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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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17.1.2.1. Die Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze (1910-1920)<br />

Mit <strong>der</strong> Planung das Schulwesen wurde auch <strong>der</strong> Plan <strong>der</strong> musikalischen Organisation<br />

in <strong>der</strong> Gartenstadt entworfen und schon 1907 veröffentlicht<br />

(Batka 1907), wobei man sich von Anfang an betont eng an die Methode <strong>der</strong><br />

Rhythmischen Gymnastik 276 nach Jaques-Dalcroze anlehnte. Emile<br />

Jaques-Dalcroze schlug Angebote an<strong>der</strong>er Orte <strong>aus</strong> und kam 1910 nach Hellerau<br />

277 , weil es nur hier möglich sei, den Rhythmus zur volksbildenden und<br />

volkserziehenden Kraft zu erheben, zur sozialen Institution zu machen.<br />

Es muß auf den ersten Blick verwun<strong>der</strong>n, daß <strong>aus</strong>gerechnet um eine Gymnastikmethode<br />

so viel Aufwand getrieben wurde. Doch Jaques-Dalcroze ging<br />

es nicht um Turnübungen, die Ziele seiner Gymnastik scheinen eher mit <strong>der</strong><br />

damals ebenfalls neuen Psychoanalyse vergleichbar, o<strong>der</strong> besser: mit körperorientierten<br />

Psychotherapieverfahren (obwohl sie sich keineswegs als solche<br />

verstand!). Dabei ging es ganz betont um Spontanität, um das Wie<strong>der</strong>entdecken<br />

und Erleben des eigenen Körpers und Körpergefühls, um Selbstbestimmung<br />

von-innen-her<strong>aus</strong>, um Improvisation selbst noch bei <strong>der</strong> öffentlichen<br />

Aufführung, aber auf gar keinen Fall (!) um einstudierte Übungen. 278<br />

276 Im Englischen (z.B. in Neills Schriften) wird die Rhythmische Gymnastik nach Jaques-<br />

Dalcroze stets als eurhythmics bezeichnet. Bei <strong>der</strong> Rückübersetzung ins Deutsche wird<br />

dar<strong>aus</strong> stets Eurhythmie. Wo immer hier in Zitaten von Eurhythmie die Rede ist, muß<br />

dies als Rhythmische Gymnastik nach Jaques-Dalcroze gelesen werden, und auf gar keinen<br />

Fall als Eurhythmie nach Steiner.<br />

277 Dem von Wolf Dohrn im August 1911 gegebenen Jahresbericht <strong>der</strong> Bildungsanstalt...<br />

1910/11 mit anhängen<strong>der</strong> Schülerliste (Der Rhythmus Bd.1 1911: 65-79) läßt sich entnehmen:<br />

Obwohl <strong>der</strong> Unterricht bereits am 17. Oktober 1910 begann (Dalcroze bracht 46 Schüler<br />

von Genf mit), wurde die Bildungsanstalt erst im Frühjahr 1911 als eigene Gesellschaft<br />

gegründet. Die anfangs für den Unterricht angemieteten Räume erwiesen sich angesichts<br />

<strong>der</strong> Anzahl <strong>der</strong> Schüler und Kurse rasch als zu klein, man mietete die ehemaligen Sitzungssäle<br />

<strong>der</strong> 1. und 2. Kammer im Alten Landh<strong>aus</strong> (ehem. Landesparlament, heute<br />

Stadtmuseum) und baute die nötigen Waschgar<strong>der</strong>oben und Duschen ein.<br />

Im ersten Schuljahr besuchten rund 500 Personen die Anstalt. Als Schüler werden 1911<br />

u. a. genannt: Harald Dohrn, Hellerau, 1. Jahrgang; Suzanne Ferrière, Genf, 3. Jahrgang<br />

(später Assistenz-Lehrerin in <strong>der</strong> Bildungsanstalt) (verwandt mit Adolphe Ferrière,<br />

Genf?) Albert Jeanneret, La Chaux de Fonds, 2. Jahrgang (Dies ist <strong>der</strong> Bru<strong>der</strong> von Le<br />

Corbusier). Er erhielt im Juni 1911 das Lehrerdiplom für rhythmische Gymnastik und<br />

arbeitete dann als Lehrer in <strong>der</strong> Bildungsanstalt. Christine Potter-Frissell, New York, 1.<br />

Jahrgang (die spätere Leiterin); Marie Wiegmann, Hannover, 1. Jahrgang (Sie wurde<br />

später unter dem Namen Mary Wigman als Tänzerin weltbekannt).<br />

Beim zweiwöchigen Oster-Ferienkurs 1911 für ehemalige Dalcroze-Schüler: Johanna<br />

Baer, Rotterdam, (vermutlich verwandt mit Karl Baer, dem Ehemann <strong>der</strong> späteren Leiterin).<br />

und bei den Kin<strong>der</strong>n: Lotte Tessenow, Hellerau (die Tochter des Architekten).<br />

278 Im Bericht über die Gastvorführungen <strong>der</strong> Hellerauer Rhythmikschülerinnen in Essen im<br />

Dezember 1922 beschreibt die ehemalige Dalcrozeschülerin Dore Jacobs (1923, die<br />

Grün<strong>der</strong>in <strong>der</strong> heutigen Dore Jacobs Schule in Essen) treffend die beson<strong>der</strong>en Schwerpunkte<br />

<strong>der</strong> Hellerauer Rhythmik, auch im Vergleich zu an<strong>der</strong>en Systemen:<br />

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