Teilzeitkraft,<br />

Lehrerin einer Klasse mit 29 Schülern,<br />

von denen 28 teilnahmen, ein Zeitaufwand<br />

von fast 20 unbezahlten Überstunden,<br />

als ob ich sonst nicht sowieso schon ausgelastet<br />

wäre. Ich fühle mich mit meiner Arbeit<br />

als Lehrer gering geschätzt.<br />

Die Mitarbeiter dieser Untersuchung, die<br />

vermutlich nicht jeden Tag vor einer riesigen,<br />

schwierigen Klasse stehen, stellten sich mit<br />

ausufernden Materialien – sowohl für die<br />

Schüler als auch für die Lehrer – selbst dar.<br />

Man müsste endlich mal die Bedingungen,<br />

unter denen wir arbeiten, verbessern. Es nützt<br />

nichts, wenn man öfter testet. Dabei ist egal,<br />

ob der Test Pisa, VERA oder Orientierungsarbeit<br />

heißt. Das Geld für die Untersuchungen<br />

sollte man lieber sinnvoller investieren.<br />

Einen Sinn hätte VERA nur, wenn mehr Geld<br />

in die Bildung investiert würde.<br />

Gertraud E.<br />

4 kg Papier pro Klasse<br />

Leider fehlt mir die Zeit, eine Glosse zu schreiben<br />

– die sich hier wirklich anbietet. Die Zeit<br />

habe ich nicht, weil ich mich mit VERA befassen<br />

musste. Die Arbeitsbelastung war sehr<br />

groß.<br />

Das begann bereits bei den Vorarbeiten<br />

(ausdrucken, durchlesen des Ablaufplanes,<br />

kopieren für alle Schüler, heften …), und zog<br />

sich dann weiter (… korrigieren, ins »Helferlein«<br />

eintragen, in den PC übertragen)<br />

Die VERA-Vergleichsarbeiten helfen mir bei<br />

der Einschätzung meiner Arbeit überhaupt<br />

nicht. Ich kenne meine Schüler, weiß, dass<br />

viele von ihnen am »unteren Rand« der Bildungspyramide<br />

stehen und einige auch sehr<br />

zuverlässige Denker sind. Ich bin im Gespräch<br />

mit meinen Kolleginnen, die meine Schüler<br />

z. T. aus dem Fachunterricht kennen (und ich<br />

die ihren). Diese Gespräche helfen mir weiter.<br />

Ich habe die Vergleichsarbeiten einmal auf<br />

meine Küchenwaage gelegt und hochgerechnet.<br />

Da kommt man pro Klasse auf die stattliche<br />

Summe von 4 kg Papier.<br />

Das sind an unserer Schule bereits 12 kg –<br />

und wir hatten diesmal kleine Klassen. Wenn<br />

man das auf Deutschland umrechnet, kann<br />

einem schlecht werden!<br />

Meine Bilanz: Das Ganze steht in keinem<br />

Kosten-Nutzen-Verhältnis und in keinem Verhältnis<br />

zum Arbeitsaufwand.<br />

Mathias K., Erlangen<br />

1. Wir empfinden es als grandiose Papierverschwendung<br />

(beide Klassen mit 30 Schülern<br />

ungefähr 2400 Kopien; Wahnsinn!!)<br />

2. Neue Erkenntnisse zu den Schülern ergaben<br />

sich in keinster Weise. Deshalb empfanden<br />

wir die zusätzliche Arbeitsbelastung als<br />

überflüssig. Bei uns ergab sich für Korrektur,<br />

Übertragung auf das Helferlein und Eingabe<br />

in den PC eine Zeit von jeweils gut über 10<br />

Stunden. Unserer Ansicht nach vertane Zeit.<br />

3. Fetisch Vergleiche. Das Instrument des<br />

Denkens ist der Vergleich. Das Dasein zu reduzieren<br />

auf Denken, Urteilen, Verurteilen<br />

entspricht einem Auto mit einem Rad. Wir<br />

könnten auf diese Arbeiten verzichten.<br />

Manfred W., GHS mit Werkrealschule V.<br />

Kein Anschluss …<br />

1. Insgesamt: Die Menge der Aufgaben wirkte<br />

auf die SchülerInnen z. T. erschlagend, sie<br />

hatten nicht genug Zeit, gründlich zu lesen<br />

(besonders im Fach Mathe).<br />

2. Teilweise war der Lösungsrahmen sehr<br />

scharf gefasst, z. B. Aufgabe Deutsch, Heft 1:<br />

»Frage: Woran merkst du, dass die Schildkröte<br />

traurig ist?«<br />

Kinder haben keine logische Verknüpfung<br />

gesucht, sondern ihrer Gefühlslage entsprechend<br />

geantwortet: »… weil sie so allein ist.«<br />

Bezeichnend war, dass im Korrekturbogen<br />

die Frage so formuliert war: »Warum ist Grete<br />

traurig?« Dementsprechend wäre die Antwort<br />

der Kinder richtig gewesen.<br />

Auf meine zweimalige Anfrage an das<br />

VERA-Institut, ob ich die Antwort (s. o.) zulassen<br />

darf, bekam ich keine Rückmeldung …<br />

Eckhard M., Schulleitung<br />

Es wäre zu wünschen, dass die Verantwortlichen<br />

von Vera selbst eine Feedbackmöglichkeit<br />

einrichten würden, damit die Meldung<br />

direkt an die Verantwortlichen gehen können.<br />

Wir bedanken uns beim Grundschulverband,<br />

dass er sich dieser offensichtlichen Probleme<br />

mit Vera annimmt und im Interesse der<br />

<strong>Grundschule</strong>n tätig wird.<br />

Bernward K., Schulleiter<br />

Zusammenstellung: Ulrich Hecker<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008<br />

17


Thema: VERA 2008<br />

Für die Kunst und wider die pädagogische Verarmung<br />

In Folge von PISA und erst recht durch<br />

VERA stehen allzu oft nur Deutsch<br />

und Mathematik im Blickpunkt.<br />

Was aber ist mit dem ästhetischen<br />

Bereich – unverzichtbar in der modernen<br />

<strong>Grundschule</strong>, die Kinder als<br />

ganze Persönlichkeiten wahrnehmen,<br />

ansprechen und fördern will?<br />

Der Grundschulverband setzt mit<br />

Band 124 im Projekt: Pädagogische<br />

Leistungskultur dagegen.<br />

In diesem Schuber fehlte noch das<br />

Heft 4: Kunst.<br />

Was können die Kinder im Kunstunterricht<br />

erfahren und lernen?<br />

Wie kann ihre Arbeit unterstützt<br />

und begleitet werden?<br />

Wie können ihre Leistungen gewürdigt<br />

werden?<br />

Nun ist das Heft da. Die Fotos auf<br />

dieser Seite stammen aus diesem<br />

Material.<br />

18 GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008<br />

P. S.: Die Mitglieder des Grundschulverbandes erhalten<br />

das Heft 4 zum Band 124 – zusätzlich mit einer CD-ROM –<br />

in einer Lieferung mit dem neuen Mitgliederband »Fremdsprachen<br />

in der <strong>Grundschule</strong> – Auf dem Weg zu einer neuen<br />

Lern- und Leistungskultur«.<br />

Buch und Heft mit CD werden Mitte September bei den<br />

Mitgliedern ankommen.<br />

P. P. S.: Alle neuen Mitglieder, die 2008 eingetreten sind,<br />

erhalten das Heft und die CD natürlich auch – sicher eine<br />

Anregung, den ganzen Schuber (Band 124) nachzuordern.


Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />

Kursbestimmungen<br />

Delegiertenversammlung wählt Vorstand<br />

und Fachereferent/innen<br />

Göttingen, Ende Mai 2008: Im traditionellen<br />

Tagungsort »Gebhards Hotel« sind Vorstand,<br />

Fachreferentinnen und -referenten sowie<br />

die gewählten Delegierten aus allen Bundesländern<br />

zusammengekommen. Die Arbeit des<br />

Vorstands in den letzten vier Jahren wird<br />

eingehend diskutiert, Vorstand und Fachreferenten<br />

werden neu gewählt.<br />

Rechenschaftsbericht, …<br />

Der Rechenschaftsbericht des Vorstandes<br />

spiegelt in beeindruckender Weise die<br />

umfassenden Aktivitäten des Verbandes.<br />

Durch vielfältige Eingriffe in die bildungspolitische<br />

und pädagogische Debatte konnte<br />

der Grundschulverband seine bildungspolitische<br />

Bedeutung weiter erhöhen und<br />

sich in der Öffentlichkeit stärker profilieren.<br />

Dies drückt sich allerdings bislang noch<br />

nicht in steigenden Mitgliederzahlen aus.<br />

Der Rechenschaftsbericht ist auf unserer<br />

Homepage in vollem Umfang veröffentlicht:<br />

www.grundschulverband.de > Wir über uns ><br />

Rechenschaftsbericht<br />

Wahlen, …<br />

Die Delegiertenversammlung hat gewählt:<br />

Über den neuen Vorstand und die Fach referen<br />

tinnen und -referenten, die inhaltliche<br />

Arbeit auf unseren wichtigen Aufgabenfeldern<br />

leisten, informieren die folgenden<br />

Seiten.<br />

Wichtig dabei: Das bisherige Fachreferat<br />

»Eine Welt in der Schule« wurde umbenannt:<br />

»Schule in der einen Welt« heißt es jetzt,<br />

was auch auf ein verbreitertes Aufgabenspektrum<br />

hinweist. Neu eingerichtet wurde<br />

das Fachreferat »Sozialpädagogik«. Darin<br />

spiegelt sich die Entwicklung, dass an <strong>Grundschule</strong>n<br />

zunehmend pädagogische Mitarbeiter/innen<br />

unterschiedlicher Professionen<br />

zusammenarbeiten.<br />

… und neue Aufgaben<br />

Die größte organisatorische Herausforderung<br />

ist der Bundesgrundschulkongress im nächsten<br />

Jahr. Eine wichtige Entscheidung dabei:<br />

Der Kongress findet nicht in Fulda statt,<br />

sondern (wie die bisherigen Kongresse auch)<br />

in Frankfurt am Main, auch der Termin hat<br />

sich geändert. Über den nunmehr endgültigen<br />

Termin und Tagungsort informieren wir<br />

auf Seite 26.<br />

Vorstand und Fachreferent/innen neu gewählt<br />

Vorsitzender:<br />

Dr. h. c. Horst Bartnitzky<br />

Dipl.-Päd., Jahrgang 1940<br />

Als Volksschullehrer begann ich in den sechziger<br />

Jahren meinen beruflichen Weg. Später<br />

arbeitete ich in der Lehrerausbildung mit, war<br />

Rektor einer <strong>Grundschule</strong> und dann bis zu<br />

meiner Pensionierung Schulaufsichtsmensch.<br />

Daneben trug ich als Autor und Herausgeber<br />

zur Vermehrung von Fachliteratur bei.<br />

Dieses Kapitel ist noch nicht abgeschlossen:<br />

Ich schreibe ziemlich fleißig weiter. Einiges<br />

davon ist erkennbar in die fachliche Diskussion<br />

eingeflossen und hat die Entwicklung<br />

der Schulpraxis beeinflusst: zur Deutschdidaktik<br />

»Sprachunterricht heute« und<br />

»Deutschunterricht«, zum Thema Leistung<br />

»Zeugnisschreiben in der <strong>Grundschule</strong>« und<br />

»Pädagogische Leistungskultur«, zur Qualität<br />

von Schulbüchern der Lehrwerksverbund<br />

»Kunterbunt«.<br />

Derzeit teile ich meine Zeit zwischen privatem<br />

Leben, fachbezogenem Schreiben und<br />

der Mitarbeit im Grundschulverband.<br />

Hier arbeite ich aktiv seit dreißig Jahren mit.<br />

Bundesvorsitzender bin ich seit dem Jahr<br />

2000. Als Herausgeber bin ich mitverantwortlich<br />

für unsere Zeitschrift: »<strong>Grundschule</strong><br />

<strong>aktuell</strong>«.<br />

Wichtig sind mir drei zentrale Fragen:<br />

1. Was an der <strong>Grundschule</strong> ist reformbedürftig,<br />

weil es den Bildungsansprüchen von<br />

Kindern nicht gerecht wird?<br />

2. Wer und was behindert die <strong>Grundschule</strong><br />

an ihrer Weiterentwicklung und was können<br />

wir dagegen tun?<br />

Der neu gewählte Vorstand<br />

Dr. h. c. Horst Bartnitzky, Maresi Lassek, Ulrich Hecker, Minette Volkwardt (v. l. n. r.)<br />

