COMPACT-Magazin 03-2017
Schulz wird Merkel
Schulz wird Merkel
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>COMPACT</strong> Politik<br />
«Wir haben nur eine Chance,<br />
wenn wir zusammenstehen»<br />
_ Jürgen Elsässer im Gespräch mit Martin Renner<br />
Steht die Alternative für Deutschland vor einer Spaltung? Von Ostfriesland<br />
bis zum Erzgebirge rumort es, es wird geschimpft und<br />
intrigiert, ausgetreten und ausgeschlossen. Die übergroße Mehrheit<br />
der Basis ist verzweifelt über den Flügelstreit – und viele hoffen auf<br />
Brückenbauer wie unseren Interviewpartner.<br />
Organisationen, den Gewerkschaften, den Kirchen,<br />
den NGOs und den Unternehmen der Sozialindustrie,<br />
verwendet, und dann auf unserem Programmparteitag<br />
im Sommer 2016 in Werl auch im Hinblick auf<br />
die AfD benutzt. Mit Sorge sehe ich eine Entwicklung,<br />
wo sich in der Partei verschiedene Seilschaften<br />
gebildet haben, die untereinander zusammenhalten<br />
und die Posten verteilen. Die Beteiligung aller<br />
Gruppierungen, je nach ihrem Gewicht, kommt so<br />
etwas ins Hintertreffen. Das ist nicht gut für die AfD.<br />
32<br />
Frauke Petry, Markus Pretzell und<br />
Martin Renner. Foto: picture alliance<br />
/ dpa<br />
«Höcke und seine<br />
Anhänger gehören<br />
ganz klar zur AfD –<br />
keinesfalls weniger<br />
als Petry und deren<br />
Anhänger.»<br />
In der AfD gibt es ein Hauen und Stechen, nicht<br />
nur in Nordrhein-Westfalen – und das in einem<br />
entscheidenden Wahljahr. Was ist da los?<br />
Wir stehen tatsächlich an einem Scheideweg. Im<br />
Grunde geht es überall um den Konflikt zwischen<br />
zwei Herangehensweisen: Manche legen den Fokus<br />
auf politische Arbeit und auf beharrlich vorgetragene<br />
politische Aussagen, andere eher auf Personelles,<br />
auf mediale Aufmerksamkeit erregende Auftritte.<br />
Auch das Erreichen von Mandaten, Pfründen und<br />
neuen Einkommen spielt eine gewisse Rolle. Aber<br />
um Macht und die Absicherung der erreichten Positionen<br />
geht es immer.<br />
Sie sollten als Co-Landesvorsitzender in NRW<br />
gestürzt werden, und zwar auf Antrag der übrigen<br />
Landesvorstandsmitglieder unter Führung<br />
von Marcus Pretzell. Hat sich da eine «Beutegemeinschaft»<br />
gebildet, die alle nicht zu ihrer<br />
Kabale Gehörenden wegbeißen will?<br />
Den Begriff «Beutegemeinschaft» hatte ich einmal<br />
zur Beschreibung der Altparteien und ihrer After-<br />
Von außen sieht es so aus, als kämpften eher<br />
Gemäßigte um die Bundesvorsitzende Frauke<br />
Petry und ihren Gatten Pretzell gegen eher Radikale<br />
um Björn Höcke.<br />
Ganz generell ist die Vorstellung falsch, bei uns<br />
kämpften zwei Flügel gegeneinander. Dafür sind<br />
meines Erachtens die einigenden Schnittmengen<br />
viel zu groß. Die AfD besteht im Wesentlichen aus<br />
den Positionen freiheitlich, bürgerlich, konservativ<br />
und patriotisch. Es wird übersehen, dass sich die<br />
große Mehrheit der Parteimitglieder – wie auch<br />
ich selbst – keinem der verschiedenen Flügel zuordnet.<br />
Und vor allem diese Mehrheit ist es, die an<br />
Einfluss verliert, weil sie aus Einzelpersonen und<br />
gerade nicht aus Seilschaften besteht. Und was<br />
die vermeintlich Gemäßigten angeht: Auch bei<br />
diesen haben wir Aktionen, die weder gemäßigt<br />
noch durchdacht erscheinen. Da wird aus heiterem<br />
Himmel die Begrifflichkeit «völkisch» thematisiert,<br />
«Schießen an der Grenze» als Ultima Ratio<br />
dargestellt und der Front National – eine sozialistische<br />
Partei mit extrem nationalem Impetus – als<br />
Partner entdeckt, an dessen Seite die AfD unverbrüchlich<br />
stehen sollte.<br />
Die Medien erwecken den Eindruck, als ob<br />
Höcke der Provokateur sei, der die Macht in<br />
der AfD an sich zu reißen versucht. Auch Petry<br />
hat gesagt, er schade der Partei und müsse<br />
eigentlich ausgeschlossen werden.<br />
Ich sehe mich nicht im Höcke-Lager, und auch mich<br />
stören bisweilen Rhetorik und Stilistik. Dennoch gehören<br />
auch er und seine Anhänger ganz klar zur AfD –<br />
keinesfalls weniger als Petry und deren Anhänger.<br />
Was den inhaltlichen Kern der Dresdner Rede angeht,<br />
stimme ich Höcke ausdrücklich zu: Natürlich<br />
hat sich in der Bundesrepublik seit vielen Jahrzehnten<br />
ein «Schuldkult» etabliert, der davon lebt,<br />
mittels moralischem Druck und Verweisen auf die<br />
schändliche NS-Vergangenheit die heutigen Oppo-