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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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fünfundzwanzig Peseten bezahlen müsse.“ Nur 11 Leute bezahlten, um die<br />

an<strong>der</strong>en kümmerte sich niemand.<br />

Einige Zeit später verkündete <strong>der</strong> Gesinnungsminister Joaco Silva in Absprache<br />

mit Pocholo, daß die Hauptverdächtigen des Diebstahls als antirevolutionäre,<br />

deseducative, antikommunitäre Elemente Bemposta verlassen<br />

müssten. Eine kurze Opposition gegen den grundlosen Hin<strong>aus</strong>wurf verlief im<br />

Sande (Poschkamp u. Schny<strong>der</strong> 1985: 91). Von Hin<strong>aus</strong>würfen auch durch den<br />

Pater und Pocholo aufgrund bloßer Verdächtigungen und Gerüchte wurde<br />

noch mehrfach berichtet.<br />

23.4.3. Die Pädagogen Bempostas<br />

Pater Silva wird - im Gegensatz zu seiner konservativen katholischen Kirche<br />

- als mo<strong>der</strong>n, sozialkritisch und rebellisch geschil<strong>der</strong>t. Den Jugendlichen<br />

663 schien er zunächst eine Art Heiliger und Idol zu sein, ein reiner<br />

Mensch, echter Revolutionär, eine unantastbare unanzweifelbare Autorität<br />

und Vaterfigur, <strong>der</strong> beste aller möglichen Väter. Aufgrund seiner geistigen<br />

Überlegenheit folgten ihm die Kin<strong>der</strong> und glaubten, er habe immer recht.<br />

Dies än<strong>der</strong>te sich regelmäßig, wenn Bempostaner im Jugendalter begannen,<br />

selber zu denken, kritische Fragen zu stellen, wenn sie merkten, daß die Umwelt<br />

und die Erwachsenen außerhalb Bempostas nicht nur <strong>aus</strong> üblen Kin<strong>der</strong>feinden,<br />

Feinden Bempostas, Feinden des Paters und Scharlatanen besteht,<br />

wie <strong>der</strong> Pater behauptete, und sie vom Pater auf ihre Fragen dann keine befriedigenden<br />

Antworten erhielten.<br />

Dann zeigte sich die an<strong>der</strong>e Seite des Paters: Er wird beschrieben als verrückter<br />

Fanatiker, <strong>der</strong> krank im Kopf ist, als Zirkus-Mann, <strong>der</strong> von einer Rolle<br />

in die nächste schlüpft, als illusionistischer Träumer, <strong>der</strong> nicht <strong>aus</strong> Erfahrung<br />

lernen will, <strong>der</strong> nur seinen persönlichen Narzißmus, Größenwahn, seine Eitelkeit,<br />

Herrschsucht und Überheblichkeit befriedigen will, als Hochstapler, <strong>der</strong><br />

stets wortreich die Fakten zu seinen eigenen Gunsten verdreht, dem seine Idee<br />

Bemposta über alles geht, auch über die Realität, und dem für sein (!) Bemposta<br />

alle Mittel heilig sind. Ein Mann, <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> nur als Bempostaner sieht,<br />

als von ihm zu formende Träger seiner Ideologie und nicht als Individuen mit<br />

eigener Persönlichkeit. Der die Kin<strong>der</strong> und sonstige Anhänger unselbständig<br />

hält und faktisch die absolute Unterwerfung unter seine geistige Führung for<strong>der</strong>t,<br />

ein Mann, dessen Absolutheitsanspruch es nicht erträgt, daß an<strong>der</strong>e von<br />

ihm unabhängig sind, <strong>der</strong> nie bereit ist, die Persönlichkeit an<strong>der</strong>er Menschen<br />

zu akzeptieren und zu respektieren, <strong>der</strong><br />

663 Vgl. hierzu die Interviews mit ehemaligen Bempostanern bei Poschkamp u. Schny<strong>der</strong><br />

(1985: 117 - 152).<br />

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