3. Wo sind gute Entwicklungen, die wir<br />

unterstützen, veröffentlichen, verbreiten –<br />

als Signale, Anstöße, Beispiele?<br />

Mit dem Projekt »Pädagogische Leistungskultur«<br />

haben wir in den letzten Jahren<br />

Antworten auf diese Fragen deutlich machen<br />

können – gegen den Test-Hype, gegen die<br />

Zensiererei, für einen fairen und unterstützenden<br />

Umgang mit den Schulen, für eine<br />

Lernbegleitung der Kinder, die diesen Namen<br />

auch verdient.<br />

»Allen Kindern gerecht werden« – dies ist<br />

das Motto des nächsten Bundesgrundschulkongresses<br />

im September 2009. Welche<br />

Antworten werden wir dort auf die zentralen<br />

Fragen finden?<br />

Wir werden im Grundschulverband weiter für<br />

eine kindgerechte <strong>Grundschule</strong> arbeiten und<br />

wo nötig auch streiten: die Praxis fördernd,<br />

die Forschung nutzend, die Bildungspolitik<br />

kritisch-konstruktiv begleitend. Als Vorsitzender<br />

des Verbandes leiste ich gerne meinen<br />

Beitrag dazu.<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008<br />

19


Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />

Stellvertretende Vorsitzende:<br />

Maresi Lassek<br />

Grundschullehrerin und Sozialpädagogin,<br />

Jahrgang 1950<br />

Ausgebildet als Sozialpädagogin und Lehrerin<br />

arbeite ich 30 Jahre im Bremer Schuldienst.<br />

Seit einigen Jahren leite ich eine Schule im<br />

sozialen Brennpunkt.<br />

Für mich bedeutet die Weiterentwicklung der<br />

praktischen Schularbeit immer wieder eine<br />

besondere Herausforderung, dies <strong>aktuell</strong> auf<br />

dem Hintergrund der dem deutschen Schulsystem<br />

attestierten starken sozialen Kopplung<br />

von Bildungschancen. Wir müssen an<br />

diesem Punkt die politisch Verantwort lichen<br />

in die Pflicht nehmen, genauso halte ich<br />

es aber für notwendig, in der Praxis pädagogisch<br />

innovative Ansätze zu erproben,<br />

Erfahrungen zu evaluieren und schulübergreifend<br />

zu diskutieren. Der Grundschulverband<br />

eröffnet einen ausgezeichneten<br />

fachlichen Rahmen für pädagogische<br />

Fragestellungen. Mir geht es unter anderem<br />

darum, Kindern mit Migrationshintergrund<br />

und / oder aus schwierigen sozialen Familienverhältnissen<br />

größere Chancen in unserem<br />

Bildungssystem zu eröffnen, aber genauso<br />

die Ressourcen aller Kinder gezielter zu<br />

erkennen und zu entwickeln.<br />

Aspekte wie der Umgang mit Heterogenität,<br />

selbstverantwortliches Lernen, förderdiagnostisches<br />

Handeln und die Übergänge<br />

in unserem Bildungssystem stehen für mich<br />

demzufolge im Fokus und bestimmen meine<br />

bisherigen Arbeitsschwerpunkte:<br />

■ jahrgangsübergreifendes Lernen<br />

■ Zusammenarbeit von Elementar- und<br />

Primarbereich<br />

■ die Entwicklung und Veröffentlichung<br />

eines Beobachtungsverfahrens für den Schulanfang<br />

■ Projekte mit den Institutionen der Ausund<br />

Fortbildung<br />

■ die Zusammenarbeit zwischen Schule,<br />

Sozialen Diensten und Freien Trägern der<br />

Jugendhilfe<br />

Seit 2004 engagiere ich mich als stellvertretende<br />

Vorsitzende im Bundesvorstand des<br />

Grundschulverbands. In diesem Rahmen<br />

werde ich mich weiterhin für eine starke<br />

Position der <strong>Grundschule</strong> einsetzen und in<br />

den kommenden Jahren insbesondere die<br />

Bereiche Gestaltung der <strong>Grundschule</strong>,<br />

Sozialpädagogische Arbeit und Schule in<br />

der Einen Welt vertreten. Die Vernetzung<br />

von Arbeitsfeldern und Institutionen, aber<br />

auch die Notwendigkeit von Kooperation<br />

und Teamarbeit in der Schule werde ich in die<br />

Arbeit im Grundschulverband einbringen.<br />

20 GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008<br />

Stellvertretender Vorsitzender:<br />

Ulrich Hecker<br />

Volksschullehrer, Jahrgang 1950<br />

Seit 1977 arbeite ich im Schuldienst, zunächst<br />

als Lehrer und Konrektor an der Hauptschule,<br />

seit 1989 bin ich Grundschulrektor in Moers<br />

am Niederrhein. Neben der Schularbeit war<br />

ich gern und häufig Referent und Moderator<br />

bei Fortbildungsveranstaltungen.<br />

»Pädagogik braucht Bewegung«: Diese<br />

Erkenntnis begleitet mich mein ganzes Lehrerleben<br />

und mein Engagement in (Bildungs-)<br />

Politik (»Eine Schule für alle Kinder«) und<br />

(Reform-) Pädagogik (»Den Kindern das Wort<br />

geben«). Seit dem Studium an der Pädagogischen<br />

Hochschule Wuppertal (u. a. bei Prof.<br />

Fritz Bärmann) Mitarbeit in der Freinet-<br />

Kooperative.<br />

Zur pädagogischen Arbeit kam die journalistische<br />

Tätigkeit: 20 Jahre war ich verantwortlicher<br />

Redakteur der »neuen deutschen<br />

schule«, der Zeitschrift der GEW in NRW,<br />

und im GEW-Landesvorstand Referent für<br />

Öffentlichkeitsarbeit. Mehrere Jahre habe ich<br />

im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für<br />

Lesen und Schreiben (DGLS) mitgearbeitet, wo<br />

ich für die Homepage und die Publikationen<br />

verantwortlich war.<br />

2004 wurde ich zum Redakteur von »<strong>Grundschule</strong><br />

<strong>aktuell</strong>« und zum Fachreferent für<br />

Öffentlichkeitsarbeit im Grundschulverband<br />

gewählt. Seit Mai 2006 bin ich Stellvertretender<br />

Vorsitzender, auch in dieser Funktion<br />

sind die Redaktion unserer Zeitschrift, die<br />

Mitarbeit an den Publikationen und die<br />

Öffentlichkeitsarbeit des Verbandes meine<br />

wichtigsten Aufgaben.<br />

Unsere Zeitschrift »<strong>Grundschule</strong> <strong>aktuell</strong>«<br />

wurde in den letzten Jahren unter den Aspekten<br />

»Aktualität«, »deutlicher Praxisbezug«<br />

sowie »gute Lesbarkeit« weiterentwickelt,<br />

dazu kommen möglichst <strong>aktuell</strong>e Informationen<br />

des Verbandes und der Landesgruppen.<br />

Dieser Prozess geht weiter: 2009, im Jahr des<br />

großen Grundschulkongresses, wird die Zeitschrift<br />

ein neues, farbiges »Gesicht« erhalten.<br />

Und: Es bleibt die besondere Qualität von<br />

»<strong>Grundschule</strong> <strong>aktuell</strong>«, in jedem Heft ein<br />

<strong>aktuell</strong>es Thema im Zusammenhang von<br />

Praxis, Politik und Wissenschaft darzustellen.<br />

Es ist Aufgabe des Grundschulverbands, die<br />

<strong>aktuell</strong>e Bildungsdiskussion kritisch zu begleiten,<br />

die Bildungsansprüche von Grundschulkindern<br />

zu vertreten und zugleich Alternativen<br />

zu entwickeln und öffentlich zu machen. Dies<br />

alles muss über die Medien des Grundschulverbandes<br />

transportiert werden: Durch Pressemitteilungen,<br />

durch unsere Zeitschrift, durch<br />

die Bände der »Beiträge zur Reform der <strong>Grundschule</strong>«,<br />

über die Homepage des Verbandes<br />

und die Werbemaßnahmen.<br />

Schatzmeisterin:<br />

Minette Volkwardt<br />

Grundschullehrerin, Jahrgang 1951<br />

Seit 36 Jahren bin ich Lehrerin auf der Insel<br />

Usedom. Meine Studienfächer sind Deutsch,<br />

Sachunterricht, Mathematik und Kunst. Da<br />

ich in fachlicher und politischer Hinsicht<br />

stets meine Meinung äußerte, hatte ich in<br />

unserem Landkreis das Vertrauen meiner<br />

Kollegen gewonnen und wurde 1990 zum<br />

Multiplikator für die <strong>Grundschule</strong>n gewählt.<br />

Dadurch ergab sich für mich mehrmals die<br />

Möglichkeit, an fachlichen Fortbildungen<br />

überwiegend in Hamburg teilzunehmen.<br />

Gezielte Hospitationen folgten an Hamburger<br />

Schulen. Seminare an der Behörde für Schule<br />

und Berufsausbildung in Hamburg zeigten<br />

mir neue Wege und Methoden für den Unterricht<br />

auf. Ich knüpfte die ersten Kontakte zu<br />

Mitgliedern des Grundschulverbandes. Da<br />

mich das Engagement des Verbandes und<br />

seine Aufgabenstellungen und Ziele für das<br />

Wohl unserer Kinder an den Schulen begeisterten<br />

und auch mir sehr am Herzen lagen,<br />

wurde ich Mitglied im Grundschulverband.<br />

Die Begegnungen waren für mich Anlass,<br />

mich dafür mit einzusetzen, dass es auch in<br />

Mecklenburg-Vorpommern zur Gründung des<br />

Grundschulverbandes kam. So gehörte ich<br />

zu den Kollegen der »ersten Stunde«, die auf<br />

dem einberufenen Grundschultag in Rostock<br />

den Grundschulverband gründeten.<br />

Seitdem arbeite ich aktiv im Landesvorstand<br />

mit. Des Weiteren war ich als Referentin am<br />

Landesinstitut für Schule und Ausbildung<br />

in Greifswald im Grundschulbereich tätig.<br />

Als Vorsitzende der Rahmenplankommission<br />

für Kunst und Gestaltung war ich maßgeblich<br />

daran beteiligt, dass für dieses Fach<br />

neue Rahmenpläne erstellt wurden. Dazu<br />

führte ich regelmäßig Fortbildungen über<br />

das L.I.S.A. durch. Von 1995 bis 1998 stellte<br />

ich mich einer weiteren Herausforderung.<br />

Ich erweiterte meine Lehrbefähigung um das<br />

Unterrichtsfach »Evangelische Religion« für<br />

die Klassen 1 bis 10. Dieses Studium erfolgte<br />

berufsbegleitend.<br />

Seit 2002 vertrete ich unseren Landesvorstand<br />

auf den Delegiertenversammlungen<br />

des Grundschulverbandes. Die Ziele für die<br />

<strong>Grundschule</strong>, die vom Verband stets fachwissenschaftlich<br />

begleitet werden, waren<br />

und sind für mich wegweisend in meiner<br />

täglichen Arbeit. Mir sind Chancengleichheit<br />

und individuelles Eingehen auf jeden Schüler<br />

wichtig. Ich möchte etwas bewirken für ein<br />

Lernen, das ein Leben lang anhält. Und das<br />

geschieht dann nachhaltig, wenn die Zeit,<br />

die in der Schule verbracht wird, vom Schüler<br />

sinnvoll und erfolgreich erlebt wird. Somit<br />

habe ich als Lehrerin diese Verpflichtung: Förderung<br />

von Lernfreude und Lernkompetenz.<br />

Als gewähltes Mitglied des Vorstandes auf<br />

Bundesebene werde ich meine Erfahrungen<br />

in die Verbandsarbeit einbringen.


Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />

Die Fachreferentinnen<br />

und Fachreferenten<br />

Fachreferat: Gestaltung der <strong>Grundschule</strong><br />

Innere und äußere Gestaltung: Schwerpunkte<br />

unserer Arbeit ist die Entwicklung<br />

des altersgemischten, ganztägigen, längeren<br />

gemeinsamen Lernens und die Zusammenarbeit<br />

verschiedener Professionen.<br />

Dr. Heike De Boer<br />

Akademische Rätin am Institut für<br />

Erziehungswissenschaft an der<br />

Pädagogischen Hochschule Freiburg<br />

Institut für Erziehungswissenschaft<br />

I. Abteilung Bildungsforschung und<br />

Schulentwicklung<br />

Meine Perspektive auf den Grundschulalltag<br />

und die Gestaltung und Veränderung von<br />

<strong>Grundschule</strong> ist durch folgende biografische<br />

Erfahrungen und Prozesse geprägt:<br />

■ Eine zwölfjährige Unterrichtspraxis im<br />

altergemischten Unterricht an einer Kölner<br />

Peter-Petersen-Schule und einer Marburger<br />

<strong>Grundschule</strong> mit altersgemischter Eingangsstufe.<br />

■ Die intensive Auseinandersetzung mit<br />

Prozessen des Sozialen-Lernens im Klassenrat,<br />

im Kinderparlament und in Streitschlichtungsprojekten<br />

– zum einen aus der Perspektive<br />

der in die Praxis involvierten Lehrerin und<br />

zum anderen aus der Perspektive der an der<br />

Hochschule forschenden Wissenschaftlerin<br />

in einem dreijährigen Unterrichtsforschungsprojekt<br />

zum Klassenrat.<br />

■ Die mittlerweile achtjährige Anleitung<br />

schulpraktischer Seminare mit dem Schwerpunkt,<br />

individuelle Lernprozesse von Kindern<br />

beobachten, beschreiben und unterstützen<br />

zu lernen sowie die Subjektivität der eigenen<br />

Wahrnehmung als Lehrerin erkennen und in<br />

ihrer Konsequenz reflektieren zu lernen.<br />

■ Die berufsbegleitende Weiterbildung mit<br />

dem Ansatz der themenzentrierten Interaktion,<br />

die mir u. a. mittels Supervision und<br />

kollegialer Fallbearbeitung wichtiges »Handwerkszeug«<br />

für meinen eigenen Reflexions-<br />

Professionalisierungsprozess geboten hat.<br />

Die für mich wichtige Erfahrung, Grundschulalltag<br />

als Lehrerin erlebt zu haben und als<br />

Wissenschaftlerin betrachten und erforschen<br />

zu können, führt mich zu folgenden Arbeitsschwerpunkten:<br />

1. <strong>Grundschule</strong>ntwicklung als gemeinsamen<br />

Partizipationsprozess der beteiligten Lehrer,<br />

Schüler und Eltern vor dem Hintergrund institutioneller<br />

Ressourcen und Einschränkungen<br />

zu sehen und in bewältigbaren Schritten zu<br />

ermöglichen.<br />

2. Altersgemischtes, ganztägiges, längeres<br />

gemeinsames Lernen und die Zusammenarbeit<br />

von ErzieherInnen und GrundschullehrerInnen<br />

auszubauen.<br />

3. Im Rahmen der Lehrerbildung zukünftige<br />

Lehrende als Teil des Professionalisierungsprozesses<br />

in ihrer Kommunikations-, Kooperations-<br />

und Konfliktfähigkeit zu stärken und<br />

Selbstreflexivität z. B. mittels kollegialer Fallberatungen<br />

systematischer aufzubauen.<br />

4. Die Beobachtung und Analyse von Unterricht<br />

und individuellen Lernprozessen zu<br />

trainieren und für Differenz und Heterogenität<br />

zu sensibilisieren.<br />

5. Die Perspektiven der unterschiedlichen<br />

schulischen Akteure (SchülerInnen, Eltern,<br />

KollegInnen, Institutionen) in ihrer Differenz<br />

und in ihrer Bedeutung für pädagogische<br />

Situationen herauszuarbeiten.<br />

Fachreferat: Länger gemeinsam lernen<br />

Schulstrukturfragen: Als Kernanliegen<br />

werden Aspekte einer Schule gemeinsamen<br />

Lernens bearbeitet. Dazu gehört die<br />

Integration Behinderter und die Ausweitung<br />

gemeinsamen Lernens bis ans Ende<br />

der Pflichtschulzeit.<br />

Peter Heyer<br />

Jahrgang 1931. Von 1953 bis 1963 Lehrer an<br />

einer »additiven Gesamtschule« (<strong>Grundschule</strong>,<br />

Realschule, Gymnasium); Unterrichtspraxis<br />

in den Klassen 1 bis 10 der drei<br />

Schularten. 1963 bis 1967 »Lehrer im Hochschuldienst«<br />

an der PH Berlin, 1964 bis 1967<br />

Seminarleiter in der 2. Phase. Von 1967 bis<br />

1994 (Eintritt in den Ruhestand) Arbeit am<br />

Pädagogischen Zentrum Berlin, zunächst<br />

als Wissenschaftlicher Rat, dann als Wissenschaftlicher<br />

Direktor und Leiter des Referats<br />

»Besondere Fragen der <strong>Grundschule</strong> und der<br />

gemeinsamen Erziehung«.<br />

Seit 1967 aktiv in der GEW in verschiedenen<br />

Funktionen.<br />

Seit 1969 aktiv im Grundschulverband /<br />

Arbeitskreis <strong>Grundschule</strong> in verschiedenen<br />

Funktionen, zurzeit als Vorsitzender der<br />

Berliner Landesgruppe und auf Bundesebene<br />

als Fachreferent »Länger gemeinsam lernen«.<br />

Ausgewählte Schwerpunkte meiner beruflichen<br />

Tätigkeit:<br />

■ 1982 – 1988: Wissenschaftliche Begleitung<br />

des Schulversuchs Uckermark-<strong>Grundschule</strong><br />

(Erste öffentliche Schule in Deutschland, die<br />

in allen ihren Klassen, von der Vorklasse bis<br />

zur 6. Jahrgangsstufe, die Kinder mit Beeinträchtigungen<br />

aus dem Wohnumfeld aufgenommen<br />

hat), zusammen mit Prof. Dr.<br />

U. Preuss-Lausitz und Prof. Dr. H. Eberwein<br />

bzw. Prof. Dr. G. Zielke.<br />

■ 1992 – 1996: Wissenschaftliche Begleitung<br />

des gemeinsamen Unterrichts Behinderter<br />

und Nichtbehinderter im Land Brandenburg,<br />

zusammen mit Prof. Dr. U. Preuss-Lausitz<br />

und Prof. Dr. J. Schöler.<br />

■ Zahlreiche Veröffentlichungen zu Grundschulfragen.<br />

Meine derzeitigen Arbeitsschwerpunkte als<br />

Ruheständler:<br />

■ Tätigkeit für den Grundschulverband auf<br />

Landes- und Bundesebene;<br />

■ Tätigkeit für die bundesweite »Initiative<br />

Länger gemeinsam lernen«;<br />

■ Tätigkeit für den »Runden Tisch Gemeinschaftsschule<br />

Berlin«;<br />

■ Tätigkeit für den Berliner »Arbeitskreis<br />

gemeinsamer Unterricht behinderter und<br />

nichtbehinderter Kinder und Jugendlicher«;<br />

■ Moderation der Rubriken »Bildungs politik«<br />

und «Standpunkt« in der Grundschulzeitschrift.<br />

Worum es mir geht:<br />

Ich will daran mitwirken, dass alle Schulen zu<br />

Schulen werden, in denen alle Mädchen und<br />

Jungen in ihrer Individualität wertgeschätzt<br />

und nachhaltig gefordert und gefördert werden,<br />

ihre Potentiale zu entwickeln.<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008<br />

