Gays fordern überall Toleranz. Aber: Wie tolerant sind wir selbst eigentlich in unseren eigenen Reihen? Ausserdem: Vor noch nicht all zu langer Zeit hatten es junge Schwule in Erziehungsheimen alles andere als leicht. Cruiser wirft einen Blick zurück in ein eher düsteres Kapitel der Pädagogik. Ausserdem: Cruiser guckte beim Training der einzigen Rugby Mannschaft - den RASCALS - zu.
cruiser
DAS
märz 2017 CHF 7.50
GRÖSSTE
SCHWEIZER
GAY-MAGAZIN
Heucheln,
jammern,
lamentieren:
Schwule und
die Toleranz.
Gay-Rugby Zürich
Zu Besuch bei den Rascals
Unsittlich
Homosexualität in der Psychiatrie
Schwubliothek
Archiviert & konserviert
Collage by: Patrick Mettreaux
3
Editorial
Liebe Leser
Kürzlich war ich mit einem alten Freund (der irgendwie nie älter wird) in einer Pizzeria essen. Neben
uns am Tisch sassen zwei Männer – der eine war ein Handwerker in seiner Arbeitskleidung, der
andere sah irgendwie nach Banker aus. Ich hatte die beiden nicht weiter beachtet, während der
Mittagszeit ist das Lokal jeweils gerammelt voll. Die Männer waren in ihren 20ern und schienen sich
ebenfalls angeregt zu unterhalten. Plötzlich hielten die beiden über dem Tisch ihre Hände und guckten sich verliebt an. Es
schien im Lokal niemand zu stören, niemand starrte. Ausser ich. Ich glotzte förmlich und erwischte mich dabei, wie ich zu mir
sagte: «Die sehen aber gar nicht schwul aus.» Wie tolerant ist dieses Starren? Und wie können wir von den Heteros verlangen,
dies nicht zu tun, wenn wir es selbst nicht fertigbringen? In unserer Titelgeschichte versuchen wir, dieses Thema aus unterschiedlichen
Perspektiven zu beleuchten und anzugehen. Ich wünsche spannende Momente mit dem neuen Cruiser!
Herzlich, Haymo Empl
inhalt
4 Thema Schwule sind intolerant
10 Kolumne Michi Rüegg
11 Kultur Nik Hartmann auf Tour
12 Kultur Buchrezension
13 Thema Gay-Rugby
17 Thema Schwul in der
Erziehungsanstalt
20 Reportage Schubliothek Zürich
23 Kolumne Mirko!
24 Fingerfertig Nihat kocht
26 Serie Homosexualität in
Geschichte und Literatur
28 News National & International
29 Serie Ikonen von Damals
30 Kultur Christoph Braun
31 Ratgeber Dr. Gay
32 Kolumne Thommen meint
34 Flashback Cruiser vor 30 Jahren
impressum
CRUISER MAGAZIN PRINT
ISSN 1420-214x (1986 – 1998) | ISSN 1422-9269 (1998 – 2000) | ISSN 2235-7203 (Ab 2000)
Herausgeber & Verleger Haymo Empl, empl.media
Infos an die Redaktion redaktion@cruisermagazin.ch
Chefredaktor Haymo Empl | Stv. Chefredaktorin Birgit Kawohl
Bildredaktion Haymo Empl, Nicole Senn
Bilder Bilddatenbank. Alle Bilder, soweit nicht anders vermerkt, mit Genehmigung der Urheber.
Art Direktion Nicole Senn | www.nicolesenn.ch
Redaktion Print Vinicio Albani, Anne Andresen, Yvonne Beck, Bruno Bötschi,
Andreas Faessler, Mirko, Moel Maphy, Michi Rüegg, Alain Sorel, Peter Thommen, Nihat.
Korrektorat | Lektorat Birgit Kawohl
Anzeigen anzeigen@cruisermagazin.ch
Christina Kipshoven | Telefon +41 (0) 31 534 18 30
WEMF beglaubigte Auflage 11 539 Exemplare
Druck Druckerei Konstanz GmbH
Wasserloses Druckverfahren
REDAKTION UND VERLAGSADRESSE
empl.media, Haymo Empl
Winterthurerstrasse 76, 8006 Zürich
redaktion@cruisermagazin.ch
Telefon 044 586 00 44 (vormittags)
CRUISER MAGAZIN ONLINE
Herausgeber & Verleger Haymo Empl, empl.media
Haftungsausschluss, Gerichtsstand und weiterführende
Angaben auf www.cruisermagazin.ch
Der nächste Cruiser erscheint am 1. April 2017
CRUISER MÄRZ 2017
4
Thema
Toleranz in den eigenen Reihen
Heucheln, jammern,
lamentieren
Toleranz, ein Wort, das uns mehr oder
weniger locker über die Lippen geht.
Jeder von uns ist das. Oder?
CRUISER MÄRZ 2017
Thema
Toleranz in den eigenen Reihen
5
Von Birgit Kawohl
E
in lauer Herbstabend in Zürich City.
Die Menschen tummeln sich auf den
Strassen, geniessen die Sonne, im
Kreis fünf sitzen viele nach einem mal mehr,
mal weniger anstrengenden oder erfolgreichen
Arbeitstag bei einer kühlen Stange
oder einem Cüpli in einer Bar. Plötzlich geht
ein Raunen, vielleicht ist es auch eher ein
Grunzen, durch die Anwesenden (bisher
überwiegend Männer). Da wagen es doch
tatsächlich zwei Frauen, sich per Kuss auf
den Mund zu begrüssen und sich dann auch
noch verliebt anzuschauen. Pfui! Beim genaueren
Hinsehen wird schnell klar, dass es
sich bei den Aufgeregten zu einem nicht unbeträchtlichen
Teil um Männer, die mit
Männern schlafen, handelt. Da läuft doch
irgendwie etwas mächtig falsch. Wie sieht
das denn nun aus mit der Toleranz (per Definition
der Achtung und Duldung gegenüber
anderen Auffassungen, Meinungen
und Einstellungen) in der LGTB*-Szene?
Nicht nur, dass man schnell angefeindet
wird, sollte man mal auf das mittlerweile
obligatorische* verzichten. Man möchte in
seinem Anderssein schon ausreichend
wahrgenommen und gewürdigt werden,
aber bitte nur so weit, als dass man dann
Man will als einzigartig
angesehen werden, bei
voller Akzeptanz und ohne
jegliche Einschränkung.
letztendlich keine Nachteile davon hat. Darum
scheint es doch irgendwie immer zu gehen:
Man will als einzigartig angesehen
werden, bei voller Akzeptanz und ohne jegliche
Einschränkung. Da funken den
Schwulen die Lesben natürlich mächtig ins
Konzept. Schliesslich sind sie trotz allem
immer noch die Männer und damit die
Platzhirsche.
Anfeindungen gegenüber
Homosexuellen
Jetzt kommt natürlich – und nicht ganz unberechtigt
– subito der Einwand, Schwule
seien im Allgemeinen viel mehr Anfeindungen
ausgesetzt als Lesben. Das bestätigen
Studien, die sich mit Diskriminierung, Beleidigungen
oder Angriffen gegenüber Lesben
und Schwulen befassen. Dabei fand man
u.a. heraus, dass 55% der Schwulen Beleidigungen
im Alltag bestätigen, während dies
nur 26% der Lesben tun. Bei körperlichen
Angriffen gehen die Zahlen sogar noch weiter
auseinander mit 26% (Schwule) gegenüber
2% (Lesben) Warum ist das so?
Zum einen gibt es vielleicht den ganz
banalen Grund, dass Frauen Beleidigungen
und körperliche Gewalt per se mehr gewohnt
sind und diese darum nicht so stark
wahrnehmen, wie es Männer tun. Wer es
von klein auf gewohnt ist, dass die Mutter
vom Vater als «blöde Schlampe» tituliert
wird und ab und an eine Ohrfeige empfängt,
findet das irgendwann normal. Aber das ➔
ANZEIGE
DER SAUNA CLUB IN ZÜRICH
NEUES
DAMPFBAD!
( wurde im Februar 2017 umgebaut )
Gratis Re-Entry
( so oft du willst )
Late check in
ab 20 Uhr | CHF 30.-
Weekend Card
3 Days | CHF 70.-
2 für 1
( jeden Mittwoch )
Dein Geburtstag!
( gratis Eintritt inkl. Cüpli )
CRUISER MÄRZ 2017
RENOS RELAX I Kernstrasse 57 I CH-8004 Zürich I Tel: +41 (0)44 291 63 62 I www.renos-relax.ch
6 Thema
Toleranz in den eigenen Reihen
Klappe halten: Andere Meinungen werden in der Gay-Szene oft nicht toleriert.
alleine kann diese grossen Unterschiede
wohl kaum erklären.
Zum Beleidigtwerden und Angegriffenwerden
muss man zunächst einmal wahrgenommen
werden. Sicher ist aber, dass
Lesben oftmals nicht wahrgenommen
werden, weil sie quasi die Steigerung der
Nicht-Gleichberechtigung von Frauen sind.
Frauen treten in der Öffentlichkeit auch im
Jahr 2017 immer noch weniger und vor
allem weniger kompetent in Erscheinung.
Lesben werden ebenso wenig sowohl in der
Gesellschaft als auch in der Literatur thematisiert.
Wenn sich Lesben darüber empören,
werden sie – meistens von Schwulen – hart
angegangen, sie sollten sich nicht beschweren,
dass sie, anders als Schwule, nicht dauernd
in der Kritik stünden. Zudem hätten sie
selten so unter staatlicher Verfolgung gestanden
wie Schwule.
CRUISER MÄRZ 2017
Verfolgung in der Vergangenheit
Gerne werden hierzu dann historische Beispiele
ins Feld geführt, zum Beispiel die
Verfolgung von Schwulen zur Zeit der Nationalsozialisten
in Deutschland, ihre Internierung
in Konzentrationslager und die
entwürdigende Behandlung dort, angefangen
von der Kennzeichnung per rosa Winkel
bis hin zur brutalen Ermordung. Sicher,
das will nun wirklich niemand durchmachen.
Doch muss man hierbei auch die
Hintergründe berücksichtigen: Warum
verfolgten die Nazis Schwule, liessen Lesben
aber weitgehend in Ruhe? Da wäre zum
Beispiel die latente Angst der nationalsozialistischen
Führungsriege, sich ihrer
eigenen sexuellen Orientierung stellen zu
müssen anzuführen. Oder auch der vermeintliche
«Nutzen für den Volkskörper»
Dem schwulen Mann traute
der Staat Volkszersetzung
zu, man sah ihn masturbierend
und kopulierend durch
die Lager an der Front ziehen.
eines Menschen, ein enorm wichtiger und
perverser Aspekt der damaligen Staatsideologie,
die ja in grossen Teilen auf Vorurteilen
basierte, die man zu Gesetzen werden
liess. So «diente» die lesbische Bürgerin
dem Staat weiterhin bestens, indem sie
klaglos alle Missstände ertrug. Vielfach
entstanden Lieben und Beziehungen zwischen
Frauen zunächst eher zufällig als
eine Art Notgemeinschaft, ohne direkte sexuelle
Absichten. Vielen Frauen, ausser
vielleicht den im obskuren Berlin lebenden,
waren homoerotische Verhältnisse unter
Frauen bisher weitgehend unbekannt. Man
tat sich zusammen und dann wurde mehr
daraus. (Wir erinnern uns an die wunderbare
Verfilmung des Romans «Aimée und
Jaguar».) Da Frauen in ihren Freundschaften
sowieso häufig sehr gefühlvoll und körperlich
agieren, ist der Übergang zwischen
einfacher Freundschaft und homoerotischer
Liebe fliessend und eine Grenze nur
schwierig zu ziehen, was die Lesben auch
damals schon auszunutzen pflegten. Dem
schwulen Mann hingegen traute der Staat
Volkszersetzung zu, man sah ihn masturbierend
und kopulierend durch die Lager
an der Front ziehen, sich aus rein sexuellen
Gründen mit dem Feind vereinen und damit
zum Verlust des Krieges beitragen.
Wohlgemerkt: Wir haben hier das Ausleben
von Vorurteilen mit höchster staatlicher
Legitimierung vorliegen, immer zu
dem Zweck, Deutschland gross zu machen.
Ebenso wie die Frauen während des
Nationalsozialismus, einer Zeit des reinen
Patriarchats, viel weniger wahrgenommen
wurden als die Männer, sind sie auch heute
häufig noch weniger sichtbar als diese und
werden darum auch weniger kritisiert.
