Neue Szene Augsburg_2017-03
Stadtmagazin für Augsburg und Umgebung
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46 Gerilltes<br />
SLEAFORD MODS<br />
ENGLISH TAPAS<br />
(Rough Trade)<br />
Das britische Postpunk-HipHop-Duo<br />
feiert bereits zehnjähriges Bandjubiläum,<br />
der Hype startete aber<br />
erst 2013. Geändert hat sich nichts:<br />
Monotone LoFi-Beats und Basslines<br />
unterlegen wütend-angepissten<br />
Rap. Wer verstehen will, warum die<br />
Jungs so groß sind, sehe sich „Bunch<br />
of Kunst“ an, der <strong>2017</strong> ins Kino kommen<br />
soll. Doch eigentlich genügt die<br />
eigene Erklärung des Albumtitels:<br />
“In einem Pub stand ‘English Tapas’<br />
auf der Tafel. Darunter folgten die<br />
Zutaten: ein halbes gekochtes Ei,<br />
ein paar Pommes, Essiggurken und<br />
eine Minifleischpastete. Das sagt<br />
alles über den verdammten Laden:<br />
Es ist Comedy, es ist Auskommen<br />
mit dem was da ist, es ist ignorant<br />
und vor allem: it’s shit.“ (flo)<br />
<br />
DIE DAMEN UND HER-<br />
REN DES ORCHESTERS<br />
200 JAHRE OHNE ERFOLG<br />
(Nebula 5 Enterprises Int.)<br />
Es sind Schwarzmalereien des Alltags,<br />
die sich wie ein roter Faden<br />
durch die Platte ziehen, die mit<br />
dem wohlklingend-dilettantischen<br />
Gesang des <strong>Augsburg</strong>ers Roland<br />
van Oystern durchzogen werden,<br />
ohne die tiefen Texte dabei in ein<br />
falsches Licht rücken zu wollen.<br />
So scheint es feinfühlige Rebellion<br />
oder auch nur bloße Hilflosigkeit<br />
zu sein, die durch Gitarren oder<br />
Klavier untermalt wird. Mein Highlight:<br />
„Das Schloss“. Eine Hommage<br />
an die Liebe bis zum Tod: „Ich kann<br />
es kaum erwarten bis wir alt sind<br />
und grau“. Ein schönes Album, das<br />
gute Laune macht, zum Mitsingen<br />
animiert und den Misserfolg auf<br />
eine humoristisch-neue Weise betrachtet.<br />
(jk)<br />
<br />
VALERIE JUNE<br />
THE ORDER OF TIME<br />
(Concord/Caroline)<br />
Junge, ist das oldschool! Aber natürlich<br />
zeitlos: Blues, Soul, bisschen<br />
Pop, bisschen Country und ganz viel<br />
Seele. Bisweilen schließt sich das ja<br />
aus, manche Interpreten folgen eher<br />
irgendwelchen Noten als ihrem Herzen.<br />
„There is a time to push and a<br />
time to gently tend the garden”, so<br />
Valerie, die seit ihrem Durchbruch vor<br />
ein paar Jahren schon einiges erlebt<br />
hat, mit den Stones im Hyde Park und<br />
im Weißen Haus für Michelle Obama<br />
gespielt hat. Zumindest Letzteres<br />
ist ihr wohl erst mal versperrt, doch<br />
so ein Wochenende im Grünen ist ja<br />
auch nicht schlecht. Da tönen auch<br />
mal Zydeco, Bluegrass und Gospel von<br />
nebenan rüber und die charakteristische<br />
Stimme der 1982 in Tennessee<br />
geborenen Sängerin klingt vielleicht<br />
sogar bis nach Washington. (flo)<br />
<br />
LABRASSBANDA<br />
AROUND THE WORLD<br />
(RCA/Sony Music)<br />
„Mei, wia dia Zeit vergeht, zehn Johr<br />
LaBrassBanda und do is vui passiert.“<br />
Jetzt aber Schluss mit dem Bayernscheiß,<br />
der war mir in den letzten Jahren<br />
zu penetrant und deswegen sind<br />
mir die Jungs irgendwie auf den Keks<br />
gegangen. Mit dem neuen Album aber<br />
katapultiert sich die Band auf ein ganz<br />
anderes Level. Natürlich sind sie immer<br />
noch eine bayerische Blasmusiktruppe,<br />
doch sie haben ihren musikalischen<br />
Horizont gewaltig erweitert<br />
und gehen quer über alle Genres hinweg.<br />
Pop, Reggae, Jazz, Funk oder<br />
Soul, LaBrassBanda machen ihr ganz<br />
eigenes und einzigartiges Ding und die<br />
Songs grooven wie Sau. „Around The<br />
World“ ist einfach ein geiles (super<br />
produziertes) Album und das beste<br />
von LaBrassBanda bisher. Was kann<br />
denn jetzt noch kommen? (cs)<br />
<br />
ALBUM DES MONATS<br />
Kürzlich habe ich mal wieder „Pet Sounds“ von den Beach Boys, herausgekramt.<br />
Eine Platte, bei der ich erst Jahre später begriffen habe,<br />
wie groß sie ist. Als ich einige Tage später „Digging A Tunnel“ in den<br />
Player geschoben habe, musste ich an diese Scheibe denken. Sir Was?<br />
Hinter dem Pseudonym steckt Joel Wästberg aus Göteborg, der sonst<br />
bei José Gonzalez und Junip an den Drums sitzt. Ein abgefahrener Frickler,<br />
der sich sage und schreibe 15 Jahre in seinem Studio verbunkert hat,<br />
um jetzt ans Tageslicht zu kriechen. Der Typ muss ne Schraube locker<br />
haben, aber was dabei herauskam ist, ist wirklich großartig. „Digging<br />
A Tunnel“ ist ein Trip zwischen Psychedelic, Lo-Fi, Elektronik und Folk,<br />
immer mellow und superangenehm, Wellness zum Mitwippen. Was das<br />
mit den Beach Boys zu tun hat? Einige Gesangspassagen erinnern an<br />
Brian Wilson & Co und wie „Pet Sounds“ geht diese Platte<br />
in die Tiefe. Man muss sich ihr annehmen, damit sie ihre<br />
Schönheit entfalten kann! (ws)<br />
<br />
LIEBLINGS-CDS<br />
TIPP<br />
DER<br />
REDAKTION<br />
SIR WAS<br />
DIGGING A TUNNEL<br />
(City Slang/Universal)<br />
LABRASSBANDA – Around The World (cs)<br />
SLEAFORD MODS – English Tapas (flo)<br />
SIR WAS – Digging A Tunnel (ws)