21


Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />

Fachreferat:<br />

Schulische Qualitätsentwicklung<br />

Bildungsansprüche der Kinder: Wir<br />

werden weiterhin die Diskussionen um<br />

Standards, Evaluation und die internationalen<br />

Schul leistungsstudien kritischkonstruktiv<br />

begleiten und eigene Vorschläge<br />

erarbeiten.<br />

Prof. Dr. Hans Brügelmann<br />

Professor für Grundschulpädagogik und<br />

-didaktik an der Universität Siegen (seit<br />

1993). Nach dem 1. juristischen Staatsexamen<br />

1970 zwei Jahre Assistent beim Deutschen<br />

Bildungs rat (1972 – 74). Danach Mitarbeit in<br />

verschiedenen Evaluations-Projekten im<br />

In- und Ausland (1974 – 80). Promotion in<br />

Erziehungswissenschaft in Konstanz mit<br />

einer Arbeit über »Strategien der Curriculumreform<br />

in den Ländern der Bundesrepublik<br />

Deutschland«. Von 1980 – 1993 Professor für<br />

Anfangsunterricht (Lese-/Schreibdidaktik) an<br />

der Universität Bremen.<br />

Im Grundschulverband bin ich Fachreferent<br />

für Qualitätsentwicklung. Zu meinen Schwerpunkten<br />

im Grundschulverband gehört die<br />

Mitarbeit an Stellungnahmen in den Bereichen:<br />

Leistungsbeurteilung und Leistungsstudien,<br />

Bildungsstandards, Evaluation,<br />

Schulentwicklung.<br />

Zentrale Veröffentlichungen für den Grundschulverband,<br />

an denen ich mitgearbeitet<br />

habe:<br />

■ Zur Qualität der Leistung – 5 Thesen zu<br />

Evaluation und Rechenschaft der Grundschularbeit<br />

(1999)<br />

■ Pädagogische Leistungskultur: Materialien<br />

für Klasse 1/2 und Klasse 3/4. Beiträge zur<br />

Reform der <strong>Grundschule</strong>, Bd. 119, 121 und 123<br />

(2005, 2006, 2007)<br />

■ Sind Noten nützlich und nötig? Zifferzensuren<br />

und ihre Alternativen im empirischen<br />

Vergleich. Eine wissenschaftliche<br />

Expertise des Grundschulverbandes,<br />

erstellt von der Arbeitsgruppe Primarstufe<br />

an der Universität Siegen (2006).<br />

■ Kursbuch <strong>Grundschule</strong> (2009, i. V.)<br />

Weitere Publikationen vor allem zur Öffnung<br />

des Unterrichts, zum Schriftspracherwerb<br />

und seiner Didaktik. Lange Jahre im Beirat<br />

der »Grundschulzeitschrift«, (Mit-)Herausgeber<br />

des »Jahrbuchs Lesen und Schreiben«<br />

der Deutschen Gesellschaft für Lesen und<br />

Schreiben (1986 – 1993) und des »Jahrbuch<br />

<strong>Grundschule</strong>« des Grundschulverbandes /<br />

Arbeitskreis <strong>Grundschule</strong> (1998 – 2003).<br />

Zuletzt sind meine grundsätzlichen Vorstellungen<br />

von Pädagogik und Didaktik<br />

erschienen unter dem Titel »Schule verstehen<br />

und gestalten« (2005).<br />

In diesem Jahr (2008) habe ich gemeinsam<br />

mit Axel Backhaus die »Reformpädagogische<br />

Arbeitsstelle ›Blick über den Zaun‹ « an<br />

der Universität Siegen eingerichtet, die die<br />

Aktivitäten des gleichnamigen Verbunds von<br />

Reformschulen koordiniert.<br />

Fachreferat: Bildungsgerechtigkeit<br />

Wider die Bildungsbenachteiligungen:<br />

Ein besonderes Defizit des Bildungssystems<br />

ist die ganz unzureichende Förderung<br />

benachteiligter Kinder. Wir treten<br />

hier für Förderkonzepte, für die besondere<br />

Ausstattung entsprechender Schulen ein.<br />

Prof. Dr. Angelika Speck-Hamdan<br />

Seit 1995 Professorin für Grundschulpädagogik<br />

und -didaktik an der Universität<br />

München, beide Lehramtsprüfungen, fast<br />

acht Jahre im Schuldienst.<br />

M. A. und Promotion in Pädagogik, Habilitation<br />

mit einer Arbeit über interkulturelle<br />

Erziehung in der <strong>Grundschule</strong>.<br />

Mit-Aufbau einer Lernwerkstatt am Lehrstuhl<br />

für Grundschulpädagogik und -didaktik an<br />

der Universität München, Mitglied in der<br />

Grundsatzkommission zum Lehrplan für<br />

die bayerischen <strong>Grundschule</strong>n 2000, Mitglied<br />

der Steuerungsgruppe Bildungsstandards<br />

in der KMK.<br />

Veröffentlichungen zu verschiedenen<br />

Themen der Grundschulpädagogik, u. a. zu<br />

Neuen Medien, zum Schriftspracherwerb,<br />

zum Übergang Kindergarten / <strong>Grundschule</strong><br />

und zur individuellen Förderung.<br />

Seit 1988 im Grundschulverband tätig,<br />

zu nächst als Mitglied des Beirats, später<br />

(bis heute) im Landesgruppenvorstand Bayern,<br />

von 1996 bis 2004 im Bundesvorstand,<br />

zuständig für Forschung und LehrerInnenbildung,<br />

Betreuung der Rubrik »Aus der<br />

Forschung« in der Mitgliederzeitschrift.<br />

Vergleichende Schulleistungsstudien (PISA,<br />

IGLU) haben deutlich gezeigt, dass das Ziel<br />

der Bildungsgerechtigkeit in Deutschland<br />

immer noch verfehlt wird, obwohl das<br />

Problem schon seit über dreißig Jahren<br />

erkannt ist. Auch schon in der <strong>Grundschule</strong> ist<br />

ein enger Zusammenhang zwischen sozialer<br />

Herkunft und Schulerfolg nachweisbar.<br />

Kinder aus so genannten bildungsfernen<br />

Elternhäusern erreichen geringere Kompetenzen<br />

als Kinder aus bildungsnahen.<br />

Ein spezielles Risiko tragen Kinder mit<br />

Migra tionshintergrund.<br />

Der <strong>Grundschule</strong> ist daher die besondere<br />

Verantwortung aufgegeben, alle Kinder<br />

unabhängig von ihrer sozialen Herkunft<br />

und von ihren damit zusammenhängenden<br />

Ressourcen zu fördern.<br />

Der Grundschulverband muss das Thema<br />

Bildungsgerechtigkeit kontinuierlich in die<br />

bildungspolitische Diskussion einbringen.<br />

Wir können zur Stärkung einer Kultur des<br />

Förderns in den Schulen und in der Lehrerinnen-<br />

und Lehrerbildung beitragen.<br />

Dazu gehört die Fokussierung der Aufmerksamkeit<br />

auf besondere Risikogruppen und<br />

ihre Bildungsansprüche (z. B. Kinder mit<br />

Migrationshintergrund, Kinder aus Armutsfamilien)<br />

und die Sensibilisierung von Lehrerinnen<br />

und Lehrern für diese Verantwortung.<br />

Fachreferat: Lehrer/innen-Bildung<br />

Professionalisierung: Wir werden uns<br />

weiterhin mit den verschiedenen aktu ellen<br />

Modellen der Lehrer/innen-Bildung<br />

aus einandersetzen. Hierzu rechnen wir alle<br />

drei Phasen: die Aus-, Fort- und Weiterbildung.<br />

Prof. Dr. Gudrun Schönknecht<br />

22 GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008


Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />

Jahrgang 1963. Nach meinem Studium Lehramt<br />

an <strong>Grundschule</strong>n und Deutsch als Zweitsprache<br />

promovierte ich mit einer Arbeit über<br />

die professionelle Entwicklung von GrundschullehrerInnen.<br />

Entscheidende Reformimpulse<br />

für Schule, Hochschule und Lehrerbildung<br />

gingen m. E. in den 1990er Jahren von<br />

der Lernwerkstättenbewegung aus, die für<br />

mich ein wichtiger Arbeitsbereich wurde. Ich<br />

gründete und leitete in dieser Zeit eine Lernwerkstatt.<br />

Danach unterrichtete ich mehrere<br />

Jahre an einer <strong>Grundschule</strong> in den ersten beiden<br />

Jahrgangsstufen, war Praktikumslehrerin<br />

und in der Lehrerfortbildung aktiv. Mein Weg<br />

führte anschließend zurück zur Hochschule<br />

– mit mehreren Stationen in verschiedenen<br />

Bundesländern, seit 2004 bin ich an der Pädagogischen<br />

Hochschule Freiburg tätig.<br />

Dem Grundschulverband bin ich bereits als<br />

Studentin in den 1980ern beigetreten. Die<br />

konsequente konzeptionelle, theoretische<br />

und praxisorientierte Reformarbeit im Grundschulverband,<br />

die bildungspolitischen Aktionen,<br />

immer im Blick auf das Kind, haben mich<br />

beeindruckt und dazu geführt, mich selbst<br />

im Verband zu engagieren. Die »Beiträge zur<br />

Reform der <strong>Grundschule</strong>« – auch die Ausgaben<br />

aus der Anfangszeit – waren bereits<br />

im Studium wichtige Anregungen für meine<br />

eigene berufliche Entwicklung. Im Grundschulverband<br />

arbeitete ich zunächst v. a. in<br />

der Landesgruppe Bayern, in der ich immer<br />

noch aktiv bin, mit, dann auch im Bundesverband<br />

als Delegierte und in verschiedenen<br />

Arbeitsgruppen. Seit 2000 bin ich Fachreferentin<br />

für LehrerInnenbildung.<br />

Wesentlich ist für mich im Grundschulverband<br />

die Verknüpfung von bildungspolitischer<br />

und konstruktiver inhaltlicher<br />

Arbeit. Immer wieder, immer in Bezug auf<br />

die <strong>aktuell</strong>e Situation in der Bildungslandschaft<br />

und Gesellschaft suchen Delegierte,<br />

Vorstand und FachreferentInnen gemeinsam<br />

nach neuen inhaltlichen Schwerpunkten, die<br />

für die Reform der <strong>Grundschule</strong> wichtig sind.<br />

Diese Themen werden auf verschiedenen<br />

Ebenen vernetzt bearbeitet, was die Arbeit<br />

sehr spannend macht und auch eine Besonderheit<br />

darstellt: Forschung, Schul praxis,<br />

Lehrerbildung und Schulreform werden aufeinander<br />

bezogen. Nach unserer intensiven<br />

Arbeit an »Pädaogischer Leistungskultur«<br />

möchte ich mich gerne auch an künftigen<br />

Vorhaben beteiligen.<br />

Angesichts der zurzeit großen Veränderungen<br />

in der LehrerInnenbildung, die sich v. a.<br />

im Strukturellen zeigen (Umstellung der<br />

Studiengänge auf BA/MA) werde ich mich<br />

weiterhin im Grundschulverband vor allem<br />

damit beschäftigen, wie Qualität in der<br />

LehrerInnenbildung – inhaltlich und in Bezug<br />

auf die Rahmenbedingungen – erreicht und<br />

gesichert werden kann.<br />

Fachreferat: Grundschulforschung<br />

<strong>Grundschule</strong> und Wissenschaft: Wir<br />

werden wichtige praxisbedeutsame<br />

Forschungs arbeiten unterstützen und<br />

die Ergebnisse verbreiten. Die Zusammenarbeit<br />

mit Forscherinnen und Forschern<br />

ist dabei ein wichtiges Anliegen.<br />

Prof. Dr. Friederike Heinzel<br />

Jahrgang 1962. Ich bin in Saarbrücken<br />

geboren, im Saarland zur Schule gegangen<br />

und aufgewachsen. Nach dem Abitur (1981)<br />

schloss sich ein Lehramts- und dann ein<br />

Promotionsstudium in Marburg an. In dieser<br />

Zeit sind auch meine beiden Kinder geboren,<br />

Philipp (1984) und Mirko (1993). Es folgten<br />

Promotion (1995) in Marburg und Habilitation<br />

(2001) in Halle.<br />

Ich war in verschiedenen pädagogischen<br />

Praxisfeldern tätig: an <strong>Grundschule</strong>n, an<br />

Hochschulen, in der Lehrerbildung, in der<br />

Frauenbildung und in der Hochschuldidaktik.<br />

Von 1996 bis 2002 war ich als Wissenschaftliche<br />

Assistentin am Institut für Grundschulpädagogik<br />

der Martin-Luther-Universität<br />

Halle-Wittenberg. Seit 2003 bin ich Professorin<br />

für Erziehungswissenschaft mit dem<br />

Schwerpunkt Grundschulpädagogik an der<br />

Universität Kassel.<br />

In der Lehre und Forschung geht es mir<br />

da rum, die Perspektiven der Kindheitsforschung<br />

und Grundschulpädagogik zu verbinden.<br />

Mein Forschungsinteresse richtet sich<br />

auf den Alltag von Schule und Unterricht.<br />

Als Referentin des Fachreferats »Grundschulforschung«<br />

möchte ich zu einem gewinnbringenden<br />

Austausch zwischen Praxis und<br />

Forschung im Bereich der Grundschulpädagogik<br />

beitragen<br />

Fachreferat: Schule in der Einen Welt<br />

Projekt des Grundschulverbandes:<br />

Aspekte internationaler Bezüge im Unterricht<br />

sowie internationale Vergleiche von<br />

Bildungssystemen kommen hier zum<br />

Tragen. Themen aus dem Lernbereich<br />

»Eine Welt«, Fragen zu internationalen<br />

Schulpartnerschaften sowie der Kulturenvielfalt<br />

in unseren Schulen und generell<br />

der Umgang mit der »Globalisierung«<br />

bilden den Schwerpunkt der Arbeit.<br />

Andrea Pahl<br />

Ich bin 1966 in Bremen geboren, dort zur<br />

Schule gegangen und habe ebenfalls in<br />

Bremen 1986 Abitur gemacht. Da ich auf<br />

alle Fälle beruflich »etwas Soziales« machen<br />

wollte, habe ich erstmal ein freiwilliges<br />

soziales Jahr mit Ausbildung zur Schwesternhelferin<br />

und Hauskrankenpflegerin absolviert.<br />

Anschließend folgte ein Lehramtsstudium<br />

und 1992 das erste Staatsexamen für das<br />

Grundschullehramt an der Universität<br />

Bremen. Während des Studiums lernte ich<br />

das Projekt »Eine Welt in der Schule« kennen<br />

und bin dort seit November 1989 tätig.<br />

Die Vielfältigkeit der Aufgaben, die vielen<br />

internationalen Kontakte und vor allem die<br />

Möglichkeit, theoretisch zu arbeiten und<br />

gleichzeitig immer wieder auch praktisch an<br />

unterschiedlichsten Schulen zu unterrichten<br />

bzw. Unterricht zu begleiten fasziniert mich<br />

bis heute an meiner Arbeit. Seit 1992:<br />

■ Regelmäßige bundesweite Planung<br />

und Durchführung von überregionalen und<br />

schulinternen Lehrerfortbildungen<br />

■ Begleitung bzw. Übernahme von Unterricht<br />

bei Unterrichtsprojekten / Projektwochen<br />

zum Lernbereich »Eine Welt«<br />

■ Autorin und Redaktion bei der Zeitschrift<br />

»Eine Welt in der Schule«<br />

■ Durchführung von Lehrveranstaltungen<br />

an der Universität Bremen<br />

■ Erstellung von Texten u. a. für die Misereor<br />

Fastenaktion, für UNICEF und für den Schulwettbewerb<br />

des Bundespräsidenten »Alle für<br />

eine Welt für alle«<br />

■ Durchführung von »Cross-culturetrainings«<br />

im außerschulischen Bereich<br />

■ Mitarbeit bei internationalen Kulturtagen<br />

und Festivals<br />

Schwerpunkt meiner Arbeit ist es, den<br />

Kindern, aber auch Lehrerinnen und Lehrern<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008<br />