Denn kritisiert werden, hiesse in diesem
Thema
Toleranz in den eigenen Reihen
7
Fall zunächst einmal wahrgenommen
werden. Angeblich hat die Kritik
gegenüber Homosexuellen heutzutage sowieso
stark abgenommen. (Ob das der oder
die Einzelne dann so erlebt, ist eine andere
Sache.) Lt. Einer Statistik von 2014 antworten
87% der Deutschen auf die Frage «Sollte
die Gesellschaft Homosexualität akzeptieren?»
mit Ja (die Statistik weist keinen Wert
für die Schweiz aus, es ist aber anzunehmen,
dass dieser ähnlich hoch ausfallen
würde). Offenbar ist sogar neuerdings
Bisexualität die diskriminierte Sexualform,
wie der bisexuelle Underground-
Artist Envie Koepke vor Kurzem in einem
Interview darstellte.
Lesben sind
enttäuschte
Heteras
Damit wird auch
klar, warum Schwule
Lesben, die sich öffentlich
als solche zu
erkennen geben, nicht
leiden können: Sie stellen
sich – hier nun absolut genderkonform
– über die Frau und kritisieren sie.
Man sagt Lesben nach bzw. mutmasst, dass
sie von Männern enttäuscht worden seien
bzw. keinen Mann abgekriegt hätten, frustrierte
Heteras eben (Klar, wenn man so aussieht
und sich so anzieht!). Dies würde bei
schwulen Männern merkwürdigerweise nie
jemand vermuten, zumindest so lange es
noch eine unbemannte Frau auf Erden gibt.
Dass Frauen eventuell auch Qualitätsmerkmale
bei Männern fordern, ist geradezu absurd.
Frauen, die nun nicht zwangsweise
hinter einem noch so hässlichen oder unintelligenten
Mann herrennen sind erstens
rätselhaft und zweitens sehr sehr frech. Das
kann sich selbst ein schwuler Mann nicht gefallen
lassen. Der Mann als das Mass aller
Dinge wird durch das Lesbischsein quasi per
se diskreditiert. Das geht natürlich gar nicht,
auch wenn man im Fall selbst auf keinen Fall
etwas mit irgendeiner Frau anfangen wollte.
Dass Frauen eventuell
auch Qualitätsmerkmale
bei Männern fordern, ist
geradezu absurd.
Kann es vielleicht zudem ein klein wenig
Neid sein, der in dem ganzen Beschimpfen
von Lesben seinen Ausbruch findet? Aus
Sicht der Schwulen haben es Lesben nämlich
definitiv besser, wenn es zum Beispiel darum
geht, ein Kind zu bekommen. Sie haben die
Gebärmutter ja per Natur mit an Bord, ➔
ANZEIGE
Neu im Sortiment
Häringstr. 16
8001 Zürich
044 251 12 22
CRUISER MÄRZ 2017
8 Thema
Toleranz in den eigenen Reihen
Wenn lesbische Frauen einen Kinderwunsch haben, ist von der «Community» nicht viel zu erwarten als ein Haufen blöder Sprüche, gerne mit
dem Hinweis darauf, dass doch Sex mit einem Mann super sei.
wohingegen der Mann nur seinen Samen abgibt.
So weit die biologische Korrektheit.
Aber: Natürlich sind es Frauen, die Kinder
gebären. Dazu braucht es aber erst einmal
einen Mann. Und zwar einen, mit dem man
Sex hat. Üblicherweise ist das so, wir lassen
jetzt mal Ideen von eingeführten Spermien-Raketen
und In-vitro-Fertilisationen
aussen vor. «Kein Problem», sagt der schwule
Mann, «einmal Sex mit so einem gottgleichen
Geschöpf wie mir. Ausser, sie zieht sich
weiterhin so an, dann will die natürlich keiner.»
(Siehe oben) Oh doch, lieber Fast-Gott,
für Lesben ist das sehr wohl ein Problem mit
einem Mann zu schlafen, sie haben nämlich
Sex mit Frauen, weil sie diesen nicht mit
Männern haben wollen. Das ist ungefähr so,
als wenn ein Muslim doch nur diese eine
Cervelat essen sollte oder ein Veganer dieses
eine Glas Milch trinken. Und übrigens
braucht es statistisch gesehen auch mehr als
einen Beischlaf, um schwanger zu werden.
In Anbetracht dessen ist es für lesbische
Frauen ebenso schwierig wie für schwule
Männer ein Kind zu bekommen.
Blicken wir auf die Aufklärung
Interessant ist, dass heute immer schnell gejammert
wird, statt sich an Aussagen zu erinnern,
die zwar jahrhundertealt sind, trotzdem
aber nicht an Gültigkeit verloren haben.
So formulierte Immanuel Kant vor ca. 230
CRUISER MÄRZ 2017
Jahren die damals längst notwendige und
dennoch bahnbrechende Erkenntnis, Aufklärung
– und diese wird verstanden als
Grundlage jeglicher Toleranz - sei «der Ausgang
des Menschen aus seiner selbst verschuldeten
Unmündigkeit». Wir sind heute
trotzdem immer noch ganz selbstverständlich
in Klischees und Vorurteilen verfangen,
ohne uns, wie ebenfalls von Kant gefordert,
Wenn die LGTB*-Gemeinschaft
gleiche Rechte und Anerkennung
fordert, wie kann sie
das glaubwürdig, wenn sich
die einzelnen Teilgruppen
nicht grün sind?
«unseres eigenen Verstandes zu bedienen».
Warum wird das Outing eines schwulen Politikers
oder eines schwulen Fussballers von
allen Seiten so gefeiert? Ist das nicht gerade
erst recht diskriminierend, impliziert man
damit doch, dass Schwule eigentlich von Politik
keine Ahnung haben und sicher bisher
nicht einmal wussten, dass ein Ball rund ist.
Umgekehrt ist es so, dass man allen fussballspielenden
Frauen nachsagt, sie seien (zumindest
latent) lesbisch, obwohl es unter
diesen auch zahlreiche Mütter und glückliche
Ehefrauen gibt.
Je mehr man darüber nachdenkt, umso
deutlicher wird, egal welcher «Randgruppe»
ein Mensch angehört, er braucht immer jemanden,
auf den er wiederum herunterblicken
kann, sonst kann er – vermeintlich –
nicht glücklich werden. Das ist übrigens
etwas, was schon die oben erwähnten Nationalsozialisten
wunderbar ausgenutzt haben,
indem sie in ihren Lagern eine Hierarchie
unter den Gefangenen herstellten. Diejenigen,
die danach weiter oben standen, waren
bedeutend williger mit den Nazis zu kooperieren,
weil sie wussten, es gibt noch jemanden,
der unter ihnen steht.
Genau an diesem Beispiel sollte auch
klar werden, warum diese Haltung so pervers
ist: Weil sie den Falschen nutzt. Wenn
die LGTB*-Gemeinschaft gleiche Rechte
und Anerkennung fordert, wie kann sie das
glaubwürdig, wenn sich die einzelnen Teilgruppen
nicht grün sind? Wenn Lesben über
Männer im Kosmetikstudio grinsen, wenn
Schwule über Frauen in Militaryhosen hetzen
und alle gemeinsam finden, bi gehe nun
mal gar nicht, entscheiden müsse man sich
schon. Vielleicht sollte jeder einfach mal seine
eigene Toleranzskala checken und auf
ihre Tolerierbarkeit hin überprüfen. Damit
wäre ein Anfang gemacht.
XXX
XXX
9
gaycity.ch
Where to go in the little big city
2
1
MOUSTACHE
Die Sauna für Männer
Engelstrasse 4
www.moustache.ch
(Nachtsauna jeden Fr / Sa)
HUUSMAA
Kafi – Reschti – Bar
Badenerstrasse 138
044 241 11 18
www.huusmaa.ch
Sa & So Brunch 10:00 – 15:00
6
7
BEAUTY LOUNGE
FOR MEN
Haarentfernung, Kosmetik,
Anti-Aging und Bodyforming
Kalkbreitestrasse 42
www.marciomf.ch
079 533 41 01
CHECKPOINT
Gesundheitszentrum
Konradstrasse 1
www.checkpoint-zh.ch
044 455 59 10
10
11
LEONHARDS-
APOTHEKE
Stampfenbachstr. 7
www.leonhards.apotheke.ch
044 252 44 20
MACHO
City Shop
Häringstrasse 16
www.macho.ch
15
CRANBERRY
Bar
Metzgergasse 3
www.cranberry.ch
3
LES GARÇONS
Bar/Tanzbar
Kernstrasse 60
www.garcons.ch
Täglich geöffnet ab 18.30 Uhr
8
DANIEL H.
Bar-Restaurant
Müllerstrasse 51
8004 Zürich
044 241 41 78
www.danielh.ch
12
PARAGONYA
Wellness Club
Mühlegasse 11
www.paragonya.ch
4
MÄNNERZONE
Shop & Bar
Kernstrasse 57
www.maennerzone.ch
MAENNERZONE.CH
9
PARACELSUS
Apotheke & Drogerie
Langstrasse 122
paracelsus@bluewin.ch
044 240 24 05
13
PREDIGERHOF
bistro – bar
Mühlegasse 15
www.predigerhof.ch
5
MED. DENT.
KLAAS FRIEDEL
Heinrichstrasse 239
Mit Tram ab 4/13/17 bis Escher-Wyss-Platz
www.swissdentalcenter.ch
043 444 74 00
14
TIP TOP BAR
Die Schlager Bar
Seilergraben 13
www.tip-top-bar.ch
Dienstag – Samstag ab
18.30 Uhr
Interesse in diesem
Inserat aufgeführt zu sein?
Anfragen an:
info@zbiro.ch
CRUISER MÄRZ 2017
10
KOLUMNE
MICHI RÜEGG
Ich, die Liebe
und Genesis
Michi Rüegg spricht
erstmals über Gefühle.
VON Michi Rüegg
I
ch werde häufig auf Sex angesprochen.
Weil ich oft darüber geschrieben habe.
Über Sex zu schreiben, ist seltsamerweise
noch immer ein Tabu. Selbst unter
uns Homos. Das ist umso erstaunlicher, als
dass es unter uns an sich kein mehrheitsfähigeres
Thema gibt als die Kopulation.
Nun mag man einwerfen, Sex sei halt
so etwas, das man lieber tue als darüber zu
reden. Ich persönlich finde, man kann beides.
Ich kann sowohl essen, als auch Kochbücher
anschauen. Das eine schliesst das
andere nicht aus.
Mir ist allerdings aufgefallen, dass ich
bei allem Sex praktisch nie über Liebe geschrieben
habe. Vielleicht ist Liebe so etwas,
das ich lieber selber erlebe als darüber zu
schreiben. Vielleicht traue ich der Liebe auch
nicht, weil sie mich häufiger im Stich gelassen
hat als der Sex.
In den ersten Jahren meines jüngeren
Lebens habe ich die Liebe als eine erhöhte
Form der sexuellen Anziehung erlebt. Letztere
bildete die Basis, doch es war, wie wenn
sie ein Romantik-Plugin in sich getragen
hätte. Es war nicht nur die körperliche Anziehung,
es war das Gesamtpaket. Das Wissen
darum, dass man künftig nur noch in
Gegenwart dieser einen Person vollkommenes
Glück verspüren kann. Ein einzelnes Lächeln
konnte Beton zum Schmelzen bringen.
Nicht von ungefähr ist das Herz Sinnbild der
Liebe. Tatsächlich merkte ich, wie der Motor
meines Körpers in den Overdrive ging, wenn
der Geliebte mich berührte.
Natürlich habe ich nach einiger Zeit
gemerkt, dass dieses Gefühl der Liebe eine
Täuschung sein kann. Häufiger noch denn
CRUISER MÄRZ 2017
als Täuschung entpuppte sich die Liebe jedoch
als Ent-Täuschung. In jungen Jahren
bedient sich die Liebe einer Art Brandbombe.
Sie entfacht immer wieder aufs neue
blendende Feuer, die alles fressen, was sich
ihnen in den Weg stellt. Mit den Jahren werden
die Feuer weniger. Die Liebe wird zur
Glut, die zwar nicht die faszinierende Kraft
der Flammen hat, dafür aber für ihre Beständigkeit
geschätzt wird.
«Ich widerstand der Versuchung,
die Hand nach
der Frucht auszustrecken.»
