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Mutig in die Zukunft - ideen-theke

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6<br />

<strong>Mutig</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong><br />

Warum es sich lohnt, an sich zu glauben!<br />

Gold-Gerds Erfolge<br />

Schönfelders schönste<br />

Goldmedaille<br />

Wie viele Medaillen und Pokale<br />

der Kulma<strong>in</strong>er <strong>in</strong> 19 Jahren Skizirkus<br />

gesammelt hat, dürfte nicht<br />

e<strong>in</strong>mal er genau wissen. Doch welche<br />

für ihn <strong>die</strong> wertvollste war, ist<br />

für Schönfelder ke<strong>in</strong>e Frage.<br />

E<strong>in</strong> Sprung <strong>in</strong> den Himmel mit<br />

geballter Faust. Gerd Schönfelder<br />

feiert se<strong>in</strong>e Goldmedaille <strong>in</strong><br />

der Abfahrt im kanadischen<br />

Whistler. Am Ende wurden es<br />

vier Titel. Bild: dpa<br />

„Jede Olympiamedaille ist etwas<br />

Besonderes, aber den Sieg <strong>in</strong> der<br />

Super-Komb<strong>in</strong>ation <strong>in</strong> Vancouver<br />

werde ich nie vergessen“. E<strong>in</strong>e<br />

weltweit e<strong>in</strong>malige Komb<strong>in</strong>ation,<br />

denn während des ersten Durchgangs<br />

<strong>in</strong> se<strong>in</strong>em letzten Wettbewerb<br />

bei paralympischen W<strong>in</strong>terspielen<br />

kam se<strong>in</strong> Sohn Leopold auf<br />

<strong>die</strong> Welt. „Das ist nicht zu toppen“.<br />

Meistertitel, Preise<br />

und Ehrungen<br />

Der Form halber noch e<strong>in</strong> kurzer<br />

Auszug aus Schönfelders umfangreichen<br />

„Medaillenspiegel“: Bei<br />

der Teilnahme an allen sechs „Paralympics“<br />

seit Albertville 1992 gewann<br />

Gold-Gerd16Gold-, vier Silber-<br />

und zwei Bronzemedaillen.<br />

Dazu kommen zwölf Weltmeistertitel,<br />

sieben Weltcup- und fünf Europacup-Gesamtsiege.<br />

Vor e<strong>in</strong>igen Wochen erhielt der<br />

39-Jährige bereits zum vierten Mal<br />

das silberne Lorbeerblatt – <strong>die</strong><br />

höchste sportliche Auszeichnung<br />

Deutschlands –aus der Hand des<br />

Bundespräsidenten. Dersiebenfache<br />

Sportler des Jahres bei der NT-<br />

Sportlerwahl wurde zudem 2006<br />

Beh<strong>in</strong>dertensportler des Jahres<br />

und 2004 mit dem Bayerischen<br />

Sportpreis ausgezeichnet. Zudem<br />

war er für den „Laureus World<br />

Sport Award“ (2002) nom<strong>in</strong>iert. In<br />

se<strong>in</strong>er Heimatgeme<strong>in</strong>de Kulma<strong>in</strong><br />

ist Schönfelder Ehrenbürger.(tos)<br />

Herausforderung e<strong>in</strong>es Champions<br />

Beh<strong>in</strong>dertensportler Gerd Schönfelder schöpfte nach Unfall wieder Mut –Erfolgreichster Ski-Alp<strong>in</strong>-Fahrer<br />

VonTobias Schwarzmeier<br />

Kulma<strong>in</strong>. Im Moment ist Gerd<br />

Schönfelder Babysitter. Söhnchen<br />

Leopold (acht Wochen)<br />

und Tochter Emilia (3 Jahre) halten<br />

den vierfachen Goldmedaillengew<strong>in</strong>ner<br />

der Paralympics <strong>in</strong><br />

Vancouver auf Trab. Familienglück<br />

und sportlicher Erfolg –<br />

Im Grunde erübrigt sich <strong>die</strong> Frage:<br />

„S<strong>in</strong>d Sie glücklich?“. Die<br />

prompte Antwort: „Ja b<strong>in</strong> ich,<br />

mir fehlt nichts.“<br />

Eigentlich war Skifahren auf Wettkampfebene<br />

für den, mit 16 Paralympicsiegen<br />

erfolgreichsten Ski-Alp<strong>in</strong>-<br />

Fahrer überhaupt, schon abgehakt.<br />

„Das Talent war immer da, mit zwölf<br />

hatte ich schon Rennen gewonnen.<br />

Für e<strong>in</strong>e Profikarriere hätte ich aber<br />

an das Skigymnasium Berchtesgaden<br />

gemusst“, erzählt der 39-Jährige. So<br />

war mit 17 zunächst Schluss mit dem<br />

Leistungssport.<br />

Ausgerechnet e<strong>in</strong> Unfall vor 20Jahren<br />

brachte ihn wieder zum Skisport<br />

Beh<strong>in</strong>dertist man nur,<br />

wenn man sich von dem<br />

Gerede oder den Blicken<br />

der Leute e<strong>in</strong>schränken<br />

lässt.<br />

Gerd Schönfelder<br />

zurück. Als er auf e<strong>in</strong>en anfahrenden<br />

Zug aufspr<strong>in</strong>gen wollte und mitgeschleift<br />

wurde, verlor Schönfelder<br />

se<strong>in</strong>en rechten Arm und drei F<strong>in</strong>ger<br />

der l<strong>in</strong>ken Hand.<br />

Was andere gehemmt hätte, war für<br />

den Kulma<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>e Art Initialzündung.<br />

