Energie und Baudenkmal 3 Haustechnik
Handbuch
Handbuch
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
5.1 Heizungsanlagen<br />
Einführung<br />
Das <strong>Energie</strong>sparpotenzial durch eine Sanierung der haustechnischen<br />
Anlagen (technische Gebäudeausrüstung,<br />
Gebäudetechnik, Versorgungstechnik), insbesondere der<br />
Heizung, ist, wie mehrere Studien belegen, sehr gross.<br />
Besonders wertvoll ist in diesem Zusammenhang eine<br />
Pilotstudie der Technischen Universität Dresden<br />
aus den Jahren 2009 bis 2011, welche sich mit der<br />
energetischen Sanierung von Baudenkmälern befasst 1 .<br />
Sie untersucht systematisch die energetische Effizienz<br />
konkreter Sanierungsmassnahmen von fünf verschiedenen<br />
Gebäudetypen an einer relevanten Anzahl von<br />
Baudenkmälern unter dem Aspekt der Denkmalverträglichkeit.<br />
Die Studie zeigt, dass neben der Dämmung der<br />
Aussenwände die effizienteste Massnahme zur energetischen<br />
Verbesserung von Baudenkmälern die Sanierung<br />
der <strong>Haustechnik</strong> ist. Ebenso weist sie darauf hin, dass<br />
eine Sanierung der Anlagetechnik im Vergleich mit der<br />
Hülldämmung denkmalverträglicher ist. Der Sanierung<br />
der Anlagetechnik von beheizten Baudenkmälern kommt<br />
eine hohe Bedeutung zu.<br />
Im Folgenden werden Heizung, Lüftung, sanitäre <strong>und</strong><br />
elektrische Installationen disziplinenweise diskutiert. Es<br />
werden keine konkreten Sanierungsvorschläge unterbreitet,<br />
sondern die Einsparpotentiale der Anlageteile<br />
katalog förmig aufgelistet. Konkrete Sanierungskonzepte<br />
müssen im Team der an der Planung Beteiligten für<br />
den Einzelfall erarbeitet werden.<br />
Eingangs erscheint es jedoch sinnvoll, über die ursprüngliche<br />
<strong>Haustechnik</strong> der Denkmäler (die zur Hauptsache<br />
aus der Heizung bestand), über deren Wirkungsweise<br />
<strong>und</strong> über die Ansprüche ihrer heutigen Nutzer nachzudenken.<br />
5.2 Notizen zur Geschichte<br />
des Heizens<br />
Nutzeransprüche <strong>und</strong> Heizkomfort<br />
Viele beheizte Baudenkmäler sind heute mit einer<br />
Zentralheizung, bestehend aus dem Wärmeerzeuger, der<br />
Wärmeverteilung <strong>und</strong> der Wärmeabgabe, ausgestattet.<br />
Einige Baudenkmäler werden auch erst jetzt im Rahmen<br />
einer energetischen Sanierung neu zentral beheizt. Die<br />
meisten vor 1900 erstellten Objekte, <strong>und</strong> viele in der ersten<br />
Hälfte des 20. Jahrh<strong>und</strong>ert errichtete Bauten wurden<br />
ursprünglich mit Einzelöfen beheizt. Der Heizkomfort<br />
mit Einzelöfen war in den letzten Jahrh<strong>und</strong>erten konstant<br />
<strong>und</strong> aus heutiger Sicht niedrig. Man begnügte sich<br />
mit einer warmen Stube <strong>und</strong> stellte keine differenzierten<br />
Anforderungen an Luft- <strong>und</strong> Oberflächentemperaturen,<br />
Luftbewegung <strong>und</strong> Raumluftfeuchtigkeit. Die Innentemperaturen<br />
waren je nach Beschickung der Öfen innerhalb<br />
eines Raums im Tagesverlauf sehr unterschiedlich.<br />
Unten stehendes Diagramm zeigt Temperaturen eines<br />
mit Kachelofen beheizten Raums im Tagesverlauf, gemessen<br />
einerseits in Ofennähe <strong>und</strong> andererseits am Tisch<br />
in Fensternähe. Die Differenzen betragen bis zu<br />
10 ˚C.<br />
lll <strong>Haustechnik</strong><br />
Im Zusammenhang mit haustechnischen Erneuerungen<br />
stehen aus der Sicht der Denkmalpflege<br />
folgende Themenkreise im Vordergr<strong>und</strong>:<br />
– Substanzerhaltung (Minimierung von<br />
Eingriffen für Leitungen <strong>und</strong> Raumheizung)<br />
– künftiges Raumklima (Substanzschonung)<br />
– Erhaltung historisch bedeutender <strong>Haustechnik</strong><br />
(Kachelofen, Rauchabzüge, Heizkörper)<br />
Stube mit Kachelofen beheizt, Raumlufttemperatur in<br />
Abhängigkeit von Beschickung <strong>und</strong> Aufenthaltsort (Abb. 11)<br />
Die Lufttemperatur ist also abhängig von der Beschickung<br />
<strong>und</strong> der Nähe zum Ofen. Die Temperaturregelung<br />
erfolgte primär über die Öffnungen. Eine Studie aus den<br />
späten 1950er-Jahren in 50 Wohnungen mit Einzelofen<br />
zeigt, dass auch im Wochenverlauf unterschiedlich geheizt<br />
wurde 2 . Von Montag bis Freitag nahm die Anzahl<br />
der beheizten Räume leicht zu, stieg zum Wochenende<br />
noch an <strong>und</strong> erreichte am Sonntag den Höchstwert;<br />
dies spiegelt die Präsenz <strong>und</strong> den Komfortanspruch der<br />
1) Freistaat Sachsen,<br />
Staatsministerium<br />
des Innern, Energetische<br />
Sanierung<br />
von Baudenkmälern,<br />
Handlungsanleitung<br />
für Denkmaleigentümer,<br />
Architekten <strong>und</strong><br />
Ingenieure, Dresden<br />
2011.<br />
2) Aus: Helmut Künzel,<br />
Bauphysik, Geschichte<br />
<strong>und</strong> Geschichten,<br />
Stuttgart, 2002, S. 37<br />
<strong>Energie</strong> <strong>und</strong> <strong>Baudenkmal</strong> – <strong>Haustechnik</strong> – V1 – 2014 38