Vor einigen Jahren traf ich an meiner
Arbeitsstelle einen Heteromann gleichen Alters.
Wir hegten freundschaftliche Gefühle
für einander. Zumindest meinte er das. In
Tat und Wahrheit war ich unglaublich verknallt
in ihn. Wahrheit war ich unglaublich
verknallt in ihn. Während Monaten träumte
ich nachts von – nennen wir ihn – Robert.
Diese Träume trugen übrigens alledas Label
«FSK ab 18 Jahren». Nacht für Nacht hatte
ich Sex mit Robert. So guten Sex, wie ich ihn
in der Realität noch nie mit jemandem gehabt
hatte. Einmal traf ich Robert im Traum
auf dem Basketball-Court. Wir warfen ein
paar Bälle, dann fielen wir über einander
her. Mit einer Leidenschaft, die Glühbirnen
zum Bersten gebracht hätte. Ich hatte bereits
in HD geträumt, bevor die TV-Hersteller
mit der Entwicklung so weit waren. Die Träume
machten mich fertig, denn jeden Morgen
traf ich an meiner Arbeitsstelle Robert, der
freundlich grüsste.Einmal, während eines
Betriebsausflugs, teilten wir ein Hotelzimmer.
Ich war wie üblich etwas betrunken, im
Bett neben mir schlief – nur in Unterhose –
Robert. Seit jener Nacht verstehe ich das erste
Buch Moses.
Robert war die verbotene Frucht, die
vom Baume hing. Würde ich nach ihr greifen,
wäre das Paradies für mich zu Ende. Ich hatte
monatelang vermieden, die Frucht zu pflücken.
Und dann, in jener Nacht, war da diese
Schlange zwischen meinen Beinen. Sie sprach
zu mir: «Nimm sie dir, die Frucht, du willst
sie doch.» Vielleicht sagte die Schlange auch
nichts und ragte bloss empor. Die Botschaft
war dennoch deutlich.
Ich widerstand der Versuchung, die
Hand nach der Frucht auszustrecken. Stattdessen
wollte ich die niederträchtige Schlange
zum Schweigen bringen.
Leider blieb mein Kampf mit der
Schlange auch dem vermeintlich schlafenden
Robert nicht verborgen. Er missdeutete
mein Tun und hielt es für profane Onanie.
Entsprechend war er wenig erfreut und
schickte mich ins Bad. Als ich die Schlange
soweit hatte und sie ihren Speichel herauswürgte,
wusste ich, dass auch meine Freundschaft
mit Robert zu Ende war. Ich hatte die
Schlange besiegt, doch gewonnen hatte sie
trotzdem. Die verbotene Frucht verdarb
kurz darauf am Ast.
Seit jener Nacht begegne ich dem Gefühl
der Liebe mit einer gewissen Skepsis.
Mit den Schlangen hingegen habe ich mich
wieder versöhnt.
Kultur
Nik Hartmann auf Tour
11
KULTUR
Der Hartmann macht auf harter Mann
Hartmann ist während seiner Tournee durch die Schweiz ganz sich selbst. Ob das nun gut oder schlecht ist?
Selten schafft es ein absolut «durch und
durch» Hetero bei uns in den Cruiser. Letztes
Mal war dies Mark Wahlberg. Hartmann
hat – abgesehen von seinem Namen – für
Gays wirklich nichts zu bieten. Und dennoch
finden ihn (fast) alle «irgendwie toll»
(Zitat Cruiser-Redaktion). Cruiser guckte
sich also das Bühnenprogramm vom für
Gays unerreichbaren Hetero an: «Nik Hartmann
live». Der Name ist in diesem Fall tatsächlich
Programm – der passionierte Wanderer
steht in seiner Show auf der Bühne und
erzählt. Geschichten vom Wandern, Anekdoten
über andere Wandervögel, die ihn
vom TV kennen (oder eben nicht), und Storys
über seine Kindheit. Dies tut Nik Hartmann
treffend und zielsicher, er schafft es
mit wenigen Mitteln, eine Geschichte gross
darzustellen, mit einem guten Gespür für
das Timing der Pointen. Und natürlich hatte
beinahe jedes Erlebnis eine solche. Dennoch
wird schnell klar, dass Hartmann kein
Stand-up-Comedy-Programm im eigentlichen
Sinne inszeniert, sondern eher einen
humoristischen Vortrag mit grossem Unterhaltungspotenzial
zum Besten gibt. Hartmann
zeigt auf der Bühnen-Projektionswand
Fotos von realen Personen, die er auf
seinen Touren in den letzten zehn Jahren
kennengelernt hat. Was nun genau Hartmanns
Anspruch an sein Programm ist,
wurde dem Cruiser an der Premiere nicht
ganz klar, für das Hetero-Publikum war dies
scheinbar auch irrelevant, denn letztendlich
bot und bietet der Entertainer gute und solide
Unterhaltung.
Hartmann, die personifizierte Biederkeit,
absolut skandalfrei und quasi amtlich
beglaubigt massentauglich, schaffte es über
die Jahre, dass die halbe Nation verfolgte,
wie er und seine Entourage über Stock und
Stein wanderte. Ergo gibt er sich auch
in seinem Programm ohne Ecken und Kanten
und politisch absolut korrekt. Und dennoch
– oder gerade deshalb – liebt ihn das
Publikum für seine Show. Cruiser findet,
man kann sich das Programm durchaus mit
der Schwiegermutti oder der besten Freundin
anschauen.
Nik Hartmann gastiert mit seinem
Programm in der ganzen Deutschschweiz.
(Haymo Empl)
Nika Hartmann live: Freitag 10. März 2017
20.00 Uhr, Winterthur, Casinotheater
weitere Tourdaten auf: wwwnickhartmannlive.ch
CRUISER MÄRZ 2017
12
Kultur
Buchtipp
Adoption – irgendwie ein
Dauerbrenner
In Jasper Nicolaisens Roman «Ein schönes Kleid»
wird ein schwuler Dauerbrenner thematisiert:
Das Ergattern eines Kindes für ein schwules Paar.
Von Birgit Kawohl
J
asper Nicolaisen, Jahrgang 1979,
deutsch, schwul, Übersetzer und Autor
(bisher) von Fantasyliteratur,
nimmt eigene Erlebnisse mit der Aufnahme
eines Pflegekindes als Ausgangspunkt für seinen
Roman, der – so stellt der Autor gleich im
Vorwort klar – nicht als Ratgeber verstanden
werden will. Ebenso wird betont, dass die
Figuren keine realen Personen seien, aber angelehnt
an ebensolche dargestellt würden.
Nicolaisen will also unterhalten, warum
nicht, in meinem Kopf entwickelten sich
schnell absurde Szenerien rund um das Thema
schwule Beziehung und «Kinderglück».
Das schwule Paar Jannis und Levi
Winter will nach langen Jahren einer funktionierenden
Beziehung ein Kind zur Dauerpflege
aufnehmen. Nach dem Ausfüllen
komplexer Formulare und nach mehreren
Terminen beim Jugendamt gelingt dies auch,
der kleine Valentin darf bei ihnen einziehen.
Schnell wurden die Erwartungen an
eine unterhaltsame Lektüre auf den Boden
der Tatsachen bzw. des Romans heruntergeholt.
Die Beziehung von Jannis – offenbar
das Alter Ego des Autors – und Levi, vormals
eine Frau, jetzt ein Mann, bleibt ebenso blass
und flach wie die Figuren selbst. Von Levi
erfährt der Leser kaum etwas, ab und zu
fungiert er als Stichwortgeber, im Mittelpunkt
steht eindeutig Jannis. Das wäre prinzipiell
auch okay bzw. dies könnte gelingen,
wäre denn diese Figur plastischer ausgeformt.
Man erfährt meist Klischees und erlebt
das Paar in Standardsituationen, welche
CRUISER MÄRZ 2017
zudem nicht besonders komisch geschildert
sind, aber so wirken wollen. Wenn z. B.
Jannis im Bus den Gurt des Kinderwagens
nicht öffnen kann, haben sich die Mundwinkel
der Cruiser-Buch-Rezensentin nicht
zu einem Grinsen verzogen …
Geradezu verstörend wirkte, dass der
Hund des Paares, der zum Glück ziemlich
schnell stirbt (bitte nicht missverstehen: wir
alle lieben ja Hunde – also eigentlich),
spricht, denn Jannis ist so einfühlsam, dass
er Hunde und noch nicht sprechfähige
Kleinkinder sprechen hören und verstehen
kann. Da gab es doch mal einen Film mit
John Travolta und Kirstie Alley, in dem das
irgendwie besser unterhielt.*
Hinzu kommen die im Roman eingestreuten
Fragen des Jugendamtes bezüglich
der Eignung der Pflegeeltern und das darauffolgende
Gejammer über die Gemeinheit,
dass man als schwules Paar solche Fragen
beantworten müsse.
Liebe Männer, die ihr Männer liebt, ihr
mögt es kaum glauben, aber auch Hetero-
Paare müssen sich einem solchen Fragenkatolog
vom Jugendamt stellen. Ihr werdet hier –
ausnahmsweise – nicht extra benachteiligt.
Fazit: Hier wurde ein vielversprechendes
(schwul-queeres) Thema verschenkt, da
der Autor offenbar selbst zu wenig Distanz
hatte, um locker mit diesem umgehen zu
können. Schade.
*Gemeint ist «Look who’s talking» von 1989.
Buchtipp
Jasper Nicolaisen: Ein schönes Kleid. Roman
über eine queere Familie.
Preis CHF 21.90
ISBN 9783896562470
Thema
Gay-Rugby
13
«Es braucht eine
Portion Ehrgeiz»
Die Rascals sind das erste und einzige Gay-Rugby-Team der Schweiz. Um nach
zwei Jahren Bestand einen grossen Schritt weiterzukommen, gehen die
Männer neue Wege. Und doch bleibt einiges auch beim Alten. Und das ist gut so.
Von Andreas Faessler
E
in Novilonboden, eine schwefelgelbe
Stirnwand, grelle Neonbeleuchtung,
eine Spiegelwand mit Handläufen – es
ist ein Gymnastikraum aus vergangenen
Zeiten mit Patina mitten in Wiedikon. Die
Zurich Rascals warten, bis die Damen mittleren
Alters in Sportleggings und Wollstülpen
mit ihren Verrenkungen fertig sind.
Was will eine Rugbymannschaft hier
an diesem für solcherart Mannschaftssport
untypischen Ort? Die Rascals, seit Anfang
2015 das erste Gay-Rugby-Team der Schweiz,
stehen an einem Punkt des Umbruchs. So ist
denn auch ihr ungewöhnlicher Trainingsraum
eher ein Provisorium als fixe Heimatstätte.
Auf eine Wiese unter freiem Himmel
oder wenigstens in eine ordentliche Sporthalle
gehört ein echtes Rugbyteam schliesslich.
Nicht, dass die Rascals das nicht schon
gewesen wären: Die derzeit rund zwölf Mitglieder
nehmen das Training ernst, sind
sichtlich mit Herz dabei und pflegen Zusammenhalt,
Respekt und Teamgeist – die
Grundwerte jeder Sportformation, die etwas
auf sich hält. Aber für mehr als das
Training und gelegentliche Spass-Rugbyspiele
reicht die aktuelle Situation der
Rascals nicht. Ohne fixen Trainer wäre eine
Teilnahme an ernsten Tournaments
gar nicht möglich. «Darum wollen wir ➔
CRUISER MÄRZ 2017
14
Thema
Gay-Rugby
CRUISER MÄRZ 2017
Thema
Gay-Rugby
15
professioneller werden», sagt Dani Merkle
entschlossen. Der «Kopf» der Rascals ist die
treibende Kraft, er plant und führt die Trainings.
Bereits vor der Gründung des Teams
hatte er Rugby-Luft geschnuppert und war
der Sportart ziemlich schnell verfallen.
«Wer einmal an einem Tournament war,
der will nichts anderes mehr.»
Einen ersten Schritt in ihre Zukunft
haben die Rascals im vergangenen Herbst
gemacht: Mit einem Crowdfunding sollte
ein Trainingsort angemietet sowie ein Trainier
engagiert werden, der die Rascals aufpeppt
und auf ein höheres Level hebt. Via
«Gay Sport Zürich», dem die Rascals angegliedert
sind, kamen sie zum eingangs erwähnten
Trainingsraum in Wiedikon. Aber
der Wunsch nach einem eigenen Trainer erfüllte
sich nicht – es konnte kein Coach gefunden
werden.
