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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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schöner, wertvoller). Am Anfang <strong>der</strong> Kollektiventwicklung wird nur direkter<br />

individueller Nutzen einsichtig sein, später auch kollektiver Nutzen.<br />

Nur wenn das Kollektiv mehrheitlich vom Nutzen <strong>der</strong> Arbeit (für sich, für<br />

das Kollektiv, für das Heim o<strong>der</strong> für die Gesellschaft) und <strong>der</strong> Notwendigkeit<br />

<strong>der</strong> Lösung dieser Aufgabe fest überzeugt ist, entsteht die Einsicht in die<br />

Notwendigkeit des Kollektivs mit seiner Disziplin und wird Verantwortlichkeit<br />

übernommen für das Erreichen des Gruppenzieles, für die Kameraden<br />

und die eigene Entwicklung. Wohlgemerkt: Es geht um Einsicht in die Notwendigkeit,<br />

nicht um Lust, Spaß o<strong>der</strong> Freude. Deshalb wurde Theaterspielen<br />

in <strong>der</strong> Gorki-Kolonie ebenso befohlen und in Einsatzabteilungen organisiert<br />

wie jede an<strong>der</strong>e Arbeit auch (vgl. Makarenko 1970: 294 - 294).<br />

20.7.4.2. Erziehung durch das Kollektiv<br />

Die erzieherische Wirkung <strong>der</strong> Kollektiverziehung ist weit<strong>aus</strong> größer als die<br />

Wirkung durch den Erzieher allein. Kollektivbewußtsein und Verantwortungsgefühl<br />

binden die Personen aneinan<strong>der</strong>. Für die Jugendlichen wird die<br />

Billigung und Verurteilung durch das Kollektiv (öffentliche Meinung) sehr<br />

wichtig. Um das Kollektivinteresse zu wahren, anerkennen sie die For<strong>der</strong>ungen<br />

des Kollektivs, üben gegenseitige Kritik und Selbstkritik und ordnen ihr<br />

Verhalten bereitwillig den For<strong>der</strong>ungen des Kollektivs unter. Das Kollektiv<br />

wird zum gewaltigen Erziehungsfaktor. Durch das Gefühl <strong>der</strong> Mitverantwortung<br />

für jede einzelne Lösung <strong>der</strong> Aufgabe wirkt je<strong>der</strong> auf den an<strong>der</strong>en ein,<br />

jedes Kollektivmitglied ist gleichzeitig Erzogener und Erzieher seiner Kameraden.<br />

Dabei wirkt die For<strong>der</strong>ung beson<strong>der</strong>s erzieherisch auch auf das Kollektivmitglied<br />

ein, das ebendiese For<strong>der</strong>ung seinen Kameraden gegenüber<br />

vertritt.<br />

Der Erzieher kann auf Strafe als Anreiz nun weitgehend verzichten, denn<br />

wer sich sozial schädlich beträgt, d. h. die Lösung <strong>der</strong> Aufgabe behin<strong>der</strong>t,<br />

wird von <strong>der</strong> Gruppe selbst <strong>aus</strong> zunächst rein sachlichen Gründen (gegen die<br />

schwer zu opponieren ist) und ohne Strafabsicht (Übelzufuhr) mißbilligt und<br />

wird möglichst so eingesetzt und kontrolliert, daß er keinen Schaden anrichten<br />

kann.<br />

Hinzu kam, daß das ganze Kollektiv, insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Kommandeur, für<br />

die Handlungen eines Mitglieds verantwortlich war und auch mit haftete. Es<br />

übte einen entsprechenden Druck auf Abweichler <strong>aus</strong>. Das Kollektiv fühlte<br />

sich mitbetroffen und verstärkte die Wirkung, wenn eines seiner Mitglie<strong>der</strong><br />

getadelt o<strong>der</strong> gelobt wurde. Jedes Mitglied fühlte sich bei Lob und Tadel des<br />

Kollektivs ebenso angesprochen, war stolz auf seine Helden und beschämt<br />

wegen seiner Übeltäter.<br />

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