COMPACT-Spezial 10
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<strong>COMPACT</strong> <strong>Spezial</strong><br />
_ Der Islam in Deutschland<br />
2003) von einem «schmutzigen kleinen Geheimnis»:<br />
«Das Weiße Haus sah die Brüder als stillen Alliierten,<br />
eine Geheimwaffe gegen (was sonst?) den<br />
Kommunismus.» Tatsächlich nutzte die US-Außenpolitik<br />
die MB auch zur Anzettelung von Unruhen in<br />
den zentralasiatischen Sowjetrepubliken.<br />
Ein Alarmruf<br />
Gefahr für Deutschland<br />
Die aktuelle Stärke der Muslimbrüder zeigte sich<br />
im Jahr 2012, als sie in Ägypten nach dem Sturz<br />
von Staatschef Hosni Mubarak vorübergehend die<br />
Macht ergreifen und einen der ihren, Mohammed<br />
Mursi, als Präsidenten durchsetzen konnten. In den<br />
Oppositions- und Terrorbewegungen gegen Baschar<br />
al-Assad in Syrien spielen sie, nicht erst seit dem<br />
Ausbruch offener Gewalt 2011, ebenfalls die zentrale<br />
Rolle.<br />
Auch dem türkischen Präsidenten werden Verbindungen<br />
zur MB nachgesagt: «Recep Tayyip<br />
Erdogan, der ewige Muslimbruder», titelte Die Welt<br />
Ende 2013. Tatsächlich hatte sich der Türke im ägyptischen<br />
Machtkampf offen hinter Mursi gestellt. In<br />
jedem Fall gehörte Erdogans politischer Ziehvater<br />
Necmettin Erbakan der Geheimgesellschaft an: Die<br />
MB hatte auf die Gründung eines türkischen Zweiges<br />
verzichtet, weil sie in der von Erbakan geführten<br />
Milli-Görüs-Bewegung («Nationale Sicht») Gesinnungsgenossen<br />
sah.<br />
Ist es möglich, dass sich das bosnische Szenario<br />
in Mitteleuropa wiederholt? Könnten Erdogan<br />
und die Dschihadisten in Syrien ihre MB-Verbindung<br />
nutzen, um auch Deutschland in einen Bürgerkrieg<br />
zu treiben? Der deutsche Inlandsgeheimdienst<br />
hat jedenfalls ein wachsames Auge auf die Muslimbrüder<br />
mit ihren geschätzt 1.600 Anhängern in der<br />
Bundesrepublik. 2009 fand man einen Vierjahresplan<br />
der MB. «Die darin vorgesehenen Maßnahmen<br />
basieren auf einer Doppelstrategie», heißt es im<br />
bayrischen Verfassungsschutzbericht 2013. «Nach<br />
außen gibt sich die MB offen, tolerant und dialogbereit<br />
und strebt eine Zusammenarbeit mit politischen<br />
Institutionen und Entscheidungsträgern an,<br />
um so Einfluss im öffentlichen Leben zu gewinnen.<br />
Ihr Ziel bleibt aber die Errichtung einer auf der Scharia<br />
basierenden gesellschaftlichen und politischen<br />
Ordnung, wobei die MB für sich die Führungsrolle<br />
für alle Muslime beansprucht.»<br />
«Als Generalbevollmächtigter der Europäischen Moscheebauund<br />
Unterstützungsgesellschaft verwaltet el-Zayat mehr als<br />
600 Moscheen in Europa.» (Kölner Stadtanzeiger, 19.12.2007)<br />
Foto: picture-alliance/ dpa/dpaweb<br />
Der in Kairo wohnhafte, langjährige oberste<br />
MB-Führer Mohammed Mahdi Akef bezeichnete<br />
2007 den damaligen IGD-Präsidenten Ibrahim el-Zayat<br />
in einem ARD-Fernsehbeitrag als «Chef der Muslimbrüder<br />
in Deutschland». El-Zayat bestritt dies.<br />
Das NRW-Innenministerium schrieb, el-Zayats Verbindungen<br />
reichten «durch persönliche Kontakte von<br />
Funktionären und gemeinsame Projekte sowohl in<br />
den Bereich von islamisch-extremistischen Organisationen<br />
arabischstämmiger als auch türkischstämmiger<br />
Muslime, sowie zu einer islamischen Hilfsorganisation,<br />
die im Verdacht steht, heimlich den islamistischen<br />
Terrorismus zu unterstützen».<br />
«Ihr Ziel bleibt die Errichtung einer<br />
auf der Scharia basierenden<br />
Ordnung.» Verfassungsschutz<br />
«Die IGD in Deutschland und<br />
die mit ihr unmittelbar oder mittelbar<br />
vernetzten Organisationen,<br />
wie etwa die türkische Milli<br />
Görüs, sind politische Islamisten.<br />
Sie vertreten eine sehr<br />
radikale Haltung, die die absolute<br />
Geltung des Grundgesetzes<br />
nicht akzeptiert. Wie die terroristischen<br />
Islamisten kämpfen<br />
sie für die Verbreitung der Scharia,<br />
doch ihre Vorgehensweise<br />
ist anders: Sie rufen nicht direkt<br />
zur Gewalt auf, sondern nutzen<br />
gesetzliche Freiräume, um gegen<br />
unsere Rechtsordnung vorzugehen.<br />
Die ihnen zugerechneten<br />
Publikationen sind voll von<br />
antisemitischer Hetze und propagieren<br />
die Überlegenheit des<br />
Mannes gegenüber der Frau.<br />
Die Frage zum Beispiel, ob man<br />
seine Ehefrau schlagen sollte,<br />
wenn sie nicht gehorcht, beantworten<br />
politische Islamisten<br />
auf ihren Internetseiten so:<br />
erst reden, dann getrennte Ehebetten,<br />
und wenn auch das nicht<br />
hilft, helfen Prügel.» (Die damalige<br />
CDU-Bundestagsabgeordnete<br />
und spätere Bundesfamilienministerin<br />
Kristina Schröder<br />
in der Frankfurter Allgemeinen<br />
Zeitung, 11.5.2007, nach einem<br />
Auftritt des IGD-Chefs el-Zayat<br />
auf der Islamkonferenz der Bundesregierung)<br />
Das Symbol der IGD. Quelle: IGD<br />
Als mitgliederstärkste MB-Organisation in<br />
Deutschland wird die 1958 gegründete Islamische<br />
Gemeinschaft in Deutschland (IGD) mit Sitz in Köln<br />
betrachtet. Am 15. November 2014 veröffentlichte<br />
das Kabinett der Vereinigten Arabischen Emirate<br />
eine Liste mit 83 dem islamischen Terrorismus zuzurechnenden<br />
Organisationen. Als einzige deutsche<br />
Organisation ist hier die IGD aufgeführt.<br />
Obwohl el-Zayat eine Mitgliedschaft in der Muslimbruderschaft<br />
immer leugnete, bezeichnete er sie<br />
als «die wichtigste islamische Reformbewegung im<br />
20. Jahrhundert», die sich «für die Befreiung der<br />
Frau, für die Lösung sozialer Probleme» einsetze<br />
und «eine an Raum und Zeit angepasste Interpretation<br />
des Koran» fordere – alles Ziele, die er unterstütze.<br />
_ Karel Meissner war <strong>COMPACT</strong>-<br />
Volontär und lebt in Birmingham.<br />
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