Mitte Februar hat Dani Merkle
schliesslich den Entschluss gefasst, die Weichen
neu zu stellen. «Die Ambitionen der
einzelnen Mitglieder im Rascal-Team sind
unterschiedlich. Die einen streben danach,
in dieser Sportart weiterzukommen. Andere
sehen es lockerer und schätzen einfach den
Spass, die Bewegung und die Kameradschaft.
So ist auch die Teilnehmerzahl an
den jetzigen Trainings nie konstant.» ➔
ANZEIGE
neu
in der männerzone
mr.B
neoprene!
maennerzone.com
CRUISER MÄRZ 2017
16
Thema
Gay-Rugby
Natürlich wird nach Möglichkeit auch draussen trainiert. Hier beispielsweie im Trainingslager in Filzbach.
©Bilder: Rascals
Trotz dieser Diskrepanz und dem fehlenden
gemeinsamen Ziel werden die Rascals
als solche weiterbestehen. Fürderhin
werden sie einmal im Monat nach München
fahren und mit dem dortigen Gay-Rugby-
Team, den Munich Monks, trainieren und
spielen. «Die Münchner zeigten sofort Bereitschaft,
als wir ihnen dies vorschlugen. Sie
freuen sich darauf», sagt Dani.
Wer sich von den Rascals professionalisieren
will, der wird künftig bei etablierten
Schweizer Rugbyteams trainieren. Die
Mannschaft wird quasi teilausgelagert. Es
gibt einige Mannschaften in der näheren
Umgebung, wo die ambitionierten Rascals
einzeln unterkommen können. «Und so
wird das Geld aus dem Crowdfunding künftig
auch zur Unterstützung derjenigen eingesetzt,
welche diesen Weg gehen möchten»,
CRUISER MÄRZ 2017
sagt Dani. Wer weiterkommen wolle, der
müsse sich bewusst sein, dass ein regelmässiges
Training unausweichlich ist und es
auch eine Portion Ehrgeiz braucht. «Und ein
gewisses Verletzungsrisiko muss man da
auch in Kauf nehmen», fügt er an.
Mitte Februar traf sich eine Gruppe
von rund 40 Gay-Rugby-Spielern und
-Neugierigen im glarnerischen Filzbach.
Hier stand den Männern – und auch ein
paar Frauen – im Rahmen des Gay Sport
Zürich Trainingslagers ein ordentlicher
Spielrasen zur Verfügung, wo sie sich bei
bestem Wetter verausgaben konnten, ohne
«Verluste» bei irgendwelchen Inneneinrichtungen
zu riskieren. Neben immerhin sechs
Rascals waren auch 15 Spieler der Munich
Monks mit dabei – das Trainingswochenende
gipfelte in einem 7er Rugby Match.
«Ein Erfolg auf der ganzen Linie», zieht
Dani Merkle Fazit zu den Trainingstagen
hoch über dem Walensee. Jetzt freuen sich
die Zürcher darauf, künftig regelmässig mit
den Münchnern und auch ein paar Stuttgartern
fürs gemeinsame Trainieren
zusammenzukommen. Dass sich die
Rascals – oder zumindest ein Teil davon –
von nun an professionalisieren wird, heisst
jedoch nicht, dass sie so, wie sie bisher existiert
haben, Geschichte sein werden. Dani:
«Die Rascals bleiben weiter unter dem Dach
von Gay Sport Zürich.» Und: «Wir bieten ab
sofort immer am letzten Freitag im Monat
einen Stammtisch an. So können Interessierte
in lockerem Rahmen Kontakt zu uns
aufnehmen.» Denn nach wie vor hat die
Freude an Kameradschaft, Sport, Spass und
Spiel oberste Priorität.
Thema
Schwul in der Erziehungsanstalt
17
Homosexualität und Psychiatrie in der
Erziehungsanstalt
Sexualität war in schweizerischen Erziehungsanstalten bis in die Jahre um
1970 ein Tabuthema. Am Beispiel der Anstalt Aarburg zeigt sich, dass die
Problematisierung der jugendlichen Sexualität oftmals mit einer Wertung
von Homosexualität einherging.
Von Kevin Heiniger
H
omosexuelle Kontakte waren in nach
aussen abgeschlossenen Institutionen
mit gleichgeschlechtlichem Klientel
wie etwa Klöster, Kasernen und Erziehungsanstalten
bis weit ins 20. Jahrhundert ein
Dauerthema – und zwar meistens dann,
wenn es darum ging, diese verpönten Aktivitäten
zu ahnden. In einer Anstalt für männliche
Jugendliche war dieses sexuelle Problem
wohl umso dringlicher, standen doch die
Adoleszenten in der Blüte ihrer erwachenden
Sexualität. Schon Robert Musil schrieb 1903
in «Die Verwirrungen des Zöglings Törless»:
«Dort, wo die jungen aufdrängenden Kräfte
hinter grauen Mauern festgehalten wurden,
stauten sie die Phantasie voll wahllos wollüstiger
Bilder, die manchem die Besinnung
raubten.» Und Musil musste es wissen,
schliesslich hatte er selbst seine Jugendjahre
in Militärakademien zugebracht.
Verbotene Sexualkontakte
Auch in der Erziehungsanstalt Aarburg
(Kanton Aargau), darauf lassen die Akten
schliessen, waren verbotene Sexualkontakte
unter den internierten Jugendlichen an der
Tagesordnung. Hinweise darauf liefern bereits
die autobiografischen Erzählungen zweier
ehemaliger Zöglinge, die sich in den 1920er
Jahren auf der Festung Aarburg befanden.
Jenö Marton lässt in «Zelle 7 wieder ➔
CRUISER MÄRZ 2017
18 Thema
Schwul in der Erziehungsanstalt
Gelegenheiten boten sich in den Erziehungsanstalten viele. Wurde man erwischt, kam es zu unschönen Szenen. Hier aus dem Film «Der junge
Törless» von Volker Schlöndorff aus dem Jahre 1965.
frei …!» (1936) den einen Zögling zum anderen
sagen: «Meine Freundschaft mit Vogelsang
war den Herren nicht genehm. Du
kennst ja noch den Vorfall letztes Jahr mit
Buschkopf und Zingg. Die Anstalt müsse
solche Elemente ausmerzen. Jetzt sehen die
‹solche Elemente› in jeder Freundschaft.»
Mit «solchen Elementen» waren offensichtlich
Homosexuelle gemeint. Konkreter wird
Colombo Farinoli in seinem unter Pseudonym
veröffentlichten Roman «Jugend am
Abgrund» (1937): «Der Zögling Brand zeigt
kein Interesse an den Gesprächen. Er ist eigentlich
einer der Unglücklichsten mit seiner
widernatürlichen Veranlagung, die ihm
hier ausgetrieben werden soll. Man nennt
ihn das ‹Schweine-B›, aber er ist nicht der
einzige ‹Homo›. Fast jeden Tag wird er geprügelt,
weil er mit einem Kameraden er-
CRUISER MÄRZ 2017
tappt wird. Aber scheinbar liebt er Prügel
auf den Hintern. Nur merken die ‹gebildeten›
Aufseher nichts.»
Fast jeden Tag wird er
geprügelt, weil er mit einem
Kameraden ertappt wird.
Die Akten und insbesondere die Personendossiers,
die sich noch immer im heutigen
Jugendheim befinden, sprechen eine differenziertere
Sprache. Bis in die 1930er Jahre
hinein finden sich darin nur wenige Hinweise
auf das Sexualverhalten der internierten
Jugendlichen. Das Vorgefallene muss in den
frühen Beispielfällen richtiggehend zwischen
den Zeilen gesucht werden. Dann
aber, und zwar bis in die 1960er Jahre hinein,
wurde der Topos jugendlicher Sexualität zu
einem intensiv diskutierten Problemfeld,
um das sich Anstaltsleitung, Psychiatrie und
Fürsorgebehörden scharten. Gründe dafür
finden sich auf unterschiedlichen Ebenen.
Zum einen fand 1932 ein Direktorenwechsel
statt: Der mit 28 Jahren recht junge Direktor
Ernst Steiner problematisierte die jugendliche
Sexualität auf eine andere Weise als sein
Vorgänger Adolf Scheurmann, der zu dem
Zeitpunkt die 70 bereits überschritten hatte.
Zudem wurde in der Zwischenkriegszeit von
Seiten der Fürsorgebehörden und der Versorgungsinstitutionen
der Ruf nach einem
Expertentum in Fragen der Behandlung
Thema
Schwul in der Erziehungsanstalt
19
Nicht alle involvierten
Jugendlichen wurden in
der Folge psychiatrisch
begutachtet.
Gerne wurde in den Heimen auch gespielt; ein guter Vorwand für Rangeleien aller Art. Und für
Körperkontakt, notabene.
schwieriger Klienten immer lauter. Seit den
späten 1930er Jahren zog die Anstaltsleitung
immer öfter einen Psychiater als beratende
Instanz hinzu, wenn es darum ging, einen
Jugendlichen, mit dem sie nicht zu Rande
kam, zu beurteilen. Sehr oft war die sexuelle
Entwicklung und generell das Sexualverhalten
des «Exploranden» ein wichtiger zu klärender
Punkt in diesen psychiatrischen Expertisen.
Auch wurden Jugendliche oftmals
psychiatrisch begutachtet, wenn die Anstaltsleitung
von sexuellen Interaktionen
mit anderen Zöglingen erfuhr.
Verkehr mit 28 Kameraden
Drei umfassende interne Untersuchungen,
die in Aarburg in den Jahren 1939, 1949 sowie
1958 geführt wurden, protokollieren die
Art, die Häufigkeit und das Ausmass der sexuellen
Aktivitäten der Anstaltszöglinge jener
Jahrzehnte. Losgetreten wurden die Affären
stets durch einen Denunzianten, der
Mitzöglinge anschwärzte. Im Laufe der Einvernahmen
wurde jeweils rund ein Drittel
der jugendlichen Belegschaft in die Affären
involviert, was darauf schliessen lässt, dass
ein nicht geringer Anteil der Anstaltszöglinge
in homosexuellen Interaktionen einen
durchaus adäquaten Ersatz zur Triebabfuhr
sah. Nicht alle involvierten Jugendlichen
wurden in der Folge psychiatrisch begutachtet.
Dies fand am ehesten bei solchen statt,
die sich im Laufe der Untersuchung als besonders
promiskuitiv erwiesen hatten, kurz
vor der Entlassung standen oder sich sonst
in ihrem Gebaren «verdächtig» gemacht hatten.
So wurde etwa Bruno K., dem im Zuge
der Affäre von 1958 sexueller Verkehr mit 28
Kameraden nachgewiesen worden war, in
der Expertise als «konstitutionell geschädigt»
bezeichnet, der durch «sein unmännliches,
geradezu weibisches Wesen» auffalle.
Diese kurzen Beispiele illustrieren, in welche
Richtung die Abklärungen von Anstaltsleitung
und psychiatrischen Experten im Zusammenhang
mit homosexuellen Umtrieben
zielten. Man wollte in erster Linie
feststellen, ob es sich bei dem betreffenden
Jugendlichen um einen «echten», einen konstitutionellen
Homosexuellen handelte, oder
ob die «Verfehlungen» eine simple Ersatzhandlung
waren.
Kevin Heiniger
ist Historiker und als wissenschaftlicher
Mitarbeiter der Unabhängigen Expertenkommission
Administrative Versorgungen
tätig. Seine Dissertation «Krisen, Kritik
und Sexualnot. Die ‹Nacherziehung›
männlicher Jugendlicher in der Anstalt
Aarburg (1893–1981)» ist im Chronos-
Verlag erschienen.
ANZEIGE
«Gesundheit ist die erste Pflicht im Leben.»
Oscar Wilde
Wir sind die erste Adresse für diskrete Beratung
in allen Gesundheitsfragen.
Stampfenbachstrasse 7, 8001 Zürich, Telefon 044 252 44 20, Telefax 044 252 44 21
leonhards-apotheke@bluewin.ch, www.leonhards.apotheke.ch
Ihr Gesundheits-Coach.
CRUISER MÄRZ 2017
20
Reportage
Schubliothek Zürich
Ein fast vergessener Ort
Die Schwubliothek
Mit über 4000 Titeln ist sie die grösste Bibliothek zum Thema Homosexualität
in der Schweiz. Nicht viele finden den Weg hierher, um die Gesellschaft von
Thomas und Klaus Mann, Bodo Kirchhoff, Alexander Ziegler, James Baldwin
oder Hugo Loetscher zu suchen.