23


Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />

die Faszination des Lernbereiches »Eine<br />

Welt« nahe zu bringen bei gleichzeitig<br />

möglichst differenzierter Faktenvermittlung.<br />

Ich möchte Mut machen zu einer eigenen<br />

Kultur, zu eigenen Werten zu finden und<br />

dabei andere Kulturen und Weltsichten als<br />

Bereicherung wahrzunehmen. Schule spielt<br />

für diese Entwicklung eine wichtige Rolle und<br />

sollte unbedingt das ergänzen und differenzieren,<br />

was die Medien vor allem als Exotik<br />

oder Elends-Katastrophenproblematik über<br />

andere Länder und Kulturen vermitteln.<br />

Im August 2006 kam mein Sohn Jonas<br />

Alexander zur Welt, der hoffentlich in den<br />

nächsten zwei Jahrzehnten zu einem selbstbewussten<br />

und offenen Weltbürger heranwächst.<br />

Fachreferat: Sozialpädagogik<br />

Kooperation zwischen Elementar- und<br />

Primar bereich. Dazu gehören die Übergänge,<br />

ihre Gestaltung und Flexibilisierung<br />

ebenso wie die Verzahnung von<br />

s ozialpädagogischer und schulpädagogischer<br />

Arbeit und die Zusammenarbeit<br />

der verschiedenen Profes sionen und deren<br />

Bedingungen.<br />

Eva Hammes-Di Bernardo M.A.<br />

Während dieser Zeit bereitete ich mich<br />

berufsbegleitend auf die erste Teilprüfung<br />

als »Staatlich anerkannte Erzieherin« vor.<br />

Es schloss sich eine fünfjährige Tätigkeit<br />

als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der<br />

Universität des Saarlandes als Projektreferentin<br />

für »Grenzüberschreitende deutschfranzösische<br />

Studien« der Universitäten<br />

Saarbrücken und Metz an, ich war verantwortlich<br />

für die Planung und Verwaltung des<br />

französischen Diplomabschlusses »Licence<br />

de Lettres Modernes« und Lehrbeauftragte in<br />

der Romanistik und für das Auslandsamt.<br />

1994 kehrte ich wieder zu meinem ursprünglichen<br />

Arbeits- und Forschungsschwerpunkt<br />

zurück, der Bildung und Erziehung in der<br />

frühen Kindheit im internationalen Vergleich,<br />

der Sprachentwicklung und der interkulturellen<br />

Erziehung. Ich wurde Projektleiterin<br />

für das saarländische Sozialministerium für<br />

den Bereich »Zweisprachige deutsch-französische<br />

Erziehung im Kindergarten«, anschließend<br />

leitete ich das Referat Kindertageseinrichtungen<br />

beim Landesjugendamt Saarland,<br />

zusätzliche Arbeitsschwerpunkte neben den<br />

Auf gaben laut KJHG waren die zweisprachige<br />

und interkulturelle Erziehung im Kindergarten,<br />

die Entwicklung des pädagogischen<br />

Kon zeptes für die zweisprachigen deutschfranzösischen<br />

Kindergärten im Saarland, der<br />

Aufbau und die Koordination des Projektes<br />

und seiner Begleitung.<br />

Seit Juli 2001 arbeite ich als Fachreferentin für<br />

Sprachentwicklung, frühkindliche Zweisprachigkeit<br />

und Bildungsfragen im Kindergarten<br />

im saarländischen Ministerium für Bildung,<br />

Familie, Frauen und Kultur. Zu meinen referatsübergreifenden<br />

Arbeitsfeldern gehört der<br />

Übergang Kindergarten-<strong>Grundschule</strong> und<br />

die Entwicklung eines Sprachenplanes von<br />

der Krippe bis zur Sekundarschule.<br />

Da es für mich sehr wichtig ist, dass es eine<br />

konstruktive Beziehung zwischen Theorie<br />

und Praxis gibt, bin ich weiterhin Lehrbeauftragte<br />

an der Universität des Saarlandes im<br />

Bereich Deutsch als Fremdsprache, Schwerpunkte<br />

u. a.: Frühkindlicher Zweitsprachenerwerb<br />

und ausländische Kinder im Elementar-<br />

und Primarbereich und im Bereich<br />

Romanistik – Methodik und Didaktik der<br />

Fremdsprachenvermittlung, internationale<br />

Pädagogik. Ich arbeite als freie Bildungsreferentin,<br />

habe immer wieder Lehraufträge<br />

an den deutschen Schulen im Ausland und<br />

in internationalen Institutionen. Von 2004<br />

bis 2007 vertrat ich die Bundesrepublik in<br />

der OMEP – Organisation Mondiale pour<br />

l’Éducation Préscolaire.<br />

Ich bin seit 2001 im Vorstand des Pestalozzi-<br />

Fröbel-Verbandes und dessen 1. Vorsitzende<br />

seit 2004. Neben zahlreichen Artikeln für verschiedene<br />

Fachzeitschriften habe ich mehrere<br />

Fachbücher veröffentlicht, u. a. zusammen<br />

mit Angelika Speck-Hamdan die Lose-Blatt-<br />

Sammlung »Vom Kindergarten in die <strong>Grundschule</strong>:<br />

den Übergang gemeinsam gestalten«.<br />

Im Grundschulverband möchte ich mich<br />

für eine Annäherung der beiden wichtigen<br />

Systeme Kindergarten und <strong>Grundschule</strong><br />

engagieren, um den Kindern eine größere<br />

Garantie für die Kontinuität in ihrer Bildungsbiografie<br />

zu geben. Eine engagierte Auseinandersetzung<br />

soll es in den nächsten Jahren<br />

auch im Bereich der sozialpädagogischen<br />

Arbeit in und um die <strong>Grundschule</strong> herum<br />

geben.<br />

Jahrgang 1959. Sprach- und Literaturwissenschaftlerin<br />

M. A., ès Lettres Modernes et<br />

Etrangères mit den Schwerpunkten Deutsch<br />

als Fremdsprache und interkulturelle<br />

Erziehung und Kommunikation. Ich bin<br />

verheiratet und habe drei Söhne im Alter von<br />

17 bis 25 Jahren.<br />

Pädagogische<br />

Leistungskultur<br />

jeder Band 17 Euro, für Mitglieder 13 Euro<br />

Band 121<br />

ISBN 3-930024-94-2<br />

Best.-Nr. 1079<br />

Nach einem Studium der Germanistik,<br />

Romanistik (Französisch und Italienisch) und<br />

Ethnologie / Anthropologie in Deutschland<br />

und Frankreich war ich verantwortliche<br />

Projekt leiterin für den Bildungsausschuss<br />

des italienischen Konsulates im Saarland und<br />

dessen Programme für die bilinguale und<br />

bikulturelle Integration italienischer Kindergartenkinder.<br />

Band 118<br />

ISBN 3-930024-87-X<br />

Best.-Nr. 1076<br />

Band 119<br />

ISBN 3-930024-88-8<br />

Best.-Nr. 1077<br />

Band 124<br />

ISBN 3-930024-96-9<br />

Best.-Nr. 1082<br />

24 GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008


Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />

Gelassen, aber nicht geruhsam<br />

Prof. Dr. Rudolf Schmitt wurde Ehrenmitglied<br />

Mit der Auszeichnung: Ehrenmitglied<br />

geht der Grundschulverband<br />

sparsam um. Sie soll<br />

eine Auszeichnung bleiben für ganz<br />

besondere langjährige Verdienste um den<br />

Grundschulverband.<br />

Nun verabschiedete sich Prof. Dr. Rudolf<br />

Schmitt aus der Verbandsarbeit und die<br />

Delegiertenversammlung wählte ihn einstimmig<br />

zum Ehrenmitglied.<br />

Seit 1983 war Rudolf Schmitt Mitglied<br />

des Bundesvorstandes. Von 1986 bis 2000<br />

war er Geschäftsführender Vorsitzender.<br />

Danach wirkte er als Fachreferent für das<br />

Projekt »Eine Welt in der Schule« bis zum<br />

Mai dieses Jahres im Verband mit.<br />

Unaufgeregt und gelassen – so hatte er<br />

den Verband vierzehn Jahre lang geleitet.<br />

Gelassen, aber nicht geruhsam. Dagegen<br />

stand dreierlei:<br />

Erstens der Blick von Rudolf Schmitt auf<br />

die Kinder und die wenig kindgerechte<br />

Schule.<br />

Zweitens <strong>aktuell</strong>e Entwicklungen und Einsichten,<br />

die zwar die veränderte Kindheit<br />

und die Verschiedenheit der Kinder hervorhoben,<br />

aber schulpolitisch nicht zu den<br />

entsprechenden Konsequenzen fanden.<br />

Und drittens die Notwendigkeit, den<br />

Arbeitskreis <strong>Grundschule</strong> der siebziger und<br />

achtziger Jahre zu einem Verband umzugestalten,<br />

um öffentlich mehr mediale und<br />

politische Aufmerksamkeit und Schlagkraft<br />

zu erreichen.<br />

Das letztere führte nach langen verbandsinternen<br />

Diskussionen zu einer neuen<br />

Satzung und einem neuen Namen, nämlich<br />

»Grundschulverband«.<br />

Für die beiden anderen Punkte erwirkte er<br />

Zustimmung und Mitarbeit unter anderem<br />

zu drei Großveranstaltungen:<br />

■ 1989 Bundesgrundschulkongress zum<br />

Thema »Veränderte Kindheit« mit dem<br />

Frankfurter Manifest als Abschluss und<br />

Fanal;<br />

■ 1995 Bundesgrundschulkonferenz in<br />

Berlin zum Thema: »Zukunft der Kinder«<br />

mit dem Berliner Memorandum zur<br />

Veränderung der <strong>Grundschule</strong> als Antwort<br />

auf gesellschaft liche Umbrüche;<br />

■ 1999 Bundesgrundschulkongress zum<br />

Thema: »Vielfalt in der Gemeinsamkeit« mit<br />

der Frankfurter Erklärung, in der die Verschiedenheit<br />

der Kinder als pädagogischer<br />

Gewinn und Aufgabe zugleich verstanden<br />

wurde.<br />

(Für Interessenten: Die Inhalte und Ergebnisse<br />

dieser drei Groß veranstaltungen sind<br />

jeweils in Bänden des Grundschulverbandes<br />

dokumentiert.)<br />

Bereits bevor Rudolf Schmitt Mitglied<br />

im Vorstand wurde, hatte er 1979 zusammen<br />

mit dem Gründer unseres Verbandes,<br />

Erwin Schwartz, ein Projekt aus der Taufe<br />

gehoben, das längst Schulgeschichte<br />

gemacht hat: »Eine Welt in der Schule«.<br />

Unter Leitung von Rudolf Schmitt wurden<br />

Materialien erarbeitet, Fortbildungen<br />

durchgeführt, Themenkisten gepackt und<br />

Rudolf Schmitt stellte<br />

sich auf der Delegiertenversammlung<br />

im Mai 2008 für<br />

das Fachreferat »Welt in der<br />

Schule« nicht mehr zur Wahl.<br />

Er verabschiedete sich nach<br />

mehr als 22-jähriger aktiver<br />

Arbeit in den Gremien des<br />

Grundschul verbandes. Wegen<br />

seiner besonderen Verdienste<br />

um den Aufbau, die Förderung<br />

und Gestaltung des Grundschulverbandes<br />

verlieh die<br />

Delegierten versammlung<br />

Prof. Dr. Rudolf Schmitt die<br />

Ehrenmitgliedschaft.<br />

(links: Rudolf Schmitt, rechts<br />

im Bild: Horst Bartnitzky)<br />

an Schulen verschickt, die dies Anliegen<br />

hatten: Kinder hierzulande für Lebenssituationen<br />

in anderen Teilen dieser Erde<br />

zu interessieren und zu sensibilisieren.<br />

Inzwischen ist dieses Projekt längst über<br />

die Zielgruppe der Grundschulkinder hinausgewachsen<br />

– weiter bis Klasse 10 und<br />

zurück in die Kindertagesstätten. Es ist<br />

aber ein Projekt des Grundschulverbandes<br />

geblieben.<br />

Dass Rudolf Schmitt außerdem fünfzehn<br />

Jahre lang die Mitgliederbände des Grundschulverbandes<br />

verantwortlich herausgab,<br />

sei nur noch angefügt.<br />

Der Grundschulverband ist Rudolf<br />

Schmitt für seine langjährige und langfristig<br />

wirksame Arbeit zu besonderem<br />

Dank verpflichtet. Die Ehrenmitgliedschaft<br />

ist dafür ein äußerliches Zeichen.<br />

Dr. Horst Bartnitzky<br />

Vorsitzender des Grundschulverbandes<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008<br />

