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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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und kleinere Katastrophen, aber auch mehr Möglichkeiten zu produktiven und<br />

guten Konfliktlösungen.<br />

Zielinski wies von vornherein auf eine Reihe vermeidbarer Fehler und pädagogischer<br />

Ungeschicklichkeiten hin. Er warnte zu Recht vor den <strong>aus</strong> <strong>der</strong><br />

Politik <strong>der</strong> Erwachsenenstaaten entlehnten leeren Formen, die im Heim keinerlei<br />

Sinn und Inhalt haben (Verfassungsgericht!) und kritisierte die rein<br />

politische, keinen pädagogischen Zielen dienende Interessenvertretung <strong>der</strong><br />

ersten Selbstverwaltung. Eine gute pädagogische Selbstverwaltung<br />

„überläßt dem Jugendlichen nicht das Erkennen und Vortragen seiner Wünsche, Launen<br />

und Rebellionen, und ein rechthaberisches Bestehenbleiben auf diesen seinen Expressionen,<br />

son<strong>der</strong>n sie benutzt diese Ansätze eines eigenwüchsigen Verhaltens, um<br />

sie ihrer weitschauenden Planung und Zielsetzung einzuordnen. Das heisst: eine<br />

Selbstverwaltung wird erst dort sinnvoll, wo sie einem Erziehungsziel als Erziehungsmittel<br />

zugeordnet wird“ (Zielinski 1950: 90, Hervorhebung dort).<br />

22.6.2.3. Zielinskis Selbstverwaltungspraxis<br />

Zielinski entwarf einen Erziehungsplan in drei Etappen:<br />

„Erste Etappe:<br />

Herstellung einer äusseren Disziplinierung in bezug auf die Sauberkeit des Körpers,<br />

<strong>der</strong> Kleidung und <strong>der</strong> Unterkunft, Gewöhnung an Pünktlichkeit und Ordnung, <strong>aus</strong>reichende<br />

Ernährung, Einstufung in eine geregelte sinnvolle Arbeit, dem Erziehungsziel<br />

angepasste Ausgestaltung <strong>der</strong> Freizeit, also äussere Menschwerdung.<br />

Zweite Etappe:<br />

Weckung <strong>der</strong> Einsicht für die Notwendigkeit und Richtigkeit dieser Ordnungsmaßnahmen,<br />

selbständige Mitarbeit im Sinne des ersten Erziehungszieles bei allen Jungen;<br />

dazu psychische Auflockerung und Weckung des Interesses für Dinge, die über<br />

den Bereich des Ichs und dessen For<strong>der</strong>ungen hin<strong>aus</strong>gehen, also charakterliche Erziehung<br />

und Schulung <strong>der</strong> Gesinnung.<br />

Dritte Etappe:<br />

Selbständige und selbstverantwortliche Mitarbeit im Sinne des Zieles <strong>der</strong> beiden<br />

ersten Etappen, Hineinwachsen und Erlebenlassen von <strong>Wer</strong>tbegriffen und <strong>Wer</strong>tungen,<br />

Abkehr von egoistischen und utilitaristischen Tendenzen, Schulung des bewußten<br />

Staatsbürgers, Erziehung zur Freiheit und echten Nutzung <strong>der</strong> Freiheit, also Reifenlassen<br />

des ganzen Menschen.“ (Zielinski 1950: 94 f.)<br />

Die Jungen, insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Bürgermeister und die Jungenstadträte, waren<br />

geradezu erleichtert und leicht zur Mitarbeit zu gewinnen, als Zielinski ihnen<br />

entsprechend <strong>der</strong> ersten Etappe endlich klare Ziele und sinnvolle praktische<br />

Tätigkeiten gab. Die gewählten Referenten erhielten erstmals wirkliche Aufgaben.<br />

„Die erste Etappe unserer Zielsetzungen sah vor, die Jungen (...) zunächst rein äußerlich<br />

zum Menschen zu machen. Als erstes Problem wurde ein geregelter Ta-<br />

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