Von Yvonne Beck
D
ie Schwubliothek liegt am Sihlquai
67, im dritten Stock eines Wohnhauses
in Zürich. Hier traf der Cruiser
die beiden ehrenamtlichen Bibliothekare
Walter Bucher und Christoph Landolt und
sprach mit ihnen über schwule Literatur, die
Zukunft der Einrichtung und die zerstörerischen
Faktoren des Internets.
Was muss ein Buch erfüllen, um seine
Heimat in der Schwubliothek zu finden?
Walter Bucher: Im Prinzip muss nur irgendetwas
Schwules darin vorkommen oder der
Autor ist homosexuell. Manchmal sind es
jedoch auch nur ganz kleine homosexuelle
Nuancen, die ein Buch für uns interessant
machen. Wir haben sehr viele Bücher von
schwulen Schweizer Autoren, auch wenn
Homosexualität in ihren Büchern gar nicht
thematisiert wird. Zum Beispiel von Hugo
Loetscher, der sich ja in vielen seiner Bücher
einer ganz anderen Thematik zuwendet. Unser
Budget ist sehr klein, daher lege ich
grossen Wert darauf, dass bei den belletristischen
Neuanschaffungen ein gewisses Niveau
vorhanden ist. Es gibt jedoch sicherlich
einige Bücher in der Schwubliothek, die ich
persönlich eher in die Schmuddelecke verdammen
würde, aber hierbei handelt es sich
meist um Schenkungen. Aber ohne Schenkungen
könnten wir nicht existieren.
Könnt Ihr mir ein bisschen über die Geschichte
der Schwubliothek erzählen?
Christoph Landolt: Gegründet wurde die
Schwubliothek am 2. Januar 1985. Das ist ei-
CRUISER MÄRZ 2017
gentlich recht spät, wenn man bedenkt, dass
es das HAZ bereits in den 70er Jahren gab.
Der Buch-Grundstock stammt aus den Beständen
der SOH («Schweizerischen Organisation
Homophiler»), die wiederum über
Bücher des legendären Schwulenzirkel «Der
Kreis» verfügte. So gibt es in der Schwubliothek
einige Bücher, die einen Stempel vom
Kreis, vom SOH und von der HAZ haben.
Das macht sie zu wichtigen «Zeitzeugen» der
Zürcher Schwulengeschichte. Inzwischen
haben wir zirka 4000 Bücher und 500 DVDs
zum Ausleihen.
Wie finanziert Ihr Euch?
Walter Bucher: Wir arbeiten fast alle ehrenamtlich.
Es gibt ein Budget von CHF 2000.–
pro Jahr. Davon werden 1000.– für Bücher
und 1000.– für DVDs verwendet.
Wer darf die Schwubliothek besuchen?
Christoph Landolt: Jeder darf zu uns kommen.
Ausleihen darf man ab 16 Jahren.
Wie wird Euer Angebot angenommen?
Walter Bucher: Wir haben zirka 500 Besucher
im Jahr. Vor zehn Jahren waren es noch über
1000. DVDs werden etwas besser angenommen
als die Bücher. Wir haben ein paar
Stammbesucher, die Bücher ausleihen, aber
das sind inzwischen wirklich wenig geworden.
Wer besucht die Schwubliothek?
Christoph Landolt: Wir haben sehr viele
langjährige Besucher. Die meisten sind eher
älter. Bei den Jüngeren herrscht leider ein absolutes
Desinteresse, sowohl bei den Büchern
als auch den Filmen. Die Zeiten haben
sich einfach geändert. Als ich mein Coming-out
hatte, waren schwule Literatur
und Filme extrem wichtig. Heute zeigen
auch die Coming-out-Gruppen nur wenig
Interesse daran.
Walter Bucher: Ich denke, dies ist ein allgemeiner
Trend. Auch in der Pestalozzi Bibliothek
sind die Ausleihzahlen für Bücher seit
Jahren rückläufig. DVDs und CDs laufen
zwar noch recht gut, aber auch hier nehmen
die Zahlen ab. Vieles lässt sich inzwischen
ganz einfach im Internet herunterladen. Ab
und zu haben wir jedoch Besucher, die zu
Recherchezwecken kommen, denn viele der
alten und unbekannteren Werke sind im
Netz nicht zu finden.
Was ist die grösste Trouvaille der
Schwubliothek?
Christoph Landolt: Zum einen haben wir
die alten Bände vom «Kreis», die seit kurzem
jedoch auch in digitalisierter Form vorliegen.
Sprich, im Internet frei für jeden zugänglich
sind. Aber viele andere Bücher aus
der «Kreis»-Zeit sind inzwischen vergriffen.
Bei uns sind sie noch zu finden. Gerade im
Bereich der Belletristik. Wir haben bisher
noch nie etwas weggeschmissen, deshalb
sind wirklich einige kleine Schätze zu finden.
Zum Beispiel Joseph Mühlberger «Die
Knaben und der Fluss», dieses Buch werden
heute nicht mehr viele lesen. Der dokumentarische
Wert mit den Stempeln vom Kreis
und der SOH ist jedoch nicht zu unterschät-
Reportage
Schubliothek Zürich
21
zen. Wir haben sogar einige Bücher mit der
Originalunterschrift des Autors.
Wie sucht Ihr aus, welche Bücher bzw. Filme
in die Bibliothek kommen?
Walter Bucher: Ich lese viele Rezensionen,
lasse mir Kataloge von den einschlägigen
Buchverlagen schicken, besuche oft Buchhandlungen
und recherchiere sehr viel im
Internet.
Eure drei «Must»-Bücher, die jeder Schwule
gelesen haben sollte?
Christoph Landolt: Mir gefallen eher ältere
Bücher wie von Edward Morgan Forster
oder James Baldwin. Diese Literatur gefällt
mir einfach besser, weil man merkt, dass es
damals viel mehr Engagement gebraucht
hat, um solche Themen aufzugreifen. Heute
ist einfach alles so selbstverständlich und
dadurch sehr oberflächlich.
Walter Bucher: Sicher mal einen Klassiker
wie «Der Tod in Venedig», aber ich mag auch
Klaus Manns «Der Wendepunkt» und als
neues Buch würde ich «Liebestod auf Long
Island» von Gilbert Adair empfehlen – obwohl
es vom Inhalt recht ähnlich ist wie der
Tod in Venedig.
Was wird am meisten ausgeliehen?
Walter Bucher: Die Krimis von Sunil Mann
kommen gut an und die Bücher des in Basel
lebenden Autors Alain Claude Sulzer werden
auch sehr gerne gelesen. Christoph Geiser
hingegen wird kaum mehr ausgeliehen.
Christoph Landolt: Bei Büchern sind es ➔
CRUISER MÄRZ 2017
22
Reportage
Schubliothek Zürich
Globi, Herbert List, Thomas Mann und James Baldwin geben sich ein Stelldichein in der Schwubliothek.
eher die neueren Sachen. Alles, was wir ein
bisschen mehr präsentieren. Vermehrt werden
Bücher aus dem ersten Raum ausgeliehen.
Früher waren Comics sehr gefragt.
Heute, seitdem wir sie im hinteren Raum
ausstellen, fragt kaum mehr einer danach.
Wobei Ralph König immer noch sehr beliebt
ist. Und auch bei den Filmen sind die Neuanschaffungen
am beliebtesten.
Habt Ihr auch lesbische Bücher im Sortiment?
Christoph Landolt: Eine Handvoll kann
man sicher finden. Wie genau die hier hingekommen
sind, weiss keiner. Bei den Filmen
gibt es ein paar DVDs, die mit F gekennzeichnet
sind. Aber der gesamte lesbische
Bestand wurde der Bibliothek «Schema f»
übergeben. Zurzeit ist dieser jedoch eingelagert.
Falls das Regenbogenhaus jemals zustande
kommt, würde es eine grosse gemeinsame
Bibliothek geben mit einer lesbischen
und einer schwulen Abteilung.
Wozu braucht es heute noch eine
Schwubliothek?
Christoph Landolt: Vielleicht ist die
Schwubliothek ein überholtes Relikt aus der
Zeit, als man sich noch nicht getraut hat, in
der ZB Bücher mit homosexuellen Inhalt
auszuleihen und eine Pestalozzi-Bibliothek
solche Bücher erst gar nicht geführt hat.
Heute hat ja sogar Orell-Füssli eine schwule
Ecke und im Internet bekommt man eh fast
alles, was man will. Klar stellt sich da die
Frage, braucht man noch einen Ort wie die
Schwubliothek. Aber es gibt sonst keinen
Ort, an dem man so konzentriert Bücher
CRUISER MÄRZ 2017
zum Thema Schwulsein finden kann. In der
ZB muss ich wissen, was ich suche, hier kann
ich durch die Regale stöbern, bis ich das
richtige gefunden habe. Ich denke, es wird
immer Menschen geben, die daran Freude
haben.
Was würdet Ihr Euch für die Schwubliothek
wünschen?
Christoph Landolt: Mehr Besucher! Unsere
finanziellen Mittel sind leider sehr begrenzt.
Früher hatten wir viel mehr Lesungen oder
andere Events, die Aufmerksamkeit erregten.
Die meisten Autoren wollen jedoch ein
grösseres Publikum erreichen und würden
uns daher von vornherein eine Absage geben.
In den letzten fünf Jahren hat es nur
zweimal eine Lesung gegeben. Vielleicht
fehlt uns auch einfach eine Eventgruppe, die
Lesekreise, -diskussionen etc. ins Leben ruft.
Walter Bucher: Vielleicht müsste man auf
Facebook, Twitter und den ganzen sozialen
Medien etwas aktiver werden. Oder Kurzbesprechungen
von Büchern auf der Seite der
HAZ veröffentlichen. Uns fehlt jemand, der
aktiver nach aussen geht.
Also, was konkret muss man ändern?
Christoph Landolt: Die Öffnungszeiten
sind nicht unbedingt ideal. Freitag- und
Mittwochabend. Der Mittwoch ist noch ein
bisschen besser. Viele wissen gar nicht, dass
es uns gibt. Und vielleicht ist der Ort auch
nicht der beste. Das Haus sieht aus wie ein
Wohnhaus, man muss klingeln, um hereinzukommen,
die Bibliothek liegt im dritten
Stock. Ich denke, dies birgt eine gewisse
Schwellenangst. Zufällig kommt sicher niemand
hier vorbei. Wir hoffen, dass das Regenbogenhaus
irgendwann einmal zustande
kommt und sich die Situation dann zum Guten
ändert.
Walter Bucher: Man sagt ja, dass das Internet
vieles zerstört hat. Das gesamte Nachtleben
Zürichs hat sich geändert. Chatten und
Grinder reichen aus. Man(n) braucht nicht
mal mehr ausgehen. Ich denke jedoch, man
unterschätzt wahrscheinlich, wie viele
Schwule allein zuhause sitzen, weil es immer
weniger Orte wie diesen gibt.
Könnt Ihr mir den Satz beenden: «Die
Schwubliothek ist ein Ort …?»
Christoph Landolt: … ein Ort der Inspiration.
Wo sonst hat man noch so eine Präsenzbibliothek
zum Thema Homosexualität. Ich
fühle mich an Orten mit Büchern einfach
wohl.
Walter Bucher: Schön wäre ein Ort der Begegnung.
Eine Ansammlung schwuler Geschichten
und schwulen Wissens. Oder wie
Jorge Luis es sagt: «Das Paradies habe ich
mir immer als eine Art Bibliothek vorgestellt.»
Also müsste die Schwubliothek das
Paradies auf Erden für den schwulen Zürcher
Mann sein. (lacht)
Schwubliothek
Sihlquai 67
8005 Zürich
www.haz.ch/Schwubliothek
Öffnungszeiten
Mittwoch & Freitag 20.00 – 21.30 Uhr
KOLUMNE
Mirko!
23
was man mit Heteros alles
so tun kann
Die Sonne wird wärmer, die Jungs zeigen Muckis
und die aufkommenden Gefühle verwirren Mirko.
VON Mirko
I
st doch geil, wenn d’Jungs wieder ihri
Oberarme zeige chönnd, jetzt da die
Sonne wieder wärmer scheint. Ich
find’s super. Ok, alles ist plötzli oversexed
und mr fühlt sich denn schnell mal underfucked.
