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Herausforderungen der Familienmedizin - Združenje zdravnikov ...

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Zapušek J: Gespräch mit einem angeblich missbrauchten Kind 55<br />

EINLEITUNG<br />

Ein Gespräch mit einem angeblich missbrauchten Kind zu führen, ist eine extrem<br />

anspruchsvolle Herausfor<strong>der</strong>ung, die sehr gute theoretische Fachkenntnisse und viel<br />

Erfahrung des Interviewers for<strong>der</strong>t. Das Hauptproblem, das in dieser Seminararbeit den roten<br />

Faden des gesamten Inhaltes darstellt, liegt darin, dass es von einem drei- bis sechsjährigen<br />

Kind unbeschreiblich schwer ist die Wahrheit über ein überaus unangenehmes Ereignis bzw.<br />

Erfahrung zu erfahren. Auf den ersten Blick scheint das vielleicht sehr ungewöhnlich, aber ich<br />

bin davon überzeugt, dass je<strong>der</strong> Leser, <strong>der</strong> diese Seminararbeit zu Ende lesen wird, diese<br />

„unfassbare Schwierigkeit“ völlig verstehen und ihr ohne Zweifel zustimmen wird.<br />

Warum ist diese Thematik im Rahmen des Faches <strong>Familienmedizin</strong> wichtig, wenn sich doch<br />

mit diesen Kin<strong>der</strong>n meistens Fachleute unterhalten, die für solche Gespräche qualifiziert sind?<br />

Erstens ist es gut, einige Grundlagen über den Ansatz bei <strong>der</strong> Kommunikation mit solchen<br />

Kin<strong>der</strong>n schon deshalb zu kennen, weil wir früher o<strong>der</strong> später selbst Eltern werden; auch<br />

unseren Kin<strong>der</strong>n kann es geschehen, dass sie missbraucht werden, entwe<strong>der</strong> sexuell, physisch<br />

o<strong>der</strong> irgendwie an<strong>der</strong>s. Wie auch im Weiteren vorgestellt ist, muss man sich bewusst sein,<br />

dass unser eigenes Kind uns als Eltern nichts mehr über einen Missbrauch sagen wird, als es<br />

später bereit sein wird, einem fremden und unbekannten Psychologen zu erzählen (1). Mit<br />

einem falschen Ansatz kann dem Kind noch mehr Schaden als Hilfe zugefügt werden.<br />

Ein weiterer Grund für eine eingehen<strong>der</strong>e Beschäftigung mit dieser Thematik ist, dass wir als<br />

zukünftige Ärzte mit solchen Kin<strong>der</strong>n gewiss arbeiten werden. Schließlich werden wir uns mit<br />

ihnen über ihre <strong>der</strong>artigen Probleme schwer in <strong>der</strong> Praxis unterhalten können, wo neben dem<br />

Kind auch <strong>der</strong> Vater o<strong>der</strong> die Mutter (o<strong>der</strong> beide) aufmerksam zuhören und auf jede Frage<br />

reagieren, die sie irgendwie belasten könnte. Mit dem richtigen Ansatz können wir mehr von<br />

einem Kind erfahren, das aufgrund verdächtiger Verletzungen, Brüche, Blutergüsse, einer<br />

Unterernährung, Verschlossenheit o<strong>der</strong> desgleichen hospitalisiert ist.<br />

Der dritte wichtige Aspekt <strong>der</strong> behandelten Thematik ist die Tatsache, dass wenige Kin<strong>der</strong><br />

sofort die Person nennen, die sie wirklich missbraucht hat. Oft wollen sie es nur dem<br />

Interviewer recht machen, <strong>der</strong> von ihnen die Identität <strong>der</strong> Person verlangt, deswegen nennen<br />

sie zuerst lieber jemand an<strong>der</strong>es, vielleicht einen Verwandten, Bekannten o<strong>der</strong> Lehrer. Wenn<br />

man eine solche Information gleich als reine Wahrheit aufnimmt, kann man dem Menschen,<br />

den das Kind falsch genannt hat, das Leben völlig zerstören! Man stelle sich vor, dass das<br />

Kind seinen Lehrer falsch anschuldigt (was nicht selten vorkommt). Verständlich breitet sich<br />

die Nachricht blitzschnell unter den Menschen aus. Es ist nicht schwer sich vorzustellen, dass<br />

auch wenn das Gericht den Lehrer frei spricht, den Fehler eingesteht und das Kind die<br />

Wahrheit erzählt, dieser Lehrer nie wie<strong>der</strong> solches Vertrauen genießen wird wie früher, denn<br />

kein Elternteil wird ihm je wie<strong>der</strong> ihr Kind leichten Herzens anvertrauen und auch eine neue<br />

Arbeit wird er schwer finden.<br />

In dieser Seminararbeit sollen den Lesern einige <strong>der</strong> häufigsten Fehler bei <strong>der</strong><br />

Kommunikation mit angeblich missbrauchten Kin<strong>der</strong>n vorgestellt werden. Es sind auch kurze<br />

Beispiele und einige Studien beschrieben, die gezeigt haben, wieso ein solcher Ansatz nicht<br />

entsprechend ist. Im letzten Kapitel sind Beispiele einer entsprechenden Kommunikation<br />

vorgestellt, sofern diese überhaupt entsprechend sein kann, denn die meisten Autoren<br />

schreiben viel lieber darüber, wie nicht kommuniziert werden sollte, anstatt davon, wie eine<br />

richtige Kommunikation verlaufen sollte. Am Anfang wird das Hauptproblem erörtert, auf das<br />

man beim Gespräch mit Kin<strong>der</strong>n allgemein trifft, noch beson<strong>der</strong>s bei missbrauchten Kin<strong>der</strong>n;<br />

das ist die Suggestibilität von Kin<strong>der</strong>n.<br />

<strong>Herausfor<strong>der</strong>ungen</strong> <strong>der</strong> <strong>Familienmedizin</strong> – Sammelband <strong>der</strong> Seminararbeiten von Studenten <strong>der</strong> medizinischen<br />

Fakultät <strong>der</strong> Universität in Maribor (MF UM), 2007/2008

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