Denn jetzt wagte der sympathische<br />

Athlet den Schritt. Nur vier<br />

Monate nach dem Unfall stand er<br />

wieder auf Skiern. „Mit 19 war ich ja<br />

im besten Alter und zu Anfang das<br />

Küken bei den Rennen.“ Schnell kamen<br />

durch akribisches Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g <strong>die</strong><br />

ersten guten Zeiten und E<strong>in</strong>ladungen<br />

Familienzuwachs bei Schönfelders: Vor acht Wochen bekamen Gerd und<br />

Christ<strong>in</strong>a nach Tochter Emilia (3) mit Söhnchen Leopold ihr zweites K<strong>in</strong>d.<br />

<strong>in</strong> <strong>die</strong> Auswahlkader des Deutschen<br />

Beh<strong>in</strong>dertensportverbands (DBS).<br />

„Wellenbrecher“ Skisport<br />

Auch wenn <strong>die</strong> Liebe zum Skifahren<br />

letztendlich verh<strong>in</strong>derte, dass das<br />

traumatische Erlebnis <strong>in</strong> „Wellen“<br />

wiederkam, war es mehr noch das<br />

Fußballspielen für se<strong>in</strong>en SV Kulma<strong>in</strong>,<br />

das half, den Unfall zu verarbeiten.<br />

„Es war wichtig, dazu zu gehören“,<br />

er<strong>in</strong>nert sich der Mittelfeldspieler.<br />

Ungewohnte Worte für e<strong>in</strong>en,<br />

für den „Dabeise<strong>in</strong>“ nie alles war.<br />

Schönfelder gr<strong>in</strong>st, wenn man ihn<br />

auf se<strong>in</strong>en Spitznamen „Stier von<br />

Kulma<strong>in</strong>“ anspricht. Denn der<br />

Kampfname (wegen se<strong>in</strong>es aggressiven<br />

Fahrstils auf der Piste) charakterisiert<br />

ihn ziemlich treffend. Selbst<br />

bei se<strong>in</strong>en Hobbys wie Segeln, Tauchen,<br />

oder Speedskat<strong>in</strong>g –esgibt nur<br />

e<strong>in</strong>e Art, wie Schönfelder an <strong>die</strong> D<strong>in</strong>ge<br />

herangeht –<strong>in</strong>tensiv nämlich.<br />

„Sport war für mich immer lebensnotwendig,<br />

außerdem hilft mir me<strong>in</strong>e<br />

Fitness, den fehlenden Arm zu<br />

kompensieren.“ Nur mit dem Golfen<br />

hat er Probleme – es fehlt ihm<br />

schlicht <strong>die</strong> Zeit dafür. „Ich hätte nie<br />

gedacht, dass es mit e<strong>in</strong>em Arm<br />

funktioniert, aber Sport ist vor allem<br />

auch e<strong>in</strong>e Kopfsache. Der beste Reckturner<br />

werde ich aber wohl nicht<br />

mehr“, witzelt der Allrounder.<br />

Diese positive Lebense<strong>in</strong>stellung und<br />

se<strong>in</strong> <strong>in</strong>nerer Antrieb halfen nicht nur<br />

im Sport. „Natürlich kostete es anfangs<br />

Überw<strong>in</strong>dung, sich im<br />

Schwimmbad zu zeigen oder auf<br />

Menschen zuzugehen. Doch erst<br />

wenn man sich durch <strong>die</strong> Blicke der<br />

Leute oder <strong>die</strong> Angst vor Gerede e<strong>in</strong>schränken<br />

lässt, ist man beh<strong>in</strong>dert“,<br />

betont Gerd Schönfelder.<br />

Ke<strong>in</strong> langes Hadern<br />

„Nach dem Unfall war es schwer, weil<br />

ich mir nicht vorstellen konnte, wie<br />

es weitergehen soll. Ich dachte, ich<br />

kann jetzt e<strong>in</strong>fachste Sachen nicht<br />

mehr machen.“ Doch Hängenlassen<br />

liegt nicht <strong>in</strong> Schönfelders Naturell:<br />

„Man probiert etwas aus, und es<br />

funktioniert, man probiert weiter<br />

und sieht, es ist viel möglich. Heute<br />

kann ich wieder alles machen.“<br />

Nicht der typische Politiker<br />

Neben dem Skisport, se<strong>in</strong>er Familie<br />

und vielen Hobbys gehört zum Leben<br />

des gelernten Elektrotechnikers<br />

seit e<strong>in</strong>iger Zeit noch e<strong>in</strong> weiteresBetätigungsfeld<br />