Ich habe das ja ziemlich im Griff. I
hol mir, was ich bruuch. Kei Problem. Genug
Fleisch hat’s ja auf dem Markt. Wenn
ich von der Arbeit heifahre und abchecke,
was im Zug im Angebot ist und dann Grindr
durchsuch und der eine da hinten bei der
Tür, der so cool mit einer Hand die Sporttasche
des FC Dietikon über die Schulter
geschlagen festhält, während er mit dem
Daumen der anderen Hand über die
Screens des Phones wischt und breit mit
seinen Beinen in den engen Trainingshosen
dasteht, mir aus der App entgegenlacht,
Mann, dann ist’s aus mit meiner Coolness,
chasch glaube. Und denn mach i das, wo
alli sich ufrege drüber, aber ich mach das
wirkli: Denn schriib i, was mir z Sinn
chunnt und das isch nöd viel, wil s Bluet
isch grad nöd im Hirni. LOL. Ich schriib
denn: FICKE? (Grossbuchstaben, weil genau
so will ich es in dem Moment.) Yeap.
Und chasch gloube, de Typ döt isch noch
em Training vom FC Dietike no uf en Abstecher
mit mir id Sauna cho. Was mir
gmacht hend, war genau so, wie ich’s auf
Grindr gfröget han. Kurz und heftig und in
Grossbuechstabe. Ich find Fussball toll. Die
Jungs haben supergeile Ärsche.
In dem Fall hat’s gepasst. Aber er musste
dann zu seiner Freundin. Das war Scheisse.
Weisch wie het’s mi gnärvt? Ich war
nämlich schon very much in loooove, aber
keine Chance und im Zug war er auch nie
mehr. Ich ging sogar unauffällig am Samstag
zu einem Match des FC Dietikon, e chli frischi
Luft schnappe, habe ich mir gesagt, aber
alles nur Ausrede, es ging schnurstracks
Ich war nämlich schon very
much in loooove.
zum Fussballplatz. Ach, falsches Timing.
War die andere Mannschaft, die spielte.
Glück gehabt! Ich wäre ja so was von uncool
dagestanden. Ganz so eifach isch es halt
doch nöd. Ich bin schon noch ein paar Mal
wach geworden, hab an ihn gedacht und
musste mir selber helfen, wenn du verstehst,
was ich meine. Zum Fussballplatz ging ich
übrigens auch mehr als nur einmal.
Wenn ich so meine Kumpels höre, mit
ihren Chicks, da bin ich ganz froh, dass ich
meistens mit Bros rummache. Ich schwör’s!
Jeder holt sich seinen Spass und pronto.
Aber wie gseit: Ganz so einfach ist es nöd
immer. Ja, ich habe den Typen noch gesucht
und ja, ich war sogar eifersüchtig, fuck, da
hatten wir Hammersex und sonst war auch
alles richtig und es hat gefunkt – und dann
musste er weg. Wahrscheinlich findet sein
Chick siin Arsch gar nicht so scharf wie ich.
Mist, echt. Ich darf gar nicht daran denken.
Das mit de Heteros ist halt auch nicht mehr
so klar. Ich kenn’s von meinen Kumpels.
Wenn ich mit denen mal rumhänge so zum
Gamen und so, ein Bier dabei, dann erzählen
sie, so vo «Schatz, ich gang no schnell
d’Bohrmaschine bim Nachbar goge hole»
und so. Ich glaub’s nöd … d’Bohrmaschine,
usgrächnet. Ich verreck! Die Freundin
schnappt nichts, obwohl sie doch weiss,
dass ihr Typ selber eine Bohrmaschine hat
und es gar nichts zu bohren gibt, ömel nöd
mit de Maschine …
Was mir durch den Kopf geht: Sex bekomme
ich einfach. Jeder hat seinen Spass
und pronto, wie gseit. Aber dann passiert so
was wie mit dem Stürmer vom FC Dietike
und dann bin ich plötzli nicht mehr so cool.
Und plötzli wird i iifersüchtig, sogar wenn’s
aussichtslos ist, und die andern, mit denen
ich Spass habe, sind plötzli nümm interessant.
Puhh, dä Früehlig goht jo voll ab!
CRUISER MÄRZ 2017
24
Fingerfertig
Cruiser kocht
Ein Prise
Sommergefühl
Sie kommen näher, die warmen und langen Tage. Und solange sie noch auf sich
warten lassen, beschäftige ich mich wenigstens in der Küche mit dem Sommer.
CRUISER MÄRZ 2017
VON Nihat
D
er Winter ist nicht meine Jahreszeit.
Mindestens nicht, wenn eine Nebeldecke
über dem Flachland liegt, und
man nur anhand der Uhrzeit erahnt, dass
eigentlich Tag ist. Da das Auswandern in
südlichere, nebelfreie Gefilde wenig realistisch
ist, begnüge ich mich mit einer Vorstellung
von Sonne, Strand, Palmen und türkisfarbenem
Meer. Natürlich kommen mir
bei diesem Bild auch jede Menge Kindheitserinnerungen
auf. Entsprechend passen zu
diesem Bild eine Schale Hummus und frisches
Fladenbrot. Geschmeidig, cremig,
nach Sommer und Sonne schmeckend. Spätestens
der Lärm beim Pürieren reisst mich
aus den schönen Träumen zurück in die neblige
Flachlandrealität. Zum Glück kann ich
mich mit dem Hummus trösten …
Fingerfertig
Cruiser kocht
25
Zutaten
1 Dose Kichererbsen
1 Zitrone, gepresst
1 Knoblauchzehe, gepresst
1 Avocado
1 EL Tahina
½ TL Kreuzkümmel, gemahlen
Granatapfelkerne
Olivenöl, Salz
Zubereitung
Kichererbsen abtropfen und abspülen.
Zitronensaft und Tahina gut vermischen.
Kreuzkümmel, Kichererbsen, Avocado
hinzugeben und mit einem leistungsstarken
Küchengerät pürieren, bis die Paste eine
weiche, cremige Konsistenz erhält. (Falls
erwünscht, kann man auch wenig Rahmquark
hinzufügen.)
Olivenöl erhitzen und gepressten Knoblauch
kurz anbraten. Anschliessend zur Masse
geben und vermengen.
Mit Salz abschmecken und am Tisch
mit frischem Fladenbrot geniessen.
Beim Servieren mit Granatapfelkernen
und einzelnen Kichererbsen verziehen
und mit Olivenöl beträufeln.
Info
Nihat organisiert seit gut vier Jahren Kochkurse
für einen guten Zweck, u.a. für Schulkinder
in der Türkei. Und er ist als Störkoch oder als
Caterer an privaten und geschäftlichen
Anlässen unterwegs. «Daneben» drückt er als
angehender Gymnasiallehrer seit Kurzem
wieder die Schulbank.
Die nächsten Kochkurse
– Sonntag, 19. März Co-Kochkurs
österreichisch-türkisch
– Sonntag, 7. Mai Co-Kochkurs
peruanisch-türkisch
CRUISER MÄRZ 2017
26
Serie
Homosexualität in Geschichte und Literatur
Frühlingshafte Regungen
im Unterleib
Zwei Schüler sind gut getarnt im Rebberg. Sie selber verstecken nichts voreinander.
Sie naschen Trauben, aber nicht nur. Bald einmal sind sie erschöpft,
aber nicht nur wegen des Traubenpflückens.
Homosexualität in Geschichte
und Literatur
Mehr oder weniger versteckt findet sich das
Thema Männerliebe in der Weltgeschichte, der
Politik, in antiken Sagen und traditionellen
Märchen – aber auch in Wissenschaft, Technik,
Computerwelt. Cruiser greift einzelne Beispiele
heraus, würzt sie mit etwas Fantasie,
stellt sie in zeitgenössische Zusammenhänge
und wünscht bei der Lektüre viel Spass – und
hie und da auch neue oder zumindest aufgefrischte
Erkenntnisse. In dieser Folge: ein Theaterstück
gegen verklemmte Sexualmoral und
Widdertypen.
CRUISER MÄRZ 2017
Serie
Homosexualität in Geschichte und Literatur
27
VON ALAIN SOREL
D
er dritte Monat des Jahres 2017 ist angebrochen
und der Machtwechsel steht
unmittelbar bevor. Offiziell zumindest,
auf dem Kalender, übernimmt der Frühling
am 20. März vom Winter das Zepter.
Hänschen Rilow und Ernst Röbel sind
Jugendliche in einer deutschen Stadt. Zeitpunkt:
Ende des 19. Jahrhunderts. Sie befinden
sich nach einer Weinlese in einer romantischen
Stimmung und kehren nicht mit
den andern nach Hause zurück. Stattdessen
bleiben sie in den Rebbergen noch eine Weile
nebeneinander im Grase liegen.
Das Drama «Frühlings Erwachen» des
deutschen Schriftstellers und Schauspielers
Frank Wedekind schildert die Szene. «Man
sieht sie hängen und kann nicht mehr …»,
flüstert Röbel – und meint garantiert nicht
nur die Trauben. Weltschmerz packt beide,
sie wissen nicht, was kommen wird, aber
dann ergreift Hänschen die Initiative: «Lass
uns nicht traurig sein! – (Er küsst ihn auf
den Mund.)» Ernst erwidert den Kuss: «Ich
liebe dich, Hänschen, wie ich nie eine Seele
geliebt habe …» Und Hänschen mag nicht an
die Zukunft denken; es zählt der Augenblick
und den wollen beide nun auskosten.
Wider die Sexualmoral: Selbstbefriedigung
von Schülern thematisiert
In der Zeit des grossen Frühlingsfestes hat
Wedekind das Stück vollendet, an Ostern
1891. «Frühlings Erwachen» spielt unter
Gymnasiasten und Schülerinnen in
Deutschland. Es geht um den Abschied von
der Kindheit, die Burschen und Mädchen
entdecken ihre Sexualität. Welch ein Mut, in
einer Epoche einer total verklemmten Sexualmoral
im erstarrten Deutschland von Kaiser
Wilhelm II. ein solches Stück zu veröffentlichen
und dabei Schwangerschaften, die
Selbstbefriedigung unter Jungen (im Kreis
aufstellen und nach einer Münze in der
Mitte «schiessen») und sogar homosexuelle
Erfahrungen zum Thema zu machen. Unschwer
zu erraten, dass das Drama autobiografische
Züge aufweist. Wedekind lebte
vom 24. Juli 1864 bis 9. März 1918. Das
Schauspiel stiess auf so grossen gesellschaftlichen
Widerstand, dass der Verfasser 15
Jahre auf die Uraufführung warten musste;
sie erfolgte in Berlin im Jahre 1906. Das Drama
setzte ein Zeichen, aber die sexuelle Revolution
liess noch lange auf sich warten.
Klage gegen Zürcher Deutschlehrer
abgeblitzt
Die inhaltliche Sprengkraft des Stücks ist
auch im 21. Jahrhundert ungebrochen.
Welch ein Kompliment für Wedekind. Vor
ein paar Jahren wurde ein Deutschlehrer der
Zürcher Kantonsschule Rämibühl von der
Mutter einer Schülerin wegen Weitergabe
pornografischen Materials an Minderjährige
angezeigt, weil er unter anderem «Frühlings
Erwachen» im Unterricht behandelt
hatte. Der Lehrer wurde diesbezüglich freigesprochen;
die selbsternannte Tugendwächterin
blitzte ab.
ANZEIGE
Body Esthetic
Ästhetische Behandlungen in Zürich
Hyaluronsäure Filler
z.B. Nasolabialfalte / Lippen je 400.-
Penisverdickung 400.-
Botulinumtoxin
z.B. Stirn / Augen je 180.-
Zornesfalte 200.-
Kryo – Fett weg mit Kälte
z.B. Bauch / Lenden je 199.-
(inklusive Endermologie)
Dauerhafte Haarentfernung SHR
z.B. Achseln 69.-
Rücken / Schulter 329.-
bodyestehtic.ch / 044 381 20 20
Alle Behandlungen unter ärztlicher Leitung
CRUISER MÄRZ 2017
28
News
National & International
NEWS
Umfrage zur Akzeptanz von Homosexuellen in der Gesellschaft
Ob Olympische Spiele seinerzeit in Sotchi,
Hitzlsperger-Outing, der kommende Songcontest
in Kiew oder aktuell grad Trump:
Homosexualität scheint derzeit nach wie vor
(leider) ein Thema zu sein. Dabei findet eine
große Mehrheit in Mitteleuropa, dass die
Gesellschaft Homosexualität einfach akzeptieren
sollte. Das geht zumindest aus einer
Studie des amerikanischen Pew Research
Centers hervor.
