Lern- und Bildungsprozesse im Europäischen Freiwilligendienst
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1 Geschichte <strong>und</strong> Praxis des <strong>Europäischen</strong> <strong>Freiwilligendienst</strong>es<br />
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1 Geschichte <strong>und</strong> Praxis des <strong>Europäischen</strong> <strong>Freiwilligendienst</strong>es<br />
Um den Kontext des Untersuchungsgegenstandes zu beleuchten, sollen in diesem Kapitel die<br />
Entstehung des EFD, seine Zielsetzungen <strong>und</strong> wesentliche Elemente der Programmpraxis kurz<br />
skizziert werden.<br />
1.1 Geschichte<br />
Der EFD ist durch eine Initiative der <strong>Europäischen</strong><br />
Kommission entstanden. Anfang 1996<br />
rief diese eine Pilotaktion ins Leben, die jungen<br />
Menschen zwischen 18 <strong>und</strong> 25 Jahren eine Möglichkeit<br />
zur Teilnahme am damit neu geschaffenen<br />
<strong>Europäischen</strong> <strong>Freiwilligendienst</strong> bieten<br />
sollte. Die Kommission realisierte mit ihrer Initiative<br />
keine völlig neue Idee. Vielmehr gab es <strong>im</strong><br />
Vorfeld mehrere Entwicklungslinien <strong>und</strong> Gründe<br />
für diesen Schritt.<br />
<strong>Freiwilligendienst</strong>e auf internationaler Ebene<br />
existieren in einigen europäischen Ländern<br />
schon seit Jahrzehnten. Eine Vielzahl von freien<br />
Trägern bietet die Möglichkeit, sich in kurz-,<br />
mittel- oder langfristigen Auslandsaufenthalten<br />
in der Friedens- oder Entwicklungsarbeit oder<br />
in der politischen Jugendbildung zu engagieren.<br />
Einige dieser Freiwilligenorganisationen hatten<br />
in den neunziger Jahren des Öfteren angeregt,<br />
diese Dienste auf europäischer Ebene quantitativ<br />
<strong>und</strong> qualitativ auszubauen.<br />
Diese Vorschläge aufgreifend, hatte auch das<br />
Europäische Parlament mehrfach seinen Willen<br />
zur Unterstützung des Aufbaus eines <strong>Freiwilligendienst</strong>es<br />
auf Gemeinschaftsebene bek<strong>und</strong>et,<br />
insbesondere in seiner Entschließung vom<br />
22. September 1995 über die Schaffung eines<br />
europäischen Zivildienstes. 1<br />
Zudem hatte der Europäische Rat 1994 <strong>und</strong><br />
1995 mehrfach die Notwendigkeit betont, neue<br />
Maßnahmen zur Förderung der sozialen <strong>und</strong><br />
beruflichen Eingliederung junger Menschen in<br />
Angriff zu nehmen.<br />
Vor dem Hintergr<strong>und</strong> der Unterstützung durch<br />
Rat <strong>und</strong> Parlament, welches auch finanzielle<br />
Mittel bereitstellte, wurde 1995 das Tavistock-<br />
Institut in London beauftragt, eine Machbarkeitsstudie<br />
(„Ex-Ante-Evaluation”) zu erstellen,<br />
um auszuloten, welche Umstände bei dem<br />
Programm-Design <strong>und</strong> der Implementation berücksichtigt<br />
werden müssten <strong>und</strong> welche Entwicklungspotenziale<br />
<strong>und</strong> Chancen ein solcher<br />
Dienst haben würde. Gestützt durch die ermutigenden<br />
Resultate <strong>und</strong> Empfehlungen dieser<br />
Studie rief die Europäische Kommission die eingangs<br />
erwähnte Pilotaktion ins Leben. Damit<br />
wurden die bis heute <strong>im</strong> Wesentlichen kaum<br />
veränderten Gr<strong>und</strong>strukturen des EFD geschaffen.<br />
1 Amtsblatt der <strong>Europäischen</strong> Gemeinschaften (ABl.) C 269 vom<br />
16.10.1995, S. 232<br />
Die Pilotaktion dauerte bis 1998 <strong>und</strong> wurde<br />
Mitte 1998 in ein zweijähriges jugendpolitisches<br />
EU-Programm überführt, das 1999 endete.<br />
Während der Pilotaktion gelang es, ca. 2.500<br />
TeilnehmerInnen einen Dienst zu ermöglichen.<br />
Über 1.000 lokale Organisationen waren in die<br />
Betreuung <strong>und</strong> Begleitung dieser Freiwilligen<br />
eingeb<strong>und</strong>en.<br />
Für das bis Ende 1999 laufende Zwei-Jahres-<br />
Programm wurde mit ca. 8.000 bis 10.000 Freiwilligen<br />
gerechnet.<br />
Derzeit ist der EFD neben „Jugend für Europa”,<br />
„Sokrates” <strong>und</strong> „Leonardo da Vinci” eines<br />
von mehreren Programmen, deren Ziel die<br />
Schaffung eines europäischen Raumes für formale<br />
<strong>und</strong> informelle Bildung <strong>und</strong> Berufsausbildung<br />
ist. 2 Unter den erwähnten Programmen<br />
stehen sich „Jugend für Europa”, das den außerschulischen<br />
Jugendaustausch fördert, <strong>und</strong> der<br />
EFD inhaltlich sehr nahe.<br />
Beide Programme dienen den gleichen Zielen<br />
<strong>und</strong> arbeiten mit denselben Methoden: „Ihre<br />
Aufgabe ist es, mit Hilfe von Aktivitäten, in denen<br />
Jugendliche die Hauptakteure sind, praktische<br />
interkulturelle <strong>Lern</strong>erfahrungen zu ermöglichen<br />
<strong>und</strong> die aktive Teilnahme junger Menschen<br />
an der Entwicklung der Gemeinschaft<br />
sowie ihre soziale <strong>und</strong> berufliche Integration zu<br />
fördern.” 3<br />
Die Europäische Kommission beabsichtigt, ab<br />
dem Jahr 2000 beide Programme in ein gemeinsames<br />
Mobilitätsprogramm „Jugend” zu überführen.<br />
Mit der Verabschiedung des Programmes<br />
ist Anfang des Jahres 2000 zu rechnen.<br />
1.2 Programmelemente<br />
Durch die Pilotaktion wurden bereits die wichtigsten<br />
Strukturen für das Programm aufgebaut.<br />
Dabei wurde großer Wert darauf gelegt, möglichst<br />
wenig einengende Vorgaben zu machen,<br />
um eine bunte Vielfalt von Projekten zu ermöglichen<br />
<strong>und</strong> ganz unterschiedliche Organisationen<br />
anzusprechen.<br />
Ein ganz entscheidendes Prinzip ist, dass nicht<br />
die Träger als solche gefördert werden, sondern<br />
2 vgl. Benutzerhandbuch zum <strong>Europäischen</strong> <strong>Freiwilligendienst</strong>.<br />
Broschüre, Hrsg.: Europäische Kommission, Generaldirektorat XXII,<br />
ohne Jahr <strong>und</strong> Ort, S. 6 (<strong>im</strong> folgenden als „Benutzerhandbuch” zitiert)<br />
3 Benutzerhandbuch, S. 6