Energie und Baudenkmal 1 Gebäudehülle
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Massive Aussenwände von bewohnten Räumen wurden<br />
auf der Innenseite oft mit Holz oder Textilien verkleidet.<br />
Ein Wandtäfer aus Fichte vermochte die innere Oberflächentemperatur<br />
um 2 – 3 °C zu erhöhen. Damit konnten<br />
die Behaglichkeit (empf<strong>und</strong>ene Raumtemperatur)<br />
gesteigert <strong>und</strong> – je nach Wandstärke – auch Oberflächenkondensate<br />
vermieden werden.<br />
Skelettbauten<br />
Klassische Leichtbauten sind Holzständerkonstruktionen<br />
mit Brett- <strong>und</strong> Bohlenfüllungen oder Holzrahmenbauten,<br />
wie die als Systembauten errichteten Holzbaracken<br />
der Schweizer Armee. Diese prägten den Begriff<br />
«Barackenklima». Leichtbauten sind aber auch Stahlskelette,<br />
wie die bedeutende Fabrikanlage der Firma USM<br />
in Münsingen. Leichtbauten haben eine geringe Wärmespeicherfähigkeit.<br />
Das heisst, dass die Wärmezufuhr von aussen nur mit<br />
kleiner Amplitudendämpfung <strong>und</strong> kleiner Phasenverschiebung<br />
ins Innere durchschlägt. Historische Bauten<br />
kompensieren diesen Mangel im Sommer durch grosse<br />
Vordächer, welche die Aussenwände <strong>und</strong> Fensterflächen<br />
beschatten, <strong>und</strong> durch offene Dachräume, die als Klimapuffer<br />
dienen. Auch Lauben können eine Pufferwirkung<br />
ausüben.<br />
eine elegante Alternative. Die bewohnte Box kommt<br />
nicht in direkte Berührung mit der heissen Dachkonstruktion,<br />
der Dachraum bleibt als Grossraum durchlüftet. Im<br />
Winter kann zwar eine Südfassade aus Holz grosse Wärmeeinträge<br />
bringen, das Gebäude wird jedoch sehr rasch<br />
wieder auskühlen. Die Amplitudendämpfung ist gering,<br />
sodass sich die hohen <strong>und</strong> tiefen Temperaturspitzen auch<br />
rasch im Innern einstellen. Leichtbauten waren die ersten<br />
Bauten, welche vermutlich seit der zweiten Hälfte des 19.<br />
Jahrh<strong>und</strong>erts mit speziellen Dämm- <strong>und</strong> Speicherschichten<br />
ausgestattet wurden.<br />
Hans Christian Nussbaum schrieb in seiner Schrift «Die<br />
Hygiene des Wohnungswesens» bereits 1907 1 : «Als<br />
Gr<strong>und</strong>satz für eine solche leichte Bauart der Wohnhäuser<br />
muss gelten, die der Abkühlung <strong>und</strong> Erhitzung ausgesetzten<br />
Flächen aussen mit einem besonders schlechten<br />
Wärmeleiter zu versehen, innen aber aus tunlichst<br />
schweren Baustoffen in einer Stärke herzustellen, welche<br />
als Wärmespeicher ausreicht. Dann erfolgt die Ableitung<br />
l <strong>Gebäudehülle</strong><br />
Autonome Box im Dachraum, Architekt Johannes Florin,<br />
Maienfeld (Abb. 18)<br />
Uninorm-Baracke der Schweizer Armee in<br />
Alpnach (Abb. 17)<br />
Dachtragwerke sind charakteristische Leichtbauteile.<br />
Ausgebaute Dachgeschosse können auch bei guter Dämmung<br />
im Sommer stark überhitzen: Die Amplitudendämpfung<br />
ist klein <strong>und</strong> die Phasenverschiebung beträgt<br />
nur ca. 2 bis 4 St<strong>und</strong>en. Der TAV beträgt nur ca. 0.6–0.7,<br />
das heisst, dass die sommerliche Mittagshitze den Innenraum<br />
bereits aufheizt, bevor die Aussenluft sich abkühlt,<br />
die Fenster können noch nicht geöffnet werden. Die<br />
Wahl schwerer Dämmmaterialien wie Holzfaserplatten<br />
drängt sich auf. Ist der Dachraum genügend gross, bietet<br />
sich mit dem Einbau einer Box in den offenen Dachraum<br />
Wahlern, Bauernhof Aeckenmatt, 1746, grosse Dachvorsprünge<br />
<strong>und</strong> Lauben als Sonnen- <strong>und</strong> Wetterschutz eines<br />
Skelettbaus aus Holz (Abb. 19)<br />
1) Hans Christian<br />
Nussbaum,<br />
Die Hygiene des<br />
Wohnungswesens,<br />
Leipzig, 1907<br />
<strong>Energie</strong> <strong>und</strong> <strong>Baudenkmal</strong> – <strong>Gebäudehülle</strong> – V1 – 2014<br />
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