Demnach ist die Akzeptanz von
Schwulen und Lesben in Westeuropa überwiegend
gross. Richtung Osten ändert sich
das. So halten 46 Prozent der Polen Homosexualität
für unakzeptabel, in Russland fällt
die Ablehnung mit 74 Prozent noch wesentlich
deutlicher aus. In Süd- und Nordamerika
ist Homosexualität für die Mehrheit, kein
Problem wie die Beispiele Brasilien und USA
zeigen. Dagegen können Homosexuelle in
islamischen Ländern, wie der Türkei, kaum
mit Akzeptanz rechnen. Leider wurde die
Schweiz in dieser Studie nicht erfasst. Das
Statistikportal Statista hat die Ergebnisse in
untenstehender Grafik zusammengefasst:
Riesenchaos beim ESC und die bange Frage, ob dieser überhaupt stattfinden wird
Etwas mehr als zwei Monate noch bist zum
ESC-Finale in Kiew. So es denn stattfinden
wird. Hinter den Kulissen rumort es allem
Anschein nach gewaltig. Und spätestens der
Ticket-Verkauf offenbart auch jedem Fan das
totale Organisationsdesaster in der Ukraine.
Dies schreibt das onlineportal n-tv.de. Die
Tickets konnten zu Beginn nur auf einer
Webseite bestellt werden, die ausschliesslich
in russisch gehalten war. Versuchte man die
Tickets telefonisch zu ordern, hörte man die
telefonische Ansage man sei auf der Warteliste
(der Reporter von n-tv war auf Warteposition
4800) und man solle sich gedulden.
Aber auch wem es tatsächlich gelang,
ein Ticket zu ergattern, wurde nicht unbedingt
glücklich. In ESC-Foren beklagen diverse
Nutzer, dass ihnen kurz nach dem
Kauf eine Stornierungsnachricht zugegangen
sei, da angeblich die Zahlung nicht abgewickelt
werden konnte. Wie gewonnen, so
zerronnen stellt n-tv in einem abschliessenden
Beitrag ernüchtert fest.
Schlimm hat die verantwortlichen des
EBU (European Broadcasting Union, welche
den Contest jeweils durchführt und für
den Wettbewerb verantwortlich ist) die
CRUISER MÄRZ 2017
Nachricht getroffen, dass zentrale Mitglieder
des Produktionsteams für die Show in
Kiew das Handtuch geworfen und ihren
Rücktritt verkündet haben. Sie sähen sich
unter den gegebenen Bedingungen ausser
Stande, ihre Arbeit fortzuführen, lautete
die Begründung. Sie seien blockiert und in
ihren Freiheiten beschnitten worden. Der
Kommentar der EBU dazu klang fast schon
flehentlich. Man habe in der Ukraine auf
die Einhaltung bereits vereinbarter Beschlüsse
und des Zeitplans gedrungen –
mal wieder. Was auch immer am 13. Mai
aus Kiew über die Bildschirme flimmern
wird – es wurde nicht nur mit Blut, Schweiss
und Tränen, sondern auch mit jeder Menge
Ärger, Intransparenz und Dilettantismus
erarbeitet.
IKONEN
VON DAMALS
29
Ikonen von
damals
In unserer losen Serie
stellen wir Ikonen aus
vergangenen Dekaden
vor, berichten über gefallene
Helden und hoffnungsvolle
Skandalsternchen
aus längst
vergangenen (Gay-)
Tagen. Tony Danza
fanden fast alle mal toll.
VON Haymo Empl
N
un, und weil wir in dieser Ausgabe
einen so schönen Bericht über die Rascals
haben (Seite 13), passt der weder
«gefallene» (wird an dieser Stelle ja gerne genommen)
noch so richtig «vergangene» Sitcomstar
bestens hierher. Wobei, also ein
bisschen «vergangen» sieht er ja – mittlerweile
ist der Schauspieler 65 - schon aus.
In den USA war Antonio Salvatore
Iadanza – so heisst der Akteur bürgerlich –
schon in den späten 1970er Jahre ein Sitcom-Star:
«Taxi» hiess die Comedy Show
und das war auch grad der Inhalt. Richtig
spannend wurde es dann erst später mit
«Wer ist hier der Boss». Spannend, weil es
eine der ersten Sitcoms war, welche mit bestehenden
Klischees bewusst brach und ➔
CRUISER MÄRZ 2017
30 IKONEN
VON DAMALS
Tony Danza mit seiner Sitcom-Familie, ca. 1985. Man beachte die hübsche Garderobe. Eines der letzten aktuellen Bilder von Tony Danza aus
dem Jahr 2014. Cruiser kauft eigentlich ungerne solche unvorteilhaften Fotos bei der Bildagentur. Aber man hatte dort nur dieses. Immerhin
wusste man noch, wer «Tony Danza» ist.
die klassische Rollenverteilung in Frage
stellte. Wikipedia fasst die Handlung wie
folgt zusammen: «Um seinem Kind ein
besseres Leben bieten zu können, entscheidet
sich der frühere Baseball-Spieler Tony
Micelli dazu, mit seiner jungen Tochter
Samantha aus dem New Yorker Stadtteil
Brooklyn in ein kleines Städtchen nahe
Fairfield County/Connecticut zu ziehen.
Seinen ersten Job findet er als Haushälter
bei Angela Bower, Chefin einer Werbeagentur
und alleinerziehende Mutter ihres
Sohnes Jonathan.»
Wow: Wir haben also eine alleinerziehende,
erfolgreiche Mutter und einen
Machomann als Haushälter. Das war neu!
Das war aufregend! Ja, das war geradezu unverschämt!
Natürlich wurde alles hübsch
fürs US-Fernsehen entsexualisiert... aber
dennoch: Das Gesamtkonzept war für 1984
sehr gewagt. Da kannte noch kein Mensch
die feministischen Theorien einer Judith
Butler. Und auch niemand hätte von
«LGBT*» oder so gesprochen. Item: Wer sich
weniger für den sozialgeschichtlichen Aspekt
der Serie interessierte und vielleicht gar
eine angehende Schwulette war, der fand
Tony Danza als Tony irgendwie einfach faszinierend.
So männlich, so attraktiv und
doch so warmherzig. Hach!
CRUISER MÄRZ 2017
Aufstieg und Fall
Sitcoms verhandeln Stereotype – die Kunstfiguren
dürfen sich im Genre nur innerhalb
sehr enger Grenzen bewegen, so dass wenig
Raum zur Weiterentwicklung der dargestellten
Persönlichkeiten besteht. Es dauerte
dann auch 173 Folgen, bis sich irgendetwas
tat zwischen den Figuren «Tony» und
«Angela Bower». Dass sich etwas tat, war
wohl sehr zum Leidwesen der Gays. Denn
Dass sich etwas tat, war
wohl sehr zum Leidwesen
der Gays.
Theorien von Männlichkeit sowie theoretische
Erkenntnisse über Wechselwirkungen
medial vermittelter und sozial konstruierter
Männlichkeitsbilder waren den Schwulen
damals genauso egal, wie es auch heute
(in vielen Fällen) noch ist. 20 Millionen
Menschen in den USA guckten jeweils «Wer
ist hier der Boss». In besagter 173. Folge
dann das Geständnis der gegenseitigen
Liebe und damit war auch jegliche Spannung
(ja,ja, liebes ABC America, die war
durchaus auch sexueller Natur, diese Spannung)
zwischen den Protagonisten verfolgen.
Ergo kam das Aus nach Folge 196.
Leider irgendwie auch das Aus für
Tony Danza. Denn es jagte danach ein
schlechter Comebackversuch den nächsten.
«Hudson Street» beispielsweise war die Geschichte
von einem pensionierten Detektiv
namens «Tony» (nun ja) und einer Zeitungsreporterin.
Auch nun ja. Das fand das
Publikum auch – und schaltete erst gar
nicht ein. Nach einer Staffel war Schluss.
Dann kam «The Tony Danza Show». Das
mit der eigenen Show hat ausser bei «Ellen»
eigentlich auch noch nie wirklich bei einem
Sitcomstar funktioniert, auch hier war nach
zwei Staffeln Schluss. 2008 folgte dann ein
Kochbuch: «Don›t Fill Up on the Antipasto:
Tony Danza›s Father-Son Cookbook». Das
kann so schlecht nicht gewesen sein, denn
es wurde – guckt man auf der US Amazon-Seite
nach – noch eine Neuauflage im
Jahr 2010 gedruckt. Und sonst? Grillengezirpe.
Gähnende Leere. Ein Uhu alleine im
Wald. Heisst: Danza hat derzeit nicht viele
Projekte am Laufen, man sieht ihn (meist
als sich selbst) als Gaststar in Sitcoms und
offenbar unterrichtet er manchmal als Aushilfslehrer
an Schauspielschulen.
Kultur
Konzerttipp
31
KULTUR
Christoph Braun – Improvisationen
Ob mit Orchesterbegleitung oder Solo-
Rezital – ein Konzertpianist hat bei seinen
Auftritten so gut wie nie Noten vor sich.
Mozart, Chopin, Rachmaninov oder was
immer er auch interpretiert, das Stück wird
in- und auswendig beherrscht. Das ermöglicht
dem Pianisten, sich voll und ganz auf
die Interpretation des Stücks zu konzentrieren.
Auch wenn Christoph Braun konzentriert
am Flügel sitzt, ist der Notenhalter
leer. Doch auswendig spielt er nicht. Muss
er auch nicht, denn was ihn vom Gros der
anderen Konzertpianisten unterscheidet:
Brauns Musik entsteht ad hoc – wenigstens
so gut wie. Der Zürcher spielt an seinen
Konzerten nämlich ausschliesslich Improvisationen.
Somit verfügt er über ein Talent,
das vergleichsweise selten ist. Zumindest
ist es bei wenigen Pianisten derart
ausgeprägt, dass sie damit souverän vor einem
Publikum auftreten und sogar wie er
Tonträger einspielen – bereits derer drei hat
er herausgebracht. «Das Klavierspiel nach
Noten fällt mir schwer», bringt es Christoph
Braun auf den Punkt. «Beim Improvisieren
habe ich die vollkommene Freiheit. Es erlaubt
mir, genauso zu spielen, wie mir in
dem Moment ums Herz ist. Ich kann mich
durch die immer aus dem Augenblick entstehende
Musik ausdrücken.»
Studiert hat der Zürcher jedoch nie,
das Konservatorium kam für ihn nicht in
Frage, auch wenn Improvisation mittlerweile
ein offizielles Studienfach ist. «Ich
wollte bei meiner Musikwahl am Klavier
einfach frei sein», begründet der Pianist
seine Entscheidung. Es sei auch nie sein Ziel
gewesen, Berufspianist zu werden. So hat
Christoph Braun, der heute mit seinem Lebenspartner
in Kilchberg wohnt, damals
eine Ausbildung zum Musikalienhändler
abgeschlossen.
Zum kommenden Konzert meint
Christoph Braun: «Ich versuche, Emotionen
zu erzeugen – bei mir und beim Publikum.
Ich möchte bei den Zuhörerinnen
und Zuhörern innere Bilder, Geschichten,
Filme auslösen. Damit beim Hören die Vorstellungskraft
nicht allzu sehr eingeschränkt
und kanalisiert wird, gebe ich den
Stücken nur sehr allgemein gehaltene oder
gar keine Titel.» Immerhin wissen wir, dass
es sich um Spätromantik handeln wird.
Dennoch dürfen wir auf das Konzert gespannt
sein, denn nicht immer verbindet
der einzelne Zuhörer das Gehörte mit dem,
was Christoph Braun für sich selbst
‹hört›.«Es ist immer wieder eine Freude zu
erfahren, was von den einzelnen Gästen zu
meiner Musik erlebt wird. Am meisten
freut es mich jeweils, wenn sich dies komplett
von meinen eigenen Vorstellungen unterscheidet.»
Wir dürfen also gespannt
sein! (Andreas Faessler / Haymo Empl).