25


Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />

Nachrichten aus dem Bundesverband<br />

BundesGrundschulKongress »Allen Kindern gerecht werden«<br />

Frankfurt / M., 11. und 12. September 2009<br />

neue Zeit, neuer Ort!<br />

Frankfurt / Main, Campus Westend:<br />

Wo der Bundesgrundschulkongress<br />

stattfinden wird<br />

Horst Bartnitzky berichtet:<br />

»Wir fuhren zum ›Campus Westend‹ der Frankfurter Universität.<br />

Der nämlich ist als ›Tatort‹ für unseren Bundesgrundschul<br />

kongress 2009 vorgesehen.<br />

Ein eindrucksvoller Ort: Auf einem Hügel liegend ein<br />

Gebäude ensemble – Anfang der dreißiger Jahre im Bauhaus-<br />

Stil gebaut. Außen Sandstein in verschiedenen hellen Brauntönen,<br />

Glas, innen Holzvertäfelung, oft Parkett. Vor wenigen<br />

Jahren nach Auszug der Amerikaner grund saniert. Ein<br />

Schmuckstück. Die Räumlichkeiten für unseren Kongress<br />

liegen alle nah beieinander, sind rasch und gut zu finden,<br />

zentral das Eingangsforum für Empfang und Ausstellungen,<br />

große Mensa mit gutem Essen, mehrere Cafeterias. Die<br />

Räume fassen 70 bis 150 Leute, der große Saal 600, das neue<br />

Gebäude hat im Auditorium Platz für 1200 Menschen.«<br />

Wettbewerb »Alle für Eine Welt für Alle«.<br />

Preisträger durch Bundespräsident Horst Köhler ausgezeichnet<br />

Der erste Preis ging an die Klassen 3a und<br />

3b der <strong>Grundschule</strong> Atter (Osnabrück), mit<br />

dem Beitrag »Wir sind Kinder einer Welt«.<br />

Die Kinder dieser Klassen pflegen eine intensive<br />

Patenschaft zu Schulen im afrikanischen<br />

Malawi. Ihre Erfahrungen und persönlichen<br />

Briefkontakte mit den Partnerschulen haben<br />

sie in Sachtexten, lyrischen Texten und<br />

Fotos zusammengetragen. Die Verbindung<br />

der Schule mit den Menschen in Malawi ist<br />

inzwischen so stark, dass sie eine Skulptur,<br />

die »Welt-Nana« in der Schulaula aufgebaut<br />

haben.<br />

Den zweiten Preis erhielt die Thomas-Morus-<br />

Schule in Münster mit dem Beitrag »Kinder<br />

bauen eine Brücke«. Die Schule stellt mit diesem<br />

Beitrag ihr <strong>aktuell</strong>es Partnerschaftsprojekt<br />

»arco iris« (= Regenbogen) zwischen<br />

Deutschland und Brasilien vor. Dieses Projekt<br />

setzt sich aus vielen Einzelbausteinen zusammen<br />

und bildet eine Brücke zwischen Münster<br />

und Timbiras (Brasiien).<br />

Der dritte Preis ging an die Papageno-<strong>Grundschule</strong><br />

in Berlin mit dem Beitrag »Kinder ha-<br />

ben Rechte«. Die Kinder haben an ihrer <strong>Grundschule</strong><br />

verschiedene Aktionen zum Thema<br />

»Kinderrechte« veranstaltet. Sie organisierten<br />

einen dreimonatigen Workshop, führten Interviews<br />

und Umfragen unter ihren Mitschülern<br />

durch oder schrieben Hörspiele zum Thema.<br />

Wettbewerb »Alle für Eine Welt für Alle«.<br />

Bundespräsident Horst Köhler gratuliert den<br />

Gewinnern der Kategorie 1 (1. – 4. Klasse).<br />

Siehe auch unser »Tagebuch« auf S. 2.<br />

26 GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008


Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />

… aus den Landesgruppen<br />

Baden-Württemberg<br />

Anschrift: Dipl.-Päd. Adolf Messer, Stockacker 15, 79252 Stegen, www.gsv-bw.de<br />

Der alte Vorstand ist – fast –<br />

der neue!<br />

Anlässlich der ordentlichen Mitgliederversammlung<br />

der Landesgruppe<br />

legte der Vorstand seinen<br />

durchaus sehenswerten Arbeitsbericht<br />

über die vergangene<br />

Legislaturperiode vor. Als Folge<br />

wurde der Vorstand einstimmig<br />

entlastet. Bernd Rechel sprach<br />

den Dank der Mitglieder für die<br />

geleistete Arbeit aus. Er leitete<br />

auch die Neuwahl, bei der der<br />

neue Vorstand wie folgt besetzt<br />

wurde: Vorsitzender weiterhin<br />

Hans-Joachim Fischer; Stellvertreter:<br />

Angela Berkenhoff und<br />

– neu – Frau Prof. Dr. Brinkmann;<br />

Schatzmeisterin: Gerlinde<br />

Straub; Pressereferent: Edgar<br />

Bohn; Beisitzer: Magdalene<br />

Haug (auch Delegierte), Adolf<br />

Messer, Gabriele Doderer,<br />

Annette Pohl und (neu) Frau<br />

Prof. Dr. Benz.<br />

Aus langjähriger Vorstandsarbeit<br />

verabschiedet wurden Gerhard<br />

Haug und Kurt Meiers. Eine<br />

Reihe von Anregungen zur weiteren<br />

Arbeit wurde dem Vorstand<br />

mit auf den Weg gegeben, der<br />

die Aufgaben in einer konstituierenden<br />

Sitzung im Juni angehen<br />

wird.<br />

Prof. Dr. Kurt Meiers<br />

verabschiedet<br />

Der Vorstand nützte den Grundschultag<br />

und die anschließende<br />

Mitgliederversammlung, um<br />

Prof. Dr. Kurt Meiers aus dem<br />

Vorstand der Landesgruppe zu<br />

verabschieden. Meiers war im<br />

Gründungsvorstand des Bundesverbands,<br />

engagierte sich von<br />

Anfang an in der Landesgruppe<br />

Baden-Württemberg, baute diese<br />

wesentlich mit auf und blieb ihr<br />

bis jetzt treu verbunden. Prof.<br />

Dr. Gabriele Faust würdigte sein<br />

Wirken in Worten und Bildern<br />

aus den Anfängen bis heute. Mit<br />

einem Ständchen und einem<br />

würdigen Präsent dankte der Vorstand<br />

für die stets konstruktive,<br />

weitblickende Unterstützung, die<br />

mit höchster Fachkompetenz und<br />

menschlicher Wärme einzigartig<br />

gepaart war. In bewegten Worten<br />

dankte der Geehrte und versprach:<br />

»Ich stehe euch auch weiterhin<br />

beratend zur Verfügung.«<br />

Dies versüßte den Abschied für<br />

den Vorstand der Landesgruppe<br />

erheblich.<br />

Kindergarten und <strong>Grundschule</strong><br />

– auf dem Weg zu gemeinsamer<br />

Bildungsverantwortung?<br />

Eine Reihe von Fachtagungen der<br />

Landesgruppe hatte sich bereits<br />

Aspekten der gemeinsamen Bildungsverantwortung<br />

gewidmet.<br />

Prof. Dr. Fischer machte bei seiner<br />

Begrüßung zum Grundschultag<br />

der Landesgruppe deutlich,<br />

dass in diesem Bereich in der<br />

Bildungspolitik im Lande vieles<br />

in Bewegung sei und die Gräben<br />

zwischen Elementarpädagogik<br />

und <strong>Grundschule</strong> langsam überbrückt<br />

würden.<br />

Für den Grundschultag waren<br />

mit Prof. Dr. Schäfer (Uni Köln)<br />

und Prof. Dr. Röbe (PH Ludwigsburg)<br />

zwei hochkarätige Referenten<br />

gewonnen worden. Schäfer<br />

machte deutlich, dass es in der<br />

Bevölkerung kaum ein Bewusstsein<br />

über die Bedeutung frühkindlicher<br />

Bildung gäbe und<br />

dies leider – jedenfalls dann,<br />

wenn es um Ressourcenzuteilung<br />

gehe – auch bei Politikern<br />

nicht anders sei. An plastischen<br />

Bild- und Filmbeispielen zeigte<br />

er auf, wie frühkindliche Bildung<br />

geschaffen sein sollte: Sie muss<br />

von der konkreten Erfahrung in<br />

der Lebens-Welt der Kinder ausgehen<br />

und diese vielfältig aufgreifen<br />

und bearbeiten lassen.<br />

Röbe stimmte dem aus der Perspektive<br />

des Schriftspracherwerbs<br />

im Primarbereich zu. Ihre<br />

Forderung – fast identisch mit<br />

der Schäfers: Kinder müssen<br />

sich in (sprach)anregungsreicher<br />

Umgebung bewegen und erfahren<br />

können. Der Kindergarten<br />

hat insofern keine Vorläuferfunktion<br />

für die <strong>Grundschule</strong>, er kann<br />

nicht gezielt und explizit auf den<br />

Schriftspracherwerb vorbereiten.<br />

Genau dies – so ihre Auffassung<br />

– würde jedoch durch die derzeit<br />

in Kindergärten weit verbreiteten<br />

Materialien suggeriert. Hier<br />

müssten Gegenmodelle greifen,<br />

wozu sie auch konkrete Anregungen<br />

gab. Diese – sowie die<br />

wesentlichen Aussagen Schäfers<br />

– werden demnächst auf der<br />

Homepage der Landesgruppe zu<br />

finden sein.<br />

(für die Landesgruppe: Edgar Bohn)<br />

Neuordnung der Ausbildung für<br />

das Lehramt an <strong>Grundschule</strong>n in<br />

Baden-Württemberg<br />

Am 2. 4. 2008 legte das Kultusministerium<br />

ein Eckpunkte papier<br />

vor, das die Ausbildung von<br />

Grund-, Haupt- und Realschulen<br />

neu ordnen soll. Für die <strong>Grundschule</strong><br />

ergeben sich danach<br />

wichtige Veränderungen. Dazu<br />

gehören vor allem die Auflösung<br />

des bisherigen GHS-Verbundlehramtes<br />

und die Einführung eines<br />

eigenständigen Primarlehramtes.<br />

Insgesamt korrigiert der Entwurf<br />

einige falsche Weichenstellungen,<br />

indem er die komplexen<br />

und spezifischen Aufgaben- und<br />

Handlungsfelder der <strong>Grundschule</strong><br />

stärker berücksichtigt. Damit<br />

erfüllt er ein zentrales Anliegen<br />

der Landesgruppe. Zusammen<br />

mit den Entwicklungen, die zur<br />

Prof. Dr. Kurt Meiers (4. v. l.) wurde<br />

mit einer Feier aus dem Vorstand der<br />

Landes gruppe verabschiedet<br />

Einrichtung von BA-Studiengängen<br />

an allen Pädagogischen<br />

Hochschulen des Landes geführt<br />

haben, werden hier wichtige Verbesserungen<br />

für die Bildung von<br />

Kindern angestoßen. Dennoch<br />

gibt es konzeptionelle Probleme,<br />

die die Landesgruppe in einem<br />

Positionspapier anspricht.<br />

1. Die Trennung von Grundschulund<br />

Hauptschullehramt ermöglicht<br />

einerseits eine spezifischere<br />

Berücksichtigung des<br />

Aufgabenzusammenhangs der<br />

<strong>Grundschule</strong>. Dazu gehört auch,<br />

dass eine Brücke zum Elementarbereich<br />

geschlagen wird. Es fällt<br />

aber auf, dass an eine entsprechende<br />

Brücke zur Sekundarstufe<br />

nicht mehr gedacht wird.<br />

2. Die Brücke zum Elementarbereich<br />

darf sich nicht nur auf den<br />

Aspekt Schulfähigkeit oder auf<br />

organisatorische Aspekte (Bildungshäuser)<br />

beziehen. Sie darf<br />

nicht nur die Nahtstellen und<br />

Übergänge ins Auge fassen,<br />

sondern sollte gemeinsame<br />

Bildungsgrundlagen ins Auge<br />

fassen.<br />

3. Dass das Studium für das<br />

Grundschullehramt länger als<br />

6 Semester betragen muss, ist<br />

eine alte Forderung der Landesgruppe.<br />

Insofern ist die Erweiterung<br />

auf 210 ECTS bzw. 140 SWS<br />

zu begrüßen. Allerdings ist die<br />

Höherbewertung der Sekundarstufe<br />

gegenüber der Primarstufe<br />

durch eine längere Studiendauer<br />

(8 statt 7 Semester) in der Sache<br />

ein Anachronismus.<br />

4. Das Studium für das Lehramt<br />

an <strong>Grundschule</strong>n sollte, wie das<br />

für die anderen Lehrämter auch,<br />

anschlussfähig sein für eine<br />

Promotion. Das ist unerlässlich,<br />

um zukünftigen wissenschaftlichen<br />

Nachwuchs in diesem<br />

Bereich zu ermöglichen.<br />

5. Es wird die Chance verpasst,<br />

das Gymnasium in die Reform der<br />

Ausbildung zum Sekundarstufenlehramt<br />

mit einzubeziehen. Hier<br />

besteht die größte pädagogische<br />

Kluft zur <strong>Grundschule</strong>.<br />

6. Dass eine »breit angelegte<br />

Ausbildung« angestrebt wird,<br />

die auf »die Entwicklung der<br />

Personalkompetenz« Rücksicht<br />

nimmt und eine »Abkehr vom<br />

Fortsetzung auf Seite 28<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008<br />

27


Grundschulverband <strong>aktuell</strong><br />

… aus den Landesgruppen<br />

Baden-Württemberg<br />

Fortsetzung von Seite 27<br />

Bayern<br />

Vorsitzende: Dr. Gudrun Schönknecht, Pfirsichweg 37b, 86169 Augsburg<br />

klassischen Fächerstudium« ins<br />

Auge fasst, ist zu begrüßen.<br />

Allerdings darf das nicht den<br />

Standard einer wissenschaftlichen<br />

Ausbildung gefährden.<br />

7. Die hohe Bedeutung schulpraktischer<br />

Studien muss erhalten<br />

bleiben. Dazu gehört, dass<br />

weiterhin die bisherige intensive<br />

wissenschaftliche Betreuung von<br />

Studierenden durch Lehrende<br />

gewährleistet wird.<br />

8. Die grundlegende Ausbildung<br />

der LehrerInnen in der ersten<br />

Phase muss darauf bezogen werden,<br />

wie es in der zweiten und<br />

dritten Phase weitergehen soll.<br />

9. Das Grundmodul »Malen,<br />

Singen, Bewegen« sollte in dieser<br />

Form nicht in die Ausbildung<br />

eingehen. Ästhetische Bildung<br />

ist ein zentraler und unverzichtbarer<br />

Bestandteil der <strong>Grundschule</strong><br />

und damit auch der<br />

Ausbildung der dort Lehrenden.<br />

Sie bedarf aber einer sorgfältigen<br />

und anspruchsvollen Grundlegung<br />

innerhalb eines musischästhetischen<br />

Studiums auf<br />

wissenschaftlicher Grundlage.<br />

10. Eine Aufspaltung des Sachunterrichts<br />

in zwei getrennte<br />

Domänen sollte so nicht durchgeführt<br />

werden. Stattdessen<br />

sollte der Sachunterricht als ein<br />

Lernbereich ausgewiesen werden.<br />

Eine naturwissenschaftliche bzw.<br />

sozialwissenschaftliche Schwerpunktbildung<br />

kann nachträglich<br />

über die zusätzliche Vertiefung<br />

vorgenommen werden.<br />

(für die Landesgruppe:<br />

Hans-Joachim Fischer)<br />

Wahl des neuen Vorstands<br />

Am Freitag, 20. 6. 08 fand im<br />

Haus St. Ulrich in Augsburg<br />

die Mitgliederversammlung<br />

mit Wahl der neuen Landesgruppe<br />

Bayern im GSV statt.<br />

Die Veranstaltung begann um<br />

15 Uhr mit einem offenen<br />

Fortbildungsangebot für alle<br />

Lehrkräfte zum Thema »Lerngespräche<br />

führen in einer<br />

pädagogischen Leistungskultur«.<br />

Dabei war der Inhalt<br />

zugleich »Methode«. Alle<br />

Anwesenden kamen – angeregt<br />

durch eine PowerPoint-<br />

Präsentation – miteinander<br />

ins Gespräch über die Möglichkeiten,<br />

Lerngespräche zu<br />

initiieren und zu begleiten<br />

zwischen Kindern, zwischen<br />

Lehrkräften und Kindern sowie<br />

zwischen Lehrkräften, Kindern<br />

und deren Eltern. Dabei wurden<br />

Beispiele aus der Unterrichtspraxis<br />

aller Jahrgangsstufen der<br />

<strong>Grundschule</strong> gezeigt. Sowohl<br />

das fachliche Lernen mit eigenen<br />

Zielsetzungen der Schüler und<br />

deren Reflexion wurde dargestellt<br />

und diskutiert als auch der<br />

überfachliche Bereich des Sozial-,<br />

Lern- und Arbeitsverhaltens.<br />

Schließlich wurden Klassenrat<br />

und Klassenversammlung als<br />

eine Möglichkeit aufgezeigt, mit<br />

der Kinder Selbstverantwortung<br />

für ihr Leben und Lernen in der<br />

Schule übernehmen können.<br />

Nach einer Kaffeepause, in der<br />

unter anderem der Impuls »Neue<br />

Mitglieder im GSV gewinnen« in<br />

Gesprächen aufgegriffen wurde,<br />

gab der bisherige Landesgruppenvorstand<br />

einen Bericht seiner<br />

Tätigkeit der vergangenen vier<br />

Jahre und stellte hierbei vor allem<br />

die Gründung bzw. Fortführung<br />

von insgesamt fünf Regionalgruppen<br />

dar. Alle Regionalgruppen<br />

freuen sich über neue Mitglieder,<br />

um gemeinsam an der<br />

Gestaltung einer innovativen<br />

<strong>Grundschule</strong> mit »Pädagogischer<br />

Leistungskultur« zu arbeiten.<br />

Ansprechpartner sowie Termine<br />

dazu können u. a. auf der neu<br />

erstellten Homepage der Landesgruppe<br />

www. grundschulverbandbayern.de<br />

gefunden werden.<br />

Der Landesgruppenvorstand Bayern von links nach rechts:<br />

Bianca Ederer, Fred Völker, Gabriele Klenk, Dr. Gudrun Schönknecht,<br />

Renate Eggert-Vockerodt, Petra Hiebl, Dr. Mahrhofer-Bernt, Katja Entfellner<br />

