WIRTSCHAFT+MARKT 2/17
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
50 | W+M POLITIK<br />
Profitiert der Osten ausreichend von<br />
der Neuregelung der Finanzbeziehungen<br />
zwischen<br />
Bund und Ländern?<br />
Mathias Brodkorb (SPD) ist Finanzminister des<br />
Landes Mecklenburg-Vorpommern.<br />
Rico Gebhardt ist Fraktionsvorsitzender der Fraktion<br />
Die Linke im Sächsischen Landtag sowie Vorsitzender<br />
der Partei Die Linke in Sachsen.<br />
„Ja”<br />
Von einst über 1,1 Milliarden<br />
Euro Solidarpaktmitteln<br />
le Verlässlichkeit ist gut,<br />
„Nein”<br />
Die geplante finanziel-<br />
erhält Mecklenburg-Vorpommern<br />
heute noch rund 370 Millionen Euro. 2020<br />
sehe ich kritisch. Es kam zu keiner vollständigen<br />
aber die Paketlösung<br />
läuft die Ostförderung ganz aus. Über viele Jahre<br />
Berücksichtigung der kommunalen Finanzkraft.<br />
waren die Einnahmen einer der wichtigsten Pfeiler<br />
Immerhin werden jetzt 75 statt 64 Prozent einbezogen,<br />
ein Schritt in die richtige Richtung. Zum<br />
unseres Haushalts. Alle neuen Länder haben diese<br />
Mittel für wichtige Investitionen genutzt – für Nachteil steuerschwacher Länder wie Sachsen<br />
Gebäude, Straßen, Radwege, Häfen, die Erschließung<br />
von Gewerbegebieten, den Ausbau von Pro-<br />
Euro, die nicht wie die Steuereinnahmen dyna-<br />
ist die Festbetragsfinanzierung von 2,6 Milliarden<br />
menaden und vieles mehr.<br />
misch steigt und damit an Kaufkraft verliert.<br />
Daher wird auch der größte Pessimist die Fortschritte<br />
nicht leugnen. Im Tourismus nimmt MV von „Kamingesprächen“ in Nebenabreden einge-<br />
Das Kompromisspaket wurde zudem als Ergebnis<br />
heute bundesweit die Spitzenposition ein, das Autobahnnetz<br />
hat sich seit 1991 mehr als verdoppelt, sellschaft für Bundesautobahnen die Gefahr der<br />
wickelt. So birgt die Gründung der Infrastrukturge-<br />
die eigenen Steuereinnahmen verdreifacht. Privatisierung und negativer Auswirkungen auf die<br />
Der Aufbau Ost ist also eine Erfolgsgeschichte. Gerade<br />
deshalb war die Einigung der Ministerpräsidengebaut,<br />
damit droht den Bundesländern Überwa-<br />
Beschäftigten in sich. Der Stabilitätsrat wird austen<br />
so wichtig. Ohne Zuweisungen zumindest auf chung wie den Staaten auf EU-Ebene durch die<br />
dem Niveau der Solidarpaktmittel von 2019 wäre „Troika“. Was fehlt, ist eine Vereinbarung über gemeinsame<br />
Bund/Länder-Anleihen – so werden die<br />
der wirtschaftliche Aufholprozess der ostdeutschen<br />
Länder jäh beendet worden.<br />
Bundesländer nicht durch niedrige Zinssätze entlastet.<br />
Der gesamte Osten hat mit ähnlichen Problemen<br />
zu kämpfen: der Finanzschwäche seiner Kommunen<br />
und den Kosten durch strukturelle Arbeitslochung<br />
der Lebensverhältnisse: So liegt das mittlere<br />
Die größte Baustelle bleibt die ausstehende Angleisigkeit.<br />
Diese Faktoren mussten zwingend größeres<br />
Gewicht bei der Neuordnung der Finanzbezie-<br />
Vollzeitbeschäftigten im Erzgebirgskreis mit 2.036<br />
Bruttoeinkommen von sozialversicherungspflichtig<br />
hungen erhalten. Als Finanzminister kann ich den<br />
Euro monatlich um mehr als 50 Prozent unter den<br />
ostdeutschen Ministerpräsidenten und insbesondere<br />
dem damaligen Vorsitzenden der Ministerran<br />
werden die neu geregelten Bund-Länder-Finanz-<br />
westdeutschen Spitzenreitern (um 4.500 Euro). Dapräsidentenkonferenz<br />
Erwin Sellering nur dankbar<br />
beziehungen kaum etwas ändern. Die Einnahmen<br />
sein: Sie haben unsere Interessen mit Nachdruck<br />
durch den Solidaritätszuschlag sollten daher gezielt<br />
vertreten, so dass wir jetzt – zumindest finanziell<br />
in die Entwicklung strukturschwacher Regionen, in<br />
– sehr viel sorgenfreier in die Zukunft blicken.<br />
Ost und West, investiert werden.<br />
Fotos: Finanzministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern (links), Linksfraktion im Sächsischen Landtag (rechts)<br />
<strong>WIRTSCHAFT+MARKT</strong> | 2/20<strong>17</strong>