Christoph Braun: Piano Solo Improvisationen
im spätromantisch-klassisch-virtuosen Stil am
30. März 2017, 19.30 Uhr
«Jecklin» Forum im Jecklin Haus beim
Kunsthaus, Rämistrasse 20, Zürich
Dauer ca. 1 Stunde
Eintritt frei – Kollekte
CRUISER MÄRZ 2017
32
RATGEBER
Dr. Gay
Dr. Gay
DR. GAY
Dr. Gay ist eine Dienstleistung der Aids-Hilfe
Schweiz. Die Fragen werden online auf
www.drgay.ch gestellt. Ein Team von geschulten
Beratern beantwortet dort deine Fragen,
welche in Auszügen und anonymisiert im
«cruiser» abgedruckt werden.
ANZEIGE
ARCADOS
schwuler Buchladen
40 Jahre, April 1977 – 2017
lesen | schreiben | weiterbilden
Rheingasse 67 | 4005 Basel
Telefon 061 681 31 32
CRUISER MÄRZ 2017
VON Vinicio Albani
Soll ich meinen Eltern sagen,
dass ich schwul bin?
Ich habe einen Mann kennengelernt
und es hat gefunkt zwischen
uns. Leider habe ich bisher nicht
den Mut gefunden, mich zu outen.
Soll ich meine Eltern einweihen?
Oder vielleicht besser jemand
anderen? Tim (21)
Hallo Tim
Das Coming-out ist für jeden unterschiedlich
und persönlich. Du musst für dich entscheiden,
ob und wann du wen in deinem
Umfeld informierst. Eine neue Liebe kann
ein Motivator dafür sein und dich dabei
unterstützen. Es ist möglich, dass deine Eltern
im ersten Moment negativ oder ablehnend
reagieren. Diese Reaktion solltest du
nicht überbewerten. Gib ihnen Zeit, sich an
die neue Situation zu gewöhnen, so wie
auch du deine Zeit gebraucht hast, dich so
zu akzeptieren, wie du bist. Wenn du bereit
bist, suche für das Gespräch einen ruhigen
Moment ohne Stress und Zeitdruck. Erkläre
ihnen, dass du immer noch der Gleiche
bist wie vorher und dass Schwulsein weder
unnatürlich noch moralisch verwerflich ist.
Es ist auch möglich, dass sie positiv reagieren
und dich von Anfang an unterstützen.
Vielleicht hilft es dir, erst nur mit einem Elternteil
zu reden. Wenn du vorher eine vertraute
Person einweihen möchtest, zum
Beispiel die beste Freundin oder den besten
Freund, könnte dich das in deinem Vorhaben
ebenfalls stärken. Sollten deine Eltern
damit nicht klarkommen, empfehle ich ihnen
die Organisation FELS (fels-eltern.ch).
Wenn du selber wegen deines Coming-outs
unsicher bist, wende dich an das Angebot
des Projekts DU BIST DU (du-bist-du.ch).
Alles Gute, Dr. Gay
Macht eine HPV-Impfung für
uns Sinn?
Mein Partner hat HPV. Wir leben
monogam und ich gehe davon
aus, dass ich das Virus auch
habe. Wie verbreitet ist HPV
eigentlich? Und was hat es für
Auswirkungen auf mich und
meinen Partner? Macht es Sinn,
dass wir uns noch impfen?
Antonio (35)
Hallo Antonio
Infektionen mit den leicht übertragbaren
Humanpapillomaviren (HPV) gehören weltweit
zu den häufigsten sexuell übertragbaren
Infektionen (STI). Es sind über 100 Subtypen
des Virus bekannt. Einige HPV-Typen
sind für die Entstehung von Feigwarzen
verantwortlich. Dies sind vor allem die Subtypen
6 und 11, aber auch andere. Gewisse
Typen (u.a. 16 und 18) können in seltenen
Fällen zu einem Analkarzinom führen, noch
seltener zu einem Peniskarzinom. Schätzungsweise
60 – 80% der sexuell aktiven Erwachsenen
haben Antikörper gegen HPV im
Blut. Das bedeutet, ihr Immunsystem hat
sich schon mit mindestens einem HPV-
Subtyp auseinandergesetzt. Eine Impfung
macht dann Sinn, wenn keine Infektion vorliegt,
am besten vor dem ersten sexuellen
Kontakt. Behandelt werden Feigwarzen mit
Salben, Laser, Wegschneiden oder Vereisen.
Weil häufig Rückfälle auftreten können, sind
Nachkontrollen über längere Zeiträume erforderlich.
Du als Partner solltest unbedingt
mitbehandelt werden. Am besten, ihr informiert
euch zusammen beim Arzt. Abgesehen
von der Impfung in jungen Jahren kann
man sich als sexuell aktiver Mensch leider
nicht ausreichend gegen HPV schützen.
Kondome schützen angesichts der leichten
Übertragbarkeit nur sehr bedingt.
Alles Gute, Dr. Gay
KOLUMNE
Thommen meint
33
Die
Hintersicht
Es ist schon lange her, seit ein Schwuler einen
anderen umgebracht hat.
Kleinanzeigen
Berlin Tolle
Kleinwohnung
VON PETER THOMMEN
D
ie Schwulen machen es eben anders.
Sie nutzen unter sich den «sozialen
Tod» auf Raten. Sie kennen die «Nadelstiche»
und die «Hinterfotzigkeit». Es
geht zu wie auf dem Dorfe. Jeder kennt aber
nicht jeden wirklich. Nur die Gerüchte, falschen
Zitate oder das eifersüchtige Intrigieren,
das wir Basler in der Fasnacht (auch
eine Art Subfamilie) kultiviert haben.
Wir kommen – meist – aus einer heterosexuellen
Familie und leben überwiegend in
einer heteronormativen Gesellschaft. Damit
möchte ich den meistens gestellten Vorwurf
an sich selbst entkräften. Wir tragen Angelerntes
unter uns herein. Wir tragen heterosexuelle
Hierarchien herein, indem wir «gute»
und «schlechte» Homosexuelle erkennen und
benennen. Zuoberst sitzt der heterosexuellste
Schwule, der Macho und zuunterst die weiblichste
Tunte. 1 Schwule müssen immer eine
Erscheinung kennen, die noch schlimmer ist
als sie selbst sind. Ein schönes Beispiel ist die
Prostitution: Bei den Heteros ist der Freier
über der Nutte. Aufgrund der sozialen Stigmatisierung
des Homosexuellen ist der (meist
heterosexuelle) Stricher aber über dem Freier.
(Das hat sich dann im Bereich des Drogenstrichs
wieder geändert.)
Schwule tragen ihre Beschädigungen in
der Gesellschaft draussen ohne Bedenken in
die Gayclubs und Lokale herein. Wenn sie da
auftauchen, können sie freimütig über alles
reklamieren, was ihnen gerade nicht passt. Es
fällt ihnen auf, dass sie nicht herzlich will-
kommen geheissen werden, dass es mal keine
Nippsachen wie Salzstängeli, Erdnüsse oder
Chips auf den Tischen hat und dieses und jenes
ist nicht recht und vieles mangelhaft.
Wenn sie denn schon mal dahin kommen …
Dabei verkennen sie völlig ihre eigene
Situation. Sie sind gerade enttäuscht worden,
oder haben sich emotional ausbeuten lassen
und möchten im Grunde genommen mit
Samthandschuhen angefasst (also geliebt)
werden. Und dann wartet eben keine Ehefrau
zuhause auf sie. Ich bin überzeugt, dass
sie in einem «normalen» Lokal niemals so
reagieren würden, auch wenn sie bereits
mehrere Stangen in sich hinein geleert hätten.
Die sollen nämlich bei den Heteros den
Frust des Tages hinunterspülen.
Schwule sind eine ganz spezielle Kundschaft,
das weiss ich aus jahrzehntelanger Erfahrung.
Das vielgeschmähte Milieu muss die
Therapie ihrer Schädigungen übernehmen.
Leider fallen die Aggressionen meistens auf
die eigenen Leute zurück, in der Annahme,
damit kaputt zu machen, was sie kaputt
macht. Sie würden es nicht wagen, gegen die
Normalität von Familie und Gesellschaft zu
rebellieren. Stellvertreter für ihre Peiniger
werden unter den eigenen Leuten ausgemacht.
Letztlich bedienen sich Schwule auch
nur der heterosexuellen Politik und Methoden,
die sie vorgeführt bekommen haben.
1
siehe auch «schwules Gassenblatt» Nr. 17, die Geschichte
von «Sister Macho» von René Reinhard (> arcados.com)
Neu renoviert mit Autoabstellplatz und
Kellerabteil für Euro 165 000. Die
Wohnung ist an bester Lage hinter
dem KaDeWe. Wittenbergplatz im
Schöneberger Kiez.
In dieser Gegend sind nur wenige
Immobilien auf dem Markt!
Ich bin vom 30. März – 3. April 2017
in Berlin, rufen Sie mich an für
weitere Details. Telelefon 079 213 24 94
(Hr. Schweizer)
Wohnung
gesucht!
Ich (42) suche eine Wohnung, zentral
in der Stadt Zürich, bis maximal
CHF 1700.–. Mindestens 2 Zimmer,
wenn möglich mit Balkon. Ich bin flexibel
was das Einzugsdatum betrifft und habe
tadellose Referenzen. Ich würde mich
über ein Mail sehr freuen, alles Weitere
dann persönlich oder per E-Mail.
glaxo@gmx.ch
So funktioniert es
Du kannst dein privates Inserat ganz einfach
auf www.cruisermagazin.ch aufgeben. Ein
Inserat kostet CHF 80.–und du kannst direkt
online mit Paypal oder Kreditkarte bezahlen.
Chiffre
Wenn du lieber Briefpost erhalten möchtest,
schickst du uns dein Inserat mit CHF 100.– per
Post, wir drucken dein Inserat dann mit Chiffre
Nummer und leiten deine Briefpost ungeöffnet
während fünf Wochen weiter. Bitte vergiss
deinen Absender nicht, sonst kann die Post
nicht weitergeleitet werden.
CRUISER MÄRZ 2017
34
Flashback
Cruiser vor 30 Jahren
Flashback
Cruiser feiert sein 30jähriges Bestehen. Daher blicken wir während
des ganzen Jahres an dieser Stelle auf die alten Ausgaben zurück.
Von Moel Maphy
S
einerzeit waren HIV und AIDS ein
grosses Thema. Die Tragödie – das
grosse Sterben – spielte sich mitten
in der Szene ab, jeder kannte irgendwen,
der betroffen war. Entsprechend nahm die
damals noch unheilbare Krankheit einen
grossen und wichtigen Platz im Cruiser ein.
Markus Christen führte vor 30 Jahren ein
Gespräch mit Herbert Riedener.
Cruiser hatte vor 30 Jahren aber auch
weniger schwere Themen. Beispielsweise
wurde enthusiastisch eine Modeseite ins
Leben gerufen. Ebenfalls werden – wie man
im Ausriss sehen kann – grad auch noch
Tipps zur eigenen Typen-Bestimmung gegeben.
Wir spoilern schon mal: Es ist dann
auch bei diesem einen Versuch mit der
«Mode-Seite» geblieben.
Herbert Riedener überlebte AIDS nicht, er starb 1994. Weitere Infos über das Wirken von
Herbert Riedener hat schwulengeschichte.ch zusammengetragen.
CRUISER MÄRZ 2017
XXX
XXX
DAS GRÖSSTE
SCHWEIZER
GAY-MAGAZIN
35
Lass ihn zu
dir kommen!
und zWar reGeLmÄssiG
in deinen
BrieFkasTen.
abonniere jetzt den Cruiser –
das grösste Gay magazin der
schweiz. zehn ausgaben pro
Jahr für nur ChF 60.– statt
ChF 75.–
Du erhältst den Cruiser in neutralem
Umschlag per Post direkt zu dir nach Hause.
Einfach Coupon ausfüllen und einschicken
oder online bestellen unter
www.cruisermagazin.ch
Name | Vorname
Strasse | Nr.
E-Mail
Geburtsdatum
meine abo-Bestellung
Cruiser-Jahresabo für CHF 60.–
Ausland-Abo für Euro 80.–
Gönner-Jahresabo für CHF 250.–
PLZ | Ort | Land
Unterschrift
einsenden an
Cruiser
Winterthurerstrasse 76, 8006 Zürich
www.cruisermagazin.ch
CRUISER MÄRZ 2017
36 xxx
xxx
26.4. — 4.5.17
Zürich
5.5. — 7.5.17
Frauenfeld
VORVERKAUF
AB 18. APRIL
20. PinkAPPLE
schwullesbisches Filmfestival
CRUISER MÄRZ 2017