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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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Kenntnislücken werden gelegentlich durch wilde Spekulation und blühende<br />

Phantasie aufgefüllt, etwa in <strong>der</strong> Dissertation von Karg (1983), <strong>der</strong> Neill absur<strong>der</strong>weise<br />

zum Anthroposophen erklärt und mit ungeheuerer Flüchtigkeit<br />

und Unkenntnis viel Unfug insbeson<strong>der</strong>e über Neills Tätigkeit in Dresden und<br />

Österreich verbreitet 241 .<br />

gen. Das ist <strong>nichts</strong> weiter als eine Verdinglichung des Menschen, eine Freigabe zu seiner<br />

Indienstnahme durch Lust- und Unlustgefühle.“ (Breinbauer 1980: 310 f.)<br />

Da letzteres als Bekräftigung des Vorwurfs <strong>der</strong> Erziehung zur totalen Anpassung dient,<br />

versteht Breinbauer (nicht Breiteneicher) unter totaler Anpassung hier offenbar die Anpassung<br />

an die Lust- und Unlustgefühle.<br />

241 Kargs Behauptung, Neill sei ein Steiner-Anhänger gewesen, hängt zusammen mit mehreren<br />

Irrtümern Kargs, die durch unglaubliche Flüchtigkeit und wilde Fehlspekulationen<br />

entstanden, nämlich:<br />

1) einem Rückübersetzungsfehler mit anschließen<strong>der</strong> Fehlspekulation: Neill war in Hellerau<br />

von <strong>der</strong> Rhythmischen Gymnastik (nach Dalcroze) begeistert, die im Englischen<br />

stets als eurhythmics bezeichnet und dann regelmäßig mit Eurhythmie rückübersetzt<br />

wird. Heute versteht man im Deutschen unter Eurhythmie meist die Steinersche Abwandlung<br />

<strong>der</strong> ursprünglich von Jaques-Dalcroze entwickelten und in Hellerau gelehrten<br />

Rhythmischen Gymnastik. Vermutlich deshalb versteht Karg (1983: 245, 291; ohne ersichtlichen<br />

Grund) Eurhythmie <strong>aus</strong>drücklich als Steinersche Eurhythmie.<br />

2) Kargs fälschliche Gleichsetzung von Theosophie und Anthroposophie: Beatrice Ensor,<br />

die mit Neill die New Era her<strong>aus</strong>gab, war Theosophin. Rudolf Steiner war, bevor er die<br />

Anthroposophie begründete, ebenfalls Theosoph. Karg (1983: 62; wie<strong>der</strong> ohne ersichtlichen<br />

Grund) bezeichnet die Theosophie <strong>der</strong> Ensors als Theosophie Rudolf Steiners, setzt<br />

sie mit Anthroposophie gleich und bezeichnet dann auch B. Ensor als Anhängerin <strong>der</strong><br />

Anthroposophie.<br />

3) Kargs Verwechslung und Gleichsetzungen <strong>der</strong> (von Neill deutlich getrennt beschriebenen)<br />

Abteilungen <strong>der</strong> Hellerauer Schule (Neills Auslän<strong>der</strong>abteilung und Baer-Frissells<br />

Rhythmik-Abteilung). Dadurch wird Neill bei Karg (1983: 361, 62, 291) <strong>aus</strong>drücklich<br />

und vor allem (!) zum Eurhythmielehrer! (An <strong>der</strong> belegten Stelle bei Neill steht, daß er<br />

Psychologievorträge vor <strong>der</strong> Rhythmikabteilung hielt!).<br />

Mit <strong>der</strong> Gleichsetzung <strong>der</strong> Abteilungen hängt es wohl auch zusammen, daß Karg (1983:<br />

63) das Schloß Laxenburg auf den Gipfel des Sonntagberges verlegt.<br />

4) wohl aufbauend auf diesen Spekulationen und erfindet Karg (1983: 62 f., 340) eine<br />

zeitliche Abfolge <strong>der</strong> Zu- und Abwendung Neills von Steiner und behauptet gar, wegen<br />

dieser Abwendung habe Neill sich mit B. Ensor überworfen, und habe deshalb London<br />

verlassen. Die Vorstellung, Neill als erklärter Atheist und entschiedener Feind aller<br />

Schöngeister habe sich <strong>aus</strong>gerechnet für die religiöse und schöngeistige Anthroposophie<br />

mit ihrer Erkenntnis höherer Welten begeistert, ist absurd! Karg hält Neill allerdings<br />

auch (fälschlich!) für einen christlichen Erzieher (vgl. Kapitel 16.1.4.).<br />

Die Liste <strong>der</strong> Fehlspekulationen läßt sich fortsetzen: Karg (1983: 280) behauptet eine<br />

Anglophilie Lanes (die bei einem in England tätigen Auslän<strong>der</strong> ja naheliegen mag...),<br />

schlußfolgert dies aber (wohl mit Blick auf den erst 12 Jahre später entstandenen Commonwealth<br />

of Nations) <strong>aus</strong> dem Heim-Namen Little Commonwealth. Commonwealth<br />

aber ist (ähnlich wie Freistaat und Volksstaat im Deutschen) lediglich das englische (und<br />

amerikanische) Wort für Republik (z.B. für die englische Republik unter Oliver Cromwell<br />

und für etliche US-Bundesstaaten).<br />

Ebenso unsinnig ist die Behauptung, das Buch A Path to Freedom in the School von<br />

Norman MacMunn sei eine Lane-Biographie (Karg 1983: 280).<br />

Karg deutet auch den Schulnamen Summerhill als Programm <strong>aus</strong> (Karg 1983: 8, 64, vgl.<br />

Neill 1982: 152 154) - obwohl es nur <strong>der</strong> Name des Hügels in Lyme Regis war, auf dem<br />

die Schule 1924 in England begann.<br />

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