Schließlich wurde der neue<br />

Landesgruppenvorstand gewählt.<br />

Frau Dr. Angelika Speck-Hamdan<br />

war schon während des<br />

letzten Jahres aus der Arbeit der<br />

Landesgruppe ausgeschieden.<br />

Die Landesgruppe bedankt sich<br />

bei ihr noch einmal ganz herzlich<br />

für die gute Zusammenarbeit<br />

über viele Jahre hinweg. Nach der<br />

Zustimmung der Mitgliederversammlung<br />

wurde der Landesgruppenvorstand<br />

auf acht Mitglieder<br />

erhöht. Dies ist für einen<br />

Flächenstaat wie Bayern mit fünf<br />

Regionalgruppen von Bedeutung,<br />

um vor Ort wirksam sein zu<br />

können. Neben den bisherigen<br />

Mitgliedern des Vorstandes<br />

Dr. Gudrun Schönknecht<br />

(Vorsitzende), Gabriele Klenk<br />

(Landesdelegierte), Bianca<br />

Ederer (Ersatzdelegierte),<br />

Renate Eggert-Vockerodt und<br />

Dr. Christina Mahrhofer-Bernt<br />

wurden Katja Entfellner, Petra<br />

Hiebl und Fred Völker neu in<br />

den Landesgruppenvorstand<br />

gewählt. Der neue Vorstand wird<br />

noch während der Sommerferien<br />

in einer eintägigen Klausur die<br />

inhaltliche Planung der nächsten<br />

vier Jahre vornehmen. Schon<br />

während der Mitgliederversammlung<br />

gab es Wünsche nach<br />

»Grundschul tagen« in verschiedenen<br />

Regionen. Der neue<br />

Landesgruppenvorstand freut<br />

sich besonders, durch die unterschiedlichen<br />

Arbeitsgebiete<br />

seiner Mitglieder, die neben<br />

Klassenlehrer- und Schulleitertätigkeiten<br />

auch Ausbildungsund<br />

Fortbildungstätigkeiten<br />

umfassen, Ansprechpartner sein<br />

zu können für möglichst viele<br />

Menschen in Bayern, denen die<br />

Weiterentwicklung der <strong>Grundschule</strong><br />

in einer pädagogischen<br />

Leistungskultur am Herzen liegt.<br />

(für die Landesgruppe:<br />

Gabriele Klenk, Schwabach)<br />

Regionalgruppe Unterfranken:<br />

Themenschwerpunkt und<br />

Erfahrungsaustausch:<br />

Portfolio im Sinne eines Lernentwicklungsberichtes<br />

Freitag, 24. Okt. 2008,<br />

15 Uhr in der Mönchberg-Schule<br />

Würzburg,<br />

Richard-Wagner-Straße 62,<br />

97074 Würzburg.<br />

Mitglieder und Interessierte sind<br />

willkommen!<br />

Fred Völker, Landesgruppe Bayern<br />

28 GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008


Grundschulverband <strong>aktuell</strong> … aus den Landesgruppen<br />

Berlin<br />

Kontakt: Ing rid Kornmesser, Kohlfurter Str. 4, 10999 Berlin; www.gsv-berlin.de<br />

Vergebliche Stimmungsmache<br />

gegen 6-jährige <strong>Grundschule</strong><br />

Die Gegner des längeren gemeinsamen<br />

Lernens scheinen zunehmend<br />

Angst davor zu haben, dass<br />

das gegliederte deutsche Schulsystem<br />

zum Auslaufmodell wird.<br />

Anders ist kaum zu erklären,<br />

warum Prof. Rainer Lehmann<br />

und Teile der Printmedien mit<br />

nicht einmal halbrichtigen Interpretationen<br />

von Daten der Lehmannschen<br />

Element-Studie die<br />

sechsjährige Berliner <strong>Grundschule</strong><br />

abzuwerten suchen. DIE<br />

ZEIT hat inzwischen ihre Behauptung,<br />

die sechsjährige <strong>Grundschule</strong><br />

sei gescheitert, ausdrücklich<br />

»widerrufen«. Christian<br />

Füller kommentiert in der taz<br />

den Vorgang so: »Lehmann wird<br />

als Münchhausen und Scharlatan<br />

in die Geschichte eingehen. In der<br />

sogenannten Element-Studie stehen<br />

teils ganz andere Befunde,<br />

als der Professor sie verbreitete.«<br />

Und der Berliner Bildungssenator<br />

stellt per Pressemitteilung klar,<br />

diese Studie belege, dass leistungsstarke<br />

Schülerinnen und<br />

Schüler an den <strong>Grundschule</strong>n<br />

höhere Leistungszuwächse erreichen<br />

als in den 5. und 6. Klassen<br />

der sogenannten grundständigen<br />

Gymnasien. Die fundierten<br />

Stellungnahmen des Grundschulverbandes<br />

(www.grundschulverband.de)<br />

haben wesentlich dazu<br />

beigetragen, dass der unseriöse<br />

Versuch des Bildungsforschers<br />

Lehmann, mit seinen fragwürdigen<br />

Interpretationen bestimmte<br />

bildungspolitische Wirkungen zu<br />

erzielen, ins Leere verpuffte.<br />

Offener Brief an den Senator<br />

Der Landesgruppenvorstand<br />

fordert den Bildungssenator<br />

auf, rechtlich bindend dafür<br />

zu sorgen, dass die bezirklich<br />

zuständigen Schulämter keine<br />

jahrgangsgemischte Lerngruppe<br />

der Schulanfangsphase mit<br />

mehr als 24 Kindern einrichten<br />

können (www.gsv-berlin.de).<br />

(für die Landesgruppe: Peter Heyer;<br />

peterheyer@snafu.de)<br />

3. Forum <strong>Grundschule</strong><br />

Donnerstag,<br />

9. Oktober 2008<br />

17 – 20 Uhr<br />

Thema: Neue Schulanfangsphase.<br />

Versuch einer<br />

Standortbestimmung.<br />

Diskussion <strong>aktuell</strong>er Probleme<br />

und Lösungswege.<br />

Ort: Galilei-<strong>Grundschule</strong> (Kreuzberg),<br />

Friedrichstr. 13 (U-Bahnhof<br />

Hallesches Tor)<br />

Weitere Informationen auf unserer<br />

website.<br />

1. Forum Gemeinschaftsschule<br />

am Mittwoch,<br />

15. Oktober 2008,<br />

18 – 21 Uhr<br />

Veranstalter: Runder<br />

Tisch Gemeinschaftsschule<br />

Berlin<br />

Thema: Gesellschaftspolitische,<br />

wirtschaftliche und pädagogische<br />

Begründung der gemeinsamen<br />

Schule für alle.<br />

Es sprechen:<br />

Prof. Dr. Rita Süssmuth und<br />

Prof. Dr. Matthias v. Saldern.<br />

Ort: Abgeordnetenhaus von<br />

Berlin, Niederkirchnerstr. 3 – 5,<br />

Saal 376<br />

Weitere Informationen:<br />

www.rt-gemeinschaftsschuleberlin.de<br />

Hamburg<br />

Vorsitzende: Susanne Peters, Güntherstraße 10, 22087 Hamburg; susanne.peters@gsvhh.de, www.gsvhh.de<br />

Zusätzliche Lehrerstunden<br />

für 3. und 4. Klassen<br />

Um die Unterrichtsbedingungen<br />

in den teilweise bis zu 30 Schüler<br />

starken 3. und 4.Klassen zu verbessern,<br />

hat der Hamburger<br />

Senat eine Senkung der Basisfrequenz<br />

zum 1. 8. 2008 beschlossen.<br />

Sie wird in besonders belasteten<br />

Schulen von 24 auf 22,<br />

in allen anderen auf 23 Schüler<br />

abgesenkt. Wir begrüßen diese<br />

Entscheidung. Damit wird in<br />

den sozial belasteten Gebieten<br />

allerdings nur eine geringfügige<br />

Angleichung an die Organisationsfrequenz<br />

von 18 erreicht, die<br />

für die Einrichtung der ersten<br />

Klassen gilt. Wir hoffen, dass die<br />

weiteren Schritten zur Verkleinerung<br />

der Klassen wie versprochenen<br />

umgesetzt werden. Nur dann<br />

ist eine bessere Förderung aller<br />

Kinder zu erreichen. Neben der<br />

erfreulichen organisatorischen<br />

Verbesserung darf aber die pädagogische<br />

nicht ausbleiben: der<br />

Verzicht auf Notenzeugnisse ab<br />

Klasse 3 zu Gunsten individueller<br />

Formen der Leistungsrückmeldung<br />

muss für alle Schulen<br />

möglich sein und nicht nur für<br />

einige Versuchsschulen.<br />

Einrichtung von Primarschulen<br />

zum Schuljahr 2010/2011<br />

Der Koalitionsvertrag zwischen<br />

CDU und GAL brachte in Hamburg<br />

die Entscheidung, <strong>Grundschule</strong>n<br />

in Primarschulen umzuwandeln,<br />

in denen alle Kinder 6<br />

oder bei Einbeziehung der Vorschulklasse<br />

7 Jahre gemeinsam<br />

lernen sollen. Erst danach erfolgt<br />

der Übergang in ein Gymnasium<br />

oder die Stadtteilschule.<br />

Damit steht Hamburg vor einer<br />

gravierenden Umstrukturierung<br />

des Schulsystems. Regionale<br />

Planungskonferenzen werden im<br />

Herbst beginnen, die Standortfrage<br />

in den einzelnen Stadtteilen<br />

zu lösen. Es sind keine baulichen<br />

Maßnahmen geplant, so<br />

dass es räumlich zu Kooperationen<br />

der verschiedenen Schulformen<br />

kommen muss. Werden<br />

dann bildungsbewusste Familien<br />

Primarschulen anwählen,<br />

die Räume in Gymnasien nutzen,<br />

und somit eine Schulformentscheidung<br />

schon vor dem Schuleintritt<br />

treffen? Zurzeit muss<br />

auf Grund der Verunsicherung<br />

vieler Eltern mit einer verstärkten<br />

Anwahl der Privatschulen gerechnet<br />

werden. Die Landesgruppe<br />

begrüßt die Einrichtung von<br />

Primarschulen und die grundsätzliche<br />

Entscheidung für längeres<br />

gemeinsames Lernen, bedauert<br />

allerdings, dass diese Reform<br />

ohne Bereitstellung zusätzlicher<br />

Ressourcen erfolgen soll und<br />

weist auf folgende Punkte besonders<br />

hin:<br />

■ Ohne Ressourcen für Räume<br />

und Material kann die Umsetzung<br />

nicht erfolgen; speziell der<br />

Fachraumbedarf muss sich an<br />

den Gymnasien orientieren.<br />

■ Es darf keine soziale Selektion<br />

schon mit Beginn der Einschulung<br />

geben.<br />

(für die Landesgruppe: Marion Lindner)<br />

Vortrag von Frau Professor Dr.<br />

Petra Hanke (Universität<br />

Münster) am Samstag,<br />

1. Nov. 2008, 11 Uhr, im<br />

Rahmen einer Matinée<br />

zur pädagogischen<br />

Leistungskultur.<br />

Nähere Informationen werden<br />

auf der Homepage der Landesgruppe<br />

veröffentlicht.<br />

Die Mitglieder der Landesgruppe<br />

Hamburg erhalten eine Einladung<br />

per Post.<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008<br />

29


Grundschulverband <strong>aktuell</strong> … aus den Landesgruppen<br />

Bremen<br />

Gemeinsamer Vorsitz: Nina Bode-Kirchhoff, Inga Weiland;<br />

www.grundschulverband-bremen.de<br />

Eine Schule der Zukunft<br />

Der ZEB (ZentralElternBeirat)<br />

Bremen hat unter dem Motto<br />

»Die Schule der Zukunft« in<br />

einem 10-Punkte-Programm<br />

Vorgaben formuliert, wie die<br />

qualitative Entwicklung in den<br />

Schulen aus Sicht der Eltern<br />

umgesetzt werden müsste.<br />

Damit will der ZEB eine integrative<br />

Beschulung unter Einbeziehung<br />

aller Bildungsgänge erreichen,<br />

um zu ermöglichen, dass<br />

die »erfolgreiche integrative<br />

Arbeit der <strong>Grundschule</strong>« fortgeführt<br />

werden kann. Die Potenziale<br />

aller Kinder sollen dabei<br />

durch individuelle Förderung und<br />

Forderung ausgeschöpft und die<br />

Kopplung von sozialer Herkunft<br />

und Schulerfolg überwunden<br />

werden.<br />

Zur Umsetzung dieses Reformprozesses<br />

fordern die Eltern eine<br />

überzeugende konzeptionelle<br />

Planung, die über eine Legislaturperiode<br />

hinaus Bestand hat,<br />

die Bereitstellung von Ressourcen<br />

(finanzielle Investitionen;<br />

Zeit und Unterstützung) sowie<br />

begleitende Maßnahmen in der<br />

Lehreraus- und -weiterbildung.<br />

(Ausführlich nachzulesen unter<br />

www.zeb-bremen.de »Schule<br />

der Zukunft« und »10 Punkte-<br />

Programm des ZEB zur Bildungspolitik<br />

in Bremen«)<br />

Auch die Bremer GEW tritt<br />

für ein »gemeinsames Lernen<br />

aller Kinder und Jugendlichen<br />

bis zur 10. Klasse« ein und hat<br />

ein Papier mit dem Titel »Eine<br />

Schule für alle« mit Maßnahmen<br />

zur Umsetzung verabschiedet.<br />

(www.gew-hb.de »Eine Schule<br />

für alle«)<br />

Die Landesgruppe unterstützt<br />

diese beiden Verbände, die sich<br />

damit vehement gegen das derzeit<br />

im Fachausschuss »Schulentwicklungsplanung«<br />

in Bremen<br />

diskutierte und scheinbar von<br />

der Bildungssenatorin Renate<br />

Jürgens-Pieper favorisierte<br />

2-Säulen-Modell – Gesamtschulen<br />

auf der einen und<br />

Gymnasien auf der anderen<br />

Seite – aussprechen.<br />

(für die Landesgruppe:<br />

Nina Bode-Kirchhoff)<br />

Mecklenburg-Vorpommern<br />

Vorsitzender: Ralph Grothe, Hasengang 3, 17309 Pasewalk; ralphgrothe@aol.com<br />

