stahlmarkt 6.2016 (Juni)
Aus dem Inhalt: Steel International / Österreich / Schweiz / Stahlhandel & Stahl-Service-Center / Entgraten, Anarbeitung / Edelstahl
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SEITENBLICK<br />
Intelligent investieren<br />
Gut gefüllte Auftragsbücher, starke Bilanzen und niedrige Kreditzinsen<br />
– viele Mittelständler würden diese Gemengelage gerne nutzen um zu<br />
investieren. Manchmal scheitert das daran, dass Banken und Sparkassen<br />
bei der Kreditvergabe nicht so stark ins Risiko gehen möchten. Mitunter<br />
beschäftigen sich Unternehmen jedoch auch zu wenig mit wichtigen<br />
Zukunftsfragen.<br />
Optimismus und gute Laune – wer sich<br />
in diesen Wochen auf Spurensuche zur Konjunktur<br />
im deutschen Mittelstand macht,<br />
entdeckt in vielen Branchen positive Zeichen.<br />
Mehr als zwei Drittel der Unternehmen<br />
erwartet nach einem erfolgreichen<br />
ersten Quartal in den kommenden Monaten<br />
eine weitere Verbesserung seiner Geschäftsaussichten,<br />
heißt es zum Beispiel in einer<br />
Studie des Prüfungs- und Beratungsunternehmens<br />
PwC. Und die Wirtschaftsauskunftei<br />
Creditreform kommt in einer Analyse zur<br />
Stimmung im Mittelstand zu der Erkenntnis:<br />
»Die mittelständischen<br />
Unternehmen<br />
haben sich von<br />
den zunehmend<br />
negativen Nachrichten<br />
um die weitere<br />
weltwirtschaftliche<br />
Entwicklung offenbar nicht anstecken lassen.«<br />
Nach der Definition von Creditreform<br />
gilt nahezu ein Drittel der Mittelständler als<br />
eigenkapitalstark, da sie über eine Eigenkapitalquote<br />
von mehr als 30 % verfügen.<br />
Allerdings ist die Investitionstätigkeit teilweise<br />
unterdurchschnittlich ausgeprägt.<br />
Woran liegt das? »Sicherlich nicht an den<br />
Finanzierungsmöglichkeiten«, meint Prof.<br />
Frank Wallau, der an der Fachhochschule<br />
der Wirtschaft zu Mittelstandsthemen<br />
forscht und lehrt. Nach seiner Beobachtung<br />
haben Mittelständler in den vergangenen<br />
Jahren Durchschnittsrenditen erwirtschaftet,<br />
die es ihnen ermöglichen, einen Teil der<br />
Investitionen aus dem Cashflow zu finanzieren.<br />
Zudem sorge die Niedrigzinsphase<br />
dafür, dass sich viele Unternehmen durch<br />
vergleichsweise preiswerte, langfristige Kredite<br />
finanzieren könnten.<br />
Ja, die Kreditzinsen sind historisch niedrig.<br />
Aber Tatsache ist auch, dass nicht jeder<br />
Betrieb davon profitiert, der es gerne möchte.<br />
Eine Studie der TU Darmstadt kommt zu<br />
dem Ergebnis, dass derzeit vier von zehn<br />
deutschen Unternehmen von Banken und<br />
Sparkassen »nicht mehr wie im früheren<br />
Umfang« mit Krediten versorgt werden. Die<br />
Geldhäuser knauserten insbesondere bei<br />
»<br />
Viele mittelständische Unternehmen haben sich von<br />
den zunehmend negativen Nachrichten um die<br />
weltwirtschaftliche Entwicklung nicht anstecken lassen.<br />
kurzfristigen Krediten für das laufende Ge -<br />
schäft, so wird geklagt. »Bevorzugt kümmern<br />
sie sich um Firmenkunden mit bester<br />
Bonität«, beobachtet Studienleiter Prof. Dirk<br />
Schiereck.<br />
Aus Sicht von Banken und Sparkassen ist<br />
das verständlich – schließlich müssen sie die<br />
strengen Vorgaben durch Basel III beachten<br />
und halten sich bei der Kreditvergabe entsprechend<br />
zurück. Das gilt vor allem dann,<br />
wenn Unternehmen, die sprunghaft wachsen,<br />
Kapitalbedarf anmelden. Denn sie geraten<br />
schnell an die Grenzen ihres Verschuldungspotenzials.<br />
Und so machen sich viele<br />
kleine und mittelgroße Unternehmen wohl<br />
oder übel vermehrt auf die Suche nach<br />
Alternativen zur klassischen Kreditfinanzierung<br />
durch die Hausbank. Und sie finden<br />
mitunter andere Geldquellen. Zum Beispiel<br />
Beteiligungsgesellschaften, Venture-Capitalund<br />
Private Equity-Unternehmen oder auch<br />
private Investoren. Allerdings verbinden viele<br />
dieser Kapitalgeber mit ihrem finanziellen<br />
Einsatz den Wunsch, Einfluss zu nehmen auf<br />
die Geschäftspolitik – was wiederum nicht<br />
jedem Mittelständler recht ist.<br />
Es könnte in vielen Fällen also doch an der<br />
fehlenden Finanzierung liegen, wenn manches<br />
Unternehmen nicht investiert. Denn die<br />
Bereitschaft, Maschinen, Fahrzeuge und<br />
andere Betriebsmittel zu wollen oder neue<br />
Kapazitäten aufzubauen ist Umfragen zufolge<br />
groß, insbesondere im Verarbeitenden<br />
Gewerbe und im Dienstleistungsbereich.<br />
Creditreform zufolge würden zwei von drei<br />
Unternehmen gerne Ersatzinvestitionen vornehmen.<br />
Es wäre schade, wenn der ausgeprägte<br />
Wille zu investieren an der Finanzierung<br />
scheitern würde. Schließlich ist es doch ge -<br />
rade das Ziel von Politik und Notenbanken,<br />
über niedrige Zinsen die Kreditvergabe zu<br />
fördern und insbesondere Mittelständler<br />
zu unterstützen. Die Unternehmen müssen<br />
freilich auch ihre Hausaufgaben machen. Es<br />
reicht nicht, gelegentlich den Fuhrpark auszutauschen<br />
und moderne Büromöbel anzuschaffen.<br />
Gefragt sind strategische Entscheidungen.<br />
Also Antworten auf die Frage, wie<br />
die zukünftigen Herausforderungen ihr Ge -<br />
schäftsmodell beeinflussen und welche Notwendigkeiten<br />
sich daraus ergeben. Das<br />
könnten beispielsweise Investitionen in die<br />
Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern<br />
sein. Oder in ressourcen- und energieeffiziente<br />
Produktionsanlagen. Wer sich auf<br />
seinem Geschäftsmodell ausruht, wird es<br />
künftig schwer haben, im Wettbewerb zu<br />
bestehen. Investieren um des Investieren<br />
willens reicht nicht. Gefragt sind intelligente<br />
Investitionen. Dann sind auch die Chancen<br />
größer, Geldgeber zu finden. ber<br />
K<br />
(sm 160603529)<br />
<strong>stahlmarkt</strong> 0<strong>6.2016</strong>