Barftgaans Februar 2017
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MENSCHLICHKEIT AM GLEIS 103<br />
Die Ehrenamtlichen der Bahnhofsmission helfen, wo sie gebraucht werden<br />
Das Team der Bahnhofsmission<br />
Uelzen<br />
mit Probst Jörg<br />
Hagen.<br />
Es ist kalt auf dem Bahnsteig 103. Der Wind pfeift um die<br />
Ecken, der Frost kriecht in die Knochen. Ungemütlich.<br />
Menschen laufen vorbei, suchen ihr Gleis, hetzen zum Zug,<br />
mit Koffern bepackt. Ein Zufluchtsort ist die Bahnhofsmission.<br />
Die Mitarbeiter bieten einem Gast einen Kaffee an.<br />
Der möchte sich ein bisschen aufwärmen, reden, ernstgenommen<br />
werden. Das bedeutet manchen Menschen, die<br />
nur wenig haben, sehr viel.<br />
Seit 2006 arbeitet Wolfgang Scholz bei der Bahnhofsmission,<br />
seit April 2010 als verantwortlicher Leiter. Der<br />
ruhige Mann kennt viele Geschichten und Schicksale der<br />
Menschen, die den Weg in die Mission finden und Hilfe<br />
bei den Ehrenamtlichen suchen. „Wo soll ich da anfangen“,<br />
lacht er. Bahnhofsmission ... das klingt wie ein Relikt aus<br />
alten Zeiten, als die Hausmädchen zum Arbeiten in die<br />
großen Städte fuhren und die Bahnhofsmissionen Schutz<br />
boten. Die erste Einrichtung dieser Art öffnete 1894 in Berlin.<br />
Uelzen zog 1919 nach. Während des Nationalsozialismus,<br />
Mitte der 30er-Jahre, wurden die Bahnhofsmissionen<br />
in ganz Deutschland geschlossen – als kirchliche Einrichtungen<br />
waren sie verboten. Im November 1950 öffnete die<br />
Bahnhofsmission in Uelzen wieder und ist seitdem Anlaufstelle<br />
für hilfesuchende Menschen: gestrandete Reisende,<br />
Obdachlose, Menschen mit Handicap, die Hilfe beim Einoder<br />
Ausstieg oder während der Reise brauchen; aber auch<br />
alleinreisende Kinder oder Menschen, die beispielsweise<br />
ihr Portemonnaie verloren haben. „Die Arbeit ist so spannend<br />
und abwechslungsreich. Man weiß nie, was der Tag<br />
bringt“, sagt Scholz.<br />
In seinem Team kümmern sich zurzeit zwölf Ehrenamtliche,<br />
eine junge Frau, die ein Freiwilliges Soziales Jahr<br />
absolviert, sowie zwei hauptamtliche Mitarbeiter um die<br />
Menschen, die die Bahnhofsmission – in welcher Weise<br />
auch immer – brauchen. „Seit 2008 sind wir mobile Bahnhofsmission.<br />
Das heißt, wir begleiten Kinder, Menschen<br />
mit Handicap oder Ältere im Nahverkehr bei ihren Fahrten<br />
und helfen beim Umsteigen. Drei bis vier Mitarbeiter<br />
fahren regelmäßig auf den Strecken mit. „Im Jahr haben<br />
wir rund 1.000 Begleitungen“, so Scholz. Darunter gibt es<br />
etliche Stammkunden, die regelmäßig den Service der<br />
Bahnhofsmission nutzen, meistens Menschen mit Handicap.<br />
„Mit der Zeit entwickelt sich ein enger Kontakt zu<br />
den Gästen und man erfährt eine ganze Menge über sie“,<br />
erzählt der engagierte Leiter. Zu helfen, das ist für ihn und<br />
sein Team eine echte Herzensangelegenheit „Ohne die<br />
Ehrenamtlichen, die Kollegen vom Service Point der Bahn<br />
würde hier gar nichts gehen. Das ist eine einmalige, enge<br />
Zusammenarbeit.“<br />
Der Träger der Bahnhofsmission ist der Diakonieverband<br />
Nordostniedersachsen, in dem verschiedene Einrichtungen<br />
der Kirche organisiert sind. Finanziert wird die<br />
Bahnhofsmission aus Mitteln der Landeskirche; dazu ist sie<br />
18 www.barftgaans.de | <strong>Februar</strong>/März <strong>2017</strong>