Projekt »Bildungskonzeption<br />

für die Kinder im Alter von<br />

0 – 10 Jahren«<br />

Das Bildungsministerium hat<br />

eine Arbeitsgruppe ins Leben<br />

gerufen, in der neben Vertretern<br />

des Sozialministeriums auch der<br />

GSV aktiv mitarbeitet. Es geht<br />

um die Frage des lebenslangen<br />

Lernens. Dabei liegt der Fokus<br />

auf dem Alter von 0 – 10 Jahren.<br />

Die Arbeitsgruppe entwickelt<br />

Leitlinien ganzheitlicher frühkindlicher<br />

Bildungskonzeptionen,<br />

stimmt die Rahmenpläne von<br />

Kita und <strong>Grundschule</strong> ab.<br />

Der Entwicklung und Implementierung<br />

schulvorbereitender<br />

Förderkonzepte im Bereich<br />

»Sprache« wird dabei hohe Aufmerksamkeit<br />

zukommen.<br />

Die Arbeit in den Horten wird<br />

ebenfalls konzeptionell begleitet.<br />

Die Kindertagesförderung soll<br />

damit den veränderten Anforderungen<br />

sowie neuesten<br />

Erkenntnissen der einschlägigen<br />

Forschung Rechnung tragen.<br />

Anliegen ist es vorrangig, eine<br />

Verbesserung der Qualität der<br />

frühkindlichen Bildung und<br />

Erziehung zu erreichen, um dem<br />

verhängnisvollen Zusammenhang<br />

zwischen sozialer Benachteiligung<br />

und unzureichenden<br />

Bildungschancen entgegenzuwirken.<br />

Immens wichtig ist dabei der Einsatz<br />

von Ressourcen. So kommt<br />

einem kostenlosen Mittagessen<br />

und einer weitaus besseren Ausstattung<br />

unserer Schulen breiter<br />

Raum zu.<br />

Die Landesgruppe arbeitet im<br />

Modellprojekt »Primarstufe«<br />

weiter mit.<br />

Die besondere Förderung von<br />

Kindern mit erheblichen Lernproblemen<br />

wird in einem Modellprojekt<br />

weitergeführt. Dabei hat<br />

die Landesgruppe einen Sitz in<br />

der Arbeitsgruppe.<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

Vorsitzende: Gisela Cappel, Habichtstr. 1d, 58285 Gevelsberg<br />

Delfin 2008 – Sprachstandsfeststellungen<br />

in NRW 2008<br />

Auch das überarbeitete Testverfahren<br />

zur Erfassung der<br />

Sprachentwicklung von Vorschulkindern<br />

nährt weiterhin die Zweifel<br />

an der Sinnhaftigkeit dieses<br />

Überprüfungsinstrumentariums.<br />

Auch wenn nun die Rolle der<br />

Erzieherinnen und Erzieher<br />

durch eine stärkere Berücksichtigung<br />

ihrer Beobachtungen eine<br />

deutliche Aufwertung erfährt,<br />

bleiben in puncto Organisation<br />

(enger Zeitrahmen, sehr kurzfristige<br />

Information) und tatsächliche<br />

Förderung (insbesondere<br />

in der zweiten Stufe des Verfahrens<br />

sind die Messwerte für die<br />

Zuweisung von Fördermitteln<br />

hoch angesetzt) deutliche Kritikpunkte<br />

bestehen.<br />

VERA – Vergleichsarbeiten<br />

in Klasse 3<br />

Die Durchführung der diesjährigen<br />

Vergleichsarbeiten wird<br />

begleitet von kritischen Überlegungen<br />

zur Nutzung der Ergebnisse.<br />

Wie bereits auch im vergangenen<br />

Jahr möglich, sollen<br />

die Ergebnisse in die Leistungsbeurteilung<br />

des einzelnen Kindes<br />

eingehen. Dies steht im eklatanten<br />

Widerspruch zu den Bemühungen<br />

des GSV um eine individuelle,<br />

am Kind orientierte Form<br />

der Leistungsbeurteilung und<br />

-rückmeldung. Auch scheinen<br />

sich die Hinweise zu verdichten,<br />

dass mit den Ergebnissen auch<br />

der Aufbau eines Schulrankings<br />

vorangetrieben werden soll.<br />

Mehrfach hat der GSV auf die<br />

Gefahren des Missbrauchs dieses<br />

Testverfahrens hingewiesen.<br />

Kopfnoten für Arbeits- und<br />

Sozialverhalten<br />

Auch im zweiten Durchgang<br />

mehrt sich die Kritik von Lehrerinnen<br />

und Lehrern, Eltern und<br />

Kindern an dieser Form der ›Rückmeldung‹<br />

über die Entwicklung<br />

sozialer Kompetenzen. Ungerührt<br />

dessen hält die schwarzgelbe<br />

Landesregierung an ihren<br />

Beschlüssen fest und zeigt sich<br />

weiterhin beratungsresistent<br />

auch gegenüber den höchst<br />

kritischen Stellungnahmen zahlreicher<br />

Experten.<br />

Neue Richtlinien und Lehrpläne<br />

Ab dem kommenden Schuljahr<br />

gelten für die <strong>Grundschule</strong>n neue<br />

Richtlinien und Lehrpläne. Sie<br />

weisen für alle Fächer grundlegende<br />

Kompetenzbereiche aus,<br />

die Maßstab für die Einschätzung<br />

der Lernentwicklung der Kinder<br />

sein sollen. Die Schulen haben<br />

nun die Aufgabe, auf der Grundlage<br />

dieser Vorgaben schulinterne<br />

Arbeitspläne zu erstellen.<br />

Dabei sollte nach Ansicht des<br />

GSV die Fülle der zu erreichenden<br />

Kompetenzbereiche kritisch<br />

reflektiert werden.<br />

(für die Landesgruppe: Beate Schweitzer)<br />

Mehr Informationen zu <strong>aktuell</strong>en<br />

Themen auf unserer homepage<br />

www.grundschulverband-nrw.de.<br />

Bitte beachten Sie dort auch die<br />

Einladung zur Mitgliederversammlung<br />

am Samstag,<br />

25. Oktober in<br />

der Laborschule Bielefeld<br />

unter dem Motto<br />

Trotz alledem – weiter für<br />

eine zukunftsorientierte <strong>Grundschule</strong>!<br />

30 GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008


Grundschulverband <strong>aktuell</strong> … aus den Landesgruppen<br />

Rheinland-Pfalz<br />

Anschrift: Werner Lang, Am Win gertsberg 8, 67756 Hinzweiler<br />

»Selbständige Schule« und<br />

komische Arbeitsverträge<br />

Bei der Auftaktveranstaltung<br />

zur »Selbständigen Schule« im<br />

November 2007 hat Minister<br />

Tesch auf die herausragende<br />

Rolle der Schulleitung im Prozess<br />

der Qualitätsverbesserung an<br />

Schulen hingewiesen und in<br />

diesem Zusammenhang die Vollbeschäftigung<br />

aller Schulleiter<br />

und stellvertretenden Schulleiter<br />

versprochen.<br />

Die Landesgruppe hat nun eine<br />

Unterschriftensammlung an<br />

den Minister übergeben, in der<br />

die Schulleiter der <strong>Grundschule</strong>n<br />

ihren Protest gegen die weitere<br />

Beschäftigung in Teilzeit zum<br />

Ausdruck bringen.<br />

Mittlerweile ist die Vollbeschäftigung<br />

aller Schulleiter im Schuljahr<br />

2008/2009 abgesichert.<br />

Jedoch bleibt der Status unsicher.<br />

Die LG setzt sich weiter für eine<br />

generelle Vollbeschäftigung der<br />

Leitungsmitglieder ein.<br />

Gerade die Umsetzung der<br />

umfangreichen Aufgaben der<br />

»Selbständigen Schule« verlangt<br />

eine handlungsfähige Schulleitung.<br />

Fortbildungen<br />

Die Landesgruppe RLP bietet vor<br />

den Herbstferien Fortbildungen<br />

mit dem Thema: Pädagogische<br />

Leistungskultur an. Diese sollen<br />

landesweit regional verteilt<br />

jeweils an einem Nachmittag für<br />

Lehrerinnen und Lehrer durchgeführt<br />

werden. Veranstaltungsorte<br />

werden in der Regel die Studienseminare<br />

für GHS sein. Nähere<br />

Informationen sind ab August<br />

der Homepage der Landesgruppe<br />

www.wl-lang.de zu entnehmen.<br />

(für die Landesgruppe:<br />

Konstanze Rosinus)<br />

Grundschultag 2009<br />

Basierend auf dem Leitprinzip<br />

»<strong>Grundschule</strong> auf dem Weg<br />

zur Neuen Lernkultur«<br />

wird am Dienstag,<br />

3. März 2009 an der<br />

Universität Koblenz-<br />

Landau, Campus Landau,<br />

der nächste Grundschultag mit<br />

dem Schwerpunkt »Kunst –<br />

Musik – Bewegung« stattfinden.<br />

Ab Ende November werden auf<br />

der Homepage der Landesgruppe<br />

(s. o.) weitere Informationen zu<br />

finden sein.<br />

Saarland<br />

Vorsitzende: Lilo Groll, Holbeinstr. 11, 66128 Saarbrücken<br />

Auf dem Weg zur<br />

Ganztagsschule?<br />

Die seit mehreren Jahren im<br />

Saarland landesweit eingeführten<br />

»Freiwilligen Ganztagsschulen«<br />

sind Regelschulen mit einem<br />

freiwilligen Nachmittagsangebot<br />

durch freie Träger. Bestandteile<br />

dieses Angebotes sind die<br />

Hausaufgabenbetreuung sowie<br />

sportliche, musische und soziale<br />

Aktivitäten. Sie werden durch die<br />

Zusammenarbeit mit außerschulischen<br />

Partnern ergänzt und<br />

unterstützt. Abgesehen davon,<br />

dass es sich nicht um echte<br />

Ganztagsschulen handelt, bezog<br />

sich die Hauptkritik an diesem<br />

System auf den Einsatz von nicht<br />

ausreichend qualifiziertem Personal.<br />

Ab dem Schuljahr 2008/09 wird<br />

das Förderprogramm »Freiwillige<br />

Ganztagsschule plus« in<br />

Kraft treten, das nach einem<br />

standortbezogenem pädagogischen<br />

Konzept des nachmittäglichen<br />

Bildungs- und Betreuungsangebotes<br />

verlangt und als<br />

Gruppenleiter/-innen nur noch<br />

pädagogische Fachkräfte vorsieht.<br />

Hierzu wurde die jährliche<br />

Bezuschussung durch das Land<br />

von bisher 5000 € pro Gruppe auf<br />

15.000 € im Schuljahr 2008/09<br />

bzw. 20.000 € im darauf folgenden<br />

Schuljahr merklich erhöht.<br />

Dies soll zum einen der besseren<br />

Qualifizierung der Fachkräfte und<br />

zum anderen der Senkung des<br />

monatlichen Elternbeitrages auf<br />

60 € bzw. 40 € im nächsten Jahr<br />

dienen.<br />

Das Programm sieht drei Modelle<br />

vor:<br />

■ Bildungs- und Betreuungsangebot<br />

bis mindestens 16.30 Uhr<br />

und mit pädagogisch ausgebildetem<br />

Personal<br />

■ Eigene Ganztagsklassen in<br />

der Regelschule, insbesondere an<br />

den Schulen der Sekundarstufe I<br />

■ Kooperationsmodell<br />

Schule – Jugendhilfe, d. h. eine<br />

Verknüpfung von »Freiwilliger<br />

Ganztagsschule« und Hort<br />

Bei allen Modellen sind für jede<br />

Gruppe wie bisher fünf Lehrerstunden<br />

vorgesehen. Sie dienen<br />

der inhaltlichen und konzeptionellen<br />

Verknüpfung des<br />

Unterrichts mit dem außerunterrichtlichen<br />

Bildungs- und<br />

Betreuungsangebot, vor allem<br />

der Hausaufgabenbetreuung.<br />

Die Landesgruppe sieht hierin<br />

einen erheblichen Fortschritt im<br />

Vergleich zur »Freiwilligen Ganztagschule«<br />

in der bisherigen Ausprägung.<br />

Viele Eltern – allerdings<br />

nicht alle – wünschen sich nach<br />

wie vor mehr echte Ganztagsschulen.<br />

Eva Hammes-Di Bernardo<br />

neue Fachreferentin für<br />

Sozialpädagogik<br />

Auf der Delegiertenversammlung<br />

des Grundschulverbandes<br />

– Arbeitskreis <strong>Grundschule</strong><br />

e. V. am 30./31. Mai 2008 stand<br />

die Neuwahl der Fachreferenten<br />

an. Als Referentin für das<br />

neu eingerichtete Fachreferat<br />

»Sozialpädagogik« konnte Eva<br />

Hammes-Di Bernardo aus dem<br />

saarländischen Ministerium für<br />

Bildung, Familie, Frauen und<br />

Kultur gewonnen werden. Dort<br />

ist sie Referentin für Sprachentwicklung<br />

und Bildungsfragen<br />

im Kindergarten. Zu ihrem Aufgabenbereich<br />

im Grundschulverband<br />

gehören die Übergänge<br />

zwischen Elementar- und Primarbereich,<br />

ihre Gestaltung und<br />

Flexibilisierung, die Verzahnung<br />

von sozial pädagogischer und<br />

schulpäda gogischer Arbeit sowie<br />

die Zusammenarbeit der verschiedenen<br />

Professionen und<br />

deren Bedingungen.<br />

Die Landesgruppe wünscht Frau<br />

Hammes-Di Bernardo viel Erfolg<br />

in ihrem neuen Amt und eine<br />

gute Zusammenarbeit auch mit<br />

der Landesgruppe.<br />

Prof. Dr. Hans Brügelmann am<br />

30. September 2008 im Saarland<br />

Nach mehreren Anläufen ist<br />

es uns gelungen, Herrn Prof.<br />

Dr. Hans Brügelmann von der<br />

Universität Siegen zu einem<br />

Vortrag zu gewinnen. Unter dem<br />

Titel »Fieber genau zu messen<br />

ist noch keine Diagnose, Fieber<br />

erfolgreich zu senken noch<br />

keine Therapie« wird Prof. Dr.<br />

Brügelmann, auch Referent<br />

für das Fachreferat » Schulische<br />

Qualitäts entwicklung« im Grundschulverband,<br />

zu den Leistungstests<br />

und ihren Möglichkeiten<br />

sprechen. Diese Veranstaltung<br />

wird in Zusammenarbeit mit dem<br />

Institut für Lehrerfort- und<br />

-weiter bildung (ILF) in Saarbrücken<br />

angeboten. Hierzu wird<br />

die Landesgruppe gesondert<br />

einladen.<br />

Dienstag,<br />

30. September 2008:<br />

Neuwahl zum Landesgruppenvorstand<br />

Mittwoch,<br />

4. Februar 2009:<br />

Grundschultag in<br />

Zusammenarbeit mit<br />

dem Saarländischen Lehrerinnen-<br />

und Lehrerverband, dem<br />

Institut für Lehrerfort- und -weiterbildung,<br />

dem Landesinstitut<br />

für Pädagogik und Medien und<br />

dem Verband Deutscher Schulmusiker<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008<br />

