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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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Die Jesuitenschulen <strong>der</strong> katholischen Gegenreformation übernahmen vieles<br />

<strong>aus</strong> <strong>der</strong> protestantischen Pädagogik. Für beson<strong>der</strong>s fromme, fleißige und gehorsame<br />

Schüler wurden wissenschaftliche Spezialvereinigungen<br />

(Akademien) eingerichtet. Durch Ämter- und Prämienvergabe för<strong>der</strong>ten die<br />

Jesuitenschulen den persönlichen Ehrgeiz und bauten beson<strong>der</strong>s das Aufpasser-<br />

und Spitzelwesen und die gegenseitige paarweise Überwachung und<br />

Konkurrenz (Ämulation) <strong>der</strong> Schüler <strong>aus</strong>. Systematische Vernichtung des<br />

Vertrauens und <strong>der</strong> Freundschaften untereinan<strong>der</strong> sollte die isolierten Individuen<br />

umso fester an die Ordensdisziplin binden. <strong>Wer</strong> fremde Vergehen meldete,<br />

konnte Straffreiheit für eigene erlangen. <strong>Wer</strong> sie aber nicht meldete,<br />

konnte wie <strong>der</strong> Täter gestraft werden.<br />

Wohl unter dem Einfluß <strong>der</strong> freiheitlich gesinnteren aufklärerischen pädagogischen<br />

Strömung <strong>der</strong> Philanthropen begann etwa seit den 1760er Jahren<br />

ein kleiner Boom <strong>der</strong> Schulrepubliken.<br />

Auch <strong>der</strong> Schweizer <strong>Martin</strong> Planta (1727 - 1772), <strong>der</strong> 1761 in Ziziers bei<br />

Chur und später im nahegelegenen Schloß Marschlins eine Schulrepublik betrieb,<br />

ist als bedeuten<strong>der</strong> Nachfolger Trotzendorfs anzusehen, ebenso wie sein<br />

Freund und Compagnon J. P. Nesemann im nahen Reichenau, <strong>der</strong> Plantas<br />

Verfassung übernahm.<br />

Unter Trotzendorfs Nachfolgern wurden die Beamten und Richter oft durch<br />

die Schüler gewählt.<br />

Insbeson<strong>der</strong>e in <strong>der</strong> sich selbst verwaltenden, nie feudalisierten Wehrbauernrepublik<br />

Siebenbürgen waren die Schulrepubliken etwas demokratischer<br />

verfaßt und noch bis zur Mitte des 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts nachweisbar.<br />

Eine detaillierte Beschreibung <strong>der</strong> Nachfolger Trotzendorfs würde hier zu<br />

weit führen, ist aber bei Jürgens (1913) zu finden. Auf die Philanthropine soll<br />

hier ebensowenig eingegangen werden wie auf Wehrlis Armenschule auf<br />

Hofwyhl / Schweiz, über die Metzenthin (1915) berichtet. Interessant ist aber,<br />

daß bereits Salzmann in seinem Philanthropin Schnepfenthal allen Schülern<br />

ein Helferamt verlieh und diese Ämter auch besoldete.<br />

9.1.3. Reform des Veteranismus <strong>der</strong> Landesschulen<br />

Der ungezügelten Brutalität <strong>der</strong> Schüler entsprach in den frühneuzeitlichen<br />

Fürstenschulen ein strenges Aufsichts-, Zucht- und Disziplinsystem 169 , in<br />

dem - wie<strong>der</strong> <strong>aus</strong> Lehrermangel - wöchentlich wechselnde ältere Schüler als<br />

Tischinspektoren und Kammerinspektoren fungierten und auch strafen konnten.<br />

Jedem älteren Schüler war ein jüngerer Schüler zugeteilt, dem er<br />

169 Der folgende Abschnitt folgt <strong>der</strong> Dissertation von Metzenthin (1915: 30 - 47).<br />

193

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