Master Dominique Matthieu - Pestalozzianum
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2. THEORETISCHE RAHMENKONZEPTION<br />
Delegationsbeziehungen im leistungssportlichen Bereich sind gekennzeichnet durch elterliche<br />
Unterstützungsleistungen in Form von Fahrdiensten, Besuchen von Training und Wettkämpfen, der<br />
Bereitstellung von finanziellen Mitteln oder dem Interesse an Gesprächen über das<br />
leistungssportliche Engagement. Im Gegenzug brillieren Jugendliche mit Siegen und zeigen sich so<br />
(indirekt) erkenntlich. Aus dieser Schilderung wird klar, dass aus diesen Austauschhandlungen<br />
ebenfalls ein Loyalitätsverhältnis erwächst. Die Eltern erwarten bewusst oder unbewusst eine<br />
Belohnung für ihre Bemühung, die Kinder oder Jugendlichen fühlen sich verpflichtet, sich zu<br />
revanchieren (Richartz 2000, S. 225/226).<br />
Familiäre Beziehungsgefüge, die durch starke Delegationen gekennzeichnet sind, sind gemäss<br />
Brettschneider&Richartz (1996, S. 95-98) sehr stabil und wirken sich positiv auf den Selbstwert der<br />
Jugendlichen aus, was wiederum eine personale Ressource darstellt. Sofern sich die gegenseitigen<br />
Erwartungen im Interaktionsmuster entsprechen, zusammenstimmen und sich jugendliche<br />
LeistungssportlerInnen unterstützt fühlen, wird diese Art der Elternbeziehung eine wertvolle soziale<br />
Ressource.<br />
Es ist offensichtlich, dass Delegationen aber auch mit Risiken verbunden sind. Als solche können<br />
beispielsweise folgende identifiziert werden:<br />
Das Loyalitätsverhältnis zwischen Eltern und jugendlichen LeistungssportlerInnen<br />
verwandelt sich in ein Verpflichtungsgefühl seitens der Jugendlichen<br />
Beide Elternteile erteilen verschiedene, möglicherweise divergierende Aufträge, der<br />
Athlet/die Athletin befindet sich in einem Loyalitätskonflikt<br />
Die Eltern haben mehrere, sich möglicherweise widersprechende Erwartungen in einem<br />
Bereich oder hohe Erwartungen in mehreren Bereichen (z.B. im schulischen und<br />
leistungssportlichen Engagement)<br />
Diskrepanzen zwischen den elterlichen Erwartungen und den jugendlichen Bedürfnissen<br />
(z.B. entwicklungsgemässe Bedürfnisse)<br />
Die Wertschätzung der Eltern reduziert sich auf einen spezifischen, den leistungssportlichen<br />
Persönlichkeitsbereich des/der Jugendlichen. Diese/r hat Angst nicht als vollständige Person<br />
angenommen zu werden, und gerät zunehmend unter Druck, sportliche Erfolge erzielen zu<br />
müssen.<br />
(vgl. Brettschneider&Richartz 1996, S. 95-98)<br />
In den vorher genannten Fällen kann das elterliche Engagement nicht als soziale Ressource<br />
fungieren. Zusammengefasst kann gesagt werden, dass eine Delegationsbeziehung für jugendliche<br />
LeistungssportlerInnen dann nicht als soziale Ressource genutzt werden kann, wenn die<br />
gegenseitigen Erwartungen nicht zusammenpassen oder wenn die Betreffenden trotz Delegation<br />
keine Unterstützung wahrnehmen.<br />
2.3.1.2. Die Bindungstheorie<br />
Ein weiterer Aspekt, der der Beschreibung von Beziehungsgefügen zwischen Eltern und Kind dient,<br />
ist die Qualität der Bindung. Die Bereitschaft, emotionale Bindungen einzugehen und aufrecht zu<br />
erhalten, liegt im Wesen der Menschen, das Fundament hierfür ist bereits bei einem Säugling<br />
vorhanden. In Situationen der Angst, der Beklemmung und des Erschrockenseins sucht ein Kind<br />
den Anschluss an seine Bindungsperson, die als sichere Basis empfunden wird. Wie hoch diese<br />
Sicherheit wahrgenommen und eingestuft wird, ist unterschiedlich. So werden zwischen Kindern<br />
mit sicherem, unsicher-ambivalenten, unsicher-vermeidenden und unsicher-desorganisiertem<br />
Arbeitsmodell unterschieden, je nach Verhaltensweise, die sie in einer beängstigenden Situation<br />
zeigen. Diese Tendenzen überdauern und Erinnerungen an die Beziehungsmuster der Kindheit<br />
haben einen starken Einfluss auf das Bindungsverhalten von Jugendlichen.<br />
Für jugendliche LeistungssportlerInnen ist eine Beziehungskonstellation, die sich durch eine starke<br />
Elternbindung auszeichnet, förderlich für ihre Tätigkeit (Richartz 2000, S. 241). Desgleichen<br />
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