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COMPACT-Spezial 10

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Imame und Agenten<br />

_ von Martin Müller-Mertens<br />

Für den Aufbau einer 5. Kolonne reist Erdogan gerne nach<br />

Deutschland. Hier in Karlsruhe am <strong>10</strong>. Mai 2016. Foto: picture<br />

alliance / AA<br />

62<br />

Die türkische Religionsbehörde hat über den Dachverband DITIB<br />

Hunderte Moscheen in Deutschland gleichgeschaltet. Ihr Ziel: Eine<br />

Fünfte Kolonne für die Regierung Erdogan aufzubauen.<br />

«Seit Erdogan im<br />

Amt ist, wird der<br />

Verband immer<br />

islamistischer». <br />

Ralph Ghadban<br />

Der Sultan hält Heerschau. Wie ein Meer branden<br />

türkische Fahnen. Unter dem frenetischen<br />

Jubel seiner Anhänger betritt der türkische Präsident<br />

Recep Tayyip Erdogan die Bühne. Ihr seid<br />

«unsere Macht außerhalb des Landes» ruft er Tausenden<br />

seiner Landsleute im Mai 2015 in Karlsruhe<br />

zu. «Unsere Religion, unser Glaube ist unser Alles.»<br />

15 Mal preist der Staatschef in seiner Rede Allah.<br />

Fanatisiert skandiert die Menge: «Eine Nation–eine<br />

Fahne–ein Vaterland–ein Staat».<br />

Seit 2003 beherrscht Erdogan die Türkei, 2014<br />

wechselte er vom Amt des Premierministers in den<br />

Sessel des Präsidenten. Das Land am Bosporus in<br />

eine ihm folgsame Autokratie umzubauen, genügt<br />

dem heute 62-Jährigen jedoch nicht. Längst versucht<br />

Erdogan, die in Deutschland lebenden Türken<br />

als 5. Kolonne Ankaras zu organisieren. Mit<br />

wachsendem Erfolg: Bei der Parlamentswahl im<br />

November 2015 votierten sie mit knapp 60 Prozent<br />

für Erdogans Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung<br />

(AKP). In Großbritannien waren es lediglich<br />

20, selbst in der Türkei nur 49 Prozent.<br />

Invasion der Vorbeter<br />

Neben türkischem Chauvinismus ist Religion das<br />

wichtigste Instrument dieser Gleichschaltung. Mit<br />

der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt der Religion<br />

(DITIB) verfügt Ankara über eine Organisation,<br />

die selbst für den Grünen-Vorsitzenden Cem Özdemir<br />

«nichts anderes als der verlängerte Arm des türkischen<br />

Staates» ist. Im April 2016 geriet der Verband<br />

kurzzeitig auch in die Schlagzeilen der deutschen<br />

Konformistenpresse: Rund 970 Imame schicke die<br />

türkische Religionsbehörde an DITIB-Moscheen in<br />

Deutschland, hatte die Welt am Sonntag herausgefunden.<br />

Als «nicht akzeptabel» bezeichnet Bayerns<br />

Innenminister Joachim Herrmann (CSU) die Flut<br />

der Vorbeter von Erdogans Gnaden. Selbst die Bürgermeisterin<br />

des Berliner Problembezirks Neukölln<br />

Franziska Giffey (SPD) übt zaghafte Kritik. Sie sehe<br />

es kritisch, «wenn Moscheevereine fremdgesteuert<br />

sind und dort Imame predigen, die nicht nach<br />

dem deutschen Werteverständnis ausgebildet und<br />

nicht hier aufgewachsen sind», so die 38-jährige<br />

Kommunalpolitikerin.<br />

Das Stirnrunzeln über die Imaminvasion ist<br />

jedoch unglaubwürdig. Seit Jahren verschließen<br />

deutsche Politiker die Augen vor der wachsenden<br />

Macht Ankaras in den Moscheen. Gegründet wurde

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