–<strong>die</strong> Politik.<br />

„Ich b<strong>in</strong> nicht der typische Politiker“,<br />

so der Kulma<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>deratSchönfelder,der<br />

seit <strong>die</strong>sem Jahr<br />

als Nachrücker auch im Tirschenreuther<br />

Kreistag sitzt. In se<strong>in</strong>er Ge-<br />

me<strong>in</strong>de kümmertersich um <strong>die</strong> Jugendarbeit,<br />

weitere politische Ambitionen<br />

hat er aber ke<strong>in</strong>e.<br />

Dennoch will Schönfelder se<strong>in</strong>e<br />

Verb<strong>in</strong>dung zur großen Politik<br />

durch den Sportfür <strong>die</strong> Region nutzen:<br />

„Vielleicht kann ich für unsere<br />

Gegend etwas bewegen.“ (tos)<br />

Die offizielle Homepage des Kulma<strong>in</strong>ers:<br />

www.gerd-schoenfelder.de<br />

Kanada war e<strong>in</strong> gutes<br />

Pflaster für Gerd<br />

Schönfelder.Auch<br />

beim Super-G<br />

(stehend) bei den Paralympics<br />

2010 <strong>in</strong><br />

Whistler war der<br />

39-jährige Kulma<strong>in</strong>er<br />

nicht zustoppen und<br />

wiederholte mit <strong>in</strong>sgesamt<br />

vier Goldmedaillen<br />

se<strong>in</strong><br />

glänzendes Ergebnis<br />

der Spiele von Salt<br />

Lake City 2002.<br />

Bild: dpa<br />

Se<strong>in</strong>e Vielseitigkeit half ihm auch auf<br />

der berüchtigten Abfahrtsstrecke <strong>in</strong><br />

Vancouver: „Die Bed<strong>in</strong>gungen waren<br />

nicht e<strong>in</strong>fach, kamen mir aber durch<br />

me<strong>in</strong>e gute Verfassung entgegen. Ich<br />

habe <strong>in</strong> der Vorbereitung nichts dem<br />

Zufall überlassen und wollte es den<br />

Jungen noch e<strong>in</strong>mal zeigen.“ Doch<br />

trotz allem Ehrgeiz war se<strong>in</strong>e Laufbahn<br />

nicht das verbissene Rasen e<strong>in</strong>es<br />

Adrenal<strong>in</strong>-Junkies von Erfolg zu<br />

Erfolg: „Jeder Titel muss auch gefeiert<br />

werden, das braucht man, um Dampf<br />

abzulassen“, me<strong>in</strong>t Schönfelder.<br />

Leben zwischen den Stangen<br />

Die Olympia-Feiern s<strong>in</strong>d jetzt ausgeklungen<br />

und ob er nun noch e<strong>in</strong>e<br />

letzte Saison –dann se<strong>in</strong>e 20. –mit<br />

der WM <strong>in</strong> Sestriere dranhängt, bleibt<br />

noch offen. Was ihm am Skizirkus<br />

fehlen wird, weiß er schon jetzt: nicht<br />

<strong>die</strong> Anerkennung oder Medaillen,<br />

sondern der Wettkampf an sich. „Es<br />

ist was anderes zwischen den Stangen,<br />

als wenn man ,nur’ Skifährt.“<br />

In vielen Sportarten daheim: Gerd<br />

Schönfelder als Radler bei der Panorama-Tour<br />

2001. Bild:ma<br />

Loslassen nach dem Karriereende<br />

könne er, sagt er. Und man glaubt<br />

ihm das. „Ich kann mir nicht vorstellen,<br />

danach <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Loch zu fallen. Ich<br />

habe genügend zu tun, dann mache<br />

ich eben etwas anderes.“ Optionen<br />

wären etwa als Verbandstra<strong>in</strong>er (den<br />

C-Sche<strong>in</strong> hat er schon) oder im Bereich<br />

Sportmarket<strong>in</strong>g. Auf jeden Fall<br />

will er sich <strong>in</strong>tensiver um se<strong>in</strong>e Familie<br />

kümmern und se<strong>in</strong>e Frau Christ<strong>in</strong>a<br />

(34) unterstützen, <strong>die</strong> e<strong>in</strong>e Logopä<strong>die</strong>praxis<br />

hat. „2009 waren es 120<br />

Skitage. Mit e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en K<strong>in</strong>d daheim<br />

immer wieder für Wochen <strong>in</strong><br />

Neuseeland oder den USA zu se<strong>in</strong>,<br />

war nicht e<strong>in</strong>fach“, so der Sportler.<br />

Im Moment steht Schönfelder vor<br />

e<strong>in</strong>er ganz anderen Hürde, nämlich<br />

se<strong>in</strong>e beiden Sprössl<strong>in</strong>ge gleichzeitig<br />

zum Schlafen br<strong>in</strong>gen – meist vergeblich.<br />

„Alle<strong>in</strong>e ist es kaum zu schaffen“,<br />

so der junge Vater. Doch auch<br />

<strong>die</strong>se Herausforderung wird der Kulma<strong>in</strong>er<br />

sicher noch bewältigen.

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