31


Grundschulverband <strong>aktuell</strong> … aus den Landesgruppen<br />

Thüringen<br />

Vorsitzende: Steffi Jünemann, Hauptstr. 7, 99734 Nordhausen<br />

Hirngerechte Bildung ist<br />

kind gerechte Bildung –<br />

das Thüringer Entwicklungsprogramm<br />

hi.bi.kus<br />

Im August 2005 startete im Auftrag<br />

des Thüringer Kultusministeriums<br />

das Entwicklungsprogramm<br />

»hi.bi.kus – Hirngerechte Bildung<br />

in Kindergarten und Schule«.<br />

Im Entwicklungsprogramm<br />

hi.bi.kus arbeiten derzeit 18 Kindergärten<br />

verschiedener Träger und<br />

15 Schulen aller Schularten gleichberechtigt<br />

und partnerschaftlich<br />

zusammen. In diesem Zeitraum<br />

wurden die Praxispartner aus den<br />

teilnehmenden Einrichtungen zu<br />

Beratern ausgebildet, die die künftige<br />

Entwicklungsarbeit in ihren,<br />

aber auch an anderen interessierten<br />

Einrichtungen aus der Sicht<br />

hirngerechter Bildung begleiten<br />

und unterstützen werden. Eine<br />

erste Evaluation des Programms<br />

wurde im Juni 2008 vorgelegt.<br />

Kinder kommen mit einer<br />

unglaublichen Entdeckerfreude<br />

und Gestaltungslust auf die Welt.<br />

Die Entfaltung dieses Potenzials,<br />

das in unserem Gehirn von<br />

Geburt an angelegt ist, wirkt entscheidend<br />

auf die weitere Entwicklung.<br />

Die Neurowissenschaften bekräftigen<br />

im Einklang mit bekannten<br />

und neueren pädagogischen und<br />

psychologischen Konzepten:<br />

■ Kinder und Jugendliche bedürfen<br />

starker Wurzeln in Form von<br />

verlässlichen Bindungen, Vertrauen<br />

und Wertschätzung.<br />

■ Sie brauchen vielfältige individuelle<br />

und soziale Anregungen<br />

sowie Handlungsspielräume für<br />

ihre Lernkonstruktionen.<br />

■ Die Prägungen der frühesten<br />

und frühen Kindheit wirken tief<br />

greifend und lang anhaltend auf<br />

die Entwicklung der Persönlichkeit.<br />

Vordringliches Ziel des Entwicklungsprogramms<br />

ist die Förderung<br />

positiver Entwicklung von<br />

Kindern und Jugendlichen. Dafür<br />

sind Lernsituationen und Handlungsspielräume<br />

zu schaffen, in<br />

denen Kinder und Jugendliche<br />

Fähigkeiten erwerben und Kompetenzen<br />

entwickeln, auf deren<br />

Grundlage sich eine hohe und<br />

belastbare Selbstwirksamkeitserwartung<br />

herausbilden kann.<br />

Im Mittelpunkt der Betrachtung<br />

von Lernprozessen steht immer<br />

das lernende Subjekt mit all seinen<br />

Talenten und Fähigkeiten.<br />

Zugleich sind Kinder und Jugendliche<br />

im Bildungsprozess auf vielfältige<br />

Weise sozial eingebunden.<br />

Die am Entwicklungsprogramm<br />

hi.bi.kus beteiligten Akteure folgen<br />

einem Bildungsverständnis,<br />

das den Menschen als einzigartig,<br />

weitgehend selbstbestimmt,<br />

sozial verantwortlich und lebenslang<br />

lernfähig sieht.<br />

Eine Besonderheit ist der breite,<br />

institutionenübergreifende<br />

Adressatenbezug des Entwicklungsprogramms.<br />

Angesprochen<br />

werden Erzieherinnen und Erzieher<br />

der Kindertageseinrichtungen,<br />

Lehrerinnen und Lehrer in<br />

Schulen aller Schularten sowie<br />

die Teamleitungen und Träger der<br />

Einrichtungen.<br />

Aus neurowissenschaftlicher<br />

Sicht ist es sinnvoll, Bildungsprozesse<br />

übergreifend zu betrachten<br />

und zu untersuchen – beginnend<br />

in der frühsten und frühen Kindheit<br />

bei der Bildung und Erziehung<br />

in der Familie, fortführend<br />

in Kindertageseinrichtungen und<br />

Schulen aller Schularten.<br />

Als Konsequenz dieser Sichtweise<br />

werden das Verständnis und die<br />

Gestaltung der Übergänge zwischen<br />

den einzelnen Bildungsabschnitten<br />

zu einem besonderen<br />

Schwerpunkt in der Arbeit in den<br />

am Programm beteiligten Kindergärten<br />

und Schulen. Familie,<br />

Kindergarten und Schule spielen<br />

als Lernorte für den Start in das<br />

Leben gleichermaßen eine wichtige<br />

Rolle.<br />

Gemeinsam mit den Praxispartnern<br />

der am Programm beteiligten<br />

Einrichtungen wurde ein<br />

Handlungsmodell für hirngerechte<br />

Bildung in Kindergarten<br />

und Schule entwickelt, das<br />

neurowissenschaftliches Grundlagenwissen<br />

mit psychologischen<br />

und pädagogischen Konzepten<br />

zusammenführt.<br />

Erfolgreiche Bildung beginnt aus<br />

dieser Sichtweise heraus bei der<br />

Gestaltung der Kontextqualitä-<br />

Schleswig-Holstein<br />

Vorsitzende: Beate Blaseio, Am Binnenhafen 52, 25813 Husum;<br />

www. grundschulverband-sh.de<br />

ten und setzt fort mit der<br />

Ermöglichung vielfältiger Lernerfahrungen.<br />

1. Gestaltung einladender Lernbedingungen<br />

2. Etablierung einer förderlichen<br />

Lern- und Beziehungskultur<br />

3. Möglichkeit ganzheitlich mit<br />

allen Sinnen zu lernen<br />

4. Bedeutungskonstruktionen<br />

der Lernenden<br />

5. Beteiligt sein in sozialer Interaktion<br />

6. Verantwortungsvoll handeln<br />

durch Partizipation<br />

Die abgeleiteten Handlungsfelder<br />

lassen sich gleichermaßen<br />

für Kindergarten und Schule<br />

anwenden. Das Modell bildet<br />

die Grundlage für die weitere<br />

Entwicklungs arbeit in den beteiligten<br />

Einrichtungen und die<br />

Landesgruppe Schleswig- Holstein<br />

www.grundschulverband-sh.de<br />

Experimentieren für GrundschullehrerInnen<br />

25 kleine Versuche für den Sachunterricht<br />

Dr. Beate Blaseio ( Universität Flensburg)<br />

7. 10. 2008<br />

16.00 – 17.30 Uhr<br />

GS Groß Vollstedt, Am Sportplatz 3<br />

Dieser Workshop bietet Ihnen die Möglichkeit, 25 kleine Versuche zu unterschiedlichen<br />

Themen des Sachunterrichts kennen zu lernen. Sie haben viel Zeit, selbst die Experimente<br />

durchzuführen, zu staunen und miteinander ins Gespräch zu kommen.<br />

Das Ziel dieses Workshops ist es, dass Sie Interesse, Mut und Freude daran entwickeln,<br />

naturwissenschaftliche Versuche verstärkt in Ihren Grundschulunterricht zu integrieren.<br />

Anmeldung per e-mail bis Mo., 22.09.08<br />

blaseio@uni-flensburg.de<br />

anschließend:<br />

Mitgliederversammlung und<br />

Wahl des Vorstandes<br />

Vertiefung der Beratertätigkeit in<br />

den kommenden Jahren.<br />

Das Entwicklungsprogramm<br />

hi.bi.kus leistet somit einen<br />

nachhaltigen Beitrag zur Qualitätsentwicklung<br />

und Qualitätssicherung,<br />

wie sie durch das<br />

Thüringer Entwicklungsvorhaben<br />

Eigenverantwortliche Schule,<br />

den Thüringer Bildungsplan für<br />

Kin der bis 10 Jahre und weitere<br />

landes weite Projekte und Vorhaben<br />

beschrieben werden.<br />

(für die Landesgruppe:<br />

Ulrich Mittelstädt<br />

hi.bi.kus – Programmkoordinator<br />

Martina Dubiel<br />

Mitglied Landesvorstand Thüringen<br />

Beraterin für hirngerechtes Lernen)<br />

32 GS <strong>aktuell</strong> <strong>103</strong> • September 2008


An den<br />

Grundschulverband · Arbeitskreis <strong>Grundschule</strong> e. V.<br />

Niddastraße 52 · 60329 Frankfurt/Main · Fax 0 69 / 7 07 47 80<br />

oder per Internet: www.grundschulverband.de<br />

Beitrittserklärung<br />

Für Ihren Beitritt zum Grundschulverband ·<br />

Arbeitskreis <strong>Grundschule</strong> e. V. halten wir<br />

folgendes Werbeangebot für Sie bereit:<br />

(Bitte nur eine der beiden Möglichkeiten ankreuzen!)<br />

Name<br />

Als neues Mitglied im Grundschulverband ·<br />

Arbeitskreis <strong>Grundschule</strong> e. V. wünsche ich mir<br />

den Band<br />

als Aufnahmegeschenk.<br />

Nebenstehend genanntes Mitglied habe<br />

ich für den Grundschulverband · Arbeitskreis<br />

<strong>Grundschule</strong> e. V. geworben. Als Werbe prämie<br />

senden Sie mir bitte den Band<br />

an folgende Anschrift:<br />

Ich beantrage die Mitgliedschaft im Grundschulverband · Arbeitskreis <strong>Grundschule</strong> e. V.<br />

Als Mitglied erhalte ich jährlich zwei neue Mitgliedsbände aus der Reihe »Beiträge zur Reform der<br />

<strong>Grundschule</strong>« sowie die 32-seitige Vierteljahreszeitschrift »Grundschulverband <strong>aktuell</strong>« jeweils<br />

nach Fertigstellung kostenfrei zugesandt.<br />

Den angekreuzten Betrag<br />

Mitgliedsbeitrag 55,– €<br />

Ermäßigter Beitrag (bitte belegen!) 33,– €<br />

(für Studierende, Arbeitslose, Lehramts anwärter/innen<br />

sowie für Teilzeitbeschäftigte in den neuen Ländern)<br />

Förderbeitrag, mindestens 33,– €<br />

(keine Mitgliedsbände, nur Zeitschrift – für Pensionäre, die weiterhin <strong>aktuell</strong> informiert werden<br />

wollen und andere Förderer, die die Arbeit des Grundschulverbandes unterstützen möchten)<br />

zahle ich nach Erhalt der Jahresrechnung zahle ich per Bankeinzug vom<br />

Konto Nr.<br />

Bankleitzahl<br />

Name<br />

Straße und Hausnummer<br />

bei<br />

Straße und Hausnummer<br />

PLZ und Ort<br />

PLZ und Ort<br />

E-Mail<br />

Datum und Unterschrift<br />

Tel.


13. /14. November 2008<br />

Jetzt anmelden!<br />

Es sind noch Plätze frei!<br />

Herbsttagung des Grundschulverbandes<br />

Tests, Noten und Pädagogische Leistungskultur<br />

Die Herbsttagungen des Grundschulverbandes sind ein<br />

Treffpunkt von Kolleginnen und Kollegen zur Information,<br />

Diskussion und zum anregenden Austausch von Erfahrungen<br />

und Meinungen.<br />

VERA und die Pädagogische Leistungskultur sind die Themen<br />

der Herbsttagung 2008.<br />

Wir nehmen eine kritische Sicht auf die Qualität der VERA-<br />

Aufgaben vom Mai 2008 und stellen das Projekt Pädagogische<br />

Leistungskultur vor. Im Mittelpunkt diesmal:<br />

Kunst, Sport, Englisch und die »Selbst-, Sach- und Sozialkompetenz«<br />

der Kinder (und dabei auch der Umgang mit<br />

»schwierigen« Kindern und Klassen).<br />

In den Referaten und Diskussionen, in Arbeitsgruppen und<br />

im gegenseitigen Austausch geht es um eine ermutigende<br />

Leistungsförderung aller Kinder, die individuelle Lernentwicklungen<br />

im Blick behält und die Kinder dialogisch einbezieht.<br />

Tagungsverlauf<br />

Donnerstag, 13. 11.<br />

Ab 15 Uhr: Impulsreferate und Diskussion zu »VERA<br />

und die Pädagogische Leistungskultur«<br />

Abends: »Persönlichkeit passt in keine Note« – Gesprächsrunde<br />

zum Thema »Kopfnoten«<br />

Freitag, 14. 11.<br />

Bis 15 Uhr: Arbeitsgruppen »Pädagogische<br />

Leis tungskultur in den Fächern Kunst,<br />

Sport und Englisch sowie im Bereich ›Selbst-, Sachund<br />

Sozialkompetenz‹ «<br />

Referentinnen und Referenten sind Herausgeber<br />

und Autor/innen des Bandes 124 sowie (angefragt)<br />

Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus dem VERA-<br />

Team der Universität-Koblenz-Landau.<br />

Ort<br />

Martin-Niemöller-Haus<br />

in Schmitten<br />

(in der Nähe von Frankfurt);<br />

www.martin-niemoeller-haus.de<br />

Für Bahnreisende wird ein Shuttle-Bus<br />

zur Tagungsstätte organisiert.<br />

Tagungsbeitrag<br />

Für Mitglieder des Grundschulverbandes 140 €<br />

(Doppelzimmer 130 €)<br />

für Nicht-Mitglieder 180 € (Doppelzimmer 170 €)<br />

Im Tagungspreis enthalten sind die Kosten für<br />

Übernachtung und Verpflegung sowie der Transfer<br />

vom und zum Frankfurter Hauptbahnhof.<br />

Anmeldung<br />

per Post: Grundschulverband,<br />

Niddastr. 52, 60329 Frankfurt<br />

oder per Mail: info@grundschulverband.de<br />

oder über die Homepage:<br />

www.grundschulverband.de<br />

Verbindlich ist die Anmeldung erst nach Zahlung<br />

des Tagungsbeitrages an die Postbank Frankfurt,<br />

BLZ 500 100 60, Konto-Nr. 19 56 71 605<br />

Bitte bei der Anmeldung angeben:<br />

Vollständige Anschrift mit Mail-Adresse<br />

und Telefonnummer; Mitglied ja – nein;<br />

derzeitige Funktion im Schulbereich;<br />

Wahl der Arbeitsgruppe;<br />

Anreise mit Auto oder Zug;<br />

mögliche Doppelzimmernutzung

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